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Dobernig; 12.11.2008
Krisensituationen im Umgang mit JugendlichenReaktionsweisen, Grenzen, Schutz
Mag. Dr. Elmar Dobernig
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 2
Zeitstruktur und Inhalt
14.00 bis 17.00 incl. Pause ☺ Wer war schon hier? Wiederholung? Jugendliche Arten von Krisen (Traumatische Krise; Suizidalität;
Soziale Krise) Interventionsmöglichkeiten in den verschiedenen
Krisen Themen: Selbst- und Fremdgefährdung; Alkohol,
Drogen Fallbeispiele der Teilnehmerinnen
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Mein Bezug zum Thema
- Kurze Beschreibung zum beruflichen Hintergrund (Arbeitssetting)
- Warum habe ich mich für das Seminar angemeldet? War ich beim ersten Seminar?
- Worüber möchte ich mehr erfahren?- Welche Erfahrungen möchte ich
einbringen?
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Krisen
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 5
Definition Krise Eine Krise ist ein inneres Geschehen, das
dadurch gekennzeichnet ist, dass eine Person das Gefühl hat, dass ihre Bewältigungsmöglichkeiten erschöpft sind.
Eine Krise kann sich auch in Beziehungen entwickeln in dem Sinne, als die Möglichkeiten der Interaktionspartner erschöpft sind, gemeinsam Probleme zu lösen.
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Arten von Krisen und Interventionsschwerpunkte
Traumatische Krise Stabilisieren, ev. Trauer und Abschied
ermöglichen Soziale Krise/Konflikt
De-eskalieren Suizidalität
Abklären; Stabilisieren; ev. Delegieren
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Die Reaktion auf Krisen ist abhängig von...
Individuellen Verhaltensstilen Alter Entwicklungsstand
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Wiederermächtigungsmodell
Ziel ist die Wiedergewinnung der Bewältigungskompetenz.
Krisenintervention ist nicht Psychotherapie. Empathie alleine genügt nicht.
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Allgemeines- Krisen sind sowohl in der individuellen
Entwicklung des Einzelnen als auch im Zusammenleben etwas Normales und Selbstverständliches.
- Besonders in sozialpädagogischen Institutionen gehören Krisen zum Alltag. Die betreuten Jugendlichen sind auf Grund ihrer Lebensgeschichte und der aktuellen Lebenssituation krisenanfälliger als viele Altersgenossen.
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 10
Prioritäten richtig setzenIm Krisenfall haben Vorrang:- Schutz der betroffene Menschen- Entlastung und Betreuung der
Beteiligten- Organisation der erforderlichen Hilfe- Maßnahmen zur Eindämmung des
Schadens bzw. zur Vermeidung einer Eskalation
- Information der Umgebung
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Kinder und Jugendliche
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 12
Kinder und Jugendliche
... denken nicht so rational wie Erwachsene... brauchen daher viel emotionale Zuwendung... lassen sich ablenken... fühlen sich in Anwesenheit vertrauter Personen sicherer... reagieren sensibel auf
Körperkontakt
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Probleme in der Akutsituation
Vertrauen gestört / Vertrauensbruch Bedürfnis nach Sicherheit Probleme mit dem Verstehen Nicht alle Emotionen sind verfügbar Aggressionen Wut Schuldgefühle bzw. –zuweisungen Schamgefühl
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Was Kindern und Jugendlichen hilft
Alltagsroutinen geben Sicherheit Sie brauchen mehr Zuwendung Sie brauchen Handlungsmöglichkeiten Kinder wollen Fragen stellen Jugendliche zeigen aber auch Abwehr
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AlltagsroutinenKinder können nicht nur dasitzen und die
Emotionen aushalten: gewohnte Aktivitäten helfen oft. Kleinere Kinder fangen meist bald wieder an zu
spielen, wenn man sie lässt. Manche Kinder gehen gern spazieren. Manche Kinder gehen Rad fahren,
Basketballspielen etc.. Manche Kinder ziehen sich auf ihr Zimmer/vor
den Fernseher zurück. Manche Kinder wollen einen Freund besuchen.
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Zuwendung
Kinder brauchen in Krisen vermehrt Zuwendung: Sie wollen dass eine Bezugsperson
beim Einschlafen dabei ist. Sie wollen nicht allein im Bett schlafen. Sie wollen nicht in die Schule gehen. Sie wollen auch für kurze Zeit nicht
allein gelassen werden.
