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BERICHTE
Drittes Internationales Symposioniiber Sportsoziologie(Waterloo/Kanada,22.-28.August1971)
Das "International Committee for Sociology of Sport", das der InternationalenSoziologisdien Gesellschaft und demUNESCO-Weltrat fiir Sport und Leibeserziehung angehort, hat im letzten Jahrzehnt in bemerkenswerter Weise die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebietder Sportsoziologie angeregt, gefordert undorganisiert, Beginnend mit dem ersten internationalen Seminar iiber Kleingruppenforschung im Sport (Koln 1966) wurdeneine Reihe von Seminaren, Symposia undsog. workshops veranstaltet - und zwarteilweise im Alten Kontinent (MariazellWien, Magglingen, Varna), teilweise imNeuen Kontinent der nahezu unbegrenztenMoglidikeiten fiir Sportsoziologen (Urbana/Illinois). AuBer dem genannten Themaiiber Kleingruppenforschung wurden Themen wie "Methodologische Probleme derSoziologie des Sports", "Berufsarbeit undSportbeteiligung", "Vergleichende kultursoziologisdie Analyse von Sport und Spielen" behandelt. Einige der Arbeiten wurden in der vom Komitee herausgegebenenZeitschrift International Review of SportSociology (chief editor A. WOHL, Warschau)veroffenrlicht, Einige der Tagungsberichtewurden auch als Sonderveroffentlichungenin Form von Kongrellakren herausgegebeni.
Das 3. Internationale Symposion uberSportsoziologie nun fand ktirzlidi vom 22.bis 28. August 1971 in Waterloo, Kanada,statt und war dem Thema "Sport und Sozialisation" gewidmet. Es stand unter derLeirung des Dekans der Fakultat flir Physical Education and Recreation der Universitat Waterloo, Prof. Gerald S. KENYON,und war hervorragend organisiert,
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Wissenschaftlichgliederte sichdie Tagung ineine Sektion flir Methodologie und weitereSektionen nach inhaltlichen Gesiditspunkten wie Z. B. Familie, Sport und Sozialisation, Sozialisation in Sportrollen, Sportsozialisation und die Schule, Sport und Persiinlichkeit, Sport - Kultur - Gesellschaft,Aspekte der Sozialisation, PsychosozialeAspekte der Sozialisation durch Sport, Kulturelle und gesellschaftliche Aspekte der Sozialisation durch Sport, Sport und Staat,Spiel im Sport und Sport als Aspekt derFreizeit, Die thernatische Zuordnung dereinzelnen Beitrage zu den Sektionen lieBteilweise zu wlinschen iibrig, was sicherlichdarauf zuriickzufiihren ist, daB Planungund Verteilung der Referate auf die Arbeitskreise vor der endgiiltigen thematischenFestlegung durch die Referenten geschehenmufiten. So gerieten einige hochtheoretischeBeitrage wie etwa der ausgezeichnete Vortrag iiber "The Potential for DisfunctionalEffects of Sport upon Socialisation" (BEND)in dieselbe Sitzung wie die sehr spezielleBeispiele sammelnde Arbeit "Sport and Advertisement" (BOUET) - ein Beitrag, derzweifellos zur kultursoziologisdien Sektiongehoren mliBte, nicht zur Sitzung ilber diepsychosoziale Entwicklung der Sozialisationdurch Sport. Auch harte man sichgewiinscht,
1 LtlSCHEN, G. (Hrg.), Kleingruppenforsdrungund Gruppe im Sport, Sonderheft 10 der Kolner ZeitsdIrift fiir Soziologie und SozialpsydIologie, Koln-Opladen 1966; KENYON, G.S. (Hrg.), Aspects of Contemporary SportSociology, Chicago 1969; LtlSCHEN, G. (Hrg.),The Cross-Cultural Analysis of Sport andGames, 1970.Weitere neue Sammelwerke zur Soziologie desSports: DUNNiNG, E. (Hrg.), The Sociologyof Sport, London 1971; HUMPHRIES,!., (Hrg.),Sociology of Sport, New York 1971; MORGAN, W. P. (Hrg.), Contemporary Readingsin Sport Psychology, Springfie1dlIll. 1970;LoY, J. W., KENYON, G. S. (Hrg.), Sport,Culture and Society, London 1969; SAGE,G. H. (Hrg.), Sport in American Society,ReadingIMassadIusetts 1970.
