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W e l t w e i t e s E n g a g e m e n t P a r t n e r s c h a f t v o r O r t ded forum Bildung trifft Entwicklung Rückkehrer in der entwicklungspolitischen Bildung

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Bildung trifft EntwicklungRückkehrer in der entwicklungspolitischen Bildung

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Vorwort .................................................................................................................................................. 3Dr. Jürgen Wilhelm, Dr. Otti Stein

Einführung ............................................................................................................................................ 4Jutta Heckel

Rückkehrer sind eine globale Ressource .......................................................................................... 5Eine globale „Ressource“ – Rückkehrer in der Bildungsarbeit ...................................................... 5Jutta Heckel

Deine Handflächen sind ja ganz weiß! –Menschen aus anderen Kontinenten als Referenten in der Schule .............................................. 8Mechthild Lensing

Regionale Bildungsstellen und Kooperationspartner .................................................................. 10„Wir potenzieren unsere Ressourcen“ – Die Zusammenarbeit mit dem EPIZ in Reutlingen ........................................................................ 10Sibylle Hahn

Partizipative Methoden in der forstlichen Beratung – von Entwicklungsländern lernen ...... 12Sigrid Pessel

Methoden und Inhalte ...................................................................................................................... 14Armut aus Sicht von Rückkehrern – Eine kreative Auseinandersetzung … ................................ 14Martina Göbel

Globales Lernen in Kindertagesstätten und Grundschulen –Kinder entdecken die Eine Welt ........................................................................................................ 17Elisabeth Bolda

Theater,Theater – Die Welt spielend begreifen ............................................................................ 20Katrin Koops

Werteorientierung in der beruflichen Ausbildung – Pilotprojekt bei der Telekom Berlin ...... 23Mechthild Lensing

Das Ziel und den Weg kennen – Schritte zu einem Qualitätssicherungssystem für die Bildungsarbeit .................................... 26Jutta Heckel

Entwicklungspolitische Bildungsarbeit als Brücke ...................................................................... 29Satelliten des DED –Wie die Verbindung zwischen drinnen und draußen gehalten wird ............................................ 29Martina Rieken

Schulwälder für West-Afrika – Kinderwälder weltweit ................................................................ 31Markus Hirschmann

Zwischen Yamasá und Altona – Die Schülerfirma FairChoc ........................................................ 34Jürgen Reißner

Wissen vernetzen – eine afrikanisch-deutsche Schulpartnerschaft .......................................... 36Sigi Schell-Straub

Inhaltsverzeichnis

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Heutzutage kann sich nie-mand mehr vorstellen,

dass Deutschland und Frank-reich gegeneinander Kriegführen oder in Feindschaftleben. Aber die Zeiten, in denennoch von den Franzosen als demErbfeind geredet wurde, sind garnicht so lange her. Dann gab eseine politische Entscheidung:Wir wollen nicht länger Feindesondern Freunde sein, denn einegute europäische Entwicklungbraucht die Kooperation vonDeutschen und Franzosen. Zu-sammenarbeit und Entwicklungbedarf der Anerkennung des je-weils Anderen, des gegenseitigenRespekts, braucht Augenhöhe.Ohne Öffentlichkeits- und Bil-dungsarbeit, die auf dieses Zielausgerichtet war, wäre diedeutsch-französische Freund-schaft Sonntagsrede geblieben.Aber die Medien, die Schulen,die Universitäten und zahlreicheBürgerinitiativen haben sichdem Thema gewidmet und diedeutsch-französische Freund-schaft hat wunderbare Früchtegetragen. Die Regierungenbeider Länder haben viel dazugetan.

Heute gibt es andere Klüfte,immer noch: Ost-West, Nord-Süd, Arm-Reich, Industrielän-der-Entwicklungsländer, isla-mische Länder-christliche Län-der, Klüfte in den Köpfen vielerMenschen. In der Realität je-doch sind diese Antagonismenlängst überholt. Die Globalisie-rung mit all ihren weltweiten

und teilweise neuen Verflech-tungen ist die Herausforderungder Zeit. Es gibt weltweit Be-mühungen, verantwortlichesHandeln für die Eine Welt in der Politik zu verankern: dieAgenda 21 aus dem Jahr 1992,die Millennium DevelopmentGoals aus dem Jahr 2000 undder Europäische Konsens ausdem vergangenen Jahr. DieBundesregierung hat das AP2015 (Aktionsprogramm zurArmutsbekämpfung) aufgelegt.

Die Politik alleine wird es nichtschaffen. Wie bei der deutsch-französischen Freundschaft giltes auch hier, die Dissonanzen zu überwinden und Aktivitätenzur Annäherung zu entwickeln.Auch zur Thematisierung derGlobalisierung und der Verant-wortung für die Eine Welt sindMedien, Schulen, Universitäten,Nichtregierungsorganisationenund staatliche Akteure gefragt,

Dr. Jürgen WilhelmGeschäftsführer des DED

denn der Bedarf an entwick-lungspädagogischen Kompe-tenzen und didaktischem Ma-terial ist in den letzten Jahrenexplosionsartig gestiegen.

Der Deutsche Entwicklungs-dienst als eine der Durchfüh-rungsorganisationen des Bun-desministeriums für wirtschaft-liche Zusammenarbeit und Ent-wicklung hat den Diskurs mitder deutschen Öffentlichkeit zurEntwicklungspolitik in seinemLeitbild verankert. Dasvorliegende Fachheft zeigt, wiestaatliche und nicht-staatlicheOrganisationen kooperieren undentwicklungspolitische Inhalteund das Wissen von ehemaligenEntwicklungshelferinnen undEntwicklungshelfern des DEDfür die Bildung unterschied-licher Bevölkerungsgruppenprofessionell eingesetzt werdenkann.

Dr. Otti SteinLeitung der Inlandsarbeit des DED

Vorwort

Vorw

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Unter dem Motto „Bildungtrifft Entwicklung“ hat der

Deutsche Entwicklungsdienst –DED seit September 2003 seineEntwicklungspolitische Bil-dungsarbeit systematisch aus-gebaut. Die Initiative „Bildungtrifft Entwicklung“ ist Teil desBeitrags des DED zum Aktions-programm der Bundesregierungzur Armutsbekämpfung (AP2015). Mit dieser Initiative trägter zu einem Bewusstseinswandelin Deutschland und zu einernachhaltigen und sozialverant-wortlichen Gestaltung vonGlobalisierung bei. Sie ergänztsein Engagement in Entwick-lungsländern mit Entwick-lungspolitischer Bildungsarbeitin Deutschland. „Bildung trifftEntwicklung“ macht die Erfah-rungen und Einsichten aus derEntwicklungszusammenarbeitund die der Partner in den Ent-wicklungsländern für die Men-schen in Deutschland nutzbar.Sie schlägt eine Brücke zwischen„drinnen und draußen“.

Die wichtigsten Akteure der Bil-dungsarbeit sind zurückgekehrteEntwicklungshelfer und Ent-wicklungshelferinnen und ihreEhepartner. Derzeit sind ca. 200Rückkehrer ehrenamtlich in derBildungsarbeit aktiv.

Ausgehend von ihren Erfah-rungen in den Partnerländernthematisieren sie anschaulichund authentisch die Nord-Süd-Beziehungen sowie die gerechteGestaltung von Globalisierung.Sie vermitteln, was dies mit un-serer Lebenswelt in Deutschlandzu tun hat und welche Hand-lungsoptionen jeder Einzelnehat. Unterstützt werden dieReferenten von Entwicklungs-helfern in den Partnerländernmit aktuellen Projektmateria-lien. Themen der DED-Bil-

dungsangebote sind: Umweltund ländliche Entwicklung,Einkommen schaffen, Frauenstärken, gesellschaftliche Teil-habe von Armen, Konflikt-bearbeitung und Friedensför-derung. In diesen Feldern en-gagiert sich der DED auch inseinen Partnerländern.

Damit die Bildungsangebotenicht zufällig und punktuellentstehen, werden sie gemein-sam mit hauptamtlichen Bil-dungsreferenten in RegionalenBildungsstellen entwickelt undgesteuert. Das Gesamtprojektwird von der DED-Zentrale inBonn koordiniert. In den vierRegionalen BildungsstellenDüsseldorf, Göttingen, Reutlin-gen, Weimar und dem Schul-programm Berlin finden Interes-sierte aus Erwachsenenbildung,Jugendarbeit und Schule Bera-tung und Unterstützung. Diehauptamtlichen Bildungsrefe-renten vermitteln von Auslands-einsätzen zurückgekehrte DED-Fachkräfte für Bildungsveran-staltungen, erstellen Arbeits-materialien und beraten dieRückkehrer inhaltlich unddidaktisch.

Die Regionalen Bildungsstellensind bei Kooperationspartnernangesiedelt: in Düsseldorf beiInWEnt, in Göttingen bei IFAK(Institut für angewandte Kultur-forschung), in Reutlingen beimEPIZ (Entwicklungspädago-gisches Informationszentrum), in Weimar beim AktionskreisGlobales Lernen. Im Schul-programm Berlin kooperiert der DED mit dem Senat fürBildung, Jugend und Sport.

Um Kräfte zu bündeln und der EntwicklungspolitischenBildungsarbeit mehr Gewicht zu verleihen, arbeitet der DED

bei der Gestaltung seinerBildungsarbeit mit Nicht-regierungsorganisationen,Bildungsträgern und anderengesellschaftlichen Akteuren auf lokaler, bundesweiter undinternationaler Ebene zu-sammen.

So beteiligt sich der DED aucham Runden Tisch zur UN-Dekade „Bildung für nach-haltige Entwicklung“. ImRahmen dieser Dekade wurde„Bildung trifft Entwicklung“ im März 2005 als Best-Practice–Projekt ausgezeichnet.

Dieses Fachheft illustriert ausverschiedenen Blickwinkeln die Praxis von „Bildung trifftEntwicklung“: Der erste Teilwidmet sich Rückkehrern undRückkehrerinnen. Der zweite Teil beschreibt unsere Koope-rationen. Der dritte Teil stelltInhalte und Methoden unsererArbeit vor. Und schließlich zeigt der vierte Teil auf, wie es gelingt, mit Entwicklungs-politischer Bildungsarbeit eine Brücke zwischen „drinnenund draußen“ zu schlagen.

Jutta Heckel Koordinatorin derEntwicklungspolitischenBildungsarbeit des DED.Agrarökonomin undErwachsenenpädagogin, 1993 bis 2001 in Brasilien und Peru.

Einführung

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Jedes Jahr kehren rund 300Menschen nach Deutschland

zurück, die mehrere Jahre Be-rufs- und Lebenserfahrung inder Entwicklungszusammen-arbeit des DED mitbringen.

In afrikanischen, asiatischenoder lateinamerikanischenLändern haben sie in denverschiedensten Berufen ge-arbeitet: als Agrarwissenschaft-ler, Betriebswirte, Geologen,Förster, Medienfachleute,Mediziner, Soziologen, Stadt-planer, Volkswirte, Zertifiziererund vieles mehr. Ihre fachlichenund methodischen Kompeten-zen hatten sie für ein Ziel ein-

gesetzt: einen Beitrag zur Min-derung der Armut zu leisten.Die ehemaligen Entwicklungs-helfer und Entwicklungshelfe-rinnen haben gesehen, wie sichdie (Entwicklungs-)Politiken derRegierungen der Entwicklungs-länder und der Industrieländerauswirken. Sie haben bei Part-nerorganisationen nahe an derBevölkerung gearbeitet und er-lebt, was die Betroffenen selbsttun, um ihre Probleme zu lösen.

