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Dr. med. Birgit Bader Universitätsklinikum Tübingen Medizinische Klinik, Abt. III Sektion für Nieren-und Hochdruckkrankheiten Ernährungstherapie bei Niereninsuffizienz

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Dr. med. Birgit BaderUniversitätsklinikum TübingenMedizinische Klinik, Abt. IIISektion für Nieren-und Hochdruckkrankheiten

Ernährungstherapie bei

Niereninsuffizienz

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Patienten mit akutem oder chronischem Nierenversagen sind häufig malnutritiert. Die Malnutrition wiederum ist mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität assoziiert. Bei Niereninsuffizienz besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko, das durch die Malnutrition potenziert wird. Umgekehrt erhöhen Infektionen das Risiko der Malnutrition durch gesteigerten Katabolismus, Hemmung der Proteinsynthese und Reduktion des Appetits.

Einleitung

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• Definition: Endstadium zahlreicher Nierenerkrankungen als Folge einer dauernden Verminderung der glomerulären, tubulären und endokrinen Funktionen beider Nieren. Dies führt zu:• gestörter Exkretion von Stoffwechselabbauprodukten• gestörter Ausscheidung von Elektrolyten und Wasser• Störungen im Säure-Basen-Haushalt• gestörter Sekretion von Hormonen (Erythropoietin,

Renin, Prostaglandine, aktive Form des Vitamin D, ...)

• toxischen Organschäden durch die retinierten harnpflichtigen Substanzen

Chronische Niereninsuffizienz I

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• Ursachen: • primär glomeruläre Erkrankungen (GN)

• primär tubuläre Erkrankungen (Fanconi-Syndrom)

• interstitielle Erkrankungen (Analgetikanephropathie)

• vaskuläre Erkrankungen (art. Hypertonie, Diab. mell.)

• Infektionen (Pyelonephritis, Tbc)

• Abflussbehinderung

• Kollagenosen (SLE, Sklerodermie)

• metabolische Nierenschädigung (Diab. mell.)

• kongenitale Anomalien (Zystennieren)

Chronische Niereninsuffizienz II

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• Stadieneinteilung: 1. Stadium der vollen Kompensation: • Glomerulumfiltrat (endogene Kreatininclearance) eingeschränkt• Serum-Kreatinin noch normal• leichte Einschränkung der Konzentrationsfähigkeit• noch keine Retention

2. Stadium der kompensierten Retention:• Serum-Kreatinin erhöht (>1,5 mg/dl)• Harnstoff erhöht (>50 mg/dl)• isothenurische Polyurie• evtl. geringe klinische Symptome der Niereninsuffizienz

Chronische Niereninsuffizienz III

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3. Stadium der dekompensierten Retention (Prä- Urämie, Prä- Dialyse-Stadium):• Serum-Kreatinin >8,0 mg/dl• Harnstoff >200 mg/dl• Pseudonormalurie• klinische Zeichen der Niereninsuffizienz, häufig durch konservative

Maßnahmen beherrschbar, evtl. Rückführung in Stadium 2 möglich

4. Stadium der Urämie (Dialyse-Stadium):• Serum-Kreatinin >8,0 mg/dl• Harnstoff >300 mg/dl• konservative Maßnahmen erfolglos• Einleitung eines „Nierenersatzverfahrens“

Chronische Niereninsuffizienz VI

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• Symptome der Urämie: • Allgemein: Foetor uraemicus, Schwäche, Gewichtsverlust• Haut: Pruritus, graugelbliche Blässe• ZNS: Verlangsamung, Depressionen, Kopfschmerzen• PNS: Polyneuropathie, „restless legs“, Wadenkrämpfe • Blut: renale Anämie• Lunge: Lungenödem, Pleuritis, Kussmaul‘sche Atmung• Herz/Kreislauf: Pericarditis, Hypertonie, Rhythmusstörungen• Gastrointestinaltrakt: Appetitverlust, Gastritis, Malnutrition• Muskulatur: Schwäche, „restless legs“, Wadenkrämpfe • Knochen: Schmerzen, sek. Hyperparathyreoidismus• Geschlechtsorgane: Libidoverlust, Impotenz, Amenorrhoe

Chronische Niereninsuffizienz V

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• Indikationen zur Dialysebehandlung:• absolute Indikationen:

• Pericarditis• Diurese auch mit Diuretika unzureichend• Zeichen der Urämie (Krämpfe, Polyneuritis, Serositis)

• relative Indikationen:• terminale Niereninsuffizienz (Kreatinin >6 mg/dl)• transfusionsbedürftige Anämie (trotz Epo-Gabe)• Hyperkaliämie• therapieresistente arterielle Hypertonie• morgendliches Erbrechen• erhebliche metabolische Azidose

Chronische Niereninsuffizienz VI

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• Definition: Plötzliche Verschlechterung der Nierenfunktion, die reversibel ist in Abhängigkeit von der Beseitigung der Ursache und dem entstandenen Nierenschaden.

