7
02/2015 CMExtra REFLUXÖSOPHAGITIS 7 Die gastroösophageale Reflux- krankheitgehörtzudenhäufigsten Krankheitsbildern in der Praxis. Das Spektrum der Erkrankung [1] ist weitgefächert( Abb.1)underfor- derteindifferenziertesVorgehenin der Diagnostik und Behandlung. Die Empfehlungen aus der im Jahre 2005publiziertenFassungderLeitli- nie wurden jetzt im Rahmen eines Konsensusverfahrens unter Feder- führungderDeutschenGesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechsel- krankheiten (DGVS) überarbeitet und kürzlich publiziert [2]. In der Neufassung haben sich aufgrund neuer Studienergebnisse in einigen Aspekten substantielle Verände- rungen ergeben. Dieser Beitrag stellt daher schwerpunktmäßig vor allem diejenigen Empfehlungen heraus, bei denen sich Änderungen gegenüber der vorausgegangenen Fassung der Leitlinie ergeben ha- ben. Zunächstseiaberaufdenprinzipiel- lenCharaktereinerLeitlinieverwie- sen: Es handelt sich um einen Kom- promiss, basierend auf gesicherten Studienergebnissen wie auch per- sönlichen Erfahrungen der an dem Konsens beteiligten Experten. Die ausgesprochenen Empfehlungen sind eine Orientierungshilfe und stellen einen Behandlungskorridor, aberkein„Kochbuch“fürdiePraxis dar. Insofern sind Abweichungen vondengemachtenAussagenmög- lich und ggf. sogar zwingend not- wendig; es empfiehlt sich aber, in solchen Fällen die Gründe für ein Abweichen von den Empfehlungen derLeitliniegutzudokumentieren. Diagnostik • Anamnese weiter essentiell für Diagnose Refluxkrankheit • Ganzes Spektrum der Beschwer- denmusserfragtwerden • Thoraxschmerzen können allei- nige Manifestation von Reflux sein • Endoskopie vor Therapieversuch fakultativ (bei Alarmsymptomen obligat) • Funktionsdiagnostikvorwiegend indiziert bei unzureichendem Therapieerfolg • „PPI-Test“ aus diagnostischen Gründenheuteobsolet Grundpfeiler der Diagnose einer Refluxkrankheit ist weiterhin eine detaillierte Erhebung der Anamne- se. Dabei sind folgende Aspekte zu berücksichtigen und auch in der Neufassung der Leitlinie explizit aufgeführt: • Das Leitsymptom der Reflux- krankheit ist das Sodbrennen, das aber keineswegs spezifisch für diese Erkrankung ist. Zudem verstehen viele Patienten unter Sodbrennen jedwedes Symptom im Bereich des Oberbauches. Da- heristggf.präzisenachzufragen, ob es sich tatsächlich um ein auf- steigendes brennendes Gefühl hinter dem Brustbein handelt oder um eine andere Beschwer- desymptomatik (z. B. wird Luft- aufstoßen von vielen Betroffe- nenalsSodbrennenbezeichnet). • Weitere Symptome der Reflux- krankheit wie Regurgitation (sauer? bitter? Luft?) sowie epi- gastrische Schmerzen sollten ebenfallserfragtwerden. • Thoraxschmerzenkönnenisolier- tes bzw. dominierendes Sym- ptom der Refluxkrankheit sein und folglich mehr an kardiale Er- krankungendenkenlassen.Gast- roösophagealer Reflux ist die häufigste Ursache des nicht-kar- dialenThoraxschmerzes[3]. Die neue Leitlinie zur gastroösophagealen Refluxkrankheit Herbert Koop 1 und Joachim Labenz 2 1 ehem. Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Gastroenterologie, Helios Klinikum Berlin-Buch 2 Medizinische Klinik, Diakonie Klinikum, Jung-Stilling-Krankenhaus, Siegen GERD ist eine Erkrankung, bei der Reflux von Mageninhalt belästigende Symptome und/oder Lösionen verursacht Symptomatische Syndrome Typisches Reflux- syndrom Reflux-Thorax- schmerz-Syndrom Etablierte Assoziationen Refluxhusten Refluxlaryngitis Refluxasthma Dentale Ero- sionen Syndrome mit Läsionen Refluxösophagitis Refluxstriktur Barrett- Ösophagus Barrett-Karzinom Mögliche Assoziationen Sinusitis Pulm. Fibrose Pharyngitis Rez. Otitis media Ösophageale Syndrome Ösophageale Syndrome Abb. 1: Spektrum der Refluxkrankheit (nach Vakil et al [1])

DieneueLeitliniezur gastroösophagealenRefluxkrankheit · PDF fileGERD ist eine Erkrankung, bei der Reux von Mageninhalt belästigende Symptome und/oder Lösionen verursacht Symptomatische

  • Upload
    vonga

  • View
    216

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: DieneueLeitliniezur gastroösophagealenRefluxkrankheit · PDF fileGERD ist eine Erkrankung, bei der Reux von Mageninhalt belästigende Symptome und/oder Lösionen verursacht Symptomatische

