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Digitale Messtechnik (Analog-digital- Umsetzung) Gerhard Gerhard und Hans-Rolf Tränkler Zusammenfassung Wichtige Gründe für die Bedeutung der digitalen Messtechnik sind die kostengünstige Verfügbar- keit der Mikrorechner sowie damit verbunden die der digitalen Messsignalverarbeitung. Digitale Messsignale besitzen außerdem Vorteile im Hin- blick auf die Störsicherheit der Signalübertragung und die Einfachheit der galvanischen Trennung. Im vorliegenden Beitrag werden zunächst die Prinzipien der digitalen Signaldarstellung behan- delt. Mit Hilfe der mathematischen Beschreibung der Wertdiskretisierung (Amplitudenquantisie- rung) und der Zeitdiskretisierung (Abtastung) werden Art und Größe der dabei jeweils auftre- tenden Fehler diskutiert. Ferner werden die Methoden der digitalen Zeit- und Frequenzmes- sung behandelt. Schließlich wird die gerätetech- nische Realisierung der Wandlung analoger Signale in digitale Signale durch Analog-digital- Umsetzer (ADU) sowie der Wandlung digitaler Signale in analoge Signale durch Digital-analog- Umsetzer (DAU) beschrieben. Schlüsselwörter Quantisierung · Quantisierungsfehler · Zeitabtastung · Abtasttheorem · Zeitmessung · Frequenzmessung · ADU · DAU · Charge- balancing-Umsetzer · Zweirampenumsetzer · Nachlaufumsetzer · Sukzessive Approximation · Parallelumsetzer · Delta- Sigma-Umsetzer 1 Quantisierung und digitale Signaldarstellung 1.1 Informationsverlust durch Quantisierung Im Gegensatz zur analogen Signaldarstellung, bei der die Messgrößen auf stetige Messsignale abge- bildet werden, sind bei der digitalen Messsignal- darstellung nur diskrete Messsignale vorhanden, die durch Abtastung, Quantisierung und Codie- rung erhalten werden. Bei der Quantisierung ist ein Informationsver- lust unvermeidlich. Die sinnvolle Quantisierung hängt von der Art des physikalischen Messsignals und von der vorgesehenen Anwendung ab. Bei akustischen Signalen bietet sich z. B. eine un- gleichförmige Quantisierung an. Durch logarith- mische Quantisierung wird z. B. vermieden, dass sehr kleine Messsignale im sog. Quantisierungs- rauschen untergehen (Anwendung beim Kompan- der). Die Quantisierung bei gleichförmiger Quan- G. Gerhard Lehrstuhl für Mess- und Regeltechnik, Universität Bayreuth, Bayreuth, Deutschland E-Mail: [email protected] H.-R. Tränkler (*) Universität der Bundeswehr München, Neubiberg, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 M. Hennecke, B. Skrotzki (Hrsg.), HÜTTE Das Ingenieurwissen, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57492-8_59-1 1

Digitale Messtechnik (Analog-digital- Umsetzung) · Digitale Messtechnik (Analog-digital-Umsetzung) Gerhard Gerhard und Hans-Rolf Tränkler Zusammenfassung Wichtige Gründe für die

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  • Digitale Messtechnik (Analog-digital-Umsetzung)

    Gerhard Gerhard und Hans-Rolf Tränkler

    ZusammenfassungWichtige Gründe für die Bedeutung der digitalenMesstechnik sind die kostengünstige Verfügbar-keit derMikrorechner sowie damit verbunden dieder digitalen Messsignalverarbeitung. DigitaleMesssignale besitzen außerdem Vorteile im Hin-blick auf die Störsicherheit der Signalübertragungund die Einfachheit der galvanischen Trennung.Im vorliegenden Beitrag werden zunächst diePrinzipien der digitalen Signaldarstellung behan-delt. Mit Hilfe der mathematischen Beschreibungder Wertdiskretisierung (Amplitudenquantisie-rung) und der Zeitdiskretisierung (Abtastung)werden Art und Größe der dabei jeweils auftre-tenden Fehler diskutiert. Ferner werden dieMethoden der digitalen Zeit- und Frequenzmes-sung behandelt. Schließlich wird die gerätetech-nische Realisierung der Wandlung analogerSignale in digitale Signale durch Analog-digital-Umsetzer (ADU) sowie der Wandlung digitalerSignale in analoge Signale durch Digital-analog-Umsetzer (DAU) beschrieben.

    SchlüsselwörterQuantisierung · Quantisierungsfehler ·Zeitabtastung · Abtasttheorem · Zeitmessung ·Frequenzmessung · ADU · DAU · Charge-balancing-Umsetzer · Zweirampenumsetzer ·Nachlaufumsetzer · SukzessiveApproximation · Parallelumsetzer · Delta-Sigma-Umsetzer

    1 Quantisierung und digitaleSignaldarstellung

    1.1 Informationsverlust durchQuantisierung

    Im Gegensatz zur analogen Signaldarstellung, beider die Messgrößen auf stetige Messsignale abge-bildet werden, sind bei der digitalen Messsignal-darstellung nur diskrete Messsignale vorhanden,die durch Abtastung, Quantisierung und Codie-rung erhalten werden.

    Bei der Quantisierung ist ein Informationsver-lust unvermeidlich. Die sinnvolle Quantisierunghängt von der Art des physikalischen Messsignalsund von der vorgesehenen Anwendung ab. Beiakustischen Signalen bietet sich z. B. eine un-gleichförmige Quantisierung an. Durch logarith-mische Quantisierung wird z. B. vermieden, dasssehr kleine Messsignale im sog. Quantisierungs-rauschen untergehen (Anwendung beim Kompan-der). Die Quantisierung bei gleichförmiger Quan-

    G. GerhardLehrstuhl für Mess- und Regeltechnik, UniversitätBayreuth, Bayreuth, DeutschlandE-Mail: [email protected]

    H.-R. Tränkler (*)Universität der Bundeswehr München, Neubiberg,DeutschlandE-Mail: [email protected]

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019M. Hennecke, B. Skrotzki (Hrsg.), HÜTTE – Das Ingenieurwissen,https://doi.org/10.1007/978-3-662-57492-8_59-1

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    http://crossmark.crossref.org/dialog/?doi=10.1007/978-3-662-57492-8_59-1&domain=pdfmailto:[email protected]:[email protected]://doi.org/10.1007/978-3-662-57492-8_59-1

  • tisierung wird i. Allg. so gewählt, dass sie in etwadem zulässigen Fehler desMesssignals entspricht.Dadurch wird sichergestellt, dass weder durchübermäßige Quantisierung eine zu hohe Genauig-keit vorgetäuscht wird, noch durch zu geringeQuantisierung die vorhandene Genauigkeit desMessgrößenaufnehmers verschenkt wird.

    In Abb. 1a ist eine Quantisierungskennlinie füracht Quantisierungsstufen dargestellt. Abb. 1bzeigt die Quantisierungsabweichung (auch: Quan-tisierungsfehler), die gleich der Differenz vondigitalem Istwert (Treppenkurve) und linear ver-laufendem Sollwert ist. Sie springt an den Sprung-stellen von �0,5 auf +0,5 und sinkt dann wiederlinear auf den Wert �0,5 ab, wo die nächsteSprungstelle ist. Die maximale Quantisierungsab-weichung beträgt also 0,5.

    Der mit der Quantisierung verbundene Infor-mationsverlust ist deutlich in Abb. 1c zu erken-nen, da sämtlichen Analogwerten A im Bereich

    N � 0,5 < A≦N þ 0,5

    der eine diskrete Wert D = N zugeordnet ist(N ganzzahlig). In der Praxis kann man daheraus D nicht auf den wahren Wert vonA schließen, sondern A nur mit einer gewissenUnsicherheit angeben.

    1.2 Der relativeQuantisierungsfehler

    Im einfachsten Fall werden den bei der Quantisie-rung entstandenen diskreten Quantisierungsstufen(positive ganze n-stellige) Dualzahlen zugeord-net, für die gilt

    N ¼Xn�1i¼0

    ai � 2i:

    (Weitere Codes zur Zahlendarstellung sieheAbschn. 1 in Kap. ▶ „Rechnerorganisation“).