Durch Leben und Arbeiten ineiner anderen Kultur haben Ent-wicklungshelferinnen und Ent-wicklungshelfer einen Perspek-tivenwechsel und die Relativität

der eigenen Weltsicht erfahrenund die Sicht anderer Kulturenkennen gelernt. Sie verfügenüber Fähigkeiten, die für „Glo-bales Lernen“ als pädagogischeAntwort auf Globalisierungwesentlich sind: Fähigkeiten,sich offen auf die Welt einzu-lassen, nachhaltige Lösungen zu finden und Konflikte kon-struktiv aufzunehmen.

Dieses besondere Zusammen-treffen aus fachlichen, methodi-schen, sozialen und persönlichenErfahrungen und Fähigkeitenmacht die Entwicklungshelfer zu authentischen und kom-petenten Vermittlern für ent-

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Rückkehrer sind eine globale Ressource

Chile | „Adios Chile“: Der DED geht, seine Ziele bleiben?Silke Goethe/Dorit Maucke

Eine globale „Ressource“ | Rückkehrer in der Bildungsarbeit

Herbert Rädler beim Internationalen Jugendcamp in Reutlingenzum Thema „Abfall“

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wicklungspolitische Themenund zur wichtigsten Ressourceder entwicklungspolitischenBildungsarbeit des DED.

Was motiviert Rückkehrer fürdie Entwicklungspolitische Bil-dungsarbeit? Sicher ist es zum ei-nen der Wunsch, die Erfahrun-gen aus der Zeit im Partnerlandanderen zugänglich zu machen,sie nicht einfach beiseite zu legenund zur (deutschen) Tagesord-nung überzugehen. ClaudiaSchulze, die von 2000 bis 2002Entwicklungshelferin in Lesothowar, schreibt darüber im DEDBrief 1/2004: „… Nach meinerRückkehr aus Afrika bekam ichzwar nicht die gleiche, aber zu-mindest eine ähnliche Tätigkeit.So hätte ich mich eigentlich zu-rücklehnen, die Erinnerungenan Lesotho ins Fotoalbum ein-kleben und mich ausschließlichmeinem neuen Aufgabengebietin der Berliner Verwaltungwidmen können. Doch bemerk-

te ich in Gesprächen mit Freun-dinnen und Kollegen … dass dieZeit in Afrika bei ihnen auf gro-ßes Interesse stieß …“.

Rückkehrern und Rückkehrerin-nen geht es auch darum, ihr ent-wicklungspolitisches Engage-ment in Deutschland fortzuset-zen und etwas zu bewegen, wie es Kläre Heyden darstellt, die von1986 bis 1993 Entwicklungshel-ferin in Ruanda und von 1997 bis 2001 in Benin war: „Seit nun-mehr vier Jahren lebe ich mitmeiner Tochter wieder in Köln.In dieser Zeit musste ich michhäufig nach dem Sinn meinesAufenthaltes in dieser Gesell-schaft fragen. Immer wiederkommt mir die Frage: Kann ichmich in Afrika denn nicht vielbesser einbringen? Doch diesmalspürte ich zum ersten Mal, dass esSinn macht die Arbeit fortzufüh-ren.“ Für andere bietet die Refe-rententätigkeit für den DEDeinen Ausgangspunkt oder eine

Ergänzung zu ihrer Arbeit alsfreiberufliche Dozenten für ent-wicklungspolitische und inter-kulturelle Themen, wie einigeBeiträge in diesem Heft zeigen.

Die hohe Motivation und derreiche Erfahrungsschatz derRückkehrer und Rückkehrerin-nen bilden zusammen mit derNeugier auf die verschiedenenZielgruppen eine gute Grund-lage für die Bildungsarbeit. Zu-sammen mit den Ressourcen desDED und seinen RegionalenBildungsstellen wird daraus einprofessionelles und nachhaltigesBildungsangebot für Schülerund Multiplikatoren.

Die „Werbung“, Qualifizierungund Begleitung von Rückkeh-rern für die Entwicklungspoli-tische Bildungsarbeit findet inverschiedenen Stufen statt:

➔ Im Rahmen ihrer Vorbe-reitung werden zukünftigeEntwicklungshelfer auf dieEntwicklungspolitischeBildungsarbeit aufmerksamgemacht. Sie erhalten An-regungen, wie sie schonwährend ihres Aufenthaltsim Partnerland Themen und Materialien sammelnkönnen.

➔ Nach ihrer Rückkehr er-halten sie im Rahmen vonRückkehrtagen ausführlicheInformationen über dieAktivitäten der RegionalenBildungsstellen und desSchulprogramms Berlin;zudem werden Möglich-keiten aufgezeigt, wie sie in der Bildungsarbeit aktivwerden können. In derDED-Datenbank sind ca.700 Rückkehrer als Interes-senten für die Referenten-tätigkeit registriert.

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Rückkehrer sind eine globale Ressource

Mit-Mach-Ausstellung „Körner und Knollen“ in Niedersachsen

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➔ Die Regionalen Bildungs-stellen führen mit den Inte-ressenten einführende Be-ratungsgespräche durch, beidenen Vorlieben für Themenund Zielgruppen, Vorkennt-nisse in der Bildungsarbeit,aber auch Ideen und Kon-takte der Rückkehrer fürmögliche Bildungsangebotethematisiert werden.

➔ In den Flächenländern or-ganisieren die RegionalenBildungsstellen regionaleRückkehrertreffen, die demErfahrungsaustausch, derInformation über aktuelleEntwicklungen in der Bil-dungsarbeitund der EZ, zurProgrammpolitik des DED,zur Fortbildung der Rück-kehrer und der gemeinsamenEntwicklung von Bildungs-angeboten dienen.

➔ Ergänzt werden die regio-nalen Fortbildungs- undBeratungsangebote durchWochenendseminare, dieaufbauend auf den Erfah-rungen der RückkehrerMethoden des GlobalenLernens, Didaktik derErwachsenbildung, Themendes Aktionsprogramms 2015sowie die Millenniumsent-wicklungsziele vertiefen.

➔ Bei der Planung ihrer Ver-anstaltungen werden dieRückkehrer von den Regio-nalen Bildungsstellen be-raten und mit didaktischemMaterial unterstützt.

➔ Darüber hinaus entwickelndie Regionalen Bildungs-stellen mit anderen Institu-tionen der Region Bildungs-angebote und vermittelndazu Rückkehrer als Refe-renten. Die Regionalen

Bildungsstellen übernehmenauch die Vor- und Nach-bereitung dieser Veranstal-tungen.

Charakteristisch für die Arbeitder Rückkehrer in der Bildungs-arbeit ist, dass sie meist auf einebestimmte Lebensphase be-grenzt bleibt. Zudem ist derjeweilige Umfang der Tätigkeithöchst unterschiedlich: Wäh-rend die Hälfte der aktiven Re-ferenten jeweils zwei Bildungs-veranstaltungen pro Jahr durch-führt, gibt es auch sehr aktive 10 Prozent, die auf 20 bis 100solcher Veranstaltungen kom-men. Die hohe Fluktuationmacht die Fortbildung inDidaktik, Methodik und Ent-wicklungspolitik zur Dauerauf-gabe für die Regionalen Bil-dungsstellen und fordert vondiesen zudem ein hohes Maß anFlexibilität und Kreativität beider Planung von Bildungsange-

boten und der Vermittlung vonRückkehrerreferenten, um auchden Lernbedürfnissen der Ziel-gruppen gerecht zu werden.

Dass dies gelingt und das Ange-bot geschätzt wird, zeigen dieZahlen: Allein 2005 führtenRückkehrer des DED 1311Veranstaltungen durch underreichten damit über 35.000Menschen mit Themen zuArmut, Armutsbekämpfung und nachhaltiger Entwicklung.

Jutta Heckel Koordinatorin der Entwicklungspolitischen Bildungsarbeit des DED. Agrarökonomin undErwachsenenpädagogin, 1993 bis 2001 in Brasilien und Peru.

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Mechthild Lensing macht mitSchülern in Weimar traditionelles Geld aus Papua-Neuguinea

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Menschen mit andererHautfarbe als der eigenen

– meist hellen Farbe – in derSchule zu sehen, das ist, trotz des hohen Ausländeranteils ander deutschen Bevölkerung, fürviele Schüler nicht der normaleAlltag. Erst recht nicht, wenndiese als Lehrende auftreten. Soein Besuch weckt die kindlicheNeugierde und dies ist eine guteVoraussetzung, um das Interesseauch auf die Lebensumstände inden Partnerländern des Deut-schen Entwicklungsdienstes zulenken. Der DED bietet daher

Schulen nicht nur die Zusam-menarbeit mit ehemaligen Ent-wicklungshelferinnen und Ent-wicklungshelfern an, sondernhat im Schulprogramm Berlinlangjährige gute Erfahrung mitMenschen aus seinen Partner-ländern als Referentinnen undReferenten gesammelt. Sieknüpfen in ihren Veranstaltun-gen an Alltagserfahrungen derSchüler an, vermitteln Wissenüber ihre Heimatländer, zeigenden Umgang mit Alltagsgegen-ständen, gehen auf Ernährungs-gewohnheiten im Vergleich zu

Deutschland ein, bringen Musikund Tanz nahe. Im direktenAustausch gelingt es häufig inerstaunlich kurzer Zeit,Klischees aufzubrechen.

Selbstverständlich ist nicht jederMensch geeignet, als Referent zuarbeiten. Um der Exotik entge-gen zu arbeiten und Klischeesnicht zu vertiefen oder erst garnicht aufkommen zu lassen, istes wichtig, dass alle Referenteneinige Voraussetzungen erfüllen:Sie brauchen einen guten Zu-gang zu Kindern und ein Re-

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Rückkehrer sind eine globale Ressource

Deine Handflächen sind ja ganz weiß! |Menschen aus anderen Kontinenten als Referenten in der Schule

Mit Gästen aus fernen Ländern lernen Schulkinder anschaulich:Wir sitzen alle im selben Boot.

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pertoire pädagogischer, didakti-scher und methodischer Kom-petenzen, um die Veranstaltungder jeweiligen Altersstufe ange-messen aufzubauen. Wir erwar-ten, dass ausländische Referen-ten das eigene Land in seinerVielschichtigkeit darstellenkönnen, Schwierigkeiten nichtverharmlosen oder ein ideali-siertes Bild zeichnen. Die Re-ferenten sollten ebenso wenigdie „Mitleidsebene“ bedienen,die als Erwartungshaltung beiden Teilnehmern ohnehin oft im Vordergrund steht. Ziel derBegegnung ist es, Werte, Nor-men und Lebensformen in ih-rem gesellschaftlichen Umfeldverständlich zu machen undNeugier und Respekt für sie zuwecken. Die authentischen Bil-der und Berichte der Referenten,etwa über die Unterschiede vonStadt- und Landleben, lassenzum Beispiel die verbreitetenAfrika-Klischees von Hüttenund Dschungel verblassen.