02/2015 CMExtra

REFLUXÖSOPHAGITIS 7

Die gastroösophageale Reflux-krankheit gehört zu denhäufigstenKrankheitsbildern in der Praxis. DasSpektrum der Erkrankung [1] istweitgefächert (EAbb.1)underfor-derteindifferenziertesVorgehen inder Diagnostik und Behandlung.Die Empfehlungen aus der im Jahre2005publiziertenFassungderLeitli-nie wurden jetzt im Rahmen einesKonsensusverfahrens unter Feder-führungderDeutschenGesellschaftfür Verdauungs- und Stoffwechsel-krankheiten (DGVS) überarbeitetund kürzlich publiziert [2]. In derNeufassung haben sich aufgrundneuer Studienergebnisse in einigenAspekten substantielle Verände-rungen ergeben. Dieser Beitragstellt daher schwerpunktmäßig vorallem diejenigen Empfehlungenheraus, bei denen sich Änderungengegenüber der vorausgegangenenFassung der Leitlinie ergeben ha-ben.Zunächst seiaberaufdenprinzipiel-lenCharakter einer Leitlinie verwie-sen: Es handelt sich um einen Kom-promiss, basierend auf gesichertenStudienergebnissen wie auch per-sönlichen Erfahrungen der an demKonsens beteiligten Experten. Dieausgesprochenen Empfehlungensind eine Orientierungshilfe undstellen einen Behandlungskorridor,aber kein „Kochbuch“ für die Praxisdar. Insofern sind AbweichungenvondengemachtenAussagenmög-lich und ggf. sogar zwingend not-wendig; es empfiehlt sich aber, insolchen Fällen die Gründe für einAbweichen von den Empfehlungender Leitlinie gut zu dokumentieren.

Diagnostik

• Anamnese weiter essentiell fürDiagnose Refluxkrankheit

• Ganzes Spektrum der Beschwer-denmuss erfragtwerden

• Thoraxschmerzen können allei-nige Manifestation von Refluxsein

• Endoskopie vor Therapieversuchfakultativ (bei Alarmsymptomenobligat)

• Funktionsdiagnostik vorwiegendindiziert bei unzureichendemTherapieerfolg

• „PPI-Test“ aus diagnostischenGründenheute obsolet

Grundpfeiler der Diagnose einerRefluxkrankheit ist weiterhin einedetaillierte Erhebung der Anamne-se. Dabei sind folgende Aspekte zuberücksichtigen und auch in derNeufassung der Leitlinie explizitaufgeführt:

• Das Leitsymptom der Reflux-krankheit ist das Sodbrennen,

das aber keineswegs spezifischfür diese Erkrankung ist. Zudemverstehen viele Patienten unterSodbrennen jedwedes Symptomim Bereich des Oberbauches. Da-her ist ggf. präzisenachzufragen,ob es sich tatsächlich um ein auf-steigendes brennendes Gefühlhinter dem Brustbein handeltoder um eine andere Beschwer-desymptomatik (z. B. wird Luft-aufstoßen von vielen Betroffe-nen als Sodbrennenbezeichnet).

• Weitere Symptome der Reflux-krankheit wie Regurgitation(sauer? bitter? Luft?) sowie epi-gastrische Schmerzen solltenebenfalls erfragtwerden.

• Thoraxschmerzenkönnen isolier-tes bzw. dominierendes Sym-ptom der Refluxkrankheit seinund folglich mehr an kardiale Er-krankungendenken lassen. Gast-roösophagealer Reflux ist diehäufigste Ursache des nicht-kar-dialen Thoraxschmerzes [3].

Die neue Leitlinie zurgastroösophagealen RefluxkrankheitHerbert Koop1 und Joachim Labenz2

1ehem. Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Gastroenterologie, Helios Klinikum Berlin-Buch2 Medizinische Klinik, Diakonie Klinikum, Jung-Stilling-Krankenhaus, Siegen

GERD ist eine Erkrankung, bei der Re"ux von Mageninhaltbelästigende Symptome und/oder Lösionen verursacht

Symptomatische

Syndrome

Typisches Re"ux-syndrom

Re"ux-Thorax-schmerz-Syndrom

Etablierte

Assoziationen

Re"uxhustenRe"uxlaryngitisRe"uxasthmaDentale Ero-

sionen

Syndrome mit

Läsionen

Re"uxösophagitisRe"uxstriktur

Barrett- Ösophagus

Barrett-Karzinom

Mögliche

Assoziationen

SinusitisPulm. FibrosePharyngitis

Rez. Otitis media

Ösophageale Syndrome

Ösophageale Syndrome

Abb. 1: Spektrum der Refluxkrankheit (nach Vakil et al [1])

Page 2: DieneueLeitliniezur gastroösophagealenRefluxkrankheit · PDF fileGERD ist eine Erkrankung, bei der Reux von Mageninhalt belästigende Symptome und/oder Lösionen verursacht Symptomatische

8 REFLUXÖSOPHAGITIS

CMExtra 02/2015

• Besonders bedeutungsvoll ist dasHerausarbeitenvonzusätzlichen,insbesondere bei funktionellenStörungen vorkommenden Be-schwerden. Deshalb sind geradeSymptome des Reizmagens bzw.Reizdarms wie Völlegefühl, Blä-hungen, Stuhlunregelmäßigkei-ten etc. wie auch assoziierte Be-gleiterkrankungen (z. B. Fibro-myalgie) sorgfältig zu dokumen-tieren.

