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Duale Berufsausbildung in Lateinamerika Regionale Modelle, Transfererfahrungen und Lehren für die Weiterentwicklung Johanna Kupffer AHK Bolivien/Universität Konstanz Mit fachlicher Beratung durch: Annegret Altpeter, Integrierte Fachkraft CIM/GIZ in der AHK Bolivien Prof. Dr. Thomas Deißinger, Universität Konstanz Mai 2015

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Duale Berufsausbildung

in Lateinamerika Regionale Modelle, Transfererfahrungen und

Lehren für die Weiterentwicklung

Johanna Kupffer

AHK Bolivien/Universität Konstanz

Mit fachlicher Beratung durch:

Annegret Altpeter, Integrierte Fachkraft CIM/GIZ in der AHK Bolivien

Prof. Dr. Thomas Deißinger, Universität Konstanz

Mai 2015

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II

Dank

Ich möchte mich an dieser Stelle bei all denjenigen bedanken, die mich

während der Anfertigung dieser Arbeit unterstützt und motiviert haben.

Ohne die Bereitwilligkeit vieler wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen!

An erster Stelle danke ich Annegret Altpeter (Integrierte Fachkraft

CIM/GIZ in der AHK Bolivien) für ihr Interesse an meinem Forschungsvor-

haben, ihrem engagierten Einsatz, durch den sie mir Kontakte, Arbeits-

gruppen und Dokumente zugänglich machte, sowie ihre konstruktive Art,

mich zu betreuen.

Für die Teilnahme an den Experteninterviews danke ich Peter Linder

(Botschafter in Bolivien), Giselle Arciniega (AHK Peru), Yanina Falugue

(AHK Argentinien), Nina Suzanne Hall (AHK Chile), Paola Martinet (AHK

Bolivien), Wolfgang Päleke (Integrierte Fachkraft CIM/GIZ in der AHK Me-

xiko), Ingrid Portenkirchner (Integrierte Fachkraft CIM/GIZ in der AHK

Ecuador), Udo Schneider (ALTRATEK Mexiko). Herrn Prof. Dr. Deißinger

(Universität Konstanz) danke ich für sein Interesse an der Thematik und

die wissenschaftliche Betreuung.

Des Weiteren danke ich Jürgen Winkel (Schulleiter BBZ, La Paz), Agaton

Nachtigall (Schulleiter BBZ, Buenos Aires), Bernhard Germer (Schulleiter

ITSA, Quito), Laura Doffing (INSALCO, Chile), Oliver Schramm (Leiter des

Referats Deutsche Auslandsschulen), Katharina Hausmann (DIHK Bildungs-

GmbH), Steffen Bayer (Leiter des Referats Berufsbildung im Ausland, Bil-

dungsexport Bereich Weiterbildung DIHK), Yorck Sievers (Leiter Referat

AHK-Projekte Berufsbildung DIHK) und Evamaria Lutz (DIHK), die diese

Arbeit durch ihr Wissen oder die Bereitstellung spezieller Dokumente be-

reicherten.

Karlsruhe, im Mai 2015 Johanna Kupffer

Kontaktinformation: Johanna Kupffer; [email protected]

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III

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis ................................................................ IV

Tabellenverzeichnis ................................................................... IV

Abkürzungsverzeichnis ............................................................... V

Kurzzusammenfassung ................................................................ VI

1 Einleitung .......................................................................... - 1 -

2 Policy Transfer in der Berufsausbildung in Lateinamerika ............... - 3 -

2.1 Wirkungsgeschichte deutscher Entwicklungszusammenarbeit in der

beruflichen Bildung ........................................................ - 3 -

2.2 Eine Synthese aktueller Forschungsbefunde vor der Fragestellung des

Transfers ..................................................................... - 9 -

3 Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika aus Perspektive

der Auslandshandelskammern: Bisherige Modelle, Erfahrungen und Ideen

zur Weiterentwicklung........................................................ - 18 -

3.1 Rolle der Auslandshandelskammern in der Berufsausbildung ....... - 18 -

3.2 Rahmenbedingungen und Strukturmerkmale des Angebots .......... - 21 -

3.3 Das duale System und seine Arbeitsmarktnähe: Herausforderungen und

Potenziale .................................................................. - 45 -

3.4 Rolle der Auslandshandelskammer als zertifizierende Institution .. - 59 -

3.5 Die Zielvorstellung einer Implementierung dualer Ausbildungsberufe:

Vorgehensweise, Zusammenfassung und Diskussion theoretischer und

empirischer Befunde ...................................................... - 66 -

4 Schlussbetrachtung ............................................................. - 76 -

4.1 Reichweite der Arbeit ..................................................... - 76 -

4.2 Grenzen der Arbeit und Forschungsausblick ........................... - 77 -

Literaturverzeichnis .............................................................. - 79 -

Anhang .............................................................................. - 93 -

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IV

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Strukturmerkmale und Rahmenbedingungen des dualen Systems .............. - 11 -

Abbildung 2:Zentrale Akteure und ihre Kooperation im dualen Ausbildungsmodell des

Bundesstaates Mexikos .................................................................. - 41 -

Abbildung 3: Zugänglichkeit, Breitenwirkung und Durchlässigkeit, deren Zusammenhang und

Wirkung.................................................................................... - 45 -

Abbildung 4: Matrix der landesspezifischen und aktuellen Tendenzen mit den vier

Handlungsstrategien ..................................................................... - 55 -

Abbildung 5: Relevante Faktoren und deren Zusammenhang bei der Implementierung dualer

Ausbildungsgänge ........................................................................ - 71 -

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Kernaussagen der acht Thesen Arnolds - 5 -

Tabelle 2: Ausbildungssysteme im internationalen Vergleich - 15 -

Tabelle 3: Anteil von Erwerbstätigen im informellen Sektor - 23 -

Tabelle 4: Jugendarbeitslosigkeitsquoten im Ländervergleich - 24 -

Tabelle 5: Übersicht des Angebots an kaufmännischen und technischen dualen

Ausbildungsberufen - 26 -

Tabelle 6: Häufigkeitsanalyse: Vorteile der dualen Ausbildung - 31 -

Tabelle 7: Häufigkeitsanalyse: Image des dualen Systems - 33 -

Tabelle 8: Zuständigkeiten des Bildungs- und Produktionsministeriums - 40 -

Tabelle 9: Zuständigkeiten und Pflichten der Akteure des dualen Ausbildungsmodells des

Bundesstaates Mexikos - 44 -

Tabelle 10: Merkmale des mexikanischen dualen Ausbildungsmodells - 49 -

Tabelle 11: Häufigkeitsanalyse: Herausforderungen - 53 -

Tabelle 12: Konkretisierung von Praxisbezug, Kooperation, Arbeitsmarktnähe im

Länderüberblick - 57 -

Tabelle 13: International gültige Zertifizierung (DIHK Kategorie A) - 62 -

Tabelle 14: Überblick über das Angebot an Ausbilderkursen - 65 -

Tabelle 15: Häufigkeitsanalyse: Zentrale Komponenten der Vorgehensweise bei der

Implementierung - 66 -

Tabelle 16: Kriterienorientierte Zusammenfassung der wissenschaftlichen Beiträge - 69 -

Tabelle 17: Übersicht der Interviewpartner - 100 -

Tabelle 18: Das induktiv-deduktiv hergeleitete Kategoriensystem - 102 -

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V

Abkürzungsverzeichnis

AdA Ausbildung der Ausbilder

BBiG Berufsbildungsgesetz

BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung

BMZ Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

CAMCHAL Cámara Chileno-Alemana de Comercio e Industria

CAMEXA Cámara Mexicano-Alemana de Comercio e Industria

CEDLA Centro de Estudios para el Desarrollo Laboral y Agrario

CES Consejo de Educación Superior

CIM Centrum für internationale Migration und Entwicklung

COMECYT Consejo Mexiquense de Ciencía y Tecnología

CONALEP Colegio Nacional de Educación Profesional Técnica

DAC Development Assistance Committee

DHLA Duale Hochschule Latinoamérica

DIHK Deutscher Industrie- und Handelskammertag

et al. et alii, et aliae, et alia

f. folgend, folgende

ff. fortfolgend, fortfolgende

GIZ Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit

GTZ Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit

IHK Industrie- und Handelskammer

ITTSP Institutos Superiores Técnicos y Tecnológicos Públicos

MCCTH Ministerio de Coordinación del Conocimiento y Talento Humano

MDG Millennium Development Goals

MED Modelo Mexicano Educación Dual

MMFD Modelo Mexicano Formación Dual

n. a. nicht angegeben

o.S. ohne Seitenangabe

OECD Organization for Economic Cooperation and Development

PPP Public-Private-Partnership

SAED Sistema Administrativa Educación Dual

SENESCYT Secretaría Nacional de Educación Superior, Ciencia, Tecnología

SEP Secretaría de Educación Pública

u.a. unter anderem

WiRAM Wirtschaftsreform und Aufbau der Marktwirtschaft

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VI

Kurzzusammenfassung

Das duale Berufsausbildungssystem, das über die deutschen Landesgrenzen hinweg als Maß-

nahme zur Fachkräftequalifizierung und Verbesserung der sozialen und ökonomischen Situati-

on einen guten Ruf hat, erfährt aktuell eine große Nachfrage aus zahlreichen europäischen,

aber auch außereuropäischen Ländern. Die deutschen Auslandshandelskammern (AHKs) sind

teilweise seit vielen Jahren an der Konzeptionierung und Umsetzung dualer Ausbildungsinitia-

tiven im Ausland beteiligt, im Falle lateinamerikanischen Schwellenländer v.a. deswegen,

weil das dynamische Wirtschaftswachstum dort dazu geführt hat, dass die Anpassung und Wei-

terentwicklung des dualen Systems eingefordert wird. In Mexiko, Peru und Argentinien wur-

den im vergangenen halben Jahr Gesetzesentwürfe, die die Umsetzung des dualen Systems

absichern, verabschiedet. In Ecuador hat Präsident Rafael Correa selbst die flächendeckende

Einführung der dualen Berufsausbildung in die Wege geleitet und wird dabei von der deut-

schen Bundesregierung unterstützt. Das vermehrte Interesse macht aber auch eine länderspe-

zifische Anpassung des dualen Systems notwendig. Grundlage dieser Studie ist es, die latein-

amerikanischen Best-Practice-Erfahrungen darzustellen, um eine kontinuierliche Weiterent-

wicklung und eine kontextspezifische Anpassung des dualen Ausbildungssystems zu gewähr-

leisten. Diese Studie soll dem bisherigen Mangel an Publikationen, die Erfahrungen zentraler

Akteure in Lateinamerika und deren Modelle erläutern, begegnen.

Das untersuchungsleitende Modell macht vor der Fragestellung des Transfers in Form einer

Synthese aktueller Forschungsbefunde auf zentrale Strukturmerkmale und Rahmenbedingun-

gen aufmerksam. Dieses Modell bildet die Grundlage für die Konzipierung des Interviewleitfa-

dens. Mithilfe mündlicher Interviews werden je Land die für den Bereich der beruflichen Bil-

dung zuständigen Mitarbeiter der AHK sowie ein deutscher Fachexperte, der seit über 20 Jah-

ren die Modifizierung des dualen Systems in Mexiko begleitet und der deutsche Botschafter

Boliviens zu ihren Erfahrungen und Bewertungen im Hinblick auf Nutzen, Erfolge und Heraus-

forderungen des dualen Systems befragt.

Die Studie zeigt auf, wie die konstitutiven Merkmale des dualen Systems‚ nämlich Praxisbe-

zug, Arbeitsmarktnähe, Kooperation, Zugänglichkeit, Durchlässigkeit, Breitenwirkung, Interes-

se der Regierung, gesetzliche Rahmenbedingungen, gesellschaftliches Ansehen der Be-

rufs(aus)bildung in den untersuchten Ländern aufgegriffen und umgesetzt werden. Dies wird

in Verbindung damit gebracht, welche Vorteile die duale Ausbildung birgt, welche aktuellen

Tendenzen auszumachen sind und welche Herausforderungen den Akteuren begegnen und

welche Lösungsansätze folglich die AHKs entwerfen.

Die Ergebnisse zeigen, dass aktuell u.a. durch den Fachkräftemangel vor allem technische

duale Ausbildungsberufe gefragt sind. Bolivien ist das einzige Land, was derzeit noch keine

technische duale Ausbildung anbietet, was sich jedoch ändern soll. Zwischen Chile und

Deutschland besteht bereits eine Berufsbildungskooperation zwischen dem Bundesinstitut für

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VII

Berufsbildung (BIBB) und dem chilenischen Bildungsministerium. Die spezifische chilenische

Marktstruktur zeigt, dass duale Berufsausbildung einen wichtigen Stand hat, aber zugleich

unterschiedlichste Akteure und Anbieter aktiv involviert sind und es zahlreiche verschiedene

Modelle gibt.

Das mexikanische „tropentaugliche“ duale System mit seiner Unterscheidung nach Modell A

und Modell B zeigt eine Möglichkeit auf, wie bei der Anpassung an landesspezifische Beson-

derheiten vorgegangen und zugleich differenziert wird, um auf die unterschiedlichen Bedürf-

nisse der mexikanischen und deutschen Unternehmen einzugehen. Außerdem zeigt die mexi-

kanische Umsetzung zugleich auf, dass das System vom Engagement verschiedener Akteure

wie SEP, COMECYT, ALTRATEK und der CAMEXA lebt.

Ecuador ist ein Beispiel, das verdeutlicht, wie wichtig es ist, dass die lokale Regierung von

dem System überzeugt ist und in diesen Prozess Manpower und Finanzkraft investiert.

Die jüngst eingereichten Gesetzesentwürfe in Argentinien und Peru machen darauf aufmerk-

sam, dass von Politik und Gesellschaft Interesse an einem Paradigmenwechsel besteht und

nach einer Alternative zum vorherrschenden selektiven universitären Bildungssystem gesucht

wird. Außerdem wird deutlich, wie wichtig es ist, dass Zuständigkeiten, Verwaltung und Prü-

fungsprozedere transparent und einheitlich geklärt werden.

Nicht kopieren, sondern antizipierend modifizieren, lautet eine Schlussfolgerung. Regelmäßi-

ger Austausch, eine reflektierte Modifizierung und die Denkweise vom Markt her sind wichtig

für eine sinnvolle Umsetzung der dualen Ausbildung. Die AHKs können eine tragende Rolle

einnehmen, da sie deutsches Fachwissen und zugleich landesspezifisches Knowhow vereinen

und zudem als zertifizierende Stelle aufgrund ihrer Reputation in vielen Fällen eine angese-

hene Institution sind. Um aber das duale System zu einem nachhaltigen System im Ausland zu

entwickeln, ist ein regelmäßiger, konstruktiv-offener Wissenstransfer zwischen den Akteuren,

v.a. zwischen den AHKs wichtig. Nicht vergessen werden darf, bestehende Kooperationen,

beispielsweise mit den deutschen Auslandsschulen, weiterhin zu fördern und vom Erfahrungs-

schatz zu profitieren. Es gilt nicht einen Ersatz zu schaffen, sondern das Angebot zu ergänzen

und zu erweitern und bestehende Erfahrungen und Kontakte auszubauen, um auf diese Weise

nationale Bildungspartner, Unternehmen und Interessensgruppen zu involvieren und eine

spanischsprachige Ausbildung, die auf den lokalen Bedarf antwortet, umzusetzen. Das deut-

sche duale System ist lediglich ein Leitbild, das als Grundlage dienen kann und maßgeschnei-

dert angepasst werden muss. Auftrag ist es, den Blick gezielt auf die lateinamerikanischen

Erfahrungen zu richten, um zu reflektieren, welche Strukturmerkmale wie landesspezifisch

angepasst werden können, und unterschiedliche Akteure einzubeziehen um auf diese Weise

ein kooperatives, nachhaltiges, duales Ausbildungssystem zu erhalten.

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Einleitung

- 1 -

1 Einleitung

Das deutsche duale System erfreut sich auch international großer Bekanntheit und hoher

Wertschätzung, unter anderem deshalb, weil theoretisches, in der Schule erlangtes Wissen

in der Praxis erprobt und vertieft werden kann.1 „So those German kids, they're ready for a

job when they graduate high school.”2 Dieser Ausspruch Obamas macht auf eine derzeitige

Entwicklung aufmerksam, dass das deutsche System in aktuellen Bildungsdiskussionen auch

international präsent, als Benchmark genannt und als Reforminstrument3 eingesetzt wird.4

Euler betont im Hinblick darauf:

„Eine spektakuläre Note bekam die Diskussion dann schließlich durch den amerikanischen Präsiden-

ten, der im Februar in seiner „Rede zur Lage der Nation“ die duale Ausbildung in Deutschland posi-

tiv hervorhob und zum Vorbild für die Entwicklungen im eigenen Land erklärte.“5

Spanien beispielsweise will das duale System implementieren, um die Wirtschaft zu stärken

und der Jugendarbeitslosigkeit entgegenzutreten.6 Die Nachfrage danach, das duale System

in andere Länder einzuführen und somit einen „Berufsbildungsexport“7 oder partizipativer

formuliert eine „Berufsbildungskooperation“8 zu initiieren, ist in den vergangen Jahren

deutlich gewachsen und politisch gefördert.9 Die Bundesregierung verabschiedete im Jahr

2013 ein Strategiepapier, das die verschiedenen deutschen Akteure durch eine einheitli-

che, festgelegte Vorgehensweise in ihrer Arbeit unterstützen und deren Einsatz im Bereich

der beruflichen Bildung im Ausland sichern soll.10 Daraufhin wurde im Bundesinstitut für

Berufsbildung (BIBB) „eine Zentralstelle für internationale Berufsbildungszusammenarbeit“

eingerichtet.11 Die Auslandshandelskammer (AHK) ist einer dieser zentralen Akteure und

aktiv bei der Planung, Einführung und Weiterentwicklung des dualen Systems.12 Der Ansatz,

das duale Ausbildungssystem auch jenseits der deutschen Landesgrenzen hinweg einzufüh-

ren, um auf diese Weise wirtschaftlich schwächere Länder, so evtl. auch Entwicklungslän-

1 Vgl. Busemeyer, 2012, S. 4 2 Obama, 2013, o.S. 3 Allgemein betrachtet handelt es sich allerdings um eine sehr ambivalente Diskussion, da es auch

kritische Stimmen gibt, die darauf aufmerksam machen, dass das deutsche duale System refor-miert werden müsse. Dies ist nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Doch soll an dieser Stelle weiterführend beispielsweise auf die Publikation „Neue Wege für die duale Berufsausbildung – ein Blick auf Österreich, die Schweiz und Dänemark“ von Christian Ebner, 2009 verwiesen werden.

4 Vgl. BMBF, 2013, S. 6 5 Vgl. Euler, 2013b, S.322 6 Vgl. Busemeyer, 2012, S. 4 7 Lübke, 2013, o.S. 8 BMBF, 2015, o.S. 9 Vgl. BMBF, 2015, o.S.; Lübke, 2013, o.S. 10 Vgl. BMBF, 2015, o.S. 11 Vgl. ebenda, o.S. 12 Vgl. Bundesregierung, 2013, S. 7

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Einleitung

- 2 -

der, zu stärken, ist bereits seit den 50er Jahren eine verbreitete, wenn auch teilweise eine

ambivalente, politische Strategie.13

„Komplexe (Berufs-)Bildungssysteme lassen sich nicht eins zu eins übertragen. Insofern dient auch

das deutsche duale System nicht als Blaupause, kann aber als Grundlage und Vorbild für einen

Transferprozess aufgenommen werden.“14

Euler zeigt etwas auf, worauf gerade aktuelle Forschungsbefunde aufmerksam machen,

nämlich dass der Transfer des dualen Systems ein komplexes Unterfangen ist, das eine An-

passung an den Kontext fordert. 15 Weil der Transfer und die berufliche Bildung im Allge-

meinen von soziologischen, kulturellen, historischen, wirtschaftlichen und politischen Fak-

toren beeinflusst werden.16

Ein Ziel der Arbeit ist es, das duale Ausbildungsangebot in Lateinamerika, bei dem die

AHKs involviert sind, darzustellen. Dies umfasst die Beschreibung bestehender Modelle und

Erfahrungen. Landesspezifische Besonderheiten sollen herausgearbeitet und die Möglich-

keit geboten werden, lateinamerikanische Best-Practice-Erfahrungen kennenzulernen und

länderübergreifende lateinamerikanische Gemeinsamkeiten hervorzuheben. Einen Über-

blick über das duale Angebot zu bieten, ist Voraussetzung, um sich überhaupt der überge-

ordneten Zielsetzung der Studie zu nähern. Es wird zu klären sein, wie bei der Implemen-

tierung dualer Ausbildungsgänge vorgegangen wird und welche Folgerungen sich daraus

ergeben. Eine Implementierung von Ausbildungsberufen beeinflusst immer direkt und indi-

rekt eine Vielzahl anderer Faktoren. Auch wird zugleich, beispielsweise die Sicht auf die

Berufe und die Annahme des Angebots, durch Rahmenbedingungen beeinflusst. Die ver-

schiedenen Faktoren, die unterschiedlichen Rahmenbedingungen und die komplexen Wir-

kungsmechanismen verdeutlichen die Wichtigkeit einer umfassenden Analyse ausgewählter

Themenaspekte. Untersuchungsleitend sind die folgenden Fragestellungen:

1. Vor welchen Herausforderungen stehen die Auslandshandelskammern?

2. Was kennzeichnet das bisherige Ausbildungsangebot und die Erfahrungen mit dem

dualen System?

3. Welche länderübergreifenden Merkmale und landesspezifischen Unterschiede sind

auszumachen?

4. Auf was ist bei der Implementierung dualer Ausbildungsgänge in Lateinamerika zu

achten?

13 Vgl. Greinert, 2001, S. 45 f.; Wolf, 2011, S. 1-5; Georg, 2006, S. 509-511; Barabasch/Wolf, 2011, S. 284 f.

14 Euler, 2013b, S. 329 15 Vgl. Bayer, 2013, S. 38; Euler, 2013a, S. 4 ff.; Bliem/Petanovitsch/Schmid, 2014, S. 3 & 10 16 Vgl. Deißinger, 1998, S. 265

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Policy Transfer in der Berufsausbildung in Lateinamerika

- 3 -

2 Policy Transfer in der Berufsausbildung in Lateinamerika

2.1 Wirkungsgeschichte deutscher Entwicklungszusammenarbeit in der berufli-

chen Bildung

2.1.1 Entwicklung bis in die 90er Jahre

Bildungsreisen in andere Länder zu unternehmen, um auf diese Weise zu beobachten, was

das Land voran treibt und von diesem zu lernen, hat Tradition, so sind an dieser Stelle bei-

spielhaft die Reisen des Alexander von Humboldt oder gar Georg Forster zu nennen.17 Im

Zuge der Industrialisierung wurden Beobachtungsreisen aus wettbewerblichen Aspekten

und dem Begehren von wirtschaftlich stärkeren Vorbildern zu lernen üblich und somit kei-

neswegs mehr ausschließlich höfischen Kreisen oder dem Adel vorbehalten. 18 Das Bildungs-

system Deutschlands erregte schon früh die Aufmerksamkeit der Nachbarländer, beispiels-

weise veröffentlichte der Franzose Victor Cousin 1834 nach seiner Deutschlandreise einen

Bericht über das deutsche Bildungssystem, der sogar ins Englische übersetzt wurde und

auch die Reformen der Weimarer Republik sorgten international für Aufsehen.19 Auch die

gewerblichen Schulen Frankreichs wurden von den europäischen Nachbarn interessiert be-

obachtet. 20 Verstärkt zog Deutschland die Aufmerksamkeit auf sich, als es sich gegen Ende

des 19. Jahrhunderts zum ‚Wirtschaftswunder‘ entwickelte und dies auf das duale System

der beruflichen Bildung, das qualifiziertes Fachpersonal ermöglichte, zurückgeführt wur-

de.21

Mitte der 50er Jahre begann die deutsche Berufsbildungshilfe in Entwicklungsländern.22

Auftakt war das „Modell einer Facharbeiterschule für Entwicklungsländer“23, in der im

Rahmen einer vollzeitschulischen Ausbildung Fachkräfte generiert werden sollten.24 Arnold

stellt heraus, dass diese Ausbildung nicht zum erhofften Erfolg führte, da sie nicht die

zeitgemäßen Anforderungen einer praxisorientierten Ausbildung, die in ihrer Konzeption

unter anderem die Bedürfnisse der Unternehmen aufgreift, erfüllte.25 Georg und Greinert

machen auf die Perspektive der „Helfer“ aufmerksam und stellen auf diese Weise die nor-

mative Wertung im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit dar und betonen, dass es

sich um eine eurozentrische Perspektive und Denkhaltung handelt, da sich Industrienatio-

17 Vgl. Wolf, 2011, S. 1 f. 18 Vgl. ebenda, S. 1 f. 19 Vgl. Philips/Ochs, 2004, S. 77 20 Vgl. Wolf, 2011, S. 1 f. 21 Vgl. Barabasch/Wolf, 2010, S. 23 22 Vgl. Greinert, 2001, S. 46 23 Ebenda, S. 46 24 Vgl. Greinert, 2001, S. 46 25 Vgl. Arnold, 1986, S. 159

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Policy Transfer in der Berufsausbildung in Lateinamerika

- 4 -

nen automatisch und selbstverständlich als Vorbild und Modell begreifen und dem Entwick-

lungsland die Rolle des Lernenden voller Selbstverständlichkeit zudenken, das nur, wenn es

Strukturen und Vorgehensweisen bereit ist anzunehmen, die Industrialisierung nachholt

und sich auf diese Weise „entwickeln“ kann.26 So betont auch Stockmann, „Entwicklung

wurde mit Wirtschaftswachstum gleichgesetzt.“27

Grundsätzlich war die Idee der Errichtung von Facharbeiterschulen, dass Strukturen, die in

Deutschland zum „Wirtschaftswunder“ maßgeblich beigetragen haben, ebenso zur Förde-

rung von Potenzialen von Entwicklungsländern und zu deren Wirtschaftswachstum beitra-

gen sollten.28 Das Modell wies jedoch mehr Schwächen als Stärken auf und es wurde deut-

lich, dass berufsbildende Projekte nur nachhaltig wirksam und effizient zu initiieren seien,

wenn die Kooperation verstärkt mit Trägern und Akteuren der verfassten Wirtschaft, den

Unternehmen, der Praxis fokussiert werde.29 Waren es zu Beginn die nationalen Erzie-

hungsministerien gewesen, wurde in den Folgejahren die Zusammenarbeit mit den Arbeits-

Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerien ausgebaut.30

2.1.2 Optimierungsbedarf bei der Umsetzung in Lateinamerika

Strukturell hervorheben lässt sich als Ergebnis der ersten dreißig Jahre Entwicklungszu-

sammenarbeit, dass in den meisten Ländern der Staat als einziger Akteur Berufsbildungs-

programme anbot und zum anderen versucht wurde, ausgelöst durch die Bildungsexpansion

der 60er Jahre und der Trend der „vocationalization“ zu Beginn der 70er Jahre die Sekun-

darstufe II mit berufsbezogenen Fächern zu ergänzen, um auf diese Weise soziale Un-

gleichheit und Jugendarbeitslosigkeit zu verringern.31 Diese Ziele wurden jedoch nicht er-

reicht und die staatszentrierte Berufsbildungspolitik wurde kritisiert und in Folge galt be-

rufliche Bildung nach wie vor als zweitklassig, Absolventen fanden keine Anstellung, die

Kosten der Berufsbildungszentren waren immens hoch und auch die Chancen für sozial be-

nachteiligte Jugendliche hatten sich nicht verbessert.32

Um Situation, Problemlagen und Bedarf an beruflicher Bildung in den 90er Jahren speziell

in Lateinamerika verstehen zu können, sind Rolf Arnolds acht Thesen anzuführen, die er

anlässlich der Internationalen Tagungen der Deutschen Stiftung für Internationale Entwick-

lung/ Zentralstelle für gewerbliche Berufsförderung zum Ziel der Implementierung leis-

tungsfähiger Berufsbildungssysteme in Lateinamerika im Rahmen der Entwicklungszusam-

menarbeit vortrug. In seinen Thesen, die in der folgenden Tabelle zusammengefasst sind,

26 Vgl. Georg, 2006, S. 509 f.; Greinert, 2001, S. 46 27 Stockmann, 2004, S. 45 28 Vgl. Stockmann, 2013, S. 114 29 Vgl. Greinert, 2001, S. 46 30 Vgl. Georg, 2006, S. 514 31 Vgl. ebenda, S. 514 f. 32 Vgl. ebenda, S. 515

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Policy Transfer in der Berufsausbildung in Lateinamerika

- 5 -

kommen Kritik am bestehenden System sowie Lösungsvorschläge zum Ausdruck. Er thema-

tisiert und diskutiert, wie seiner Meinung nach ein leistungsfähiges Berufsbildungssystem in

Lateinamerika künftig ausgestaltet sein muss, um wirksam zu sein und die originären Ziele

beruflicher Bildung entfalten zu können.33

Grundsatz Inhalt

Ganzheitlichkeit Eine ganzheitliche Berufsausbildung kann nicht durch eine the-oretische Vollzeitschule gewährleistet werden, sondern muss praxisnah und in die regionale Wirtschaft integriert sein.

Praxisnähe Berufsbildung ausschließlich theoretisch abstrakt zu vermitteln oder gar in das formale Bildungswesen zu integrieren, erweist sich als teuer, ineffizient und macht auf Probleme des unzurei-chenden Lerntransfers aufmerksam.

Orientierung der Ausbil-dung am Bedarf der Wirtschaft

Durch eine intensive Zusammenarbeit zwischen betrieblicher und schulischer Ausbildung wird der Theorie-Praxis-Schere ent-gegen gewirkt und Stellenwert und Einflussnahme der Praxis steigen.

Chancengleichheit Fach- und Branchenwissen kann zugleich durch betriebliche Ausbildung vermittelt und unabhängig von der Herkunft jedem möglich sein. Aufgrund dessen, dass das System die Bedürfnisse der Wirtschaft aufnimmt, verarbeitet und bedarfsorientiert ausbildet, können mehr Jugendliche eine Ausbildung absolvie-ren.

landesweite Finanzie-rung

Auch soll berufliche Bildung nicht nur in den Ballungszentren, sondern auch in ländlichen Regionen möglich und finanziert sein.

Involvierung der Betrie-be unabhängig von der Betriebsgröße

Betriebe sind wichtige Partner, deren Eignung nicht von der Betriebsgröße abhängt. Immer dann jedoch, wenn zu strikte Vorgaben und Standards formuliert werden, hemmt dies die Bereitschaft, insbesondere von kleinen Unternehmen.

