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23 FOCUS-MONEY 27/2016 Foto: Depositphotos Eine bargeldlose Welt ist nicht erstrebenswert, steckt aber voller Gewinne. Wie verdient man an ihr? Am besten die MONEY-Favoriten ins Depot holen und den Ärger lindern Weg mit dem Bargeld D ie Frage ist nicht, ob wir in Deutschland zu bargeldlosem Bezah- len übergehen, sondern wann“, sagt Prof. Dr. Hans- Gert Penzel von der Universi- tät Regensburg. Seit November 2010 ist er Geschäftsführer von ibi research und forscht rund um das Thema Finanzdienstleistungen im Handel. Ein Schwerpunktthema: bargeldloses Bezah- len. Solche Prognosen treffen die Deutschen ins Mark. Nach wie vor gelten sie als Plastikgeld-Muffel. Zu Recht, denn die Vorteile von Bargeld liegen buchstäblich auf der Hand: Es diskriminiert nicht, es hinterlässt keine Daten- spur, und es dient als Zufluchtsort, wenn die Einführung eines Negativzinses auf Spar- und Sichteinlagen droht. So stichhaltig die Argumente der Bargeldbefürworter auch sind, den Siegeszug des Bezahlens via Handy (Mobile Payment), mit Kartengeld oder via Intermediären wie Pay- pal ist nicht aufzuhalten. Warum dann nicht wenigstens an der schleichenden Abschaffung des Bargelds mitver- dienen? Mit Paypal, Apple und United Mobility Technolo- gy (UMT) holen sich Anleger die Zukunft des Zah- lungsverkehrs ins De- pot (siehe Kästen S. 25). Umsatz verdreifacht. Sol- che Sprünge findet man nur in florierenden Zweigen der Wirtschaft: 589,3 Millionen Euro wird der Umsatz der Mobile-Wallet-Zahlungen – also der Zahlungsweise mit dem Smartphone – laut Prognose in Deutschland 2016 be- tragen. Gegenüber dem Vorjahr würden sich die Erlöse somit mehr als verdreifachen. Zu diesem Ergebnis kommt der Daten- und Analysedienstleister Statista in seinem Di- gital Market Outlook, in dem die Experten fünfzig Länder auf fünf Kontinenten unter die Lupe nahmen. 3,9 Millio- nen Nutzer soll es in Deutschland bereits geben. Bis ins Jahr 2020 sollen es schon 9,2 Millionen sein. Dann betrü- ge der Umsatz 7,24 Milliarden Euro – und das wohlge- merkt im Land der Bargeldfans. Dass der Markt tendenziell eher wachsen als schrump- fen wird, erscheint plausibel. Vor allem deshalb, weil nach wie vor das Smartphone seinen Siegeszug fortsetzt. Digitales Bezahlen Euro-Münze: Die konti- nuierliche Abschaffung des Bargelds bringt nicht nur Verlierer hervor

Digitales Bezahlen Weg mit dem Bargeld · 2020. 2. 11. · von Mobile Payment in Deutschland auszahlen. Wer die vergangenen Jahre nicht unter einem Stein verbracht hat, kennt Paypal

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Page 1: Digitales Bezahlen Weg mit dem Bargeld · 2020. 2. 11. · von Mobile Payment in Deutschland auszahlen. Wer die vergangenen Jahre nicht unter einem Stein verbracht hat, kennt Paypal

23FOCUS-MONEY 27/2016 Foto: Depositphotos

Eine bargeldlose Welt ist nicht erstrebenswert, steckt aber voller Gewinne. Wie verdient