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HandlungsmöglichkeitenHandlungsmöglichkeiten und Beteiligung
an Entscheidungen helfen Kindern bei der Bewältigung, da sie das Gefühl der Hilflosigkeit reduzieren:
z.B. Mitentscheiden bei nächsten Schritten. Gefragt werden, woran sie teilnehmen wollen. Dabeisein dürfen, wenn Erwachsene Dinge organisieren. Hilfsarbeiten übernehmen.
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 18
Zeichen von Abwehr bei Kindern
Den Raum verlassen Spielen beginnen Fernseher einschalten Sitzen bleiben, auf den Boden starren, mit
einem Gegenstand spielen Zeichnen anfangen Sich auf Toilette/Zimmer zurückziehen Das Haus verlassen, jemanden besuchen Telefonieren …
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 19
Abwehr respektieren!
Abwehr respektieren als Möglichkeit, mit der Situation klarzukommen.
Nicht zum Sprechen zwingen Sprechen lassen aber nicht ausfragen. Spiel und Ablenkungsmöglichkeiten
einbauen („Schonraum“). Grenzen respektieren und Zeit geben. Nicht konfrontieren ohne Zustimmung des
Kindes
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 20
Jugendliche in Krisen... zeigen häufig eine Mischung aus
erwachsenen und kindlichen Reaktionen... denken nicht immer so rational wie
Erwachsene... brauchen daher viel emotionale
Zuwendung... lassen sich ablenken... fühlen sich in Anwesenheit vertrauter
Personen sicherer... reagieren sensibel auf
Körperkontakt
... zeigen nach Krisen erhöhtes Risikoverhalten
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 21
Bedürfnisse des Kindes in der Akutsituation (Checkliste) (1) Unterstützung durch Bezugspersonen Schuldgefühlsentlastung Miteinbeziehen in Entscheidungen Zeit bekommen und Zeitdruckreduktion Offenheit und Ehrlichkeit
Gefühlsausdruck und Normalisierung Objektive Information
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 22
Bedürfnisse des Kindes in der Akutsituation (Checkliste) (2)
Kommunikation fördern Entlastung in der Überforderung Zugeständnis eigener Bedürfnisse Enttabuisierung
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Traumatische Krise
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 24
Psychotrauma (nach DSM-IV)
Erlebtes oder beobachtetes Ereignis, welches Todesgefahr oder Gefahr für die körperliche Unversehrtheit der eigenen Person oder anderer Personen beinhaltet.
Intensive Reaktion der traumatisierten Person beinhaltet intensive Furcht, Hilflosigkeit, Grauen, aufgelöstes oder agitiertes Verhalten.
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 25
Traumatische Krisenwerden ausgelöst etwa durch: Tod, drohender Tod oder schwere
Verletzung/Erkrankung naher Bezugspersonen
Miterleben von Tod, drohendem Tod oder schwerer Verletzung/Erkrankung anderer Personen
Eigene schwere Verletzung/Erkrankung oder Lebensgefährdung (Misshandlungen, Vergewaltigung, Gewaltverbrechen)
Plötzlicher Verlust vertrauter Menschen und sozialer Sicherheit
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 26
Risikofaktoren nach Traumatisierungen (zusammengefasst nach Hausmann, 2007) Ereignisfaktoren (etwa starke Intensität,
lange Dauer; Wiederholung; Lebens-bedrohung, physische Verletzung, von Menschen verantwortetes Ereignis, absichtliche Schädigung etc.)
Während und nach dem Trauma (etwa peritraumatische Dissoziation; starke Intrusionen; Vermeidung, Schulderleben etc.)
Umweltreaktionen (etwa Ausbleiben fremder Hilfe; fehlende soziale Unterstützung, ständiges Erinnertwerden and das Geschehen (Triggerung)).
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Normale Reaktionen auf belastende Erfahrungen
Schockphase und peritraumatische Dissoziation: Überflutung.
Erste Reaktionsphase: sich beruhigen, sich ablenken, sich mitteilen wollen.
Verleugnungsphase: Versuch, das Erlebte auszuklammern und normal weiterleben wollen.
Intrusionen, Wiedererleben: Versuch, sich mitzuteilen und Teile zu einem Ganzen zusammenzufügen.
