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Düngen leicht gemacht 36 Cycnodes Taiwan Gold benötigt erhöhte P-Gaben für eine gute Blütenbildung. Fotos: Dr. W. Ermert Catasetum sanguineum braucht eine relativ hohe Düngerkonzentration. 36 Düngen leicht gemacht Was hat die Düngung von Orchideen mit der Fütterung von Raubtieren gemeinsam? Auf den ersten Blick wohl gar nichts, aber der Zweck ist der gleiche: Verabreichung von Nah- rung! Während die einen jedoch zu einem gesun- den Leben eine reichhaltige, kräftige Mahlzeit be- nötigen, brauchen die Orchideen eher Magerkost. In der Natur sind die Orchideen wahre Hunger- und Überlebenskünstler. Sie kommen mit einem minimalen Angebot an Nahrung aus. Dabei ge- lingt es ihnen, das Maximale für ihr Gedeihen her- auszuholen. Die Nahrung kommt mit dem Regen, aus der Atmosphäre herausgelöst. Sie kann auch aus verrotteten Blättern und Baumstämmen stammen, auf denen die Orchideen als Epiphyten wachsen. Wenn man sich das vorstellt, kann man in etwa ermessen, wie wenig das ist! Daneben dient dann mal ab und an etwas Vogelkot als eine willkommene Bereicherung und Abwechslung im „Speiseplan“. Aber auch wenn sie noch so wenig an Nahrung be- nötigen, so muss diese doch ausgewogen und darf nicht einseitig sein. Nur so werden sowohl ein Übermaß als auch ein Mangel vermieden, die zum Absterben der Pflanze führen können. Allerdings können sich die Orchideen in der Natur noch einer besonderen Unterstützung in der Aufbereitung ihrer Nahrung erfreuen. Sie hängen quasi am Tropf eines für sie spezifischen Pilzes, der zusätz- lich Nahrung in der Umgebung der Wurzel in gut verdaulicher Form aufbereitet. Er zersetzt dabei das umgebende organische Material wie Baum- rinde und Ähnliches. Was können wir daraus für die Ernährung der Or- chideen in Kultur folgern? Sie darf auf keinen Fall in einer zu hohen Konzentration erfolgen und muss alle benötigten Bestandteile der Nahrung – die Nährstoffelemente – im richtigen Verhältnis, angepasst an den jeweiligen Wachstumszyklus der Pflanze, beinhalten. Das klingt vielleicht kom- plizierter, als es in Wirklichkeit ist! Daraus folgt zunächst, dass man wissen muss, welche Nähr- stoffelemente die Orchidee benötigt und in wel- cher Form sie diese aufnehmen kann. In dem ersten, nun folgenden Teil dieser Artikel- serie werden daher zunächst die benötigten Nähr- stoffelemente mit den Folgen einer Über- und Unterdosierung aufgelistet. Im zweiten Teil wird dann auf die benötigte Konzentration der Nähr- stoffelemente und ihr Verhältnis zueinander ein- gegangen. Im letzten Teil werden die so gewon- nenen Erkenntnisse genutzt, um eine optimale Versorgung unserer Orchideen mit dem richtigen Dünger sicherzustellen.

Düngen leicht gemacht - Wiener Orchideengesellschaft · Paphiopedilum, Cattleya und Cymbidium, begin-nend von der Blattspitze an fortschreitend. Diese Erscheinung kann aber auch

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Düngenleicht gemacht

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Cycnodes Taiwan Gold benötigt erhöhte P-Gaben

für eine guteBlütenbildung.

Fotos:Dr. W. Ermert

Catasetum sanguineumbraucht eine relativ hohe

Düngerkonzentration.

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Düngenleicht gemacht

Was hat die Düngung vonOrchideen mit der Fütterungvon Raubtieren gemeinsam?