    Mit einer n-stelligen Dualzahl lassen sich dieWerte 0 bis 2n � 1 darstellen, die Anzahl derdarstellbaren Werte ist also 2n. Die Koeffizientenai sind binäreGrößen, die also nur dieWerte 0 oder

    1 annehmen können. Der größtmögliche Informa-tionsgehalt H einer n-stelligen Dualzahl ist

    H ¼ ld 2n ¼ n Sh:

    Dabei bezeichnet ld den Logarithmus zur Basis2 (logarithmus dualis), und die PseudoeinheitShannon (Sh) macht deutlich, dass der betrachteteZahlenwert einen Informationsgehalt ausdrückt.Die Wortlänge (Stellenzahl) eines binären Daten-worts wird häufig in der Einheit Bit als der Zahlder Binärstellen angegeben. Eine einzelne Binär-stelle wird ebenfalls als Bit (binary digit) bezeich-net. Ein Datenwort mit einer Wortlänge von 8 bitnennt man ein Byte (Einheitenzeichen B). EinDatenstrom von 1 kB (Kilobyte), 1 MB (Mega-byte) oder 1 GB (Gigabyte) enthält 103 bzw. 106

    bzw. 109 Datenworte zu 8 bit. Ein Speicher miteiner Kapazität von 1 KiB (Kibibyte), 1 MiB(Mebibyte) oder 1 GiB (Gibibyte) kann210 = 1024 bzw. 220 � 1,049 ∙ 106 bzw.230 � 1,074 ∙ 109 Datenworte speichern.

    Setzt man bei ganzen Dualzahlen den Quanti-sierungsfehler gleich eins, so ist die relative Quan-tisierungsabweichung (auch: der relative Quanti-sierungsfehler) bei Bezug auf den Codeumfangvon 2n

    Fq rel ¼ 2�n:

    Abhängig von der Stellenzahl n ist in Abb. 2der relative Quantisierungsfehler aufgetragen. Beieinem 10-stelligen Digitalsignal (einem typischenWert etwa bei digitalen Oszilloskopen) liegt derQuantisierungsfehler von 2�10 = 1/1024 alsobereits unter 1 ‰.

    2 Abtasttheorem undAbtastfehler

    2.1 Das Shannon’scheAbtasttheorem

    Ein kontinuierliches, analoges Messsignal x(t),dessen Funktionswerte für negative Zeiten ver-schwinden, besitzt das komplexe Spektrum X

    2 G. Gerhard und H.-R. Tränkler

    http://link.springer.com/search?facet-eisbn=978-3-662-57492-8&facet-content-type=ReferenceWorkEntry&query=�Rechnerorganisation``

  • (jω), das sich mithilfe der Fourier-Transformation(vgl. Abschn. 15.1 in Kap.▶ „Differenzialgeome-trie und Integraltransformationen“) zu

    X jωð Þ ¼ð10

    x tð Þe�jωtdt

    berechnen lässt.Wird das Signal x(t) nach Abb. 3a zu äquidis-

    tanten Zeiten t= n T0 (n = 0,1, . . .) abgetastet, soerhält man eine Folge x(n T0) von Messwerten.

    Mit der Abtastperiode T0, der Kreisfrequenz ωund der differenziellen Abtastdauer τ ergibt sichdas Differenzial d Xn( j ω) und das SpektrumXn( j ω) des abgetasteten Signals zu

    dXn jωð Þ ¼ x nT0ð Þe�jωnT0τ,Xn jωð Þ ¼ τ

    X1n¼0

    x nT 0ð Þe�jωnT0 :

    Für ein auf |f| < fm frequenzbandbegrenztesSignal ist der Betrag |Xn( j ω)| des Spektrums desabgetasteten Signals in Abb. 3b dargestellt. DasSpektrum des zeitdiskreten Signals ist periodisch.Der spektrale Periodenabstand ist dabei gleich derAbtastfrequenz f0 = 1/T0 = ω0/2 π.

    Das Spektrum Xn ( j ω) ist im Bereich�fm ≦ f ≦ fm identisch mit dem Spektrum X(j ω)des kontinuierlichen Analogsignals. Wenn sichalso die Teilspektren von Xn( jω) nicht überlap-pen, dann kann durch ideale Tiefpassfilterungohne Informationsverlust das kontinuierliche Si-gnal x(t) wiedergewonnen werden.

    Das Shannon'sche Abtasttheorem besagt da-her, dass die halbe Abtastfrequenz f0/2 größer seinmuss als die höchste im Signal enthaltene (nicht:gewünschte!) Frequenz fm, damit der Verlaufeines Signals aus den Abtastwerten (im Idealfallvollständig) rekonstruiert werden kann. Für dieAbtastfrequenz muss also gelten:

    Abb. 1 Quantisierung.a Kennlinie,b Quantisierungsfehler,c Informationsverlust

    Digitale Messtechnik (Analog-digital-Umsetzung) 3

    http://link.springer.com/search?facet-eisbn=978-3-662-57492-8&facet-content-type=ReferenceWorkEntry&query=�Differenzialgeometrie und Integraltransformationen``http://link.springer.com/search?facet-eisbn=978-3-662-57492-8&facet-content-type=ReferenceWorkEntry&query=�Differenzialgeometrie und Integraltransformationen``

  • f 0 > 2f m:

    Um bei überlappenden Teilspektren eineMehrdeutigkeit zu vermeiden, muss gegebenen-falls ein analoges sog. Antialiasing-Filter vorge-

    schaltet werden, das Signalanteile mit Frequenzenf ≧ f0/2 ausfiltert (sperrt).

    Man beachte, dass alle zeitbegrenzten (impulsar-tigen) Signale ein unbegrenzt breitbandiges Spek-trum besitzen ( fm!1), so dass das Abtasttheorembei ihnen nicht exakt, sondern nur näherungsweiseeingehalten werden kann. Bei der Messung vonImpulsen mit digitalen Messgeräten ist daher stetsauf mögliche Impulsverzerrungen zu achten.

    2.2 Frequenzgang beiExtrapolation nullter Ordnung

    Die vollständige Rekonstruktion eines bandbe-grenzten Signals aus den Abtastwerten ist entspre-chend dem Abtasttheorem mit einem idealenRechteckfilter möglich, das zum AbtastzeitpunktnT0 den Wert 1 und zu allen anderen Abtastzeit-punkten den Wert 0 liefert.

    Im Regelfall begnügt man sich mit einem ein-fachen Abtast- und Haltekreis nach Abb. 4a, beidem der abgetastete Wert bis zur nächsten Abtas-tung beibehalten wird. Man spricht deshalb auchvon einer Extrapolation nullter Ordnung.

    Abb. 2 Relativer Quantisierungsfehler abhängig von derStellenzahl

    Abb. 3 a Abtastung einesMesssignals x(t) zu denZeiten nT0, b Spektrum|X(jω)| eines frequenzband-begrenzten, abgetastetenMesssignals

    4 G. Gerhard und H.-R. Tränkler

  • Das Spektrum Y(jω) des Ausgangssignals y(t)des Abtast- und Haltekreises berechnet sich durchSummation der Teilintegrale im jeweiligen Defi-nitionsbereich nT0 ≦ t < (n + 1) T0 zu

    Y jωð Þ ¼ð10

    y tð Þe�jωtdt

    ¼X1n¼0

    ðnþ1ð ÞT0nT 0

    x nT0ð Þe�jωtdt:

    Die Lösung des Integrals liefert zunächst

    Y jωð Þ ¼X1n¼0

    x nT0ð Þ 1�jω e�jωt� � nþ1ð ÞT0

    nT 0

    ¼X1n¼0

    x nT0ð Þe�jωnT0 1� e�jωT0

    ¼X1n¼0

    x nT0ð Þe�jωnT0e�jωT0=2T 0si ωT0=2ð Þ

    mit si(x) = sin(x)/x. Dabei wurde Gebrauchgemacht von ejφ � e�jφ = 2j sin φ.

    Der Frequenzgang eines Haltekreises ergibtsich nach Division durch das oben berechneteSpektrum Xn(jω) zu

    G jωð Þ ¼ Y jωð ÞX n jωð Þ ¼

    T 0τ� si ωT0=2ð Þe�jωT0=2:

    Mit ωT0/2 = π f/f0 ergibt sich der Amplituden-gang zu

    j G jωð Þ j¼ T0τ� si πf =f 0ð Þ:

    In Abb. 4b ist der Frequenzbereich 0≦ f< f0/2,in dem das Abtasttheorem erfüllt ist, grau mar-kiert.

    2.3 Abtastfehler eines Haltekreises

    Der relative Abtastfehler Frel eines Abtastkreisesbeträgt

    Frel ¼ si πf =f 0ð Þ � 1:

    Dabei wurde für den Istwert die Funktion si(π f/f0) und für den Sollwert der Wert 1 eingesetzt,der sich bei der Frequenz f = 0 ergibt. NachReihenentwicklung ergibt sich der Abtastfehler

    F rel ¼ � πf =f 0ð Þ2

    3!þ πf =f 0ð Þ

    4

    5!� . . .

    Für Frequenzen unter etwa 0,2 f0 genügt es, nurdas erste Glied dieser Reihe zu berücksichtigen,da das zweite Glied mit weniger als 2 % zumAbtastfehler beiträgt wegen

    Abb. 4 a Abtast- undHaltekreis,b Amplitudengang einesHaltekreises

    Digitale Messtechnik (Analog-digital-Umsetzung) 5

  • F rel ¼ � πf =f 0ð Þ2

    6� 1� πf =f 0ð Þ

    2

    20þ . . .