Wichtigste apparative Diagnostikist die Endoskopie, denn sie gibtAufschluss über den vorliegendenSchweregradderErkrankung,Kom-plikationen bzw. auch andere Dia-gnosen am oberen Gastrointes-tinaltrakt. Die Refluxösophagitis

wird heute nach der Los Angeles-Klassifikation [4] beschrieben. Inder Indikationsstellung zur Endo-skopie hat sich aber mit der neuenLeitlinie ein Wandel vollzogen:Wurde bisher eine möglichst früheDurchführung der Gastroskopieempfohlen, falls möglich sogarnoch vor Einleitung einer Therapie,so kann heute aufgrund gut be-gründeter Daten aus entsprechen-den Studien [5] bei Fehlen vonAlarmsymptomen auf die Endosko-pie zunächst verzichtetwerdenunddie betroffenen Patienten zunächsteiner wirksamen empirischen The-rapie mit Protonenpumpeninhibi-toren (PPI) zugeführt werden: DieWahrscheinlichkeit, bösartige Er-krankung zu übersehen, ist relativ

gering und das Ergebnis der Endo-skopie hat wenig Einfluss auf dieeinzuschlagende Therapie. Zudemhat die Mehrzahl der Refluxpatien-ten keine sichtbaren entzündlichenVeränderungen (sogenannte nicht-erosive Refluxkrankheit, NERD), dieeingesetztenPPI-Dosensindbeidie-sen Patienten nicht wesentlich un-terschiedlich im Vergleich zu denje-nigen mit einer Refluxösophagitis.Patienten mit Alarmsymptomenwie Dysphagie, Odynophagie, Ge-wichtsabnahme oder Anämie soll-ten aber weiterhin unverzüglich ei-ner endoskopischen Abklärung un-terzogen werden. Auch sollte dieGastroskopie immer dann erfolgen,wenn ein Betroffener diese Unter-suchungzueinemfrühenZeitpunktwünscht (EAbb. 2).

Für die Diagnostik der Refluxkrank-heit ist die Histologie aus dem Öso-phagus ohne relevante Bedeutung– mit einer wichtigen Ausnahme:Besteht bei einem Patienten dasSymptom Dysphagie, sollten zumAusschluss einer eosinophilen Öso-phagitis 5–6 Biopsien vor allem ausdemproximalenundmittlerenÖso-phagus entnommen werden. Fürdie Diagnose des Barrett-Ösopha-gus ist naturgemäß eine histologi-sche Untersuchung unverzichtbar(s. u.). Es empfiehlt sich,Biopsienbeisymptomatischen Refluxpatientenunter einer laufenden PPI-Therapievorzunehmen, da es für den Patho-logen gelegentlich sehr schwierigsein kann, zwischen entzündlichenund neoplastischen Veränderun-gen zu differenzieren. Die Leitlinielegt eine endoskopische Untersu-chungaufeinenBarrett-Ösophagusinsbesondere bei Patientenmit lan-gebestehender Symptomatiknahe.

Aufgrund der hohen Wirksamkeitvon PPI auf die Refluxsymptomewurde über viele Jahre der PPI-Testempfohlen: Aus dem Ansprechenauf die PPI-Gabe wurde bei nicht

eindeutige Re"uxbeschwerden

(dominierend)

Akuttherapie

mit PPIEndoskopie

nicht beschwerdefrei

(nach 4 Wochen)beschwerdefrei

Bedarfstherapie

mit PPI auf Dauer

Alarmsymptome oder

Risikofaktoren oder

Patientenwunsch

Bedarfstherapie

mit PPI

mangelnde

Compliance

nicht genügend

wirksam

(Patientenurteil)

nach 6 Monaten:

zufriedenstellend

wirksamhoher PPI-Bedarf

gute

Compliance

janein

Abb. 2:Managementalgorithmus zur Abklärungund Therapie typischer Refluxbe-schwerden (aus Koop et al [2])

Page 3: DieneueLeitliniezur gastroösophagealenRefluxkrankheit · PDF fileGERD ist eine Erkrankung, bei der Reux von Mageninhalt belästigende Symptome und/oder Lösionen verursacht Symptomatische

02/2015 CMExtra

REFLUXÖSOPHAGITIS 9

eindeutigem Beschwerdebild auf

das Vorliegen einer Refluxkrank-

heit geschlossen. Inzwischen liegen

zahlreicheStudienvor, diedemTest

eine sowohl unzureichende Sensiti-

vität als auch Spezifität attestieren

[6]. Daher wird der PPI-Test aus dia-

gnostischen Gründen jetzt nicht

mehr empfohlen.

In den funktionsdiagnostischen

Möglichkeiten hat sich in den letz-

ten Jahren ein rasanter Fortschritt

ergeben: Vor allem durch die Ent-

wicklung der kombinierten pH- und

Impedanzmessung kann nunmehr

auch der nicht- oder schwach-saure

Reflux erfasst werden und darüber

hinauseinezeitlicheKorrelationzwi-

schen registrierten Refluxepisoden

und den Beschwerden hergestellt

werden [7]. Diese Methode gibt so-

mit einen differenzierten pathophy-

siologischen Einblick in die individu-

elle Symptomatik.Allerdings sinddie

Kapazitäten begrenzt und vor allem

die therapeutischen Konsequenzen

in vielen Situationen noch unklar. In

der Primärdiagnostik von Refluxbe-

schwerden wird man auf die Metho-

de in aller Regel verzichten, zur wei-

teren Abklärung von Therapieversa-

gern kommt der Impedanz-pH-Mes-

sung aber ein hoher Stellenwert zu.