• Ursachen:• Prärenal: Hypotonie (Flüssigkeitsverluste,

Herzinsuffizienz)• Renal: Glomerulonephritis, interstitielle

Nephritis, vaskuläre Erkrankungen, akute Tubulusnekrose

• Postrenal: Abflusshindernis mit Harnstau

Akutes Nierenversagen I

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• Klinische Stadien:

1. Schädigungsphase

- Dauer: Stunden bis Tage

2. Oligo- bis Anurie- Dauer: 7 Tage bis 10 Wochen

3. Polyurie

- Dauer: Tage bis Wochen

4. Restitution- Dauer: bis zu 12 Monaten (im Mittel 1-3 Monate)

Akutes Nierenversagen II

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Verfahren:• Hämodialyse (HD)• Hämofiltration (HF)

• Hämodiafiltration (HDF)• Chronische venovenöse Hämodialyse (CVVHD)• Chronische arteriovenöse Hämodialyse (CAVHD)• Chronische venovenöse Hämodiafiltration (CVVHDF)• Chronische arteriovenöse Hämodiafiltration (CAVHDF)

• Peritonealdialyse (PD)• Nierentransplantation

Nierenersatztherapie I

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Was bedeutet Dialyse?• Physikalisches Verfahren zur Trennung wässrig-

gelöster Teilchen mittels einer semipermeablen Membran. Es findet ein Stoffaustausch zwischen zwei Flüssigkeitsräumen statt, die durch die Membran getrennt sind.

• Das verunreinigte Blut des Urämikers wird von einer „Waschlösung“ (Dialysierflüssigkeit) - getrennt von einer Membran - umströmt und so gereinigt. Die Dialysemembran ist nur für bestimmte Stoffe durch-lässig und hat eine Art Filterfunktion. Die Poren des Filters haben molekulare Abmessungen.

Nierenersatztherapie II

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Transportmechanismen durch die semipermeable Membran:• Ultrafiltration von Wasser• Konvektion gelöster Teilchen• Diffusion• Wasserverschiebung entsprechend dem osmotischen

Gradienten

Nierenersatztherapie III

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CVVHD (F)

= chronische venovenöse Hämodialyse (-diafiltration):

• Standardverfahren auf Intensivstationen• Filtration von Plasmawasser + Stofftransport per

diffusionem• Über eine Infusionspumpe wird Elektrolytlösung (1-2l /h) in

das Flüssigkeitskompartment des Dialysators gepumpt. Dialysierflüssigkeit und und Filtrat fließen durch einen gemeinsamen Schlauch in einen Sammel- und Meßbehälter, wodurch eine exakte Bilanzierung gewährleistet ist.

Nierenersatztherapie VI

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• Der Harnstoffzyklus dient der Entgiftung des Ammoniaks. Er wird in der Leber unter Energieaufwendung von 4 ATP in Harnstoff umgewandelt.

• Eine 70 kg schwere Normalperson bildet in 24 h ca. 30 g (0,5 mol) Harnstoff. Bei proteinreicher Ernährung kann die Harnstoffbildung bis auf das 3fache ansteigen. Diese Steigerung ist deshalb möglich, weil die Enzyme des Zyklus im Überschuß vorhanden sind und sich die Enzymaktivi-täten bei proteinreicher Nahrung um das 2- bis 3fache erhöhen können

Harnstoff-Stoffwechsel

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• Kreatin wird als Kreatinin mit dem Urin ausgeschieden.• Kreatinin wird glomerulär filtriert.• Da die Geschwindigkeit der Kreatininbildung nur von der

Muskelmasse abhängt, sind (bei normaler Nierenfunktion) Erhöhungen des Serum-Kreatininspiegels Ausdruck von Nierenfunktionsstörungen.