    !:

    Bei einem zulässigen relativen Fehler Frelergibt sich die maximale Frequenz fm als Funktionder Abtastfrequenz f0 zu

    f m ¼1

    π

    ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi6 �F relð Þ

    pf 0:

    Das Frequenzverhältnis fm/f0 ist in Abb. 5abhängig von Frel aufgetragen.

    Bei fünf Abtastungen pro Periode der höchstenMesssignalfrequenz ( f0 = 5 fm) ist der relativeAbtastfehler betragsmäßig noch 6,6 %. Soll derzulässige Abtastfehler jedoch nur 1 % oder0,01 % betragen, so sind 12,8 bzw. 128 Abtastun-gen pro Periode der höchsten Messsignalfre-quenz erforderlich.

    3 Digitale Zeit- undFrequenzmessung

    Der Übergang von der analogen zur digitalenSignalstruktur erfordert prinzipiell eine Quantisie-rung mithilfe von Komparatoren oder Schmitt-Triggern (Grundschaltungen siehe Kap. ▶ „Ana-loge Grundschaltungen“).

    3.1 Prinzip der digitalen Zeit- undFrequenzmessung

    Bei der digitalen Zeitmessung werden die voneinem Signal bekannter Frequenz während derunbekannten Zeit in einen Zähler einlaufendenImpulse gezählt. Bei der digitalen Frequenzmes-sung werden umgekehrt die während einerbekannten Zeit von dem Signal unbekannterFrequenz herrührenden Impulse gezählt. NachAbb. 6a gelangen Zählimpulse vom Frequenzein-gang zum Impulszähler, solange durch eine logi-sche Eins am Zeiteingang das UND-Gatter freige-schaltet ist.

    Im Ablaufdiagramm nach Abb. 6b sind dieStart- und Stoppsignale im Abstand t am Eingangder bistabilen Kippstufe (auch Flipflop genannt),das Zeitsignal mit der Zeitdauer t am Ausgang desFlipflops, das Frequenzsignal mit der Frequenzf bzw. der Periodendauer 1/f und die begrenzteImpulsfolge am Ausgang des UND-Gatters, diein den Impulszähler einläuft, dargestellt. SchmaleImpulse des Frequenzsignals vorausgesetzt, istbei beliebiger Lage des Startzeitpunktes die Zeit-dauer

    t ¼ N 1fþ t1 � t2ð Þ ¼ N soll 1f :

    Dabei sind N die ganzzahlige Impulszahl derbegrenzten Impulsfolge, die in den Zähler ein-

    Abb. 5 BezogeneMaximalfrequenz fm/f0 alsFunktion des zulässigenrelativen Fehlers Frel beieinem Haltekreis

    6 G. Gerhard und H.-R. Tränkler

    http://link.springer.com/search?facet-eisbn=978-3-662-57492-8&facet-content-type=ReferenceWorkEntry&query=�Analoge Grundschaltungen``http://link.springer.com/search?facet-eisbn=978-3-662-57492-8&facet-content-type=ReferenceWorkEntry&query=�Analoge Grundschaltungen``

  • läuft, 1/f die Periodendauer des Frequenzsignalssowie t1 und t2 die kleinen Restzeiten zwischenStartsignal bzw. Stoppsignal und dem nächstlie-genden Impuls des Frequenzsignals. Der SollwertNsoll ist eine rationale Zahl, die angibt, wie oft diePeriodendauer 1/f in der Messzeit t enthalten ist.Durch Multiplikation mit der Frequenz f erhältman die Beziehung

    ft ¼ N þ f t1 � t2ð Þ ¼ N soll:

    Für großeMesszeiten t� t1� t2 ergibt sich derZählerstand

    N ¼ ft:

    Der absolute Quantisierungsfehler ist

    Fq ¼ N � N soll ¼ f t2 � t1ð Þ:

    Da der Betrag von t2 � t1 die reziproke Fre-quenz 1/f nicht überschreiten kann, kann derBetrag des Quantisierungsfehlers eins nicht über-schreiten:

    j Fq j ≦1:

    Ist die Zeitdauer t zufällig ein ganzzahligesVielfaches der reziproken Frequenz 1/f, so sinddie Restzeiten gleich groß (t1 = t2) und der Quan-tisierungsfehler – unabhängig vom Startzeitpunkt– gleich null. Bei gleichverteiltem Startzeitpunktbeträgt für t1 > t2 die Wahrscheinlichkeit P, dassstatt N der Wert N + 1 ausgegeben wird

    P ¼ t1 � t2ð Þf ¼ ft � N :

    Beobachtet man also beispielsweise Zäh-lerstände N + 1 mit der WahrscheinlichkeitP und Zählerstände N mit der Wahrscheinlichkeit1 � P, so ist bei einer genügenden Zahl vonBeobachtungen der Sollwert

    N soll ¼ N þ P:

    3.2 Der Quarzoszillator

    Die Genauigkeit (quantitativ also die Messunsi-cherheit) einer digitalen Zeit- oder Frequenzmes-sung hängt außer vom Quantisierungsfehler imWesentlichen von der Genauigkeit der verwende-ten Referenzfrequenz bzw. Referenzzeit ab. OhneBerücksichtigung des Quantisierungsfehlers ist

    Abb. 6 Prinzip derdigitalen Zeit- undFrequenzmessung.a Blockschaltbild,b Ablaufdiagramm

    Digitale Messtechnik (Analog-digital-Umsetzung) 7

  • der Zählerstand N = f t sowohl der Messzeit alsauch der Messfrequenz proportional. Bei der digi-talen Zeitmessung muss also die Referenzfre-quenz f und bei der digitalen Frequenzmessungdie Referenzzeit t konstant gehalten werden. Dieswird in beiden Fällen durch einen Quarzoszillatorgeleistet, an dessen Frequenzkonstanz hoheAnforderungen gestellt werden müssen.

    Relative Frequenzabweichungen von wenigerals 10�4 sind mit einfachsten Mitteln, Abwei-chungen von weniger als 10�8 noch mit vertret-barem Aufwand (Thermostatisierung) erreichbar.Typische Werte für relative Frequenzabweichun-gen liegen zwischen 10�6 und 10�5. Darin sindsowohl systematische Abweichungen infolge vonEinflusseffekten als auch zufällige Abweichungeninbegriffen.

    Von besonderer Bedeutung für die Frequenz-konstanz des Quarzes ist dessen Temperaturgang.Die damit zusammen hängenden systematischenrelativen Frequenzabweichungen Δf/f lassen sichin ihrer Abhängigkeit von der Temperatur mitguter Näherung durch Polynome 2. oder 3. Gradesbeschreiben:

    Δff

    ¼ a ϑ� ϑ0ð Þ þ b ϑ� ϑ0ð Þ2 þ c ϑ� ϑ0ð Þ3:

    Dabei ist ϑ die Temperatur und ϑ0 die Tempe-ratur, bei der der Quarz abgeglichen wurde; a, b

    und c sind der lineare, quadratische bzw. kubischeTemperaturkoeffizient.

    Das Schaltzeichen eines Schwingquarzes(a) und ein typischer Temperaturgang der Reso-nanzfrequenz für AT-Schnitte (b) sind in Abb. 7angegeben.

    Abweichungen vom Schnittwinkel Θ � 35�führen zu unterschiedlichen Maxima und Minimaim Temperaturgang. Dadurch lassen sich bei einemgegebenen Temperaturbereich die Frequenzabwei-chungen minimieren. Die gestrichelte Kurve stelltden sog. optimalen AT-Schnitt dar, bei dem von�50 �C bis +100 �C die temperaturbedingten Fre-quenzabweichungen unter �12 � 10�6 bleiben.

    3.3 Digitale Zeitmessung

    Bei der digitalen Zeitmessung werden nachAbb. 8a die von der bekannten Frequenz fref/Nfwährend der zu messenden Zeit tx in einen Zählereinlaufenden Impulse gezählt.

    Die zu messende Zeit ist

    tx ¼ N ff refN :

    Die erreichbare Zeitauflösung hängt von derQuarzfrequenz ab und ist z. B. bei fref = 10 MHzund Nf = 1 gleich 1/fref = 0,1 μs.

    Abb. 7 Schwingquarz.a Schaltzeichen,b Temperaturgang derResonanzfrequenz

    8 G. Gerhard und H.-R. Tränkler

  • Zur Messung längerer Zeiten wird dem Quarz-oszillator ein digitaler Frequenzteiler mit demganzzahligen Teilerfaktor Nf nachgeschaltet. BeiQuarzuhren verwendet man z. B. einen Biege-schwinger-Quarz (Stimmgabelquarz) mit 32.768Hz. Nach Frequenzteilung um den FaktorNf = 2

    15 = 32.768 ergibt sich eine Referenzfre-quenz von 1 Hz, die zu der gewünschten Auf-lösung von 1 s führt.