Dagegen spielt die Manometrie in

der Diagnostik der Refluxkrankheit

weiter keinewesentlicheRolle, son-

dern bleibt denjenigen Patienten

vorbehalten, die einer Antireflux-

operation unterzogen werden sol-

len. Bei diesem Patientenkollektiv

sollte in jedemFallpräoperativauch

eine pH-Metrie oder besser eine

kombinierte Messung von pH und

Impedanz durchgeführtwerden.

Therapie

• Differenzierte Therapieempfeh-

lungen je nachAusgangslage

• Medikamente derWahl sind Pro-

tonenpumpenblocker für jeden

Schweregrad

Medikamentöse Therapie

Primäres Therapieziel ist generell

eine zufriedenstellende Beschwer-

defreiheit des Patienten. Liegt zu-

dem eine Refluxösophagitis vor,

sollte die Behandlung auch eine

Heilungder Läsionenherbeiführen.

Medikament der Wahl [8] für alle

Schweregrade der Refluxkrankheit

ist ein Protonenpumpenblocker

(PPI) ( E Abb. 3). Dies gilt gleicher-

maßen auch für nicht endoskopier-

te Patientenmit den typischen Sym-

ptomen einer Refluxkrankheit. Die

einzuschlagende Strategie orien-

tiert sich an folgenden klinischen

Szenarien [2]:

1. Der nicht endoskopierte Patient

mit typischen Refluxbeschwer-

den. Die Akutbehandlung sollte,

wennkeineAlarmzeichenzurEn-

doskopie zwingen,mit einem PPI

in Standarddosierung behandelt

werden. Standarddosen sind 20

mg/die für Omeprazol und Rabe-

prazol, 30mg/die fürLansoprazol

und 40 mg/die für Pantoprazol

und Esomeprazol. Als Richt-

schnur fürdieDauerderTherapie

gelten vier Wochen. Tritt ein zu-

friedenstellendes Ergebnis der

Behandlung ein, kann imWeite-

ren eine Bedarfstherapie („on

demand“)mit einer halben Stan-

darddosis eines PPI erfolgen, d.h.

der Patient steuert seine Thera-

pie selbstanhandderSymptome.

Kommt es durch die Akutthera-

pieaberzukeinerweitgehenden

Beschwerdefreiheit, sollte ein

Betroffener einer endoskopi-

schen Abklärung unterzogen

werden.

Psychische

Komorbidität?

Weitere

Diagnostik

Anderer PPI

8 Wochen

Impedanz-pH

Monitoring

Empirische

Therapie

Regurgitation

Antire#ux-OP

Versagen

dominantes

Symptom

Versagen

Versagen

+ Gewichtsabnahme,

Verbesserte Schlafhygiene

GERD gesichert

GERD

nicht gesichert

pH-Metrie

(24/48 h)

negativSäure-

re#ux

schwach

saurer

Re#ux

Sodbrennen

Optimierung

PPI-Therapie

Optimierung

PPI-Therapie

+H2-Blocker

Zur Nacht

+H2-Blocker

Zur Nacht

TAD

SSRI

TAD

SSRI

Persistierendes Re#uxsyndrom

nach 4–8 Wochen PPI 1 x tgl.

Verbesserung Compliance

Optimierte Einnahme

Doppeldosis PPI (1-0-1)

8 Wochen

Abb. 3: Algorithmus zurAbklärungundTherapie persistierender Refluxbeschwerdenunter PPI-Therapie (aus Koop et al [2])

Page 4: DieneueLeitliniezur gastroösophagealenRefluxkrankheit · PDF fileGERD ist eine Erkrankung, bei der Reux von Mageninhalt belästigende Symptome und/oder Lösionen verursacht Symptomatische

10 REFLUXÖSOPHAGITIS

CMExtra 02/2015

2. Der endoskopierte Patient ohneösophageale Läsionen (nicht-erosive Refluxkrankheit, NERD).Für diese Patientengruppe emp-fiehlt sich eine Behandlung miteinem PPI in halber Standarddo-sisübervierWochen.Beiunzurei-chendem Ansprechen auf dieTherapie kann der PPI länger ver-ordnet, die PPI-Dosis erhöht (aufmaximal 2-fache Standarddosispro Tag) oder einWechsel auf ei-nen anderen PPI vorgenommenwerden.DerGrund fürdieniedri-ge Einstiegsdosis liegt in der we-niger stark ausgeprägtenAbhän-gigkeit des Behandlungsergeb-nisses vomAusmaßder Säuresup-pression in diesem Patientenkol-lektiv. Allenfalls bei NERD-Pati-enten kann im Einzelfall alter-nativ die Gabe eines H2-Rezept-orantagonisten oder eines Anta-cidums erwogen werden, dieseSubstanzen sind aber der Wirk-samkeit eines PPI unterlegen. DieLangzeitstrategie nach erfolgrei-cher PPI-Akutbehandlung richtetsich nach dem Verlauf der Sym-ptomatik: Patienten mit mehr