Auf den ersten Blick wohl gar nichts, aber derZweck ist der gleiche: Verabreichung von Nah-rung! Während die einen jedoch zu einem gesun-den Leben eine reichhaltige, kräftige Mahlzeit be-nötigen, brauchen die Orchideen eher Magerkost.In der Natur sind die Orchideen wahre Hunger-und Überlebenskünstler. Sie kommen mit einemminimalen Angebot an Nahrung aus. Dabei ge-lingt es ihnen,das Maximale für ihr Gedeihen her-auszuholen. Die Nahrung kommt mit dem Regen,aus der Atmosphäre herausgelöst. Sie kann auchaus verrotteten Blättern und Baumstämmenstammen, auf denen die Orchideen als Epiphytenwachsen. Wenn man sich das vorstellt, kann manin etwa ermessen, wie wenig das ist! Danebendient dann mal ab und an etwas Vogelkot als einewillkommene Bereicherung und Abwechslung im„Speiseplan“.Aber auch wenn sie noch so wenig an Nahrung be-nötigen,so muss diese doch ausgewogen und darfnicht einseitig sein. Nur so werden sowohl einÜbermaß als auch ein Mangel vermieden,die zumAbsterben der Pflanze führen können. Allerdingskönnen sich die Orchideen in der Natur noch einer

besonderen Unterstützung in der Aufbereitungihrer Nahrung erfreuen. Sie hängen quasi amTropf eines für sie spezifischen Pilzes, der zusätz-lich Nahrung in der Umgebung der Wurzel in gutverdaulicher Form aufbereitet. Er zersetzt dabeidas umgebende organische Material wie Baum-rinde und Ähnliches.Was können wir daraus für die Ernährung der Or-chideen in Kultur folgern? Sie darf auf keinen Fallin einer zu hohen Konzentration erfolgen undmuss alle benötigten Bestandteile der Nahrung –die Nährstoffelemente – im richtigen Verhältnis,angepasst an den jeweiligen Wachstumszyklusder Pflanze, beinhalten. Das klingt vielleicht kom-plizierter, als es in Wirklichkeit ist! Daraus folgtzunächst, dass man wissen muss, welche Nähr-stoffelemente die Orchidee benötigt und in wel-cher Form sie diese aufnehmen kann.In dem ersten, nun folgenden Teil dieser Artikel-serie werden daher zunächst die benötigten Nähr-stoffelemente mit den Folgen einer Über- undUnterdosierung aufgelistet. Im zweiten Teil wirddann auf die benötigte Konzentration der Nähr-stoffelemente und ihr Verhältnis zueinander ein-gegangen. Im letzten Teil werden die so gewon-nenen Erkenntnisse genutzt, um eine optimaleVersorgung unserer Orchideen mit dem richtigenDünger sicherzustellen.

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Was brauchen die Orchideenals Nährstoffe für ein gesun-des Wachsen und Gedeihen?

Stickstoff N

Eine der Hauptbestandteile des „Menüs“ für unse-re Orchideen muss Stickstoff (abgekürzt mit demElementsymbol N) sein. Ohne Stickstoff geht garnichts: Ein Wachsen der Pflanze ist unmöglich. Inder Wachstumsphase benötigt die Pflanze daherauch besonders viel davon. Er findet sich in allenBestandteilen der Pflanze wieder, sowohl im Zell-kern als auch im Zellplasma. Zudem ist er in vielenSubstanzen wie dem Chlorophyll, dem Blattgrün,und selbstverständlich den Aminosäuren enthal-ten. Ein Zuwenig an Stickstoff erkennt man daherleicht an kleinen, gelben Blättern und einem ver-kümmertem Wuchs der Pflanze.Stickstoff können Orchideen nicht als Gas aus derLuft aufnehmen. Er muss ihnen vielmehr in Formvon Lösungen von Nitrat- und Ammoniumsalzenoder auch als organische Verbindungen,beispiels-weise als Carbamid, zugeführt werden.Während Nitrat schnell und sofort aufgenommenwerden kann, hat Ammonium eher eine verzöger-te, somit nachhaltigere Wirkung. Dabei wird Am-monium von Bodenbakterien innerhalb einigerTage in Nitrat umgewandelt. Carbamid ist besserunter dem Trivialnamen Harnstoff bekannt. Erwird erst durch einen chemischen Prozess, die so-genannte Hydrolyse, also mittels Wasser in Am-moniumionen und weiter in Nitrat überführt.Cir-ca 50 % des Harnstoffs hydrolisieren in einem Tag,in einer Woche dann vollständig, das heißt Harn-stoff wirkt über einen längeren Zeitraum und hat