    Fordert man für eine Quarzuhr einen zulässi-gen Fehler von weniger als 1 Sekunde pro Tag, soentspricht dem ein mittlerer relativer Fehler derQuarzfrequenz von

    Δff

    ��������≦ 1 s1 d ¼ 186:400 � 10�5:

    Ein relativer Fehler von 10�5 darf dann alsonicht überschritten werden, was durch die Unmög-lichkeit einer Thermostatisierung erschwert ist.

    Zur digitalenMessung der Periodendauer einesSignals wird dieses nach Abb. 8b zunächst übereinen Schmitt-Trigger in ein Rechtecksignalumgeformt und dann wie bei der Differenzzeit-

    messung zur Bildung des Start- und des Stopp-signals benutzt. Kleine Frequenzen werden bevor-zugt über die Periodendauer gemessen, um einekleine Messzeit zu erhalten.

    3.4 Digitale Frequenzmessung

    Bei der digitalen Frequenzmessung werden nachAbb. 9 die von einer unbekannten Frequenz fxwährend der bekannten Zeit tT (Torzeit) in einenZähler einlaufenden N Impulse gezählt.

    Die Torzeit tT ist dabei identisch mit der Peri-odendauer der Frequenz, die durch digitale Tei-lung der Quarzfrequenz fref durch den Faktor NTentsteht. Mit tT = NT/fref ergibt sich für die unbe-kannte Frequenz

    f x ¼N

    tT¼ f ref

    NTN :

    Die erreichbare Frequenzauflösung hängt vonder Torzeit (Messzeit) tT ab. Oft ist aus dynami-schen Gründen die Torzeit auf 1 s oder 10 s

    Abb. 8 DigitaleZeitmessung.a Blockschaltbild,b Impulsformung beiPeriodendauermessung

    Digitale Messtechnik (Analog-digital-Umsetzung) 9

  • begrenzt. Die Frequenzauflösung ist dann 1 Hzbzw. 0,1 Hz.

    ZurMessung von Frequenzen über 10MHz bisin den GHz-Bereich kann die Messfrequenz mit-hilfe eines schnellen Teilers, z. B. in ECL-Technologie (emitter-coupled logic), in einen Fre-quenzbereich herabgeteilt werden, der mit derherkömmlichen Technologie beherrscht wird(5 bis 10 MHz).

    Digitale DrehzahlmessungWichtig ist die digitale Frequenzmessung bei derdigitalen Drehzahlmessung (vgl. Abschn. 2.8 inKap. ▶ „Sensoren (Messgrößen-Aufnehmer)“).Auf einer mit der Drehzahl n (in U/min) rotieren-den Messwelle sind m Marken gleichmäßig amUmfang verteilt. Über einen geeigneten Abgriff(z. B. optisch, magnetisch, induktiv oder durchInduktion) wird ein elektrisches Signal erzeugt,dessen Frequenz fx nach Impulsformung ausge-wertet werden kann. Diese Zählfrequenz fx beträgt

    f x ¼ mf D ¼mn

    60:

    Dabei bedeutet fD die Drehfrequenz der Wellein Hz, die sich aus der Drehzahl n in U/min durchDivision durch den Faktor 60 ergibt. Der Zusam-menhang zwischen Zählerstand N und Drehzahln in U/min berechnet sich aus

    f x ¼N

    tT¼ mn

    60:

    Der Zählerstand N ergibt sich damit zu

    N ¼ mtT60

    n:

    Drehzahl n und Zählerstand N stimmen alsozahlenmäßig überein, wenn der Faktor

    m

    60tT ¼ 10i i ¼ 0,1, . . .ð Þ

    einen dekadischenWert einnimmt. Da bei Univer-salzählern Torzeiten tT von 0,1, 1 und 10 s üblichsind, ergibt sich bei einer Markenzahl m von600, 60 bzw. 6 Marken am Umfang ein der Dreh-zahl n in U/min zahlenmäßig entsprechender Zäh-lerstand N. Bei m = 1000 oder 100 Marken amUmfang ist eine Torzeit tT von 60 ms bzw. 600 msnotwendig.

    3.5 Auflösung und Messzeit bei derPeriodendauer- bzw.Frequenzmessung

    Unter der Annahme einer Quarz-Referenzfre-quenz von 10 MHz sollen die bei der Perioden-dauer- bzw. Frequenzmessung sich ergebendenQuantisierungsfehler und die zugehörigen Mess-zeiten bestimmt und miteinander verglichen wer-den.

    Bei der digitalen Periodendauermessungbeträgt der relative Quantisierungsfehler

    1

    N¼ 1

    f refT x¼ f x

    f ref:

    Abb. 9 DigitaleFrequenzmessung(Blockschaltbild)

    10 G. Gerhard und H.-R. Tränkler

    http://link.springer.com/search?facet-eisbn=978-3-662-57492-8&facet-content-type=ReferenceWorkEntry&query=�Sensoren (Messgr��en-Aufnehmer)``

  • In Abb. 10 ist dieser relative Quantisierungs-fehler 1/N abhängig von der Messfrequenz fx imdoppeltlogarithmischen Maßstab aufgetragen.DieMesszeit ist identischmit einer PeriodeTx= 1/fx der Messfrequenz.

    Bei der digitalen Frequenzmessung ist der rela-tive Quantisierungsfehler

    1

    N¼ 1

    f xtT:

    Er ist im Abb. 10 für verschiedene Torzeiten tTals Parameter abhängig von der Messfrequenzaufgetragen. Man erkennt, dass bei einer zulässi-gen Messzeit von z. B. 1 s unter 1 kHz die Perio-dendauermessung und über 10 kHz die Frequenz-messung zum kleineren Quantisierungsfehlerführt. Vom Standpunkt der Genauigkeit her gese-hen ist es sinnvoll, keinen wesentlich kleinerenQuantisierungsfehler 1/N als den relativen FehlerΔfref/fref der Quarzfrequenz anzustreben.

    3.6 Reziprokwertbildung undMultiperiodendauermessung

    Bei kleinen Messfrequenzen, wie z. B. der Netz-frequenz von 50 Hz, liefert die Periodendauer-messung in wesentlich kürzerer Zeit einen Mess-

    wert mit hinreichender Auflösung. Zum Vergleichbeträgt bei Frequenzmessung mit einer Torzeitvon 1 s der relative Quantisierungsfehler maximal1/50 = 2 %.

    Bei Frequenzsignalen im kHz-Bereich wird beidigitaler Frequenzmessung zur Erzielung einerhohen Auflösung eine verhältnismäßig hohe Tor-zeit von etwa 10 s oder mehr benötigt. Im Ver-gleich dazu erfüllt die digitale Periodendauermes-sung zwar die Forderung nach einer geringenMesszeit, die Auflösung ist dann aber durch diemaximale Referenzfrequenz beschränkt. Abhilfeschafft hier dieMultiperiodendauermessung nachAbb. 11a.

    Die Messfrequenz fx= 1/Tx wird dabei um denFaktor NT digital geteilt. Als Messergebnis ergibtsich der Zählerstand

    N ¼ NTf refTx ¼ NTf reff x

    :

    Die Auflösung beträgt

    1

    N¼ 1

    NT� f xf ref

    und ist in Abb. 11b als Funktion derMessfrequenzfx mit NT als Parameter aufgetragen.

    Die Messzeit ist

    Abb. 10 RelativerQuantisierungsfehler alsFunktion der Messfrequenzbei Periodendauermessungund bei Frequenzmessung

    Digitale Messtechnik (Analog-digital-Umsetzung) 11

  • NTTx ¼ NTf x:

    Das Produkt von Auflösung 1/N und MesszeitNT/fx ist konstant und beträgt

    1

    N� NTf x

    ¼ 1f ref

    :

    Der minimale Wert dieses Produkts ist durchdie Höhe der Referenzfrequenz gegeben. Beieiner zulässigen Messzeit von NT/fx = 0,1 s undeiner Referenzfrequenz fref von 10 MHz ist eineAuflösung 1/N von 10�6 möglich. Bei einer Mess-frequenz fx von 10 kHz müssen dazu NT = 1000Perioden der Messfrequenz ausgewertet werden(Abb. 11b).

    Der angezeigte Zählerstand N ist bei der Multi-periodendauermessung proportional der Peri-odendauer. Wird als Messergebnis die Frequenzgewünscht, so muss der Reziprokwert gebildetwerden. Dies geschieht bei besseren Universal-zählern mit einem Mikrorechner. Die Rechenzeitfür die Bildung dieses Reziprokwertes liegt deut-lich unter 100 μs. Die Multiperiodendauermes-sung ist deshalb heute für Frequenzmessungen inallen Frequenzbereichen bedeutungsvoll gewor-den. Die digitale Frequenzmessung mit voreinge-stellter Torzeit (preset time) wird deshalb inzunehmendem Maße durch die Multiperioden-dauermessung mit voreingestellter Periodenzahl(preset count) ersetzt.

