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Burnout Behandlungsansätze in der Craniosacralen Osteopathie Diplomarbeit von Monique Vogel Abschluss 2015 an der Schule für Craniosacrale Osteopathie Rudolf Merkel Erlinsbach, im Dezember 2014

Diplomarbeit Craniosacrale Osteopathie · Das Peter-Prinzip steigert dann die Burnoutanfälligkeit: Jeder erkämpft sich so lange Beförderungen, bis er sein Niveau der Inkompetenz

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Burnout

Behandlungsansätze in der Craniosacralen Osteopathie

Diplomarbeit von Monique Vogel

Abschluss 2015

an der Schule für Craniosacrale Osteopathie Rudolf Merkel

Erlinsbach, im Dezember 2014

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung .......................................................................................................... 2

2 Was ist ein Burnout? ......................................................................................... 3

3 Wie fühlt sich ein betroffener Mensch? ............................................................ 6

4 Mögliche Behandlungsansätze in der Craniosacral Therapie ........................... 7

5 Das vegetative Nervensystem nach S.Porges (Merkel, 2014) .......................... 8

5.1 Phylogenese des vegetativen Nervensystems ...................................................... 8

5.2 Physiologie des Nervus Vagus ............................................................................. 9

5.3 Physiologie des ventralen Vaguskomplexes ...................................................... 10

5.4 Corpus amygdaloideum (Mandelkern) nach Porges .......................................... 11

6 Praktische Anweisungen für die Arbeit am vegetativen Nervensystem und am

Mandelkern ...................................................................................................... 12

6.1 Parasympathicus .................................................................................................. 12

6.2 Sympathicus ........................................................................................................ 13

6.3 Soziales Nervensystem ........................................................................................ 14

6.4 Amygdala (Mandelkern) ..................................................................................... 15

7 Patientenbeispiel .............................................................................................. 16

8 Zusammenfassung und abschliessende Gedanken .......................................... 22

8.1 Feedback der Klientin ......................................................................................... 22

8.2 Selbstreflexion ..................................................................................................... 22

8.3 Abschliessende Gedanken ................................................................................... 23

9 Anhang ............................................................................................................ 24

9.1 Literaturverzeichnis ............................................................................................. 24

9.2 Abbildungsverzeichnis ........................................................................................ 24

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1 Einleitung

Ich habe mich während Monaten halbintensiv mit der Wahl des Themas meiner Diplomarbeit

beschäftigt.

Wie aus heiterem Himmel ist mir mein Thema "zugefallen": Craniosacrale Therapie bei

Burnout. Dieses Thema ist heute fast omnipräsent; in den Medien, im privaten Umfeld, am

Arbeitsplatz.

Nicht, dass ich schon viel Erfahrung damit gesammelt hätte – im Gegenteil. Mich interessierte

es einfach, mich mit diesem Thema vertieft auseinanderzusetzen. Und weitere "Zufälle"

ergaben sich.

Wenige Tage, nachdem ich mich für dieses Thema entschieden hatte, fiel eine mir nahe

stehende Person in ein Burnout. Sie fragte mich, ob ich sie craniosacral behandeln wolle.

Und kurze Zeit nach meiner ersten Behandlung durfte ich am Kurs "das dreiteilige Autonome

Nervensystem" mit Harald Faltz teilnehmen. Dieses Wissen hat mir sehr geholfen bei meiner

Arbeit.

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2 Was ist ein Burnout?

Zitate aus verschiedenen medizinischen Publikationen

Burnout ist keine eigenständige psychiatrische Diagnose. Primär ist es eine moderne Form

von Lebenskrise.

In der psychiatrischen Differenzialdiagnostik sind die depressiven Syndrome im

Vordergrund. Ist die Erschöpfung bildbeherrschend, so lässt sich eine

Erschöpfungsdepression diagnostizieren. Leidet der Patient in erster Linie an körperlichen

Beschwerden, so liegt bei den psychiatrischen Diagnosen eine somatoforme Störung vor.

Was ist Burnout noch? Einerseits hat es eine brauchbare und anerkannte Funktion in der

allgemeinen Kommunikation erlangt. Auch ohne Definition und Abgrenzung verstehen alle,

was ein Burnout ist. Andrerseits ist es ein gesellschaftlich getragenes Paradigma, nämlich ein

akzeptabler Ausweg aus einer zunehmend entmenschlichten Arbeitswelt. Bei chronischem,

aus beruflicher Ueberforderung erwachsenem Stress bietet die heutige gewinnorientierte

Leistungsgesellschaft Burnout als Krankheitsmodell an, welches nicht stigmatisiert

(Brühlmann, 2007, S. 901-902).

Burnout wurde 1974 erstmals wissenschaftlich beschrieben, bei Menschen mit helfenden

Berufen, im Gesundheitswesen, bei Lehrern. Mehr und mehr wird Burnout in anderen

Berufen und Belastungssituationen beschrieben, beispielsweise bei Frauen, die parallel

Hausarbeit machen, ihre Kinder betreuen,Teilzeit arbeiten und Angehörige pflegen (Flury,

2013, S. 19).