eine Depotwirkung. Wenn also Stickstoff in einerMischung aus Nitrat, Ammonium und Harnstoffvorliegt, wird eine über einen gewissen Zeitraumhinweg abgestufte Nahrungszufuhr erzielt. Diesist in Zeiten stürmischen Wachstums der Pflanzevon Vorteil,denn es kann so sichergestellt werden,dass der Pflanze immer genügend Stickstoff zurVerfügung steht.Leider gibt es auch eine Kehrseite dieser Art derStickstoffzufuhr: Sie kann zu Überdosierungenführen und damit unerwünschte Nebenwirkun-gen zur Folge haben! Zwar schießt die Pflanzedurch eine hohe kontinuierliche Konzentrationan Stickstoff förmlich ins Kraut. Das Wurzel-wachstum leidet jedoch erheblich darunter. Dieskann sogar zum Abfaulen der Wurzeln führen,wobei gleichzeitig viele neue kräftige Triebe ge-bildet werden können. Paphiopedilum kann soreagieren, bei Cattleya äußert sich dies eher ineinem raschen Verwelken der Blüte. Im Allge-meinen kann man sagen, wenn das Pflanzen-gewebe sich weich anfühlt, kann dies ein starkerHinweis auf zu viel an Stickstoff sein, wobei dieseErscheinung allerdings auch noch andere Ursa-chen haben kann.Entscheidet man sich für eine erhöhte Stickstoff-zufuhr in Zeiten starken Wuchses der Pflanze, somuss man sehr aufpassen und diese rechtzeitigeinstellen, bevor die genannten Symptome auf-treten. Vor allem aber kann eine Mischung mithohem Anteil an Harnstoff besonders gefährlichwerden, da sich das System in der Stickstoffkon-zentration infolge der verzögerten Wirkung leichtaufschaukeln kann. Die tatsächlich vorliegendeKonzentration im Substrat ist unbekannt und dieZufuhr kann somit außer Kontrolle geraten. >>

Bulbophyllum longiflorum

Coelogyne flaccida

Cymbidium Howard Robin

Encyclia prismatocarpa

Lc. Longriver Compton 'Goldstar'

Maxillaria splendens

Phragmipedium Don Salimba

Vanda tricolor v. suavis10 Fotos: JS

Chysis bractescens –prächtige Blüte infolgeerhöhtem P-Zusatz.

Angulocaste Olympus Magnolia

Blc Goldenzelle ‘Lemon Chiffon’

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Phosphor P

Ein weiterer Bestandteil des Nahrungsangebotsfür unsere Orchideen muss Phosphor in Form vonPhosphat sein. Auch dieser ist unentbehrlich – erist der Baustein der Nukleinsäuren wie des Ade-nosindi- und -triphosphats, ADP/ATP. Hierausschöpft die Pflanze die Energie zum Wachstuminsbesondere der Wurzeln und besonders zumBlühen. Er ist das wichtigste Element in den At-mungs- und Assimilationsvorgängen der Pflanze,die zur Bildung von ATP als Energiemotor führt.Mangelerscheinungen äußern sich daher folge-richtig häufig in einer ungenügenden Blühwillig-keit,wobei dies nicht die einzige Ursache für man-gelndes Blühvermögen sein muss.Ein Phosphormangel lässt sich auch äußerlichhäufig an einer Rotverfärbung der Blätter insbe-sondere auf den Blattunterseiten erkennen. DieFolgen eines Überangebots an P sind hingegennicht bekannt. Es könnte sich lediglich in einerBindung von Calcium als Calciumphosphat be-merkbar machen, sodass Calcium der Pflanze zurAufnahme nicht mehr zur Verfügung steht.