Aufwertung der berufli-chen Bildung durch ziel-gruppenadäquate An-sprache

Berufsausbildung soll kein Auffangbecken für Jugendliche dar-stellen, die lieber an die Universität gegangen wären, sondern zielgruppengerecht jene ansprechen, die in den Leistungsers-tellungsprozess handwerklich involviert sein möchten. Auf die-se Weise wäre auch eine Aufwertung der beruflichen Bildung gewährleistet.

pädagogisches und fach-liches Wissen des Be-rufsbildungspersonals

Ausbildungspersonal in Betrieb und Schule muss fachlich, di-daktisch und methodisch kompetent sein

Tabelle 1: Kernaussagen der acht Thesen Arnolds34

Probleme, mit denen sich die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ)35 in den

90er Jahren konfrontiert sah und die das Vorhaben, die duale berufliche Bildung zu imple-

mentieren erschwerten, waren gesetzliche Regelungen, wie beispielsweise Militärdienstre-

gelungen, Mindestlöhne, mangelnde Jugendarbeitsschutz- oder Ausbildungsgesetze, spärli-

33 Vgl. Arnold, 1986, S. 155 ff. 34 Eigene Darstellung in Anlehnung an Arnold, 1986, S. 157-175 35 Seit 2011 Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)

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Policy Transfer in der Berufsausbildung in Lateinamerika

- 6 -

che Motivation auf Unternehmensseite Ausbildungsplätze anzubieten, wenige Ausbildungs-

plätze in ländlichen Regionen sowie hohe Abbruchsquoten bei den Auszubildenden.36

Spät, nämlich erst ab dem ‚Sektorkonzept von 1992‘, änderte sich die Ausrichtung der

Entwicklungszusammenarbeit im Hinblick auf die berufliche Bildung, und fortan stand zu-

sätzlich zur Qualifizierung auch die persönliche Entfaltung des Individuums im Vorder-

grund.37 Durch das Angebot dualer Ausbildungsmöglichkeiten sollte auf die Bedürfnisse der

Bevölkerung eingegangen werden, indem auch in arbeitspraktischen Berufen Erwerbsmög-

lichkeiten durch Ausbildungen geschaffen wurden.38 Der entscheidende Wandel war außer-

dem, dass es sich fortan um einen „systemischen Projektansatz“39 in der Berufsbildungshil-

fe handelte und die Konzentration nicht mehr nur noch der Förderung einzelner Projekte

galt.40 Es rückte die Konzeptionierung eines ganzheitlichen Systems in den Vordergrund,

das länderspezifische „berufsbildungspolitische Strömungen“ berücksichtigt und obendrein

Chancengleichheit begünstigen soll durch spezielle Angebote für den dominanten informel-

len Sektor.41

2.1.3 Wachsender Stellenwert beruflicher Bildung in der internationalen

Entwicklungszusammenarbeit

„Die Millenniumserklärung von 2000 führte zu einer konzeptionellen Neuorientierung der

internationalen wie auch der deutschen Entwicklungszusammenarbeit.“42 Im Jahr 2001

wurde das „Aktionsprogramm 2015“ verabschiedet, das sich nach den acht, international

vereinbarten Millenniumsentwicklungszielen43 ausrichtet (englisch: Millennium Develop-

ment Goals (MDG)) und als Oberziel die Armutsbekämpfung anvisiert. Um dies zu errei-

chen, sollte die Berufsbildungsförderung am Arbeitsmarkt ansetzen, den Ausgleich zwi-

schen Arbeitskräfteangebot und -nachfrage bewirken und auf diese Weise langfristige posi-

tive Beschäftigungseffekte schaffen.44 Stockmann stellt dies als verkürzte Denkweise in

Frage und weist daraufhin, dass es empirisch nicht gesichert sei, dass ein Ausgleich zwi-

schen Arbeitskräfteangebot und Arbeitskräftenachfrage zu einem Abbau von Arbeitslosig-

36 Vgl. Heintze, 1986, S. 193-199 37 Vgl. Stockmann, 2013, S. 114 38 Vgl. ebenda, S. 114 39 Barabasch/Wolf, 2011, S. 294 40 Vgl. ebenda, S. 294 41 Vgl. Greinert, 2001, S. 47; BMZ, 2012, S. 34 42 BMZ, 2012, S. 34 f. 43 „Im September 2000 kamen hochrangige Vertreter von 189 Ländern, die meisten von ihnen Staats-

und Regierungschefs, zu dem bis dahin größten Gipfeltreffen der Vereinten Nationen in New York zusammen (Millenniumskonferenz). Als Ergebnis des Treffens verabschiedeten sie die so genannte Millenniumserklärung: Aus ihr wurden später acht internationale Entwicklungsziele abgeleitet, die Millenniumsentwicklungsziele“ (BMZ, 2015a, o.S.)

44 Vgl. Stockmann, 2013, S. 115; BMZ, 2005, S. 5

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Policy Transfer in der Berufsausbildung in Lateinamerika

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keit führe.45 Wallenborn macht darauf aufmerksam, dass die berufliche Bildung in der Ent-

wicklungszusammenarbeit durch den Bericht der Weltbank 2006 aufgewertet wurde, weil

sie in übergeordneten Entwicklungszielen repräsentiert ist und als Lösungsansatz gegen

Jugendarbeitslosigkeit und Fachkräftemangel instrumentalisiert wird.46

Als relevante Förderaspekte der Berufsbildungskonzepte in der Entwicklungszusammenar-

beit in den Jahren 2000 bis 2015 sind die folgenden zu nennen:

“Beitrag zur Durchführung von Wirtschaftsreformen und Aufbau der Marktwirtschaft (WiRAM),

Armutsreduzierung, Genderdifferenzierung, Erzielung von nachweisbaren positiven Beschäftigungs-

effekten, Durchführung von Bedarfsanalysen, Entwicklung von Angeboten im non-formalen Bereich,

um größere Bevölkerungsgruppen zu erreichen, Breitenwirksamkeit, Mehrebenenansatz, Vernet-

zung mit Fördermaßnahmen in anderen Sektoren, Intensivierung von Public-Private-Partnership

(PPP), Steigerung der Problemlösungskompetenz der Partnerorganisationen, Arbeitsmarktorientie-

rung und Verknüpfung mit arbeitsmarktpolitischen Instrumenten“47

Bei der Überprüfung der Umsetzung der Förderaspekte am Beispiel von zwölf Ländern im

Rahmen einer Evaluationsstudie wird deutlich, „dass zentrale Förderaspekte in den berufs-

bildungsbezogenen Politik- und Sektorpapieren […] nur zum Teil ihren Niederschlag bei der

Konzeptionierung von Projekten und Programmen gefunden haben.“48

Einerseits wird thematisiert, dass es Bedarfsanalysen geben soll, die untersuchen, welche

Qualifikationen der Markt verlangt, die Wirtschaft fordert oder gar Unternehmen zum Auf-

schwung benötigen, andererseits werden diese nicht durchgeführt. Ganz klar ist, dass es

nach wie vor wenig Ausbildungsangebote im non-formalen Sektor gibt, obgleich gerade

diese zur Zielerreichung von Chancengleichheit und Armutsreduzierung maßgeblich beitra-

gen könnten. Zielkonflikte oder Umsetzungsprobleme werden gerade am Beispiel von

Chancengleichheit deutlich: Denn nach wie vor wird, aus ökonomischen Gesichtspunkten,

in technische Berufsbildungsprojekte investiert, in denen die männliche Arbeitskraft domi-

niert. Wohingegen selten Projekte im Dienstleistungssektor initiiert und gefördert werden,

in welchem auch Frauen beschäftigt sind.49

Im Positionspapier „Berufliche Bildung in der Entwicklungszusammenarbeit“, das im Jahr

2012 erschien, wurden Erkenntnisse unterschiedlicher Akteure und Evaluationsergebnisse

aufgenommen und die Strategien modifiziert.50 Kurz umrissen lassen sich die folgenden

Aspekte hervorheben:

Das „lebenslange Lernen“ steht fortan im Vordergrund. Im Rahmen dessen wird die Bedeu-

tung von Sozialkompetenz erkannt und soll gezielt gefördert werden. Indem Staat, Wirt-

45 Vgl. Stockmann, 2013, S. 115 46 Vgl. Wallenborn, 2007, S. 47 f. 47 Stockmann, 2013, S. 118 f. 48 Ebenda, S. 121 49 Vgl. Stockmann, 2013, S. 119-127 50 Vgl. BMZ, 2012, S. 35

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Policy Transfer in der Berufsausbildung in Lateinamerika

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schaft und Gesellschaft enger zusammenarbeiten, soll es möglich sein, ein Ausbildungsan-

gebot zu schaffen, das sich an den Bedürfnissen der Praxis orientiert, diese bei der Kon-

zeptionierung berücksichtigt und in Folge Unternehmen und Auszubildende motiviert und

akquiriert.51

Die Ziele verdeutlichen bereits ausgemachte, erkannte und zurückgemeldete Probleme im

Hinblick auf Akzeptanz und Umsetzung vorangegangener Strategien, da ersichtlich wird,

dass die berufliche Bildung wie fast in allen Ländern mit dem Image kämpft, weniger wich-

tig und weniger geachtet als die allgemeinen Bildung zu sein (‚white collar syndrom‘). Of-

fensichtlich ist dies auch damit in den Zusammenhang zu bringen, dass sie ihre originäre

Aufgabe verfehlt Wissensinhalte und Qualifikationen, die der Arbeitsmarkt fordert, zu ver-

mitteln. Im Umkehrschluss wird ein Circulus vitiosus deutlich, denn aufgrund von mangeln-

der Akzeptanz investieren relevante Akteure, wie Staat und Unternehmen, nur zurückhal-

tend. Erschwert wird die Durchführung auch, weil Zuständigkeiten im Bereich der berufli-

chen Bildung unklar oder gar nicht geregelt sind, weil es beispielsweise mehrere Ministeri-

en gibt und deren Verantwortungsbereiche sich überlappen, was wiederum zu Steuerungs-

problemen führt bzw. eine konsistente, transparente Vorgehensweise verhindert.52

Den Grundsätzen Armut nachhaltig zu bekämpfen und Chancengleichheit zu erreichen, soll

Folge geleistet werden, indem bedeutende Akteure integriert und das berufliche Bildungs-

system reformiert wird, so dass es insbesondere sozial benachteiligte Menschen anspricht.

Wie bereits häufig erwähnt, scheint eine stärkere Ausrichtung am Arbeitsmarkt als elemen-

tar. Dies verdeutlicht auch die Idee, dass künftig Wissen, das obendrein gesellschaftliche

und politische Themen integriert, vermittelt werden soll.53

2.1.4 Kontextbezogene Struktur von Bildungssystemen

In den vorangegangenen Abschnitten des Kapitels wird deutlich, dass es entscheidende

Phasen und Richtungswechsel in der Ausrichtung der Berufsbildungshilfe und Entwicklungs-

zusammenarbeit gab. Prinzipiell könnte man sagen, dass es sich in den 50er und 60er Jah-

ren eher um eine Entwicklungsarbeit und weniger um eine Zusammenarbeit handelte, denn

einseitiges Kopieren und nicht gemeinsames Konzipieren dominierte. Ab den 80er Jahren

wurde erkannt, dass ein Transfer nur dann gelingen kann, wenn es sich nicht um ein ein-

zelnes Vorhaben, das gut gemeint diktiert wird, handelt, sondern Umwelt, Kultur und die

Akteure vor Ort aktiv und langfristig einbezogen werden, so dass es sich zu einem nachhal-

tigen System entwickelt.54 Seit dem Sektorpapier von 1992 wird versucht, das duale Ausbil-

51 Vgl. ebenda, S. 4 52 Vgl. ebenda, S. 10 53 Vgl. ebenda, S. 17 54 Vgl. Stockmann, 2013, S. 114; Barabasch/Wolf, 2011, S. 294; Greinert, 2001, S. 47; BMZ, 2012, S.

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Policy Transfer in der Berufsausbildung in Lateinamerika

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dungsmodell nach deutschem Vorbild zu implementieren. Vor diesem Hintergrund wirken

aus europäischer Perspektive auch das ‚Aktionsprogramm 2015‘ bzw. die Ziele, wie Ar-

mutsreduzierung und Chancengleichheit durch berufliche Bildung zu erreichen, fortschritt-

lich und verständlich. In den vergangenen Jahren sind verstärkt Ansätze des Qualitätsma-

nagements in der Ausrichtung erkennbar, um auf diese Weise die Wirksamkeit des Systems

kontinuierlich und nachhaltig zu verbessern.55 So wird der Versuch unternommen, Ergebnis-

se von Evaluationen56 in Strategiepapiere aufzunehmen und die Vorgehensweisen daran

anzupassen.57 Bewusst wird versucht das Wissen aller zu schöpfen und nationale Akteure zu

stärken, um partizipative, systemische, konstruktivistische Theorien in der Entwicklungszu-

sammenarbeit anzuwenden. Auch dominiert die Idee, lediglich Elemente des dualen Sys-

tems angepasst an den Kontext zu übertragen.58

„Die Strukturen der deutschen Berufsausbildung, die wir im Allgemeinen als das „duale System“

etikettieren, sind in ihrer heutigen Gestalt keine „Reißbrettkonstruktion“, sondern als Produkt

„realer Antriebe“ das Ergebnis einer nationalen Sozial- und Kulturgeschichte.“59

Diesem Gedanke folgend, wurde in der vorangegangenen Argumentation die historische

Entwicklung der Berufsbildungszusammenarbeit dialektisch erörtert. Ziel ist dabei, den

heutigen Transfer des dualen Systems in Lateinamerika zu begreifen.

2.2 Eine Synthese aktueller Forschungsbefunde vor der Fragestellung

des Transfers

2.2.1 Konzipierung eines Modells

Das deutsche duale System genießt international hohes Ansehen aufgrund seines systemi-

schen Charakters und des vorherrschenden Prinzips, die Praxis einzubeziehen und zu ver-

werten.60 Wallenborn betont, dass Partner aus Entwicklungsländern überzeugt seien vom

dualen System, da aus deutscher Perspektive durch die langjährige, nicht fehlerlose, er-

fahrungsreiche Entwicklungszusammenarbeit eine „Transferkompetenz“61 erlangt worden

sei.62 Doch insbesondere aktuelle Forschungsbefunde machen auf die Transferproblematik,

die nach wie vor existiert, aufmerksam und unterstreichen die Notwendigkeit, Elemente

des dualen Systems an lokale Bedingungen anzupassen,63 um dem Anspruch gerecht zu

55 Vgl. Stockmann, 2013, S. 115 ff. 56 Auf Rolle und Stellenwert von Evaluation im Bereich der Berufsbildungshilfe wird in Kapitel 3.2

näher eingegangen 57 Vgl. BMZ, 2012, S. 34 f.; Borrmann/Stockmann, 2009, S. 17 f. 58 Vgl. Euler, 2013a, S. 7 59 Deißinger, 1998, S. 2 60 Vgl. Wallenborn, 2007, S. 49 61 Ebenda, S. 49 62 Vgl. Wallenborn, 2007, S. 49 63 Vgl. Bayer, 2013, S. 38; Euler, 2013a, S. 4 ff.; Bliem/Petanovitsch/Schmid, 2014, S. 3 & 10

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Policy Transfer in der Berufsausbildung in Lateinamerika

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werden ein nachhaltiges, effizientes System zu erschaffen, das Jugendarbeitslosigkeit64

senkt, die Wirtschaft stärkt, Fachkräfte generiert Chancengleichheit sichert und Durchläs-

sigkeit erhöht.65 Gerade deswegen scheint in Bezug auf die Fragestellung das von Deißinger

formulierte Fazit so wichtig:

„Ungeachtet der positiven internationalen Positionierung des „dualen Systems“ sollte in diesem

Zusammenhang nochmals in Rechnung gestellt werden, daß wir es im Bereich der beruflichen Bil-

dung mit historischen und kulturellen Prägungen zu tun haben, die bezogen auf unterschiedliche

nationale Kontexte jeweils einzigartig sind.“66

Daher sei mit Empfehlungen vorsichtig umzugehen, wenn über einen Transfer nachgedacht

wird.67 „Apprenticeship is a cultural experience.“68 Deißinger und Harris betonen, dass das

duale System häufig als Instrument gewählt werde, um die wirtschaftliche Situation eines

Landes zu verbessern, aber dass im Rahmen dessen zu wenig berücksichtigt werde, dass ein

Ausbildungssystem auch immer Ergebnis von Erfahrungen einer Gesellschaft sei.69

Das in Abbildung 1 dargestellte Modell, das in dieser Arbeit vertreten wird, ist eine Synthe-

se aktueller Forschungsbefunde und Strategiepapiere (der GIZ und AHK). Es soll eine Aus-

wahl konstitutiver Strukturmerkmale des dualen Systems veranschaulichen und den wech-

selseitigen Zusammenhang der Strukturmerkmale mit den Faktoren, die sowohl auf die

Wirksamkeit einwirken als auch von den Strukturmerkmalen des dualen Systems beeinflusst

werden, verdeutlichen. Auf diese Weise soll es gelingen, konstitutive Elemente des deut-

schen dualen Systems sichtbar zu machen, aber zugleich für neuralgische Punkte zu sensi-

bilisieren und bisherige Erfahrungen zu reflektieren. Wie schon angedeutet handelt es sich

dabei um einen Transfer eines Systems in einen anderen Diskurs70, in dem andere Regeln

gelten. Diese Arbeit soll dazu auffordern, über adäquate Anpassungen nachzudenken und

der Zielvorstellung einer „Transferkompetenz“71, wie Wallenborn es formuliert, Folge zu

leisten. Übergeordnet machen dieser Anspruch, das Modell und die Transferproblematik

auf folgende Fragen aufmerksam:

Welche Strukturmerkmale des dualen Systems sind auszumachen, welche Rahmenbedin-

gungen wirken auf die Wirksamkeit des dualen Systems ein und werden wechselseitig von

diesem beeinflusst?

64 An dieser Stelle soll auf die Expertise von Busemeyer (2012) verwiesen werde, in der er exempla-risch darstellt, dass in Ländern, in denen der Stellenwert beruflicher Bildung gering ist oder voll-zeitschulische Systeme dominieren, die Jugendarbeitslosigkeit hoch ist.

65 Der Frage, ob das deutsche duale System dies auch wirklich leistet, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht nachgegangen werden.

66 Deißinger, 1998, S. 265 67 Vgl. ebenda, S. 264 f. 68 Deißinger/Harris, 2003, S. 1 69 Vgl. ebenda, S. 1 f. 70 Michel Foucault stellte in seiner Antrittsvorlesung „Die Ordnung des Diskurses“ 1970 Mechanismen

vor, die den Diskurs kontrollieren. 71 Wallenborn, 2007, S. 49

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Policy Transfer in der Berufsausbildung in Lateinamerika

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Worauf ist bei der Implementierung des dualen Systems nach deutschem Vorbild insbeson-

dere im außereuropäischen Ausland zu achten?

Die folgende Abbildung stellt das Modell der Untersuchung dar und verbildlicht Zusammen-

hang von Rahmenbedingungen und Strukturmerkmalen, die in den folgenden beiden Unter-

kapiteln erläutert werden.

Abbildung 1: Strukturmerkmale und Rahmenbedingungen des dualen Systems72

Die konstitutiven Elemente bzw. Strukturmerkmale, wie Praxisbezug, Kooperation, Ar-

beitsmarktnähe sowie Breitenwirkung, Durchlässigkeit und Zugänglichkeit sind wichtige

Systemeigenschaften des dualen Berufsausbildungssystems.73 Wohingegen die Faktoren

Finanzierungskonzept, gesellschaftliches Ansehen der Berufs(aus)bildung sowie Zertifikate

und Qualitätsstandards als Rahmenbedingungen aufgefasst werden. Es soll einerseits auf

die Wichtigkeit, Gesellschaft, Staat und Kultur in Überlegungen zu integrieren, hingewie-

sen werden, um Hindernisse und Schwierigkeiten, die sich dadurch ergeben, aufzugreifen,

und andererseits im positiven Sinne Steuerungsmöglichkeiten, die das duale System gerade

im Hinblick auf Beschäftigung und Arbeitsmarkt bietet, aufzuzeigen.

2.2.2 Strukturmerkmale des dualen Systems

Praxisbezug, Kooperation, Arbeitsmarktnähe

72 Eigene Darstellung 73 Euler macht in seiner Expertise auf elf konstitutive Elemente des dualen Systems aufmerksam,

betont, dass es nicht darum geht, alle Elemente eins zu eins umzusetzen, sondern eine Auswahl zu treffen und die Elemente an lokale Gegebenheiten und aktuelle Fragestellungen anzupassen.

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Policy Transfer in der Berufsausbildung in Lateinamerika

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Euler führt als konstitutives Element der dualen Ausbildung die „[b]reite Zielausrichtung:

Berufsbildung als Mittel zur Erreichung ökonomischer, sozialer und individueller Ziele“74 an

und weist daraufhin, dass leicht Zielkonflikte entstehen, hebt aber die Chance hervor,

durch die duale Berufsausbildung Fachkräfte zu generieren, die die Leistungsfähigkeit der

Wirtschaft des Landes sichern und steigern.75 „Eine alternierende Ausbildung in Schule und

Betrieb“76 beschreibt das konstitutive Merkmal des dualen Ausbildungssystems, welches

den Wechsel von theoretischem Lernen in der Schule und dessen praktischer Anwendung im

Betrieb sichert. Auf diese Weise soll es gelingen, theoretisches Wissen in der Praxis anzu-

wenden, auf Widersprüche zu stoßen, zu reflektieren und berufliche Handlungskompetenz

zu erlangen. Euler weist auch auf die Flexibilität hin, zeitliche Gewichtung der Aufteilung

von theoretischer Lehre und praktischem Tun spezifisch an Ausbildungsberufe und Ausbil-

dungssituation anzupassen und umgekehrt auch theoretisches Wissen im Betrieb und prak-

tische, fachliche Vertiefung in der Schule zu ermöglichen.77

Die Guidelines der GIZ greifen Praxisbezug, Kooperation und Arbeitsmarktnähe als Grund-

satz und Aufgabe ihrer Arbeit im Bereich der beruflichen Bildung auf. So wird unterstri-

chen, dass Kooperation und Koordination auf verschiedenen Ebenen, wie Wirtschaft und

Bildung, lokal und global, für Staat und Arbeitgeber zwar eine Herausforderung darstellen,

aber zugleich wichtig sind, um lokale Netzwerke aufzubauen und gemeinsam Verantwor-

tung zu übernehmen. Durch die Beteiligung der Betriebe, das Lernen im Arbeitsprozess, die

kompetenzorientierte Formulierung von Lernzielen sollen die Absolventen dazu befähigt

werden, Arbeits- und Geschäftsprozesse zu planen, durchzuführen und kritisch zu beurtei-

len. Dies soll zur Folge haben, faire Arbeitsbedingungen zu erreichen. Empirische Studien,

wie zum Beispiel zu folgenden Themen: „Arbeitsplatz- und Tätigkeitsanalysen“, „Arbeits-

organisationsanalysen“, „Sektoranalysen“, stellen sicher, dass Berufsbildung nicht am Ar-

beitsmarkt vorbeigeht, sondern ein System für ein Land erschafft, das auf zukünftige An-

forderungen bezogen ist.78

Der Erfolg einer beruflichen Ausbildungsmaßnahme muss an dem Erfolg der Absolventen

auf dem Arbeitsmarkt gemessen werden. Gleichzeitig darf kein verkürztes Denken entste-

hen. Bedarfe des Arbeitsmarkts sollen aufgenommen werden und zugleich muss die persön-

liche Entwicklung des einzelnen im Vordergrund stehen und das Individuum dazu befähigt

werden, fachliche, soziale und personale Kompetenzen zu erlangen.79

74 Euler, 2013a, S. 20 75 Vgl. ebenda, S. 20-23 76 Ebenda, S. 32 77 Vgl. ebenda, S. 32-38 78 Vgl. Baur/Przyklenk/Clement, 2014, S. 9-14 79 Vgl. Arnold, 2010, S. 147; Baur/Przyklenk/Clement, 2014, 2014, S. 16

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Policy Transfer in der Berufsausbildung in Lateinamerika

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Arnold unterstreicht die Wichtigkeit des Praxisbezugs und der -kooperation, indem er dies

sogar als Qualitätskriterium beruflicher Bildung definiert und hervorhebt, dass berufliche

Bildung nur dann erfolgreich ist, wenn es genügend gut ausgebildete Fachkräfte gibt. Dies

gelingt nur, wenn aktiver Kontakt mit den Betrieben und deren Interessensverbänden ge-

pflegt wird und deren Erwartungen umgesetzt werden.80

Auch in der 2014 veröffentlichen Studie von Bliem, Petanovitsch und Schmid wird argumen-

tiert, dass es bei der Konzeptionierung neuer Ausbildungsberufe sinnvoll sei, Betriebe, In-

teressensvertretungen und Gewerkschaften zu beteiligen.81

Aufgrund des im Jahre 2010 geschlossenen Kooperationsabkommen zwischen der DIHK und

der GIZ entstand in Folge auch ein „Orientierungspapier“, das auf Kernkompetenzen, Po-

tenziale und Möglichkeiten im Bereich der beruflichen Bildung aufmerksam macht. In die-

sem wurden unter anderem die Elemente „Zusammenarbeit von Staat und Wirtschaft“,

„Lernen im realen, betrieblichen Arbeitsprozess“ festgelegt, und als Zielvorstellung fixiert,

diese in die Praxis umzusetzen.82

Breitenwirkung, Durchlässigkeit und Zugänglichkeit

Ein wichtiger Grundsatz beruflicher Bildung ist es, dass niemandem der Zugang verwehrt

und keiner sozial ausgegrenzt wird.83 Arnold weist daraufhin, dass in Entwicklungsländern

aufgrund der hohen Anzahl an informell Erwerbstätigen über Möglichkeiten nachgedacht

werden müsse, die sicherstellen, dass die berufliche Bildung allen offen steht.84 Als Aufga-

be fasst es die GIZ auf, dafür zu sorgen, dass neben der allgemeinen Grundbildung lebens-

langes Lernen möglich sei, dass allgemeine und berufliche Bildung gleichwertig und dass

die Bildungsstrukturen so durchlässig seien, dass nach einem beruflichen Bildungsweg eine

akademische Bildung folgen könne.85 Der Grundgedanke der dualen Ausbildung zielt darauf

ab. berufliche Handlungskompetenz zu erlangen und einen Beruf zu erlernen.86 Ein Beruf

unterscheidet sich von einem Job dadurch, dass verschiedene Tätigkeiten erlernt werden,

die sowohl eine breitangelegte Qualifizierung als auch eine Spezialisierung ermöglichen.87

Das Berufskonzept thematisiert den Anspruch, dass der Lernende neben der fachlichen

Entwicklung auch eine persönliche Entwicklung sowie gesellschaftliche Integration durch

den Beruf erlangen soll.88 Diesen Anspruch hebt auch Euler in seiner Expertise hervor, in-

dem er betont, dass es dem jungen Menschen möglich sein soll, sich persönlich zu entfal-

80 Vgl. Arnold, 2010, S. 146 f. 81 Vgl. Bliem/Petanovitsch/Schmid, 2014, S. 56 82 Vgl. Koenig et al., 2013, S. 6 83 Vgl. Euler, 2013a, S. 21 84 Vgl. Arnold, 2010, S. 147 85 Vgl. Baur/Przyklenk/Clement, 2014, S. 15 86 Vgl. Euler, 2013a, S. 25 f.; Bliem/Petanovitsch/Schmid, 2014, S. 69 87 Vgl. Bliem/Petanovitsch/Schmid, 2014, S. 69 88 Vgl. ebenda, S. 69

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Policy Transfer in der Berufsausbildung in Lateinamerika

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ten, in die Gesellschaft integriert zu werden und über die Arbeit in den Beruf zu finden.89

Auszubildende sollen nicht nur für den einzelnen Betrieb, sondern für den globalen Ar-

beitsmarkt ausgebildet werden.90

Durch das Aufzeigen von Weiterbildungsmöglichkeiten im Anschluss an die duale Berufsaus-

bildung kommt man dem Ziel näher, dass die berufliche Bildung als eine vollwertige Alter-

native zum akademischen Bildungsweg begriffen wird.91 Dieser Anspruch wird in der Maxi-

me des deutschen Berufsbildungssystems „Kein Abschluss ohne Anschluss“ subsummiert.

Eine Verzahnung setzt voraus, dass das duale System so modifiziert wird, so dass es das

lokale Bildungssystem bereichert, ergänzt und stützt.

2.2.3 Rahmenbedingungen des dualen Systems

Gesellschaftliches Ansehen der Berufs(aus)bildung

In Ländern, in denen die duale Berufsausbildung eine lange Tradition hat, sind die Akzep-

tanz und das Ansehen vergleichsweise höher als in Ländern, in denen sie keine historischen

Wurzeln hat.92 In vielen Ländern ist das Ansehen der beruflichen Bildung gering, weil es mit

Ausweglosigkeit, schmutziger Arbeit und geringem sozialem Status assoziiert wird.93 Doch

um das duale System wirksam transferieren zu können, ist die Akzeptanz eine wichtige

Voraussetzung und kann beispielsweise durch Sozialpartner, Politik, Imagekampagnen und

durch attraktive Branchen, die ein lernförderliches Klima bieten, verbessert werden.94

Nichtsdestotrotz ist es gerade im Ausland eine Hürde, Unternehmen zu finden, die ausbil-

den wollen, da diese Art der Bildung weder üblich noch bekannt ist.95 Gerade deswegen

beteiligen sich häufig fast ausschließlich ausländische Unternehmen am dualen System,

was dann wiederum zu einer „Ausbildungsaristokratie“ führt.96

In diesem Abschnitt soll obendrein die Typologisierung von Berufsausbildungssystemen nach

Busemeyer aufgegriffen werden. Diese Einteilung nimmt zahlreiche genannte Aspekte aus

den Abschnitten Arbeitsmarktbezug, Kooperation, Durchlässigkeit und Zugänglichkeit auf

und wird daher übergeordnet dem gesellschaftlichen Ansehen der Berufs(aus)bildung zu-

geordnet.

Die folgende Tabelle veranschaulicht eine Einteilung von Ausbildungssystemen in vier un-

terschiedliche Typen. Stärke des Engagements von Privatwirtschaft oder Staat sind ent-

scheidend.

89 Vgl. Euler, 2013a, S. 21 90 Vgl. ebenda, S. 25 f. 91 Vgl. Arnold, 2010, S. 147 92 Vgl. Euler, 2013a, S. 66 93 Vgl. Baur/Przyklenk/Clement, 2014, S. 31 94 Vgl. ebenda, S. 31; Euler, 2013a, S. 65-70 95 Vgl. Euler, 2013a, S. 69 96 Vgl. ebenda, S. 69

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Tabelle 2: Ausbildungssysteme im internationalen Vergleich97

Die vier Ausbildungssysteme unterscheiden sich dadurch, inwiefern sich Staat und Privat-

wirtschaft in der beruflichen Bildung engagieren und bereit sind, in eine zertifizierte be-

rufliche Qualifizierung zu investieren.98 Bei staatszentrierten oder etatistisch organisierten

Systemen investieren die Unternehmen kaum in die berufliche Bildung und der Staat trägt

fast alle Kosten. Es handelt sich meist um eine vollzeitschulische Ausbildung und die beruf-

liche Bildung ist Bestandteil des allgemeinbildenden Sekundarschulwesens.99 Dies wiede-

rum ermöglicht eine Durchlässigkeit vom beruflichen ins allgemeine Bildungswesen.100 Beim

liberalen System hingegen engagieren sich sowohl Unternehmen als auch Staat kaum.101

Folglich sind allgemeinbildende Abschlüsse die Regel, der Hochschulsektor ist dominant

und Unternehmen können nicht nachvollziehen, warum sie in berufliche Bildung investie-

ren sollten.102 Das segmentalistische Modell wird dadurch gekennzeichnet, dass vor allem

große Unternehmen oder Konzerne beträchtliche Summen in die firmenspezifische betrieb-

liche Bildung investieren, aber diese Ausbildungsform steht nur wenigen Jugendlichen of-

fen.103 Im Rahmen des kollektiven Modells engagieren sich Staat und Privatwirtschaft na-

hezu gleichermaßen, die Kosten werden geteilt, privatwirtschaftlich anerkannte Zertifizie-

rungen spielen eine große Rolle, um Vergleichbarkeit und Mobilität zu sichern.104

Finanzierungskonzept und Nachhaltigkeit

In Deutschland wird das duale System von unterschiedlichen Akteuren getragen und finan-

ziell unterstützt. Der Bildungsfinanzbericht 2013 zeigt auf, dass laut Bildungsbudget 2010

sich der private Bereich mit 41,1 %, die Länder mit 27,8 %, der Bund mit 17,0 % und Ge-

97 Eigene Darstellung in Anlehnung an Busemeyer, 2012, S. 12; Busemeyer, 2013, S. 7 98 Vgl. Busemeyer, 2012, S. 11; Busemeyer, 2013, S. 6 99 Vgl. ebenda, S. 11; ebenda, S. 6 f. 100 Vgl. ebenda, S. 11; ebenda, S. 6 f. 101 Vgl. ebenda, S. 11; ebenda, S. 7 102 Vgl. ebenda, S. 11; ebenda, S. 7 103 Vgl. Busemeyer, 2012, S. 11 104 Vgl. ebenda, S. 11; Busemeyer, 2013, S. 7

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meinden und Zweckverbände mit 14,1 % sich an der Finanzierung beteiligten.105 Dieses Mo-

dell ist so nicht übertragbar, da diese Art und Weise der Beteiligung an den Kosten, ge-

meinsam finanziert durch Privatwirtschaft und Staat in Deutschland durch die lange Tradi-

tion selbstverständlich ist, wohingegen dieses Modell für andere Länder, denen diese histo-

rischen Wurzeln fehlen, untypisch ist. Wichtig ist, dass Ausbildung nicht zum Wettbe-

werbsnachteil wird.106 Oft ist es schwierig, die Betriebe von der Vorteilhaftigkeit zu über-

zeugen, und gerade deshalb ist es wichtig, dass die Kosten verteilt werden.107 In Dänemark

zahlen die Unternehmen proportional zu ihrer Mitgliederanzahl in einen Fonds ein, der

Ausbildungsunternehmen unterstützt.108 Zugleich hat derjenige, der berufliche Bildung

finanziert, einen großen Einfluss auf Qualität und Ausgestaltung.109 Durch die Beteiligung

unterschiedlicher Akteure aus der Zivilgesellschaft, der Privatwirtschaft und aus staatlicher

Ebene soll eine beständige, krisensichere Finanzierung erreicht werden. 110 Die Privatwirt-

schaft muss an der Finanzierung beteiligt werden, da diese auch die Nachfrager von quali-

fizierten Fachkräften sind.111 Ergänzend helfen öffentliche Mittel, beispielsweise in Form

von Stipendien, einerseits vom Markt her zu denken und andererseits Bildungsbarrieren

abzubauen und die Zugänglichkeit für alle zu sichern.112

Zertifikate und Qualitätsstandards

Diese Rahmenbedingungen sprechen eine Vielzahl von Themenbereichen an, wie beispiels-

weise Zertifizierung, Qualitätssicherung, Zertifizierungsinstanz, Qualifikation, kompetenz-

orientierte Prüfung, Verwertbarkeit, Mobilität sowie Durchlässigkeit. Deutlich wird aber-

mals, dass die duale Ausbildung ein komplexes System ist, das reziprok mit vielen Faktoren

und Elementen verknüpft ist, sowohl wirtschaftlich, kulturell als auch sozioökonomisch.