Im Mittelpunkt der Veranstal-tungen steht häufig das eigeneAufwachsen. Unsere Referentensetzen es in Beziehung zu denverschiedenen Lebensformen in Deutschland: Wie war es, alsKind in einem Dorf in Kamerungroß zu werden? Was war andersund was ähnlich, verglichen mitdem, wie heute Kinder in derGroßstadt Berlin leben? Jugend-liche in der Pubertät sind sehrinteressiert, etwas über das Ver-hältnis zwischen Männern undFrauen zu erfahren oder etwaüber das Leben in einer poly-gamen Kultur. Aber auch dietäglich zu verrichtende Haus-arbeit lässt sich gut miteinandervergleichen. Alltagsgegenstände,die die Referenten mitbringen,machen das Gesagte anschau-lich. So wird Afrika für dieSchülerinnen und Schüler im

Wortsinne begreifbar, und das Ansprechen vieler Sinneermöglicht nachhaltige Lern-erfahrungen.

Dieses offene Zugehen auf dieSchüler bedeutet allerdingsauch, dass sich die Referentenauf so manche scheinbar rechtdistanzlose Fragen und Verhal-tensweisen einlassen müssen –vom Anfassen und erstauntfeststellen: „Deine Handflächensind ja ganz weiß!“, bis hin zuFragen wie: „Hast du mehrereFrauen?“. Gute Veranstaltungenzeichnen sich dadurch aus, dassdie Schüler sich trauen, all ihreFragen offen zu stellen. Nichtimmer lässt es sich vermeiden,dass sich Schulklassen auch malrespektlos verhalten. Daraufwerden die Referenten abervorbereitet.

Das Sprechen über eine andereKultur, wie es zum Beispiel auchEntwicklungshelferinnen undEntwicklungshelfer tun, kannviel vermitteln, hat aber eine an-dere Qualität als mit jemandemaus einem anderen Kontinent inBeziehung zu treten. Zwar gibtes viele Menschen dunklererHautfarbe in Deutschland, aberin der Regel laufen die Schülerin den Straßen an ihnen vorbei,ohne jemals mit ihnen ein Wortgewechselt zu haben. Trotzdemhat jeder Bilder und Vorstellun-gen im Kopf. Diese Bilder sindoft geprägt durch Katastrophen-meldungen in den Medien.Dem setzen die Referenten ihreeigenen Erfahrungen entgegen.Sie stehen mit ihrer eigenenPerson für ein anderes Bild ihrer Heimatländer ein.

Die vielen begeisterten Rück-meldungen zu den Veranstaltun-gen mit unseren Referentinnenund Referenten aus den Partner-

ländern bestätigen den Zuge-winn für die Entwicklungspoli-tische Bildungsarbeit. Oft be-kommen die Gäste nach denVeranstaltungen Post von denKlassen mit Bildern, Texten undKommentaren. Über die Wir-kung dieser besonderen Ver-anstaltungen lässt sich also mitSicherheit sagen, dass sie festverwurzelte Vorurteile auf-brechen und ein Umdenken in Gang setzen.

Mechthild LensingLeiterin des DED-Schulpro-gramms in Berlin. Lehrerin, von 1980 bis 1982 in Tansania.

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Auf einem ehemaligen, zumTeil denkmalgeschützten

Fabrikgelände in der schwäbi-schen Kleinstadt Reutlingen istdie Regionale Bildungsstelle desDED für Südwestdeutschlanduntergebracht. Der DED ist hierPartner des Entwicklungspä-dagogischen Informations-zentrums, EPIZ. Diese landes-weite Fachstelle zu GlobalemLernen in Baden-Württembergstellt für die Bildungsarbeit desDED einen kompetentenKooperationspartner für alleAktivitäten vor Ort dar, und

die räumliche Nähe macht dieZusammenarbeit leicht.

In zwei Räumen ist die Fernleih-bibliothek mit über 5.000 Me-dien zum Themenbereich „EineWelt und Globales Lernen“ un-tergebracht. Gerade auch DED-Rückkehrer und Rückkehrerin-nen nutzen sie gerne zur Vorbe-reitung von Bildungsveranstal-tungen. Aus der gemeinsamenArbeit des EPIZ und der Bil-dungsstelle sind schon mehreredidaktische Mittel entstanden,so zum Beispiel der Lernparcours

„Wasser Global“, die mobileAusstellung zum Thema „Welt-ernährung“ oder die „Klima-kiste“.

Das EPIZ beeindruckt durch die vorgehaltene Medienvielfalt.Viele Besucher schätzen da-rüberhinaus die Möglichkeit,hier DED-Referenten zu finden,die sie in ihre eigenen Bildungs-veranstaltungen einladen kön-nen. Über 170 der zurückge-kehrten Fachkräfte des DED,die Baden-Württemberg zuihrem Lebensmittelpunkt wähl-

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Regionale Bildungsstellen und Kooperationspartner

„Wir potenzieren unsere Ressourcen“ |Die Zusammenarbeit mit dem EPIZ in Reutlingen

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Zur Eröffnung des RBS gab es Reis in jeder Form.

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ten, haben beschlossen, die Bil-dungslandschaft zu globalenThemen mit zu gestalten. 133Mal wurden sie im Jahr 2005aktiv: Vorträge, Workshops,Ausarbeitung von Lernstatio-nen, Rezensionen, Protokolle,Standbetreuung bei Fachmessen,sind nur einige ihrer Beiträge.

Das Engagement von ehema-ligen Entwicklungshelfern, dieüber die Regionale Bildungs-stelle zu einem Besuch etwa ins eigene Klassenzimmer ein-geladen werden, ist sicherlich ein wichtiger Beitrag zur Quali-fizierung entwicklungspoliti-schen Unterrichts – ein Besuchdes Fabrikgeländes bleibt den-noch etwas Besonderes. Dennden Bibliotheks- und Büro-räumen gegenüber liegt das glo-bale Klassenzimmer, ein 100 m2

großer Raum mit einer Weltkar-te der besonderen Art: Ein Fuß-bodengemälde, auf dem globaleZusammenhänge nachgespieltund weltweite Ungleichheitenam eigenen Körper erlebt wer-den. Interessierte Menschen allerAltersgruppen treffen hier aufRückkehrerreferenten des DEDund arbeiten gemeinsam mit ih-nen an konkreten Themen derArmutsminderung, wie bei-spielsweise Zugang zu Wasser,Ernährungssicherung, erneuer-bare Energien oder auch Partizi-pation. Immer wieder verbindensich an diesem Ort eigene mitfremden Lebenswelten. Hierwird die Praxis der Entwick-lungszusammenarbeit erfahrbarund verbindet sich mit allgemei-nen entwicklungspolitischenZusammenhängen und Zielen.Es wird deutlich, wie sich derEinzelne im eigenen Umfeldkonkret engagieren kann. Dieseanspruchsvolle Kunst des Globa-len Lernens hat im GlobalenKlassenzimmer des EPIZ und

der Regionalen Bildungsstelleeinen besonderen Ort der Aus-einandersetzung gefunden.

Bereits zu Beginn der Koope-ration von EPIZ und DEDstand fest, dass nicht nurRäume, Medien und Ideen in die gemeinsame Arbeit ein-fließen sollten, sondern ebensodie langjährigen Kontakte undBeziehungen zu den lokalen,regionalen, nationalen und auch globalen Partnern. Die Verknüpfung der Netzwerke von EPIZ und DED hat diegemeinsame Arbeit in den letz-ten Jahren enorm bereichert und gestärkt. So hat im letztengemeinsamen Ausstellungs-projekt „So kocht die Welt“ dasEPIZ seine Kontakte vor Ort ge-nutzt und die VolkshochschuleReutlingen als Veranstalteringewinnen können, während die hauptamtliche Bildungs-referentin des DED ihre Kon-takte zu den Entwicklungs-helfern in aller Welt nutzte unddiese Kenntnisse und Erfahrun-gen in die Inhalte der Ausstel-lung eingebracht hat.

Dies ist nur ein Beispiel für einNetzwerk, in dem das EPIZ eherdie lokale Ebene und die Lan-desebene einbringt, z.B. städti-sche Einrichtungen, Museen,Schulen, Vereine, Landeszentra-le für politische Bildung, wäh-rend der DED bundesweite undinternationale Kontakte hat,etwa die eigene Struktur in denEntwicklungsländern, die übri-gen Regionalen Bildungsstellenund das DED-Schulprogrammin Berlin, die Fachstellen zu glo-balem Lernen in den einzelnenBundesländern oder das North-South-Centre des Europaratsmit Sitz in Lissabon und ganzbesonders natürlich die vielenehemaligen Entwicklungshelfer.

Sibylle HahnDiplompädagogin, Mitarbeiterin des DED und des EPIZ in Reutlingen.

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Reutlingen

Bonn

Göttingen

Weimar

Berlin

Düsseldorf

BonnKoordination DED-ZentraleTulpenfeld 7, 53113 BonnTel. 02 28-24 [email protected]

DüsseldorfInternationale Weiterbildungund Entwicklung gGmbH (InWEnt)Wallstr. 30, 40213 DüsseldorfTel. 02 11-83 68 01 [email protected]

GöttingenInstitut für angewandteKulturforschung e.V. (Ifak)Düstere Straße 16/17, 37073 GöttingenTel. 05 51-3 70 74 [email protected]

ReutlingenEntwicklungspädagogischesInformationszentrum Reutlingen im Arbeitskreis Eine Welt e.V. (EPIZ)Planie 22 A, 72764 ReutlingenTel. 0 71 21-9 47 99 [email protected]

WeimarAktionskreis Globales Lernen e.V.Berliner Str. 2, 99427 WeimarTel. 0 36 43-81 18 [email protected]

Schulprogramm BerlinDeutschlandhausStresemannstr. 90, 10963 BerlinTel. 0 30-25 46 45 [email protected]

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Nach meiner Rückkehr ausTansania, wo ich als Be-

raterin für Stadt- und Umwelt-planung gearbeitet hatte, warmeine berufliche Zukunft inDeutschland zunächst offen. Im Rückkehrerreferat in derBonner DED-Zentrale erfuhrich von der neuen RegionalenBildungsstelle des DED inmeiner Heimatstadt Göttingen.In Gesprächen mit MarkusHirschmann, dem Leiter derRegionalen Bildungsstelle, er-öffneten sich mir Möglichkeitenmit anderen Rückkehrern inKontakt zu kommen und ge-meinsam Bildungsangebote zuentwickeln. Ich entdeckte meinInteresse für die entwicklungs-politische Bildungsarbeit, erfuhr,dass in Göttingen eine Nachfragenach Bildungsangeboten ausdem entwicklungspolitischen

Kontext besteht, und machtemich daraufhin in diesem Be-reich selbständig.

Aus eigener Erfahrung weiß ich,wie wichtig partizipative Bera-tungskompetenzen sind, diesejedoch an den Hochschulen oftnur ungenügend vermittelt wer-den. Zusammen mit Jörg Witte,der als Förster in Chile gearbeitethatte, und unterstützt durch dieRegionale Bildungsstelle ent-stand eine Kooperation zwischender Regionalen BildungsstelleGöttingen und der Fachhoch-schule Hildesheim/Holzmin-den/Göttingen, Studiengang für Forstwirtschaft.

Jörg Witte und ich erarbeiteten,gestützt auf unsere praktischenErfahrungen mit partizipativerBeratungsarbeit, ein Modul, das

wir inzwischen schon mehrfachfür die fünften Semester desStudiengangs Forstwirtschaftdurchgeführt haben. ProfessorMeierjürgen, zuständig für dasFach Forstpolitik, integrierte un-ser Angebot in sein Forstpolitik-Seminar.