Phosphor kann der Pflanze in Form von Salzen alsPhosphat,hauptsächlich als Dihydrogenphosphat– auch trivial als Orthophosphat bezeichnet – zu-geführt werden.

Kalium K

Auch Kalium ist für die Pflanze essenziell. OhneKalium kann die Pflanze nicht leben. Es wird vonder Pflanze für viele unterschiedliche Funktionenbenötigt. Im Gegensatz zu Stickstoff und Phos-phat, die in pflanzeneigene Substanzen einge-baut werden, ist Kalium als Kaliumion K+ als sol-ches frei im Zellsaft vorhanden. Es ist beispiels-weise für die Blattatmung – das Öffnen undSchließen der Stomata auf den Blattunterseitender Orchideen und damit der Steuerung der Auf-nahme und Abgabe von Feuchtigkeit, Kohlendi-oxid und Sauerstoff – verantwortlich. Ein Zuwenigan Kalium äußert sich in schwachen und wenigwiderstandsfähigen Pflanzen. Blätter und Bulbenstellen dabei das Wachstum ein und sterbenschließlich frühzeitig ab. Dies lässt sich auch aneiner intensiven, dunkelgrünen Verfärbung derBlätter erkennen, die teilweise braune Fleckenhaben.

Insbesondere Cymbidien sind äußerst empfind-lich und sterben bei Kaliummangel frühzeitig ab.Die Folgen einer Überdosierung von Kalium sindnicht bekannt. Eventuell ist eine sehr hellgrüneVerfärbung der Blätter ein möglicher Hinweis.Kalium wird in Form von Salzen, beispielsweiseals Kaliumnitrat, zugeführt. Dabei kann mangleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen –die gleichzeitige Zufuhr von Kalium undStickstoff.

Magnesium Mg

Während die Elemente N, P, K zu den primärenNährstoffen oder auch Hauptnährstoffen zählen,die also in keinem Menü fehlen dürfen, gehört

Eine Braunverfärbung desBlatts deutet auf einen

Ca-Mangel hin.

Gute Durchwurzelungdurch ausgeglichene

Düngung.

Der geringe Wuchs deutetbei dieser Cattleya auf

S-Mangel hin.

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Magnesium zu den sekundären oder auch Makro-nährstoffen. Sie werden geringer Konzentrationbenötigt und führen bei Mangel nicht sofort zugravierenden Schädigungen der Pflanze.Magnesium ist der zentrale Baustein des Chlo-rophylls, welches für die Photosynthese verant-wortlich ist. Unter Photosynthese versteht manvereinfacht die Umwandlung von Kohlendioxidund Wasser unter Zufuhr von Lichtenergie inZucker (Glukose).Magnesiumzusatz führt somit zu einem gesun-den Wachstum, weil es den Stoffwechsel fördert.Einen Mangel an Magnesium erkennt man folge-richtig an hellgrünen Blättern und vermindertemWachstum.Magnesium führt man der Pflanze ebenfalls inForm von Salzen zu, bevorzugt als Magnesium-sulfat.

Calcium Ca

Calcium gehört ebenso zu den Makronähr-stoffen, hat aber dennoch für die Pflanze einenicht zu unterschätzende, lebensnotwendigeBedeutung. Es ist am Zellaufbau beteiligt, stärktdie Zellwände und fördert die Zellteilung. Es un-terstützt die Ausbildung eines leistungsfähigenWurzelsystems. Es gilt als Gegenspieler desKaliums, das heißt es löst die entgegengesetzteReaktion aus, die von Kalium in der Pflanze ver-ursacht wird.Calcium hat zudem eine puffernde Wirkung – esbindet Säuren innerhalb und vor allem auch au-ßerhalb des Pflanzensystems, sodass eine schädli-che Übersäuerung des Pflanzstoffs durch Zusatzvon Kalk vermieden wird. Das Substrat sollte idea-lerweise schwach sauer sein (pH-Wert von 5,5), >>

Phalaenopsis Leen Boon –eine gute, angepassteDüngung ergibt schöneBlüten.Foto: JS

Chiloschista parishiibenötigt als blattloseOrchidee wenig Dünger.