„Breite Akzeptanz von Standards“ und „Qualifizierung von Berufsbildungspersonal“ werden

als zwei der fünf zu transferierenden Kernelementen in der Kooperationsvereinbarung zwi-

schen der DIHK und GIZ aufgegriffen.113

Kompetenz durch Zertifikate zu bescheinigen, soll dem Arbeitsmarkt zeigen, wer fähig

ist.114 Unabhängig vom Ausbildungsunternehmen muss garantiert sein, dass jeder Auszubil-

dende eine qualitativ hochwertige Schulung durchläuft.115 Verbindliche Vorgaben, die den

gesamten Ausbildungs- und Prüfungsprozess standardisieren und für Bildungseinrichtungen

105 Vgl. Statistisches Bundesamt, 2014, S. 29 106 Vgl. Euler, 2013a, S. 47 107 Vgl. ebenda, S. 47 108 Vgl. Grollmann/ Gottlieb/ Kurz, 2004, S. 643 zit. n. Euler, 2013a, S. 47 109 Vgl. Baur/Przyklenk/Clement, 2014, S. 23 110 Vgl. ebenda, 2014, S. 23 111 Vgl. ebenda, 2014, S. 33 f. 112 Vgl. ebenda, 2014, S. 33 f. 113 Vgl. Koenig et al. 2013, S. 6 114 Vgl. Baur/Przyklenk/Clement, 2014, S. 17 115 Vgl. Bliem/Petanovitsch/Schmid, 2014, S. 88

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Policy Transfer in der Berufsausbildung in Lateinamerika

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sowie Betriebe gelten, sind wichtig.116 Darauf aufbauend wird eine Zertifizierung der Aus-

bildung durch eine gesellschaftlich anerkannte Institution, die häufig nicht staatlich und

daher unabhängig von ökonomischen Rahmenbedingungen ist, priorisiert.117 Ein anerkann-

tes Zertifikat unterstützt die oben genannten Strukturelemente und rückt zugleich die

Dringlichkeit von Qualitätsstandards im Rahmen der Ausbildung in den Vordergrund. Diese

wiederum fordern qualifiziertes und zertifiziertes Ausbildungs- und Lehrpersonals.118 Das

Berufsbildungspersonal muss qualifiziert sein, um ausbildend und lehrend tätig sein zu kön-

nen.119 Aufgrund dessen, dass nur die wenigsten Länder über Berufs- und Wirtschaftspäda-

gogen, betriebswirtschaftliches Lehrpersonal oder arbeitspädagogisch weitergebildete Mit-

arbeiter verfügen, nimmt die Unterstützung durch ein fachliches und oder arbeitspädagogi-

sches Weiterbildungsangebot eine wichtige Rolle ein.120

Transparente Standards, die Themenbereiche wie Ausbildungsordnungen, Rechte und

Pflichten der Akteure umfassen und Ausbildungsbereiche in Rahmenplänen konkretisieren,

sind zu formulieren, um das Ergebnis von Aus- und Weiterbildungsangeboten zu präsentie-

ren, zu zertifizieren und zu evaluieren.121 Insbesondere im Hinblick auf den Abschluss des

Auszubildenden und dessen Chancen spielt die Zertifizierung und ihre Anerkennung eine

übergeordnete Rolle.122 Eine bekannte, anerkannte Institution ist zu wählen, die prüft,

berät, überwacht und zertifiziert.123 Die Richtlinien müssen transparent sein und Kompe-

tenzen verlässlich abbilden, um eine hochwertige Qualität zu gewährleisten.124 In Deutsch-

land übernehmen diese Rolle die Industrie- und Handelskammern (IHK), deren Funktion als

überwachende, beratende, zertifizierende Instanz durch die Paragraphen 27-33, 45-50, 71,

76, 79, 90-92 im Berufsbildungsgesetz (BBiG) legitimiert wird.125 Die IHKs spielen in

Deutschland eine wichtige Rolle, da sie praxisnah im Auftrag des Staates die Ausbildungs-

qualität sichern126

116 Vgl. ebenda, S. 88 117 Vgl. ebenda, S. 17 118 Vgl. Euler, 2013a, S. 57; Baur/Przyklenk/Clement, 2014, S. 12; Bliem/Petanovitsch/Schmid,

2014, S. 69 119 Vgl. Euler, 2013a, S. 57; Baur/Przyklenk/Clement, 2014, S. 12 120 Vgl. ebenda, S. 57; ebenda, S. 28 f. 121 Vgl. Euler, 2013a, S. 54 f. 122 Vgl. ebenda, S. 55 123 Vgl. Euler, 2013a, S. 25 f.; Baur/Przyklenk/Clement, 2014, S. 11 124 Vgl. Baur/Przyklenk/Clement, 2014, S. 11 125 BBiG §§ 27-33, 45-50, 71, 76, 79, 90-92 126 Vgl. Bayer, 2013, S. 38

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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3 Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika aus Per-

spektive der Auslandshandelskammern: Bisherige Modelle, Erfahrun-

gen und Ideen zur Weiterentwicklung

3.1 Rolle der Auslandshandelskammern in der Berufsausbildung

Die Auslandshandelskammern weisen langjährige Erfahrung und ein vielschichtiges Enga-

gement in der Durchführung dualer Berufsausbildungsangebote im Ausland auf.127 Häufig

waren die AHKs maßgeblich an der Einführung der dualen Berufsausbildung beteiligt und

beschäftigen sich mit Fragestellungen, wie das duale Berufsausbildungssystem kontinuier-

lich verbessert und erweitert werden kann. Die AHK Bolivien bspw. führte die duale Be-

rufsausbildung in Kooperation mit der Deutschen Auslandsschule im Jahr 1992 ein.128 Be-

reits im Jahr 1979 waren Analysen durch die AHK Bolivien vorausgeschaltet worden, um

den Bedarf einer praxisnahen Ausbildung zu verdeutlichen.129 1990 wurde das Projekt wie-

der aufgenommen, von der AHK koordiniert und der GTZ mit 250 DM pro Schüler monatlich

unterstützt.130

Im Aktionsplan des DIHK (Deutscher Industrie- und Handelskammertag) vom 15.11.2012

wurden die AHKs verpflichtet ihr Dienstleistungsangebot im Bereich der dualen Berufsaus-

bildung zu prüfen, um herauszufinden, ob es quantitativ und qualitativ die Nachfrage de-

cke und nicht womöglich erweitert werden könne.131

Spätestens seit 2013 ist die Verantwortung der AHKs auch von Seiten der Bundesregierung

stärker fokussiert und präzisiert. Die Unterrichtung durch die Bundesregierung der 17.

Wahlperiode trägt die Bezeichnung „Strategiepapier der Bundesregierung zur internationa-

len Berufsbildungszusammenarbeit aus einer Hand“.132 Gerade die Rolle, dass AHKs Dienst-

leistungen für Unternehmen anbieten, die darauf abzielen qualifizierte Fachkräfte im Aus-

land zu sichern, konkretisiert Spektrum, Möglichkeit und Verpflichtung der AHKs.133 Die

tragende Rolle der AHKs wird deutlich, da sie unter „Strategische Ziele der Bundesregie-

rung“ als Institutionen genannt werden, die verantwortlich dafür sind die Außenwirtschaft

zu fördern und schlussendlich ihren Erfahrungsschatz einbringen sollen, um kooperative

Strukturen im Bereich der beruflichen Bildung zu etablieren.134 BIBB, iMove, IHK, Hand-

127 Vgl. Lutz, 2014a, S. 4 f.; Bundesregierung, 2013, S. 7 128 Vgl. AHK Bolivien, 2013, S. 31 129 Vgl. ebenda, S. 31 130 Vgl. ebenda, S. 31 f. 131 Vgl. Auswärtiges Amt, 2013, S. 2 132 Vgl. Bundesregierung, 2013, S. 1-10 133 Vgl. ebenda, S. 4 134 Vgl. ebenda, S. 6 f.

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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werkskammer, DIHK, Zentralverband des deutschen Handwerks und die AHKs werden als

wichtige Partner angeführt.135 In Anlehnung an das deutsche duale Berufsausbildungssystem

ist es Aufgabe der AHKs beratend aktiv zu sein und bedarfsspezifisch Dienstleistungen zu

entwickeln und anzubieten.136 „AHKs können zudem im Rahmen von Pilotprojekten die

Stärken der dualen Berufsausbildung und die Bedeutung von Integration, Beratung und

Qualitätssicherung demonstrieren.“137 Eine Weisung des Auswärtigen Amts ruft zur Koope-

ration zwischen Auslandsvertretung und AHKs auf und konkretisiert die Zusammenarbeit:

Alle deutschen Akteure sollen sich regelmäßig am „Runden Tisch“ austauschen, ihr Wissen

vernetzen und ihre Aktivitäten abstimmen und darüber nachdenken, wie Berufsausbildung

mit anderen aktuellen Themenbereichen verknüpft ist oder lösungsorientiert eingesetzt

werden kann.138 Die Ziele des Berufsbildungsexports verdeutlichen die Rolle der Auslands-

handelskammer aufgrund des Erfahrungsschatzes, aber machen zugleich aufmerksam auf

das eigentliche Output orientierte Motiv des Transfers zum Ziel der deutschen Außenwirt-

schaftsförderung. Denn die drei Ziele lauten: „Fachkräfte für deutsche Unternehmen si-

chern; Investitionen im Ausland fördern; IHK-AHK-DIHK-Organisation weiterentwickeln und

als wichtigen Kompetenzträger und Kooperationspartner im Bereich Berufsbildungsexport

positionieren.“139

Doch die 2010 geschlossene Kooperationsvereinbarung zwischen GIZ und DIHK, AHK macht

obendrein auf entwicklungspolitische Möglichkeiten im Geschäftsfeld der beruflichen Bil-

dung von AHKs aufmerksam.140 In dieser Koalitionsvereinbarung werden die Synergieeffekte

thematisiert, die aus der Kombination von Außenwirtschaft und Entwicklungszusammenar-

beit gewonnen werden können.141 Deutlich wird, dass sich eben durch die teilweise kom-

plementären Zielvorstellungen und Kompetenzen der Institutionen Chancen ausmachen

lassen.142 Die Kooperation bietet Möglichkeiten und Potenziale, da gemeinsam durch inter-

disziplinären Meinungsaustausch an zentralen Schnittstellen gearbeitet werden kann, um

Ausbildungsplätze zu sichern, das Image der beruflichen Bildung zu verbessern, Curricula

zu entwickeln und das Ausbildungspersonal zu qualifizieren.143

Die DIHK-Vollversammlung erstellte, gleichzeitig mit der Verabschiedung des oben erwähn-

ten Aktionsplanes für die Jahre 2013-2016, Qualitätskategorien, die diesen konkretisieren

135 Vgl. ebenda, S. 7 136 Vgl. ebenda, S. 7 137 Ebenda, S. 7 138 Vgl. Auswärtiges Amt, 2013, S. 4 f. 139 Vgl. ebenda, S. 3 140 Vgl. Koenig et al., 2013, S. 5 141 Vgl. ebenda, S. 12 142 Vgl. ebenda, S. 12 143 Vgl. ebenda, S. 12

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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sollen.144 Die Qualitätskategorien sollen dabei unterstützen, konstitutive Elemente des

dualen Systems zu übertragen, lokal anzupassen und einen Überblick geben, welche Mög-

lichkeiten des Transfers wie einheitlich und transparent zu zertifizieren sind.145

Drei Kategorien werden detailliert im Abschnitt Zertifikate und Qualitätsstandards erläu-

tert. Die Bandbreite reicht von Kategorie A bis Kategorie C. Kategorie A wird im Rahmen

eines eins zu eins Transfers umgesetzt, häufig in Kooperation mit deutschen Auslandsschu-

len angeboten und umfasst letztendlich eine zweisprachige, internationalgültige Zertifizie-

rung. Berufsbildungsaktivitäten der Kategorie B erlauben eine stärkere Anpassung der dua-

len Ausbildung an die lokalen Bedürfnisse. Kategorie C umfasst alle betriebliche Aus- und

Weiterbildungen, die eine duale Komponente aufweisen.146

Dass noch Unklarheiten herrschen, was die Kategoriendefinition und deren Abgrenzung

anbelangt, wurde im Rahmen dieser Untersuchung deutlich, da vor allem die Unterschei-

dung zwischen Kategorie A und B in der Umsetzung noch nicht definitorisch korrekt umge-

setzt wird. Mexiko erfüllt als einziges Land die Bedingungen, um nach Kategorie A zu zerti-

fizieren, da die Ausbilderqualifizierung nach „AdA-International“ Kategorie A angeboten

wird und die Unternehmen auch tatsächlich über einen zertifizierten Ausbilder verfügen

müssen, um im Modell A ausbilden zu dürfen. In vielen Ländern ist dieser Standard noch

nicht umgesetzt. In der vorliegenden Arbeit wird die Bezeichnung Modell A, Kategorie A,

internationale Zertifizierung auch dann gewählt, wenn es sich um ein Mischkonstrukt zwi-

schen A und B handelt und nicht alle Standards erfüllt werden. In manchen Ländern ist

beispielsweise die Qualifizierung und Zertifizierung der Ausbilder gemäß deutscher Ausbil-

der-Eignungsverordnung AEVO oder „AdA-International“ nicht gegeben, aber die Absolven-

ten erhalten dennoch ein Zertifikat nach Standard der Qualitätskategorie A.

Die AHKs sind in 90 Ländern mit 130 Standorten vertreten.147 Sie sind im Partnerland vor

Ort etabliert, kooperieren mit den IHKs in Deutschland und sind verknüpft und vernetzt mit

dem DIHK.148 Der DIHK ist Dachorganisation der IHKs und koordiniert die Aktivitäten der

AHKs.149 Die DIHK-Bildungs-GmbH ist operativer Partner von DIHK, AHKs und IHKs und zu-

dem insbesondere Ansprechpartner für die AHKs im Bereich des Bildungsservices,150 wie

beispielsweise der ins spanisch übersetzte AdA-Schein-International, die Prüfungsaufgaben

und die Materialien zählen zu diesem Dienstleistungsangebot.151 Einerseits sind die AHKs

eingebunden im Partnerland und verfügen über Kontakte zu internationalen und lokalen

144 Vgl. Bayer/Sievers, 2014, S. 2 145 Vgl. ebenda, S. 2 f. 146 Vgl. ebenda, S. 3-12 147 Vgl. Lutz, 2014a, S. 2 148 Vgl. Bayer, 2013, S. 39 149 Vgl. Auswärtiges Amt, 2013, S. 2 150 Vgl. Lutz, 2014b, S. 5 151 Vgl. Hausmann, 2014, S. 1; Hausmann, 2015, S. 1

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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Unternehmen, andererseits aber sind sie eng verknüpft mit den deutschen IHKs und so er-

möglicht das Netzwerk der IHK-AHK-DIHK-Organisation es ihnen, lokale Kontakte zu knüp-

fen und zugleich von deutschem Fachwissen, Fachmaterial und Fachexperten im Bereich

der beruflichen Bildung zu profitieren.152 Laut einer Umfrage153 des DIHK im Jahr 2014, bei

welcher 63 AHKs zu ihrem Engagement in der beruflichen Bildung Auskunft gaben, zählen

„Nachfrage von Mitgliedsunternehmen“, „Nachfrage von lokalen Berufsbildungsakteuren“,

„Erschließung eines neuen Geschäftsfeldes“ und „Imagegewinn in der Öffentlichkeit“ zu

häufig genannten Beweggründen.154 Das Angebot der AHKs im Bereich der beruflichen Bil-

dung reicht von der am häufigsten genannten „Prüfungsorganisation & Zertifikatsvergabe“,

über die prozentual nahezu gleich verteilten genannten Aspekte wie „Gewinn dualer Part-

ner“, „Qualitätssicherung“, „Erstellen von Curricula“ und „Ausbilderqualifizierung“.155

2014 boten 28 % der AHKs Ausbildungsberufe im gewerblich-technischen und 40 % der AHKs

im kaufmännischen Bereich an.156

3.2 Rahmenbedingungen und Strukturmerkmale des Angebots

3.2.1 Stellenwert beruflicher Arbeit als Einflussfaktor auf die Bildung

Eine gewagte These, warum in Lateinamerika generell eine praxisnahe Ausbildung, die

auch körperlichen Einsatz fordert, gesellschaftlich auf Ablehnung trifft, könnte auf die

Kolonialisierung und die Gewaltherrschaft der spanischen Kolonialherren zurückzuführen

sein, denn die Indios wurden durch ein Dekret im Jahre 1503 durch Königin Isabella degra-

diert auf die Ausübung körperlicher Tätigkeit.157 Las Casas begründete das Massensterben

durch die „exzessive Arbeit, den Mangel an Nahrung und Unterhalt, die Unzufriedenheit an

der Arbeit mit der Hoffnungslosigkeit, jemals daraus freizukommen.“158

152 Vgl. Bayer, 2013, S. 39; Lutz, 2014a, S. 16 f. 153 Laut Auflistung der Berufe nahmen die AHK Ecuador und die AHK Bolivien nicht an der Umfrage

teil. Die Ergebnisse sind also global und nicht lateinamerikaspezifisch zu deuten. 154 Vgl. Lutz, 2014a, S. 9 155 Vgl. ebenda, S. 16 156 Vgl. ebenda, S. 19 157 Vgl. Gillner, 1998, S. 149 158 HI III 2356 zit. nach ebenda, S. 149

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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Womöglich hat diese Erfahrung mit harter körperlicher Arbeit, die zum Tode führte und

auferlegt wurde, zu einer gänzlich anderen Konnotation des Arbeits- und folglich des Be-

rufsbegriffes geführt, als in Deutschland.159 Folglich wird körperliche Arbeit als Zwangsar-

beit aufgefasst, die nicht autonom und selbstbestimmt ausgesucht wurde und gegenüber

der akademischen Bildung als minderwertig und erzwungen gilt.

Auf Besonderheiten des lateinamerikanischen Kulturraums und dessen Auswirkungen auf

die berufliche Bildung einzugehen, könnte Gegenstand einer weiteren Studie sein. Im fol-

genden Abschnitt soll lediglich auf ausgewählte Punkte hingewiesen werden, die nach Mei-

nung der Autorin für das Verständnis des Kontextes, in welchem ein Transfer des dualen

Systems angedacht ist, grundlegend sind. Zu diesen Punkten zählen der große Sektor in-

formeller Arbeitskräfte, die Jugendarbeitslosigkeit und der technische Fachkräftemangel.

Ob es sich hierbei um Argumente dafür handelt, das duale System als Maßnahme zu imple-

mentieren oder aber um Rahmenbedingungen, die einen Transfer unmöglich machen, oder

zumindest ein Modell verlangen, das an lokale Bedürfnisse angepasst ist, soll an dieser

Stelle unkommentiert bleiben.

3.2.2 Beschaffenheit des informellen Sektors und sein Zusammenhang mit der Jugend-

arbeitslosigkeit

Oberliesen und Oberliesen stellen als eines der Merkmale, das im gesamten lateinamerika-

nischen Raum ähnlich ausgeprägt ist und sich auf die Entwicklung der Bildung ausgewirkt

hat, den hohen Anteil an informellen Arbeitstätigkeiten heraus. Es handelt sich hierbei um

Arbeiten, die an Jahreszeiten oder Aufträge gebunden sind, wie beispielsweise fliegende

Händler, Marktverkäufer, Schuhputzer, Reparaturen und Dienstleistungen jeglicher Art.

Viele Frauen verkaufen selbstgekochtes Essen auf der Straße oder Obst und Gemüse auf

dem Markt. So verschieden die Arbeiten auch sein mögen, sie haben allesamt folgende

Gemeinsamkeiten: die Einnahmen sind ungewiss, die Arbeitsbedingungen unsicher und es

gibt keinerlei soziale Absicherung abseits vom familiären Netzwerk. Neben dem informel-

len Sektor sind in den meisten Branchen die einheimischen Unternehmen klein und verfü-

gen lediglich über geringes technologisches Knowhow.160

Der informelle Sektor ist laut Angaben der Weltbank 2013 in Bolivien im Vergleich zu den

anderen lateinamerikanischen Ländern am höchsten ausgeprägt. Auf dem Land sind es

159 Im Hinblick auf das „okzidentale“ Berufsverständnis ist Max Weber zu nennen, der Luther und

dessen Übersetzung des „Berufes“ Weber im dritten Kapitel seines Werkes „Die Protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus“ (1904/1905) diskutiert und an dieser Stelle auf die etymo-logische Herkunft, Bedeutung und Assoziation von Beruf eingeht und betont, dass sowohl in der englischen Übersetzung „calling“ als auch im deutschen Substantiv „Beruf“ eine religiöse Ver-pflichtung zu erkennen sei, nämlich, dass ein Beruf eine Aufgabe darstelle, die Gott dem Men-schen auferlege. Dieser Anspruch verdeutlicht das positiv konnotierte Verständnis des Berufes.

160 Vgl. Oberliesen/Oberliesen, 2012, S. 212 f.

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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knapp 80 % und durchschnittlich 60 % der Menschen. Das erklärt die offizielle, relativ ge-

ringe Arbeitslosenquote, 70 % der Arbeiter zahlen in keinerlei Rentensystem ein. Gründe

für die hohe informelle Rate sind, dass öffentliche Institutionen sehr schwach ausgeprägt

sind und es kaum Vorteile mit sich bringt, im formalen Sektor eine Anstellung innezuha-

ben.161

Die folgende Tabelle gibt Aufschluss über den Anteil des informellen Sektors in den ver-

schiedenen Ländern.

Tabelle 3: Anteil von Erwerbstätigen im informellen Sektor162

In Peru arbeiten laut der nationalen statistischen Behörde 35,5 % der 15 bis 29-jährigen als

ungelernte Arbeitskraft, Dienstleister, Bauchladenverkäufer oder fliegende Händler, weite-

re 16,7 % arbeiten als Verkäufer und Köche.164

Als Gründe für den großen Anteil an informellen Erwerbstätigen in Bolivien werden vom

Studienzentrum für Arbeit und ländliche Entwicklung Centro de Estudios para el Desarrollo

Laboral y Agrario (CEDLA) in einer 2011 veröffentlichten Studie die Folgenden angegeben:

Der Kapitalismus setzte spät ein, viele der betroffenen Branchen produzieren geringe

Stückzahlen und verfügen nicht über fortschrittliche Technologie, wie beispielsweise das

(Kunst-)-Handwerk. Bolivien im Allgemeinen ist im Hinblick auf die Industrialisierung noch

wenig entwickelt, was dazu führt, dass sich die Wirtschaft in den Städten zu einem tertiä-

ren Sektor entwickelte und sich die lokale Produktion in wenigen Zentren ballt. 2004 waren

92 % der neugegründeten Firmen in La Paz und auf El Alto kleine und mittelständische Un-

ternehmen. Bolivien ist ein typisches Exportland, das sich auf wenige, aber wiederum sehr

lukrative, Branchen beschränkt. In der Konsequenz profitieren nur wenige Firmen und

Branchen, in erster Linie sind dies die Erdölindustrie und der Bergbausektor, von den Ge-

winnen. Grundsätzlich haben die Exportmärkte vor den lokalen Märkten Vorrang. Das führt

dazu, dass insbesondere Sektoren, in denen mehr Menschen eine Anstellung finden würden,

eine geringe staatliche Unterstützung oder Subvention erhalten. Häufig findet man Ar-

161 Vgl. The World Bank, 2013, o.S. 162 Eigene Darstellung, Datenquellen: 1: OECD, 2009, S. 2; 2: ILO, 2012, S. 9 163 nicht angegeben (n. a.) 164 Vgl. INEI, 2011, S. 32

Land 20091 20122

Argentinien 53,30 % 49,70 %

Bolivien 63,50 % 75,10 %

Chile 35,80 % n. a.163

Ecuador 74,90 % 69,90 %

Mexiko 50,10 % 53,70 %

Peru 67,90 % 69,90 %

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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beitsverträge, die sehr flexibel geregelt sind, je nach Auftragslage und Saison. Öffentliche

Institutionen, die unterstützen, sind sehr schwach ausgeprägt. Daher wird nach Möglichkei-

ten gesucht, um die Familie zu ernähren, was wiederum die hohen Raten des informellen

Sektors erklärt.165

Der informelle Sektor hat, wie von der Weltbank angesprochen, Auswirkungen auf die Ar-

beitslosigkeitsraten und dies wiederum erklärt die in Bolivien offizielle, relativ geringe

Jugendarbeitslosigkeitsquote.

Tabelle 4: Jugendarbeitslosigkeitsquoten im Ländervergleich166

Land 2011 2013

Argentinien 18,80 % 19,90 %

Bolivien 5,50 % 4,90 %

Chile 17,60 % 16,10 %

Ecuador 10,70 % 10,10 %

Mexiko 10,00 % 9,40 %

Peru 9,50 % 8,90 %

Die Jugendarbeitslosigkeit der 14 bis 29-jährigen lag in Mexiko bei 8,3 % im zweiten Quar-

tal des Jahres 2014. Hector Magaña vom Forschungszentrum für Wirtschaft und Handel

(Centro de Investigación en Economía y Negocio) betont, dass 41 % der Arbeitslosen hoch-

qualifiziert sind und über Bildungsabschlüsse der Sekundarstufe II oder sogar universitäre

Abschlüsse verfügen.167

3.2.3 Technischer Fachkräftemangel168

„Das Defizit an qualifizierten Fachkräften ist in allen Ländern Lateinamerikas sehr hoch.

Die meisten lateinamerikanischen Länder sind überschwemmt von Akademikern.“169 Mit

diesen Worten fasst der deutsche Botschafter Boliviens Peter Linder, der von 2010 bis 2013

in Quito Botschafter war, die Situation, die durch Interviews, Literatur, Beobachtungen

und Gespräche bestätigt wurde einprägsam zusammen. In allen Interviews kommt der

Fachkräftemangel zur Sprache, so wird in Chile betont, dass „ […] insbesondere in den

letzten Jahren ein extremer Fachkräftemangel [herrsche], der auf die Notwendigkeit tech-

nischer, qualifizierter, praxisnaher, ausgebildeter Menschen aufmerksam macht.“170 Der

Fall Ecuador beleuchtet eine weitere Facette des Fachkräftemangels, nämlich, dass es

nicht das Problem sei, dass Unternehmen nicht wüssten, wo die Fachkräfte herzubekom-

165 Vgl. CEDLA, 2011, S. 1 166 Eigene Darstellung, Datenquelle: El Banco Mundial, 2014, o.S. 167 Vgl. Zenyazen, 2014, o.S. 168 Kategorie: Landesspezifische Besonderheiten 169 Linder, Z. 30-32 (Gedächtnisprotokoll) 170 Hall, Z. 28-30

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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men seien, sondern dass diese „dermaßen weit von der Praxis weg [sind], dass diese dann

eine komplette Investition tätigen müssten, um die Absolventen praxisfit zu machen.“

Auch in Peru gäbe es genügend sehr gute Universitäten und Hochschulabsolventen, aber

„[e]in Großteil der Techniker in Peru ist kurz davor in den Ruhestand zu gehen und es wer-

den dringend junge Leute benötigt.“171 In Argentinien fehle es an qualifiziertem techni-

schem Personal, insbesondere im mechanischen Bereich.172

3.2.4 Angebot an dualen Ausbildungsberufen173

Die folgende Tabelle soll einen Überblick über das duale Ausbildungsangebot, das derzeit

in den Ländern Argentinien, Bolivien, Chile, Ecuador, Mexiko und Peru in Kooperation mit

den deutschen Auslandshandelskammern angeboten wird, geben. Überwiegend handelt es

sich um duale Ausbildungsangebote, aber bei einigen wenigen, handelt es sich auch um

berufsbegleitende Weiterbildungsangebote, die von der Kammer zertifiziert werden.

Die Tabelle unterscheidet zwischen kaufmännischen Ausbildungsangeboten und techni-

schen Ausbildungsangeboten. Diese Einteilung führt schnell vor Augen, dass die kaufmänni-

schen Ausbildungsberufe meist in Kooperation mit privaten Bildungseinrichtungen, meist

der Deutschen Schule, angeboten werden und die Schüler über spezielle Eintrittsvorausset-

zungen, wie zum Beispiel Abitur und das Sprachzertifikat deutsch verfügen müssen. Viele

der technischen Ausbildungsberufe wurden erst in den letzten Jahren eingeführt, oder sind

teilweise noch in der Pilotprojektphase. Allerdings wird hier deutlich, dass diese selten mit

Kosten für die Schüler verbunden sind, die Unterrichtssprache spanisch selbstverständlich

ist und in Kooperation mit öffentlichen Bildungseinrichtungen angeboten wird. Dies führt

auch dazu, dass diese Ausbildung häufig staatlich gefördert und gewollt ist.

Die Übersicht soll dem Leser dazu dienen, bereits einen umfassenden Überblick über das

derzeitige duale Ausbildungsangebot zu erhalten. Außerdem werden auf diese Weise be-

reits implizit viele der Themen, die im späteren Verlauf detailliert thematisiert werden,

angesprochen, wie beispielsweise: Kooperation, Zugänglichkeit, Durchlässigkeit und Inte-

resse der Regierung.

171 Arciniega, Z. 76 f. 172 Vgl. Falugue, Z. 335-337 173 Kategorien: Angebot an dualen Ausbildungsberufen, Finanzierungskonzept, Durchlässigkeit

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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Tabelle 5: Übersicht des Angebots an kaufmännischen und technischen dualen Ausbildungsberufen174

Argentinien Bolivien Chile Ecuador Mexiko Peru duale kaufmän-nische Ausbil-dungs-berufe

Industriekaufmann, Groß- und Außenhan-delskaufmann, Kauf-mann für Bürokommu-nikation1

Industriekaufmann, Groß- und Außenhan-delskaufmann1

Groß- und Außenhan-delskaufmann, Schiff-fahrtskaufmann, Kaufmann für Büro-kommunikation, Spedi-tionskaufmann1

Groß- und Außenhan-delskaufmann, Indust-riekaufmann, Büro-kaufmann, Speditions-kaufmann1

Industriemechaniker, Werkzeugmechaniker, Mechatroniker12

Industriekaufmann, Groß- und Außenhan-dels-kaufmann, Büro-kaufmann1

duale technische Ausbildungs-berufe

Mechatroniker14,16, Kfz-Mechatroniker14,16, Chemielaborant14, Industriemeister (Wei-terbildung)14

kein Angebot Industriemechaniker, Elektroniker, Mechat-roniker, Mechatroniker für Kältetechnik, Kin-dergärtner, Erzieher, Sozialarbeiter9 (teil-weise als duale Wei-terbildung)

42 duale technische Ausbildungsberufe in den folgenden Sekto-ren (Anzahl der Spezia-lisierungen): - Ingenieur, Industrie Bauwirtschaft (18) - Landwirtschaft (4) - Softwareentwicklung und Biotechnologie (2) - öffentlicher Dienst (11) - Medienberufsbil-der (5) - Gesundheits-sektor (1) Bildungsbe-reich (1).2

Modell B, bzw. Modelo Mexicano Formación Dual (MMFD) bzw. Modelo Educación Dual (MED) in 6 unter-schiedlichen Branchen Elektromechanik, Werkzeugmaschinen-bau, Mechatronik, Informatik, Verwaltung (kaufm.), Tourismus & Hotellerie (kaufm.)4

Modell A: Industrieme-chaniker, Werkzeug-mechaniker, Mechat-roniker12

Piura: Landwirt, Landwirtschaftstechni-ker Jaén: Agrarwirt in Kooperation mit Senati & GIZ: Wasseraufberei-tungstechniker & Techniker in Wasser-versorgung und Abwas-serbehandlung; Me-chatroniker6,7,8

Bildungs-einrichtung (kaufm.)