Wie kommt es dazu?

Beim Burnout ist der Stresszirkel eine Aufwärtsspirale. Der Burnoutpatient hat sich

typischerweise in eine Lebenssituation manövriert, wo tatsächlich hohe äussere

Leistungsanforderungen vorhanden sind. Seine innere Einstellung und Motivation, der

Stressverstärker, ist antreibend. Dies sind die bekannten Burnoutrisikofaktoren:

Perfektionismus, betontes Harmoniebedürfnis, auch Helfersyndrom genannt ("sei beliebt!")

und zwanghaftes Kontrollbedürfnis ("sei eigenmächtig!"). Wird die Selbstaufforderung im

Sinne des "ich schaffe es" zu dominant, so folgt der Distress als Ueberforderung, das Sollen

hat sich zu weit nach oben vom Können abgehoben. Dies bewirkt primär eine narzisstische

Kränkung mit einer Trotzreaktion: "Ich schaffe es trotzdem". Weil der Burnoutpatient die

abnehmenden Ressourcen lange nicht wahrhaben will und sich nicht zurücknimmt, wächst der

Aufgabenberg, die äusseren Anforderungen nehmen zu und die Aufwärtsspirale zirkuliert

weiter, bis es zum Kollaps des Ausgebranntseins kommt (Brühlmann, 2010, S.149-150).

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Bei den Ursachen spielen neben dem chronischen Arbeitsstress eine biographisch bedingte

Vulnerabilität und das allgemeine Sinndefizit in unserer Gesellschaft eine Rolle (Brühlmann,

2007, S. 901).

Betroffene geraten bei langdauernden Belastungen in einen Teufelskreis. Sie stossen an ihre

Grenzen, passen ihre zunehmend unerreichbaren Ziele aber nicht an die veränderte Situation

an, sondern reagieren mit einer Art Aufbäumen: sie strengen sich noch mehr an, ohne das Ziel

und das Vorgehen zu ändern (...) und geraten in Erschöpfung, Depression und

Selbstmordgedanken.

Viele Faktoren fördern Burnout: in der Arbeitswelt ständiger Druck, Ueberstunden,

permanente Umstrukturierungen, fehlende Erfolgserlebnisse trotz hohem Leistungseinsatz,

Angst vor Stellenverlust, wenig Erholungszeit, fehlende Anerkennung und Wertschätzung.

Weiter: wenig Kontakt zu Familie und Freunden, aufwendige Betreuung von Kindern oder

Angehörigen, Beziehungsprobleme und finanzielle Sorgen (Flury, 2013, S.19-20).

Welche Menschen sind Burnout gefährdet?

Lebensgeschichtliche Prägungen können die Burnoutanfälligkeit erhöhen.(...) Ein

gravierender Mangel an mütterlicher Liebe führt in eine Gier nach täglicher Zuwendung. Ein

traumatisierender Mangel an väterlicher Anerkennung hinterlässt einen nicht stillbaren

narzisstischen Anerkennungshunger.

Zu den Persönlichkeitsmerkmalen mit erhöhter Burnout-Vulnerabilität gehört einerseits der

Perfektionismus: die zu hohen Selbstansprüche bedingen eine jederzeit perfekte

Arbeitsleistung: Anderseits ist es die Abgrenzungsschwäche: zu hohe altruistische Ideale

zwingen dazu, immer für andere verfügbar zu sein und alle zugetragenen Aufgaben zu

erfüllen. Das Peter-Prinzip steigert dann die Burnoutanfälligkeit: Jeder erkämpft sich so lange

Beförderungen, bis er sein Niveau der Inkompetenz erreicht hat und ständig frustranen

Ueberforderungen ausgesetzt ist (Brühlmann, 2007, S. 902).

Wie sieht die Therapie von Burnout aus?

Bei schwerem Burnout ist eine stationäre Therapie von 3 bis 6 Wochen in einer spezialisierten

Klinik häufig indiziert.

- Medikamentöse Therapie (schlaffördernde Antidepressiva, Tranquilizer, Betablocker,

Phytotherapeutica wie Johanniskraut oder Gingko)

- Körperorientierte Therapien (Craniosacrale Osteopathie, Entspannung, Massage,

Meditation, Yoga, Qi Gong, Shiatsu, Feldenkrais, Atemtherapie, Bewegungstherapie etc.)

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- Kognitive Verhaltenstherapie (welches sind meine Burnout-gefährdenden Situationen? Wie

soll ich mich in diesen in Zukunft verhalten?)

- Analytische Therapie (was könnten die Traumen/Erlebnisse sein, die zu meiner erhöhten

Vulnerabilität führten?)

- Anthropologische Therapie (Das Wiederfinden meines Lebenssinns)

(Brühlmann, 2012, S.955-960)

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3 Wie fühlt sich ein betroffener Mensch?