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um so die Aufnahme der Nährstoffe durch dieWurzel optimal zu ermöglichen.Ein Mangel an Calcium wird durch eine Schwarz-verfärbung der Blätter erkannt, insbesondere beiPaphiopedilum, Cattleya und Cymbidium, begin-nend von der Blattspitze an fortschreitend. DieseErscheinung kann aber auch andere Ursachenhaben.Ein Zuviel an Calcium ist zu vermeiden, daCalcium so die Spurenelemente festlegt, aberauch schwerlösliche Salze mit Phosphat oder Sulfat bilden kann, die dann der Pflanze zur Nahrungsaufnahme nicht mehr zur Verfügungstehen.Calcium kann in Form von kohlensaurem Kalk(Calciumcarbonat, CaCO3) dem Substrat beige-mischt werden. Dies muss bei stark sauren Sub-straten wie Torf auf jeden Fall erfolgen. Dem Torfwird dabei etwa 4 g Kalk je Liter zugesetzt, um soeinen pH-Wert von 5 bis 5,5 zu erzielen.Hat man Substrate ohne stark saure Komponen-ten vorliegen, wie Pinienrinde, so lässt sich Calci-um auch in Form von Salzen als leicht löslichesCalciumnitrat,auch unter dem Trivialnamen Kalk-

salpeter bekannt, der Pflanze zuführen. Das hatden schönen Nebeneffekt, dass man neben demCalcium auch gleich eine Stickstoffversorgunggewährleisten kann.Wichtig ist insbesondere auch die Pufferfähigkeitvon Calciumnitrat: Es hebt den pH-Wert des Sub-strats an und beugt so einer Übersäurung vor.Aufgekalkte Substrate verlieren demnach nichtihre Pufferwirkung durch Calciumnitrat.

Schwefel S

Den Schwefel muss man ebenfalls zu den Makro-nährstoffen rechnen. Er wird in Form von Sulfatvon den Wurzeln aufgenommen. Schwefel wirdnach Durchlaufen verschiedener biochemischerProzesse vor allem in den Chloroplasten der Blät-ter zum Aufbau der Aminosäuren Methioninund Cystein verwendet. Diese werden in derPflanze für verschiedene Prozesse benötigt, ohnedie Wachstum ebenfalls nicht möglich ist. EinSulfatmangel äußert sich demzufolge ebenfallsin einem geringen Wuchs. Über eine Überfütte-rung mit S ist nichts bekannt. Jedoch führt Sulfatin Verbindung mit vielen anderen Nährstoffenzu schwer löslichen Salzen, beispielsweise mitCalcium. Dadurch steht Sulfat dann zur Aufnah-me der Pflanze nicht mehr zur Verfügung

Spurenelemente

Die Spurenelemente oder auch Mikronährstoffebraucht die Pflanze nur in kleinsten Mengen –wie die Bezeichnung schon andeutet. Aber einMangel führt auch bei diesen Minimengen zuWachstumsstörungen! Kleinste Schwankungenin der Konzentration führen somit schnell zueiner Über- oder Unterdosierung und wirkensich demnach viel schwerwiegender aus als beiden Hauptnährstoffen.So wird bei Abwesenheit von Bor, B, ein gedrun-gener Pflanzenwuchs beobachtet. Infolge vonEisenmangel, Fe, treten Blattvergilbungen, soge-nannte Chlorosen, auf. Eisen ist zwar nicht imChlorophyll enthalten, dennoch an dessen Ent-stehen maßgeblich beteiligt. Eine Festlegungvon Eisen, ähnlich der von Calcium, hat somit zurFolge, dass Chlorophyll nicht mehr gebildet wer-den kann. Die Chlorose kann man gut von denFolgen eines Stickstoffmangels unterscheiden.Dieser führt ja zu einer vollständigen Blatt-vergilbung. Im Gegensatz dazu bleiben jedochbei einer Chlorose die Blattadern immer nochdeutlich grün oder grüner gefärbt. Eisen ist da-neben auch ein wichtiger Energieüberträger inder AtmungsketteKupfermangel,Cu,führt ebenfalls zu einer Wuchs-verminderung, verbunden mit einer Rotverfär-bung der Blätter. Cattleyen reagieren demgegen-über sehr empfindlich gegenüber zu hohen Kup-fergaben – sie sterben ab!Für einige Spurenelemente wie Mangan,Mn,Zink,Zn, Chlor, Cl, und Molybdän, Mo, liegen keine gesi-

Ein hellgrünes Blatt ist einHinweis auf Mg-Mangel.