Deutsche Schule, BBZ1 Deutsche Schule, BBZ1 Deutsche Schule, Insti-tuto Superior Alemán de Comercio (INSAL-CO)1

Deutsche Schule, Insti-tuto Tecnólogico Supe-rior Alemán1

In 2 Branchen (MMFD/MED) siehe technische Ausbil-dungsberufe

Deutsche Schule, BBZ1

174 Quelle: eigene Darstellung, Datenquellen: 1: ZfA, 2014a, S.1-5; 2: SENESCYT, 2015b. o.S.; 3: SENESCYT, 2015c, o.S.; 4: CONALEP, 2013, S. 1-29; 5: iMove, 2012, S. 17-22; 6: AHK Peru/Gobierno Regional Piura, 2014, S. 2 f.; 7: A, 2014, S. 2-8; 8: Arciniega, 2015, S. 3; 9: H, 2014, S. 2; 10: Por, 2014, S. 2-9; 11: F, 2015, S. 4-14; 12: Pä, 2014, S. 1-9; 13: Martinet, 2014, S. 25-31; 14: AHK Argentinien, 2015, o.S.; 15: AHK Argentinien /Hölters Schule, 2014, o.S.; 16: Centro de Formación Industrial, 2015, o.S.; 17: Bandowski, 2014, o.S.; 18: Cáceres-Reebs/Schneider, 2013, S. 12; 19: COMECYT, 2015, o.S.; 20: AHK Mexiko/PROCEI, 2013, S. 1-6; 21: ITSA, 2015a, o.S.; 22: ITSA, 2015b, o.S.; 23: AHK Bolivien, 2013, S. 33; 24: BBZ Lima, 2014, o.S.; 25: INSALCO Chile, 2015, o.S.; 26: Hall, 2015, o.S.; 27: Porten-kirchner, 2015, o.S.; 28: Doffing, 2015, o.S.

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 27 -

Argentinien Bolivien Chile Ecuador Mexiko Peru

Bildungs-einrichtung (techn.)

Kfz- & Mechatroniker: Centro de Formación Industrial16; Chemie-laborant: Universidad Tecnólogica de Buenos Aires (ITBA)11; Indus-triemeister: Mercedes-Benz11,14

kein Angebot staatlich: sekundäres Niveau; privat: tertiä-res Niveau9

Institutos Técnicos y Técnologicos Superio-res Sectoriales (INTES), Institutos Técnicos y Tecnológicos Superio-res Territoriales (INT-TER)3

Colegio Nacional de Educación Profesional Técnica (CONALEP)4 ; Universidad Politécni-ca im Valle de México (UPVM), Universidad Politécnica im Valle de Toluca (UPVT), Univer-sidad Politécnica in Tlaxcala (UPT)18

n. a.

privat oder öffentlich (kaufm.)

privat1 privat1 privat1 privat1 In 2 Branchen (MMFD/MED) siehe technische Ausbil-dungsberufe

privat1

privat oder öffentlich (techn.)

privat11,14,16 kein Angebot Über 200 ‚liceos técnico-profesionales‘ einige mit chileni-schem dualen System, zahlreiche Institutio-nen auf tertiärem Ni-veau25

40 öffentliche Bildung-seinrichtungen: INTES, INTTER3,10

50 öffentliche Bil-dungseinrichtungen: CONALEP & UPVM, UPVT, UPT4

Piura: 5 öffentliche Bildungseinrichtungen8;

Jaén: 1 öffentliche7;

Ausbildungsberufe im Bereich Wasser: 2 pri-vate7; Mechatroniker: privat (Senati)7

Eingangs-voraussetzung (kaufm.)

Sekundarschulabsch-luss, Sprachdiplom II1

Bolivianische Hochs-chulreife, Sprachdi-plom II1

Sekundarschulabsch-luss, Hochschulreife, Sprachdiplom II1

Ecuadorianischer Se-kundarschulabschluss, Sprachdiplom II1

In 2 Branchen (MMFD/MED) siehe technische Ausbil-dungsberufe

Peruanischer Sekun-darschulabschluss, Sprachdiplom II1

Eingangs-voraussetzung (techn.)

Kfz- & Mechatroniker: Alter zwischen 18 bis 24 Jahren; Schulab-schluss einer techn. Schule15

kein Angebot keine25 Abitur10 Sekundarstufe I5 n. a.

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 28 -

Argentinien Bolivien Chile Ecuador Mexiko Peru

Unterrichts-sprache (kaufm.)

meist deutsch, sonst spanisch und englisch1

meist deutsch, sonst spanisch und englisch1

meist deutsch, sonst spanisch und englisch1

meist deutsch, sonst spanisch und englisch1

In 2 Branchen (MMFD/MED) siehe technische Ausbil-dungsberufe

meist deutsch, sonst spanisch und englisch1

Unterrichts-sprache (techn.)

spanisch, technisches Deutsch & Englisch sind Bestandteil11

kein Angebot spanisch9 spanisch10 spanisch12 spanisch7

Dauer (kaufm.)

2 Jahre1 2 Jahre1 2 Jahre1 2 Jahre (plus ggf. 1 Jahr Deutsch kom-pakt)1

In 2 Branchen (MMFD/MED) siehe technische Ausbil-dungsberufe

2 Jahre1

Dauer (techn.)

Kfz- & Mechatroniker: 2 Jahre16;

kein Angebot auf Sekundärstufe: 3 und 4 Jahr (entspricht 11 und 12 Jahre in Dtld. - die letzten beiden); tertiär 1.600 Stunden/2 Jahre25

2,5-3 Jahre27 Modell A: 3 Jahre, Modell B/ MMFD/MED: 2 Jahre20

n. a.

Abschluss (kaufm.)

Industriekaufmann, Groß- und Außenhan-delskaufmann, Kauf-mann für Bürokommu-nikation1

Groß- und Außenhan-delskaufmann (drei-sprachig) und ggf. Fachhochschulreife, Industriekaufmann (dreisprachig) und ggf. Fachhochschulreife1

Groß- und Außenhan-delskaufmann, Schiff-fahrtskaufmann, Kaufmann für Büro-kommunikation, Spedi-tionskaufmann1

Groß- und Außenhan-delskaufmann, Indust-riekaufmann, Büro-kaufmann, Speditions-kaufmann, Kaufmann für Tourismus1

In 2 Branchen (MMFD/MED) siehe technische Ausbil-dungsberufe

Industriekaufmann (zweisprachig) und ggf. Fachhochschulrei-fe, Groß- und Außen-handelskaufmann (zweisprachig) und ggf. Fachhochschulrei-fe, Bürokaufmann (dreisprachig) und ggf. Fachhochschulreife1

Anerkennung (kaufm.)

DIHK, KMK, AHK1 DIHK, KMK, Nationale Anerkennung als "Técnico Superior Bi-lingue en Comercio Exte-rior/Administración y Organización indus-trial"1

DIHK, KMK, Chilenis-ches Erziehungsminis-terium1

DIHK, KMK,1 Ecuado-rianische Hochschul-behörde27

In 2 Branchen (MMFD/MED) siehe technische Ausbil-dungsberufe

DIHK, KMK, Peruanis-ches Erziehungsminis-terium1

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 29 -

Argentinien Bolivien Chile Ecuador Mexiko Peru

Abschluss & Anerkennung (techn.)

keine nationale Aner-kennung der Titel11

kein Angebot n. a. ecuadorianischer Ab-schluss geplant als Técnico oder Tecnólogo27

Modell A (DIHK, KMK, AHK, CONOCER):4, 12 Industriemechaniker, Werkzeugmechaniker, Mechatroniker; Modell B: Mexikanisches Er-ziehungsministerium4, AHK Mexiko zertifiziert Kategorie B (DIHK) durch CONOCER bestä-tigt12, Sekundarstufe II5

Piura: Peruanisches Erziehungsministerium - AHK Peru zertifiziert: Kategorie B (DIHK)6,7

Abkommen mit Universitäten (kaufm.)

Universidad del Salva-dor (USAL), Universität Passau14

Universidad Nuestra Señora de La Paz (UNSLP), Universidad Católica Boliviana San Pablo (UCB), technis-che Hochschule Wil-dau23

Universidad Mayor25 Universidad Católica del Ecuador (PUCE)21

In 2 Branchen (MMFD/MED) siehe technische Ausbil-dungsberufe

Kosten des Unternehmens (kaufm.)

700 USD monatlich11 240 USD monatlich13 ca. 2.400 USD jährlich 4.980 USD jährlich21 In 2 Branchen (MMFD/MED) siehe technische Ausbil-dungsberufe

n. a.

Kosten des Unternehmens (techn.)

n. a. kein Angebot keine25 Momentan ungeklärt, soll gesetzlich festge-legt werden. Aktuelle Vorschläge liegen bei 2,50 USD / Std.27

Modell A: trägt Ausbil-dungskosten & Prü-fungskosten12

258 USD/Monat7

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 30 -

Argentinien Bolivien Chile Ecuador Mexiko Peru

Kosten des Schülers (kaufm.)

keine11 90 USD monatlich13 ca. 2.400 USD jährlich 1.668 USD jährlich21 In 2 Branchen (MMFD/MED) siehe technische Ausbil-dungsberufe

3.410 USD jährlich24

Kosten des Schülers (techn.)

n. a. kein Angebot generell umsonst in der Schule, technische Ausbildung (tertiär) kostenpflichtig25

keine10 keine12 keine7

weitere Finanzierung (techn.)

n. a. kein Angebot Stipendien vom Staat und demnächst staatl. gelenkte und finan-zierte Ausbildungsein-richtungen tertiäres Niveau25

Staat investiert 308 Millionen Dollar um die 40 Bildungseinrichtun-gen (INTES, INTTER) auszustatten10; Deut-sche Bundesregierung unterstützt Projekte mit einem Zuschuss in der Höhe von 1,2 Milli-onen Euro17

Stipendien durch den mexikanischen Wissen-schafts- und Technolo-gierat COMECYT (Consejo Mexiquense de Ciencía y Tecnología)19

Regionale Landesver-waltungen müssen die "Institutos Superiores finanzie-ren",7Regionalverwaltung Piura zahlt 24.500 USD an die AHK Peru für die Implementie-rung der Ausbildungs-berufe Landwirt und Landwirtschftstechniker6; Jaén: Firmen erhal-ten staatliche Unter-stützung7

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 31 -

3.2.5 Potenzielle Vorteile der dualen Ausbildung175

Die Vorteile, die durch die duale Ausbildung entstehen könnten, lassen sich zu unterschied-

lichen Argumenten bündeln. Die sich im Anhang befindende Excel-Tabelle dokumentiert

die Zuordnung.

Tabelle 6: Häufigkeitsanalyse: Vorteile der dualen Ausbildung

Argument Nennungen

Kompetenzen 11

beidseitiger Nutzen 10

Soziale Aspekte 6

Arbeitserfahrung 5

Theorie-Praxis-Transfer 5

Qualifizierung 4

Antwort auf Bedarf 4

Das duale Berufsausbildungssystem sei generell eine Antwort auf einen Bedarf und im Spe-

ziellen auf den hohen Bedarf an Fachkräften. In verschieden Aussagen, wie auch der fol-

genden, wird deutlich, dass es an qualifizierten Facharbeitern fehle: „Man sagt ja in diesen

lateinamerikanischen Ländern es gibt sehr viele Generäle, aber wenig Soldaten. Und so ist

es in der Industrie eigentlich auch. Also dass die Leute/Facharbeiter fehlen, die in der In-

dustrie arbeiten“176 Die praxisnahe Art der dualen Ausbildung führe nach Meinung der Ex-

perten zu Qualifizierung und Spezialisierung. Die Arbeitserfahrung, die die Jugendlichen

durch die duale Ausbildung sammeln, wird von den Interviewpartnern als sehr wichtig er-

achtet. Die Ausbildungszeit sei wesentlich geringer, als die bei herkömmlichen Studiengän-

gen und vor allem trage die Praxisnähe zur Überwindung der Theorie-Praxis-Schere bei und

wurde von den Experten als beachtlicher Vorteil, im Gegensatz zur „[s]ehr

verakademisiert[en], sehr theoretisch[en], sehr schulisch[en], sehr wenig zum eigenständi-

gen Handeln angeleitet[en] und wenig problemlösen[den] [üblichen Art der Ausbildung]“177

angeführt. Denn bei der dualen Ausbildung werde „erfolgsversprechend arbeitsnah“178 ge-

lernt. Dass durch die duale Ausbildung auch gesellschaftliche und soziale Aspekte berührt

werden oder sogar Missstände behoben werden sollen, wird beispielsweise durch den fol-

genden Ausspruch deutlich: „Entwicklung und Industrialisierung sollen durch die duale Aus-

bildung bewirkt werden durch eine Investition in Humankapital“179. Des Weiteren wird ge-

nannt, dass es gelingen könne gesellschaftliche Problemlagen wie „Jugendkriminalität“180

175 Kategorie: Vorteile 176 Päleke, Z. 268-271 177 Portenkirchner, Z. 32-34 178 Martinet, 6, Z. 18 179 Linder, Z. 111 f. (Gedächtnisprotokoll) 180 Schneider, Z. 179

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 32 -

und „Jugendarbeitslosigkeit“181 einzudämmen, soziale Bedingungen zu verbessern und

„dass das duale System für Lateinamerika eine Lösung der Probleme wäre, die wir heutzu-

tage im Bereich Bildung haben“182. Mithilfe der dualen Berufsausbildung könnten Kosten

gesenkt werden, da nicht extra Fachpersonal eingeflogen werden müsse, der Auszubilden-

de würde gemäß den Bedürfnissen des Unternehmens ausgebildet werden und auf der an-

deren Seite erhalte der Absolvent eine fundierte Ausbildung, Wertschätzung, persönliche

Betreuung, und viele der Absolventen würden im Anschluss übernommen werden, Karriere

machen und vergleichsweise schnell hohe Positionen erreichen.183 Die angeführten Argu-

mente sollen dem beidseitigen Nutzen für Auszubildenden und Unternehmen, „diese[m]

Win-Win, das das duale System eigentlich überall mitbringt, wenn man’s richtig macht.“184

zugeordnet werden. Kompetenz oder „berufliche Handlungsfähigkeit“185 wurde häufig als

Schlagwort, auch im Kontext der bereits angesprochenen Vorteile, genannt. Zu den wichti-

gen Kompetenzen, die durch die duale Ausbildung erlangt werden, gehören „Umgang mit

Menschen“186, Flexibilität187, „Achtung untereinander“188, „im Team arbeiten“189, „Sauber-

keit, Ordnung“190, „Arbeitskompetenz“191, sich „an den Wandel anzupassen“192, und die

häufig genannte fachliche Kompetenz.

3.2.6 Gesellschaftliches Ansehen der Berufs(aus)bildung193

Generell sei es ein „lateinamerikanisches Phänomen, wo so mittellange sehr praxisorientierte oder

kurze Ausbildungen an sich nicht so attraktiv sind, weil sie nicht das hohe Sozialprestige haben,

auch wenn man damit vielleicht besser oder gleichgut verdienen kann, vielleicht auch gleich einfach

eine Arbeit findet.“194

Diese Aussage betont, dass die berufliche Bildung gegenüber der universitären, generell in

Lateinamerika eine geringe Akzeptanz genießt. Familien, die über die finanziellen Mittel

verfügen, ermöglichen ihren Kindern einen Studienplatz an einer Universität.195 Eine Aus-

bildung zu absolvieren, die zum Titel des ‚Técnicos‘ führt, wird als minderwertig betrach-

181 Ebenda, Z. 180 182 Falugue, Z. 133 f. 183 Vgl. Päleke, Z. 67 f.; Schneider, Z. 271-275; Arciniega, Z. 30-35; Martinet, Z. 76 f.; Falugue, Z.

24 f.& 61 & 65 184 Schneider, Z. 184 f. 185 Hall, Z. 25 186 Päleke, Z. 244 f. 187 Vgl. Martinet, Z. 25 188 Päleke, Z. 245 189 Ebenda, Z. 246 190 Ebenda, Z. 246 191 Schneider, Z. 183 192 Falugue, Z. 33 193Kategorie: Gesellschaftliches Ansehen der Berufs(aus)bildung, Gesprächsthema, Unkenntnis, Pa-

radigmenwechsel 194 Portenkirchner, Z. 126-130 195 Vgl. Päleke, Z. 266-268

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 33 -

tet, denn „Menschen betrachten es nicht als gut ein ‚Técnico‘ von Beruf zu sein. In der

Gesellschaft wird der ‚Técnico‘ mit dem Maurer gleichgestellt oder dem ‚Técnico‘, der den

Fernseher repariert.“196

Doch länderspezifisch sind Unterschiede im Hinblick auf Bekanntheit und Umgang mit dem

dualen System in der Gesellschaft, aus Sicht der interviewten Personen, zu machen:

Die Antworten ließen sich zu drei unterschiedlichen Argumenten bündeln, deren Verteilung

in Tabelle 9 dargestellt und in der Excel-Tabelle im Anhang detailliert aufgelistet sind:

Tabelle 7: Häufigkeitsanalyse: Image des dualen Systems

Argument Nennungen Land

Gesprächsthema 7 Chile, Ecuador, Mexiko

Unkenntnis 5 Argentinien, Bolivien, Peru

Kulturwandel/Paradigmenwechsel 4 Ecuador

In Chile, Ecuador und Mexiko sei das duale System ein aktuelles Gesprächsthema in Politik

und Gesellschaft. In Chile wurde das positive Image betont, in Ecuador kamen die ver-

schiedenen Radiospots, Werbemittel zur Sprache und in Mexiko, dass die Implementierung

des dualen Systems, angepasst an lokale Bedürfnisse, von der Regierung gewollt sei:

Chile: „[…] das ist im Moment eigentlich recht positiv, weil das System mehr diskutiert

wird heutzutage.“197

Mexiko: „Heute stark, das ist natürlich in den 20 Jahren nicht immer so gewesen.“198

Ecuador: „Es ist jetzt natürlich in der öffentlichen Diskussion, es ist in den Medien“199

„[…]es gibt Fernsehspots, Radiospots, die eben diese ‚formación técnica y tecnológica‘

bewerben, die dann auch auf die ‚modalidad dual‘ hinweisen und das erleichtert das Arbei-

ten schon sehr.“200

In Argentinien, Peru und Bolivien wurde betont, dass das duale System unbekannt sei und

dass es wichtig wäre aktive Pressekampagnen zu starten, Firmen, Auszubildende, Eltern,

Interessenten, die Gesellschaft insgesamt über Merkmale und Möglichkeiten, die das duale

System ausmachen, zu informieren:

Argentinien: „[…] wenn wir vom dualen System berichten, müssen wir bei null anfangen,

weil niemand das duale System kennt.“201 „Wir wollen neue Wege eröffnen, uns auf dem

argentinischen Markt positionieren, dass man weiß, was das duale System bedeutet.“202

Bolivien: „[…]nicht viele Menschen wissen, was die duale Berufsausbildung ist“203

196 Martinet, Z. 357-359 197 Hall, Z. 280 f. 198 Schneider, Z. 99 199 Portenkirchner, Z. 64 200 Ebenda, Z. 77-29 201 Falugue, Z. 482 f. 202 Ebenda, Z. 488 f.

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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Peru: „Wir sind mit diesen im Kontakt, um sie als Verbündete zu gewinnen und auch um

das duale System nicht nur an die Firmen heranzutragen, sondern auch an die Studenten,

Eltern von Familien, so dass diese wissen, dass eine Alternative in Form von einer techni-

schen Ausbildung besteht und dass diese nicht universitär strukturiert ist und den Absol-

venten sehr interessante Möglichkeiten im Leben eröffnet.“204

Durch die flächendeckende Einführung des dualen Systems in Ecuador, initiiert von der

Regierung, wird eben aber gerade auch die Herausforderung thematisiert, dass ein wesent-

licher Bestandteil, der die Implementierung stützt, nur mit einem Paradigmenwechsel,

einem Kulturwandel innerhalb der Gesellschaft einhergeht und dass dieser häufig mit un-

kalkulierbaren Ereignissen einhergeht :

„Und natürlich auch der Kulturwandel, im Sinne von, wie schafft man es denn, diese Ausbildungen

auch wirklich attraktiv zu machen in einer Gesellschaft, die sehr daran orientiert ist, möglichst viele

und möglichst hohe Titel zu erlangen.“205

Dass es sich um eine Umstellung handelt, die für alle Beteiligten Zeit, Kraft und Umdenken

fordert und bei welcher Rückschläge auszuhalten sind, wird durch die folgende Anekdote

deutlich:

„Selbst der Minister sagte mal, zuständig für ‚talento humano‘, aktuell ist die ‚formación

técnica y tecnológica‘ das Letzte was sich Eltern hier für ihre Kinder wünschen.“206

203 Martinet, Z. 355 f. 204 Arciniega, Z. 303-307 205 Portenkirchner, Z. 125-127 206 Ebenda, Z. 133 f.

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 35 -

3.2.7 Interesse der Regierung am dualen System207

Der deutsche Botschafter Boliviens Peter Linder, der zuvor Botschafter in Ecuador war und

daher aus Erfahrung spricht, stellt deutlich klar, dass, wo immer ein Transfer des dualen

Systems gewollt ist, die nationale Regierung echtes Interesse bekunden und demonstrieren

müsse, bereit zu sein Investitionen zu tätigen.208

„Die deutsche Bundesregierung kann dann als Berater zur Seite stehen. Doch handelt es sich hierbei

nicht um Entwicklungshilfe, sondern viel eher um die Preisgabe von Expertenwissen.“209

Er untermalte seine Argumentation mit dem Beispiel des ecuadorianischen Präsidenten,

der dies demonstriert habe und eine Reise nach Deutschland im Frühjahr 2013 unternom-

men habe, um den Vorvertrag für die Berufsbildungspartnerschaft zwischen Ecuador und

Deutschland zu unterschreiben.210

Der ecuadorianische Präsident Rafael Correa will das duale System für sein Land gewinn-

bringend implementieren und treibt bereits seit zwei Jahren durch konkrete Maßnahmen

Umstrukturierung und Neupositionierung von Wirtschaft und Bildung voran, 211

„[…] weg vom reinen Rohstofflieferanten hin zur Wissensgesellschaft bzw. zum Exporteur von hoch-

wertigeren Produkten.“212. „[…] [D]a setzt man aufs duale System, vor allem weil man die Praxisori-

entierung erhöhen möchte und um Fachkräfte zu haben, die etwas komplexere Produktionsprozesse

managen können.“213

Auch zwischen Chile und Deutschland - es gibt eine Kooperation zwischen dem BIBB und

dem chilenischen Bildungsministerium - wird auf Geber- und Nehmerseite Interesse und

Bereitschaft am dualen System bekundet:214

„Nun war ja Frau Bachelet auch gerade mit Frau Merkel zusammen. Da wurde ja auch bekräftigt,

dass Chile und Deutschland zusammenarbeiten und viel mehr Deutschland das Berufsbildungssystem

zur Verfügung stellen sollte und Chile beraten soll damit.“215

Frau Bachelet verdeutlicht Interesse an der Kooperation mit Deutschland im technischen

und wissenschaftlichen Bereich.216 In einem Interview, das in Der Welt erschienen ist, ant-

wortet die Präsidentin Chiles auf die Frage nach der besten Chance der Zusammenarbeit:

„Das vor Kurzem [sic!] unterzeichnete Abkommen zur Vertiefung der wissenschaftlichen und tech-

nologischen Zusammenarbeit nutzt dazu ebenso wie die Vereinbarungen über Nachhaltigkeit und

berufliche Bildung.“217

207 Kategorie: Interesse der Regierung 208 Vgl. Linder, Z. 64 f. 68-70 & 109 f (Gedächtnisprotokoll) 209 Linder, Z. 66-68 (Gedächtnisprotokoll) 210 Vgl. ebenda, Z. 72-74 211 Vgl. Portenkirchner, Z. 36-38, 62-64 212 Ebenda, Z. 39-41 213 Ebenda, Z. 51-53 214 Vgl. Hall, Z. 292 f. 215 Ebenda, Z. 281-284 216 Vgl. Stausberg, 2014, o.S. 217 Ebenda, 2014, o.S.

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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In Peru ist man „in der Diskussion mit der regionalen Landesregierung von Piura“218 und

„[…] sowohl der Minister als auch der Präsident haben klargestellt, dass die Implementie-

rung des dualen Systems im Land von hoher Bedeutung ist.“219 In Bolivien stellte man fest,

dass die Regierung im Bereich Erneuerbare Energien und Wasserwirtschaft interessiert

ist.220 Vor allem in Argentinien und Mexiko sei es so, dass Zuspruch, Ausbau des dualen Sys-

tems und dann wieder Widerstand und Rückschläge stark von Regierungswechseln abhängig

seien:221

Argentinien: „Wir hoffen, dass die Positionierung sich im Jahr 2016 ändert durch Wechsel

[…]“222

Mexiko: „[…] dann gab es Regierungswechsel, dann haben wir mal eine Zeit lang wieder

nur intern arbeiten können.“223

Im Bundesstaat Mexiko schätzte man die Lage nun optimistisch ein, bald schon über gesetz-

liche Rahmenbedingungen zu verfügen, da der derzeitige Bildungsminister des Bundesstaa-

tes Mexikos schon seit Jahren ein „überzeugter Fürsprecher für das duale System“224 sei

und nun von dieser Position aus wirksam initiieren und lenken könne.225 Die zu Anfang die-

ses Kapitels dargestellte Tabelle (Abschnitt 4.2.4) zeigt auf, welche Regierung in welchem

Land finanziell in Umsetzung und Ausbau des dualen Systems investiert.

3.2.8 Die aktuelle Entwicklung bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen226

Auch wenn teilweise die Implementierung von der Regierung gewollt ist, wie der obige

Abschnitt demonstriert, existiert bisher in keinem der fünf Länder ein Berufsbildungsge-

setz. Oft ist es sogar so, dass die Akteure rechtliche Bedingungen, die für die Legalität der

dualen Ausbildung notwendig sind, in Form von komplexen Absprachen mit unterschiedli-

chen Ministerien koordinieren müssen:

Argentinien: „Wir haben eine Garantie des Arbeitsministeriums, weil wir keinen gesetzli-

chen Rahmen haben. Das was wir haben ist eine unterschriebene Garantie mit dem Ar-

beitsministerium, dass die Kammer dazu befähigt ist, jene Ausbildungsberufe gemäß unse-

rer eigenen Vorgehensweise anzubieten. Genauso haben wir mit dem Arbeitsministerium

eine Vereinbarung geschlossen. Es ist ein Rahmen, den die Kammer und die Firma unter-

schreiben, ein individueller Vertrag, den die Firma mit dem jungen Menschen schließt, und

218 Arciniega, Z. 58 f. 219 Arciniega, Z. 294-296 220 Vgl. Martinet, Z. 390 f. 221 Vgl. Päleke, Z. 17-19; Arciniega, Z. 502-504 222 Falugue, Z. 505 f. 223 Schneider, Z. 100 f. 224 Ebenda, Z. 124 225 Vgl. Päleke, Z. 286; Schneider, Z. 42 f. & 124 f. 226 Kategorie: Gesetzliche Rahmenbedingungen

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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das kam also vom Ministerium, dass sie ohne Probleme innerhalb der Firma arbeiten kön-

nen.“227

Bolivien: „Also mussten wir auch die Übereinkünfte mit den Firmen, die wir anfangs ge-

schlossen hatten, bei denen der gute Wille dominiert hatte, von arbeitsrechtlich speziali-

sierten Anwälten überarbeiten lassen. Das hatte den Grund, dass die Firmen keine Proble-

me mit dem Arbeitsministerium bekommen, da nach dem bolivianischen Recht es sich um

Praktikanten handelt, die länger als drei Monate in einer Firma sind, gehören sie zur Beleg-

schaft, müssen ein Gehalt der Firma erhalten, müssen abgesichert sein, müssen in der Ren-

tenversicherung AFP (=Administración de Fondo de Pensiones) sein, was die Sache für die

Firmen komplizierter gemacht hätte.“228

Ecuador: „Alle gesetzlichen Rahmenbedingungen, die uns immer so ein bisschen Schwie-

rigkeiten bereitet haben (also Sozialversicherung, muss ich was bezahlen, wie schauen

Ausbildungsverträge aus und wer ist eigentlich wofür verantwortlich), haben wir bisher in

kleinen Insellösungen erarbeitet und alles eher über juristische Ausnahmen geregelt, als

über ein wirkliches Berufsbildungsgesetz.“229

Im zweiten Halbjahr 2014 wurden in Argentinien, Peru und im Bundesstaat Mexiko Geset-

zesentwürfe, die die Umsetzung des dualen Systems erleichtern sollen, eingereicht. In

Ecuador rechnet man, „[…] im nächsten halben Jahr damit, dass alle verschiedenen

‚reglamentos‘, Richtlinien, Durchführungsbestimmungen und Verordnungen abgestimmt

sind und wir so dann ein relativ solides Rahmenwerk haben.“230

Im folgenden Abschnitt werden Inhalte der vorliegenden Gesetzesentwürfe von Argentini-

en, Peru und dem Bundesstaat Mexiko präsentiert und über relevante Akteure und deren

Verantwortung informiert:

Gesetzesentwurf: Argentinien

Der Gesetzesentwurf von Roberto G. Basualdo erschien am 18. November 2014 auf der Ta-

gesordnung der Bildungs- und Kulturkommission. 231 Man könnte den Entwurf wohl eher als

Absichtserklärung bezeichnen, da keine konkreten Zuständigkeiten, Verantwortlichen oder

gar konkret umsetzbare Klauseln genannt werden. Inhalte sind im folgenden Abschnitt Ge-

genstand:232

Das duale System im Bereich des mittleren Ausbildungsniveaus sowie auf univer-

sitärer Ebene zu integrieren sei von landesweitem Interesse, da die argentini-

227 Arciniega, Z. 434-441 228 Martinet, Z. 150-156 229 Portenkirchner, Z. 64-68 230 Ebenda, Z. 89-91 231 Vgl. Congreso de la Nación Argentina, 2015, o.S. 232 Die folgenden Informationen sind weitestgehend dem Gesetzesentwurf “Proyecto de Ley“ (S-

2237/14) verfasst von Roberto G. Basualdo (2014), entnommen.

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 38 -

sche Bildung in den vergangenen Jahren deutlich an Qualität abgenommen ha-

be, wie PISA und der Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt bescheinigen.233

Zwei Seiten lang argumentiert und erläutert Basualdo, dass das duale System

bereits seit Anfang des 19. Jahrhunderts in Argentinien Tradition hatte, da

schon im Jahr 1871 nationale technische Bildungseinrichtungen in Catamarca,

Salta und San Juan gegründet wurden.234

In einem Dokument, das vom Bildungsministerium und technischen Bildungsrat

veröffentlicht wurde ist für die Schulperiode 1980 von einem Pilotprojekt die

Rede, das in unterschiedlichen Provinzen wie Cordoba, San Juan Santa Fé und

Gran Buenos Aires der technische Bildungsrat CONET (Consejo Nacional de

Educación Tecnica) in Kooperation mit 45 Ausbildungsunternehmen gemeinsam

eine berufliche, technische duale Ausbildung anbieten werde. Dieses Projekt sei

begründet dadurch, dass bereits in den 70ern und Anfang der 80er auf den

Technikermangel hingewiesen worden sei. Auch die Wichtigkeit von Kooperation

zwischen Staat und Privatwirtschaft, um qualifizierte Arbeitskräfte zu schaffen,

wird hier betont. Als Ausbildungsberufe sind die folgenden angedacht: Mechani-

ker in verschiedenen Bereichen, Elektroniker und Laboranten. Ebenfalls be-

schrieben sind Vorteile, Prüfungsmodalitäten, Eintrittsvoraussetzungen, Ausbil-

dungsablauf, Theorie-Praxis-Anteil und Wissensaustausch und Unterstützung

durch die Kooperation mit der Bundesrepublik Deutschland.235

In den 90er Jahren mussten aufgrund einer Gesetzesänderung viele der techni-

schen Schulen schließen und nur sehr wenige Schulen, die engagierte Direktoren

und Lehrer besaßen, konnten bestehen bleiben. Diesen Wandel führt Basualdo

darauf zurück, dass von diesem Moment an technische Ausbildung in den Hinter-

grund geraten sei, da verstärkt auf Finanzmärkten spekuliert wurde.236

Das duale System kombiniere geschickt die Stärken des theoretischen Fachwis-

sens der technischen Schulen oder Universitäten mit dem Praxisbedarf und den

Fähigkeiten eine zeitgemäße, praxisnahe Ausbildung durch die Firmen anzubie-

ten. Als weitere Vorteile verweist er auf die deutsche Erfolgsgeschichte, führt

Mexiko, Ecuador und Chile als Länder an, die bereits aktiv implementieren. Des-

gleichen hebt er hervor, dass das duale System in vielen Ländern dazu führe,

233 Vgl. Basualdo, 2014, S. 1 234 Vgl. ebenda, 2014, S. 2 235 Vgl. Ministerio de Cultura y Educación Consejo Nacional de Educación Técnica, 1980, S. 1-6 236 Vgl. Basualdo, 2014, S. 3

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 39 -

gesellschaftliche Barrieren aufzubrechen: Denn häufig schließe Studieren kate-

gorisch Arbeiten aus und wer arbeite, habe kein Geld zum Studieren.237

Absicht seines Gesetzesentwurfs sei es nicht nur Werbung für das duale System

zu machen, sondern auch gesetzliche Grundlagen voranzutreiben.238

Gesetzesentwurf: Peru

Der peruanische Gesetzesentwurf, der am 12. Dezember 2014 im Kongress einging, ist we-

sentlich konkreter als der argentinische Gesetzesentwurf. Er ist in vier Kapitel bzw. zwölf

Artikel unterteilt, definiert zentrale Begriffe, beschreibt konkrete Bestimmungen, Struk-

turmerkmale, den Ausbildungsprozess und geht auf Zielvorstellungen und Nutzen des dua-

len Systems im Allgemeinen und für Peru ein.239

Die Berufsausbildung im dualen System soll eine technische Ausbildung sein, bei der die

theoretische Ausbildung von öffentlichen oder privaten Fachoberschulen Institutos

Superiores angeboten wird und die praktische Ausbildung durch Unternehmen begleitet

wird. Die Dauer von drei Jahren soll nicht unterschritten werden. Freiwilligkeit der Teil-

nahme von Seiten der Unternehmen und Fachoberschulen ist grundlegend sowie die Einhal-

tung der von der Kommission des Produktionsministeriums erlassenen Mindestbedingungen.