Kreatinin-Stoffwechsel

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• Reduktion der Eiweißzufuhr (0,6 – 0,8 g/kg KG/Tag)• Reduktion der Phosphatzufuhr• ausreichende Energiezufuhr (ca. 35 kcal/kg KG/Tag)• ausgeglichene Flüssigkeits- und Mineralstoffbilanz

(Kalium, Phosphat, Natrium)• Empfehlung: vorwiegend vegetarische Ernährung

Ernährung im Prädialyse-Stadium

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Therapieziele bei terminaler Niereninsuffizienz

• Vermeiden einer katabolen Stoffwechsellage (gesteigerter Bedarf an Energie und Eiweiß)• Zeichen eines Katabolismus:

• hohe Harnstoffwerte• niedrige Serum-Eiweiß-/Albumin-Werte• niedrige Transferrin-Werte, niedrige Cholesterinwerte• Gewichtsverlust

• Energiebedarf: mind. 2000 kcal/Tag• Energiegewinnung aus Aminosäuren vermeiden• Vermeiden einer Hyperkaliämie und Hyperphosphatämie• Beschränkung der Natriumzufuhr• Vermeidung der Überwässerung• Sicherung der ausreichenden Zufuhr von Vitaminen

und Mineralien

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täglicher Energiebedarf I

• Tagesbedarf: ca. 30-35 kcal/kg KG (bei Normalgewicht)

• Normalgewicht: Körpergröße [cm] – 100• Referenzperson (70 kg): 2450 kcal/Tag• 1 kcal = 4,2 kJ• 1 BE = 10-12 g Kohlenhydrate

(1 kleiner Apfel, 250 ml Milch, ½ Brötchen)

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täglicher Energiebedarf II

• deckt der Organismus aus Verbrennung von Fetten und Kohlenhydraten, im Bedarfsfall auch aus Eiweiß

• 1 g Eiweiß liefert 4 kcal• 1 g Kohlenhydrate liefert 4 kcal• 1 g Fett liefert 9 kcal• 1 g Alkohol liefert 7 kcal („leere Kalorien“)• 1 g Wasser liefert 0 kcal

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täglicher Energiebedarf III

• empfohlene Anteile der Energiequellen:• Fett 35%• Kohlenhydrate 50%• Eiweiß 10-15%

(wobei 50% tierischer und 50% pflanzlicher Herkunft sein sollten)

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Kohlenhydrate

• alle Zuckerarten, Stärke• in erster Linie energiespendende Nährstoffe• das Gehirn verstoffwechselt ausschließlich Glucose• empfohlene Zufuhr: 4-5 g KH/kg KG

(50-60% der tgl. Gesamtenergie)

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Kohlenhydrate und PD

• tgl. Aufnahme von 150-200 g Glucose (600-800 kcal) über das Dialysat deshalb:

• diese Kalorienmenge in der tgl. Energiezufuhr berücksichtigen

• körperliche Bewegung, um dem zusätzlichen Kalorienangebot entgegenzuwirken

• Einschränkung der Gesamtenergiezufuhr (v.a. der Fettzufuhr)

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Ballaststoffe

• Bestandteile pflanzlicher Nahrung, die vom menschlichen Verdauungssystem nicht abgebaut werden können

• Wirkung:• verdauungsfördernd• Sättigungsgefühl steigernd, damit Appetit mindernd• Blutfette senkend

• ballaststoffreich:Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Obst, Nüsse

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Ballaststoffe und Dialyse

In der Dialyseernährung sind Ballaststoffe nur begrenzt einsetzbar:• optimale Wirkung nur bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr

• ballaststoffreiche Nahrungsmittel enthalten gleichzeitig viel Kalium (Gemüse, Obst) oder Phosphat (Vollkornprodukte, Müsli, Nüsse)

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Eiweiß (Protein) I

• am Aufbau sämtlicher Körperzellen beteiligt• wichtiger Bestandteil des Blutes, der Muskulatur, der Immunglobuline, Hormone und Enzyme

• 20 verschiedene Aminosäuren: 12 nicht-essentielle AS (kann der Körper selbst herstellen), 8 essentielle AS (müssen mit der Nahrung zugeführt werden)