Aussagen von Betroffenen:

- es packte mich unvermittelt, über Nacht

- ich habe keine Vorzeichen/Warnsignale wahrgenommen

- ich stehe total neben den Schuhen

- es hat mir den Boden unter den Füssen weggezogen

- ich spüre mich nicht mehr

- der Puls rast, ich bin unruhig, nervös

- ich bin todmüde, kann aber nicht schlafen

- ich bin ruhelos, rastlos

- mein "Motor" läuft auf Hochtouren; ich kann ihn nicht abstellen

- ich habe Aengste, werde immer wieder von Panik erfasst

- ich kann mich nicht konzentrieren

- ich kann mir nicht vorstellen, meine Arbeit je wieder aufnehmen zu können

- Ich habe Angst, meine intellektuellen Fähigkeiten verloren zu haben

- ich habe kein Selbstvertrauen mehr

- ich bin hilflos

- ich bin depressiv

- ich habe Suizidgedanken

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4 Mögliche Behandlungsansätze in der Craniosacral Therapie

Arbeit mit dem Autonomen Nervensystem (s. Kapitel 6)

Amygdala / Mandelkernkomplex (s. Kapitel 6)

Arbeit von den Füssen aus (ich habe den Boden unter meinen Füssen verloren)

Flüssigkeitstechniken

Sinusdrainage

Arbeit am Atlas

Core link (die Verbindung schaffen vom Kopf zum Becken, vom Denken zum

Fühlen)

andere Ansätze ergeben sich situativ

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5 Das vegetative Nervensystem nach S.Porges (Merkel, 2014)

Das vegetative Nervensystem dient der Adaptation an innere und äussere Veränderungen und

ermöglicht so die allgemeine Regulation von Körperfunktionen und Ueberlebensstrategien.

Es sorgt für Wohlbefinden und Lebensqualität.

Es ist dreigeteilt und hierarchisch organisiert.

- dorsaler Vagus: Reaktion auf Lebensgefahr

- Sympathicus: Reaktion auf Gefahr

- ventraler Vagus (zusammen mit Hirnnerven V,VII, IX, XI ventraler Vaguskomplex):

Verhalten in Sicherheit.

Das höher entwickelte System hemmt das niedrigere.

5.1 Phylogenese des vegetativen Nervensystems

Der Mensch verfügt über drei Ueberlebensstrategien:

- Totstellreflex der Knorpelfische (dorsaler Vagus)

- Kampf und Flucht der Reptilien (Sympathicus)

- differenzierte Affektregulation der Säugetiere (ventraler Vagus)

Beispiel dorsaler Vagus (bei einem Schmerz – oder Trauma – Patienten)

- Vermeidung über "Ohnmacht", Panikattacken

- akuter Verlust von Muskeltonus

- Rückzug

Beispiel Sympathicus (bei einem Burnout Betroffenen)

- erschöpfender Dauerstress

- Hyperaktivität

Beispiel ventraler Vagus

- löst Konflikte über Kommunikation

- kontrolliert seine Affekte

- ist in Ruhe, ohne Angst

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5.2 Physiologie des Nervus Vagus

Der Nervus Vagus besteht aus 80% afferenten und 20% efferenten Anteilen.

Ventraler Vagus = Nucleus ambiguus (schnell, myelinisiert)

Schnelle Feinsteuerung der supradiaphragmatischen viszeralen Organe.

Viszero-Efferenzen zu Herz, Aorta, Trachea und Bronchien.

Nucleus dorsalis vagalis (langsamer, nicht myelinisierter, dorsaler Vagus)

Steuerung der subdiaphragmatischen viszeralen Organe.

Viszero-Efferenzen zu Herz, Aorta, Trachea, Bronchien und v.a. zum

Verdauungstrakt, Leber, Pankreas und Nieren.

Nucleus solitarius

Viszero-Afferenzen aus Herz, Atemwegen und Verdauungstrakt über VII, X, XI.

Efferenzen z.B. zum Nucleus dorsalis.

Abbildung 1: Anatomie des Nervus Vagus

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5.3 Physiologie des ventralen Vaguskomplexes

Der viszeromotorische ventrale Vagus bildet zusammen mit somatomotorischen Anteilen von

vier weiteren Hirnnerven den ventralen Vaguskomplex (VVC).

Trigeminus: Sensibilität für Berührung im Gesicht; Gehörmuskel (Tensor tympani)

Fazialis: Mimik, saugen, Gehörmuskel (m. stapedius)

Accessorius: Kopfbewegung als soziale Geste und zur Orientierung

Glossopharyngeus: schlucken, saugen, Stimmmodulation

Ventraler Vagus: Feinregulation des Herzens (Vagusbremse), der Bronchien; d.h.

Kontrolle der inneren Erregung (Affektregulation)

Die beiden Gehörmuskeln haben die Aufgabe, das Innenohr vor zu starken (lauten)

Schallwellen zu schützen.

Der ventrale Vaguskomplex enthält Efferenzen für Ernährung der Säuglinge, emotionale

Bindung, Kommunikation, Affektregulation.