man an ihr? Am besten die MONEY-Favoriten ins Depot holen und den Ärger lindern

Weg mit dem Bargeld

Die Frage ist nicht, ob wir

in Deutschland zu bargeldlosem Bezah-len übergehen, sondern wann“, sagt Prof. Dr. Hans-Gert Penzel von der Universi-tät Regensburg. Seit November 2010 ist er Geschäftsführer von ibi research und forscht rund um das Thema Finanzdienstleistungen im Handel. Ein Schwerpunktthema: bargeldloses Bezah-len. Solche Prognosen treffen die Deutschen ins Mark. Nach wie vor gelten sie als Plastikgeld-Muffel. Zu Recht, denn die Vorteile von Bargeld liegen buchstäblich auf der Hand: Es diskriminiert nicht, es hinterlässt keine Daten-spur, und es dient als Zufluchtsort, wenn die Einführung eines Negativzinses auf Spar- und Sichteinlagen droht. So stichhaltig die Argumente der Bargeldbefürworter auch sind, den Siegeszug des Bezahlens via Handy (Mobile Payment), mit Kartengeld oder via Intermediären wie Pay-pal ist nicht aufzuhalten. Warum dann nicht wenigstens an der schleichenden Abschaffung des Bargelds mitver-dienen? Mit Paypal, Apple und United Mobility Technolo-

gy (UMT) holen sich Anleger die

Zukunft des Zah-lungsverkehrs ins De-

pot (siehe Kästen S. 25). Umsatz verdreifacht. Sol-

che Sprünge findet man nur in florierenden Zweigen der Wirtschaft:

589,3 Millionen Euro wird der Umsatz der Mobile-Wallet-Zahlungen – also der Zahlungsweise mit

dem Smartphone – laut Prognose in Deutschland 2016 be-tragen. Gegenüber dem Vorjahr würden sich die Erlöse somit mehr als verdreifachen. Zu diesem Ergebnis kommt der Daten- und Analysedienstleister Statista in seinem Di-gital Market Outlook, in dem die Experten fünfzig Länder auf fünf Kontinenten unter die Lupe nahmen. 3,9 Millio-nen Nutzer soll es in Deutschland bereits geben. Bis ins Jahr 2020 sollen es schon 9,2 Millionen sein. Dann betrü-ge der Umsatz 7,24 Milliarden Euro – und das wohlge-merkt im Land der Bargeldfans.

Dass der Markt tendenziell eher wachsen als schrump-fen wird, erscheint plausibel. Vor allem deshalb, weil nach wie vor das Smartphone seinen Siegeszug fortsetzt.

Digitales Bezahlen

Euro-Münze: Die konti-nuierliche Abschaffung

des Bargelds bringt nicht nur Verlierer

hervor

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MONEYMAKER

FOCUS-MONEY 27/2016

Umsätze verzehnfachtZwar gilt Deutschland nach wie vor als das Land der Bargeldfans, doch wird der Trend nicht aufzuhalten sein. Weltweit wird sich das Transaktionsvolumen in Sachen Mobile Payment binnen der nächsten vier Jahre verzehnfachen.

Quelle: Statista

Es werden immer mehrIm Jahr 2020 sollen es bereits 455 Millionen Nutzer von Mobile-Payment-Angeboten geben. Die Digitalisie-rung schreitet voran. Dabei ist ein Treiber die sich nach wie vor ausweitende Verbreitung des Smartphone. Mehr Smartphones gleich mehr potenzielle Kunden.

Quelle: Statista

Die GewinnmaschineSchnell, schneller, Paypal: Der Platzhirsch zeigt der Konkurrenz, wie man im Internet Geld verdienen kann. Und zwar mit Geld, also als Zahlungsabwickler. Dabei flossen auch Transaktionen in die Betrachtung ein, die im Internet getätigt wurden.

Quelle: Unternehmensangaben

Während aktuell etwas mehr als ein Drittel der Bevölke-rung ein Smartphone sein Eigen nennt, soll die Penetra-tionsrate, also die Durchdringung mit den Handys in der Bevökerung, im Jahr 2020 bei 53,5 Prozent liegen. Jeder Zweite in den ausgesuchten Ländern würde somit in vier Jahren über das Internet für die Hosentasche verfügen. Bedeutet also auch, dass jede Person, die das Schweizer Messer der Neuzeit besitzt, gleichzeitig auch die Mög-lichkeit hat, am Bezahlen per Handy teilzunehmen. Die letzte Hürde besteht lediglich darin, sich eine passende App herunterzuladen – und schon kann es losgehen mit dem Shopping-Marathon.