• empfohlene tägliche Eiweißzufuhr: 0,8 g Eiweiß/kg KG (erhöhter Bedarf bei Kindern, Jugendlichen, Schwangeren und Stillenden, Männer>Frauen)

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Eiweiß (Protein) II

• Tierische Proteine gelten als „biologisch hochwertig“, da sie ohne große Veränderung der chemischen Struktur in den menschlichen Organismus eingebaut werden können 50% der täglich zugeführten Proteine sollten tierischen Ursprungs sein (Fisch, Fleisch, Geflügel, Eier, Milchprodukte)

• wertvolle pflanzliche Eiweißlieferanten: Soja-Erzeugnisse, Hülsenfrüchte, Nüsse, Getreide und Getreideerzeugnisse, Pilze

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Eiweiß (Protein) II

• eiweißreich:

Fisch, Fleisch u.a. tierische Nahrungsmittel

• eiweißarm:

Obst, Gemüse, Zucker, Öl, Butter, Margarine, Stärke

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Eiweißzufuhr und Dialyse I

• Eiweißverlust bei PD deutlich höher als bei HD, noch höher bei PD-assoziierter Peritonitis

• Empfohlene tägliche Eiweißzufuhr:

Prä-Dialyse 0,6 – 0,8 g/kg KG

HD 1,0 – 1,2 g/kg KG

PD 1,2 – 1,4 g/kg KG

PD-Peritonitis ca. 1,5 g/kg KG

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Eiweißzufuhr und Dialyse II

• Die täglich notwendige Eiweißzufuhr wird von Dialysepatienten oft nicht erreicht:

• Geringerer Appetit auf Fleisch, Fisch, Geflügel• Verzicht auf Eiweißträger wegen erhöhten Phosphatwerten

und entsprechenden Diätvorgaben

Folgen:• Abbau von Muskelmasse zur Deckung der notwendigen

Eiweiß- und Energiezufuhr• Kalium- und Phosphat-Anstieg durch Eiweißabbau• Wassereinlagerung v.a. durch Fettabbau

• Abnahme der geistigen und körperlichen Leistungs- fähigkeit

• Erhöhte Infektanfälligkeit

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• Prädialyse: 0,6 – 0,8 g/kg KG• Nephrot. Syndrom: 0,6 – 0,8 g/kg KG• Hämodialyse: 1,0 – 1,2 g/kg KG• CAPD: 1,2 – 1,5 g/kg KG• Nierentransplantation: 0,8 g/kg KG

Merke: Bei der CAPD werden bis zu 15 g Eiweiß/Tag über dasDialysat verloren.

empfohlene Eiweißzufuhr

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Fett I

• Energiereichster Nährstoff (9 kcal/g)• Fettüberschuss wird als Körperfett gespeichert• Überschüssige Kohlenhydrate und Alkohol werden zu Fett umgebaut und entsprechend gespeichert

• Bestimmte Fettmenge ist nötig, damit die fettlöslichen Vitamine (A, D, E, K) aus dem Darm in die Blutbahn gelangen können

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Fett II

• Bestimmte Fette liefern die für den Körper lebensnotwendigen „mehrfach ungesättigten“ Fettsäuren (essentielle Fettsäuren, die der Körper nicht selbst herstellen kann)

• Beispiele: pflanzliche Fette (Sonnenblumenöl/-margarine, Distel-/ Mais-/ Weizenkeim-/ Sojaöl)

• Selbst herstellen kann der Körper gesättigte und einfach ungesättigte Fettsäuren

• Gesättigte Fettsäuren: tierische Produkte (Schmalz, Talg)• Einfach ungesättigte Fettsäuren: Olivenöl

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Fett III

• Empfohlene tägliche Fettzufuhr: ca. 1,0 – 1,2 g/kg KGdavon 1/3 mehrfach ungesättigte Fettsäuren

1/3 einfach ungesättigte Fettsäuren1/3 gesättigte Fettsäuren

• Die durchschnittliche Fettzufuhr liegt bei uns jedoch bei ca. 130 g/Tag „versteckte Fette“: Wurst, Fleisch, Käse, Milch und Milchprodukte, Nüsse, Süßigkeiten, Chips