Er hat die Funktion, in der Situation von Sicherheit sozialen Kontakt herzustellen und

aufrecht zu erhalten.

Abbildug 2: mit den Schlundbögen assoziierte Hirnnerven (Faltz, 2013)

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5.4 Corpus amygdaloideum (Mandelkern) nach Porges

Jede Art von Erfahrung, Bedrohungen zu erkennen, beruht auf früher gemachten Erfahrungen.

Der Amygdala kommt eine zentrale Bedeutung in der Reaktion auf Stress zu.

Vom Standpunkt der Ueberlebensstrategie ist es vorteilhafter, auf ein möglicherweise

gefährliches Ereignis so zu reagieren als sei es eine Tatsache, als sich unangepasst zu

verhalten.

Die Amygdala hat ihre Bedeutung bei der Konditionierung von Angstreaktionen. Jede

Erfahrung, jedes Erkennen einer Bedrohung gründet sich auf die Abspeicherung von früheren

Erlebnissen einer Gefahr in der Amygdala. (Merkel, 2014, S.33)

Im Mandelkernkomplex werden komplexe sensorische Informationen aus der Umwelt und der

Innenwelt mit entsprechenden Gedächtnisinhalten verbunden und für bestimmte

Bewegungsformen und Erkenntnisprozesse, meist mit affektiver Komponente, verwendet.

Das Ziel der Therapie: die Amygdala neu "programmieren".

Abbildung 3: Das limbische System (Merkel, 2011)

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6 Praktische Anweisungen für die Arbeit am vegetativen

Nervensystem und am Mandelkern

6.1 Parasympathicus

Der Klient möge seine Bauchatmung spüren.

Richte die Aufmerksamkeit auf den Oberkörper mit seinen Eingeweiden, wie eine ausgdehnte

Gestalt oder als funktionelle Ganzheit, warte auf einen "state of balance". Mit dem

Zeigefinger auf dem Vagus seitlich des Nackens (dorsal des m.sternocleidomastoideus) richte

die Aufmerksamkeit auf die Bahnen des viszeralen Vagus und erwarte einen "state of

balance". Beachte das Diaphrama als natürliches Fulcrum des Bindegewebes, warte auf einen

"state of balance", achte auf ursprüngliche Erstarrungszustände.

Abbildung 4: Handhaltung Vagus

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6.2 Sympathicus

Fordere den Patienten auf, die Muskeln der Arme und Beine anzuspannen, um die Muskulatur

anzuregen; dann soll er entspannen und seine Empfindungen spüren.

Mit dem Zeigefinger auf dem oberen cervicalen Ganglion unter dem Ohr richte die

Aufmerksamkeit auf den sympathischen Grenzstrang, nimm Gestaltungen wahr und erwarte

"state of balance". Achte auf Bewegungen.

Abbildung 5: Handhaltung Grenzstrang

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6.3 Soziales Nervensystem

Bitte den Patienten, sich eine Person oder ein Tier aus seiner Kindheit vorzustellen, dessen

Augen leuchten würden, wenn sie sich träfen. Jemand mit einer einfachen, gegenseitigen

Wärme und freundlichen Beziehung. Mitschüler aus der Schulzeit oder Tiere scheinen gut

geeignet zu sein, nähere Blutverwandte sind zu kompliziert. Der Schlüssel liegt darin, dass

ein freundliches Lächeln im Gesicht ausgelöst wird.

Wenn dann so eine Szene entworfen ist, soll der Patient die Empfindungen dabei

wahrnehmen. Mit den Zeigefingern leicht im Gehörkanal, achte auf die Anatomie im

Mittelohr und erwarte ein "state of balance", einschliesslich der Felsenformation des

Temporalknochens.

Erwarte Erfahrungen der frühen Mutterbindung.

Bei der Arbeit am m.stapedius und am m.tensor tympani können alte auditive Erlebnisse aus

der Kindheit reaktiviert werden.

Abbildung 6: Ohrhaltung

Abbildung 7: Handhaltung Schlundbögen

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6.4 Amygdala (Mandelkern)

Stelle dir die Amygdala vor als eine mandelkerngrosse Formation in der vorderen Spitze des

Seitenventrikels an jeder Seite. Spüre eventuell Seitenunterschiede, Druckgefühl und Form.

Warte auf ein "state of balance". Spüre die Funktion: "Filter für Bedrohung". Bitte den

Patienten, vorsichtig das Hier und Jetzt wieder wahrzunehmen.

Mandelkernkomplex

Lege deinen Mittelfinger vor den Ohransatz. Beuge den Zeigefinger an und lege ihn sachte

auf die Delle über dem os zygomaticum.

Spüre die Bewegung: es ist ein Rotieren nach dorsal-cranial-ventral (Hippocampus-Formix-

Hypothalamus).

Wenn die Bewegung synchron ist, halte die Position mind. 90 Sekunden.