    Abb. 11 Multiperiodendauermessung. a Blockschaltbild, b Auflösung als Funktion der Messfrequenz

    12 G. Gerhard und H.-R. Tränkler

  • 4 Analog-digital-Umsetzungüber Zeit oder Frequenz alsZwischengrößen

    Bei einer Reihe von Anwendungsfällen, z. B. beiLabor-Digitalvoltmetern, werden keine hohenAnforderungen an die Geschwindigkeit derAnalog-digital-Umsetzer (ADU) gestellt. Dortkönnen mit Vorteil Umsetzungsverfahren mit derZeit oder der Frequenz als Zwischengröße einge-setzt werden, die teilweise eine sehr hohe Genau-igkeit ermöglichen.

    4.1 Charge-balancing-Umsetzer

    Beim Charge-balancing-Umsetzer (Ladungskom-pensationsumsetzer) wird nach Abb. 12 die umzu-setzende Messspannung Ux fortlaufend integriert,während für eine konstante Zeit t1 zusätzlich einenegative Referenzspannung Uref an den Eingang

    des Integrationsverstärkers angelegt wird. DieZeit t1 wird dabei gestartet, wenn die Ausgangs-spannung durch Integration der Messspannungauf denWert null abgesunken ist. Der wesentlicheUnterschied zum einfachen Spannungs-Frequenz-Umsetzer besteht also darin, dass für eine kon-stante Zeit t1 auch eine am Eingang anliegendeReferenzspannung Uref integriert wird.

    Die Ausgangsspannung, die nach Ablauf vont1 am Integratorausgang erreicht wird, ist

    ua t1ð Þ ¼ U refR2 �U xR1

    � �t1C:

    Sie wird durch Integration der MessspannungUx während der Zeit t2 nach null abgebaut:

    ua t1ð Þ � UxR1 �t2C¼ 0:

    Durch Elimination von ua(t1) ergibt sich:

    Abb. 12 Charge-balancing-Umsetzer.a Prinzip,b Ablaufdiagramm

    Digitale Messtechnik (Analog-digital-Umsetzung) 13

  • t2 ¼ U refR2 �U xR1

    � �R1U x

    t1 ¼ R1R2 �U refU x

    � 1� �

    t1:

    Die Frequenz fx ist deshalb

    f x ¼1

    t1 þ t2 ¼1

    t1� R2R1

    � U xU ref

    :

    Die Frequenz fx ist also der Messspannung Uxproportional. Der Charge-balancing-Umsetzer istgleichzeitig ein Spannungs-Frequenz-Umsetzer.Im Gegensatz zum einfachen Spannungs-Frequenz-Umsetzer ist die Genauigkeit jedochnicht von der Integrationskapazität abhängig.Über digitale Treiber werden aus einer Referenz-frequenz fref sowohl die Zeit t1 zur Integrationgemäß t1 = N1/fref als auch die Torzeit tT zurdigitalen Frequenzmessung gemäß tT = NT/frefgewonnen. Das Digitalsignal entspricht dann derZahl

    N x ¼ tTf x ¼NTf ref

    � f refN 1

    � R2R1

    � UxU ref

    ¼ NTN 1

    � R2R1

    � UxU ref

    :

    Langzeitschwankungen der Referenzfrequenzfref beeinflussen also die Messgenauigkeit nicht.

    4.2 Zweirampenumsetzer

    Beim Zweirampenumsetzer (dual slope conver-ter) nach Abb. 13 wird die Messspannung Uxwährend einer konstanten Zeit t1 integriert. NachAblauf dieser Zeit t1 wird an den Eingang eineReferenzspannung Uref mit umgekehrter Polaritätangelegt. Die für die Rückintegration bis zur Aus-gangsspannung null benötigte Zeit tx ist dabei derMessspannung Ux proportional. Die Ausgangs-spannung zur Zeit t = t1 ist nämlich

    Abb. 13 Dual-slope-Umsetzer. a Prinzip,b Ablaufdiagramm

    14 G. Gerhard und H.-R. Tränkler

  • ua t1ð Þ ¼ � 1RCðt10

    �U x dt ¼ UxRC t1:

    Nach der Zeit t = t1 + tx ist die Ausgangsspan-nung auf null zurückintegriert worden:

    ua t1 þ txð Þ ¼ ua t1ð Þ � 1RCðt1þtxt1

    U ref dt ¼ 0:

    Mit der Beziehung

    ua t1ð Þ ¼ U ref txRC

    ergibt sich die Zeit

    tx ¼ t1 UxU ref :

    Sie ist unabhängig vom Wert der Integra-tionszeitkonstante RC.

    Über einen digitalen Teiler wird aus der Refe-renzfrequenz fref die Zeit t1 zur Hochintegrationgemäß t1 = N1/fref gewonnen. Das digitale Aus-gangssignal entspricht dann der Zahl

    N x ¼ f ref tx ¼ f refN1f ref

    � UxU ref

    ¼ N1 UxU ref :

    Wie beim Charge-balancing-Umsetzer beein-flussen also auch beim ZweirampenumsetzerLangzeitschwankungen der Referenzfrequenzdie Umsetzungsgenauigkeit nicht.

    4.3 Integrierende Filterung beiintegrierenden Umsetzern

    Da bei den integrierenden ADUs die Umsetzungdurch Integration der umzusetzenden Eingangs-spannung Ux erfolgt, können bei geeigneter Wahlder Integrationszeit überlagerte Störspannungenstark oder sogar vollständig unterdrückt werden.

    Dieser Effekt der integrierenden Filterung istsowohl beim einfachen Spannungs-Frequenz-

    Umsetzer und beim Charge-balancing-Umsetzerals auch beim Zweirampenumsetzer anwendbar.Die integrierende Filterung soll am Beispiel desZweirampenumsetzers erklärt werden.

    Einer umzusetzenden Messspannung U0 seieine sinusförmige Störspannung mit der Frequenzfs und der Amplitude Usm überlagert. Die amEingang anliegende Spannung ist damit

    ux tð Þ ¼ U 0 þ U sm cosωst:

    Im Zeitbereich 0 ≦ t ≦ t1 erhält man für dieAusgangsspannung des Integrationsverstärkers

    ua tð Þ ¼ 1RCðt0

    U 0 þ U sm cosωstð Þ dt

    ¼ 1RC

    U 0 þ sinωstRC � ωs U sm:

    Der Verlauf von Eingangsspannung ux(t) undAusgangsspannung ua(t) ist in Abb. 14a darge-stellt, wo angenommen ist, dass die Integrations-zeit t1 gerade gleich der Periodendauer Ts = 1/fsder überlagerten Störwechselspannung ist.

    Eine überlagerte Störspannung wird vollstän-dig unterdrückt, wenn die Integrationszeit t1 einganzes Vielfaches der Periodendauer 1/fs der Stör-spannung ist. Der relative Fehler, der durch dieüberlagerte Störspannung verursacht wird, ist all-gemein

    F rel ¼ U smU0 �sinωst1ωst1

    :

    Da in der Praxis keine definierte Phasenbezie-hung zwischen dem zeitlichen Verlauf der Stör-spannung und der Integrationszeit besteht, mussder ungünstigste Fall zugrunde gelegt werden.Dieser ergibt sich, wenn anstelle der Integrations-grenzen 0 und t1 die Grenzen �t1/2 und +t1/2eingeführt werden. Der relative Fehler wird dann

    F rel ¼ U smU0 �sin πf st1ð Þπf st1

    :

    Der relative Fehler Frel ist abhängig vonfs t1 = t1/Ts in Abb. 14b aufgetragen.

    Digitale Messtechnik (Analog-digital-Umsetzung) 15

  • Bei netzfrequenten Störspannungen mit einerFrequenz fs von 50 Hz beträgt die kleinstmöglicheIntegrationszeit, für die die überlagerte Störspan-nung gerade vollständig unterdrückt wird, t1 =1/fs = 20 ms.

    Zweirampenumsetzer, die sowohl Störspan-nungen von 50 Hz als auch von 60 Hz (z. B. USA)integrierend filtern sollen, müssen also mindes-tens mit einer Integrationszeit t1 von 100 ms,dem kleinsten gemeinsamen Vielfachen der bei-den Periodendauern 20 ms bzw. 16 23 ms, oder mitganzzahligen Vielfachen von 100 ms ausgestattetsein. Die meisten Digitalvoltmeter nach demZweirampenprinzip besitzen tatsächlich eine

    Hochintegrationszeit t1 von 100 ms und ermögli-chen wegen der Rückintegrationszeit gerade etwafünf Messungen pro Sekunde, ein Wert, der fürLaboranwendungen ausreichend ist.