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Fett IV

Blutfette [mg/dl]günstig grenzwertig ungünstig

Cholesterin ges. < 200 200-250 >250

LDL-Cholesterin < 135 135-175 >175

HDL-Cholesterin > 45 35-45 <35

Triglyceride < 200 200-400 >400

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Fettzufuhr und Dialyse

• unproblematisch bzgl. Kalium und Phosphat• kalorischer Ausgleich anderer Nährstoffe möglich• Risiken: Gewichtszunahme, Arteriosklerose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettstoffwechselstörungen

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Wasser I

• liefert keine Energie• in allen Geweben enthalten, Hauptbestandteil der Muskulatur

• wichtige Grundlage von Blut, Lymphe, Verdauungssäften• löst die festen Bestandteile der Nahrung (Salze, Zucker) und bringt sie, neben einigen Vitaminen und Mineralstoffen, zu den Zellen

• viele für den Körper unbrauchbare Substanzen werden in gelöster Form ausgeschieden

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Wasser II

• Flüssigkeitsverluste über: Schweiß, Harn, Stuhlgang, Atmung

• Bei eingeschränkter Flüssigkeitszufuhr und vorhandenem Wasserbedarf kommt es zu einem Nachlassen der Speichelproduktion (Durstgefühl) und der Harnproduktion.

• täglicher Flüssigkeitsbedarf: ca. 2,5 l (davon sollten 1-1,5 l durch Getränke zugeführt werden)

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Wasser und Dialyse I

• bei Anurie Wasserverlust nur noch über Schweiß, Atmung und Stuhlgang möglich

• überschüssiges Wasser muss mittels Dialyse entfernt werden - da dies nur bis zu einem bestimmten Maße möglich ist, muss die täglich zugeführte Flüssigkeitsmenge eingeschränkt werden

• Faustregel: tägliche Trinkmenge = Restdiurese + 500 bis 800 ml

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Wasser und Dialyse II

• bei Hitze, starkem Schwitzen, Durchfall und Erbrechen sowie Fieber erhöhter Flüssigkeitsbedarf

• Reduktion der Trinkmenge bei Zufuhr vieler wasser-haltiger Nahrungsmittel (Suppen, Obst, Gemüse, Milchspeisen) erforderlich

• Empfehlung: tägliches Wiegen• Gewichtszunahme zwischen zwei Hämodialysen sollte 1-2 kg nicht überschreiten

• Zeichen der Überwässerung: Ödeme, Dyspnoe, Husten

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Wasser und Dialyse III

Möglichkeiten zur Linderung des Durstgefühls:• sehr salzige oder süße Speisen und Getränke meiden• Zitronenstückchen lutschen (Bitterstoffe regen Speichelfluss an)

• kleine Eiswürfel oder tiefgefrorenes Obst lutschen• Mund mit Wasser ausspülen• Kaugummis/saure Drops ohne Zucker • Bittergetränke

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Mineralstoffe

• anorganische, lebensnotwendige Bestandteile der Nahrung und des Organismus

• liefern keine Energie, sind aber für viele Stoffwechsel-prozesse unabdingbar

• Mengenelemente: Natrium, Chlorid, Kalium, Calcium, Phosphor bzw. Phosphat, Magnesium

• Spurenelemente: Eisen, Fluor, Jod, Zink, Mangan, Kupfer, Selen, Chrom, Molybdän, Kobalt, ...

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Natrium bzw. NaCl (Kochsalz) I

• reguliert zusammen mit Kalium den Wasserhaushalt (wasserbindende Eigenschaften)

• wichtig für die Muskelkontraktion• Hauptsächlich außerhalb der Zellen lokalisiert• Normalwerte im Blut: 135 – 144 mmol/l• täglich benötigte Menge: ca. 2 g (entsprechend 5 g NaCl)• tatsächliche tägliche NaCl-Aufnahme: 10 bis 15 g Folgen:

• Wassereinlagerung im Körper• Bluthochdruck

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Natrium bzw. NaCl (Kochsalz) II

• stark salzhaltige Nahrungsmittel: - gepökelte/geräucherte Fleischwaren, - marinierter/gesalzener/geräucherter Fisch, - Fischkonserven, - Salz- und Käsegebäck, - Fertigsuppen und –soßen, Brühwürfel, - Tomatenketchup, Sojasoße, ... Der Salzgehalt von Brot und Käse ist ebenfalls nicht zu unterschätzen.