Abschliessen zuerst mit dem Handchakra über der Amygdala; dann mit einer Hand unter dem

Kopf (Dura cranial) und der anderen Hand unter der HWS (Dura spinal).

Abbildung 8: Handhaltung Mandelkernkomplex

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7 Patientenbeispiel

Ausgangslage

Frau A. 49 Jahre alt.

Sie ist Berufsfrau in leitender Position, arbeitet 90%.

Hat Familie mit 4 Kindern (zwischen 12 und 20 Jahre alt)

Ist politisch aktiv; in mehreren Kommissionen tätig

Steht mitten im Wahlkampf für ein hohes lokalpolitisches Amt

Frau A. gerät in ein mittelschweres bis schweres Burnout (Diagnose der behandelnden

Psychiatrin). Es ist Juli 2013. Frau A. wird sofort in die Clinica Holistica in Susch (GR)

eingewiesen zur Rehabilitation.

Ich besuche sie dort am 9.9.13, nach 6 Wochen Reha.

Frau A. ist unruhig, fühlt sich nirgends wohl, schläft schlecht, hat Aengste.

Sie empfindet die Reha als sehr stressig: zu viele Therapien, psychologische und

psychiatrische Gespräche, die sie verunsichern.

Sie hat "keinen Boden unter den Füssen".

Sie hat das Gefühl, "sie habe sich selber verloren"

Sie hat keine Energie, keine Lust, irgendetwas zu tun, keinen Appetit.

Sie ist in den freien Zeiten häufig mit dem Velo oder zu Fuss unterwegs. Das tut ihr gut.

Frau A. bekommt ab der 4. Woche 1x/Woche Cranio – Therapie. "Das ist etwas von dem, was

mir am besten tut. Dort gehe ich gerne hin"

Behandluung

Am 24.09.13, nach Abschluss der knapp 8 Wochen Rehabilitation, kommt Frau A. zum 1.

Mal zu mir zur Cranio.

Vorläufig bekommt sie noch Citalopran und Trittico.

Sie hat Bedenken, nicht ruhig liegen zu können.

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Ich mache in zwei Sitzungen den Befund: Es ist, als ob sich ihr Körper in einer "Winterstarre"

befindet. Kaum CRI spürbar, weder auf Knochen – noch Faszien – noch Flüssigkeitsebene.

Das Sacrum liegt wie ein Stein in meiner Hand.

Frau A. ist während beider Behandlungen mehrmals kurz eingeschlafen, konnte tief gähnen,

was ihr schon seit Wochen nicht mehr gelungen ist. Sie fühlt sich zwar erschöpft danach, ist

aber dankbar fürs "Gehaltenwerden".

Etwa 30 min nach der Therapie fällt Frau A. in eine "Krise". Sie fühlt sich extrem dünnhäutig.

10.10.13

Zum Glück (Zufall oder nicht?), durfte ich am Wochenende zuvor den Kurs "Das vegetative

Nervensystem" mit Harald Faltz besuchen!

Frau A. hat immer wieder massive Tiefs. Sie fühlt sich nach wie vor sehr verunsichert. Die

Medikation ist ein dauerndes Thema. Sie hat sich aber auf die Cranio gefreut

Ich begleite lange den CRI caudal und sacral. Mass movement von den Füssen aus. Still point

occiput. Dynamische Kompression Duraballon: Anschliessend arbeite ich zuerst am

parasympathischen, dann am sympathischen NS. Mass movement im Bereich der

Hypophyse.

Sympathicus: die Energie fliesst ungehindert

Parasympathicus: Die Energie fliesst zögerlich. Im Bauchraum erscheinen die Nervenbahnen

kurz farbig, leuchtend. Dann erlischt das Licht. Ich begleite die Bahnen noch mehrmals. Es

bleibt dunkel.

Frau A. konnte die ganze Zeit ruhig liegenbleiben. Sie hatte den "Taucher", den sie nach der

letzten Sitzung erlebte, diesmal nicht.

17. 10. 13

Frau A. hatte während vier Tagen ein tiefes Tief. Konkrete Suizidgedanken. Sie hat das ihren

betreuenden Aerzten mitgeteilt; diese haben Medikamente angepasst.

Frau A. ist zum 1. Mal in einen Einsteigerkurs Tai Chi gegangen. Sie geht täglich draussen

spazieren, empfindet das aber als Pflichtübung. Sie schläft nach wie vor sehr schlecht, fühlt

sich aber physisch nicht müde.

Kaum CRI caudal und sacral; kein Ausbreiten der Flüssigkeit im Beckenbereich.

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Als ich den CRI cranial begleite zieht mich eine starke Kraft nach caudal, ins Becken. Dieser

Zug hält lange an.

Beim Behandeln des PANS geschieht folgendes: ich begleite den Parasympathicus nach

caudal. Stopp kurz vor dem Diaphragma. Dann geht es langsam weiter bis in den Bauchraum.