daB die Arbeiten, die die neue Gesellsdiaftskritik am Sport zum Thema hatten, in einerbesonderen Sitzung gemeinsam behandeltund diskutiert worden waren, So erschienendie diesbeztiglichen Referate "Sport, Socialisation, and the School" (ScHAFER), "Causes and Effects of Spectator Sports"(SCHWARTZ) und "Achievement, Sport andNew Left Criticism" (LENK) in drei verschiedenen Sektionen, obwohl sie thematisch sehr eng zusammengehorten. Zwarkonnte der Veranstalter das kaum im voraus planen, jedoch fiihrre diese Einordnungdazu, daB die besonders aktuelle Diskussion, die in den USA mit dem Schlagwort"the Athletic Revolution" durdi Scorr,EDWARDS u, a. initiiert wurde und schnellan Publikumswirksamkeit gewann, in dieserAufteilung zu kurz karn. Eine Panel-Diskussion harte man sich eher zu dieser hochstaktuellen und insbesondere ftir die studentisdien Diskutanten und Teilnehmer brennend interessanten Thematik gewiinsdit alszu dem doch relativ abgedroschenen Thema"Sport und Staat", dessen Diskussion dennaudi keinerlei neue Gesidnspunkte bradite,
Der heutige Stand der Sportsoziologie spiegelte sich in der bunten Palette der Referatewider: eine Reihe von sehr spezifischen, imAnwendungs- und Gtiltigkeitsbereich sehrbesdirankten, sauberen Einzelanalysen bestimmte nahezu alle Sitzungen - von statistisdien Untersuchungen tiber Sportbeteiligung in Korrelation zur Geschwisterreihenfolge innerhalb der Familie (LANDERS)bis hin zu sozialpsychologischen Determinan ten des Angriffsverhaltens bei Hockeyspielern, der Personlidikeit von Spitzenathleten im Skilauf und von Basketballfunkrionaren. Der Struktur des amerikanischen Sports und dem Generalthema derKonferenz entsprediend wurden besondersPhanomene der Sozialisarion durch Sportbei Universitatssporrlern untersudit, jeweilsvariierend nach Sportart, Region und Geschlecht. Die Sozialisation durch Sport im
Berichte
Kindes- und Kleinkindalter wurde demgegenuber kaum beriihrt, es sei denn in denallgemeineren theoretisdien Ausfiihrungenund Diskussionen in der letzten und wohlbesten Sitzung tiber "Das Spiel im Sport".Nach einer originellen, aber niche ganz indiese Sektion passenden sprachphilosophisdien Analyse des Begriffs "Sport" durchSUITS wurden Versuche prasentiert, eineKlassifikation der Spiele einschlieBlich dersportlidien Spiele nach den Kriterien Geschicklichkeit, strategisches Verhalten undZufall vorzunehmen (BALL). "The Structure of Ludic Action" (INGHAM, Loy) hieBein Papier, das sich kritisch mit der Spieltheorie des international bekannten Kinderund Entwicklungspsychologen SUTTONSMITH (New York) auseinandersetzte, derselbst anwesend war und mit einem vorztiglichen Korreferat reagierte. Das alteTransferproblem wurde nur in dem Beitrag"Generalizing of Sport Technique to Nonsport Aspects of Life" (TEEVAN) behandelt,wenn man von einigen Beitragen zur sozialen Selbstkonstitution bei weiblichen Athleten (RECTOR, HARRIS) und im Spiel absieht.Auch diese Beitrage fan den sich in volligverschiedenen Sektionen. Konfrontationenin der Diskussion riefen zwei sehr scharfsinnige, aber polemisch pointierte Beitragetiber organisierten Baseball und "Mission ofAmerica" (VOIGT) und die Anklagen einesehemaligen professionellen Footballspielers(McMURTRY) gegen die Brutalitat und denvom Referenten sogenannten "verstecktenFaschismus" dieser amerikanischen Institution hervor.