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Kalium I

• in allen tierischen und pflanzlichen Nahrungsmitteln in unterschiedlicher Menge enthalten

• reguliert zusammen mit Natrium den Wasserhaushalt• wichtig für die Muskelkontraktion• hauptsächlich innerhalb der Zellen lokalisiert• Normalwerte im Blut: 3,6 – 4,8 mmol/l• besonders kaliumhaltige Nahrungsmittel: Obst- und Gemüsesäfte, einige Obst- und Gemüsesorten, Trockenobst, Nüsse, Pilze, Kartoffelerzeugnisse, Milch, Joghurt, Fleisch, Fisch, Geflügel

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Kalium II

• nicht zerstörbar durch Hitze oder mechanische Einwirkung• kann durch Wasser aus einem Nahrungsmittel heraus-gelöst werden: durch Wässern quillt die Zelle, die Zellwände platzen auf, und das in den Zellen gebundene Kalium wird freigesetzt

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Kalium und Dialyse I

• Gefahr der Hyperkaliämie bei terminaler Niereninsuffizienz Ursachen:

• verminderte Kaliumausscheidung, Verlust der Nierenrestfunktion• unzureichende Dialyse• Muskelabbau bei zu geringer Energiezufuhr und Freisetzung von

Kalium aus den Muskelzellen• Diätfehler (kaliumreiche Ernährung), Einsatz von Diätsalz• Insulinmangel• Störungen im Säure-Basen-Haushalt• Blutungen• Medikamente

• täglich empfohlene Zufuhr (bei Hämodialyse): < 2 g

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Kalium und Dialyse II

Möglichkeiten zur Verringerung der Kaliumzufuhr:• Wässern• Konservenobst und –gemüse verwenden (cave: nicht die kaliumreiche Einmachflüssigkeit verzehren)

• tiefgefrorenes Obst und Gemüse verwenden• frisches Gemüse garen• Fleisch schmoren (cave: nicht den entstandenen Sud verzehren)

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Phosphor und Phosphat I

• in fast allen Lebensmitteln enthalten• wichtigster Baustein lebender Zellen• an allen Stoffwechselprozessen, die Energie benötigen, beteiligt

• wesentlicher Bestandteil von Knochen und Zähnen• hauptsächlich innerhalb der Zellen lokalisiert• Normalwerte für Phosphat im Blut: 2,6 – 4,5 mg/dl

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Phosphor und Phosphat II

• Besonders phosphathaltig sind die meisten eiweißreichen Lebensmittel: Fleisch, Fisch, Geflügel, Milch und Milcherzeugnisse, Hart- und Schmelzkäse, Nüsse, Mandeln, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte.

• Einigen Nahrungsmitteln werden bei der Herstellung noch Phosphate zugesetzt, um ihre Konsistenz zu bewahren oder zu verbessern. Jeder Phosphatzusatz muss auf der Verpackung kenntlich gemacht werden.

• E 338 Cola, Colagetränke• E 339 Kondensmilch• E 340 Kaffeeweißer• E 341 Backpulver• E 450 a, b, c Brühwurst, Schmelz-/Kochkäse

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Phosphat und Eiweiß

• die meisten eiweißreichen Lebensmittel sind besonders phosphathaltig

• im Harnstoffzyklus entsteht Phosphat (siehe Schaubild)

• proteinreiche Ernährung führt zu einer vermehrten Harnstoff- und damit Phosphatbildung, beim Abbau von 1 g Eiweiß wird ca. 1 mmol (31 mg) Phosphat freigesetzt

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Phosphat und Dialyse I • Gefahr der Hyperphosphatämie bei präterminaler und terminaler Niereninsuffizienz Ursachen:

• Freisetzung von intrazellulärem Phosphat beim Zellabbau• Störungen im Vitamin D- und Knochenstoffwechsel• Diätfehler, Zufuhr mit der Nahrung

Folgen:• Kalkablagerungen in den Gefäßen bei Überschreiten des

Calcium-Phosphat-Produkts (d.h. >12)• Knochenschäden (renale Osteopathie)

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Phosphat und Dialyse II • täglich empfohlene Zufuhr: ca. 1000 mg

• Prä-Dialyse: 800 mg• HD: 1000 mg• PD: 1200 mg

• zubereitungsbedingt keine nennenswerte Phosphat-verluste, daher Austausch von Nahrungsmitteln von größerer Bedeutung (z.B. Wasser-Sahne-Gemisch anstelle von Milch)

