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1 Diversity Politics in transnationalen Unternehmen Mythos oder Diffusionserfolg ? Dr. Katharina Schiederig, 16.01.2013

Diversity Politics in transnationalen Unternehmen …Diversity Management ist ein Spezialfall für die Transfer-Debatte. 4. Die Ergebnisse relativieren den Anspruch von Diversity Management

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Diversity Politics in transnationalen Unternehmen

– Mythos oder Diffusionserfolg ?

Dr. Katharina Schiederig, 16.01.2013

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Aufbau

1. Einführung und Relevanz

2. Fragestellung

3. Forschungsstand

4. Methodisches Vorgehen

5. Ergebnisse

6. Thesen und Perspektiven

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Aktualität Indien

• Wirtschaftliche Globalisierung: Europäische Unternehmen investieren

stark in Indien (Dtl. fünftgrößter Investor 2011/12)

• Moralische Frage: Corporate Responsibility in unterschiedlichen Ländern

• Strategische Frage: Vereinheitlichung von Personalpolitiken weltweit

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Frage

Werden Diversity-Strategien in transnationalen

Unternehmen vom Stammsitz an Standorte in

unterschiedlichen Ländern übertragen?

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Forschungsstand

Betriebswirtschaftliche Transfer-Forschung: TNU erheben Transfer-

Anspruch von Personalpolitiken und DiM

• Ergebnis: Hybridisierung (z.B. Ferner/Almond/Colling 2005), „zeremonielle

Übernahme“ von DiM (Sippola/Smale 2007)

• Existierende Forschung zu US/UK-Unternehmen, allerdings bisher keine

Studie zum Transfer von europ. TNU in Schwellenländer

• Diversity „travelling concept“ (Lammert/Sarkowsky 2010) aus den USA

Politikwissenschaftliche Transfer-Forschung: Private Akteure stehen in

Wechselwirkung mit politisch-institutionellem Kontext und

Steuerungsinstrumenten (Governance-Debatten)

• Annahme 1: Neben Unternehmen sind

Gewerkschaften/Betriebsräte Akteure;

zwischen ihnen abgeschlossene „Globale

Rahmenvereinbarungen“ erhöhen die

Wahrscheinlichkeit der Umsetzung von

Diversitätspolitiken

• Annahme 2: Europäischer Herkunftskontext spezifisch (Hall/Soskice 2001)

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Forschungsfrage

Wie diffundieren Diversitätspolitiken innerhalb von transnationalen

Unternehmen (TNU) mit Stammsitz in der EU und welche Rolle spielen

Globale Rahmenvereinbarungen im Instrumenten-Mix?

Untersuchung von Faktoren, Mechanismen, Inhalten und

Ergebnissen des Transfers

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Theoretischer Rahmen

• Transfer- und Diffusionsforschung

• Warum? Einflussfaktoren, Akteurskonstellationen

• Wie? Transfer-Mechanismen, Diffusionsrichtungen

• Was? Inhalte, Transfer-Dimensionen Philosophy, Policy und Practice (Sippola/Smale 2007 bzw.

Schuler/Dowling/De Cieri 1993) + Polity und Politics

• Ergebnis: Hybridisierung von Personalpolitiken und Diversity Management (z.B.

Ferner/Almond/Colling 2005), „zeremonielle Übernahme“ (Kostova/Roth 2002)

• „Diversity Politics“ (Riedmüller/Vinz 2007)

• Umgang mit Vielfalt als politischer Prozess

• Integriert die drei Steuerungsfunktionen Government, Governance und Gouvernementalität in den

drei Dimensionen des Politischen – Polity, Policy und Politics

• Diversity-Regime

• Operationalisierung im Anschluss an Walby (2007), Klarsfeld (2011) und den „Gender Inequality

Index“

Akteurszentriert-institutionalistische

Perspektive (Mayntz/Scharpf 1995)

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Analyseraster

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Methodisches Vorgehen

• „Mixed Methods Research Design“: qualitative und quantitative

empirische Untersuchung von 78 Unternehmen mit Globalen

Rahmenvereinbarungen und Fallstudien in einem deutschen und

einem französischen Unternehmen am Stammsitz und den Standorten

in Indien

• Kriterien für die Fallauswahl: Diversity-Trendsetter als „most likely

critical case“ (Flyvbjerg 2006), Zugangsmöglichkeit

• 40 teil-standardisierte Interviews in Deutschland, Frankreich und Indien

spezifisch für die Dissertation

• Zusätzlich 150 Interviews im Rahmen des

Forschungsprojekts

„International Framework Agreements“

• Dokumentenanalyse, Sekundärliteratur

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Herkunfts-

region

Branche/

GUF

Zielland

Design Forschungsprojekt

Vier Branchen (vier GUF

haben 90 % der GRV

unterzeichnet)