Die Sektion tiber Sport als Aspekt des Freizeitverhaltens besdirankre sidi darauf, bereits vorliegende Untersuchungen zum Freizeitverhalten zu paraphrasieren und generelle Postulate und Ausblicke ftir die Zukunft zu verlangen, ohne eine detailliertetheoretische Begrtindung auszuarbeiten.Auch die Sektion tiber Methodologie spiegelte diesen Mangel an theoretisdien Ge-
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Berichte
samtkonzeptionen und an integrierenderSystematik wider: Einerseits wurde auf dieKooperation von Sportsoziologie undSporthistorie verwiesen (McINTOSH), andererseits ein einziger soziologischer Begriff(ephemeral role) auf seine Verwendbarkeitfur die Sportsoziologie befragt (STEELE),und schlieBlich wurden einige theoretischeund methodologische Arbeitshypothesen relativ unverbunden nebeneinandergestellt,ohne daf zwischen objekt- und metasprachlichen Aussagen bzw. Regeln unterschiedenwurde.
Sowohl im Methodologisdien wie im Inhaltlidien fehlte der groBe theoretisdieDurchbrudi, der Versudi zur theoretischenSynthese, zum Aufbau einer Theorie, zurVerallgemeinerung. Schon das Eroffnungsreferat iiber "Socialisation - Theory andResearch: State of the Art" (WHEELER)madite dies fur das allgemeine Thema weitiiber den Sport hinaus deutlich. Verstarktscheint dies fur sozialisationstheoretischeAnsatze in der Sporttheorie zu gelten. Weder liegen hinreichende, umfassende empirisdie Untersuchungen vor, urn nur das traditionelle Transferproblem wirklich zulosen (und das heiBt audi in seinen Aspekten des padagogisdi "gezundeten" Transfers), nodi ist die Theorie bisher weit genugentwickelt, urn die wiinsdienswerte Integration der zu erhebenden empirischen Datenleisten zu konnen, Einerseits begrenzte korrelationsstatistisdie Datenmengen, andererseits allgemeine Hypothesen, die nach Prazision und Iogisdier Verbundenheit keineswegs wissenschaftsrheoretischen Standardkriterien der Gesetzesartigkeit oder auchnur Quasigesetzesartigkeit entspredien diese relativ weite Kluft zwischen Theorieund Empirie scheint den Stand der Sozialisationsforschung im Sport zu besdireiben.Der Mangel an Vergleichen mit anderensozialisationstheoretisdien Ansatzen (vonwenigen Ausnahmen der Familiensoziologie
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abgesehen) (LtisCHEN) verstarkt diese theoretische Unsidierheit nodi,
Begrenzte empirische Datenerhebungeneinerseits, Mangel an theoretisdier Gesamtkonzeption und umfassender Systematik andererseits - dies scheint nicht nur dasGeneralthema dieses Kongresses zu kennzeidmen, sondern audi den derzeitigenStand der sportsoziologisdien Forsdiungallgemein. Man wird auf den groBen theoretisdien Durchbrudi nodi warren miissenund sich vorerst mit der geradezu spridiwortlich gewordenen freundlichen undfreundschaftlichen, fast familiar anmutenden Atmosphare unter den Sportsoziologenbegniigen, was menschlich und angesichtsdes Werts internationaler personlidier Kontakte die Teilnehmer fast vollauf mit demvorerst noch fehlenden Fortschritt in derTheorie versohnte, H. LENK
Sporthistorisches Symposion derConseil International d'EducationPhysique et du Sport in Madrid
Yom 30. Juni bis 3. Juli 1971 wurde amInstitute Nacional de Educacion Fisica yDeportes in Madrid ein sporthistorischesSymposion iiber das Thema "Die Enrwicklung der Olympisdien Idee seit Baron vonCoubertin" abgehalten. Veranstalter wardas sportgesdiichtlidie Komitee der CIEPS.Die Teilnehmer des Kongresses kamen aus18 versdiiedenen Landern. ZahlenmaBigstark vertreten war das gastgebende LandSpanien; mehrere Vertreter hatten Portugal, die USA, die Deutsche DemokratisdieRepublik und die Bundesrepuhlik entsandt.Auffallend hoch war auch die Beteiligungsozialistischer Staaten (Bulgarien, Polen,CSSR und Jugoslawien); auBerdem warenVertreter aus Lateinamerika und Japan anwesend. Dies zeigt das internationale Interesse an der Behandlung von Fragen desOlympismus.