Projekte aus den BereichenForstwirtschaft und Ressourcen-schutz sind in einem Umfeldangesiedelt, das typischerweisegekennzeichnet ist durch eineÜberbeanspruchung oder sogarZerstörung natürlicher Res-sourcen und sollen in der Regeleinen Beitrag zur Herstellungeines neuen Gleichgewichtszwischen Mensch und Umweltleisten. Die Ausgangssituationsolcher Projekte ist häufig cha-rakterisiert durch eine Vielzahlvon Individuen, Gruppen undUnternehmen, die Nutzungs-ansprüche unterschiedlicher Art erheben – dies führt zu Inte-ressenkonflikten. Ein effizientesRessourcenmanagement er-fordert aber die Bildung einesKonsenses zwischen den unter-schiedlichen Beteiligten undBetroffenen über die schonendeNutzung der Ressourcen.

Berater in einem Ressourcen-schutzprojekt (nicht nur in derEntwicklungszusammenarbeit)müssen daher neben demfundierten Fachwissen überkommunikative und sozialeKompetenzen verfügen sowieeine Vielfalt von Methodenkennen, um in diesem schwie-rigen Arbeitsbereich erfolgreichberaten zu können. Für dieseAnforderungen wollen wir dieStudenten sensibilisieren und

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Regionale Bildungsstellen und Kooperationspartner

Partizipative Methoden in der forstlichen Beratung |von Entwicklungsländern lernen

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Der Förster Jörg Witte war alsEntwicklungshelfer in Chile.An der Fachhochschule stellt erpartizipative Bratungsmethoden vor.

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ihnen ermöglichen, verschiedeneMethoden auszuprobieren undeinmal in die Rolle eines Beratersoder einer Beraterin zu schlüp-fen.

Inhalt und Methodik

Unser Modul besteht aus zweiUnterrichtseinheiten: Die erste Einheit hat die forst-liche Beratungsarbeit zumSchwerpunkt. Ins Thema ein-führend erläutern wir die ge-schichtliche Entwicklung derBeratungsarbeit und berichtenaus dem Forstprojekt „Natur-waldbewirtschaftung mit Klein-bauern in Chile“. Die Studentenlernen den Lebensalltag chile-nischer Kleinbauern kennen,Ursachen der Naturwaldzer-störung und Möglichkeiten,dieser gemeinsam mit den Klein-bauernfamilien entgegen zuwirken. Dies sind die konkretenAufgaben eines DED-Beratersund beschreiben die Methoden,mit denen Jörg Witte in Chilegearbeitet hat.

Anschließend setzen sich dieStudenten in Arbeitsgruppen mit den Fragen „Was müssenBerater können?“, „Welche Rolle füllen sie aus?“ und„Welche Rollenerwartungenwerden an sie gestellt?“. DieGruppenergebnisse werden von den Studierenden mit Hilfeverschiedener Techniken (Meta-plan, Mind Map, etc.) visuali-siert und dem Plenum vorge-stellt. An die Gruppenpräsen-tation schließt sich eine Reflek-tion der verwendeten Methodeund ein Feed Back zur Präsen-tation an.

Schwerpunkt der zweiten Unter-richtseinheit ist die partizipativeBeratungsarbeit im Kontext derProzessberatung. Als Einführung

diskutieren wir, warum sichpartizipative Methoden gut fürkonfliktträchtige Ressourcen-schutz-Projekte eignen. Über dieFrage nach Möglichkeiten zurPartizipation von Bürgerinnenund Bürgern in Deutschlandschlagen wir den Bogen zu denGrundsätzen und verschiedenenStufen der Partizipation sowieden Vor- und Nachteilen, diesich aus partizipativen Arbeits-ansätzen ergeben können. Ichberichte von meinem Arbeits-platz im „Zanzibar SustainableProgramm“ und wie in Sansibardie Stadt- und Umweltplanerlernen, mit Hilfe partizipativerMethoden Projekte zu ent-wickeln, die die Lebensbedin-gungen der Bürgerinnen undBürger verbessern und die Um-welt entlasten sollen. Ich erläu-tere meine Aufgaben im BereichOrganisationsberatung, Projekt-entwicklung, Projektmanage-ment und Fundraising undreflektiere die eingesetztenMethoden.

Anschließend werden Arbeits-gruppen zu der Frage „WelcheProbleme können sich bei derpartizipativen Beratungsarbeitergeben?“ gebildet. Zur Bear-beitung der Fragestellung undPräsentation im Plenum gebenwir die Methoden Problembaumbzw. Problemdreieck vor. An diePräsentationen der Arbeitser-gebnisse schließt sich wieder eine Reflektion von Methodeund Präsentation an.

Rückmeldung der Studenten

Von Seiten der Studierenden und Hochschullehrer wurdeunser Angebot sehr positivbewertet. Besonders gut kamendie Berichte von unserer Arbeit„draußen“ an, denken doch eini-

ge der Studierenden daran, nachAbschluss ihres Studiums insAusland zu gehen. Die Gruppen-arbeiten wurden als Chance be-griffen, unbekannte Methodenauszuprobieren und zu üben, voreinem Plenum zu präsentieren.

Das Projekt wurde im Winter-semester 2004/2005 filmischbegleitet und bei der offiziellenbundesweiten Eröffnung der UN Dekade „Bildung für nach-haltige Entwicklung“ in Mainzals Good Practice Beispiel ge-zeigt.

Wir würden unser Modul in derZukunft gerne ausbauen. Eindritter Schwerpunkt könntenRollenspiele darstellen, in denensich die Teilnehmer in die Rolleeines Beraters oder einer Bera-terin, eines Dorfvorstehers, einesNGO-Mitglieds usw. hinein-versetzen. Mit Hilfe von Rollen-spielen können komplexe undkonfliktträchtige Situationenhautnah erfahren und Verständ-nis für die „Gegenseite“ ent-wickelt werden. Außerdemlassen sich Handlungsalterna-tiven zu eingefahrenen Ver-haltensmustern mit Hilfe vonRollenspielen erarbeiten.

Selbstverständlich ist unserModul auch in anderen Studien-gängen wie Ethnologie, Päda-gogik, Agrarwissenschaften,Geographie usw. einsetzbar.

Sigrid PesselLandschaftsplanerin, 2001 bis 2003 in Sansibar/Tansania. Seit ihrer Rückkehr in der EntwicklungspolitischenBildungsarbeit des DED tätig.

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In Deutschland leben wir ineinem reichen Teil der Welt.

Zwar nimmt Armut auch in un-serem Land zu, aber deutlichersteht sie mir aus meiner Zeit inNepal vor Augen. Darum fragteich mich nach meiner Rückkehraus Kathmandu, was ich tunkann, um das Erlebte in „un-sere“ Welt zu transferieren. Ichwollte Interesse für Themen

wecken wie: „Was bedeutetArmut?“, „Was bedeutet Reich-tum?“, „Wie habe ich Armutund Reichtum unmittelbar undganz persönlich erlebt?“, „Wiekann ich Aufmerksamkeitwecken für die Benachteiligungvon Frauen, Frauenförderung,Stärkung der Rolle der Frauen,Schulbildung, Einkommenschaffende Maßnahmen, Ver-

besserung von Lebensumstän-den, Reduzierung von Hungerund Armut und vieles mehr?“.

Einige Monate nach meinerRückkehr nahm ich Kontakt zur Regionalen Bildungsstelle in Göttingen auf. Dort suchteich Anregungen dafür, wie sichdas Thema Armut in spannendeBildungsveranstaltungen um-

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Methoden und Inhalte

Armut aus Sicht von Rückkehrern |Eine kreative Auseinandersetzung …

… den ganzen Tag hatte Sita in sengender Hitze Steine geklopft. Und dennoch reicht der Verdienstnicht, um den Tagesbedarf an Nahrung für die Familie und die drei Kinder zu decken. Vor langerZeit lehrte ihre Mutter sie: Sita, du kannst dich immer entscheiden, welchen Weg du gehen möchtest– niedergeschlagen sein und hoffnungslos – oder die Kraft aus deinem starken Glauben schöpfen.Sita steht in der Nähe eines Tempels. Sie denkt: „Woher soll Hoffnung kommen? Wie kann es besserwerden?“ …

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Schreibend die Welt gestalten.

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setzen lässt, die weder falschesMitleid noch Gefühle derOhnmacht wecken.

Für Rückkehrer, die in derBildungsarbeit aktiv werdenwollen, bot die RegionaleBildungsstelle in Göttingen eine zweiteilige Schreibwerkstattzu „Armut und Reichtum – einekreative Auseinandersetzung“an. Die Leitung hatte dieDiplompädagogin ElisabethMarie Mars von der ArbeitsstelleWeltbilder in Münster. Durchpräzise und einfühlsame Auf-gabenstellungen schuf sie eineungezwungene Arbeitsatmos-phäre, die für das Gelingen desSeminars unerlässlich war. Imersten Teil wurde mit Textengearbeitet. Mit den Methodendes kreativen und situativenSchreibens entdeckten wir, was

„Armut und Reichtum“ für je-den von uns bedeuten, um dar-aus dann eigene, aus der Erfah-rung resultierende Texte zumThema „arm“ und „reich“ zuverfassen. Durch eindrucksvolleFotos war es möglich, der Dar-stellung von „Armut und Reich-tum“ auf die Spur zu kommen.

Zu Beginn wurden Schreib-übungen vorgenommen, wie„Automatisch Schreiben“, diedas Einfinden in die Thematikerleichtern.

Nach den Schreibübungen 1und 2 wurden Begriffe zumThema „Armut und Reichtum“gesammelt. Eine bunte Liste vonscheinbar nicht zusammenhän-genden Worten war das Ergeb-nis. Da fanden sich Assoziatio-nen wie: „Hungernde Kinder,

Einsamkeit, Krieg, Schmutz,Verwahrlosung, Unzufrieden-heit, Übersättigung, überladen,Computer, Missbrauch, …,Garten, frische Luft, gutes Früh-stück, viel Zeit haben, frei seinfür Gedanken“ und vieles mehr.Aus der Fülle dieser Wörter wur-den fünf ausgewählt und um je-des dieser fünf Wörter schriebenwir jeweils einen Absatz, so dassinnerhalb von 20 Minuten kurzeGeschichten entstanden.

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Methoden

„Automatisch Schreiben“ 1Sich schreibend von Hemmungen und Blockaden befreien

AnleitungEinen Platz suchen, wo man bequem und ungestört schreibenkann. Während sieben bis zehn Minuten ununterbrochen schrei-ben. Dabei gilt nur eine einzige Regel: Niemals mit dem Schrei-ben aufhören. Es gibt kein Thema, kein Ziel, keine Zensur, eskann Nonsens geschrieben werden oder ganz Intimes. Der Textwird nicht vorgelesen oder veröffentlicht.

„Automatisch Schreiben“ 2Vorigen Text verdichten. In dem Strom von Bildern und Gedan-kenblitzen finden sich Aussagen, die Teile eines neuen Textes seinkönnen, einzelne Wörter, ein Satz oder ein ganzer Abschnitt.

AnleitungWörter oder Satzpassagen unterstreichen. Die Fragmente mitZwischentexten zu einem neuen, geschlossenen Text verbinden.