Alternieren zwischen Vergessen und Konfrontation mit dem Ziel der Neuorientierung
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Symptome des Wiedererlebens Alpträume Flash-backs Tagträume Körperliche Reaktionen Kindspezifisch
Traumatisches Spiel Unspezifische Angstträume
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Vermeidungssymptome Vermeidung von Orten, Aktivitäten,
Menschen Vermeidung von Gedanken, Gesprächen Vermindertes Interesse Eingeschränkter Affektspielraum Kindspezifisch
Weniger organisiertes Vermeidungsverhalten Einengung des Spielverhaltens
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Physiologische Übererregung Schlafstörungen Konzentrationsprobleme Reizbarkeit Schreckhaftigkeit Übermäßige Wachsamkeit Kindspezifisch
Aggressive Verhaltensweisen Dysregulation von Rhythmen Schulleistungsabfall
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Kinder im Vorschulalter (nach Landolt, 2008)
Diagnosekriterien der PTBS auf Studien bei Erwachsenen basierend
Validität der Diagnose erst ab dem Schulalter gesichert Auch Kinder im Vorschulalter zeigen
Traumafolgestörungen Probleme bei jüngeren Kindern:
Verbale Beschreibungen innerer Zustände erschwert Durch Verhaltensbeobachtung und Interaktion sind lediglich
wenige Diagnosekriterien zu identifizieren Kognitive Symptome sind nicht möglich bzw. in anderer Form Vermeidungsverhalten weniger organisiert
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PTBS Prävalenz (nach Landolt, 2008)
Bremer Jugendstudie von Essau et al. (1999): 22.5% der 12-17 Jährigen haben mindestens ein
traumatisches Ereignis erlebt. Davon entwickeln 7.3% eine PTBS.
1.6% der 12-17 Jährigen leiden an einer PTBS. Männliche Jugendliche berichten über mehr
traumatische Ereignisse. Weibliche Jugendliche entwickeln häufiger eine PTBS.
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 33
Frühe Interventionen
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 34
Ziele früher Interventionen
Informationsaustausch (= Kognition)
Emotionale Entlastung, Stabilisierung (= Emotion)
Aktivierung von Selbsthilfe-Initiative (= Handlung)
Identifikation von Risikogruppen (= Prävention)
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 35
Grundsätze in der akuten Phase (nach Landolt, 2008) Unverzüglichkeit Kontakt- und Beziehungsaufnahme, nicht alleine lassen Entwicklungsalter berücksichtigen Stabilisierung
Ruhiges und bestimmtes Auftreten Schnellstmöglicher Kontakt mit enger Bezugsperson Externe Aufmerksamkeitsablenkung Eventuell Körperkontakt „Teddy-Bär“ Atemtechniken / Übungen zum sicheren Ort
Orientierung und Information (Was ist geschehen? Was wird in unmittelbarer Zukunft geschehen?)
Keine Bagatellisierung des Geschehenen Vermittlung weiterreichender Betreuungsangebote
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 36
Bindung herstellen
Explorieren
Intervenieren
Schritte der Krisenintervention
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 37
Krisenintervention:Bindung herstellen (1) Sicherheit geben/Vertrauen schaffen:
Vorstellung wenn nötig, Gesprächsrahmen schaffen
Wegführen vom belastenden Inhalt/Ort: Überwältigung unterbrechen
Erzählen fördern: Wechsel auf „kognitive“ Ebene
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 38
Krisenintervention:Bindung herstellen (2)
Abwehr respektieren: Respektieren wenn jemand keine
Betreuung für sich will, wenn jemand Distanz lieber hat.
Dabei bleiben: Sich nicht aufdrängen, aber so lange
dabei bzw. in der Nähe bleiben bis man den Zustand der Personen abschätzen kann!
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 39
Krisenintervention:Explorieren
Vor allem bei nicht bekannten Ereignissen nötig
Geschichte (behutsam) erfragen
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 40
Krisenintervention:Intervenieren (1) Äußeren Rahmen schaffen Vermittlung von Sicherheit und des
Gefühles, dass auch diese unbewältigbar erscheinende Situation prinzipiell bewältigbar ist.
Personen sind häufig zum ersten mal in einer derartigen Situation und wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen.
Struktur in die Ereignisse bringen (durch strukturiertes Erzählen)
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 41
Krisenintervention:Intervenieren (2) Notwendige nächste Schritte erklären:
(etwa wer benachrichtigt wird; wann jemand kommen wird).
Überblick bewahren Entscheidungen respektieren
durch Nachfragen bei verschiedenen Möglichkeiten der Entscheidung und respektieren der Entscheidungen.
Normalisieren durch Betonung der Normalität der
Reaktionen in der Akutphase
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 42
Krisenintervention:Intervenieren (3) Positive Bewältigung fördern
durch Begleitung von positiven Handlungen, die die Person selbst setzen will;
durch so viel selbst machen lassen, wie sie möchte und kann.