Ein verschrumpeltes,weiches Blatt infolge

Überdüngung beiCirrhopetalum.

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cherten Erkenntnisse vor, wie sich ihr Fehlen aufdie Pflanze auswirkt. Wichtig aber ist zu wissen,dass sie alle in irgendeiner Form in verschiedenenTeilen der Pflanze gefunden werden. Ihnen musssomit auch eine Bedeutung im Aufbau der Pflanzezukommen.Die Spurenelemente Cu, Fe, Mn und Zn müssender Pflanze als Chelate zugeführt werden. Che-late sind chemische Verbindungen, die man sichvereinfacht wie einen Käfig vorstellen kann, indem diese Elemente als Ionen eingefangen sind.So sind sie nicht mehr frei im Wasser beweglich.Anders ausgedrückt, kann man auch von einerMaskierung sprechen.Würden sie sich frei in derLösung bewegen, würden sie von anderen Io-nen eingefangen oder oxidiert werden und als

schwerlösliche Salze ausfallen. Sie stünden dannder Pflanze als Nährstoffelemente nicht mehrzur Verfügung! Nachdem sie also so unerkannt von der Pflanzeaufgenommen worden sind, können sie relativleicht ohne hohen Energieaufwand aus ihremKäfig befreit, also demaskiert werden. Ohne die-sen Maskerade-Trick wäre es nicht möglich,sie zu-sammen mit den anderen Nährstoffelementender Pflanze zuzuführen.Zusammenfassend werden in der obenstehendenTabelle die Folgen einer Über- und Unterdosie-rung der Nährstoffelemente für unsere Orchideenaufgeführt. Die Möglichkeiten zur Abhilfe werdenim zweiten Teil ausführlicher erläutert. Ô

Dr. Wolfgang Ermert

Tabelle der Folgen vonÜber- und Unterdosierungder Nährelemente bei unseren Orchideen.

Erscheinung Mögliche Ursache Abhilfe

verschrumpelte, weiche, Überdüngung Substrat gründlich wäs-schlaffe Blätter sern, Pflanze tauchen

oder Substrataustausch

kleine, gelbe Blätter, N-Mangel N-betont düngen verkümmerter Wuchs

verkümmerte Wurzeln, N-Überdosierung Substrat wässern,viele neue Triebe, bei Paphiopedilum auf Düngung eine Zeit-rasches Verwelken der Blüte und bei Cattleya lang ganz verzichten

mangelnde Blühwilligkeit, P-Mangel P-betont düngenRotverfärbung der Blätter

Schwache, wenig K-Mangel K-betonter düngenwiderstandsfähige Pflanzen,dunkelgrüne Blattfärbungmit braunen Flecken

hellgrüne Blätter, Mg-Mangel alle zwei Monate mitvermindertes Wachstum Magnesiumsulfat düngen

Schwarzverfärbung der Ca- Mangel mit Calciumnitrat 0,2 g/lBlätter von der Blattspitze her regelmäßig gießen

oder aufkalken

geringer Wuchs S-Mangel mit Magnesiumsulfatalle zwei Monate düngen

gedrungener Wuchs B-Mangel Spurenelementdüngerzusetzen

Blattvergilbung (Chlorosen), Fe-Mangel mit Fe-Chelat düngenBlattadern deutlich grüner

Rotverfärbung der Blätter Cu-Mangel Spurenelementdüngerverwenden

Plötzliches, rasches Absterben Cu-Überdosierung eventuell Substratwechselder Pflanze bei Cattleya

Die Rotverfärbung desBlatts deutet auf einenCu-Mangel hin.