Anleitungen von: Dipl. Päd. Elisabeth Marie Mars, Arbeitsstelle Weltbilder, Münster

Fünf Stichworte: Krieg, entscheiden, am Rand,lachen, Perspektivlosigkeit

Armut und Reichtum, das ist doch eine Gegensatzpaar wie Krieg und Frieden. Die beiden Begriffe bezeichnen etwas grund-sätzlich anderes und gehören untrennbar zusammen. Die Pro-vokateure unter uns werden sagen, dass selbst Arm/Reich undKrieg/Frieden irgendwie das Gleiche sind. Dann kann sich jederjetzt natürlich fragen, ob etwa der Friede zu Reich und der Kriegzu Arm gehören.

Krieg bringt auf jeden Fall Armut hervor, daran wird keiner zwei-feln. Die Politisierten unter uns fragen jedoch zu Recht, wer dennüber Krieg entscheidet, die Armen sind das in der Regel nicht.Kriege werden geführt aufgrund machtpolitischer Interessen, ja und unsere Politiker sind in der Regel die, die von einem Kriegnichts mitbekommen und denen es gut geht.Also gehört der Krieg den Reichen.

Zyniker werden dann an dieser Stelle korrigierend hinzufügen,dass die Politik im Krieg keine Rolle spielt – es sind doch die Rüs-tungskonzerne, die sich in Fäustchen lachen. Sie beraten die Re-gierungen – man dürfe ja nicht vergessen, Krieg ist wie eine Alt-kleidersammlung: Im Westen werden die Kleiderschränke ausge-räumt (alter Bombenschrott entsorgt) und neu eingedeckt (mitHightech natürlich). In den anderen Ländern, in denen man denKrieg führt, kann man danach, mit Hilfe der UN und Weltbank,alles wieder ganz neu aufbauen – Das ist doch eine Win-Win-Situation.

O.K., Krieg erzeugt Arm und Reich – das verstehe ich.Aber am Rande, was ist denn jetzt mit dem Frieden?

Stefan Dinter ist Dipl. Sozialwirt und war als Entwicklungshelfer des DED von 2001 bis 2003 in Gambia

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Im zweiten Seminar ging es umden Einsatz von Bildern: Be-trachter sollten für Inhalte undInformationen empfänglich ge-

macht werden. Dazu müssen dieZiele klar strukturiert, sachlichund authentisch sein. Der Wer-begrafiker und Seminarleiter

Krystian Lembke veranschau-lichte, wie Bilder (und Texte)werbewirksam zur Geltung ge-bracht werden können. Dazu ein Beispiel: Ein Werbeplakat-Entwurf von Thomas Ludwig,Werbegrafiker und ehemaligerEntwicklungshelfer.

Fazit

Zusammen haben die beidenSeminare deutlich gemacht, dassSchreibübungen einen gutenEinstieg für die Beschäftigungmit einem Thema wie „Armutund Reichtum“ bieten. Statt sich von einem Vortrag oderähnlichem „berieseln“ zu lassen,können so eigene Gedanken-gänge verfolgt werden. DieMethoden der Seminare be-währen sich in der Praxis derBildungsarbeit sehr. Nachmeinen Erfahrungen bringenSchreibübungen besonders mitJugendlichen eine angeregte,konstruktive Diskussion inGang. Eigene Fähigkeiten undInteresse an Themen der Ar-mutsreduzierung etc. werdenerkannt und können entwickeltwerden, aber auch der Blick fürReichtum – nämlich innerenReichtum – wird geschärft.

Martina GöbelTischlerin und Diplom-Betriebswirtin, 2000 bis 2003 in Nepal. Seit ihrer Rückkehr in der Bildungsarbeit des DED tätig.

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Methoden und Inhalte

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Schon in den ersten Lebens-jahren eines Menschen wer-

den Grundhaltungen und Ein-stellungen wie Vertrauen, Selbst-bewusstsein, Neugier und So-zialverhalten geprägt, die dasgesamte weitere Leben mit-bestimmen. Genauso kann beikleinen Kindern auch Offenheitgegenüber fremden Kulturengefördert werden. Pädagogenvermitteln komplexe Themenwie die wechselseitige Abhängig-keit aller Länder und Gesell-schaften schon in Kindertages-stätten und Grundschulen. Hier einige Beispiele aus derZusammenarbeit der RegionalenBildungsstelle des Deutschen

Entwicklungsdienstes in Thü-ringen mit dem Verein „Freundeund Förderer des AktionskreisesGlobales Lernen“:

Kinder entdecken die „Eine Welt“

Eine ausländische Referentinoder ein Rückkehrer des DEDgehen drei Monate langwöchentlich für drei Stunden in eine Kindertagesstätte. EinenTeil der Zeit stellt der Gast dasLand vor, das er vertritt. Für den Rest der Zeit nimmt derReferent oder die Referentin andem normalen Ablauf in derKindergruppe teil und beant-

wortet Fragen: Wie leben dieLeute auf dem Land? Wie holensie Wasser? Was essen sie? Wa-rum haben die Menschen dortdunkle Haut und krauses Haar?Wie kann man das kämmen?Durch die regelmäßige Wieder-kehr über einen längeren Zeit-raum wird der „Event-Charak-ter“ von Einzelveranstaltungenvermieden. Die Kinder bauenein persönliches Verhältnis zuder „fremden“ Person auf.

Der Aktionskreis Globales Ler-nen und die Regionale Bildungs-stelle des DED unterstützen dieReferenten: Die Veranstaltungenwerden besprochen und zum

Globales Lernen in Kindertagesstätten und Grundschulen |Kinder entdecken die Eine Welt

Dieses Projekt wurde imNovember 2005 als eines von 20 Best PracticeProjekten anlässlich desThüringer Bildungs-kongresses im ThüringerLandtag vorgestellt.

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Teil auch gemeinsam durchge-führt. Es findet ein regelmäßigerAustausch über die Erfahrun-gen, mögliche Methoden unddie Erarbeitung von Lehrmateri-al statt. Mit den Eltern der Kin-der werden Ziele und Arbeits-weisen diskutiert – ein Angebot,das von den Eltern begeistertetaufgenommen wird.

Globales Lernen in derGrundschule und im Hort

Auch im Grundschulbereichstreben wir an, vom Besonderenzum Allgemeinen zu kommen:von kurzen, „exotischen“ Berei-cherungen des Unterrichtsalltagszu gemeinsam mit den Lehrerngeplanten und vorbereitetenUnterrichtseinheiten. Ein größe-

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Methoden und Inhalte

„Kinder in der einen Welt“ –Projekttage in der Grundschule in Wipfra.

Die Lehrerinnen der Grundschule Wipfra und vier Referentendes DED planten die Projekttage und bereiteten sie gemeinsamvor. Im Schulunterricht vorbereitet, starteten die Kinder schließ-lich mit selbst hergestellten Pässen in einem Flugzeug um dieWelt und stiegen in „ihren“ Ländern aus: Klasse 1 flog nachKamerun, Klasse 2 nach Thailand, Klasse 3 stieg in Papua Neu-guinea aus und die Klasse 4 in Brasilien.

Zweieinhalb Tage lang lernten die Kinder Sprache, Religion,Klima, etc. „ihrer“ Länder kennen. Sie kochten einheimische Ge-richte, kleideten sich nach Landessitte und lernten Tänze undLieder. In den letzten Stunden des dritten Tages stiegen die Kin-der wieder in das Flugzeug und kamen zurück nach Wipfra. Hierwurden sie von ihren Eltern schon erwartet. Diese erfuhren nunin kleinen Vorträgen und Vorführungen, was die Kinder erlebtund gelernt hatten.

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Tanzen wie in Brasilien – in Wipfra,Thüringen

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rer zeitlicher Rahmen erleichtertdie Vermeidung von Klischees.Es gibt genügend Zeit und Gele-genheit, die Vielfalt des Lebensin den Ländern kennzulernen,so die Unterschiede zwischenStadt und Land. Neben demFremden und Unbekanntenwerdena uch die Ähnlichkeitenmit dem eigenen Lebensalltagentdeckt.

Kleine Kinder lernen intensiv.Noch nach mehreren Monatenkönnen sie sich sehr gut an vieleEinzelheiten erinnern. Dazu

brauchen sie aber die Möglich-keit, die Dinge zu „begreifen“und zu verarbeiten. Was auf den ersten Blick wie eine reineFreizeitbeschäftigung aussieht,bekommt sein Gewicht durchdie Kombination von theoreti-schen Inhalten und der anschlie-ßenden Umsetzung in Basteln,Malen, Kochen, Spielen undSingen.

Entwicklungspolitische Bildungkann und soll Spaß machen.Konflikte werden angesprochenund Differenzen benannt, im

Vordergrund stehen aber dieEmpathie für das Fremde unddie Neugier auf das Unbekann-te.

Elisabeth BoldaLeiterin Regionale Bildungsstelle Weimar.Sozialpädagogin, 1996 bis 1999 in Brasilien.

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Wie leben Menschen in Brasilien?Klasse 4 informiert sich.

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Theater in der Bildungsarbeitist eigentlich ein alter Hut

und dennoch wird es viel zu we-nig eingesetzt. Lehrer und Mul-tiplikatoren zögern: „Damitkenne ich mich nicht aus“, „Ichhabe noch nie mit Theater alsMethode zu tun gehabt“. Dabeiist Theater einfach anzuwenden,braucht wenig technische Vor-bereitungen und vor allem – esmacht Spaß!

Erste Erfahrungen mit interakti-ver Theaterarbeit machte ich alsEntwicklungshelferin des Deut-schen Entwicklungsdienstes imJahre 2000 in Niger. Innerhalb

eines Kooperationsprojektes vonDED und GTZ war ich zustän-dig für die Sensibilisierung derBevölkerung für den zweispra-chigen Unterricht. Fünfnationale Sprachen sollten alsUnterrichtssprache und alsUnterrichtsfach eingeführt wer-den. Um das Modell bei der zumgroßen Teil nicht alphabetisier-ten Landbevölkerung bekanntzu machen, wurde das MediumTheater ausgewählt.

Ich gründete lokale Laientheat-ergruppen für die verschiedenenethnischen Gruppen und übtemit ihnen jeweils innerhalb ei-

ner Woche ein Forumtheater-stück – ein interaktives Theater-stück, bei dem Individuen ausdem Publikum in das Theater-geschehen eingreifen und ver-suchen, eine Lösung für das dar-gestellte Problem zu finden. An-schließend ging es auf Tournee.Der Erfolg bei den Darstellernund Darstellerinnen und auchbei den Zuschauern war be-eindruckend. Schüchterne junge Frauen gingen aus sichheraus und gewannen in kurzerZeit an Selbstbewusstsein, einSprachgefühl bildete sich beiden Mitwirkenden heraus, wassich darin zeigte, dass man mit

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Methoden und Inhalte

Theater,Theater | Die Welt spielend begreifen

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Begeisterung,Faszination,Spannung.

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Sprache spielte, reimte, sang,schrie und in allen Variantenausprobierte. Eigenständigwurde improvisiert, an bestimm-ten Stellen hinzugefügt oderKleinigkeiten verändert. Dasentstehende Zusammengehörig-keitsgefühl bewirkte, dass maneinander stärker vertraute, diePatzer eines Einzelnen gemein-sam ausbügelte. Als Gruppefühlten sich die Bäuerinnen undBauern oder die Nomaden, jenach dem mit welcher ethni-schen Gruppe ich es zu tun hat-te, so stark, dass sie ihrerseits dasPublikum motivierten, mitzu-machen.