schubweisem Verlauf führen insolchen symptomatischen Pha-sen wieder eine Therapie wie inder Akutbehandlung durch („in-termittierende Therapie“), an-sonsten erfolgt analog zumnichtendoskopierten Patienten eineBedarfstherapie.Wichtig ist, dassTherapieversagen bei NERD-Pa-tienten, d.h. weitgehend wir-kungslose PPI-Therapie mit ad-äquaten Dosen über acht Wo-chen, zur weiteren Abklärungführen sollte (Endoskopie mit Bi-opsie, Funktionsdiagnostik), eineAntirefluxoperation aber nur inden (seltenen) Fällen erwogenwerden sollte, wenn zweifelsfreiein pathologischer Reflux als Ur-sache der Beschwerden identifi-ziert werden kann (E Abb. 4).Handelt es sich aber um funktio-nelles Sodbrennen oder einen hy-persensitiven Ösophagus, kommteine Behandlung mit einem trizy-klischen Antidepressivum oderSSRI ggf. in Kombination mit ei-nemPPI infrage.

3. Der Patient mit einer Refluxöso-phagitis (ERD).DieBehandlung in

diesemPatientenkollektiv erfolgtmit einer PPI-Standarddosis, dieDauer ist abhängig vomSchwere-grad (vierWochenbeiGradAundB der Los Angeles-Klassifikation,acht Wochen bei Grad C und D).Ist esnachderAkuttherapie leich-ter Schweregrade zur Beschwer-defreiheit gekommen, kommtein Auslassversuch in Betracht.Ansonsten empfiehlt sich eine andem Ausmaß der Symptomatikausgerichtete Bedarfstherapie,die der Patient selbst steuert. Da-bei ermittelt der Patient die fürihn minimal wirksame PPI-Dosis(„step-down“). Bei höherenSchweregraden kann auch eineDosisreduktion angestrebt wer-den, aber hier muss häufig in derLangzeitstrategie von der Not-wendigkeit einer kontinuierli-chen, d.h. täglichen PPI-Einnah-me – wenn auch in reduzierterDosis – ausgegangen werden. Esist zu berücksichtigen, dass beisymptomarmen oder gar asymp-tomatischen Patienten mit einerRefluxösophagitis ggf. die Steue-rung der Behandlung endosko-pisch erfolgen muss; dies betriffthäufig ältere und/oder dementePatienten, bei denen die Diagno-se meist aufgrund anderer Kon-stellationen (Hämatemesis, An-ämie etc.) gestellt wird. Therapie-versager, d.h.weiter symptomati-sche Patienten trotz 8-wöchigerTherapie mit einem PPI in 2-fa-cher Standarddosis, sollten ana-log den therapierefraktärenNERD-Patienten einer weiterenDiagnostik unterzogenwerden.

4. Patienten mit Reflux-Thorax-schmerz-Syndrom. Bei dieserKonstellation sollte eine Behand-lungmit der doppelten Standard-dosis eines PPI über zwei bis vierWochen erfolgen. Je nach Thera-pieergebnis muss dann über dasweitere Vorgehen entschiedenwerden, aber auch hier sollte beiFortführung der PPI-Therapie ei-

Endoskopie

*Therapeutische Option,

die in sorgfältig ausgewählten

Einzelfällen in Betracht kommt

+Keine Symptome und keine

Läsionen: keine Therapie

Symptome±Läsionen: Therapie

wie NERD oder ERD

Andere Diagnose± GERD

PeptischeStenose

BarrettSchwere

ERD

Kontinuierlich PPI auf Dauer

Antire$ux-Operation?*

fallsunzureichend

EndoskopischeÜberwachung+

Bedarfstherapie mit PPI auf Dauer

Bougierung und volldosierter PPI

auf Dauer

LeichteERD

NERD

Abb. 4: Algorithmus zumLangzeitmanagement der gastroösophagealen Reflux-krankheit in Abhängigkeit vomendoskopischen Befund (aus Koop et al [2])

Page 5: DieneueLeitliniezur gastroösophagealenRefluxkrankheit · PDF fileGERD ist eine Erkrankung, bei der Reux von Mageninhalt belästigende Symptome und/oder Lösionen verursacht Symptomatische

02/2015 CMExtra

REFLUXÖSOPHAGITIS 11

ne Dosisreduktion angestrebt

werden, soweit es die Symptoma-

tik zulässt.

5. Patient mit Reflux-induzierten

Schlafstörungen. Relativ neu ist

die Erkenntnis, dass Reflux –ohne

Auftreten von klassischen Reflux-

symptomenwienächtlichemSod-

brennen – zu Schlafstörungen

führen kann. Dieser Effekt kann

durch Schlafmittel wie Zolpidem

noch verstärkt werden. Gesicher-

te Erkenntnisse zur optimalen

Therapie existieren nicht, aber

die Gabe eines PPI in Standarddo-

sis liegt nahe, während bei positi-

vem Effekt die weitere Behand-

lung individuell ausgelegt sein

sollte.

6. Refluxbeschwerden in der

Schwangerschaft. Hier gelten die

gleichen Regeln wie bei Patien-

tinnen ohne Schwangerschaft.