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Calcium und Dialyse

• ca. 99% des Gesamtkörpercalciums sind in die Knochensubstanz eingebaut

• Normalwerte im Blut: 2,0 – 2,8 mmol/l• Tagesbedarf: 1000 – 1400 mg• Ursachen für Hypocalcämie:

• Störung der Vit. D-abh. Calciumresorption aus dem Darm• Calciumverluste• Mangel an Trägereiweiß

• Ursachen für Hypercalcämie:• schwerer Hyperparathyreoidismus• Vit. D-Überdosierung• calciumhaltige Phosphatbinder

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Vitamin D-Stoffwechsel und sHPT I

Vitamin D-Stoffwechsel• Vitamin D3 (= Cholecalciferol) wird entweder aus 7-Dehydro-

cholesterol unter UV-Lichteinfluß in der Haut gebildet oder es muß mit der Nahrung zugeführt werden.

• In der Leber wird Vitamin D3 zu 25-OH-Vitamin D3

umgewandelt.

• In den Nieren entsteht aus 25-OH-Vitamin D3 das biologisch

sehr aktive 1-25(OH)2-Vitamin D3 (= Calcitriol). Diese

Umwandlung wird durch die Phosphatkonzentration reguliert: Niedriger Phosphatspiegel fördert die Calcitriolbildung und umgekehrt.

• Calcitriol fördert die enterale Reabsorption von Calcium und Phosphat.

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Vitamin D-Stoffwechsel und sHPT II

Regulation der Serum-Calcium-Konzentration 1. Absinken des Serum-Calciums

2.   Sekretion von Parathormon 3.   Förderung der Phosphatausscheidung in den Nieren 4.   Absinken des Serum-Phosphats 5.   Förderung der Calcitriol-Bildung in den Nieren 6.   enterale Reabsorption und ossäre Mobilisation von

Calcium und Phosphat 7.   Normalisierung des Serum-Calciums

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Vitamin D-Stoffwechsel und sHPT II

Sekundärer Hyperparathyreoidismus• Verminderte Kapazität der Nieren zur 1--Hydroxylierung des

25-OH-Vitamin D3 enthemmt die PTH-Inkretion

• PTH stimuliert seinerseits die 1--Hydroxylase in den proximalen Nierentubuli. Effekt: steigende PTH-Spiegel

• Hypokalzämie (und damit Absinken des ionsierten Calciums) stimuliert PTH

• Hyperphosphatämie infolge Niereninsuffizienz stimuliert PTH-Inkretion (noch ungeklärt)

• Zunahme der Nebenschilddrüsenmasse und Neigung zu autonomem/tertiärem HPT

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Vitamine und Dialyse

• Dialysepatienten leiden an einem Mangel an wasserlöslichen Vitaminen (C- und B-Komplex)

Ursachen:• verminderte Zufuhr• kaliumarme Zubereitung• gestörte Resorption• verminderte Verwertbarkeit• Vitaminverluste über die Dialyse

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Ursachen der Fehlernährung beim Dialysepatienten I

• unzureichende Energiezufuhr• unzureichende Eiweißzufuhr• Aminosäuren- bzw. Eiweißverluste durch die Dialyse• unzureichende Zufuhr von Mineralien, Eisen, Spurenelementen

• Verlust von (wasserlöslichen) Vitaminen bei Dialyse• Katabolismus durch mangelnde Biokompatibilität• urämische Intoxikation (Unterdialyse)• metabolische Azidose• katabole Situation bei interkurrenten Erkrankungen• endokrine Störungen bei Urämie

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Ursachen der Fehlernährung beim Dialysepatienten II

• Verlust von Nahrungsstoffen ins Dialysat• beeinträchtigte Geschmacksempfindung durch Urämie• Kaubeschwerden• Schluckstörungen• eingeschränkte Mobilität (Einkauf und Zubereitung erschwert)

• sonstige chronische oder akute Begleiterkrankungen• Hospitalisierung• Medikamentenkonsum• Depression• Einsamkeit

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Folgen der Fehlernährung beim Dialysepatienten

• Einschränkung der allgemeinen Leistungsfähigkeit• verminderte Muskelkraft• Überwässerung und RR-Probleme bei hoher NaCl-Zufuhr• gestörte Infektabwehr (Eiweißmangel)• Verzögerung der Wundheilung• Begünstigung der renalen Anämie (Eiweißmangel)• Verstärkung der metabolischen Azidose• Begünstigung gastrointestinaler Komplikationen• Verstärkung der urämischen Osteopathie