Wichtig war stets – wie es sich jafür eine Entwicklungshelferingehört – mich zurückzunehmenund die Erfahrungen der nigri-schen Laienschauspieler zumSprudeln zu bringen und dannin das Stück einzubauen. DieSzenen des Stückes ergaben sichdirekt aus dem Lebensumfeldder Teilnehmer. Dies bewirkte,dass sie sich stark mit dem Stückidentifizierten und Wiederer-kennungsmomente beim Publi-kum auslösten. Typische Szenenwaren z.B. ein zugestellter Brief,der nicht gelesen werden kannund der einzigen alphabetisier-ten Person im Dorf, dem Lehreroder der Lehrerin, zum Vorlesengegeben wird. Das Szenario desStücks behinhaltete, dass dieLehrperson nicht verschwiegenwar und ein heilloses Durchein-ander anrichtete.

Durch die Theateraufführungenin den Dörfern entstanden hef-tige Diskussionen sowohl wäh-rend als auch nach der Auffüh-rung. Kinder spielten Szenen zuHause nach und fingen an, denEltern Fragen zu stellen. Aminteressantesten waren natürlichdie Forumszenen, in denen Zu-

schauer in das Geschehen ein-griffen, um dem Stück eine po-sitive Wendung zu geben. Zu-nächst trauten sich stets erst dieMeinungsführer, ihren Lösungs-vorschlag zur Schau zu stellen:der Schuldirektor, der Bürger-meister, die Vorsitzende derFrauenvereinigung, die es in den meisten Dörfern gab. Spätertrauten sich dann junge Bur-schen und alte Frauen undschließlich kamen auch gesell-schaftlich Schwächere zu Wortund Tat. Sogar Kinder fordertenvon der „Theatermutter“ dasRecht, Lesen und Schreiben zulernen.

Diese positiven Erfahrungen mitder Theaterarbeit brachte ichmit nach Deutschland. AlsLeiterin der Regionalen Bil-dungsstelle des DED in Nord-rhein-Westfalen ist es mir einAnliegen, Methodenvielfalt inder Bildungsarbeit zu erreichen.Zudem suchen meine Kollegen

und ich stets nach Methoden,die möglichst auch die emotio-nale Seite unserer Teilnehmeransprechen und interaktiv sind. Theaterarbeit in die Ent-wicklungspolitische Bildungs-arbeit einzubauen, lag also aufder Hand.

In einem Kindertheaterwork-shop im Rahmen des Festivalsjunger Künstler im August 2005in Bayreuth wandte ich Theaterzum ersten Mal in der Ent-wicklungspolitischen Bildungs-arbeit in Deutschland an. Diebesondere Herausforderung indiesem Workshop war es,Kinder aus „besserem Hause“und Flüchtlingskinder zu einerGruppe zu fügen. Hier bot sichTheater an. Die Kinder warenzunächst im Rollenspiel, späterim Theaterstück aufeinander an-gewiesen. Man musste einandergenau zuhören und aufeinanderreagieren. Die Gruppendynamikkam in Schwung. Zudem war

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Kinder müssen paddeln,während Knut Schneider versucht,das Krokodil zu erlegen.

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Methoden und Inhalte

die Erfahrung, verschiedeneRollen einnehmen zu können,sehr bereichernd für die Kinder.Gerade die Flüchtlingskinder,die zu Beginn recht verschüch-tert waren, lebten in den Rolleneiner Büroangestellten, einerTelefonistin oder einer eman-zipierten Frau richtig auf. Überzeugt von den Stärken desTheaters lag mir die Förderungder Theaterarbeit unter denRückkehrerreferenten des DEDam Herzen. Zwei Theaterwork-shops fanden im Jahre 2005 inNRW statt. Der erste Workshop„Theaterpädagogische Bausteinein der EntwicklungspolitischenBildungsarbeit“ diente dazu, denReferenten Theater schmackhaftzu machen. Kleine Übungen,Spiele und so genannte Eisbre-cher wurden einstudiert. Das

Statuentheater wurde einge-führt. Einstimmig wünschtendie Teilnehmer eine Fortsetzung.Dem Wunsch wurde entspro-chen mit dem Workshop „Playthe world: Rollenspiele in derBildungsarbeit“. Ähnlich wie beidem Kinderworkshop wurde dieErfahrung, neue Rollen auszu-probieren von den Teilnehmen-den als bereichernd empfundenund reflektiert. Unterdrückungwurde hautnah erfahren. Selbstdie Zuschauenden bekamenGänsehaut und hätten amliebsten eingegriffen. Hier hatteman in vertrauter Umgebungdie Möglichkeit, an eigeneGrenzen zu stoßen oder gar dieeigenen Grenzen zu überschrei-ten, indem man sich etwas traut,was man sich unter anderen –realen – Umständen nicht trau-

en würde. Kurz: man bekameine Einsicht in fremde undeigene Potentiale.

Für die Bildungsarbeit kann ichallen Multiplikatoren, sei es inder Erwachsenenbildung oderder Bildung mit Jugendlichenoder Kindern, Theater odertheaterpädagogische Bausteine,wie Rollenspiel oder Statuen-theater sehr empfehlen.

Katrin Koops Leiterin Regionale Bildungsstelledes DED in Düsseldorf. Ethnologin, 1998 bis 2002 in Niger.

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Theaterprobe in Bayreuth

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Dem DED ist es ein Anlie-gen, nicht nur in Projekten

in den Partnerländern, sondernauch im Rahmen seiner Bil-dungsarbeit mit der Wirtschaftaktiv zusammenzuarbeiten. Dieinternational ausgerichtete Tele-kom ist für uns dabei eine inte-ressante Partnerin. Die Koope-ration entstand über das neueAusbildungsprogramm derTelekom in Berlin. Darin ist für das erste und zweite Lehrjahrje eine Woche zur Werteorien-tierung verankert. Diese Wochewurde erst 2004 eingeführt

und durchläuft noch ihre Er-probungsphase. Das DED-Schulprogramm bot an, dieErfahrungen seiner Referentenmit anderen Werten und Nor-men, die sie beim Leben undArbeiten in anderen Kontinen-ten erworben haben, in dieseWoche einzubringen und trafbei den Ausbildern auf Interesse.Das DED-Schulprogrammwurde in die Planung ein-bezogen und beteiligte sich imFrühjahr 2005 an zwei Arbeits-gruppen mit je zwei Veranstal-tungen. Das Wochen-Thema

der ersten Arbeitsgruppe hieß:„Ausländer, ihre Religionen undKulturen“, verantwortlich derAusbilder der Telekom, PeterEickhoff. Die zweite Arbeits-gruppe „Demokratie“ leitete derAusbilder Thomas Hirschmann.

In beiden Gruppen herrschte am Anfang eine skeptischeStimmung. Viele sahen denZusammenhang dieser Wochemit ihrer Ausbildung nicht. DieAusgangslage für die Referentenwar also nicht ganz einfach. Die beiden Arbeitsgruppen

Werteorientierung in der beruflichen Ausbildung |Pilotprojekt bei der Telekom Berlin

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waren unterschiedlich zusam-mengesetzt. In der AG „Auslän-der, ihre Religionen und Kultu-ren“ hatten alle TeilnehmendenAbitur. Dementsprechend warenihre Ansprüche hoch. Der Bil-dungsreferent Lawrence Oduro-Sarpong (Ghana) stellte seineUnterrichtseinheiten auf diesesLernniveau ein. Das Themaseiner ersten Einheit lautete:„Leben in anderen Kulturen –Alltag in einem afrikanischenLand“. In der zweiten Einheitging er auf das Thema „Fremdebei uns – als Afrikaner in Berlin“ein. Kennzeichnend für seineHerangehensweise war, die Teil-nehmenden in ihren gewohntenDenkstrukturen über Afrika zuirritieren und sie Vorurteileselbst erkennen zu lassen. Sieließen sich darauf mit zuneh-mendem Interesse ein undwaren zu einer sehr differenzier-ten Erarbeitung in der Lage.

Herr Oduro-Sarpong erhielteine hervorragende Rückmel-dung: Von den vierzehn Teil-nehmenden erwähnten neunseine Veranstaltungen als be-sonders herausragend. „Ich habegelernt, Dinge aus einer anderenPerspektive zu betrachten“schrieb einer von ihnen alsErgebnis der Tage. Ein andererresümiert: „Afrika wird in denMedien immer nur negativdargestellt. Positive Erfahrungenbekommt man über die Mediennicht mit. Ich habe ein anderesVerständnis für den Kolonia-lismus und für die Ursachen von Konflikten bekommen“.

Die Arbeitsgruppe „Demo-kratie“ unter Leitung von Dr. Gisela Führing bestand ausTeilnehmenden mit Realschul-abschluss, die mit der Ausbil-dung auch das Abitur erwerbenkönnen. Im Mittelpunkt ihrer

Einheiten standen Übungen des Betzavta-Trainings zurDemokratieerziehung. DasTraining stellt die eigenen Er-fahrungen, Überlegungen undHandlungen der Teilnehmendenin den Mittelpunkt. Sie sind alsoständig gefordert, sich aktiv mit-einander und mit sich selbst aus-einanderzusetzen. Die Auszu-bildenden brauchten zunächstetwas Zeit, sich umzustellen.Training statt Unterricht war für sie neu, und dass sie selbst im Mittelpunkt der Ausein-andersetzungen standen, warungewohnt. Auch hier gelangder Zugang zu den Teilnehmen-den nach einer skeptischen An-laufphase sehr gut. Ein Teilneh-mer zog am Ende das Fazit fürsich: „Wenn man auf Sturheitund Dummheit trifft, ist manirgendwann am Ende!“ Ein an-derer hielt folgende drei Dingefest, die er aus der Veranstaltungmitnahm: „Sensibilisierung fürdas Thema; Minderheiten aner-kennen; Respekt“. Und ein drit-ter meldete zurück: „Das Themahat mich persönlich sehr zumpersönlichen Denken angeregt.“

Die Kooperation mit der Tele-kom zur Gestaltung dieser Aus-bildungswoche wird im Jahr2006 fortgeführt.

Mechthild LensingLeiterin des DED-Schulpro-gramms in Berlin. Lehrerin, von 1980 bis 1982 in Tansania.

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Methoden und Inhalte

Sehr interessant: Ich habe einen anderen Eindruck

die Welt in Afrika erhalten

Die Zeit vergies war nicht l

es gab gute Visuwar span

Besonders beeindruckend war, dass der Referent das alles

selbst erlebt hat.

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Sehr interessant, andere Eindrücke

erzählt zu bekommen.

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über Es war interessant,

gab andere Einblicke und es wurde nicht nur

Armut thematisiert.

ng schnell, angweilig,

ualisierungen, nnend.

Es war interessant, vor allem, weil ein „Einheimischer“ seine eigenen

Erfahrungen vermittelt hat und gute Spiele gemacht wurden.

Es kam keine Langeweile auf, war gut aufgelockert.

Ich habe mich nicht gelangweilt, alles ist gut rüber gekommen.

Die Spiele waren prima!

Afrika wird in den Medien immer nur negativ dargestellt. Positive Erfahrungen bekommt man über die Medien nicht mit.

Ich habe ein anderes Verständnis für die Kolonisierung und für die Ursachen

von Konflikten bekommen.

Es hat mir sehr gefallen, sehr schöne Energizer,

breites Spektrum

Ich habe eine Menge Neues erfahren, z.B. dass Deutschland noch

andere Kolonien hatte als Namibia.

War super! Auch die Art, wie es ‘rüber kam.

Behält man besser, als wenn monoton geredet wird.