    5 Analog-digital-Umsetzungnach demKompensationsprinzip

    Neben den ADUs mit den Zwischengrößen Fre-quenz oder Zeit sind die direkten ADUs nach demKompensationsprinzip von Bedeutung. Diese ent-halten gewöhnlich in der Rückführung Digital-analog-Umsetzer (DAU) mit bewerteten Leitwertenoder mit Widerstandskettenleiter. Abhängig vonder Abgleichstrategie entstehen im einfachstenFall Inkrementalumsetzer, die analogen Messsi-gnalen in einer oder in beiden Richtungen (Nach-laufumsetzer) folgen können. HöherwertigeUmsetzer arbeiten mit Zähleraufteilung odererzeugen in jedem Takt ein Bit des digitalen Aus-gangssignals. So entsteht der serielle ADU mitTaktsteuerung, der nach dem Prinzip der sukzes-siven Approximation arbeitet.

    5.1 Prinzip

    ADUs nach dem Kompensationsprinzip enthaltennach Abb. 15 in der Rückführung einen DAU.

    Mithilfe einer Abgleichschaltung wird dessendigitales Eingangssignal D in geeigneter Weiseverändert, bis das analoge Ausgangssignal Uvdas umzusetzende analoge Eingangssignal Uxpraktisch vollständig kompensiert. Das notwen-dige Steuersignal S empfängt die Abgleichschal-tung von einem Komparator K, der eine logischeEins liefert, solange die umzusetzende Eingangs-spannung Ux größer ist als die rückgeführte Ver-gleichsspannung Uv. Im abgeglichenen Zustandist das digitale Eingangssignal D des DAU iden-tisch mit dem digitalen Ausgangssignal desgesamten ADU. Ein n-stelliges dualcodiertes Di-gitalsignal D lässt sich mit den n Koeffizienten a1bis an darstellen als

    Abb. 14 Integrierende Filterung. a Verlauf der Ein- undAusgangsspannung, b relativer Fehler als Funktion desProduktes fs t1

    16 G. Gerhard und H.-R. Tränkler

  • D ¼ a12�1 þ a22�2 þ . . .þ an�12� n�1ð Þþ an2�n:

    Der maximal mögliche Quantisierungsfehlerbeträgt 2�n und entspricht dem Wert der Stellemit der kleinsten Stellenwertigkeit (LSB, leastsignificant bit). Die Stelle mit der größten Stellen-wertigkeit (MSB, most significant bit) hat denWert 2�1 = 1/2.

    Der Endwert Dmax ist erreicht, wenn alle Koef-fizienten ai der n Stellen 1 sind und beträgt

    Dmax ¼ 2�1 þ 2�2 þ . . .þ 2�n ¼ 1� 2�n � 1:

    Dieser Endwert ist praktisch unabhängig vonder Stellenzahl n und beträgt näherungsweise 1.

    5.2 Digital-analog-Umsetzer mitbewerteten Leitwerten

    Digital-analog-Umsetzer sind also eine wesentli-che Komponente in ADUs nach dem Kompen-sationsprinzip. Unter den Digital-analog-Umset-zern mit Widerstandsnetzwerken haben außer denUmsetzern mit Kettenleitern die Umsetzer mitbewerteten Leitwerten besondere Bedeutungerlangt.

    Nach Abb. 16a besteht ein 1-bit-DAU im Prin-zip aus einem Leitwert Gi, der über einen digitalgesteuerten Schalter von einer ReferenzspannungUref gespeist wird.

    Der Ausgangsstrom I ist abhängig vom digita-len Eingangssignal ai:

    I ¼ U refaiGi:

    Ist das digitale Eingangssignal ai= 0, so ist derSchalter geöffnet; für ai = 1 ist der Schaltergeschlossen.

    Ein mehrstelliges digitales EingangssignalDmit gewichteter Codierung kann nach Abb. 16bdurch Parallelschaltung entsprechend bewerteterLeitwerte umgesetzt werden. Der analoge Aus-gangsstrom wird dabei über einen Stromverstär-ker rückwirkungsfrei in ein proportionales Aus-gangssignal, z. B. in eine Spannung Ua,umgeformt.

    Der wirksame Leitwert G berechnet sich durchAddition der jeweils zugeschalteten LeitwerteGi zu

    G ¼Xni¼1

    aiGi:

    Mit I = Uref G und Ua = Rg I ergibt sich dieanaloge Ausgangsspannung Ua zu

    U a ¼ RgU refXni¼1

    aiGi:

    Bei einem DAU für dualcodiertes Eingangssi-gnal müssen also die Leitwerte G1 bis Gn gemäß

    Abb. 15 Prinzip derAnalog-digital-Umsetzungnach demKompensationsprinzip

    Digitale Messtechnik (Analog-digital-Umsetzung) 17

  • G1 : G2 : . . . : Gn ¼ 2�1 : 2�2 : . . . : 2�n

    dimensioniert werden. Der größte Leitwert ist derStelle größter Wertigkeit zugeordnet.

    5.3 Digital-analog-Umsetzer mitWiderstandskettenleiter

    Im Gegensatz zu den DAUs mit bewerteten Leit-werten sind beim DAU mit Widerstandskettenlei-ter die Stellenwertigkeiten durch die Lage derEinspeisepunkte gegeben. Nach Abb. 17 enthältein solcher Umsetzer in seiner einfachsten Formeinen Kettenleiter mit Längswiderständen R undQuerwiderständen 2R. Die Stellungen a1 bis ander n Schalter entsprechen dem digitalen Ein-gangssignal D. In der linksseitigen Stellung derSchalter (ai = 1) werden die Querwiderstände 2Ran die Referenzspannung Uref gelegt, und es fließtein Strom in den jeweiligen Knotenpunkt desKettenleiters. Dieser Strom trägt umso mehr zuranalogen Ausgangsspannung Ua am Abschluss-widerstand Ra bei, je näher der Knotenpunkt amAusgang des Umsetzers liegt.

    Ua ergibt sich durch Superposition dern Zustände, bei denen sich nur jeweils einer dern Schalter in der Stellung ak = 1 befindet und dieanderen in der Position ai = 0:

    U a ¼ RaRa þ RU ref a12�1 þ a22�2 þ . . .þ an2�n|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}

    D

    0@

    1A:

    Das digitale Eingangssignal D ist durch dieKoeffizienten a1 bis an bestimmt und der analogenAusgangsspannung Ua proportional.

    Beim DAU mit Widerstandskettenleiter gehennicht die absoluten Fehler der Widerstände, son-dern nur die Abweichungen voneinander in dieGenauigkeit der Umsetzung ein. Es ist deshalbzulässig, Widerstände mit gleichen Fehlern einzu-setzen. Ebenso muss der Temperaturkoeffizientder verwendeten Widerstände nicht möglichstklein gehalten werden. Wesentlich ist jedoch einemöglichst gute Übereinstimmung des Tempera-turgangs der Einzelwiderstände.

    Abb. 16 Digital-analog-Umsetzer mit bewertetenLeitwerten. a Prinzip bei1-bit-Umsetzung,b mehrstellige Digital-analog-Umsetzung

    18 G. Gerhard und H.-R. Tränkler

  • 5.4 Nachlaufumsetzer mitZweirichtungszähler

    Der einfachste ADU nach demKompensationsprin-zip ist der Inkrementalumsetzer mit Einrichtungs-zähler. Da solche Umsetzer entweder nur steigendenoder nur fallenden Eingangsspannungen folgenkönnen, werden Inkrementalumsetzer gewöhnlichmit Zweirichtungszählern gebaut. Diese Nachlauf-umsetzer können sowohl steigenden als auch fallen-den Eingangssignalen folgen. Im Blockschaltbildnach Abb. 18a ist gezeigt, wie mit einer geeignetenLogik der Vorwärts-Eingang des Zählers angesteu-ert wird, solange das Eingangssignal größer als dasrückgeführte Signal Uv des DAU ist.

    Der Rückwärts-Eingang des Vorwärts-Rück-wärts-Zählers wird angesteuert, wenn die umzu-setzende Eingangsspannung kleiner als Uv ist.Ohne zusätzliche Maßnahmen springt das digitaleAusgangssignal immer um eine Quantisierungs-einheit hin und her, da ständig an einem der bei-den Zählereingänge Taktimpulse anliegen. DiesesHin- und Herspringen lässt sich vermeiden, indemder Komparator als sog. Fensterkomparator aus-geführt wird, der innerhalb einer bestimmten Tot-zone keinen der beiden Zählereingänge ansteuert.

    Das Ablaufdiagramm nach Abb. 18b zeigt, wieein Nachlaufumsetzer steigenden und fallendenEingangsspannungen folgt. Nur wenn die maxi-male Umsetzungsgeschwindigkeit überschrittenist, folgt der Umsetzer einer veränderlichen Ein-gangsspannung Ux mit Verzögerung.