Zuständig für die Auswahl der Auszubildenden im Sinne derer Kompetenzen und der Be-

dürfnisse der Firmen sind die Bildungseinrichtungen. Der Auszubildende muss in einer

Fachoberschule eingeschrieben sein und seine Rechte und Pflichten dem Ausbildungsver-

trag entnehmen. Der Auszubildende muss wöchentliche Berichte verfassen und für den

Fall, dass er sich nicht im Sinne der Firma einbringt, kann er, durch die Fachoberschule

veranlasst, in eine andere Firma versetzt werden. Firmen, die am dualen System teilneh-

men, können bis zu 10 % der entstehenden Kosten der dritten Kategorie im Hinblick auf

Weiterbildung des Ausbilders und Auszubildenden abziehen. Jede Firma muss pro Ausbil-

dungsbereich über einen qualifizierten und zertifizierten Ausbilder verfügen. Der Ausbil-

dungsrahmenplan stellt sicher, dass der Auszubildende alle Unternehmensbereiche, die für

seine beruflichen Kompetenzen unerlässlich sind, durchläuft. Die Zeiten sind als Richt-

bzw. Mindestzeiten vom jährlichen Ausschuss der Berufsausbildung im dualen System erlas-

sen und müssen vom Ausbilder eingehalten werden.

Zentrale Akteure sind Fachoberschule, Firma, Bildungsministerium, Produktionsministerium

und der jährlichen Ausschuss der Berufsausbildung im dualen System. Deren Zuständigkei-

ten und Aufgabenbereiche sind in der folgenden Tabelle gegenübergestellt.

237 Vgl. ebenda, S. 5-7 238 Vgl. ebenda, S. 12 239 Die folgenden Informationen sind dem sich im Anhang befindenden Gesetzesentwurf “Proyecto

de Ley (Nº 4081/2014-CR). Proyecto de Ley del Sistema Dual de Formación Profesional” verfasst von Leyla Chichuán Ramos (2014), entnommen.

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 40 -

Tabelle 8: Zuständigkeiten des Bildungs- und Produktionsministeriums

Bildungsministerium Produktionsministerium

Überwachung Qualität der technischen Bil-dung in jeder Bildungseinrich-tung

Durchführung der praktischen Ausbildung in jedem Ausbil-dungsunternehmen

Erlass

Regelungen, die Tauglichkeit von Firmen garantieren

Registrierung & Verwaltung

der Ausbildungsunternehmen des Ausbildungsvertrags

Prüfung zuständig für die theoretische Prüfungen

praktische Prüfung wird von einer unabhängigen Kommissi-on, die aus einem Lehrer, ei-nem Unternehmer und einem Mitarbeiter des Ministeriums besteht, abgenommen

Zertifizierung

der Ausbilder (inkl. Ausbil-dung), der Auszubildenden

Dem jährlichen Ausschuss der Berufsausbildung im dualen System gehören je vier Reprä-

sentanten der regionalen Regierungen, der teilnehmenden Firmen und der Fachoberschu-

len sowie je ein Repräsentant des Bildungsministeriums und des Produktionsministeriums

an. Es handelt sich um ein beratendes Organ, das unabhängig vom Bildungsministerium ist

und Mindeststandards für jede technische Laufbahn entwickelt, die Spielraum lassen, um

sie an Bedürfnisse von Region und Firma anzupassen.

Um Notwendigkeit und Vorteilhaftigkeit des dualen Systems für Peru hervorzuheben, wird

auf die deutsche Erfolgsgeschichte verwiesen sowie die erfolgreichen Projekte im Bereich

der dualen Ausbildung, die von der AHK Peru durchgeführt werden, und es wird auf die

Paragraphen 13 und 14 der Verfassung Bezug genommen, die eine vollwertige Bildung zum

Grundrecht erklärt. Abgeleitet wird, dass gerade die berufliche, technische, duale Bildung

als weitere Säule neben der akademischen Bildung begriffen werden muss, um Gesellschaft

und Wirtschaft für künftige Herausforderungen zu stärken.

Gesetzesentwurf: Bundesstaat Mexiko

MED (Modelo Mexicano Educación Dual) oder auch MMFD (Modelo Mexicano Formación Dual)

ist das duale mexikanische System, das Strukturmerkmale des deutschen Systems integriert

und auf die eigenen lokalen Bedürfnisse zugeschnitten hat.240

In dem Gesetzesentwurf241, der am 25.11. 2014 dem Bildungsminister des Bundestaates

Mexikos durch Udo Schneider präsentiert wurde, werden Zuständigkeiten, Verantwortun-

240 Vgl. Cáceres-Reebs/Schneider, 2013, S. 13 241 Die Rechtsnatur der mexikanischen "Lineamientos de Administración" wurde der Autorin während

ihrer Recherchen nicht gänzlich deutlich. Die relevanten Akteure sprechen zwar von einem Geset-zesentwurf. Es könnte jedoch auch eine Regelung gemeint sein, die sich an die Verwaltung rich-

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 41 -

gen und Aufgabenbereiche detailliert beschrieben und der Versuch unternommen, dass

dies als ein verbindliches Regelwerk anerkannt wird.242

Die Abbildung veranschaulicht die zentralen Akteure, deren Kooperation und Schnittstel-

len.

Abbildung 2:Zentrale Akteure und ihre Kooperation im dualen Ausbildungsmodell des Bundesstaates Mexikos243

Je ein Mitglied der Deutsch-Mexikanischen IHK CAMEXA (Cámara Mexicano-Alemana de Co-

mercio e Industria), der deutsch-mexikanischen Allianz für Technologietransfer ALTRATEK,

des mexikanischen Wissenschafts- und Technologierats COMECYT (Consejo Mexiquense de

Ciencía y Tecnología) und des Sekretariats für öffentliches Bildungswesen SEP (Secretaría

de Educación Pública) gehören dem technischen Komitee an, das eine überwachende In-

stanz des dualen Systems darstellt. Um das langfristige Bestehen und Wachstum des dualen

tet, vergleichbar mit der deutschen Verwaltungsvorschrift. Dabei handelt es sich um behördliches Innenrecht ohne Außenwirkung, das bestimmt, wie geltendes Recht durch die Verwaltung anzu-wenden ist (Siehe zum Begriff der Verwaltungsvorschrift: Detterbeck (2015), § 14, Rn. 852 ff.). Dazu würde passen, dass Schneider sie dem Bildungsminister vorgelegt hat: In Deutschland können Verwaltungsvorschriften von der Regierung, also meistens von dem jeweiligen Minister in seinem Fachbereich erlassen werden und es ist keine Beteiligung des Parlaments nötig, weil es auch keine direkte Wirkung auf den Bürger hat.

242Die folgenden Informationen sind dem Dokument “Lineamientos de Administración para la Prepa-ración, Certificación y Auditoría del Modelo de Educación Dual en las Instituciones de Educación Media Superior y Superior de la Secretaría de Educación del Gobierno del Estado de México” ent-nommen. Sie wurden von Udo Schneider am 25.11.2014 dem Bildungsminister des Bundestaates Mexikos vorgelegt.

243 Eigene Darstellung

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 42 -

Systems zu sichern, zahlt das Sekretariat für öffentliches Bildungswesen SEP gemeinsam

mit dem mexikanischen Wissenschafts- und Technologierat COMECYT in einen Fonds ein.

Das Sekretariat für öffentliches Bildungswesen SEP ist von staatlicher Seite die autorisie-

rende Stelle und daher von großer Bedeutung. Die Bildungseinrichtungen werden jährlich

vom technischen Komitee geprüft, überwacht und zertifiziert. CAMEXA und ALTRATEK sind

in der Abbildung mit einem doppelseitigen Pfeil verbunden, da ALTRATEK teilweise Aufga-

ben im Auftrag der CAMEXA durchführt, wie die Ausbildung der Ausbilder oder die Prüfung

der Firmen und Bildungsinstitutionen. Die Administrationssoftware des dualen Berufsaus-

bildungssystem SAED (Sistema Administrativa Educación Dual) ist eine Instrument, das aus

der langjährigen Erfahrung mit dem dualen System in Mexiko entstand und in Form eines

Informationssystems umgesetzt wurde, um eine Schnittstelle zu schaffen und den gesam-

ten Prozess von der Anmeldung bis zum Abschluss einheitlich für jedes Unternehmen, jede

Bildungseinrichtung und jeden Schüler zu gestalten und Überprüfbarkeit zu sichern. Dieses

System basiert auf den deutschen Gesetzesregelungen und den technischen und fachlichen

Regelungen des dualen Bildungsmodells MED des Bundesstaates Mexikos. Mithilfe von SAED

werden die Ausbildungsrahmenpläne individuell erstellt und auf den Server hochgeladen,

um eine chronologische, transparente Reihenfolge festzulegen, wann welcher Wissensin-

halt und welche praktische Fertigkeit erlernt wird. Folglich handelt es sich um eine Bewer-

tungsplattform, die Autoevaluation und einen Qualitätsnachweis und zugleich Kontrolle, ob

Vorgaben eingehalten werden, ermöglicht. Die theoretischen Bildungseinrichtungen sowie

die Unternehmen sind registriert und haben Zugriff auf Rahmenlehrpläne, den Ausbildungs-

rahmenplan und die Ausbildungsplatzbeschreibung. Von der Erstregistrierung des Auszubil-

denden durch die Bildungseinrichtung, was die Registrierung von Firma und Student um-

schließt, bis hin zu Registrierungen von Klausuren, Prüfungsleistungen und vertraglicher

Rahmenwerke wird alles über diese Administrationssoftware, die von ALTRATEK weiter-

entwickelt und gepflegt wird, abgewickelt.

Die Auswahl und Ausbildung der Verantwortlichen wird in einem separaten Kapitel disku-

tiert, was auf den hohen Stellenwert der arbeitspädagogischen Qualifizierung der Ausbilder

aufmerksam macht. Die Verantwortlichen müssen mindestens ein Jahr Arbeitserfahrung im

administrativen Bereich oder der Lehre haben, positiv gegenüber dem MED eingestellt sein

und einen Beweis erbringen, dass sie fachlich sowie pädagogisch-ethisch für diesen Beruf

qualifiziert sind. Im Rahmen einer Weiterbildung, die von der CAMEXA oder ALTRATEK

durchgeführt wird, werden ihnen Grundzüge des MED erläutert, institutionelle Verantwort-

lichkeiten exponiert und deren Rechte und Pflichten veranschaulicht sowie zentrale Para-

digmen der dualen Pädagogik gelehrt, um zu einer professionellen Arbeitsweise, die der

weiteren Verbreitung des dualen Systems dient, zu gelangen.

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 43 -

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über Funktion und Pflichten bzw. Bedingungen,

die ALTRATEK, CAMEXA und die Bildungseinrichtung erfüllen müssen.

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 44 -

Tabelle 9: Zuständigkeiten und Pflichten der Akteure des dualen Ausbildungsmodells des Bundesstaates Mexikos244

Funktion der Institution

Bildungseinrichtung CAMEXA ALTRATEK

- theoretischer und oder

praktischer Unterricht

- eine Institution (wenn ein

Unternehmen auch über

eine Lehrwerkstatt, Räum-

lichkeiten und Lehrkräfte

verfügt)

- oder zwei unterschiedliche

Institutionen (z.B. Schule

und Betrieb)

Sicherung der Qualitätsstan-

dards, um die deutsche Aus-

bildung als Möglichkeit zu

sichern, qualifizierte Fach-

kräfte auszubilden

Vereint das Wissen über das

deutsche System und Erfah-

rungen, die in Mexiko in den

vergangenen Jahren gesam-

melt wurden

Paradigmenwechsel sicher-

stellen vom schulischen zum

praxisnahen Modell

Zu erfüllende Voraussetzungen und Aufgaben der Institution

Bildungseinrichtung CAMEXA ALTRATEK

- AdA-Schein: 1 Person im

technischen & 1 Person im

administrativen Bereich

- ausreichender Personalbe-

stand

- Vorgaben des MED müssen

strikt ohne Ausnahmen be-

folgt werden

- alternative Modelle sind

nicht erlaubt

- Verwendung der Administ-

rationssoftware SAED ist

verbindlich für alle

- Verträge müssen unter-

schrieben und in SAED

hochgeladen sein

- fristgerecht sind Vorgaben

des SEP oder technischem

Komitee Folge zu Leisten

- nur vom Komitee autori-

sierte Ausbildungsberufe

anbieten

- in Kooperation mit den

Firmen die Anwendung der

technischen und administra-

tiven Überwachung durch-

führen und ermöglichen

- Zuständig und verantwort-

lich für die Zertifizierung

der Ausbilder

- die Definierung von Stan-

dards bei Ausbildungsberu-

fen

- verleiht das Zertifikat des

MED des Bundesstaates Me-

xikos

- Einfluss auf methodologi-

sche Details des MED im

Hinblick auf Implementie-

rung und Überwachung und

rechtmäßige Umsetzung im

Sinne des SEP

- zuständig für Planung und

Realisierung der Abschluss-

examen für das internatio-

nal anerkannte Zertifikat

- betreibt und bietet die

Administrationssoftware

SAED an

- kommuniziert mit CAMEXA

und BIBB, um das SEP über

relevante, interessante

Punkte, wie bspw. aktuelle

Forschungsbefunde, Rege-

lungen oder aktuelle Ten-

denzen zu informieren

- Qualitätssicherung des MED

durch enge Zusammenar-

beit mit deutschem und me-

xikanischem Staat

- Ausbildung der Ausbilder

im Unternehmen und Wei-

terbildung und Ausbildung

aller Verantwortlichen im

administrativen Bereich

(Handling SAED)

244 Eigene Darstellung

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 45 -

3.3 Das duale System und seine Arbeitsmarktnähe: Herausforderungen und Po-

tenziale

3.3.1 Kriterien für die Kompatibilität des dualen Systems mit den nationalen

Bildungssystemen245

Die Kategorie Breitenwirkung, Durchlässigkeit und Zugänglichkeit thematisiert Zugangsvo-

raussetzungen, Zielgruppe und Berührungspunkte des dualen Systems mit dem nationalen

System. Wer zu der Zielgruppe des dualen Systems in den unterschiedlichen Ländern ge-

hört und welche Auswirkungen dies auf Umsetzung, Anpassung und Durchführung hat, wird

im kommenden Abschnitt dargestellt. Das mexikanische und ecuadorianische Modell sollen

aufgrund ihrer Besonderheiten und Aktualität vertiefend erläutert werden. Die folgende

Grafik soll die These verdeutlichen, die durch Interview und Beobachtungen gewonnen

wurde, nämlich, dass nur, wenn Breitenwirkung, Durchlässigkeit und Zugänglichkeit in kon-

zeptionelle Überlegungen integriert und das duale System landesspezifisch daraufhin ange-

passt wird, man sich dem Ziel anzunähern vermag, das duale System ins nationale Bil-

dungssystem einzugliedern.

Abbildung 3: Zugänglichkeit, Breitenwirkung und Durchlässigkeit, deren Zusammen-hang und Wirkung246

245 Kategorie: Breitenwirkung, Zugänglichkeit, Durchlässigkeit 246 Eigene Darstellung

'Fit' mit dem nationalen Bildungssystem

Breitenwirkung

Teilnahme sozialer Bevölkerungs-schichten

Durchlässigkeit

Abkommen mit Universitäten

Zertifizierung informell erworbener Kompetenzen

Zugänglichkeit

Eintritts-voraussetz-ungen

Modifizierung

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 46 -

Zugänglichkeit247

An dieser Stelle soll bei den kaufmännischen Ausbildungsberufen, die von den Beruflichen

Schulen im Ausland angeboten werden, auf die Übersichtstabelle (Abschnitt 3.2.4) hinge-

wiesen werden, die länderübergreifend aufzeigt, dass die Schüler ein Sprachdiplom in

Deutsch sowie ein Abitur vorweisen müssen. Diese Voraussetzungen schränken die Ziel-

gruppe der beruflichen Bildung in diesem Bereich erheblich ein, was die folgende Aussage

unterstreicht: „Aber das Klientel von INSALCO248 – das hat nichts mit unserem Berufsschüler

im Rest von Chile zu tun. Das ist eine Elite, die da ausgebildet wird. Da kommen die meis-

ten Chilenen allein wegen der sprachlichen Barriere überhaupt nicht rein und letztendlich

sind das ja auch kaufmännische Berufe.“249 In Argentinien werden von der AHK Bewer-

bungsgespräche geführt, Wissenstests und psychologische Tests durchgeführt, „um [die

Bewerber] zu beurteilen und zu sehen, ob sie tatsächlich Interesse haben, um deren aka-

demisches Niveau zu beurteilen“250, außerdem werden sie in einem Bewerbertrainings-

Seminar auf die Vorstellungsgespräche vorbereitet.251 Auch die Deutsch-Bolivianische IHK

führt Auswahltests, Bewerbungsgespräche und ein Bewerbertraining durch. In manchen

Ländern, wie in Chile, Ecuador und Peru wirkt zusätzlich der finanzielle Aspekt auf die

Zugänglichkeit ein, da den Schülern für die kaufmännischen Ausbildungsberufe Kosten ent-

stehen (siehe Tabelle 7). In Bolivien denkt man darüber nach "[…] einen Fonds zu erschaf-

fen, ähnlich wie ein Stipendium, das Schülern, die wirklich die finanziellen Mittel nicht

haben, trotzdem ermöglicht daran teilnehmen zu können.“252

Durchlässigkeit253

Die Durchlässigkeit der dualen kaufmännischen Ausbildungsberufe soll durch unterschiedli-

che Abkommen mit Universitäten (siehe Tabelle 7) gewährleistet werden. Insbesondere

durch die Mitarbeiterinnen der Auslandshandelskammern Argentinien und Bolivien wurde

betont, dass spezielle Stipendien für überdurchschnittlich gute Absolventen für Universitä-

ten in Deutschland erteilt würden.254 Die Deutsch-Chilenische IHK Cámara Chileno-Alemana

de Comercio e Industria (CAMCHAL) führt ein internationales Berufsbildungsprojekt durch.

„Da geht es genau darum. So lebenslanges Lernen zu beschreiben und informell gewonnene

Kompetenz zu zertifizieren und den Menschen zu ermöglichen in so einer tertiären Bil-

dungsstätte die Kompetenzen weiterzustecken.“255

247 Kategorie: Zugänglichkeit 248 Instituto Superior Alemán de Comercio (INSALCO): kaufmännisches Berufsbildungszentrum 249 Hall, Z. 187-190 250 Falugue, Z. 230 f. 251 Vgl. ebenda, Z. 235-238 252 Martinet, Z. 337 f. 253 Kategorie: Durchlässigkeit 254 Vgl. Falugue, Z. 465 ff.; Martinet, Z. 50 ff. 255 Hall, Z. 65-68

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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Von mexikanischer Seite wurde das Argument der Förderung und Investition in Humankapi-

tal und die daraus entstehende Durchlässigkeit betont, weil „diese Unternehmen, die dual

ausbilden, suchen sich natürlich auch junge Leute, die sie sponsern, also die sie weiter-

schicken, zum Studieren schicken, die dann auch mal später in dem Unternehmen leitende

Funktionen übernehmen.“256

Breitenwirkung257

Eine Breitenwirkung oder gar einer verhältnismäßig größeren Zahl an jungen Menschen, die

aus „einkommensschwächeren Verhältnissen kommen“258 eine technisch qualifizierte Aus-

bildung zu bieten, hat sich die Deutsch-Peruanische IHK zum Ziel gesetzt, weil „bei diesen

Projekten wird eine ungefähre Anzahl an Auszubildenden von ca. 120 bis 150 angestrebt“259

und die einzige Voraussetzung sei es „junge Leute mit Talent zu finden“260. In Piura han-

delt es sich um fünf öffentliche Institutionen, die im Jahr 2015 150 Auszubildenden die

Möglichkeit des Agrartechnikers bieten, in Jaén beim Agrarwirt sind es 25 Auszubildende,

die zwei Ausbildungsberufe im Bereich Wasser werden in Kooperation mit Senati und GIZ

Proagua realisiert und werden 30 Auszubildende umfassen. 26115 Auszubildende werden den

Ausbildungsberuf Mechatroniker erlernen.262 Auch die Mitarbeiterin der Deutsch-

Argentinischen IHK stellt bei den technischen Ausbildungsberufen die soziale Wirksamkeit

heraus, da es sich teilweise um öffentliche Schulen handle:263 „[I]m Bereich der techni-

schen Ausbildungsberufe erzielen wir die besten Ergebnisse, was die sozialen Aspekte an-

belangt.“264 (Vergleiche hierzu Tabelle 5 in Abschnitt 3.2.4)

In Mexiko sei es gerade so, dass die Auszubildenden des dualen Systems vom Land kämen

und meist aus einkommensschwächeren Verhältnissen stammen und so einen Beitrag leis-

ten ihr soziales Milieu nachhaltig zu verändern: 265 „Die sind dann schon die Ernährer der

Familie und bringen da auch in dieses soziale Gefüge ein bisschen Veränderung rein.“ 266

Wie gelingt die Umsetzung dieses Anspruches in Mexiko? Der folgende Abschnitt erläutert

Grundzüge und Modalitäten des mexikanischen „tropenfesten“ dualen Systems:

2009 unterzeichnete das öffentliche nationale Kolleg für technische professionelle Ausbil-

dung CONALEP eine Kooperationsvereinbarung mit dem BIBB, um das duale System neu zu

256 Päleke, Z. 271-273 257 Kategorie: Breitenwirkung 258 Arciniega, Z. 60 f. 259 Ebenda, Z. 82 f. 260 Ebenda, Z. 275 261 Vgl. ebenda, 2015, S. 3 262 Vgl. ebenda, 2015, S. 3 263 Vgl. ebenda, Z. 452-457 264 ebenda, Z. 479 f. 265 Vgl. Päleke, Z. 237-249 266 Ebenda, Z. 243 f.

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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beleben und mexikoweit zu verbreiten. 267 ALTRATEK wurde von CONALEP für die fachliche

Beratung engagiert.268 Es entstanden zwei unterschiedliche Modelle: Modell A ist identisch

mit dem deutschen dualen System, das in den anderen Ländern bei den kaufmännischen

dualen Ausbildungsberufen in Kooperation mit den Deutschen Berufsschulen im Ausland

angeboten wird und bei dem die Absolventen ein international gültiges Zertifikat (DIHK-

Kategorie A) erhalten. Ausbildungsunternehmen können hier lediglich eingeschriebene

Kammermitglieder sein.

Das an lokale Bedürfnisse angepasste Modell B, MED bzw. MMFD entstand auf Nachfrage der

Privatwirtschaft und wird in Kooperation mit drei Universitäten269 und CONALEP angeboten,

welches „[d]ie mit Abstand wichtigste Institution der beruflichen Bildung in Mexiko ist […]

für Technisch-Professionelle Ausbildung.“270 Das CONALEP besuchten im Schuljahr

2012/2013 305.310 Schüler, was knapp 79 % der Berufsschüler Mexikos entspricht.271 In den

ersten drei Semestern werden im CONALEP allgemeine und fachliche Inhalte theoretisch

gelehrt, im Anschluss daran folgt ein Pflichtpraktikum in einem von CONALEP anerkannten

Unternehmen.272

Die folgende Tabelle weist auf Besonderheiten und Modifizierungen des mexikanischen

Modells hin. Die kürzere Ausbildungsdauer, der anders gewichtete Theorie-Praxis-Anteil

und die Ausbildereignung sind die wesentlichen Unterschiede zur deutschen dualen Praktik.

267 Vgl. Cáceres-Reebs/Schneider, 2013, S. 12 268 Vgl. ebenda, S. 12 269 Siehe hierzu die Auflistung der teilnehmenden Universitäten in Tabelle 5 270 iMove, 2012, S. 20 271 Vgl. SEP, 2013a, S. 44 272 Vgl. iMove, 2012, S. 21

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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Tabelle 10: Merkmale des mexikanischen dualen Ausbildungsmodells 273

Kriterium Modell B/MED/MMFD

Theorie-Praxis-Anteil je 50 %

Vertragsregistrierung bei der CAMEXA, muss kein Kammermitglied sein

Ausbildungsdauer mindestens 2 Jahre

Ausbildungsrahmenplan verpflichtend, mithilfe von SAED zu erstellen

Ausbildereignung

kein dt. AdA-Schein nötig, aber ein kürzeres, angepasstes Ausbilderseminar

Außerbetriebliche Zentren

sollen gewährleisten, dass auch kleine und mittelständi-sche Unternehmen teilnehmen können und Lerninhalte ggfls. dort durchgeführt werden

Wochenberichte Empfehlung, aber keine Verpflichtung

Konstrulab interaktive Lernplattform im Bundesstaat Mexiko ver-pflichtend

Zwischenprüfung existiert nicht

Abschlussprüfung

deutsche Prüfungen werden übersetzt, abgeändert, leich-ter gestaltet

Zertifizierung

durch CAMEXA (von CONOCER bevollmächtigt) mit natio-naler Gültigkeit

Dieses Modell wird in zwölf Bundesstaaten Mexikos angeboten. 2003 waren es ca. 800 Aus-

zubildende.274 Die betriebliche Ausbildung wird durch die E-Learning-Plattform Konstrulab,

die ALTRATEK entwickelt hat, ergänzt. Sie vermittelt theoretische Berufsschulinhalte, folgt

dem Grundsatz der Handlungsorientierung, bietet Möglichkeiten der Selbstevaluation und

der kontinuierlichen Überprüfung und Prüfung im Hinblick auf die Erreichung der kompe-

tenzorientierten Lernziele. Jedes Ausbildungsunternehmen verpflichtet sich dazu

Konstrulab zu installieren, zu nutzen und den Auszubildenden eine Stunde pro Tag dafür

freizustellen.275

Durch Konstrulab und die öffentliche Bildungseinrichtung CONALEP ist es sowohl Schülern

aus einkommensschwächeren als auch ländlicheren Regionen möglich einen dualen Ausbil-

dungsberuf zu erlernen

Das Sekretariat für öffentliches Bildungswesen SEP betont in einer Veröffentlichung nebst

dem Ziel, dass 2018 10.000 Auszubildende in 300 Bildungseinrichtungen und 500 Unterneh-

men teilnehmen, dass durch vier Maßnahmen sichergestellt werden solle, dass es sich um

ein nachhaltiges, langfristig wirksames System handle, das an lokale Bedürfnisse angepasst

ist:276

273 Eigene Darstellung in Anlehnung an AHK Mexiko/PROCEI, 2013, S. 1-6 274 Vgl. Cáceres-Reebs/Schneider, 2013, S. 12 275 Vgl. ebenda, S. 12 f. 276 Vgl. SEP, 2013b, o.S.

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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1. Die konstante Ausbreitung des Modells solle durch die Kooperation mit mehr Bil-

dungseinrichtungen sowie die Integration aktueller Lerninhalte gewährleistet

sein.277

2. Durch die Vergabe von Stipendien solle eine langfristige Sicherung des Modells

gewährleistet sein.278

3. Weiterbildung der Lehrkräfte im Bereich neuerer Technologien stelle sicher,

dass die Ausbildung zeitgemäß ist.279

4. Eine angemessene akademische Bildung zu genießen fordere, dass jede Bil-

dungseinrichtung einen engen Bezug mit, bzw. sogar einer Denkweise von, der

regionalen Wirtschaft her folge bzw. diese umsetze.280

‚Fit‘ mit dem nationalen Bildungssystem281

In Ecuador wird die Kompatibilität bzw. der ’Fit‘ mit dem nationalen Bildungssystem deut-

lich, da hier die Transferierung des dualen Systems ins nationale Bildungssystem von Präsi-

dent Rafael Correa beschlossen wurde: 282 Am 21. Mai 2012 wurde ein Abkommen zwischen

dem koordinierenden Ministerium für Wissen und menschliches Talent, dem Ministerio de

Coordinación del Conocimiento y Talento Humano (MCCTH) und der Deutsch-

Ecuadorianischen IHK unterschrieben.283 Dieses Abkommen legt fest, dass gemeinsam an

der Weiterentwicklung der Implementierung des dualen Systems in Ecuador gearbeitet

wird.284 Die AHK ist beratend tätig und soll dabei helfen Lehrcurricula zu entwerfen, das

Prüfungswesen und die Evaluation zu konzipieren und zu standardisieren, Qualität zu si-

chern und natürlich die Privatwirtschaft für das duale System zu gewinnen und dieses an

den Bedürfnissen der Privatwirtschaft auszurichten.285 Seit diesem Abkommen arbeiten

verschiedene Akteure an der Anpassung und Umgestaltung des dualen Systems. Dass es

eine systemberatende und keine autoritative, direktive Position ist, die die Deutsch-

Ecuadorianische IHK einnimmt, wird daran deutlich, dass Schwerpunkte, Ausbildungsberufe

und Bedarfe von der ecuadorianischen Regierung und den zuständigen Ministerien vorgege-

ben werden. 286 Die Kammer übersetzt daraufhin, wo möglich, die Ausbildungsberufe, oder

entwirft in anderen Fällen, je nach Wunsch des Auftraggebers, in Kooperation mit lokalen

277 Vgl. ebenda, o.S. 278 Vgl. ebenda, o.S. 279 Vgl. ebenda, o.S. 280 Vgl. ebenda, o.S. 281 Kategorien: Breitenwirkung, Durchlässigkeit, Zugänglichkeit, Berührungspunkte mit dem nationa-

len Bildungssystem 282 Vgl. AHK Ecuador/Ministerio de Coordinación de Conocimiento y Talento Humano, 2012, o.S. 283 Vgl. ebenda, o.S. 284 Vgl. ebenda, 2012, o.S. 285 Vgl. ebenda, 2012, o.S. 286 Vgl. Portenkirchner, Z. 145-150

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Fachexperten, maßgeschneiderte duale Ausbildungsberufe (Tabelle 5, Abschnitt 3.2.4).287

Dass bei diesem Vorhaben Breitenwirkung, Durchlässigkeit und Zugänglichkeit eine große

Rolle spielen unterstreicht die folgende Aussage der CIM-Fachexpertin Portenkirchner:

„Also gerade in dem großen Staatsprojekt ist es ja eines der Ziele, auch einkommensschwächere

Schichten miteinzubeziehen, gerade eben durch kostenlose Erstausbildung und, das ist auch die Idee

dahinter, dass das sehr attraktive Ausbildungen für Jugendliche aus einkommensschwächeren

Schichten sind, weil sie eben zum einen für den schulischen Teil nicht bezahlen müssen und zum

anderen die Möglichkeit haben, vom Unternehmen noch querfinanziert zu werden. Also es gibt eine

Idee, dass das Unternehmen an den Auszubildenden was bezahlt und das macht es natürlich sehr

attraktiv und davon erwartet man sich auch, dass es kein abgehobenes, elitäres System ist, sondern

auch vor dem Hintergrund der ‚inclusión‘ Effekte gibt.“288

Das zuständige Hochschul-Bildungsministerium für den Bereich Technik, Forschung und

Innovation Secretaría Nacional de Educación Superior, Ciencia, Tecnología e Innovación

(SENESCYT) erläutert, dass es sich um einen Umwandlungsprozess handelt, in welchen ver-

schiedene Akteure, unterschiedliche Branchen und zahlreiche Partner involviert sind und

dass im Rahmen dessen bereits 40 öffentliche Bildungseinrichtungen zu technischen und

technologischen praxisorientierten Berufshochschulen Institutos Superiores Técnicos y

Tecnológicos Públicos (ITTSP) umgewandelt worden sind.289

„Wir sind dabei andere Zeiten in Ecuador zu erleben; wir haben eine intensive universitäre Reform

ausgelöst, die 2012 begann indem wir Universitäten schlechter Qualität geschlossen haben. Nun

intensivieren wir unseren Einsatz im Bereich des menschlichen Talents durch Stipendien […]. Ein

weiteres wichtiges Ziel ist die Umwandlung der technischen und technologischen Bildungseinrich-

tungen und in diesem Fachgebiet, ist Deutschland Führer.“ 290

René Ramírez, der Sekretär des SENESCYT und Präsident des Höheren Bildungs-Ausschusses

Consejo de Educación Superior (CES), macht durch seine Aussage deutlich, dass die Erfah-

rung und das Fachwissen, das Deutschland im Bereich der beruflichen Bildung vorweist,

genutzt werden soll. Gleichzeitig aber wird deutlich, dass ein Paradigmenwechsel im Land

stattfinden soll, da es sich um ein national initiiertes und gewolltes Projekt handelt, das

durch die Vergabe von Stipendien allen Bevölkerungsschichten die Teilnahme ermöglichen

soll, ohne zu selektieren. Rafael Correa stellt heraus, dass seine Regierung im Bildungssek-

287 Vgl. ebenda, Z. 145-150 288 Ebenda, Z. 346-354 289 Vgl. SENESCYT, 2015a, o.S. 290 „Estamos viviendo otros tiempos en el Ecuador; hemos iniciado una intensiva reforma universita-

ria que pasó en el 2012 por el cierre de universidades de mala calidad. Ahora intensificamos nues-tra apuesta por el talento humano, con becas [...] otro ambicioso objetivo es la reconversión de los institutos técnicos y tecnólogicos, y en esa materia, Alemania es lider.” Ministerio de Educa-ción Superior, 2013, o.S.