Dort sehe ich einen Embryo; plötzlich entfernt sich dieser in einem dunkeln Kanal, wird

winzig klein. Ich will ihn zurückrufen, biete ihm Liebe und Geborgenheit an. Der Embryo

wird grösser, seine Umgebung wird hell. Ich habe jetzt Flüssigkeit zwischen meinen

Händen...

Frau A. fühlt sich nach der Therapie energielos. Sie hat Angst, diesen geschützten Raum zu

verlassen. Wir machen zusammen eine Wanderung im Jura.

26.10.13

Frau A. fühlt sich wesentlich besser. Sie hat den Wiedereinstieg in ihre Arbeit (30%)

geschafft. Sie schläft besser, nimmt nur noch 1 Citalopran am Morgen; kein Trittico mehr für

die Nacht. Sie wirkt energievoller auf mich.

Wieder nur sehr diskreter CRI auf allen Ebenen.

Beim CV4 spüre ich eine grosse, langanhaltende Ruhe unter meinen Händen, die sich im

ganzen Körper ausbreitet.

Parasympathicus begleitet. Es zieht mich sofort und kräftig nach caudal, bleibt im

Bauchraum. Frau A. hat Zuckungen in beiden Füssen und am Mund; dann taucht sie ab;

ihre Atmung wird ruhig.

Frau A. ist zum 1. Mal während mehrerer Minuten in einen tiefen Schlaf gesunken.

Als wir nach der Therapie noch miteinander reden, sagt sie plötzlich: "ich will dir einen

Traum erzählen, den ich vor 6 Wochen in der Reha hatte: Ich sehe plötzlich einen Embryo

vor mir, denke, das sei eines meiner Kinder. Dann realisiere ich, dass ich es selber bin. Und

ich sehe, dass mein Kopf vom Rumpf abgetrennt ist. Dann stehst du da, nimmst den Embryo

auf deine Arme und setzst den Kopf auf den Rumpf. Der Embryo lebt...

Nachdem sie mir diesen Traum erzählt hat, finde ich es angebracht, mein Bild des

entschwindenden Embryos, das ich während der letzten Behandlung hatte, zu beschreiben.

Ein emotionaler Moment...

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13.11.13

Ein paar Tage nach der letzten Therapie fiel Frau A. wieder in ein Loch. Gedanken drehten im

Kopf ohne Unterlass; sie fühlte sich dem ausgeliefert. Hatte wieder Suizidgedanken. Sie nahm

Kontakt auf mit ihrer Psychiatrin. Das Citalopran wurde auf 1,5 Tabletten erhöht; zusätzlich 1

Temesta als Schlafmedikament.

Das sacrum hat kaum CRI; es fühlt sich hart an. Die Flüssigkeit im Bereich des Beckens

dehnt sich erstmals etwas aus.

CRI sacral lang begleitet, Becker fulcrum Sacrum -> die Starre bleibt bestehen.

Beim Testen des CRI cranial zieht mich ein starker Sog (wie ein Wasserfall) nach caudal; der

Sog hält lange an. Im Becken ist es dunkel, undurchsichtig. Ich bleibe dort mit meiner

Aufmerksamkeit. Langsam fliesst Licht in den Beckenraum und hoch nach cranial, breitet

sich zwischen meinen Händen aus.

PANS begleitet. Beim Verweilen im Bauchraum macht Frau A. mehrere tiefe Atemzüge.

SANS begleitet. Ich sehe die "Strickleiter" vor mir, hölzern, starr. Ich mache, nur mental, ein

mass movement. Die "Leiter" beginnt sich wie Tang im Wasser zu bewegen.

Frau A. ist während der Arbeit am AVNS abgetaucht. Als sie wieder erwacht, fühlt sie sich

nicht mehr so schutzlos wie nach den letzten Sitzungen.

27.11.13

Die Erhöhung der Dosis Citalopran und das Temesta haben Frau A. geholfen. Aktuell schläft

sie gut, sie geht gern zur Arbeit (30%) und kann sich vorstellen, das Pensum ab Januar auf

50% zu erhöhen.

Immer noch ist der Beckenraum starr. Wieder spüre ich den starken Sog in den Bauchraum.

Ich arbeite auf Knochen – Faszien – und Flüssigkeitsebene, cranial, thorakal und caudal.

Arbeit am PANS und SANS.

Am Schluss habe ich den Eindruck, dass der Beckenraum langsam "lebendig" wird.

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13.12.13

Die Zeit seit der letzten Behandlung war für Frau A.sehr wechselhaft. Pat befindet sich wieder

in einem Tief; ihre Gedanken kreisen.

Sie hat persistierende Schmerzen im Bereich der Fusswurzelknochen links. Eventuell

Fehlbelastung nach Achillessehnenruptur vor 6 Monaten (?)

Ich behandle den linken Fuss; dann viel Flüssigkeitstechniken. Arbeit am PANS. Ich sehe die

Nervenbahnen vor mir; aber sie scheinen beleuchtet zu sein von einer Lichtquelle mit

Wackelkontakt...