Es war richtig interessant. In Deutschland beschäftigt man sich

zu wenig mit dem Thema, es sollte stärker thematisiert werden,

z.B. auch an Hauptschulen.

Ich habe gelernt, Dinge aus einer anderen Perspektive

zu betrachten. Ideen anderer bei sich einfließen lassen;

Dinge, über die ich hier nachgedacht habe

Erfahrung über Team-Arbeit; Kompromissfindung;

neue Betrachtungsweise anderer Meinungen

Neue Erkenntnisse über die Demokratie; Erfahrungen in der Teamfähigkeit;

Wie viele verschiedene Leute zu Kompromissen kommen, Minderheiten zu akzeptieren;

ihren Standpunkt versuchen zu verstehen; Erfahrungen über Teamarbeit;

Dinge von mehreren Seiten betrachten und zu hinterfragen

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Der DED hat sich mit seinerentwicklungspolitischen

Bildungsarbeit viel vorgenom-men: Sie will nicht nur überentwicklungspolitische Themeninformieren, sondern im Sinnedes Globalen Lernens will sieMenschen befähigen, in einerglobalisierten Welt ihre Verant-wortung als Bürger wahrzuneh-men. Dabei stützt sie sich aufEngagement und Erfahrungenvon Rückkehrern, die vonhauptamtlichen Bildungsrefe-renten unterstützt werden, sowieein Netz von Kooperationspart-nern. Doch sind die einzelnenBildungsmaßnahmen, Struktu-ren und Abläufe geeignet, umden hochgesteckten Zielen ge-

recht zu werden? Damit stelltsich für die Entwicklungspoliti-sche Bildungsarbeit des DEDdie Frage nach der Qualität ihresAngebots und nach einem geeig-neten „Handwerkszeug“ zurQualitätssicherung, das denBesonderheiten von Bildungs-prozessen gerecht wird.

Besonderheiten vonBildungsprozessen

Das Besondere an Bildungspro-zessen im Unterschied zu Pro-duktionsprozessen ist, dass Bil-dung bzw. Wissen nicht als ferti-ges Produkt von den „Lehren-den“ den Lernenden zur Verfü-gung gestellt wird. Vielmehr er-

fordert der Erwerb von Wissenvom Lernenden ein hohes Maßan Eigenaktivität. Die „Lehren-den“, also in unserem Fall diehauptamtlichen Bildungsreferen-ten und die Rückkehrerreferen-ten, haben die Aufgabe, denAdressaten der BildungsarbeitLernen zu ermöglichen. Die zuerbringende Leistung der Bil-dungsarbeit des DED bestehtdarin, solche Bildungsangebotezur Verfügung zu stellen, dieGlobales Lernen ermöglichen.Die Leistungserstellung schließtebenso den didaktischen Rah-men, wie die Gestaltung der ein-zelnen Bildungsveranstaltung,aber auch die Schaffung der ge-eigneten Strukturen und Res-

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Methoden und Inhalte

Strukturen und Akteure der Bildungsarbeit

RegionaleBildungsstellen Außenstruktur

DED-Zentrale

Kooperationspartner(Partnerorganisation)

Rückkehrer

Zielgruppen

Bildungs-einrichtungen

Das Ziel und den Weg kennen |Schritte zu einem Qualitätssicherungssystem für die Bildungsarbeit

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sourcen ein, so z.B. Auswahl ge-eigneter Kooperationspartner,Qualifizierung von Rückkehrern,Lehrmaterial etc. Gleichzeitigsoll nicht nur die erreichte Qua-lität gemessen und bewertet wer-den, sondern die am Bildungs-prozess beteiligten Akteure, diehauptamtlichen Bildungsrefe-renten und die Rückkehrerrefe-renten sollen in die Lage versetztwerden, aus dem bisher Erreich-ten zu lernen und die Weiter-entwicklung ihrer methodischenHerangehensweise und didakti-schen Umsetzung abzuleiten.

Qualitätssicherung im DED

Als Qualitätssicherungssystemwurde in der Zentrale des DED2002 eine für EZ-Institutionenentwickelte Branchenversion desEFQM eingeführt (EuropeanFoundation for Quality Ma-nagement). Die Branchenver-sion beruht auf der Selbstbe-wertung und Entwicklung vonVerbesserungsvorschlägen durchMitarbeiter anhand von 9 Krite-rien, die in die beiden Gruppen„Befähiger“ und „Ergebnisse“eingeteilt werden. Die Kriterienim Bereich der „Befähiger“ kon-zentrieren sich auf die finanziel-len und personellen Ressourcen,die der DED zur Erreichungseiner Ziele einsetzt, währenddie Ergebnis-Kriterien die Leis-tungen des DED bewerten.Konkretisiert werden diese Kri-terien durch Spezifikationen, die in Qualitätsstufen unter-gliedert sind.

Bei der Diskussion, wie dieseBranchenversion des EFQM aufdie Entwicklungspolitische Bil-dungsarbeit angewandt werdenkann, wurde schnell klar, dassdie vorhandenen Kriterien undSpezifikationen weder die Be-

sonderheiten von Bildungspro-zessen hinreichend berücksichti-gen, noch ihren Strukturen undAbläufen gerecht werden. Des-halb haben wir 2005 begonnen,in einem partizipativen Prozessgemeinsam mit den Bildungs-referenten der Regionalen Bil-dungsstellen und dem Referatfür Qualitätssicherung schritt-weise und parallel zur Weiter-entwicklung der Bildungsarbeiteine eigene „Betriebsversion“ zuentwickeln.

Unser Weg

Ausgehend von Konzept undPraxis der entwicklungspoliti-schen Bildungsarbeit des DEDwurden die Betrachtungsfel-der/Kriterien definiert, die fürdie Qualität der Bildungsarbeitbestimmend sind:

➔ Kommunikation zwischenRegionalen Bildungsstellenund Zentrale

➔ Rückkehrerreferenten➔ Kooperationen➔ Angebotsentwicklung/

Themenfindung➔ Zielgruppen➔ Qualität und Wirkung der

einzelnen Angebote

Zu diesen Betrachtungsfeldernwurden nacheinander Spezifi-kationen entwickelt und aus-gehend vom Ist-Stand fünfQualitätsstufen zugeordnet.

Unsere Spezifikationen

➔ Kommunikation. Bei dieser Spezifikation geht esum einen schnellen und effizien-ten Informationsaustausch zwi-schen den Regionalen Bildungs-stellen und der DED-Zentrale.Dabei sollen kooperative undtransparente Umgangsformengepflegt werden, um das gegen-

seitige Lernen aus den Erfah-rungen der Anderen zu ermög-lichen.Dieses Betrachtungsfeld wurdegewählt, weil eine effizienteKommunikation einerseitswichtig ist, um die Teambildungdes sich im Aufbau befindendenArbeitbereichs Entwicklungs-politische Bildungsarbeit zufördern. Anderseits ist sie wich-tig, um den Austausch der Ent-wicklungspolitischen Bildungs-arbeit mit den anderen Arbeits-bereichen des DED zu gewähr-leisten.

Sie umfasst Aspekte wie Treffen,schriftliche Kommunikationund den Austausch mit denübrigen Bereichen des DED.

➔ RückkehrerHier geht es um die Anwerbung,Motivation, Bindung und Qua-lifizierung ehemaliger Entwick-lungshelfer für den Einsatz alsReferenten in der Entwicklungs-politischen Bildungsarbeit. Zu-dem sollen sich die RegionalenBildungsstellen und die DED-Zentrale leicht über die „Profile“der Rückkehrer informierenkönnen.

Dieses Kriterium ist deshalbwichtig, weil Rückkehrer diewichtigste Ressource der Ent-wicklungspoltischen Bildungs-arbeit des DED sind, um das er-klärte Prinzip zu verwirklichen,die Arbeit mit den Partnerlän-dern mit der Arbeit im Inland zu verknüpfen. Der Einsatz vonRückkehrerreferenten ist dasAlleinstellungsmerkmal der Bil-dungsarbeit des DED. Ihr Ein-satz wird jedoch auch dadurchbestimmt, dass das Engagementfreiwillig ist, sie in der Regel nureinen begrenzten Zeitraum inder EntwicklungspolitischenBildungsarbeit aktiv sind und

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Methoden und Inhalte

Bildungsarbeit in ihrer Freizeitvermitteln. Es geht um die best-mögliche Nutzung dieses Poten-tials, um vor dem Hintergrundder Ansprüche des GlobalenLernens in der deutschen Bil-dungslandschaft bestehen zukönnen.

Die Spezifikation umfasst dieQualifikation und Qualifizie-rung der Rückkehrerreferentensowie ihre Einbindung in dieAngebotsentwicklung und -umsetzung.

➔ KooperationenHier geht es um die Kooperationund Vernetzung mit anderenAkteuren der Bildungsarbeit auflokaler, regionaler, bundesweiterund internationaler Ebene.Durch die Kooperationen sollein besserer Zugang zu den Ziel-gruppen und eine Erweiterungder Bildungsangebote erreichtwerden. Für unsere Partner sollein Mehrwert durch die Einbin-dung der Rückkehrerreferentenentstehen. Gleichzeitig bietet dieVernetzung die Möglichkeit zu

einer verbesserten Öffentlich-keits- und Lobbyarbeit für dieZiele des Globalen Lernens undselbstverständlich ermöglicht sieden fachlichen Austausch.Dieses Kriterium ist deshalbwichtig, weil die Zusammenar-beit mit Kooperationspartnernanalog zur Auslandsarbeit desDED Grundprinzip der Ent-wicklungspolitischen Bildungs-arbeit ist.

Diese Spezifikation beschreibtdie Aspekte: Entstehung, Ver-fasstheit, win-win-Situationen,Nachhaltigkeit, Transparenzsowie das Gewicht des DED inKooperationen.

Die noch ausstehenden Spezifi-kationen werden im Laufe dernächsten Monate entstehen. Um dann in regelmäßigen Ab-ständen anhand des gesamtenKatalogs eine Bewertung derbisherigen Qualität vorzuneh-men und darauf aufbauendVerbesserungsmaßnahmen zu entwickeln.

Was hat’s gebracht?

Der Weg zu „unserem eigenenQualitätssicherungssystem“ aufGrundlage des EFQM-Modellswird von allen Beteiligten alssehr positiv bewertet, denn ergeht weit über die Bereitstellungeines Bewertungskatalogs derQualität der Arbeit hinaus.Schon bei der Entwicklung derKriterien und Spezifikationenwurde ein Diskussionsprozessüber Stärken und Schwächender eigenen Arbeitsweise aberauch eine systematische Ent-wicklung von Lösungsvorschlä-gen in Gang gebracht und damitauch die Konsolidierung desArbeitsbereichs Entwicklungs-politische Bildungsarbeit ge-fördert. Die partizipative undschrittweise Herangehensweisehat die Akzeptanz des ThemasQualitätssicherung gesteigertund ermöglicht den Beteiligteneine überschaubare kontinuier-liche Verbesserung ihrer Praxis,ohne sie zu überfordern. Profi-tiert haben wir dabei von dertatkräftigen Unterstützung desFachreferats und seinen Erfah-rungen aus der Einführung derQualitätssicherung in der Zen-trale und in den Partnerländerndes DED.

Jutta Heckel Koordinatorin der Entwicklungspolitischen Bildungsarbeit des DED. Agrarökonomin und Erwachsenenpädagogin,1993 bis 2001 in Brasilien und Peru.