    Maximalfrequenz bei NachlaufumsetzungBei einem n-bit-Umsetzer mit einer Referenz-spannungUref, die demMessbereichsendwert ent-spricht, und bei einer Taktfrequenz ft beträgt diemaximale Änderungsgeschwindigkeit der Ver-gleichsspannung

    dU vdt

    � �max

    ¼ 2�nU ref f t:

    Erfolgt die Änderung der umzusetzenden Ein-gangsspannung Ux sinusförmig mit der Frequenzf und der Amplitude Um, dann kann der Wechsel-anteil U � der Eingangsspannung durch

    U� tð Þ ¼ Um sin 2πftð Þ

    beschrieben werden. Die maximale Änderungsge-schwindigkeit dieses Wechselanteils der Ein-gangsspannung ist

    dU

    dt

    � �max

    ¼ 2πfUm cos 2πftð Þ½ t¼0 ¼ 2πfUm:

    Soll der Nachlaufumsetzer verzögerungsfreifolgen können, dann darf die maximale Ände-rungsgeschwindigkeit der Eingangsspannung diemaximale Änderungsgeschwindigkeit der Ver-gleichsspannung nicht überschreiten. Die darausresultierende Ungleichung lautet

    Abb. 17 Digital-analog-Umsetzer mit Widerstands-Kettenleiter

    Digitale Messtechnik (Analog-digital-Umsetzung) 19

  • 2�nU ref f t≧2πfUm:

    Die maximal zulässige Frequenz fmax der Ein-gangsspannung ergibt sich daraus zu

    f max ¼2�n

    2π� U refUm

    f t:

    Für einen 10-bit-Umsetzer (n= 10) beträgt beieiner Taktfrequenz ft von 1 MHz und bei einerAmplitude von Um ¼ 12U ref des Wechselanteilsder Eingangsspannung die maximal zulässigeFrequenz der Eingangsspannung etwa 310 Hz.

    Kleinen Änderungen der Eingangsspannungkann ein Nachlaufumsetzer sogar schneller folgenals die seriellen Umsetzer, die in jeder Taktperiodeein Bit des digitalen Ausgangssignals bilden, wiez. B. der ADU mit sukzessiver Approximation.

    5.5 Analog-digital-Umsetzer mitsukzessiver Approximation

    Unter den Verfahren der Analog-digital-Umsetzungist die Methode der sukzessiven Approximationsehr verbreitet. Diese Umsetzer gehören zu denseriellen Umsetzern mit Taktsteuerung, bei denenin jeder Taktperiode eine Stelle des digitalen Aus-gangssignalsD gebildet wird (one bit at a time). Beieinem n-bit-Umsetzer sind also n Schritte zurUmsetzung notwendig. Das Blockschaltbild einesADUs nach dem Prinzip der sukzessiven Approxi-mation ist in Abb. 19a dargestellt.

    Die Umsetzung beginnt mit dem Versuch, indie höchste Stelle eine logische Eins einzuschrei-ben. Ist die Ausgangsspannung Uv des DAU klei-ner als die umzusetzende Eingangsspannung Ux,so bleibt diese Eins erhalten. Ist jedoch Uv > Ux,

    Abb. 18 Nachlaufumset-zer mit Zweirichtungszäh-ler. a Prinzip,b Ablaufdiagramm

    20 G. Gerhard und H.-R. Tränkler

  • dann ist der Ausgang des Komparators erregt unddie Stufe wird auf null zurückgesetzt.

    Dieses Vorgehen wird nun mit der nächstnied-rigeren Stelle fortgesetzt und schließlich mit derniedrigsten Stelle abgeschlossen. Nach jedemSchritt wird die Ausgangsspannung Uv des DAUmit der analogen Eingangsspannung Ux vergli-chen. Wird die Spannung Ux nicht überschritten,so verbleibt die Eins in der bistabilen KippstufeBK. Bei Überkompensation jedoch wird dieKippstufe auf null zurückgesetzt (Abb. 19b).

    Die Ablaufsteuerung wird mit einem Schiebere-gister (SAR, successive approximation register) aus-geführt, das sowohl das UND-Gatter zur Löschungder Kippstufen bei Überkompensation freigibt, alsauch das Setzen der Kippstufe der nächstkleinerenStelle übernimmt. Die monostabile Kippstufe MKverzögert das Signal des Komparators genügend

    lange, damit das Einschwingen von Übergangsvor-gängen abgewartet werden kann.

    Im Abb. 19 ist am Beispiel einer Eingangsspan-nung vonUx= 7,014Vbei einer ReferenzspannungUref von 10,24 V der Anfang der Umsetzung darge-stellt.

    Schnelle Umsetzer nach diesem Prinzip arbeitenmit einer Taktfrequenz von 1 MHz. Dies entsprichteiner Taktperiode von 1 μs. Für die Umsetzungeines 10-stelligen Signals (10 Bits) werden dann10 μs benötigt.

    Abb. 19 Analog-digital-Umsetzer mit sukzessiverApproximation. a Prinzip,b Ablaufdiagramm

    Digitale Messtechnik (Analog-digital-Umsetzung) 21

  • 6 Schnelle Analog-digital-Umsetzung undTransientenspeicherung

    Für die Analog-digital-Umsetzung schneller Vor-gänge sind Umsetzer mit entsprechend hoherUmsetzungsgeschwindigkeit erforderlich. Lauf-zeitumsetzer arbeiten seriell wie die ADUs mitsukzessiver Approximation, besitzen aber keineTaktsteuerung. Ihre Umsetzzeit ist nur durch die

    Signallaufzeiten bestimmt und daher vergleichs-weise niedrig. Besonders kleine Umsetzzeitenwerden mit den simultan arbeitenden Parallelum-setzern (flash converter) erreicht. Ein guter Kom-promiss zwischen Aufwand und Umsetzzeit sinddie Serien-Parallel-Umsetzer. Schnelle ADUswerden bei der Umsetzung von Videosignalen,besonders auch bei der sog. Transientenspeiche-rung in der Mess- und Versuchstechnik eingesetzt.Damit wird eine digitale Signalanalyse in Echtzeit

    Abb. 20 Paralleler Analog-digital-Umsetzer. a Blockschaltbild, b Übertragungskennlinie

    22 G. Gerhard und H.-R. Tränkler

  • oder auch in einem geeignet gedehnten Zeitmaß-stab ermöglicht.

    6.1 Parallele Analog-digital-Umsetzer (Flash-Converter)

    Die höchsten Umsetzungsgeschwindigkeiten kön-nen mit den simultan arbeitenden Parallelumsetzernerreicht werden. Der Aufwand wächst etwa pro-portional mit der Zahl der Quantisierungsstufen.Wie in Abb. 20a gezeigt, sind für 2n Quantisie-rungsstufen 2n � 1 Komparatoren K notwendig,die die analoge Eingangsspannung Ux gegen2n� 1, z. B. linear gestufte, Referenzspannungenvergleichen.

    Die Ausgangssignale Ai der Komparatoren sindlogisch null, wenn die Eingangsspannung Uxkleiner als die entsprechende ReferenzspannungUref i ist. Sie sind logisch eins fürUx> Uref i. Übereinen Codeumsetzer erfolgt die Codeumsetzung inden Dualcode. Für einen Parallelumsetzer mit achtDualstellen am Ausgang sind 255 Komparatorennötig.

    Für einen Umsetzer mit drei Dualstellen ist inAbb. 20b der Zusammenhang zwischen demDualzahl-Ausgangssignal und der auf die Refe-renzspannung Uref bezogenen EingangsspannungUx dargestellt. Die Tabelle beschreibt die Codie-rungsvorschrift (den Code) zwischen den Kompa-ratorausgangssignalen Ai und dem Dualzahl-signal D.

    Mit den heute verfügbaren Integrationstechni-ken ist der Aufbau von Parallelumsetzern mit10 bit Auflösung möglich. Dabei müssen also1023 Komparatoren und die erforderlichen Bau-elemente zur Erzeugung der Referenzspannun-gen, die Umcodierung sowie der Ausgabespei-cher auf einem Chip integriert werden. Diesbedeutet die Integration von über 60.000 Bauele-menten auf einem Chip.

    Typische Frequenzen bei diesen Flash-Convertern liegen etwa bei 100 MHz. Die zuge-hörigen Umsetzzeiten betragen also 10 ns.

    6.2 Transientenspeicherung

    Die Aufzeichnung der Vorgeschichte einmaligverlaufender Vorgänge ist durch die Verfügbarkeitschneller ADUs und preiswerter Halbleiterspei-cher hoher Kapazität mithilfe von Transienten-speichern möglich geworden. In Verbindung miteinem Oszilloskop, einem Schreiber oder demBildschirm eines Digitalrechners als Ausgabege-rät stellen diese Transientenrecorder einen Ersatzfür Schnellschreiber und Speicheroszilloskopedar. Sie eignen sich vorzüglich für Aufgaben derStörwerterfassung und Messwertanalyse, da mitihnen die Betriebszustände vor, während und nachder Störung mit genügend hoher Abtastrate undAuflösung aufgezeichnet werden können. Darü-ber hinaus sind Transientenrecorder wertvoll inForschung und Entwicklung, wenn der Verlaufvon Messsignalen bei nicht reproduzierbaren Ver-suchen aufgezeichnet werden soll.