Frau A. konnte sich heute schlecht entspannen, musste immer wieder bewusst "loslassen".

20.12.13

Frau A. nimmt nur noch ½ Temesta und schläft gut. 2 Tage nach der letzten Cranio Sitzung

hellte sich ihre Stimmung auf und sie hat gute, stabile Tage gehabt.

Beim Testen des CRI cranial entsteht ein deutliches Bild vor mir. Der Kopf von Frau A. sitzt

direkt auf ihrem Becken.

Ich mache Sinusdrainage.

Gegen Ende der Behandlung taucht sie in einen tiefen Schlaf ab und erwacht erst 10 min nach

dem Therapieende.

Ich habe den Eindruck, dass der Fluss/ die Verbindung zwischen cranial und caudal besser

geworden ist.

14.01.14

Frau A. verbrachte Ende Dezember 1 Woche Ferien in den Bergen; konnte Langlaufen. Sie

hat das Temesta abgesetzt. Ihr Zustand ist ziemlich stabil, mit einzelnen Tagen, an denen sie

in leicht depressive Stimmung fällt.

Heute arbeite ich vor allem auf der Flüssigkeitsebene.

Ich begleite die innere und äussere Liquorzirkulation (Reise durch die Ventrikel).

Der Zug ins Becken war heute nicht mehr da.

Frau A. ist während der Behandlung wach, fühlt sich danach stimmungsmässig aufgehellt

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14.02.14

Frau A. hat wieder 2 Wochen Ferien in den Bergen verbracht. Sie fühlt sich gut, merkt aber,

dass sie noch dünnhäutig ist. Bei kleinen Unstimmigkeiten/Konflikten/Belastungen am

Arbeitsplatz reagiert sie sofort mit Angst, Unruhe und depressiver Stimmung.

Da ich mehrere Läsionen finde cranial arbeite ich heute vor allem am Kopf auf Knochen –

Faszien – und Flüssigkeitsebene.

Am Schluss der Behandlung stellt Frau A. erstaunt fest, dass ihr Tinnitus im rechten Ohr, den

sie seit 4 Jahren hat, verschwunden ist! (ich wusste nichts davon)

09.04.14

Frau A. schläft jetzt gut, meistert ihren Alltag und die Berufstätigkeit; sie hat Energie, auch

Lebensfreude. Aber sie spürt, dass ihr das Trauma ihres Burnout noch latent im Nacken sitzt.

Heute drängt sich vor allem die Behandlung im Bereich des verletzten Fusses auf. Danach

Arbeit cranial auf Knochen –und Faszienebene.

Frau A.hat sich sehr gut entspannen können; keine störenden Bilder und Gedanken.

21.05.14

Frau A. gibt sich bewusst Mühe, nicht zuviel zu unternehmen, um nicht Gefahr zu laufen, ins

alte Fahrwasser zu geraten. Sie sagt, dass sie erst im Zusammenhang mit ihrer Krise realisiert

habe, dass das vollamtliche Politisieren nicht ihrem Wesen entspreche und dass ihre

Gesamtbelastung seit langem grenzwertig hoch gewesen sei.

Heute wieder Arbeit vor allem cranial. Am Schluss hat sie einen kräftigen CRI cranial, sacral

und caudal.

Provisorisch vereinbaren wir einen Termin in 2 Monaten, nach den Sommerferien.

Frau A. geht es zum Glück so gut, dass sie diesen Termin nicht wahrnehmen muss und wir

die Therapie abschliessen können.

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8 Zusammenfassung und abschliessende Gedanken

8.1 Feedback der Klientin

Frau A. beschreibt ihr Befinden während den 8 Monaten Behandlungszeit wie folgt:

"Ich war von Anfang an physisch in guter Verfassung; uneingeschränkte körperliche

Leistungsfähigkeit. Ich war nie müde; ich glaube, dass ich noch nach den 8 Wochen Reha

"mit überdrehtem Motor" lief. Es gelang mir überhaupt nicht, mich zu entspannen. Und ich

realisierte erst, nachdem es in mehreren Gesprächen thematisiert worden war: ich hatte kein

Bauchgefühl. Das auch im wahrsten Sinn des Wortes: ich spürte kaum Hunger und Durst,

auch wenn ich den ganzen Tag nichts gegesssen und getrunken hatte. Das hat sich beides

deutlich verändert.

Die Cranio lehrte mich "herunterzufahren", zu entspannen, Phasen auszuhalten (sogar zu

geniessen), in denen ich nichts zu tun hatte. Und ich habe mein Bauchgefühl wieder

entdeckt."

Was sich auch verändert hat: Frau A. fühlte sich in der akuten Phase ungeschützt, als hätte

sie keine Haut mehr. Und ihre Stimmung war äussert labil; von Hochs in tiefe Tiefs, in

schnellem Wechsel und ohne erkennbare Ursache. Das belastete und verunsicherte Frau A.

enorm.

Jetzt ist sie deutlich ausgeglichener. Eine gewisse Dünnhäutigkeit und Instabilität spürt sie

aber noch immer.