Vier Zielländer (Rolle in der

globalen Arbeitsteilung und

Arbeitsbeziehungen,

institutionelle Distanz):

Indien, Brasilien, Türkei,

USA

TNU mit Stammsitz in

der EU (83 % der

GRV)

Dissertation:

Zugangsschwierigkeiten, schwaches Interesse einiger Gewerkschaften

Fokus auf dt. und frz. Unternehmen (40 % der GRV)

Fokus auf zwei „Diversity-Trendsetter” am Stammsitz und in Indien !

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Ergebnisse Fallstudie 1: StarCar

• Die Entdeckung von Diversity unter US-Einfluss

• Etablierte (transnationale) Mitbestimmung

• Gleichstellungsvereinbarungen im Herkunftsland

• Fokus Frauenförderung in Deutschland

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Ergebnisse Fallstudie 2: AA Group

• Familientradition und nationale Gesetze

• Etablierte transnationale Sozialpartnerschaft

• Diversity-Vereinbarungen am Stammsitz

• Ambitionierte Diversity-GRV (=> Widerstände)

• Fokus Frauenförderung und Integration in Frankreich

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Transfer-Ergebnisse

1. Das Diversity-Konzept hat einen globalen Diffusionserfolg zu

verzeichnen.

2. Es erfolgt nicht eine „zeremonielle Übernahme“ (Kostova/Roth 2002;

Sippola/Smale 2007) der Diversitätspolitiken, sondern lediglich eine

„zeremonielle Übertragung“ vom Stammsitz, die in einen

„rudimentären Transfer“ an die indischen Standorte mündet.

3. Sowohl in Bezug auf Arbeitsbeziehungen als auch DiM konnte eine

duale Strategie („race to the bottom“ und „race to the top“) festgestellt

werden, die sich an verschiedenen Standorten unterscheidet.

Privilegierung und Marginalisierung unterschiedlicher

Beschäftigtengruppen sind parallel Bestandteile von Diversitätspolitik.

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Rolle der Rahmenvereinbarungen

1. Diskrepanz zwischen Darstellung der

Zentrale und lokaler Implementierung:

GRV wenig bekannt, Widerstände gegen

DiM, Verletzung von Arbeitsstandards

2. Kein Zusammenhang zwischen Existenz

der GRV und Einhaltung der

Kernarbeitsnormen feststellbar, „strong

union effect“

3. GRV an indischen Standorten weitgehend

unbekannt: Arbeitnehmerseite hat

begrenzte Ressourcen, wenig

Implementierungsbemühungen durch

Management

4. Potenzial von Betriebsvereinbarungen zu

Chancengleichheit: messbare Ergebnisse

durch Zielquoten

Gewerkschaftsfunktionär aus

Metallbranche in Pune/Indien:

„German companies are bad

when it comes to labour

conditions, only Koreans are

worse.“

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Thesen und Perspektiven

1. Der Transfer von Diversitätspolitiken erfolgt nur dann, wenn Diversity Regime

und Akteurskonstellation an beiden Standorten unterstützend wirken.

Institutionelle Distanz erschwert den Transfer. DiM bringt vor allem im

Herkunftsland Wettbewerbsvorteile.

2. Zeremonielle Übertragung: Unternehmen nutzen eine duale Strategie von

„Race to the Top“ und „Race to the Bottom“.

3. Diversity Management ist ein Spezialfall für die Transfer-Debatte.

4. Die Ergebnisse relativieren den Anspruch von Diversity Management und die

z.T. in der Governance-Literatur geäußerten Hoffnungen auf private

Regulierung durch Unternehmen.

5. Widerstände und Zugangsschwierigkeiten sind Forschungsbarriere und

Ergebnis: Thema Arbeitsstandards ruft Widerstände bei Unternehmen auf

den Plan, DiM bei Gewerkschaften.

6. Trotz Diffusion des Diversity-Konzepts bleibt „Global Diversity“ in TNU derzeit

ein Mythos – der „Diversity-Mythos“ ist jedoch Teil des Diffusionserfolgs.

Vielen Dank!