    Gewöhnlich werden in einem Transientenre-corder über schnelle ADUs die interessierendenSignale mit Abtastfrequenzen im MHz-Bereichabgetastet – die besten modernen Geräte erreichenauch über 1 GHz –, digitalisiert und in einen 10-bis 20-stelligen Schieberegisterspeicher bitparal-lel eingeschrieben (Abb. 21).

    Der Halbleiterspeicher besitzt heute in derRegel eine Kapazität von mehreren 100 MiB biszu einigen GiB.Wenn er voll ist, gehen die jeweilszuerst eingespeicherten Datenworte (2 B bei 10-bis 16-bit-ADUs, 4 B bei höher auflösendenADUs) verloren. Man kann die Daten zwar auchin den Speicher oder auf die Festplatte einesDigitalrechners schreiben, der mit dem Transien-tenrecorder verbunden ist, aber wegen der be-grenzten Übertragungsgeschwindigkeit üblicherRechnerbusse lässt sich dies nicht in Echt-zeit durchführen. Letztlich spielen ökonomischeÜberlegungen eine Rolle: der On-board-Speichereines Transientenrecorders ist schnell, aber teuer,eine Festplatte ist billig, aber langsam.

    Ein Triggersignal stoppt beim Auftreten einesbestimmten Ereignisses nach Ablauf einer ein-stellbaren Verzögerungszeit tv das Einspeichernweiterer Werte in den Speicher. Dieses Triggersi-gnal kann von einem bestimmten Pegel des auf-zuzeichnenden Signals selbst abgeleitet oder über

    Digitale Messtechnik (Analog-digital-Umsetzung) 23

  • andere Startkriterien ausgelöst werden, die dasAuftreten von Anomalien oder Überschreiten zu-lässiger Grenzwerte anzeigen.

    Mit einem variablen Auslesetakt kann dann derTransientenspeicher repetierend abgefragt wer-

    den. Mit einer erhöhten Taktfrequenz ist es somöglich, langsame Vorgänge flimmerfrei miteinem nichtspeichernden Oszilloskop darzustel-len oder einen sehr schnellen Vorgang mit hoherAuflösung auf einem einfachen Schreiber aufzu-

    Abb. 21 Prinzip des Transientenspeichers

    Abb. 22 Einfachste Struktur eines Delta-Sigma-Umsetzers

    24 G. Gerhard und H.-R. Tränkler

  • zeichnen, wenn dazu die Taktfrequenz entspre-chend erniedrigt wird.

    Ähnlich wie bei anderen Signalanalysatorenwird durch eine kleine Verzögerungszeit nachdem Triggerereignis eine sog. Pretriggerung unddurch eine größere Verzögerungszeit eine sog.Posttriggerung erreicht, d. h., es wird der Signal-verlauf vor bzw. nach dem Triggerereignis ausge-wählt.

    Auf dem Raster-Scanner-Prinzip basiert einextrem schneller Transientendigitalisierer. EinSignal mit maximal 6 GHz Bandbreite wird aufein Siliziumplättchen projiziert und hinterlässteine Spur, die digital abgelesen wird. Für derartigeGeräte besteht Bedarf u. a. in der Teilchenphysikund bei digitalen Kommunikationssystemen.

    Transientenrecorder entwickeln sich immermehr zu rechnergestützten Messsystemen und äh-neln darin modernen Digitaloszilloskopen. ImVergleich zu Oszilloskopen ist bei ihnen dasHauptaugenmerk nicht auf die grafische Ausgabeder Messwerte gerichtet, und sie erlauben diegleichzeitige Erfassung von viel mehr Kanälen(bis zu einigen hundert).

    7 Delta-Sigma-Umsetzer

    In seiner einfachsten Form besteht der Delta-Sigma-Umsetzer aus einem Integrierer, einemKomparator und einem 1-bit-DAU (Abb. 22).Die Ausgangsspannung Uref des DAU wird vonder umzusetzenden Eingangsspannung Ux subtra-hiert. Die Differenz (Messabweichung) Uref � Uxwird integriert und von einem 1-bit-ADU (Kom-parator) in eine einstellige Dualzahl D1 (0 oder 1)umgesetzt. D1 stellt die Eingangsgröße des 1-bit--DAU dar, aus der die nächste AusgangsspannungUref gebildet wird usw. Der gesamte Vorgang wirdmit einer sehr hohen Rate wiederholt, viel höherals die höchste in Ux enthaltene Frequenz erfor-dern würde. Die zeitliche Folge der D1 ergibteinen Strom von Nullen und Einsen, wobei dieDichte der Einsen dem Wert von Ux entspricht.

    Durch Digitalfilterung und Dezimierung wirdaus dem Bitstrom das duale UmsetzergebnisD ge-bildet.

    Wegen der hohen effektiven Abtastrate, die dienach dem Shannon’schen Abtasttheorem für dieDigitalisierung von Ux erforderliche Abtastrateum zwei Größenordnungen übersteigen kann,sind die Anforderungen an das Antialiasing-Filtervor einem Delta-Sigma-Umsetzer viel geringerals bei anderen ADUs. Ein weiterer Vorteil ist,dass durch das Verfahren das niederfrequenteQuantisierungsrauschen gedämpft wird. Zwarwerden Rauschanteile bei höheren Frequenzenverstärkt, aber diese liegen außerhalb des interes-sierenden Frequenzbereichs und können daherleicht durch das Digitalfilter hinter dem Kompa-rator entfernt werden (noise shaping). Insgesamtlassen sich dadurch niederfrequente Signalemit hohem Signal-zu-Rausch-Abstand umsetzen.Delta-Sigma-Umsetzer spielen deshalb eine Rolleals schmalbandige, hochauflösende ADUs für Prä-zisionsmessungen. Einer ihrer Nachteile ist derZeitverzug zwischen einem Eingangsspannungs-wert und der Verfügbarkeit des Umsetzergebnisses;er ist größer als bei anderen ADUs.

    Weiterführende Literatur

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    Pavan S, Schreier R, Temes GC (2017) Understandingdelta-sigma data converters, 2. Aufl. Wiley, Hoboken

    Pelgrom M (2017) Analog-to-digital conversion, 3. Aufl.Springer, Cham

    Pfeiffer W (1988) Digitale Messtechnik. Springer, BerlinPlassche R van de (2003) CMOS Integrated analog-to-

    digital and digital-to-analog converters, 2. Aufl. Klu-wer, Boston (Reprint Springer, New York, 2013)

    Schrüfer E (1991) Signalverarbeitung, 2. Aufl. Hanser,München

    Walden RH (1999) Performance trends for analog-to-digi-tal converters. IEEE Commun Mag 37(2):96–101

    Digitale Messtechnik (Analog-digital-Umsetzung) 25

    Digitale Messtechnik (Analog-digital-Umsetzung)1 Quantisierung und digitale Signaldarstellung1.1 Informationsverlust durch Quantisierung1.2 Der relative Quantisierungsfehler

    2 Abtasttheorem und Abtastfehler2.1 Das Shannon´sche Abtasttheorem2.2 Frequenzgang bei Extrapolation nullter Ordnung2.3 Abtastfehler eines Haltekreises

    3 Digitale Zeit- und Frequenzmessung3.1 Prinzip der digitalen Zeit- und Frequenzmessung3.2 Der Quarzoszillator3.3 Digitale Zeitmessung3.4 Digitale Frequenzmessung3.5 Auflösung und Messzeit bei der Periodendauer- bzw. Frequenzmessung3.6 Reziprokwertbildung und Multiperiodendauermessung

    4 Analog-digital-Umsetzung über Zeit oder Frequenz als Zwischengrößen4.1 Charge-balancing-Umsetzer4.2 Zweirampenumsetzer4.3 Integrierende Filterung bei integrierenden Umsetzern

    5 Analog-digital-Umsetzung nach dem Kompensationsprinzip5.1 Prinzip5.2 Digital-analog-Umsetzer mit bewerteten Leitwerten5.3 Digital-analog-Umsetzer mit Widerstandskettenleiter5.4 Nachlaufumsetzer mit Zweirichtungszähler5.5 Analog-digital-Umsetzer mit sukzessiver Approximation

    6 Schnelle Analog-digital-Umsetzung und Transientenspeicherung6.1 Parallele Analog-digital-Umsetzer (Flash-Converter)6.2 Transientenspeicherung

    7 Delta-Sigma-UmsetzerWeiterführende Literatur