Sie hat gelernt, Vorzeichen einer Ueberbelastung früh zu erkennen, und sie verfügt jetzt über

Strategien, die ihr helfen, sich abzugrenzen und zu schützen. Ihre intellektuelle

Leistungsfähigkeit war nie beeinträchtigt.

Frau A. ist zufrieden mit dem Verlauf. Sie möchte aber von Zeit zu Zeit weiterhin zur Cranio

Therapie kommen.

8.2 Selbstreflexion

Ich war zu Beginn der Behandlung häufig müde, weil ich jeweils mein Arbeitspensum am

Spital hinter mir hatte. Diese Müdigkeit fiel meistens schnell von mir ab. Ich tauchte ein in

eine Atmosphäre, die während der Behandlung um uns beide herum entstand und fühlte mich

am Schluss ruhig und erholt.

Ungeduld trat nie auf. Ich war der Klientin nahe, auch emotional.

Meine Schwäche ist seit langem dieselbe: ich bin immer wieder verunsichert, ob ich "das

Richtige" spüre, wahrnehme. Meine Fähigkeit, Läsionen auf den verschiedenene strukturellen

Ebenen deutlich wahrzunehmen, lässt meines Erachtens zu wünschen übrig. Trotzdem habe

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ich aber auch hier die Erfahrung gemacht, dass meine Therapie heilsame Wirkung hat, auch

wenn ich keine "Schlüsselstelle –Finderin" bin.

Wenn ich ein nächstes Mal einen Menschen mit Burnout behandle, werde ich ihn mit neuen

Augen anschauen. Er wird, auch mit der gleichen Diagnose, andere Probleme haben, und es

werden möglicherweise andere Behandlungsansätze im Vordergrund stehen.

8.3 Abschliessende Gedanken

Die Behandlung eines Patienten mit Burnout ist komplex, interdisziplinär, kann Monate

dauern.

Sie fordert vom Betroffenen grosse Geduld und aktive Mithilfe.

Er wird konfrontiert mit seinen Persönlichkeitsstrukturen und seinen Verhaltensmustern, evtl.

mit Traumen aus seiner frühen Kindheit.

Er durchlebt Angst, Trauer, Verzweiflung.

Die Craniosacral Therapie ist ein Stein im gesamten Puzzle des Therapiekonzepts.

Sie hat den grossen Vorteil, dass der Patient nicht über den Intellekt angesprochen wird, dass

die Heilung zum grossen Teil im Unbewussten abläuft, dass er sich während der Therapie

hinlegen und entspannen darf, dass er sich in einem sicheren, geschützten Umfeld aufhält und

dass er sich getragen fühlt.

Das alles sollten wir ihm während unserer Craniotherapien bieten können.

"Es gibt Wichtigeres im Leben, als beständig dessen Geschwindigkeit

zu erhöhen"

Mahatma Gandi

"Ein gutes Mittel gegen die Managerkrankheit: suche mehr Zeit in

deiner Arbeit als Arbeit in deiner Zeit"

Friedrich Dürrenmatt

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9 Anhang

9.1 Literaturverzeichnis

Brühlmann, T. (2007). Was ist Burnout? Praxis 2007. Bern: Hans Huber / Hogrefe.

Brühlmann, T. (2010). Burnout und Depression – Überschneidung und Abgrenzung. Schweiz

Med Forum 10(8). S. 148-151.

Brühlmann, T. (2012). Praxis der Burnout-Diagnostik und –Therapie. Schweiz Med Forum

12(49). S. 955-960.

Faltz, H. (2013). Skript Das dreiteilige autonome Nervensystem. Im Rahmen der Schulung in

Kappel am Albis.

Flury, H. (2013). Ausgebrannt. Wie der Stress zum Burn-out führt. Vista. Schweizer

Gesundheits-Magazin. 10(13). S. 19-21.

Merkel, R. (2011). Skript Hirnnerven, Schwindel, Tinnitus. Teil 3.

Merkel, R. (2014). Unterlagen Vortrag 2014.

9.2 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Anatomie des Nervus Vagus. Merkel, R. (2014). Unterlagen Vortrag 2014.

Abbildung 2: mit den Schlundbögen assoziierte Hirnnerven. Faltz, H. (2013). Skript Das

dreiteilige autonome Nervensystem. Im Rahmen der Schulung in Kappel am Albis.

Abbildung 3: Das limbische System. Merkel, R. (2011). Skript Hirnnerven, Schwindel,

Tinnitus. An der Schule für Craniosacrale Osteopathie Rudolf Merkel. S.8.

Abbildung 4: Handhaltung Vagus. Eigene Abbildung.

Abbildung 5: Handhaltung Grenzstrang. Eigene Abbildung.

Abbildung 6: Ohrhaltung. Eigene Abbildung.

Abbildung 7: Handhaltung Schlundbögen. Eigene Abbildung.

Abbildung 8: Handhaltung Mandelkernkomplex. Eigene Abbildung.