Die Einschläge kommen näher. Mittlerweile können Nut-zer aus einem viel breiteren Angebot an Apps auswäh-len. Dabei kämpfen die großen Anbieter wie Alphabet (Google), Apple und Paypal unerbittlich um Marktanteile und den Durchbruch. Jüngst verkündete der iKonzern, dass er seinen neuen Dienst Applepay in Frankreich und der Schweiz ausrollen wird. Bargeldbefürworter müssen also stark sein, denn offensichtlich kommen die Einschläge nä-her. Mit der Schweiz betreten die Kalifornier den ersten deutschsprachigen Markt, eine Einführung in Deutsch-land wird immer wahrscheinlicher. In dieser Hinsicht ist Konkurrent Paypal bereits einen Schritt weiter. Die ehe-malige Ebay-Tochter hat bereits ein Angebot für den deut-schen Markt in Sachen Bezahlen mit dem Handy im Vor-beigehen an der Kasse avisiert. Im Herbst des laufenden Jahres soll es dann so weit sein. Paypal ist bei der bargeld-losen Zahlungsabwicklung das Maß aller Dinge: Rund ein Drittel der insgesamt 4,9 Milliarden Zahlungen wickelten die Nutzer mit einem mobilen Endgerät ab. Ein unheim-lich starker Motor dieser Entwicklung ist der E-Commerce. Dass Kunden, wenn sie online shoppen, sich für eine bar-geldlose Zahlungsalternative entscheiden, liegt auf der Hand. Dann klingelt bei den Zahlungsabwicklern aus dem kalifornischen San José die Kasse. Im ersten Quartal 2016 wickelte Paypal 1,2 Milliarden Zahlungen ab und lag damit nur geringfügig unterhalb des Volumens aus dem starken Vorquartal, dem Weihnachtsquartal. Binnen sechs Jahren hat sich das Volumen damit mehr als vervierfacht.

Die Gründe sind zahlreich. Neben der Tatsache, dass die E-Commerce-Umsätze durch die Decke gehen – in zwei Jahren soll das Marktvolumen die 3-Billionen-Dol-lar-Marke sprengen –, spielt der viel zitierte Mehrwert für Händler und Kunden eine große Rolle. Zahlungen via Pay-pal sind bei Anwendern vor allem deshalb so beliebt, weil sie ein hohes Maß an Sicherheit gewährleisten. Händler freuen sich über mehr Geschäft. Bei einer Umfrage des Beratungsunternehmens ECC Köln gaben drei Viertel der Unternehmen an, dass sich der Umsatz durch das Angebot von Paypal-Zahlungen erhöht hat – im Schnitt um knapp ein Viertel. Der Effekt verstärkt sich also gegenseitig. Kun-den schätzen die bequeme Zahlweise, Händler profitieren von dem Umsatzzuwachs. Das sollte sich bei einem Start von Mobile Payment in Deutschland auszahlen. Wer die vergangenen Jahre nicht unter einem Stein verbracht hat, kennt Paypal. Gut für den Markteintritt. Doch da ist die UMT AG bereits schneller. Lesen Sie mal. Hier. Rechts.

JENS JÜTTNER

Transaktionsvolumen von Mobile-Wallet-Zahlungenin Milliarden Euro weltweit, ab 2016 Prognose

20143,7

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Mio.Weltweite Transaktionen über Paypal

2010 11 12 13 14 15 2016

Anzahl in Millionen

Transaktionsvolumen von Mobile-Wallet-Zahlungenin Milliarden Euro weltweit, ab 2016 Prognose

Nutzer von Mobile-Wallet-Zahlungenin Millionen weltweit, ab 2016 PrognoseNutzer von Mobile-Wallet-Zahlungenin Millionen weltweit, ab 2016 Prognose