Wie stets bei Medikamentenga-

benwährendderGravidität sollte

ein aufklärendes Gespräch über

Nutzen und Risiken einer Thera-

pie geführt werden. Bei geringer

Beschwerdeintensität kann im

Einzelfall die Gabe eines Antaci-

dums ausreichen, ansonsten kön-

nen sowohl H2-Rezeptorblocker

als auch PPI eingesetzt werden.

Spezifische Risiken sind für beide

Substanzklassen bisher nicht be-

kannt, wenngleich nicht mit al-

lerletzter Sicherheit ausgeschlos-

sen.

PPIgehörenzudensicherstenMedi-

kamenten mit einem sehr geringen

Nebenwirkungspotential. Dennoch

sollte immer nur dann eine – vor al-

lem längerfristige – Therapiedurch-

geführtwerden,wenn sie aufgrund

der Konstellation bei einem Patien-

ten gut begründet ist. Zu dengerin-

gen Risiken zählen u. a. infektiolo-

gische Komplikationen (gastroin-

testinale Infektionen inkl. Clostridi-

um difficile) und fraglich ein erhöh-

tes Frakturrisiko ohne Beleg für ei-

neOsteoporose.

Chirurgische Therapie

• Antirefluxoperationen nur nach

sorgfältiger präoperativer Dia-

gnostik

• Laparoskopische Operation heu-

te Standard

• Cave: Fundoplicatio bei Versa-

gern auf medikamentöse Thera-

pie

Eine operative Therapie kommt nur

dann infrage, wenn ein langfristi-

ger Therapiebedarf besteht und

entweder eineUnverträglichkeit ei-

ner medikamentösen Behandlung

vorliegt oder intolerable Restsymp-

tome (z. B. eine ausgeprägter Volu-

menreflux, der nur unzureichend

durch PPI beeinflussbar ist) beste-

hen.Die IndikationsstellungzurAn-

tirefluxchirurgie bedarf der subti-

len präoperativen Abklärung mit-

tels Manometrie, pH-Impedanz-

Messungetc [9].Heutewirdder Ein-

griff in minimal-invasiver Technik

als laparoskipische Fundoplicatio

durchgeführt. Es kommt sowohl ei-

ne 360°-Manschette (Nissen) als

auch eine partielle Fundoplicatio

(Toupet) zur Anwendung. Die Ef-

fektivität der operativen Therapie

ist der adäquaten und auch konse-

quentdurchgeführtenPPI-Therapie

vergleichbar. Essentiell bleibt die

Auswahl der Patienten, die am

meisten voneinemEingriff profitie-

ren. Besondere Vorsicht ist bei Pati-

enten geboten, die Therapieversa-

ger unter einer sachgerecht durch-

geführten PPI-Therapiewaren. Hier

muss zweifelsfrei vor einer Operati-

on geklärt werden, dass eine Re-

fluxgenese der Symptomatik zu-

grunde liegt.

ExtraösophagealeManifestationen derRefluxkrankheit

• Extraösophageale Symptome

durch Reflux ohne Sodbrennen

eher fraglich

• Bisher keingesichertes diagnosti-

sches Procedere etabliert

• Bei Verdacht zeitlich begrenzte

PPI-Therapie

In der Einschätzung, inwieweit Re-

flux ausschließlich zu extraösopha-

gealen Symptomen führen kann,

hat sich ein deutlicher Wandel voll-

zogen: Während unstrittig ist, dass

zusätzlich zu ösophagealen Sym-

ptomen wie Sodbrennen und Re-

gurgitationauchHusten,Laryngitis,

Asthma und dentale Erosionen auf-

treten können, muss stets bedacht

werden, dass diese Erkrankungen

per se schon häufig sind und nicht

unbesehen einem pathologischen

Reflux zugeschrieben werden kön-

nen. Extraösophageale Manifesta-

tionen, die tatsächlich durch Säure-

Maximale Ausdehnung der Metaplasie:M = 5 cm

8

6

4

2

0

Abstand (cm) von

GÖÜ

Circumferentielle Ausdehnung der Metaplasie: C = 2 cm

Originärer gastroösophagealer Übergang (GÖÜ): Messpunkt = 0 cm)

Abb. 5: Prag- (CM)-Klassifikation des Barrett-Ösophagus. Beispiel zeigt einen Barrett-Ösophagus C2M5

Page 6: DieneueLeitliniezur gastroösophagealenRefluxkrankheit · PDF fileGERD ist eine Erkrankung, bei der Reux von Mageninhalt belästigende Symptome und/oder Lösionen verursacht Symptomatische

12 REFLUXÖSOPHAGITIS

CMExtra 02/2015

rückfluss ausgelöstwerden, bessernsich meist parallel mit den ösopha-gealen Symptomen. Dagegen istdie Existenz ausschließlicher extra-ösophagealer Symptome aufgrundmehrerer Metanalysen fraglich[10], zudem existiert kein gesicher-ter Diagnostikalgorithmus für dieseklinische Fragestellung. Man wirdpragmatisch bei Verdacht auf mög-liche extraösophageale Beschwer-den einen zeitlich beschränktenTherapieversuch mit einem PPIdurchführen, diese Therapie aberbei ausbleibendem Erfolg dannauchwieder beenden.