Informationen weitergeben über notwendige nächste Schritte Über eigene emotionale Reaktionen zu
erklären (meist emotionale Taubheit)
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 43
Krisenintervention:Intervenieren (4)
Vorausdenken durch Überblick über die Situation
und mögliche Entwicklungen Suche nach Auffangnetzen und
Miteinbeziehung Kommunikation unter den Betroffenen
fördern Soziale Ressourcen nutzbar machen
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 44
Traumaspezifische Psychotherapie
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 45
Phasen der Behandlung von Traumafolgestörungen
Stabilisierung Traumabearbeitung Integration
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Therapieforschung bei Kindern (nach Landolt, 2008)
Nachgewiesener Nutzen: Trauma-fokussierte kognitive Verhaltenstherapie; Ia EMDR: Ib Narrative Expositionstherapie für Kinder: Ib Spieltherapie: IIa
Nicht adäquat untersucht: Tiefenpsychologische / psychodynamische Verfahren Hypnotherapeutische Verfahren Familientherapeutische Verfahren Pharmakotherapie
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Suizidalität
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 48
Suizidalität Jugendliche als eine Risikogruppe für
Selbstmorde, da sie dazu neigen, ihre Gefühle und Stimmungen auszuagieren, statt darüber zu reden.
Selbstmorde unter Jugendlichen als 2. häufigste Todesursache dieser Altersgruppe (nach Unfalltod); in etwa bei 5% (Wolf, 1985).
Geschlechtsrelation: 1: 3; Mädchen: Jungen. Suizidversuche etwa 10 mal so häufig.
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 49
Selbstgefährdung (2) Katamnestisch (nach 10-15 Jahren) sind
10% der Jungen und 2.9% der Mädchen an vollenendetem Suizid verstorben (Otto, 1972).
Häufigkeit ernsthafter Suizidabsichten bei Jugendlichen: 27 bis 51%
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 50
Ursachen Todesphantasien in der Pubertät sind
übliche Mechanismen, um mit Kränkungen (v.a. des Selbstwertgefühles) umzugehen.
Bei Risikofaktoren kann es jedoch zu schweren psychischen Krisen und zu Suizidhandlungen als missglücktem Konfliktlösungsversuch kommen.
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 51
Risikofaktoren Störung der familiären Interaktionen Vorliegen einer psychiatrischen
Erkrankung Psychische Traumatisierung in der
Kindheit Körperliche Traumatisierung in der
Kindheit Selbstmordmeldungen im
Freundeskreis oder in den Medien
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 52
Gruppen gefährdeter Jugendlicher Schizophrene bzw. psychotische Jugendliche
Risiko einer Suizidhandlung bei ca. 25% Nach Traumatisierung und depressiver
Entwicklung in depressiv-narzistischer Krise Suizidale Handlungen am Ende eines Prozesses von
Erfahrungen von Isolation, Verlust der Zielperspektive, Gefühlen der Zurückweisung und Mißverstandenwerdens
Jugendliche mit Persönlichkeitsstörungen häufig vom Borderlinetyp. Starke Selbstverletzungstendenzen sowohl
„oberflächlich“ als auch schwere Selbstverletzungen
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 53
Suizid-Interventionen (1) Offenes Nachfragen und Ansprechen
(wann, wie, wo, Vorbereitungen). Ernstnehmen von selbst- und
fremdgefährdenden Aussagen. Augenmerk liegt auf der momentanen
Situation und den momentanen Problemen und nicht bei alten Geschichten.
Nehmen Sie Gedanken und Gefühle auf, akzeptieren Sie diese, aber stimmen Sie ihnen nicht zu.
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 54
Suizid-Interventionen (2)
Versuchen Sie, die Gefühle in Grenzen zu halten.
Nicht gegen Suizidalität anreden. Bestimmen Sie die Zugehörigkeit zu
Risikogruppen. Versprechen Sie nichts, das Sie nicht
halten können, oder über das Sie keine Kontrolle haben.
Nicht weggehen, ohne den weiteren Verlauf genau festzulegen.
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 55
Suizid-Interventionen (3) Versuchen Sie für das weitere konkrete
Vorgehen das Einverständnis der Person zu erhalten.
Wenn keine Kooperationsbereitschaft: aktive Übernahme der Verantwortung; stationäre Aufnahme veranlassen.
Falls der Suizid durchgeführt wurde: kümmern Sie sich um die Angehörigen.