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Diagnostik der Malnutrition

• Laborparameter: Serum-Albumin, Präalbumin, Transferrin, Cholesterin

• Anthropometrie: Körpergewicht- und Länge, body mass index, Hautfaltenmessung, Bioimpedanzmessung

• Überwachung der Eiweißaufnahme durch Bestimmung der Protein-Katabolie-Rate (PCR)

Harnstoffausscheidung über Niere bzw. Dialysat• Ernährungsprotokolle um die Nährstoffzufuhr zu bewerten

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Indices des Malnutrition bei HD-Patienten

• Serum-Albumin < 4,0 g/dl• Cholesterin-Konzentration < 150 mg/dl• Transferrin-Konzentration < 200 mg/dl• Körpergewicht < 80% des Idealgewichtes• deutliche Reduktion anthropometrischer Parameter (z.B. Hautfaltendicke)

• niedriges Kreatinin und niedriger Harnstoff bei Patienten ohne Nierenrestfuntkion

• IGF 1-Konzentration < 300 µg/l

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Ernährungstipps für (Prä-)Dialyse-Patienten I

• Wässern• Durch Wässern kann Kalium aus Lebensmitteln gezogen werden.• Werden Kartoffeln geschält, 24 Std. in Wasser gelegt und dann in

reichlich frischem Wasser gekocht, kann der Kaliumgehalt um mehr als die Hälfte verringert werden.

• Sahne-Wasser-Gemisch (Milch-Ersatz)• 1 EL Sahne (= 15 g) + 85 ml Wasser• Einsparung von Kalium und Phosphat• 100 ml Milch Sahne-Wasser-Gemisch

Phosphat 90 mg 10 mgKalium 155 mg 17 mg

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Ernährungstipps für (Prä-)Dialyse-Patienten II

• wenig frisches oder getrocknetes Obst und Gemüse• Konservenprodukte

• Einsparung von Kalium durch längeres Wässern und den vorausgegangenen Erhitzungsprozess

• Cave: die Flüssigkeit aus der Konserve ist sehr kaliumreich

• Tiefkühlprodukte• enthalten weniger Kalium als die vergleichbare frische Menge

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Ernährungstipps für (Prä-)Dialyse-Patienten III

• Austauschbeispiele bei erhöhtem Kalium• Tee statt Kaffee• Kompott statt Frischobst• Quarkspeise statt Joghurt• Reis oder Nudeln statt Kartoffeln• Kartoffeln wässern• Mineralwasser statt Fruchtsaft

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Ernährungstipps für (Prä-)Dialyse-Patienten VI

• Austauschbeispiele bei erhöhtem Phosphat• Wurst oder Frischkäse statt Hart- oder Schmelzkäse• Obst statt Joghurt oder Quark• Graubrot statt Vollkornbrot• nur eine Fleischportion pro Tag• phosphorarmes Gemüse wählen

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Eckdaten für die Ernährung des Dialysepatienten

• tägliche Flüssigkeitsaufnahme:

Restdiurese + 500 bis 800 ml• Energiezufuhr: ca. 35 kcal/kg KG/Tag• Eiweißzufuhr: ca. 0,8 – 1,2 g/kg KG/Tag• Natriumzufuhr: ca. 3,5 – 6 g Kochsalz• Kaliumzufuhr: ca. 1,5 – 2,3 g• Phosphatzufuhr: ca. 0,6 – 1,2 g• Calciumzufuhr: ca. 1,0 – 2,0 g

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Eckdaten für die Ernährung bei ANV

• Kohlenhydrate: 3 - 5 g/kg KG/Tag• Fettzufuhr: 1 - 2 g/kg KG/Tag• Aminosäuren: 0,6 – 0,8 g/kg KG/Tag,

bei schweren Verlaufsformen max. 1,5 g

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K/DOQI-Guidelines (2000)

• K/DOQI = Kidney Disease Outcomes Quality Initiative• 27 Richt- bzw. Leitlinien zur Ernährung bei chronischer Niereninsuffizienz der National Kidney Foundation

• wurden 2001 in die europäischen Ernährungsrichtlinien für Patienten mit Niereninsuffizienz übernommen (EDTNA-Ernährungsstandards)