Barrett-Ösophagus

• Risiko dermalignen Transformati-on geringer als bisher angenom-men

• Kleine Barrett-Zungen bedürfenkeiner Überwachung

• Überwachung längerer Barrett-Segmente jetzt fakultativ (Risiko-adaptiert)

• Endoskopische Therapie hochgra-diger Neoplasien / mukosaler Kar-zinomeheute Standard

Die frühere Einteilung des Barrett-Ösophagus in den langen (≥ 3 cm)und kurzen (< 3 cm) ist heute ersetztdurch die CM- oder Prag-Klassifikati-on (E Abb. 5): dabei wird jeweils se-parat die Länge des circumferentiel-len (C) bzw. die maximale Länge desBarrett-Ösophagus inkl. zungenför-miger Ausläufer (M) vom gastroöso-phagealenÜbergang ausgehendbe-

stimmt. Die Hiatushernie, die bei vie-len Patienten gleichzeitig besteht,wird bei der Längenmessung nichtberücksichtigt. Die neue Klassifikati-on trägt dem Umstand Rechnung,dass die früher bestehende Grenzevon 3 cm arbiträr festgelegt wurde,aber keine klinisch relevante Größedarstellt.Dennoch steigtmitder Län-ge des Barrett-Segmentes das Risikodermalignen Transformation.Daten aus jüngst publizierten Lang-zeitstudien haben zudem deutlichgemacht, dass das Risiko der Ent-wicklung von intraepithelialen Ne-oplasien (IEN; früher Dysplasie ge-nannt) weitaus geringer ist als nochvor wenigen Jahren angenommen:Während die Vorgängerversion derRefluxleitlinie noch von einer Neo-plasieentwicklung bei 0,5 % pro Pa-tientenjahr ausging, legen jüngsteDaten ein Risiko von 0,1–0,2 % proPatientenjahr nahe [11]. Dies hat na-turgemäß Auswirkungen auf die zuergreifenden Maßnahmen zur Früh-erkennung neoplastischer Verände-rungen.

Essentiell für die Diagnose und auchRisikoabschätzung ist eine ausführli-che Biopsietechnik. Nach dem Seat-tle-Protokoll sind zunächst die Area-le in der Schleimhaut zu biopsieren,die aufgrund der Oberfläche, Farbeetc. auffällig sind. Danach müssen 4-Quadranten-Biopsien alle 2 cm, bes-ser noch alle 1 cm durchzuführen. Esmehren sich die Befunde, die eine

subtilere Beurteilung der Barrett-Schleimhaut bei Verwendung derChromoendoskopie bzw. virtuellerFärbeverfahren (computergestützteChromoendoskopie) ermöglichen,ohne jetzt schon unverzichtbarerStandard zu sein. Gerade die ausgie-bige bioptische Diagnostik in der In-dexendoskopie ist von größter Be-deutung, denn viele neoplastischeVeränderungen sind schon zu die-semZeitpunkt zu diagnostizieren.Ziel der Diagnostik (und Überwa-chung) ist die Therapie neoplasti-scher Veränderungen, die bei früh-zeitiger Diagnose endoskopischdurchführbar ist [12]. Dagegen gibtes nach dem derzeitigen Wissens-stand keine Indikation, einen nicht-neoplastischen Barrett-Ösophaguszu therapieren (z. B. durch thermi-sche Ablationsverfahren). Für die Er-kennung neoplastischer Verände-rungen ist es aber wichtig, dass vorderentsprechendenbioptischenDia-gnostik entzündliche Veränderun-gen möglichst durch eine adäquateTherapie zur Abheilung gebrachtwerden, d.h. zunächst für ca. vierWochen eine PPI-Behandlungdurch-geführt wird und erst dann die Bar-rett-Schleimhaut bioptisch unter-suchtwird (E Tab. 1).

Der Nachweis einer IEN, sei sie nied-riggradig oder hochgradig, bedarfimmer der Bestätigung durch ei-ne kompetenteReferenzpathologie,um unnötige therapeutische Maß-nahmen (z. B. bei als Neoplasie fehl-gedeuteten inflammatorischen Ver-änderungen) zu vermeiden. DasVorgehen bei niedriggradigen IEN(E Tab. 1) hängt davon ab, obes sichtbare Strukturauffälligkeitengibt (dann ist eineendoskopischeRe-sektion dieses Areals indiziert) odersolche fehlen (dannempfiehlt sichei-ne kurzfristige endoskopische Kon-trolle, alternativ kann eine thermi-sche Ablation z. B. mittels Radiofre-quenzablation (RFA) erfolgen). EinTeil der niedriggradigen IEN ist im

intraepitheliale Neoplasie

(IEN)

Leitlinie 2005 Leitlinie 2014

keine IEN keine Therapie keine Therapie

low-grade (sichtbar) endoskopische Resektion endoskopische Resektion

low-grade (histologisch) Kontrolle Kontrolle (oder RFA)

high-grade OP, PDT, ER ER + RFA

Karzinom T1m

(evtl. auch T1sm

1)

OP, PDT, ER ER + RFA

Tab. 1:Wandel der TherapiemaßnahmenbeimBarrett-Ösophagus inAbhängigkeitvon intraepithelialenNeoplasieAbkürzungen:RFA:=Radiofrequenzablation;OP=Operation (Resektion); PDT=pho-todynamische Therapie; ER = endoskopische Resektion (entwedermittelsMukosare-sektion [EMR] oder Submukosadissektion [ESD])