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 56
Umgang mit Suizidgefährdeten Beziehungsfördernde Grundhaltung als
Basis Ansprechen der Suizidalität:
Wenn Sie das Gefühl haben, Ihr Gegenüber könnte an Selbstmord denken, bitte fragen Sie ihn danach!
Wichtige Ressource: Einbeziehung der Umgebung des Betroffenen
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 57
Fehler im Umgang Herunterspielen des Problems („Das ist ja alles nicht so
schlimm“) Vorschnelle Tröstung („Wird schon wieder“) Ermahnungen („Reißen Sie sich zusammen“) Verallgemeinerungen („So ist das Leben“) Belehrungen („Das sehen Sie falsch“; „Also generell gilt...“) Ratschläge („Warum machen Sie nicht einfach ...“) Vorwürfe („Was haben Sie sich dabei eigentlich gedacht?“) Dramatisieren („Wissen Sie eigentlich, was Sie anderen damit
antun?“) Vergleiche („Anderen geht es noch schlechter“)
Zu rasche Suche nach Veränderungsmöglichkeiten
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 58
Selbstmord eines Elternteils Trauer nach einem Verlust durch Suizid
ist besonders schwer zu bewältigen Scham Schweigen Isolation Schuldgefühl Wut Gedankenkreisen
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 59
Aggressive Jugendliche
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 60
Aggressive Jugendliche
soweit möglich: Aggressionen aushalten bzw. ignorieren
klare Grenzen und Instruktionen vorgeben
sich nicht auf Diskussionen einlassen Allerdings: Bei aggressiven /
gefährlichen Personen müssen Sie in erster Linie sich selbst schützen
Beachten Sie folgende Kriseninterventions-Checkliste!
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 61
Aggressive Jugendliche: Checkliste (1)Grundsätze: Handeln Sie nicht unüberlegt, holen Sie Hilfe (Polizei) und halten
Sie Abstand. Die Situation kann sich unvorhersehbar entwickeln Erinnern Sie sich, dass Gewalttätigkeit aus einer
Verteidigungshaltung entspringt Gewalttätigkeiten sind typischerweise zeitlich eng begrenzt, die
Zeit arbeitet für Sie.
Umgebung: Schaffen Sie eine ruhige Umgebung, vermindern Sie Reize und
verhindern Sie Störungen von außen. Schneiden Sie der Person keine potentiellen Fluchtwege ab und
treiben Sie sie nicht in die Enge. Behindern Sie die Polizei nicht in ihrer Arbeit zur Lösung der
Situation.
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 62
Aggressive Jugendliche: Checkliste (2)Interventionen: Die beste Vorhersage zur Entwicklung der Situation ergibt sich
aus der Analyse früherer Gewalttätigkeiten. Strahlen Sie Ruhe aus und geben Sie der Person das Gefühl,
keine Gefahr darzustellen. Überstürzen Sie nichts, vermeiden Sie plötzliche Bewegungen
und laute Geräusche. Es sollte jeweils nur eine Person sprechen. Unterlassen Sie alles, was die Person provozieren, ärgern oder
ängstigen könnte. Erkunden Sie die Umstände, die zur momentanen Krise
geführt haben. Akzeptieren Sie die Gefühle der Person und nehmen Sie sie so
an, wie sie sind. Fragen Sie die Person selbst nach einer Lösung für die
Situation.
Krisensituationen im Umgang mit Jugendlichen; 12.11.2008; Dobernig 63
Aggressive Jugendliche: Checkliste (3)Interventionen (Fortsetzung): Finden Sie heraus, womit Sie hilfreich sein können. Werden Sie nicht unnötig laut. Alkohol, Drogen und psychische Störungen begünstigen Gewalttaten. Fragen Sie nach, ob die Person schon gegessen hat und bieten Sie
gegebenenfalls etwas zu essen oder (nicht alkoholische) Getränke an. Zeigen Sie Fürsorge. Trennen Sie die an der Auseinandersetzung Beteiligten voneinander. Hören Sie nicht auf, (sinnvoll) zu fragen und achten Sie genau auf die
Antworten. Erfüllen Sie „angebrachte“ Wünsche der Person. Eröffnen Sie der bedrängten Person Alternativen. Fassen Sie eine aufgebrachte Person nicht an! Nutzen Sie die Möglichkeiten, denen die Person Vertrauen schenkt. Bringen Sie der Person Anerkennung für jede Kooperation entgegen. Die Behörden sollten so schnell wie möglich die Kontrolle über die
Situation übernehmen.