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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tor 30 Mal mehr Stipendien vergeben hätte als die vorherigen sieben Regierungen gemein-

sam.291

Es handelt sich um einen Umwandlungsprozess, der Wirtschaft und Gesellschaft betrifft

und in welchen der Staat eine hohe Summe investiert: 308 Millionen USD werden benötigt,

um die notwendigen strukturellen Veränderungen im Hinblick auf den akademischen und

administrativen Prozess der öffentlichen technischen und technologischen Berufshochschu-

len zu bewirken. Die Maßnahmen umschließen u.a. die Errichtung von Gebäuden und Lehr-

werkstätten, deren Ausstattung sowie die Konzeptionierung der Lehrcurricula.292 Laut An-

gaben des SENESCYT handelt es sich aktuell um 42 duale technische und technologische

Ausbildungsberufe in zahlreichen Sektoren, wie Ingenieurwesen, Industrie, Bauwirtschaft,

Landwirtschaft, Softwareentwicklung, Biotechnologie, Öffentlicher Dienst, Medien, Ge-

sundheit und Bildung.293

Modifizierung294

Könnte es nicht sein, dass gerade die Modifizierung, zu der von Wallenborn angesproche-

nen und in Mexiko und Ecuador demonstrierten „Transferkompetenz“295 führt? Auch die

Mitarbeiterin der Deutsch-Chilenischen IHK macht mit ihrer Aussage deutlich, dass ihrer

Erfahrung nach der Auftrag laute, nicht zu kopieren, sondern antizipierend und anpassend

zu agieren. „Es geht hier nicht darum den deutschen Industriemechaniker zu kopieren. Die

chilenischen Berufe stehen im Mittelpunkt und es geht bisschen weg von Deutschland.“296

3.3.2 Herausforderungen297

Im Hinblick auf Probleme, die bei der Umsetzung des dualen Systems auftauchen, konnten

die Aussagen nach drei Argumenten gebündelt werden. In diesem Abschnitt sind landesspe-

zifische Besonderheiten nicht auszumachen, außer, dass Akzeptanz und Aufnahme des dua-

len Systems „ […] auch mit der Marktstruktur zu tun [haben], die in Chile herrscht, [wo]

immer verschiedene Systeme nebeneinander existieren.“298 Daher sei es in Chile schwer

„etwas Systemveränderndes“299 zu machen und „überhaupt richtig Einfluss zu nehmen auf

die Politik und auf politischer Ebene irgendwie was zu bewirken, hinsichtlich der Planung

und Koordinierung“300 Akzeptanz, Beschäftigung und Vertrauen einem Experten gegenüber

291 Vgl. Ministerio de Educación Superior, 2013, o.S. 292 Vgl. SENESCYT, 2015a, o.S. 293 Vgl. SENESCYT, 2015b, o.S. 294 Kategorie: Breitenwirkung, Zugänglichkeit und Durchlässigkeit 295 Vgl. Wallenborn, 2007, S. 49 296 Hall, Z. 85-87 297 Kategorie: Probleme 298 Hall, Z. 208-210 299 Ebenda, Z. 322 300 Ebenda, Z. 275 f.

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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überlebe selten einen Regierungswechsel.301 Die folgende Tabelle veranschaulicht die Häu-

figkeit der genannten Argumente, die im darauffolgenden Abschnitt erläutert werden.

Tabelle 11: Häufigkeitsanalyse: Herausforderungen302

Argument Nennungen

Unbekannt 4

Modell A 7

Einsatz 12

Die Praktik und Philosophie der dualen beruflichen Ausbildung sind bei der Bevölkerung der

meisten Länder, wie bereits im Abschnitt gesellschaftliches Ansehen der Be-

rufs(aus)bildung dargelegt, unbekannt. So äußert sich dies häufig in Skepsis303 und „Unver-

ständnis“304, da es sich um ein „sehr komplexes Thema“305 handelt, was eine Hürde bei der

Implementierung darstellt. Auch fehle es vielen Firmen an qualifiziertem Personal, um die

Ausbildung anzubieten „und [die Firmen] kennen [die duale Berufsausbildung] unter Um-

ständen gar nicht, oder wissen gar nicht, welchen Nutzen sie daraus ziehen können.“306

Bei dem Modell, Kategorie A (DIHK) das seit Jahren in den unterschiedlichen Ländern La-

teinamerikas in Zusammenarbeit mit den Deutschen Auslandsschulen angeboten wird, han-

delt es sich aufgrund der Eins-zu-eins-Umsetzung und der Unterrichtssprache Deutsch nicht

um ein „wachstumsfähiges“307 Modell, das allen zugänglich und breitenwirksame Vorteile

erzielt, sondern vielmehr „handelt es sich aber bei diesem Projekt, um ein kleines Mikro-

Projekt und wir können keine Vorteile nennen, wie beispielsweise die Verringerung der

Jugendarbeitslosigkeit oder eine Verbesserung der wirtschaftlichen Bedingungen.“308 Diese

Umsetzung selektiert und führt nicht zu einer Verbesserung der ökonomischen Situation, da

es nur von wenigen Jugendlichen in Anspruch genommen werden kann, auch, da die Schü-

ler teilweise für diese Form von Ausbildung Schulgebühren bezahlen müssen.309 „Es gibt

einige [Ausbildungsunternehmen], die lediglich teilnehmen, aufgrund eines Versprechens

gegenüber der Kammer.“310

Die Implementierung und Verbreitung stellen eine umfangreiche Aufgabe dar, die komple-

xe Bedingungen an die Akteure stellt. Die Aussagen der interviewten Personen verdeutli-

chen, dass insbesondere der Einsatz, das Engagement und das Umdenken, welches mit ein-

301 Vgl. ebenda, Z. 296-298 302 Eigene Darstellung, Datenquelle: Die sich im Anhang befindende Auswertungsdatei der Experten-

interviews 303 Vgl. Schneider, Z. 29 304 Ebenda, Z. 166 305 Ebenda, Z. 167 306 Hall, Z. 120 f. 307 Linder, Z. 23 (Gedächtnisprotokoll) 308 Vgl. Arciniega, Z. 36-38 309 Vgl. ebenda, Z. 22-25 & 40-45 310 Martinet, Z. 221 f.

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her geht bei der Umsetzung des dualen Systems, ein Problem darstellt für Firmen, Akteure,

Ausbildungsunternehmen und Verantwortliche.311 Denn die duale Ausbildung kostet Geld,

da man bereit sein muss in Material und Maschinen zu investieren. Dies sei häufig unge-

wohnt, und das schulisch-orientierte bekannte System sei wesentlich günstiger, da man

„40, 50 Leute, Studenten in einem Saal zusammensetzt und den Lehrer auch nicht richtig

bezahlt.“312 Etwas Neues zu initiieren, ist häufig unbequem und trifft auf Ablehnung.313

Und „viele holt man aus ihrer Komfortzone.“314 „Duale Ausbildung heißt eigentlich indivi-

duelle Betreuung, und bei der Massenabfertigung, die man in solchen Ländern gewohnt ist,

ist das dann doch äußerst schwierig, dass dann eine Schule sich umstellt […].“315

Das duale Ausbildungssystem umzusetzen fordert eine offene, neue Denkhaltung und

Herangehesweise, da Firmen Verantwortung übernehmen und den Willen zur Kooperation

demonstrieren müssen. Außerdem ist es wichtig, dass sie fähig dazu sind, ihre Bedürfnisse

zu formulieren und bereit dazu sind für diese Investition Geld und Kraft einzusetzen.316

„Das Problem ist, dass wenn wir uns dem annehmen, also allem, was mit dem Projekt zu

tun hat und aufzeigen, was damit verbunden ist, dass einige dann den Rückzieher ma-

chen.“317

3.3.3 Aktuelle Tendenzen und Lösungsansätze318

Die Vernetzung der Themen wird auch in diesem Abschnitt deutlich, da aktuelle Tendenzen

in gewisser Weise bereits im obigen Abschnitt im Zusammenhang mit den eingereichten

Gesetzesentwürfen thematisiert wurden. Im folgenden Abschnitt liegt der Schwerpunkt auf

operativen, exemplarischen Anpassungen und der Einordnung landesspezifischer Trends.

Dabei geht es weniger darum darzustellen, wie strategisch auf Rahmenbedingungen Ein-

fluss genommen wird, wie es im Abschnitt der Gesetzesentwürfe im Vordergrund stand. Die

Matrix soll den durch das Interviewmaterial gewonnenen Eindruck der aktuellen landesspe-

zifischen Tendenzen im Hinblick auf den Umgang mit dem dualen System abbilden. Chile

bleibt unberücksichtigt, da keine Einordnung aufgrund des Interviewmaterials vorgenom-

men werden konnte. Die Achse Neuigkeit soll auf Bestrebungen neue Wege im Rahmen der

dualen Ausbildung zu beschreiten hinweisen, wohingegen es bei der horizontalen Achse

Tiefe darum geht, die bestehende Strategie weiterhin fokussiert zu verfolgen und auszu-

bauen.

311 Vgl. Päleke, Z. 257-261 312 Schneider, Z. 51-53 313 Vgl. ebenda, Z. 133-136 314 Ebenda, Z. 135 315 Schneider, Z. 167-169 316 Vgl. Falugue, Z. 290; Martinet, Z. 191; Arciniega, Z. 108 f.; Hall, Z. 137 f.; Schneider, Z. 170 f. 317 Arciniega, Z. 161-163 318 Kategorien: Aktuelle Tendenzen, Lösungsansätze

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Abbildung 4: Matrix der landesspezifischen und aktuellen Tendenzen mit den vier Handlungsstrategien319

In Argentinien und Bolivien nähme vor allem der Auftrag, die jüngere Generation zu erzie-

hen, in den vergangenen Jahren einen hohen Stellenwert ein.320 Es sei heute mehr Bera-

tung, Unterstützung und Begleitung der Jugendlichen von Nöten als früher.321 Daher sei

man auch dazu übergegangen Bestandteile zu standardisieren, beispielsweise Handbücher,

die Richtlinien für die Auszubildende, Tutoren und Firmen enthalten, zu formulieren und

die Unternehmen zu besuchen und zu schulen.322 Das System müsse mit der Zeit gehen und

angepasst werden, was durch die Umstellung auf Blockunterricht, um Schüler und Ausbil-

dungsunternehmen des ganzen Landes einzubeziehen, Expertengespräche und Austausch-

programme umgesetzt werde.323

In Ecuador und Mexiko wird durch das momentane starke Interesse und den „Zuspruch“324

eher der Anspruch deutlich, die Umsetzung zu intensivieren und Beständigkeit zu sichern,

so „dass die Masse nicht die Qualität erdrückt.“325 Es sei wichtig, sich auf die bestehenden

Ausbildungsgänge zu fokussieren und sich immer gut zu überlegen, was angepasst, geän-

dert werden dürfte, ohne dass man dem dualen System die konstitutiven Elemente raube,

319 Eigene Darstellung 320 Vgl. Falugue, Z. 137 & 220 f. 321 Vgl. ebenda, Z. 224 & 226 & 260 f. 322 Vgl. Martinet, Z. 123-135 323 Vgl. Falugue, Z. 135 f. & 86 & 275 f.; Martinet, Z. 137 f. 324 Schneider, Z. 106 325 Ebenda, Z. 104 f.

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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verdeutlichte die mexikanische Perspektive.326 Vor allem die Rolle der Betriebe zu stärken

sei wichtig, um auch dadurch zu bewirken, dass der berufliche, praxisorientierte Abschluss

Akzeptanz und Anerkennung in Gesellschaft und Wirtschaft genieße, betonte die ecuadori-

anische Expertin.327

Von peruanischer Seite wurde der Anspruch zum Ausdruck gebracht, dass die Projekte, die

2014 gestartet wurden und meist in Kooperation mit der regionalen Landesverwaltung

durchgeführt werden, in Zukunft ausgebaut werden müssen. Klar sei, dass dies viel Arbeit

mit sich bringe, da die Bildungseinrichtungen strukturell verändert werden müssten.328

In Bolivien wird zusätzlich der Aspekt der Erweiterung des dualen Konzepts deutlich, da

bisher noch keine technische Ausbildung angeboten wird.

„Im Wasser- und Elektrizitätssektor mangelt es jeweils an ca. 9000 Fachkräften (Summe 18.000). Mit

der Ausbildung von Fachkräften in diesem Sektor könnte man eine Lösung für alle sozialen Schich-

ten, Branchen und Sektoren offerieren […].“329

So Peter Linder der deutsche Botschafter Boliviens. Diese Ansicht teilt auch die Mitarbeite-

rin der Deutsch-Bolivianischen IHK und betont, dass vor allem technische Ausbildungsberu-

fe künftig von Interesse seien und es im Bereich Wasser, sanitäre Grundversorgung und

Erneuerbare Energien bereits eine Projektinitiative mit der GIZ gäbe.330

326 Vgl. ebenda, Z. 37 f, & 107 f. 327 Vgl. Portenkirchner, Z. 107 & 221-223 328 Vgl. Arciniega, Z. 343-348 329 Linder, Z. 57-61 (Gedächtnisprotokoll) 330 Vgl. Martinet, Z. 172 f. & 203

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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3.3.4 Praxisbezug, Arbeitsmarktnähe und Kooperation331

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick wie Zusammenarbeit, die Nähe zum lokalen Ar-

beitsmarkt und die Integration der Praxis umgesetzt werden:

Tabelle 12: Konkretisierung von Praxisbezug, Kooperation, Arbeitsmarktnähe im Län-derüberblick332

Kriterium Land Umsetzung

Praxisbezug Argentinien: Ausbildungsberufe werden je nach Bedarf der Nach-frager auf Spanisch oder Deutsch konzipiert333

Ecuador: Praxisbezug ist von hoher Relevanz334

Kooperation Argentinien: „Wir arbeiten immer im Team mit der Firma, der zuständigen Bildungseinrichtung“335

Chile:

Es wird „mit verschiedenen Kooperationsinstanzen zusammengearbeitet“336, „auch auf tertiärem Ni-veau“337, „Berufsbildungsausschüsse“338 wurden eingerichtet, Intensivierung der „Zusammenarbeit zwischen Staat und Schule“339

Ecuador: Aktuelle Zielvorstellung: Stärkere Integration und klare Aufgabenzuweisung gegenüber Privatwirt-schaft, Kammern, Verbänden340 „Dualität und den Dialog auf gleicher Ebene zwi-schen Staat und Wirtschaft herstellen“341

Peru: Zusammenarbeit mit Firmen und privaten sowie öffentlichen Bildungseinrichtungen dem Grundsatz folgend:342 „Wir gehen gemeinsam, langsam, aber sicher mit der Zustimmung aller Beteiligten.“343

Arbeitsmarktnähe Chile: „Erhebung von industrienahen Ausbildungsprofi-len“344, nur bedingte Übertragbarkeit deutscher Berufe,345 weil „zum Beispiel in Deutschland ist al-les hochautomatisiert, in Chile mechanisiert“346

Mexiko: Initiative ging vor allem von ausländischer Unter-nehmen aus, weil sie qualifizierte Facharbeiter für ihre Arbeitsprozesse benötigen347

Peru: Ausbildungsberuf muss Bedarf der Region decken348

331 Kategorie: Praxisbezug, Kooperation und Arbeitsmarktnähe 332 Eigene Darstellung 333 Vgl. Falugue, Z. 162 f. 334 Vgl. ebenda, Z. 53 f. 335 Ebenda, Z. 253 336 Hall, Z. 28 337 Ebenda, Z. 49 f. 338 Ebenda, Z. 43 339 Ebenda, Z. 38 340 Vgl. Portenkirchner, Z. 111-113 341 Ebenda, Z. 113 f 342 Vgl. Arciniega, Z. 329-332 343 Ebenda, Z. 332 f. 344 Hall, Z. 83 345 Vgl. ebenda, Z. 87-90 346 Ebenda, Z. 90 f. 347 Vgl. Päleke, Z. 263-266 348 Vgl. Arciniega, Z. 173 f.

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Gerade im Hinblick auf die Kooperation mit Bildungseinrichtungen wird an dieser Stelle auf

die in Kapitel 4.1 eingangsdargestellte Übersichtstabelle verwiesen, die verdeutlicht, dass

im kaufmännischen Bereich gemeinsam mit der Deutschen Schule zusammengearbeitet

wird. Wohingegen es im technischen Ausbildungsbereich überwiegend öffentliche, nationa-

le Bildungseinrichtungen sind, nämlich in Peru bisher sechs öffentliche und zwei private, in

Ecuador 40 öffentliche, in Mexiko 50 und in Chile sind es über 200 öffentliche Bildungsein-

richtungen (siehe Tabelle 5 in Abschnitt 3.2.4).

Engagement der Ausbildungsunternehmen349

Es sind unterschiedliche Ausprägungen des Engagements ersichtlich. Teilweise ist dies wo-

möglich auch durch den Grad der Industrialisierung des Landes, den Anteil an Unterneh-

men, die das duale Ausbildungssystem und das Interesse der Regierung kennen, erklärbar:

In Mexiko sind die Motoren oder Nachfrager der dualen Ausbildung überwiegend große

deutsche Unternehmen, die die duale Ausbildung forderten:350 „Die Anfragen kommen […]

von den Unternehmen, und die Unternehmen wenden sich an die Kammer.“351

Auch in Ecuador sind Unternehmen, Unternehmensgremien und Fachverbände involviert

und es wird ihnen ein hoher Stellenwert eingeräumt.352 Man versucht sie in konzeptionelle

Entscheidungen zu integrieren,353 im Rahmen von Workshops „die Notwendigkeit oder die

Bedürfnisse, die die Unternehmen in Bezug auf die berufliche Ausbildung haben“354, her-

auszufinden und deren konstruktives Feedback einzuholen.355

In Peru ist es vom Modell abhängig. Bei Modell A wird die Verpflichtung von Unternehmer-

seite her deutlich: „Die Firmen bilden aus, weil sie einen Vertrag haben, wissen aber auch,

dass die große Mehrheit nach Deutschland möchte.“356 Bei den neu initiierten Projekten

hingegen wird „[d]er erste Schritt [.] immer durch die Firmen ausgelöst, die auf uns zu-

kommen“357, und die u.a. in Kooperation mit den Genossenschaftsunternehmen oder der

regionalen Landesverwaltung entstanden.358 Hier wurden„ […] die teilnehmenden Firmen

von Anfang an eingeladen, damit sie auch die Möglichkeit hatten über das Design des Curri-

culums zu entscheiden, und sie haben teilgenommen in einem Rat, in dem Entscheidungen

getroffen wurden, wie bei der Implementierung vorgegangen wird.“359

349 Kategorie: Rolle der Betriebe 350 Vgl. Päleke, Z. 21-24 351 Ebenda, Z. 147 f. 352 Vgl. Portenkirchner, Z. 187-190 353 Vgl. ebenda, Z. 224-226 & 234-236 354 Ebenda, Z. 238 f. 355 Vgl. ebenda, Z. 196 f. 356 Arciniega, Z. 52 f. 357 Ebenda, Z. 158 358 Vgl. ebenda, Z. 70 f. & 83 f. 359 Arciniega, Z. 132-135

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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Auch die argentinische Expertin betont, dass die Aktivität im Falle neuer Ausbildungsberufe

immer von den Unternehmen ausginge und dass diese ihren Bedarf auch konkret verbalisie-

ren könnten.360 „Genau diese Unternehmen schätzen ein, was benötigt wird und ob das auf

Deutsch, Spanisch, Englisch sein soll.“361

„[D]ie Industrie müsste mehr Verantwortung übernehmen“362, so die chilenische Expertin.

Es gäbe einige „Leuchtturmprojekte“, in denen sich Firmen wie LAN und Teléfonica sehr

engagierten doch, dies sei kein Standard.363

3.4 Rolle der Auslandshandelskammer als zertifizierende Institution

3.4.1 Absolventen der dualen Ausbildung364

Die AHKs wurden vom DIHK aufgefordert nach den eingangserwähnten Qualitätskategorien

zu zertifizieren. Ein kurzer Überblick über die drei unterschiedlichen Kategorien soll die

Einordnung erläutern:

Die Qualitätskategorien sollen dabei unterstützen, konstitutive Elemente des dualen Sys-

tems zu übertragen, lokal anzupassen und einen Überblick geben, welche Möglichkeiten

des Transfers wie einheitlich und transparent zu zertifizieren sind.365 Es werden drei Kate-

gorien unterschieden: Die Kategorie A beschreibt Berufsbildungsaktivitäten, die fast voll-

ständig mit der deutschen Praxis übereinstimmen:366 Die Ausbildungszeit ist der deutschen

Ausbildungsordnung zu entnehmen, die praktische Ausbildung nimmt mindestens 70 % der

Ausbildungszeit in Anspruch.367 Die Zertifikate sind zweisprachig und tragen sowohl das

DIHK- als auch AHK-Logo und werden von beiden Institutionen unterzeichnet.368 Bei Katego-

rie A ist je Ausbildungsunternehmen ein qualifizierter Ausbilder mit AdA-Schein Internatio-

nal mit 80-100 %iger Übereinstimmung mit dem deutschen Produkt vorgeschrieben.369 Häu-

fig wird diese Ausbildung in Kooperation mit Deutschen Auslandsschulen angeboten und

findet überwiegend auf Deutsch statt.

Berufsausbildungsaktivitäten, die sich der Kategorie B zuordnen lassen, gehen stärker auf

regionale Schwerpunkte ein, aber lehnen sich dennoch eng an der deutschen Umsetzung

an.370 Grundlage ist eine deutsche Ausbildungsordnung, aber die Ausbildungsdauer kann

360 Vgl. Falugue, Z. 163 f. & 341 & 362 361 Ebenda, Z. 165 f. 362 Hall, Z. 44 f. 363 Vgl. Hall, Z. 115-118 364 Kategorien: Zertifikate und Qualitätsstandards, Internationale Zertifizierung 365 Vgl. Bayer/Sievers, 2014, S. 2 f. 366 Vgl. ebenda, S. 3 367 Vgl. ebenda, S. 3-12 368 Vgl. ebenda, S. 3-12 369 Vgl. ebenda, S. 2 f. 370 Vgl. ebenda, S. 2

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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kürzer sein, muss aber mindestens zwei Jahre betragen und die praktische Ausbildungszeit

muss mindestens 50 % ausmachen.371 Auch in diesem Fall wird das Prüfungsprozedere von

der AHK organisiert und überwacht.372 Die Absolventen erhalten ein zweisprachiges Zertifi-

kat, das den Titel „Zertifikat - Duale Berufsbildung - für Land xyz“ trägt.373 Laut den 2014

veröffentlichten Qualitätskategorien müssen die Ausbilder hier über den „AdA-

International Kategorie B“374 verfügen, wie Recherchen ergeben haben, gibt es ein Produkt

mit dieser Bezeichnung allerdings nicht und es ist derzeit das Produkt „AdA-Light“ in Pla-

nung.375 Bei Kategorie C handelt es sich um eine Ausbildung, ein Training oder eine Wei-

terbildung, die duale Komponenten aufweist, aber deren Ausrichtung und Konzeption von

Bedürfnissen des lokalen Arbeitsmarktes ausgeht.376 Die AHK ist beratend tätig und koope-

riert mit Unternehmen, Regierung oder anderen relevanten Akteuren eng und partner-

schaftlich zusammen.377

Die Auslandshandelskammern Chile, Peru und Mexiko, sind auch im Bereich der national

gültigen Zertifizierung aktiv (DIHK Kategorie B, C), wie die folgende Auflistung verdeut-

licht:

Die AHK Chile zertifiziert nicht offiziell, hat jedoch im Rahmen von Pilotprojekten, Model-

le dargeboten, wie eine solche nationale Zertifizierung aussehen könnte.378

Die AHK Peru zertifiziert sowohl vom peruanischen Staat anerkannt im Rahmen der darge-

legten technischen Ausbildungsberufe, als auch betriebliche Weiterbildungen, die sich über

sechs Monate erstrecken.379 „[Die Absolventen] erhalten einen betriebsinternen Titel mit

firmenspezifischem Wissen.“380

Die AHK Mexiko ist durch die nationale Zertifizierungsinstanz CONOCER dazu bevollmäch-

tigt, ein national anerkanntes Zertifikat auszugeben.381

In jedem der Länder werden die kaufmännischen Ausbildungsberufe durch die Auslands-

handelskammern gemäß DIHK: Kategorie A zertifiziert.382 In Mexiko sind es die technischen

371 Vgl. ebenda, S. 5 f. 372 Vgl. ebenda, S. 8 373 Vgl. ebenda, S. 10 374 Ebenda, 2014, S. 4 375 Vgl. Hausmann, 2015, S. 1 376 Vgl. Bayer/Sievers, 2014, S. 2 377 Vgl. ebenda, 2014, S. 3 378 Vgl. Hall, Z. 163-166 379 Vgl. Arciniega, Z. 198-206 380 Ebenda, Z. 207 f. 381 Vgl. Päleke, Z. 41-44 382 Nach Meinung der Verfasserin zertifiziert im eigentlichen Sinne lediglich Mexiko nach Kategorie

A, da in diesem Fall die Ausbilder der Unternehmen über den Internationalen AdA-Schein verfü-gen. Diese Voraussetzung ist laut Angabe der interviewten Personen in den anderen Ländern zum derzeitigen Zeitpunkt nicht gegeben. Dennoch erhalten die Absolventen der Beruflichen Auslands-schulen das international gültige Zertifikat der Kategorie A.

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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Ausbildungsberufe. In diesem Jahr werden durch die AHK Mexiko die ersten 65 Zwischen-

prüfungen abgenommen.383 Zuvor zertifizierte die IHK München.384

Die folgende Tabelle bietet einen Überblick über die Anzahl der Absolventen, die ein in-

ternational gültiges Ausbildungszertifikat erhalten:

Es lassen sich keine signifikanten Zu- oder Abnahmen der Absolventen verzeichnen. Die

Ausbildungsberufe haben bereits eine lange Tradition, aber deshalb ist es keinesfalls ein

Modell, das breitenwirksam eine größere Anzahl Jugendlicher als Zielgruppe auswählt und

kontinuierlich wächst. In diesen Fällen stellt das duale System ein Nischenprodukt dar, das

angeboten für und gewählt von einer privilegierten Zielgruppe wird. Diese kennen das dua-

le System und sehen es häufig als Möglichkeit, sich für den internationalen Arbeitsmarkt zu

qualifizieren.

383 Vgl. Päleke, Z. 48 384 Vgl. ebenda, Z. 32

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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Tabelle 13: International gültige Zertifizierung (DIHK Kategorie A)385

Latein-amerika Argentinien Bolivien Ecuador Mexiko

20131 19772 20112 20132 19923 20113 20133 20114 20134 20115 20135

Industrie-kaufmann

107

15 16

6 8 4 3

Groß- und Au-ßenhandels-kaufmann

115

9 11 15 6 7 16 10

Kaufmann für Büro-kommunikation

58 16 3 3

21 12

Schifffahrts-kaufmann

14

Speditions-kaufmann

40

4

Fremdsprachen-sekretärin

9

Versicherungs-kaufmann

4

Informatik-kaufmann

1

Werkzeug-macher

12

21 12

Mechatroniker 6

6

385Eigene Darstellung, Datenquellen: 1: ZfA, 2014b; 2: BBZ Buenos Aires, 2014; 3: AHK Bolivien, 2014; 4: ITSA Ecuador, 2014; 5: IHK München, 2014; leider war der Zugang zu den Statistiken Perus und Chiles nicht möglich

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 63 -

3.4.2 Ausbilderqualifizierung und –zertifizierung386

Um den international gültigen Ausbilderkurs anbieten zu können, wendet man sich an die

DIHK-Bildungs-GmbH und wird Lizenznehmer.387Die AHKs zahlen eine Lizenz für die Text-

bände (4 Handlungsfelder) in Höhe von 28,30 € (Standardsprache: Deutsch, erhältlich in

Spanisch) und erwerben ein einjähriges Nutzungsrecht für die Prüfungsaufgaben in der

Höhe von 600 €.388 Aufgrund der Initiative und des Engagements der AHK Mexiko gibt es den

international anerkannten AdA-Kurs und somit die kompletten Prüfungsmaterialien und –

aufgaben auf Spanisch.389 In Mexiko war der „AdA-International“ als Pilotprojekt erprobt,

die Prüfungsaufgaben und -materialien vor Ort übersetzt und dann wiederum von der DIHK-

Bildungs-GmbH zurückgekauft und in die Qualitätssicherung gegeben worden.390 Dieses Zer-

tifikat gewährleistet eine 80 bis 100 %ige Übereinstimmung und Anerkennung mit dem

deutschen AdA-Schein.391 Aufbau und Inhalte sollen dem deutschen Produkt stark ähneln,

doch machen gerade die landesspezifischen Anpassungen das Produkt zu einem wirksamen

Instrument.392 Daher sind in dem Curriculum jeweils Teile vorzufinden, die landesspezifisch

von den AHKs mit Inhalten, wie beispielsweise arbeitsrechtlichen Bestimmungen, anzurei-

chern sind.393 Erfahrungen haben gezeigt, dass der international gültige AdA-Kurs für den

einen oder anderen eine anspruchsvolle Herausforderung darstellt und fürs erste zu um-

fangreich ist. 394 Das wirkt nachvollziehbar, da es sich um Länder handelt, in denen die

Ausbilderqualifizierung bis dato nahezu unbekannt ist. Denn mindestens 80 Stunden, auf

ca. 10 bis 14 Tage verteilt, ist für viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber viel Zeit.395 Hinzu

kommen die schriftliche und die praktische Prüfung.396

Um noch weitere begeisterte Ausbilder zu qualifizieren, ist daher momentan der „AdA-

Light“ in Planung, der lediglich 40 Stunden umfassen soll. 397 Eine Anrechnung von Modulen

für den „AdA-International“ ist aber bewusst nicht geplant.398 Der „AdA-Light“ hat den Vor-

schlag der Umsetzung der AHK Mexiko aufgenommen, der im Folgenden erläutert wird399

Um eine weitere Variante anzubieten und die Ausbilder langsam an die verantwortungsvol-

le Aufgabe heranzuführen, bietet die AHK Mexiko einen weiteren, kürzeren Kurs für die

386 Kategorie: Zertifizierung der Tutoren/Ausbilder 387 Vgl. Päleke, Z. 157-161 388 Vgl. Hausmann, 2015, S. 1 389 Vgl. Hausmann, 2014, S. 1 390 Vgl. Hausmann, 2015, S. 1 391 Vgl. Hausmann, 2014, S. 1 f. 392 Vgl. Hausmann, 2015, S. 1 393 Vgl. ebenda, S. 1 394 Vgl. ebenda, S. 1 395 Vgl. ebenda, S. 1 396 Vgl. ebenda, S. 1 397 Vgl. ebenda, S. 1 398 Vgl. ebenda, S. 1 399 Vgl. ebenda, S. 1

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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Ausbilder an, der lediglich 40 Unterrichtsstunden umfasst und als Schwerpunkt die „In-

strumente dualer Berufsausbildung“ thematisiert.400 Bisher waren es 50 Teilnehmer in zwei

Städten, was die Prognose zulässt, dass es sich, künftig landesweit angeboten, um ca. 300

Teilnehmer handeln wird.401 Da es sich, jedoch offiziell noch nicht um den „AdA-Light“

handelt, wird er in der folgenden Tabelle als AdA-National bezeichnet.