Page 7: DieneueLeitliniezur gastroösophagealenRefluxkrankheit · PDF fileGERD ist eine Erkrankung, bei der Reux von Mageninhalt belästigende Symptome und/oder Lösionen verursacht Symptomatische

02/2015 CMExtra

REFLUXÖSOPHAGITIS 13

Prof. Dr. HerbertKoop

Verlauf nicht mehr nachweisbar,aber es besteht andererseits statis-tisch ein erhöhtes Risikoder Entwick-lung einer hochgradigen Neoplasie.Diese ist immer therapiebedürftig,entweder durch endoskopische Mu-kosaresektion (EMR) oder Submuko-sadissektion (ESD). Dagegen solltenzur Therapie der hochgradigenIEN ablative Verfahren (RFA, Argon-Plasma-Koagulation, photodynami-sche Therapie) nicht mehr zum Ein-satz kommen, weil durch diese Ver-fahren eine histologische Untersu-chung nicht möglich ist. Das histolo-gische Ergebnis ist aber zur genauenEinschätzung des Befundes unerläss-lich, denn nur dadurch wird ein Sta-gingderTiefeninfiltrationunddamiteine Klärung ermöglicht, ob die en-doskopische Resektion als Therapieausreicht (in30–50 %derFällemitei-ner präinterventionell diagnostizier-ten hochgradigen IEN liegt bereitsein manifestes Karzinom vor). AuchfürmukosaleKarzinome(T1m)sowiein Einzelfällen auch für Karzinome,diedieoberste Schicht der Submuko-sa infiltrieren (sm1), ist heute die en-doskopische Resektion Standard,Operationen dagegen nur dann er-forderlich, wenn entweder zusätzli-che histologische Risikofaktoren be-

stehenwie z. B. niedrigeDifferenzie-rung und/oder Invasion von Blut-oder Lymphgefäßen oder am endo-skopische Resektat eine tiefereWandinfiltration nachgewiesenwurde [12]. Um das Risiko für meta-chrone Neoplasien zu reduzieren,sollte nach erfolgreicher endoskopi-scher Therapie von Neoplasien dernicht-neoplastische Barrett-Ösopha-gus einer Ablation zugeführt wer-den, heute vorzugsweise mittelsRFA. Trotzdem muss bei Patientennach endoskopischer Therapie neo-plastischer Veränderungen ein strik-tes Follow-up erfolgen, daweiter einerhöhtes Risiko für metachrone Tu-moren besteht.Neu ist die Empfehlung für die endo-skopisch-bioptische Überwachungeines nicht-neoplastischen Barrett-Ösophagus: Während bisher ein 3-bis 4-jähriges Kontrollintervall in Ab-hängigkeit von der Länge des Bar-rett-Ösophagus empfohlen wurde,so gilt jetzt eine Empfehlung zur fa-kultativen Durchführung (E Tab. 2).Dies beruht darauf, dass die Inzidenzneoplastischer Veränderung immerweiter nach unten korrigiert werdenmusste (s. o.), wodurch die Kosten-/Nutzen-Relation ungünstiger wird,und bei subtiler Biopsie die meisten

IEN bereits während der Indexendo-skopie entdeckt werden [13]. Den-noch sollten zusätzliche Risikofakto-ren bei der Entscheidung pro odercontra Überwachung des nicht-neo-plastischen Barrett-Ösophagus ein-bezogen werden: So wird man gera-de bei einem jüngeren Patientenund/oder langem Barrett-Segmenteine Überwachung in der Regeldurchführen. Andererseits kann beisehr kurzen Barrett-Zungen (< C0M1nach der Prag-Klassifikation) ganzauf die Überwachung verzichtetwerden. Mit diesem überarbeitetenEmpfehlungen trägt die deutscheLeitlinie – im Gegensatz zu Leitlinienanderer ausländischer Fachgesell-schaften, die an strikteren Überwa-chungsprotokollen festhalten – denheute gesicherten Studienergebnis-sen Rechnung, zumal bisher ein ver-muteter Nutzen der Überwachungausschließlichauf retrospektivenUn-tersuchungen, nicht aber auf pro-spektiv erhobenenDaten fußt.

Die Literaturstellen finden Sie auf:www.cmextra.info

Korrespondenzadresse:Prof. Dr. Herbert KoopTölzer Str. 2014199 BerlinFax : +49 (0)30 / 4012522E-Mail: [email protected]

Intraepitheliale Neoplasie (IEN) Überwachungsstrategie

keine IEN Kontrolle innerhalb eines Jahres, dann Überwachung fakultativ in Abhängigkeit von Risikofaktoren

niedriggradige IEN (mit und ohne endoskopische Therapie)

im ersten Jahr halbjährlich, dann jährlich

hochgradige IEN wahrscheinlich im 1. Jahr vierteljährige Kontrollen sinnvoll, im 2. Jahr halbjährlich, danach evtl. jährliche Kontrollen ausreichend

Tab. 2: Überwachungdes Barrett-Ösophagus inAbhängigkeit vomVorhandensein(und nach Therapie) einer intraepithelialenNeoplasie