2014

49,2

15 16

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269,5

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25FOCUS-MONEY 27/2016

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Platzhirsch Paypal

Amex nimmt Apple huckepack

It’s Payback-Time

Immer mehr Menschen kaufen via Handy im Internet ein, doch der sta-tionäre Vertrieb wird speziell in Deutschland noch etwas stiefmütterlich behandelt. Für Maike Strudthoff, Geschäftsführerin des Beratungsunter-nehmens Mobile Innovation, liegt das „eher am Angebot als an der Be-reitschaft der Konsumenten“. Die lässt sich laut Paypal vor allem dadurch erlangen, dass die Unternehmen einen Mehrwert bieten. Beispielswei-se bei der Taxi-App „My Taxi“. Mittels des kleinen Programms auf dem Smartphone lässt sich nicht nur das Taxi rufen, sondern im gleichen Schritt bezahlen. Sehr angenehm. Hier kann Paypal durch hohe Sicherheitsstan-dards punkten. Zudem ist die ehemalige Ebay-Tochter und Ertragsperle bestens bekannt und stark im Markt vertreten. 4,9 Milliarden Zahlungen wickelte das Unternehmen nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr ab. Zudem hat der Konzern mehr als 180 Millionen aktive User-Konten und über mehrere Jahre gewachsene Geschäftsbeziehungen zu den Bran-chengrößen des E-Commerce. Diese Voraussetzungen verschaffen den Kaliforniern einen Vorteil im Rennen um Marktanteile.

Zwar verfügt Paypal über die größte Expertise und den größten Kun-denstamm in Sachen Zahlungsabwicklung, aber niemand sollte Apple un-terschätzen. Wenn du kein iPhone hast, dann hast du kein iPhone – laute-te einst der Apple-Slogan. Recht haben sie. Denn auf die Handys kommt es an. Mehr Handys bedeuten mehr potenzielle Mobile-Payment-Kunden. Die Apple-Pay-App lässt sich direkt ab Werk draufspielen, näher kann man sich gar nicht an den Kunden heranwanzen. In Frankreich und der Schweiz rollt der Konzern seinen Bezahldienst bereits aus. Bis Deutsch-land an der Reihe ist, kann es nicht mehr lange dauern. In Sachen Infra-struktur fürs Mobile Payment geht es im Bargeldland Deutschland auch voran. Die Einzelhandelskette Rewe hat jüngst bekannt gegeben, dass kontaktlose Schnittstellen für American-Express-Nutzer (Amex) vorgehal-ten werden. Damit öffnet sich eine wichtige Tür für Apple. Denn Amex hat den Apfel-Konzern bereits in Australien und Kanada quasi hucke-pack in den Markt eingeführt. Das hält vor allem die Kosten auf Seiten der Kalifornier gering.

Vermutlich wird sich Dr. Albert Wahl bei der Diskussion, wer nun den Markteintritt in Deutschland schafft, ein süffisantes Lächeln nicht verknei-fen können. Längst ist er weiter. Wahl ist der Vorstandsvorsitzende der UMT United Mobility Technology AG (UMT). Die Münchner zeigen, wie das Geschäft mit Mobile-Payment-Lösungen in Deutschland laufen kann. Dazu bietet der Konzern die Software zur Infrastruktur an. Also Apps und die Programme, die der Händler nutzt. Beim Händler macht sich die Vielseitigkeit von UMT bezahlt. „Wir nehmen das, was da ist“, sagt Wahl. Gemeint ist, dass UMT Lösungen sowohl für NFC-Terminals als auch für Terminals mit QR-Code anbietet. Vielleicht gab dieses Argument den Aus-schlag, warum sich das Bonusprogramm Payback für UMT entschied, als es darum ging, einen Dienstleister für seine Mobile-Payment-Lösung in der neuen App zu finden. Die neue Applikation vereint Punktesammeln, Coupons aktivieren und Bezahlen. Letzteres ist derzeit schon bei der Dro-geriemarktkette dm möglich. Im Juli folgen die Real-Märkte. Partner wie Aral, Kaufhof, Rewe und Alnatura werden im Herbst dafür ausgestattet.

WKN/ISIN: A14R7U/US70450Y1038Börsenwert in Mrd. Euro: 39,4Gewinn je Aktie 2016/2017e in Euro: 1,33/1,57KGV 2016/2017: 24,2/20,5Stoppkurs in Euro: 27,90

WKN/ISIN: 865985/US0378331005Börsenwert in Mrd. Euro: 465,6Gewinn je Aktie 2016/2017e in Euro: 7,33/8,08KGV 2016/2017: 11,6/10,5Stoppkurs in Euro: 75,20

WKN/ISIN: 528610/DE0005286108Börsenwert in Mio. Euro: 22,7Umsatz 2016/2017e in Mio. Euro: 1,81/1,99KGV 2016/2017: 20,5/18,4Stoppkurs in Euro: 1,06

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