Die folgende Tabelle gibt Aufschluss über das derzeitige Angebotsspektrum das auf Qualifi-

zierung der Tutoren und Ausbilder abzielt.

400 Vgl. Hausmann, 2014, S. 1 401 Vgl. Päleke, Z. 200 f.

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Tabelle 14: Überblick über das Angebot an Ausbilderkursen402

Land AdA-International 80 Stunden

AdA-National

Tutoren-Seminar

Argentinien interessant, aber zu kostenintensiv für die Tutoren403

X Eintägiges Semi-nar in Koopera-tion mit ehema-ligem Tutor von Siemens404

Bolivien in Planung405 X Allgemeiner Workshop für Tutoren406

Ecuador in Planung407 X Seminar für Tu-toren des BBZ und der Fir-men408

Chile X in Planung 120 Stun-den409

Initiative: Firma Merck410

Teilnehmer: 20 aus dem mittlerem Management, Personal-abteilung, Bildungsin-stitutionen411

Peru X

Initiative: SENATI412

Teilnehmer: Von SENATI: Dozenten, Ausbilder, akademische Behörden ; zweiter Kurs startet Februar 2015413

Eventuell als kürzere Variante geplant414

Mexiko X X 40 Stunden415

Initiative: VW/Sparkasse416

Teilnehmer: 50, 60 innerhalb von 2 Kursen: Ausbilder417

402 Eigene Darstellung 403 Vgl. Falugue, Z. 565 404 Vgl. ebenda, Z. 553-555 405 Vgl. Martinet, Z. 288 f. 406 Vgl. ebenda, Z. 286 407 Vgl. Portenkirchner, Z. 313-316 408 Vgl. ebenda, Z. 322 409 Vgl. Hall, Z. 233 f. 410 Vgl. ebenda, Z. 202 f. 411 Vgl. ebenda, Z. 197 f. 412 Vgl. Arciniega, Z. 232 413 Vgl. ebenda, Z. 232-235 414 Vgl. ebenda, Z. 147-149 415 Vgl. Päleke, Z. 176 f. 416 Vgl. Hausmann, 2014, S. 1 417 Vgl. Päleke, Z. 196

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 66 -

Zwar engagieren sich alle AHKs in der Ausbilderqualifizierung, aber im Hinblick auf Stel-

lenwert und Zertifizierung wird deutlich, dass sich die Bedürfnisse landesspezifisch unter-

scheiden. In Argentinien wird rückgemeldet, dass der Kontakt zu den Tutoren so intensiv

sei und dass der AdA-Schein aufgrund der Kosten nicht auf großes Interesse stoße.418 Die

AHK Chile nahm den „AdA-International“ als zu kurz war und plant daher einen landesspe-

zifisch angepassten Ausbilderkurs, der umfangreicher sein wird. Wohingegen die Rückmel-

dungen in Peru zeigten, dass der „AdA-International" als zu zeitintensiv wahrgenommen

wurde.

3.5 Die Zielvorstellung einer Implementierung dualer Ausbildungsberufe:

Vorgehensweise, Zusammenfassung und Diskussion theoretischer

und empirischer Befunde

3.5.1 Vorgehensweise bei der Implementierung419

In der folgenden Tabelle wird eine Übersicht geboten, welche Argumente, die Fachexper-

ten der unterschiedlichen Auslandshandelskammern als richtungsweisend bei der Imple-

mentierung neuer Ausbildungsberufe nennen, um im darauffolgenden Abschnitt diese Ar-

gumente exemplarisch zu erläutern.

Tabelle 15: Häufigkeitsanalyse: Zentrale Komponenten der Vorgehensweise bei der Implementierung420

Argument Nennungen

Modifizierung 6

Kooperation 5

Unternehmen 4

Arbeitsmarktnähe 3

Standardisierung 3

Ausbilderqualifizierung 2

Bei den Antworten der Experten auf die Frage, wie sich die Vorgehensweise bei der Imple-

mentierung charakterisieren lasse, wurden einige der zuvor genannten Themenschwer-

punkte bzw. Elemente des Modells (Abschnitt 2.2) aufgegriffen. Viele der Experten ver-

deutlichten, dass man sich an deutschen Ausbildungsinhalten orientiert, diese aber inhalt-

lich oder sprachlich anpasst. Auch die Kooperation mit unterschiedlichen Akteuren ist ein

wichtiger Meilenstein im Rahmen der Implementierung. Im Hinblick darauf wurde insbe-

sondere die wichtige Rolle der Unternehmen, um bedarfsgerecht zu konzipieren und im-

418 Vgl. Falugue, Z. 558 ff. 419 Kategorie: Vorgehensweise bei der Implementierung dualer Ausbildungsberufe 420 Eigene Darstellung, Datenquelle: Die sich im Anhang befindende Auswertungsdatei der Experten-

interviews

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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plementieren, betont. Dies wiederum ist eng verknüpft damit, dass Ausbildungsberufe je

nach Bedürfnissen des nationalen oder gar regionalen Arbeitsmarktes zu konzipieren sind.

Um das Modell nachhaltig und praktikabel zu gestalten, hat man folglich den Anspruch

Standardisierungen vorzunehmen und die Qualifizierung der Ausbilder zu thematisieren.

Die Ausbilderqualifizierung sei einer der ersten Punkte gewesen, die man habe angehen

müssen, als die Firmen den Wunsch geäußerten hatten die duale Ausbildung zu implemen-

tieren und die Absolventen zertifizieren zu lassen.421 Auch sei es so, dass man berücksichti-

gen müsse, dass, wenn man mit nationalen Bildungseinrichtungen zusammenarbeite, man

die Verantwortlichen schulen und weiterbilden müsse.422 Zur Standardisierung gehöre

auch, die Betriebe zu prüfen423 und ein Modell zu konzipieren und den Verantwortlichen zu

präsentieren, das auch die Möglichkeit der Evaluation biete.424 Es seien Prozesshandbücher

geschrieben worden, um den Bildungseinrichtungen und Ausbildungsunternehmen zu ver-

deutlichen, wie bei Planung, Durchführung und Prüfung der dualen Ausbildung vorzugehen

sei.425 Die Arbeitsmarktnähe wird am Beispiel von Peru deutlich, denn bevor über die Kon-

zeptionierung nachgedacht wird, muss von den interessierten Unternehmen eine Marktstu-

die angefertigt werden, die die Notwendigkeit des Ausbildungsberufs belegt.426 Insbesonde-

re sei es wichtig, dass der Ausbildungsberuf auf Bedürfnisse der Region antworte, und be-

vor man mit der Implementierung beginne, würden die Branche und die Berufe erneut ana-

lysiert und evaluiert werden.427 Dass die Anfrage und Forderung nach der Implementierung

eines neuen Ausbildungsberufes immer aus der Wirtschaft kommen müsse,428 unterstreicht

die Rolle der Unternehmen und folglich müssten diese nicht nur den Bedarf verbalisieren,

sondern auch die Marktstudie verfassen.429Auch in welcher Sprache es sinnvoll sei den Aus-

bildungsberuf anzubieten, könnten die Unternehmen am besten entscheiden. 430 Arbeits-

marktnähe und die aktive Rolle der Unternehmen verdeutlichen den Bedarf der Kooperati-

on. Die Wichtigkeit der nationalen, aber auch der länderübergreifenden Zusammenarbeit

kam in Argumenten zum Ausdruck, wie bspw., dass im Rahmen von Berufsbildungsausschüs-

se oder an Rundtischen zwischen lokalen und deutschen Fachexperten gemeinsam an Aus-

bildungsplänen und deren Implementierung gearbeitet würde und dass in Fällen in denen

es bereits den lateinamerikanisierten Ausbildungsberuf gäbe, auch vom Wissen und den

421 Vgl. Päleke, Z. 27-30 422 Vgl. Martinet, Z. 273-276 423 Vgl. Päleke, Z. 128-132 424 Vgl. Portenkirchner, Z. 248-251 425 Vgl. ebenda, Z. 254-257 426 Vgl. Arciniega, Z. 163-165 427 Vgl. ebenda, Z. 172 f. & 296 f. 428 Vgl. ebenda, Z. 159; Martinet, Z. 241 f. 429 Vgl. ebenda, Z. 168-170 430 Vgl. Falugue, Z. 166-168

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 68 -

ausgearbeiteten Materialien der Kollegen profitiert werde.431 Die Zusammenarbeit mit na-

tionalen Bildungseinrichtungen habe den Vorteil, dass die Anerkennung des nationalen Ab-

schlusses leichter sei.432 Vorbild ist das deutsche duale Ausbildungssystem. Dies kann und

soll nicht geleugnet werden, aber zahlreiche Aussagen der Experten machen auf die

Selbstverständlichkeit aufmerksam, dass kontinent- oder landesspezifische Anpassungen

bzw. Modifizierungen vorgenommen werden müssten, die gerade im Hinblick auf die Vor-

gehensweise bei der Implementierung richtungsweisend sind: In manchen Fällen kann

Lehrmaterial übersetzt werden oder deutsche Ausbildungsordnungen, Ausbildungsrahmen-

lehrpläne und Ausbildungslehrpläne als Grundlage genommen werden.433 Auch können die

nationalen schulorientierten Lehrpläne als Ausganspunkt genommen werden oder in die

Überlegungen integriert werden, um beraten zu können, wie diese dual umgestellt werden

können .434 Immer jedoch müssen sprachliche oder inhaltliche Anpassungen vorgenommen

werden und in einigen Fällen wird das didaktische Material landes- und branchenspezifisch,

in Zusammenarbeit mit Fachexperten neu entwickelt.435

3.5.2 Zusammenfassung und Interpretation wissenschaftlicher Befunde

In Kapitel zwei wurden Wirkungsgeschichte deutscher Berufsbildungsentwicklungszusam-

menarbeit und Hintergründe des Policy Transfer-Prozesses veranschaulicht, um den Erfah-

rungsschatz der vergangenen Jahrzehnte zu diskutieren, aus der Geschichte zu lernen und

zu prüfen, inwieweit die dort vorgestellten Schwerpunkte noch zentral sind und zu fragen,

ob sie dann vor dem Hintergrund aktueller Forschungsbefunde Bestand haben.

Die folgende Tabelle soll wesentliche Aussagen aus den ersten beiden Kapiteln zusammen-

fassen und den Zusammenhang, Prozess und die Denkweise der Argumentation veranschau-

lichen.

431 Vgl. Linder, Z. 29 f. (Gedächtnisprotokoll); Hall, Z. 92-95; Portenkirchner, Z. 78 f. & 180-185 432 Vgl. Martinet, Z. 245 f. 433 Vgl. Portenkirchner, Z. 272 & 147-150; Falugue, Z. 183 434 Vgl. Schneider, Z. 39-43; Portenkirchner, Z. 208-212 435 Vgl. Hall, Z. 95-98

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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Tabelle 16: Kriterienorientierte Zusammenfassung der wissenschaftlichen Beiträge436

Abgeleitete Kriterien

Gesellschaftliches Ansehen der Be-rufs(aus)-bildung

Arnold (1986, S. 155-175): Aufwertung der beruflichen Bildung durch zielgruppenadäquate Ansprache. BMZ (2012, S. 10): Berufliche Bildung kämpft mit einem negativen Image. Deißinger (1998, S. 2): Ausbildungssysteme entwickeln sich in Abhängigkeit von der „nationalen Sozial- und Kul-turgeschichte“. Wolf (2011, S. 2-12): Berufsbildung wird beeinflusst und beeinflusst zahlreiche Themen von Gesellschaft, Wirt-schaft und Arbeitskultur.

Praxisbezug, Koope-ration, Arbeits-marktnähe

Arnold (1986, S. 159): Strategie der 50er Jahre führt nicht zum Erfolg, da die Facharbeiterschulen vollzeit-schulisch und nicht dual konzipiert sind. Greinert (2001, S. 46): Berufsbildende Projekte sind nur nachhaltig wirksam, wenn die Kooperation mit der Pri-vatwirtschaft Bestandteil des Konzepts ist. Arnold (1986, S. 155-175): Praxisnähe, Orientierung der Ausbildung am Bedarf der Wirtschaft, Involvierung der Betriebe unabhängig von der Betriebsgröße soll Zielvor-stellung sein. BMZ (2012, S. 10): Selten gelingt es beruflichen Bil-dungsprojekten, Fertigkeiten zu vermitteln, die der Ar-beitsmarkt nachfragt. Euler (2013, S. 4 ff.): Transfer fordert eine beidseitig motivierte und engagierte Grundhaltung. Gräsel (2010, S. 8 & 15 f.): es bedarf der Integration unterschiedlicher Akteure im Bildungsbereich, um Trans-fererfolge zu verzeichnen.

Zertifikate und Qua-litätsstandards

Arnold (1986, S. 155-175): pädagogisches und fachliches Wissen des Berufsbildungspersonals ist wichtig.

Zugänglichkeit, Brei-ten-wirkung, Durch-lässig-keit

Arnold (1986, S. 155-175): Chancengleichheit, landes-weite Finanzierung als Anspruch. Greinert (2001, S. 47); BMZ (2012, S.34): Seit 1992 wird in der Entwicklungszusammenarbeit ein ganzheitliches System priorisiert, das Chancengleichheit erreichen will, u.a. dadurch, dass es den informellen Sektor berücksich-tigt. Stockmann (2013, S. 118 ff.) untersucht im Rahmen einer Evaluationsstudie, ob bei den Berufsbildungskon-zepten u.a. Breitenwirksamkeit gegeben ist und stellt fest, dass es wenig Angebote im non-formalen Sektor gibt, und Chancengleichheit selten gewährleistet wird.

436 Eigene Darstellung

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 70 -

In den unterschiedlichen Publikationen, in Abschnitt 2.2 diskutiert, wird deutlich, dass be-

rufliche Bildung zur Verbesserung der Bedingungen beitragen kann, dass aber wesentliche

Aspekte nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Dazu zählen, dass ein praxistaugliches

System dem Anspruch Durchlässigkeit Genüge leisten muss, dass der vorherrschende Ge-

danke, dem das Berufsprinzip437 gehorcht, über den temporären Job, die Arbeit hinaus-

geht.438 Eine deutliche Orientierung an der beruflichen Handlungskompetenz wird ange-

strebt, um fit zu machen für die Privatwirtschaft, aber auch um die Wirksamkeit überprü-

fen und messen zu können.439 Doch soll die berufliche Bildung nicht nur das Ziel verfolgen,

fit für den Arbeitsmarkt zu machen, sondern obendrein das Subjekt, also gerade die perso-

nale Kompetenz des Auszubildenden, fördern.440 Nur wenn es sich, um eine partnerschaft-

liche Entwicklung eines Systems gemeinsam mit nationalen Partnern handelt, kann es zu

einem System werden, das nachhaltig wirkt, weil es auf das Land und somit auf die spezifi-

schen Problemlagen antwortet.441 Im Rahmen dessen ist auch zu beachten, dass ein starrer

eins zu eins Transfer des deutschen dualen Systems nur für eine privilegierte Zielgruppe

die Lösung sein kann. Da berufliche Bildung aber den Anspruch in sich trägt für alle sozia-

len Schichten zugänglich und attraktiv zu sein, muss darüber nachgedacht werden, wie das

System auf regionale Bedürfnisse angepasst werden kann.442 Gerade in den lateinamerika-

nischen Ländern strukturiert der informelle Sektor den lokalen Arbeitsmarkt, daher sollte

über Möglichkeiten, wie non-formale Fähigkeiten zertifiziert werden können, nachgedacht

werden. 443

3.5.3 Zusammenfassung und Interpretation der qualitativen Analyseergebnisse

Die Interviews mit den acht Experten aus sechs unterschiedlichen Ländern Lateinamerikas

machten einerseits auf große Unterschiede aufmerksam, da beispielsweise in Ecuador eine

Transferierung ins nationale System bereits eingeleitet wurde, wohingegen dies in Bolivien

zum derzeitigen Zeitpunkt undenkbar scheint. Andererseits konnten jedoch auch Merkmale

herausgefunden werden, die auf Parallelen hinweisen, zu verallgemeinern sind und schluss-

folgernd bei der Implementierung dualer Ausbildungsberufe in Lateinamerika zu Rate zu

ziehen und bei der Reflexion dienlich sein können. Die folgende Grafik soll als Analysein-

437 An dieser Stelle soll weiterführend auf Deißinger, 1998, S.134 ff. verwiesen werden, der „Das Berufsprinzip in seiner Bedeutung als Integrations- und Sozialisationsvorgabe für die nachwach-sende Generation“ differenziert darstellt.

438 Vgl. Baur/Przyklenk/Clement, 2014, S. 10 439 Vgl. Baur/Przyklenk/Clement, 2014, S. 10 & S. 16; Euler, 2013a, S. 23-32; Arnold, 2010, S. 146 440 Vgl. ebenda, S. 15-16; ebenda, S. 20-23; ebenda, S. 147 441 Vgl. Baur/Przyklenk/Clement, 2014, S. 9 & S. 10 & S. 18; Euler, 2013a, S. 38-42 442 Vgl. Baur/Przyklenk/Clement, 2014, S. 9 & S. 16 & S. 18; Euler, 2013a, S. 20-23; Arnold, 2010, S.

147 443 Vgl. Baur/Przyklenk/Clement, 2014, S. 17

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 71 -

strument dienen und auf reziproke Zusammenhänge aufmerksam machen und auf diese

Weise bei der Reflexion und Planung weiterer dualer Ausbildungsberufe hilfreich sein.

Abbildung 5: Relevante Faktoren und deren Zusammenhang bei der Implementierung dualer Ausbildungsgänge444

Länderübergreifend wurde der Mangel an technischem qualifiziertem Fachpersonal betont,

dem die duale Berufsausbildung durch ihre Vorteile entgegenwirke. Diese orientiert sich an

messbaren und überprüfbaren Kompetenzen, nutzt sowohl den Arbeitgebern als auch den

Auszubildenden, kann dazu beitragen, soziale Probleme einzudämmen, ermöglicht Auszu-

bildenden Arbeitserfahrung, begünstigt den Theorie-Praxis-Transfer, qualifiziert den Ju-

gendlichen und ist schlechthin eine Antwort auf den Bedarf der Privatwirtschaft. Doch die-

se Vorteile sind eng verknüpft mit vielen weiteren Themen und Fragestellungen, die im

Hinblick auf den Berufsbildungsexport auftreten. Ob diese Vorteile sich entfalten können

und ob diese überhaupt zur Geltung kommen ist von dem gesellschaftlichen Ansehen ab-

hängig: Ist das duale System bereits bekannt? Wird es bereits in der Gesellschaft diskutiert?

Wie kann der Kulturwandel oder Paradigmenwechsel, wie am Beispiel von Mexiko und Ecu-

ador, begleitet werden? Maßgeblich wirkt das Interesse der Regierung zum einen auf das

gesellschaftliche Ansehen und zum andern auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die

444 Eigene Darstellung

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 72 -

einen Transfer begünstigen oder erschweren können. Wenn gesetzliche Rahmenbedingun-

gen formuliert werden, müssen Strukturen geschaffen werden, die das System und dessen

Anspruch nach Meinungspluralität sichern, wie am Beispiel der Gesetzesentwürfe von Peru

und dem Bundesstaat Mexiko veranschaulicht. Relevante Faktoren sind die Findung oder

Bestimmung zentraler Akteure mit der Definition ihrer Verantwortlichkeiten und Aufgaben,

das Finanzierungsgerüst, die Evaluation, das Prüfungswesen sowie die gesamte Verwaltung

der Auszubildenden. Ob das duale System vereinbar, bzw. kompatibel mit dem nationalen

Bildungssystem ist, also ein ‚Fit‘ erkennbar ist, ist abhängig von dem gesellschaftlichen

Ansehen, dem Interesse der Regierung und den gesetzlichen Rahmenbedingungen. Brei-

tenwirkung, Zugänglichkeit, Durchlässigkeit und Modifizierung sind Fundament, Basis

und Voraussetzung. Am Beispiel Mexikos sieht man, dass die Breitenwirkung die Teilnahme

aller sozialen und ländlichen Bevölkerungsschichten durch die elektronische Lernplattform

sichert. Durch die Zertifizierung non-formal erworbener Kompetenzen, wie am Beispiel

Chile und den Abkommen mit Universitäten wird das System in alle Richtungen durchlässig,

was Attraktivität, Ansehen und Zielsetzung stärkt. Indem man Eintrittsvoraussetzungen

definiert, wie Unterrichtssprache, Bildungsabschluss, wirkt man auf die Zugänglichkeit ein.

Das Beispiel Ecuadors zeigt, dass hier bewusst das Abitur als Eintrittsvoraussetzung gewählt

wurde, da dies zu Bildungssystem und Denkweise der Gesellschaft passt, weil es sich um

eine hochwertige, praxisnahe, aber dennoch theoretisch gehaltvolle und anspruchsvolle

Alternative zur akademischen Bildung handeln soll. Doch darf im Umkehrschluss nicht an-

genommen werden, und diese Argumentation soll durch das Argument der Modifizierung

oder kontextspezifischen Anpassung thematisiert werden, dass die Eintrittsvoraussetzung

Abitur für alle Länder künftig sinnvoll wäre. Das Beispiel Mexiko weist auf das Gegenteil

hin, weil hier Sekundarabschluss I als Eintrittsvoraussetzung wichtig und richtig ist. Auch

macht die Transferierung ins nationale Bildungssystem in Ecuador auf die Vernetzung der

unterschiedlichen Themen aufmerksam. Rafael Correa hat die Vorteile erkannt, machte

durch seinen Zuspruch und seine Investition das duale System zu einem Gesprächsthema

und auch der Gesetzesentwurf ist bereits in Planung und soll im kommenden halben Jahr

verabschiedet werden. Um ein gutes System zu schaffen, sind Probleme oder Herausfor-

derungen in der bisherigen Umsetzung als Chance der Verbesserung zu begreifen, weil sie

auf beispielhafte Möglichkeiten und Bedarfe der System-Verbesserung aufmerksam ma-

chen, was wiederum ebenso mit dem Aspekt der Modifizierung und landesspezifischen An-

passung verknüpft ist. Gezeigt hat sich, dass der Transfer u.a. aus den oben genannten

Punkten komplex ist und dadurch mit viel Arbeit, Engagement, Einsatz und Rückschlägen

verbunden ist. Das traditionsreiche Modell A, mag zwar kein flächendeckendes Modell sein,

bietet jedoch die Möglichkeit, vom langjährigen Erfahrungsschatz zu profitieren, Kontakte

zu nutzen, Wissen der Beteiligten abzuschöpfen und die Unternehmen in Marktstudien zu

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 73 -

involvieren. Gerade die Einsicht in die ortsspezifischen Strukturen und der Wunsch nach

kontinuierlicher Verbesserung bewirken die Fähigkeit, die Vorgehensweise an aktuelle

Tendenzen anzupassen und Lösungsansätze zu formulieren. Landesspezifisch kann das

System folglich beibehalten, ausgebaut, standardisiert oder intensiviert werden. Fragestel-

lungen im Hinblick darauf, ob neue Wege mit anderen Akteuren, Bildungseinrichtungen und

Branchen gewählt werden sollen, resultieren aus den Erfahrungen und Herausforderungen.

Die Unterrichtssprache nach Bedarf vor Ort zu bestimmen und Unternehmen durch Berufs-

bildungsausschüssen und bei der Erstellung von Marktstudien zu integrieren, um industrie-

nahe und regionenspezifische Ausbildungsberufe und die Einbeziehung privater und öffent-

licher Arbeitgeber in konzeptuelle Überlegungen zu sichern, verdeutlicht den Zusammen-

hang zu aktuellen Tendenzen und konkretisiert die Bestrebungen, Praxisbezug, Arbeits-

marktnähe und Kooperation zu gewährleisten. Diesen Anspruch formulierten die Fachex-

perten der Auslandshandelskammern der unterschiedlichen Länder, was die Verknüpfung

mit Rolle und Aufgabenbereichen der Auslandshandelskammern, was vor allem die

Ausbilderqualifizierung, Zertifizierung der Absolventen und Definierung von Qualitäts-

standards umschließt und dann als übergeordneter Start- und Endpunkt die Vorgehenswei-

se bei der Implementierung aufzeigt. Das in der Grafik dargebotene Resümee und die

nachfolgenden Fragen, die der Reflexion dienen, sollen bei der Implementierung helfen,

indem sie die Erfahrungen der befragten Experten zusammenfassen. Es ergeben sich da-

durch übrigens zahlreiche Übereinstimmungen mit theoretischen und empirischen Befun-

den.

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

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Fragen, die der Reflexion dienen

Gesellschaftliches Ansehen der Berufs(aus)bildung

Welche (Vor)urteile begegnen der dualen Berufsausbildung?

Wie kann mit diesen umgegangen werden?

Durch welches Medium kann bei der Zielgruppe Interesse geweckt werden?

Wer sind die nationalen überzeugten Fürsprecher und wie können diese bei der

Imageverbesserung unterstützt werden?

Interesse der Regierung

Welches Ministerium ist für die berufliche Bildung zuständig?

Gibt es Fürsprecher für das duale System bei Senatoren oder Politikern?

Gesetzliche Rahmenbedingungen

Welche zentralen Akteure sind für die Umsetzung des dualen Systems auszuma-

chen?

Welche Aufgaben und Verantwortungen übernehmen sie?

Wie ist die Finanzierung des dualen Systems strukturiert?

Wie wird die Standardisierung und Unabhängigkeit der Prüfungsverwaltung ge-

währleistet?

Wer prüft und überwacht die theoretische und die praktische Ausbildung?

Wie wird der nationale Titel verliehen?

Breitenwirkung, Durchlässigkeit, Zugänglichkeit

Wer ist die Zielgruppe der dualen Berufsausbildung?

Welche Eintrittsvoraussetzungen ergeben aufgrund des Bildungssystems des

Landes Sinn?

Wie kann das duale System eine interessante Ausbildungsmöglichkeit für jeder-

mann sein?

Durch welche Maßnahmen kann sichergestellt werden, dass die Ausbildung auch

für Schüler aus ländlichen Gegenden oder sozial schwächeren Familien möglich

ist?

Welche Abkommen oder Wege könnten die deutsche Maxime „Kein Abschluss

ohne Anschluss“ sichern?

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Transfer der dualen Berufsausbildung in Lateinamerika

- 75 -

Herausforderungen

Welche Probleme werden von wem, wie konkret zurückgemeldet?

Gelingt eine Analyse der Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken?

Aktuelle Tendenzen & Lösungsansätze

Was fordert das Land im Hinblick auf aktuelle ökonomische Entwicklungen und

im Hinblick auf das bestehende System?

Sollen neue Wege beschritten werden?

Ist das bestehende System ausbaufähig, bzw. verlaufen die Pilotprojekte erfolg-

reich und können ausgebaut werden?

Sollte vordergründig mehr Zeit in Standardisierungen und Optimierungen von

Prozessen, Handbüchern und Strukturen investiert werden?

Wird der bestehende Wissensschatz gesichert und wird darauf geachtet, dass

die Qualität über der Menge an Neuem nicht leidet?

Praxisbezug, Kooperation und Arbeitsmarktnähe

Wie gelingt es die Stimme und den Bedarf der Privatwirtschaft einzuholen?

Welche Fachausschüsse existieren und sind zu integrieren?

Werden Marktstudien erstellt? Von wem? Wie werden sie evaluiert? Wer ist Auf-

traggeber?

Wie kann es gelingen, möglichst viele aktive Mitdenker zu überzeugen und zu

gewinnen?

Rolle und Aufgabenbereiche der Auslandshandelskammer

Welche Möglichkeiten hat die Auslandshandelskammer im Bereich der Zertifizie-

rung?

Welche Kurse sind für die Qualifizierung der Ausbilder möglich und nötig?

Wie können Qualitätsstandards in Kooperation mit weiteren relevanten Akteu-

ren erarbeitet werden?

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Schlussbetrachtung

- 76 -

4 Schlussbetrachtung

4.1 Reichweite der Arbeit

Die Forschungsfragen konnten fast vollständig wie folgende Aufzählung darlegt, beantwor-

tet werden:

Der Policy Transfer in Lateinamerika wurde im Rahmen dieser Arbeit kriterienorientiert

beschrieben. Doch zugleich muss kritisch angemerkt werden, dass im engeren Sinne ledig-

lich in Ecuador und im Bundesstaat Mexiko ein umfassender Policy Transfer Prozess statt-

findet, da es sich bei den anderen Angeboten viel eher um Einzelprojekte handelt. Nichts-

destotrotz wurde im Rahmen dieser Arbeit eine Vielzahl an Informationen, durch Artikel,

interne Dokumente, Interviews, Veröffentlichungen in Zeitungen und nicht zuletzt Geset-

zesentwürfe gewonnen, die Folgerungen zuließen und konkrete Beispiele boten, wie bei

der Konzeptionierung und Implementierung dualer Ausbildungsberufe in Lateinamerika vor-

gegangen wird bzw. werden könnte.

Die AHKs stehen vor der Herausforderung, dass die Nachfrage nach dem dualen System

derzeit fast in allen Ländern groß ist. Zunächst kann dies positiv gedeutet werden. Doch

muss gerade dadurch, dass das duale System momentan im Trend ist, jetzt an einem nach-

haltig wirksamen, sich kontinuierlich anpassenden Ansatz gearbeitet werden, um zu ver-

hindern, dass es nur ein kurzer Trend bleibt. Es ist darauf zu achten geeignete nationale

Bildungspartner zu gewinnen und mit ihnen gemeinsam an einer qualitativ hochwertigen

Entwicklung zu arbeiten.

Es wurde versucht die länderübergreifenden und länderspezifischen Merkmale durch den

Rückgriff auf unterschiedlichste Quellen, möglichst unabhängig und differenziert zu gestal-

ten. Durch Tabellen und Schaubilder sollte Anschaulichkeit und Verständnis erhöht und

komplexe Sachverhalte nachvollziehbar dargestellt werden.

Obendrein konnten zentrale Merkmale und Faktoren ausgemacht werden, die zunächst

theoriebasiert hergeleitet und schließlich durch Aussagen der Experten bestätigt oder kon-

kretisiert wurden. Die zusammenfassende Abbildung (Abschnitt 3.5.3), die relevante Fakto-

ren und deren Zusammenhang bei der Implementierung dualer Ausbildungsgänge sichtbar

macht, zeigt, dass das Modell aus Abschnitt 2.2 erweitert und strukturell modifiziert wur-

de.

Die Vermutung dass das gesellschaftliche Ansehen und der historische Kontext die Imple-

mentierung erheblich beeinflussen, wurde bestätigt und wirft weiterhin die Frage auf, ob

eine Implementierung des dualen Systems im Bereich der Sekundarstufe in Lateinamerika

überhaupt möglich ist oder ob in vielen der Länder eher über eine Implementierung im

Hochschulbereich nachgedacht werden muss.

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Schlussbetrachtung

- 77 -

Positiv hervorgehoben werden können des Weiteren in Bezug auf die Aussagekraft dieser

Arbeit:

Perspektivenvielfalt: ein breitgefächertes, umfassendes Thema, das, durch die

kriterienorientierte Vorgehensweise strukturiert und konzentriert, interessante Ergebnisse

hervorbrachte.

Der Versuch, die Theorie für die Praxis zu nutzen und andersherum die Praxis für die The-

orie, wurde folgendermaßen umgesetzt: Durch eine theoriegeleitete Vorgehensweise wur-

de eine strukturierte Aufbereitung der Daten möglich, die als Basis für einen Wissenstrans-

fer innerhalb der AHKs in Lateinamerika dienen kann und einen lateinamerikanischer Policy

Transfer ermöglichen soll.

Aktualität und Vielschichtigkeit: Die im letzten halben Jahr veröffentlichten Gesetzes-

entwürfe wurden gegenübergestellt und relevante Akteure, Instrumente und Strukturen

aufgezeigt. Diese Gesetzesentwürfe, wurden bisher noch in keiner wissenschaftlichen Pub-

likation erwähnt.

Mehrsprachigkeit und Zugänglichkeit: Der Interviewleitfaden wurde ins Spanische, und

die die spanischen Transkriptionen ins Deutsch übertragen. Ein Großteil der spezifischen

Literatur liegt hauptsächlich auf Spanisch vor. Außerdem sind Statistiken und Publikationen

im lateinamerikanischen Kulturraum weniger leicht zugänglich als in Deutschland.

4.2 Grenzen der Arbeit und Forschungsausblick

Doch insbesondere Mehrsprachigkeit und Komplexität der Thematik machen auf einige me-

thodische und inhaltliche Schwächen der Arbeit aufmerksam, wie beispielsweise:

Wenn mehrere Codierer und Übersetzer in den Forschungsprozess einbezogen worden wä-

ren, was aus Kostengründen nicht möglich war, wäre Objektivität und Reliabilität, bzw. die

Intersubjektivität erhöht worden. Denn dann hätte beispielsweise die

Codierübereinstimmung mit Cohen’s Kappa berechnet werden können.445 Die Befragung,

ausschließlich deutscher Akteure oder Angestellter deutscher Institutionen, überwiegend

Mitarbeiter der AHKs in den unterschiedlichen Ländern war einerseits eine logische Ein-

grenzung, andererseits, macht sie jedoch auch auf eine einseitige eurozentrische Denkwei-

se aufmerksam. Eine kritische Evaluation im Sinne von „Ausübung von Kontrolle“446 oder

„Legitimation der durchgeführten Maßnahmen, Projekte oder Programme“ 447 konnte im

Rahmen dieser Arbeit nicht gewährleistet werden. Schon allein deshalb, weil die Teilneh-

445 Vgl. Hussy/Schreier/Echterhoff, 2010, S. 248 446 Vgl. Stockmann/Meyer, 2014, S. 81 f. 447 Vgl. ebenda, S. 81 f.

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Schlussbetrachtung

- 78 -

mer der Studie zwar intern kritisch-konstruktiv ihre Erfahrungen evaluieren möchten, aber

eine kritische Darstellung in der Öffentlichkeit ökonomischen Schaden anrichten könnte.

Diese Studie wirft eine Vielzahl an Themen auf, die es wert wären, nun detailliert und über

einen längeren Zeitraum untersucht zu werden.

Interessant wäre es u.a. den Policy Transfer-Prozess in Ecuador in einer neuen Studie zu

begleiten. Hier handelt es sich bei der Transferierung ins nationale System tatsächlich, um

den Prototyp des Policy Transfers. In Ecuador wird nämlich die Basis für eine langfristig,

nachhaltig angelegte Umsetzung geschaffen, weil die Implementierung politisch gewollt

ist, Geld investiert wird und deutsche Akteure lediglich beratend in den Prozess involviert

sind. Der Anspruch, der damit deutlich wird, ist, beim Policy Transfer zu modifizieren und

auf diese Weise zu profitieren, aber nicht einfach zu kopieren. Diesen Prozess in Ecuador

nun über mehrere Jahre zu untersuchen, den Ausbildungserfolg zu messen und Stimme von

Arbeitnehmern, Unternehmen, Schülern und Regierungsvertreter in einer Kombination aus

quantitativer und qualitativer Forschung aufzunehmen, wäre nach Meinung der Autorin ein

erfolgsversprechendes Vorhaben. Dies könnte in Anlehnung an das Modell, das dem in Ab-

schnitt 2.2.3 dargestellten dynamischen Forschungsansatz zugrunde liegt anhand der fol-

genden Kriterien geschehen: betriebliches Arbeitsregime, Arbeitsrecht, Entwicklungs-und

Anwendungsprozess von Technik, Konstitution des sozialen Akteurs, Mechanismen sozialer

Sicherung und die administrative Ordnung einer Gesellschaft.448

Abschließend soll gesagt werden, dass diese Arbeit längst nur einen kleinen Überblick der

umfassenden Thematik bieten kann, aber die unterschiedlichen Akteure darin unterstützen

soll, kontinuierlich an der landesspezifischen Anpassung und Erweiterung des dualen Aus-

bildungsangebots zu arbeiten.

448 Vgl. Barabasch/Wolf, 2011, S. 290

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- 93 - Anhang

Anhang

Methode

Aufbau des Interviewleitfadens

Der Leitfaden ist in sieben Themenabschnitte unterteilt, zwei Seiten lang und enthält

sieben übergeordnete Erfahrungs- und Wissensfragen und 21 fakultative Detailfragen.

Zunächst wurde das Ziel der Untersuchung und des Interviews von der Interviewerin

vorgestellt, nämlich einen Überblick über das duale Ausbildungsangebot in Latein-

amerika zu bieten und ausgehend von bestehenden Modellen und Erfahrungen, Mög-

lichkeiten der Implementierung abzuleiten. Daher werden im Rahmen des Interviews,

Erfahrungen und Modelle des dualen Systems aufgenommen und landesspezifische

Besonderheiten herausgearbeitet. Im ersten Themenabschnitt stehen die landesspe-

zifischen Besonderheiten und Vorteile der dualen Ausbildung im Vordergrund, welche

Anpassungen im Laufe der Jahre vorgenommen worden waren und welche Fragestel-

lungen mittel- und langfristig von Interesse seien. Im zweiten Themenabschnitt ist

das Angebot an dualen Ausbildungsberufen, bei denen die AHK in irgendeiner Weise,

z.B. an der Konzeptionierung oder Zertifizierung beteiligt ist, im Fokus. Im Zentrum

des Interesses stehen an dieser Stelle, Berufsbilder, Unterrichtssprache und die Bil-

dungseinrichtung, die den theoretischen Unterricht anbietet. Der dritte Themenab-

schnitt umfasst Praxisbezug, Kooperation und Arbeitsmarktnähe, um die Rolle der

Ausbildungsunternehmen einzuordnen und herauszufinden, ob und wie Erwartungen

und Anforderungen derer in konzeptionelle Überlegungen integriert werden und ob

diese eine aktive Rolle im Hinblick auf Bedarfsermittlung und Konzeptionierung neuer

Ausbildungsberufe spielen. Eine der Hauptaufgaben der AHK besteht in der Zertifizie-

rung und Sicherstellung von Qualitätsstandards laut Umfrage.449 Aufgrund dessen ste-

hen im nächsten Themenabschnitt Facetten dieses Angebots und im Speziellen Zerti-

fizierungsgültigkeit der Abschlüsse und Qualifizierung und Zertifizierung der Tutoren

und Ausbilder im Vordergrund. Der fünfte Themenabschnitt, in dem es um das Finan-

zierungskonzept geht, stellt eine Hinführung zum darauffolgenden Abschnitt (Brei-

tenwirksamkeit, Durchlässigkeit und Zugänglichkeit) dar. Hier geht es darum die Kos-

ten, die Schüler, Unternehmen und weitere Akteure für die duale Ausbildung auf sich

nehmen müssen, zu erfassen. Der bereits angekündigte sechste Abschnitt will heraus-

finden, ob das landesspezifische Modell des dualen Systems eine Möglichkeit für alle

449 Vgl. Lutz, 2014a, S. 16

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- 94 - Anhang

darstellt und ob es langfristig sogar denkbar wäre, das duale System ins nationale

Bildungssystem zu transferieren. Reziprok mit dieser Thematik zusammenhängend

greift der siebte Themenabschnitt den Stellenwert des Ansehens der Be-

rufs(aus)bildung in Politik und Gesellschaft auf und eruiert, inwieweit gesetzliche

Grundlagen den Transfer begünstigen oder verhindern und welche aktuellen Tenden-

zen momentan in diesem Bereich auszumachen sind.

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- 95 - Anhang

Charakteristika dualer Ausbildungsgänge in Lateinamerika – eine qualitative aus-

landspädagogische Analyse

Datum: Beginn: Ende:

Ort/Medium:

Information zum Interviewpartner

Institution:

Name:

Funktion:

Email:

Ziel der Untersuchung: Überblick über das duale Ausbildungsangebot in Lateiname-

rika bieten und ausgehend von bestehenden Modellen und Erfahrungen, Möglichkei-

ten der Implementierung ableiten.

Ziel des Interviews: Erfahrungen und Modelle des dualen Systems sollen aufgenom-

men und landesspezifische Besonderheiten herausgearbeitet werden.

Ergebnisse: werden vorab in Textform zur Korrektur versandt (spätestens Ende Feb-

ruar) und im Rahmen einer Masterarbeit veröffentlicht.

Besteht Einverständnis zur Tonbandaufzeichnung? Ja: Nein:

I VORTEILE DER DUALEN AUSBILDUNG

Das deutsche duale Ausbildungssystem ist derzeit Exportschlager und wird hoch

gelobt. Gerade in ____________ hat es bereits seit ____Jahren Tradition. Wel-

che Vorteile bietet das duale System Ihrer Meinung nach im speziellen für

____________?

- Was hat sich in den vergangenen Jahren an der Umsetzung des dualen Sys-

tems verändert?

- Was sollte sich Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren verbessern?

- Was ist das Besondere am dualen System in ___________________?

II ANGEBOT AN DUALEN AUSBILDUNGSBERUFEN

Bei welchen Ausbildungsberufen ist die Kammer involviert?

- Wie viele?

- Durch welche Institution wird der theoretische Unterricht vollzogen?

- In welcher Sprache?

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- 96 - Anhang

III PRAXISBEZUG, KOOPERATION, ARBEITSMARKTNÄHE

Welche Rolle spielen die Betriebe in der dualen Berufsausbildung?

- Wie werden Erwartungen und Anforderungen der Betriebe in konzeptionel-

le Überlegungen integriert?

- Wie wird vorgegangen, wenn neue Ausbildungsberufe eingeführt werden?

o Bedarfsermittlung

o Konzeptionierung

IV ZERTIFIKATE UND QUALITÄTSSTANDARDS

Welche Leistungen werden von der Kammer zertifiziert?

- Wird die Ausbildung der Ausbilder durchgeführt und zertifiziert?

o Welche Zertifikate existieren?

- Wie viele der Tutoren/Ausbilder im Unternehmen sind zertifiziert?

V FINANZIERUNGSKONZEPT

Wer beteiligt sich an der Finanzierung der Ausbildung?

- Wie setzt sich die Finanzierung zusammen?

o Zahlen die Schüler eine monatliche Gebühr? Wie hoch ist diese?

o Was zahlen die Unternehmen?

o Wie viel bezahlt die Kammer?

VI BREITENWIRKUNG, DURCHLÄSSIGKEIT UND ZUGÄNGLICHKEIT

Gibt es Berührungspunkte des dualen Systems nach deutschem Vorbild mit dem

nationalen Bildungssystem?

- Besteht auch für Schüler aus ärmeren Bevölkerungsschichten die Möglich-

keit der dualen Ausbildung?

- Wie erlangt der Absolvent den nationalen Abschluss?

- Gibt es besondere Abkommen mit Universitäten?

VII GESELLSCHAFTLICHES ANSEHEN DER BERUFS(AUS)BILDUNG

Welchen Stellenwert genießt die berufliche Bildung, insbesondere das duale Sys-

tem in Politik und Gesellschaft?

- Welche gesetzlichen Grundlagen beeinflussen den Transfer des dualen Sys-

tems?

- Ist die Regierung an dem dualen Ausbildungssystem interessiert?

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- 97 - Anhang

Característica del Sistema Dual en Latinoamérica – un análisis cualitativo en el

extranjero

Fecha: Comienzo: Fin:

Lugar/Medio:

Información sobre el interlocutor:

Institución:

Nombre y Apellido:

Función:

Correo electrónico:

Objetivo de la investigación: Presentar una síntesis de las ideas e información obte-

nida en base a un estudio comparativo del Sistema Dual en países Latinoamericanos,

recabando datos sobre los distintos modelos empleados y las experiencias de las per-

sonas que integran el desarrollo de este sistema.

Objetivo de la entrevista: Recabar información acerca de las experiencias y modelos

de Sistema Dual y hacer resaltar las peculiaridades de cada país.

Resultados: Los resultados serán de conocimiento de todas las personas y organiza-

ciones que colaboraron con mi estudio, para su revisión y aprobación.

¿Estoy autorizada grabar la entrevista? Si: No:

I VENTAJAS DE LA FORMACIÓN DUAL

Muchos países del mundo han implementado el Sistema Dual alemán durante los

últimos años. Sobre todo en _____________, este sistema cuenta con una trayec-

toria de _____ años. ¿Cuál es su opinión sobre las ventajas que ofrece el Sistema

Dual especialmente en ______________?

- ¿Qué ha cambiado durante los últimos años con respecto a la implementa-

ción y desarrollo del Sistema Dual?

- ¿Qué aspectos cree usted que se deberían mejorar para mejorar en el Sis-

tema Dual para el futuro?

- ¿Cuál cree que es la característica principal en el Sistema Dual en

___________________?

II OFERTA DE LAS DIFERENTES FORMACIONES PROFESIONALES

¿En cuales de las formaciones profesionales está involucrada la cámara?

- ¿Qué formaciones profesionales ofrece la cámara?

- ¿Qué institución es responsable del desarrollo de las clases teóricas?

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- 98 - Anhang

- ¿En qué idioma se desarrollan las clases?

III ORIENTACIÓN PRÁCTICA, COOPERACIÓN, CERCANÍA AL MERCADO LABORAL

¿Cuál es el papel de las empresas en el Sistema Dual?

- ¿Cuáles son los requisitos y expectativas de las empresas con respecto a

las consideraciones conceptuales del Sistema Dual?

- ¿Cómo se puede describir el procedimiento, en el caso que se pensará en

la implementación de nuevas formaciones profesionales?

o ¿Cómo funciona la definición de las necesidades de una nueva for-

mación profesional?

o ¿Cómo funciona la creación del concepto?

IV CERTIFICADOS Y NORMAS DE CALIDAD

¿Qué rendimientos certifica la cámara?

- ¿Existe una formación para los tutores en las empresas y cuentan con un

certificado?

o ¿Qué certificados existen?

- ¿Cuántos tutores en las empresas tienen un certificado?

V CONCEPTO DE FINANCIACIAMIENTO

¿Quién contribuye al financiamiento de la formación profesional dual?

- ¿Cómo está compuesto el financiamiento?

o ¿Existe un monto mensual a pagar por parte de los estudiantes?

¿Cuánto es?

o ¿Qué porcentaje pagan las empresas?

o ¿Qué porcentaje paga la cámara?

VI EFECTIVIDAD PARA TODOS, PERMEABILIDAD Y FLEXIBILDAD DEL SISTEMA

¿Hay puntos de contactos del Sistema Dual con el sistema de la educación nacio-

nal en _________?

- ¿Existe la posibilidad para estudiantes que cuentan con bajos recursos de

participar en la Formación Profesional Dual?

- ¿Cómo recibe el graduado su título nacional?

- ¿Existen convenios con universidades?

VII REPUTACIÓN DE LA FORMACION PROFESIONAL EN LA SOCIEDAD

¿Qué importancia o qué imagen tiene el Sistema Dual en la política y en la socie-

dad?

- ¿Cuáles son las leyes, los decretos nacionales que influyen a la implemen-

tación del Sistema Dual?

- ¿Cuál es el interés del gobierno por el Sistema Dual? ¿podría brevemente

describirlo?

- ¿Existe el interés del gobierno por la ampliación del Sistema Dual?

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- 99 - Anhang

Vorbereitung des Auswertungsmaterials

Bei sieben Interviews wurde in die Audioaufzeichnung eingewilligt. In einem Fall

wurde ein Gedächtnisprotokoll erstellt, da einer Audioaufzeichnung nicht zugestimmt

wurde. In der Literatur werden unterschiedliche Vorgehensweisen im Hinblick auf

Umfang, Art und Weise sowie Transkriptionsregeln diskutiert. Gerade weil es keine

allgemeingültigen Transkriptionsregeln gibt, wird der Empfehlung von Gläser und

Laudel Folge geleistet und diese explizit aufgeführt. Die Transkriptionsregeln wurden

in Anlehnung an Gläser, Laudel und Kuckartz erstellt:450

1. Unterbrechungen wurden nicht gekennzeichnet, genauso wenig wie nicht-

verbale oder paraverbale Äußerungen, wie zum Beispiel lachen, ähms oder

Stottern.451

2. Die Standardorthographie wurde angewandt, so dass Dialekte ins Hoch-

deutsch übersetzt und kleinere grammatikalische Fehler korrigiert wurden.

Im Rahmen dessen wurden Sprache und Interpunktion leicht geglättet.452

3. Absätze wurden gekennzeichnet und die Interviewerin mit dem Kürzel „I“

versehen sowie die Interviewpartner mit einem eindeutigen Kürzel verse-

hen.453 Es wurden die folgenden Kürzel eingeführt, die in der folgenden

Tabelle aufgeführt sind:

450 Vgl. Gläser/Laudel, 2010, S. 193 f.; Kuckartz, 2014, S. 136 f. 451 Vgl. ebenda, S. 194; ebenda, S. 136 452 Vgl. ebenda, S. 194; ebenda, S. 136 453 Vgl. ebenda, S. 194; ebenda, S. 136

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- 100 - Anhang

Tabelle 17: Übersicht der Interviewpartner

Nr. Kürzel Interviewpartner Institution Funktion Land

1 L Peter Linder Botschaft Botschafter Bolivien

2 Pä Wolfgang Päleke AHK Leiter Aus- und Wei-terbildung, CIM-AHK-Programm

Mexiko

3 S Udo Schneider ALTRATEK Geschäftsführer Mexiko

4 H Nina Hall AHK Projektmanagerin Aus- und Weiterbil-dung

Chile

5 A Giselle Arciniega AHK Leiterin Aus- und Wei-terbildung & Job-Börse

Peru

6 M Paola Martinet AHK Leiterin Berufsausbil-dung & Mitglieder-marketing

Bolivien

7 Por Ingrid Portenkirch-ner

AHK Berufliche Bildung: DHLA454, CIM-AHK- Programm

Ecuador

8 F Yanina Falugue AHK Leiterin Aus- und Wei-terbildung

Argentinien

Zunächst wurden alle Interviews vollständig transkribiert und die spanischen Inter-

views dann sinngemäß übersetzt. Immer dem Anspruch folgend, die Aussagen so zu

übersetzen, dass sie die Absicht des Sprechers bestmöglich verdeutlichen. Für die

Aussagekraft dieser Arbeit, muss Anonymität nicht gewährleistet werden. Ganz im

Gegenteil ist es sogar wichtig die Aussagen den Ländern zuzuordnen. Die Aussagen

sollen nicht pauschalisiert werden, sondern bilden lediglich die Ansicht, Erfahrung

und Wissensspektrums eines Fachexperten ab.

454 Duale Hochschule Latinoamérica (DHLA)

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- 101 - Anhang

Datenanalyse und Auswertung

Das induktiv-deduktiv hergeleitete Kategoriensystem soll einen transparenten Über-

blick der inhaltsanalytischen Vorgehensweise sicherstellen. Dadurch, dass die Haupt-

kategorien aus dem theoretischen Modell aus Abschnitt 2.2 abgeleitet wurden, be-

kam das Kategoriensystem bereits eine nachvollziehbare und auf alle Interviews

übertragbare Struktur, da der Interviewleitfaden ebenfalls bewusst in diese Themen-

abschnitte untergliedert wurde. Hierdurch wurde gewährleistet, dass alle Interviews

eine sich ähnelnde Gesamtstruktur aufweisen. Bei der inhaltlichen Analyse der Inter-

views stand dann regelgeleitet das Vergleichen von Phänomenen, Aussagen und Kon-

zepten im Vordergrund und nahm eine Schlüsselfunktion hinsichtlich der Entdeckung

und Definierung der Subkategorien sowie der Festlegung von Strukturen in den Bezie-

hungen zwischen den jeweiligen Kategorien ein. Es wurde versucht, sämtliche Sinn-

einheiten, die in den Interviews vorgefunden wurden, aufzunehmen und eine ge-

meinsame Kategorie, die diese Sinneinheiten zusammenfügt, zu bilden. Auf diese

Weise lag es nahe, beispielsweise in der ersten Hauptkategorie Vorteile und Vorge-

hensweise der dualen Ausbildung die Subkategorie Vorteile zu definieren. In engem

Zusammenhang mit den Vorteilen nannten die Interviewpartner auch Probleme, die

bei der derzeitigen Umsetzung der dualen Ausbildung auftreten, womit sich eine wei-

tere Subkategorie definieren lässt. Dieses Verfahren ergibt das in Tabelle 4 darge-

stellte Kategoriensystem mit acht Hauptkategorien, 28 Subkategorien und der Zu-

satzkategorie landesspezifische Besonderheiten.

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- 102 - Anhang

Tabelle 18: Das induktiv-deduktiv hergeleitete Kategoriensystem455

Definition von Subkategorien zur Hauptkategorie „Vorteile und Vorgehensweise der dualen Ausbildung“

Subkategorien Definition Ankerbeispiele

Vorteile Positive Wirkung, die das duale Sys-tem in Lateinamerika leistet bzw. leisten könnte.

„Weil die lernen im dualen System […] auch den Umgang mit Men-schen.“ (Pä, Z. 244 f.)

Probleme Herausforderungen, die im Umgang mit dem dualen System auftreten.

„Es gibt einige, die le-diglich teilnehmen, auf-grund eines Verspre-chens gegenüber der Kammer.“ (M, Z. 221)

Aktuelle Tendenzen Änderungen, die an der Umsetzung des dualen Systems vorgenommen werden, Ideen und Zukunftsvorschlä-ge.

„die Idee sollte sein […] eine duale Ausbildung im nationalen Kontext anzubieten“ (A, Z. 27-29)

Lösungsansätze Konkrete Beispiele und Reaktionen auf Probleme bei der aktuellen Um-setzung des dualen Systems.

„mehr Expertengesprä-che, mehr Besuche neuer Firmen, mehr Austausche“ (F, Z. 86 f.)

Definition von Subkategorien zur Hauptkategorie „Angebot an dualen Ausbildungs-berufen“

Merkmale des Ange-bots

Beschreibt die Merkmale und das duale Ausbildungsangebot

„Mechatroniker“ (Pä, Z. 94 )

Kooperation mit Bil-dungseinrichtungen

Umfasst, welche Art von Bildungs-einrichtung für den theoretischen Unterricht zuständig ist.

„in Jaén ist es eine öffentliche“ (A, Z. 181 f.)

Unterrichtssprache Thematisiert in welcher Sprache der theoretische Unterricht angeboten wird.

„72 % der Fächer auf Deutsch“ (F, Z. 153)

455 Eigene Darstellung in Anlehnung an Kuckartz, 2014, S. 85

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- 103 - Anhang

Definition von Subkategorien zur Hauptkategorie „Praxisbezug, Kooperation, Ar-beitsmarktnähe“

Subkategorien Definition Ankerbeispiele

Praxisbezug Anteil der praktischen Lerninhalte und Ausrichtung an der Praxis.

„Es geht in erster Linie um die Praxisorientie-rung hier.“ (Por, Z. 53 f.)

Kooperation Umfasst Engagement und Initiative der unterschiedlichen Akteure, die am dualen System beteiligt sind.

„Wie kann man denn da wirklich diese Dualität und den Dialog auf glei-cher Ebene zwischen Staat und Wirtschaft herstellen.“ (Por, Z. 113 f.)

Arbeitsmarktnähe Thematisiert, inwiefern duale Aus-bildungsberufe am Arbeitsmarkt aus-gerichtet werden.

„Die Erhebung von in-dustrienahen Ausbil-dungsprofilen.“ (H, Z. 83)

Rolle der Betriebe Umfasst Engagement und Initiative der Betriebe im Hinblick auf Bedarf, Wirksamkeit und Konzeption dualer Ausbildungsberufe.

„[…] und die Unterneh-men wenden sich an die Kammer“ (Pä, Z. 147 f.)

Definition von Subkategorien zur Hauptkategorie „Praxisbezug, Kooperation, Ar-beitsmarktnähe“

Vorgehensweise bei der Implementie-rung neuer Ausbil-dungsberufe

Beschreibt die konkrete Vorgehens-weise, wie vorgegangen wird, wenn neue Ausbildungsberufe eingeführt werden.

„Natürlich waren vo-rausgeschaltet eine Analyse und Evaluation der Sektoren und die Auswahl der Ausbil-dungsbranchen.“ (A, Z. 296)

Definition von Subkategorien zur Hauptkategorie „Rolle der Kammer als zertifizie-rende Institution“

Zertifikate und Qua-litätsstandards

Umfasst generell welche Zertifikate und Qualitätsstandards im Bereich der beruflichen Bildung von der Kammer vorgegeben oder geprüft werden.

„Also wir als Kammer haben die Möglichkeit in dreierlei verschiedener Hinsicht zu zertifizie-ren.“ (A, Z, 195)

Internationale Zerti-fizierung

Umfasst welche Auszubildenden ei-nen international anerkannten Ab-schluss erhalten.

„Dieses Zertifikat nützt ihr in ganz Europa […]“ (M, Z. 21)

Zertifizierung der Tutoren/Ausbilder

Thematisiert, wie bei Qualifizierung und Zertifizierung der Tutoren & Ausbilder in den Unternehmen vor-gegangen wird.

„Das erste AdA456-Seminar, das wir der-zeit durchführen, wird im Rahmen von SENATI angeboten. (A, Z. 232)

456 Ausbildung der Ausbilder (AdA)

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- 104 - Anhang

Definition von Subkategorien zur Hauptkategorie „Finanzierungskonzept“

Subkategorien Definition Ankerbeispiele

Staatliche Finanzie-rung

Thematisiert, ob die nationale Re-gierung sich an der Finanzierung des dualen Systems beteiligt.

„[…] und die Firmen erhalten ökonomische Unterstützung“ (A, Z. 258)

Kosten des Schülers Umfasst die Kosten, die dem Auszu-bildende für die duale Ausbildung entstehen.

„die Institutionen, jetzt auch diese staatlichen dürfen von den Auszu-bildenden kein Geld verlangen“ (Por, Z. 334 f.)

Ausbildungskosten für das Unterneh-men

Umfasst Kosten, die dem Unterneh-men für die Ausbildung entstehen.

„Aktuell zahlen sie 1400 Bolivianos.“ (M, Z. 294)

Definition von Subkategorien zur Hauptkategorie „Breitenwirkung, Zugänglichkeit und Durchlässigkeit“

Breitenwirkung Umfasst Argumente, die diskutieren, ob es sich um einen Berufsausbil-dungsansatz handelt, der grundsätz-lich allen Jugendlichen offen steht.

„dann kommen eben ganz ärmliche Eltern und staunen, wenn ihre Tochter da neben der riesen CNC Fräs-maschine steht.“ (Pä, Z. 240 f.)

Zugänglichkeit Thematisiert Eintrittsvoraussetzun-gen, durch welche die Interessenten von vornherein selektiert werden.

„Also unsere Leute, die ins duale System einsteigen hier, haben alle ein Abitur.“ (Por, Z. 101)

Durchlässigkeit Umfasst Möglichkeiten der darauf aufbauenden Weiterbildung oder vorgeschalteten Anerkennung von Kompetenzen.

„Abkommen mit den Universitäten bewir-ken, dass die Studen-ten nach Abschluss an der Uni studieren.“ (M, Z. 51 f.)

Definition von Subkategorien zur Hauptkategorie „Breitenwirkung, Zugänglichkeit und Durchlässigkeit“

Berührungspunkte mit dem nationalen Bil-dungssystem

Beschreibt, inwiefern das duale Sys-tem mit dem nationalen Bildungssys-tem zusammenhängt bzw. bereits in dieses integriert ist.

„[…] Verbindung zwi-schen dem Bildungs-system und des dualen Systems zu errei-chen.“ (Por, Z. 394 f.)

Verleihung des natio-nalen Abschlusses

Umfasst alle Modalitäten, Prozesse und Hindernisse, die relevant sind, um den nationalen Titel zu erhalten.

„Also das ist ein deut-scher Facharbeiterab-schluss, der hier in Mexiko durch CONOCER eigentlich bestätigt wurde und der dann hier aner-kannt ist.“ (Pä, Z. 251 f.)

Definition von Subkategorien zur Hauptkategorie „Gesellschaftliches Ansehen der

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- 105 - Anhang

Berufs(aus-)bildung“

Subkategorien Definition Ankerbeispiele

Gesprächsthema Greift Aspekte auf, die verdeutli-chen, dass das duale System ein ak-tuelles Thema in Gesellschaft und oder Politik darstellt.

„das ist im Moment ei-gentlich recht positiv, weil das System mehr diskutiert wird, heutzu-tage“ (H, Z. 280 f.)

Unkenntnis Umfasst Aussagen, die darstellen, dass das duale System unbekannt ist

„nicht viele Menschen wissen, was die duale Berufsausbildung ist.“ (M, Z. 355)

Paradigmenwechsel Umfasst Aussagen, die aufzeigen, dass mit der Implementierung ein Umdenken in der Gesellschaft nötig ist oder einsetzt

„Auch wenn es jetzt von der Wirtschaftsseite und dem „cambio de la matriz productiva“ ein sehr logisches Thema ist, steht da ein kom-pletter Kulturwandel dahinter.“ (Por, Z. 136 f.)

Gesetzliche Rah-menbedingungen

Thematisiert zum einen, ob gesetzli-che Rahmenbedingungen den Trans-fer des dualen Systems erschweren und zum anderen, ob ein nationales Berufsausbildungsgesetz existiert.

„Es entsteht ein Berufs-bildungsgesetz und das ist natürlich enorm hilf-reich für alle Beteilig-ten“ (Por, Z. 69)

Interesse der Regie-rung

Umfasst Handlungen und Beispiele, die Aufschluss darüber bieten, ob die nationale Regierung bzw. Politiker einen Transfer wollen und Initiative zeigen.

„da hatten wir das Glück mit den Autoritä-ten hier einen großen Zuspruch zu bekom-men.“ (S, Z. 43 f.)

Definition der Zusatzkategorie „Landesspezifische Besonderheiten“

Umfasst Aspekte, die die Praktik des dualen Systems landesspezifisch be-schreiben und keiner anderen Kate-gorie zuzuordnen sind. Auch werden Argumente, in diese Kategorie ein-geordnet, die gesellschaftliche oder soziale Probleme thematisieren, die evtl. durch das duale System beho-ben werden könnten.

„Ein Großteil der Tech-niker in Peru ist kurz davor in den Ruhestand zu gehen und es werden dringend junge Leute benötigt.“ (A, Z. 77 f.)

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- 106 - Anhang

Die strukturierende qualitative Inhaltsanalyse wurde computergestützt mit dem Pro-

gramm MAXQDA durchgeführt, einem verbreiteten Programm in der qualitativen So-

zialforschung. Neben dem Vorteil, das Kategoriensystem mit der Software zu erstel-

len und zu erweitern, bewog der einfache Vorteil zu diesem Entschluss, dass die

Auswertungsdatei im Anschluss in eine Excel-Tabelle, die sich im Anhang befindet,

exportiert und der Forschungsprozess transparenter und dadurch intersubjektiv über-

prüfbar gestaltet werden konnte.

Die Auswertung wurde größtenteils entlang der Hauptkategorien vorgenommen. Da

jedoch Zusammenhänge zwischen den Kategorien festgestellt wurden, sind im fol-

genden Auswertungsteil teilweise übergeordnete Überschriften gewählt worden, die

mehrere Kategorien umfassen. Darüber hinaus ergänzen Informationen, die aus der

Dokumentenanalyse gewonnen wurden, zentrale Aussagen. Doch durch die stringente

Zitierweise wird deutlich, welche Informationen aus welcher Quelle, direkt oder indi-

rekt, stammen. Außerdem wird in jedem Kapitel explizit darauf verwiesen, welche

Kategorien Grundlage der Auswertung sind. Die bereits erwähnte umfangreiche Ex-

cel-Tabelle (im Anhang befindend) enthält alle Analyseeinheiten nach dem vorge-

stellten Kategoriensystem sortiert und verfügt außerdem über eine Spalte Argumen-

te. Diese Argumente wurden induktiv am Textmaterial erschlossen, Häufigkeitsanaly-

sen, auf die im Text verwiesen wird, wurden erstellt, um die Datenauswertung und –

darstellung übersichtlich, verständlich und zugleich transparent zu gestalten.