Qualitätsmanagement

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Tägliches Tun – Praxis

Erkenntnis:Was könnte ich verändern?

Reflexion:Wie sieht

mein Tun aus?

EFQM strukturiert Reflexion

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Satelliten werden in der Regelausgesandt, um Signale von

einer Bodenstation zu empfan-gen, sie zu verstärken und dannerneut in eine andere Frequenzumgewandelt an eine andere Sta-tion zur Weiterverarbeitung zusenden. Mit diesen technischenWorten lässt sich auch die Wir-kung IBA-Fachkräfte (Entwick-lungshelfer für Informations-und Bildungsarbeit)* hinsicht-lich der Verbindung zwischen„drinnen“ und „draußen“, derZentrale und den Partnerlän-dern, gut auf den Punkt bringen.

Als Satelliten der DED-Zentralekommt den IBA-Fachkräften die Aufgabe zu, die Verbindungzwischen drinnen und draußenzu halten und für einen wechsel-seitigen Datenfluss von „Boden-station“ zu „Bodenstation“ zusorgen.

So ist eine IBA-Fachkraft imPartnerland für das Hin- undHersenden der Informationenzwischen den Kolleginnen undKollegen im Land und denen in der Zentrale in Sachen Infor-mations-, Bildungs- und Öffent-lichkeitsarbeit zuständig. In ers-ter Linie geht es darum, denHauptsitz mit Informationenaus den Projekten des DED zuversorgen. Oft finden inDeutschland unter Beteiligungdes DED Messen oder Ausstel-lungen statt, zu denen wir Mate-rialien beisteuern können. Dazusetzen sich die Kolleginnen undKollegen aus Bonn mit ihrenIBA-Counterparts in den Län-dern in Verbindung. Diese küm-mern sich vor Ort um die Da-tenbeschaffung, indem sie mitden Entwicklungshelfer/innensprechen (oder mailen), um re-levante Informationen für die

Entwicklungspolitische Bil-dungsarbeit der DED-Zentralezu recherchieren.

Bei den Beiträgen handelt es sichum Informationen erster Handaus den Ländern, in denen derDED tätig ist: Interviews, Ge-schichten, Artikel, Projektbe-schreibungen, Zahlen, Daten,Fakten und natürlich Fotos ausdem Leben und der Arbeit desDED-Personals und ihrer Part-nerorganisationen. Ein Großteilder Arbeit besteht in der ent-sprechenden Aufbereitung derMaterialien. Denn zunächsthandelt es sich zwar um fangfri-sche Informationen, allerdingsmeist um Rohmaterial, das dieIBA- Fachkraft in Zusammen-arbeit mit den Kolleginnen undKollegen recherchiert, struktu-riert und aufbereitet nachDeutschland schickt. Ganz im

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Entwicklungspolitische Bildungsarbeit als Brücke

Satelliten des DED |Wie die Verbindung zwischen drinnen und draußen gehalten wird

„Ein Satellit (v. lat. satelles: ,Leibwächter‘) ist ein kleinererBegleiter eines größeren Objekts.“Wikipedia, freie Enzyklopädie

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Fotoauswahl der Autorin mitEntwicklungshelfern in Bolivien.

* Anmerkung des Herausgebers:Im Rahmen des DED-Beitrags zum AP2015 wurden IBA-EH eingesetzt, deren Aufgabe die Unterstützung voneinheimischen Partnern bei derenÖffentlichkeitsarbeit war. Eine zusätzlicheAufgabe bestand in der hier beschriebenen„Satellitenfunktion“. Gerade EH, die ohnehin im Rahmen der Öffentlichkeits-arbeit tätig sind, fällt die Vermittlung von Material zur Bildungsarbeit relativ leicht. Das Programm „IBA-EH“ wird vom DED nicht weiter verfolgt.

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Entwicklungspolitische Bildungsarbeit als Brücke

Sinne der Satelliten-Logik wirdalso Information in „eine andereFrequenz umgewandelt“ und indie DED-Zentrale „zur Weiter-verarbeitung“ gesendet. Kon-krete Beispiele aus Bolivien:Projektpräsentationen undSchokoladen-Kostproben für die Biofach-Messe in Nürnberg,Arbeitsbeispiele des DED für dieInternationale Frauenmesse inBonn, Kochrezepte aus denSubtropen und Projektbe-schreibungen für die RegionaleBildungsstelle des DED in Reut-lingen, Artikel, Interviews fürinterne Publikationen und Er-fahrungsberichte des DED fürPublikationen des BMZ zumThema Armutsbekämpfung.

Doppeleffekt

Die Arbeit der IBA-FK hat Vor-teile für das Partnerland und fürdie DED-Zentrale: Die Bonnererhalten authentisches Material,anhand dessen sie der deutschenÖffentlichkeit die Arbeit desDED anschaulich präsentierenkönnen. Und auch im Landselbst hat diese Zusammenarbeitpositive Effekte, denn die Ent-wicklungshelfer/innen haben die Möglichkeit, ihre Arbeiteinem breiten Publikum trans-parent zu machen. Wichtig istdabei das Feedback aus derZentrale, denn oft verwendenKolleginnen und Kollegen vielZeit damit, Informationen fürAusstellungen zusammen zusuchen. Als zentrales Moment inder Zusammenarbeit festigt dieRückmeldung die Beziehungzwischen „drinnen“ und „drau-ßen“: Treffen einige Wochenspäter per Post oder E-MailBelegexemplare in Form vonPlakaten oder Fotos einer Aus-stellung ein, trägt dies nicht nurzur Motivation, sondern auch zumehr Identifikation mit dem

DED bei. In vielen Fällen habendie Kolleginnen und Kollegennach der Ausreise nur nochwenig Kontakt zur deutschen„Basisstation“. Durch die Infor-mations- und Bildungsarbeitwird dieser Kontakt wiederhergestellt, Bonn rückt näher.

Viele freut es außerdem, ihrenBeitrag und Arbeitsplatz in denbildungspolitischen Materialendes DED wieder zu finden. „Ichhabe schon mehrfach Materialüber meine Arbeit und Part-nerorganisation für die DED-Zentrale bereit gestellt“, sagtMarion Remus, Entwicklungs-helferin des DED in Bolivien.„Es bedeutet immer Extra-Arbeit, aber es ist schön, an-schließend zu sehen, dass meineArbeit auch in der Heimat zurGeltung kommt und zuBildungs- und Informations-zwecken ausgestellt wird.“

Perspektiven

Erfahrungsgemäß kommen stetszahlreiche Anfragen aus derZentrale. In ruhigeren Zeitengibt es Aufgaben in den Länder-büros zu erledigen: Erstellungvon Intranet und Internet,Broschüren, interne Publikatio-nen und Präsentationen stehenauf dem Programm. Meine Stel-le ist zeitlich in 25% IBA-Tätig-keit und 75% Arbeit in einerbolivianischen Partnerorganisa-tion aufgeteilt, daher habe ichauf die Anfragen aus der Zentra-le meist nur reagieren und wenigagieren können. Stellen, die derentwicklungspolitischen Infor-mations- und Bildungsarbeitmehr Zeit einräumen, bietenviele interessante Perspektiven.

So könnten beispielsweise in denLändern aktiv Themenvorschlä-ge entwickelt werden, die von

der Zentrale samt Bildmaterialan die deutschen Medien kom-muniziert würden, um dieUnterstützung der Öffentlich-keit für die Ziele der DED-Ar-beit zu gewinnen. Einen viel-fältigen, auch für deutsche Lese-rinnen und Leser interessantenThemenpool wird es in jedemder 40 Partnerländer geben. Dader DED zudem eng mit denMenschen an der Basis zusam-men arbeitet, böte es sich an,Themen aus der deutschen Ent-wicklungspolitik mit lebendigenBeispielen aus der DED-Arbeits-praxis an die Leserin und denLeser zu bringen. Es könntenauch für Ausstellungen länder-spezifische digitale oder hand-feste Materialienkoffer ent-wickelt werden, eine Sammlungbebilderter DED-Projektbe-schreibungen aus unterschied-lichsten Themen der Entwick-lungszusammenarbeit eines Lan-des, dazu seine wirtschaftlichen,sozialen, kulturellen und ge-schichtlichen Besonderheitenund natürlich länderspezifischeAnekdoten. Da die IBA-EH inder Regel in der Hauptstadt desPartnerlandes angesiedelt sind,könnten sie sich außerdem mehrder Vernetzung unter den deut-schen EZ-Organisationen in ei-nem Land kümmern. Nachzu-denken wäre über gemeinsameBildungs- und Informationsak-tionen zu gemeinsamen Themenvon DED, GTZ, KfW, InWent,Goethe-Institut, den Stiftungenund weiteren Akteuren der deut-schen Entwicklungszusammen-arbeit in den Partnerländern.

Martina Rieken Pädagogin und Journalistin, 2003 bis 2006 in Bolivien.

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Das in den letzten Jahrenmehrfach ausgezeichnete

internationale Schulpartner-schaftsprojekt besteht aus eineminnovativen Netzwerk aus Schu-len, außerschulischen Lernortensowie Bildungsträgern inDeutschland und Ghana/West-afrika. Die Partner übernehmenunterschiedliche Rollen undFunktionen bei Begleitung,Aufbau und Etablierung desProjekts. Es finanziert sich durch öffentliche Mittel undSpenden.

Dr. Samuel Essiamah hat imJahr 1995 das Projekt unter dem

Motto „Baumpflanzung aufSchulhöfen in Ghana“ ins Lebengerufen. Erstes Ziel war die Be-pflanzung von Schulgelände mitHilfe deutsch-ghanaischerSchulpartnerschaften. Schülersollten das Pflanzen und diePflege von Bäumen erlernen, umdabei ein Gefühl für die Bedeu-tung von Bäumen und Wäldernzu entwickeln. Der Waldbestandin Ghana ist in den letzten 50 Jahren um mehr als 80%zurückgegangen. Von einstmals8 Millionen ha sind heute nurnoch 1,4 Millionen ha übrig.Dies hat Klimawandel, das Aus-bleiben von Regenzeiten, ver-

mehrte Erosion und viele anderenegative Folgen nach sich gezo-gen. Die Zusammenhänge diesernegativen Entwicklungen zumWald gilt es den Schülern undihren Geschwistern, Eltern, Tan-ten und Onkeln klar zu machen.

Die Initiative von Samuel Essia-mah mündete im Jahr 2000 inden Verein „Schulwälder fürWest-Afrika e.V.“ in Göttingen.Der Verein vermittelt Schulpart-nerschaften zwischen beidenLändern Ghana und Deutsch-land und koordiniert das Pro-jekt. Auf ghanaischer Seite ko-ordiniert und betreut der Youth

Schulwälder für West-Afrika | Kinderwälder weltweit

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Lernort Natur.

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Entwicklungspolitische Bildungsarbeit als Brücke

and Environmental Club, eineeingetragene Nichtregierungs-organisation, die Aktivitäten derSchulen in Ghana, insbesonderedie Baumpflanzungen.

Zum Netzwerk gehört eine wei-tere Göttinger Einrichtung: derVerein für außerschulische Bil-dung e.V. / Kinderwald-Projekt.Dieser Verein ist Pate für ein ent-stehendes Umweltzentrum. Erbietet in Göttingen vielfältigeAngebote für Kinder, Eltern,Großeltern, Erzieher und Lehr-kräfte an. Dabei stehen Begeg-nungen mit der Natur imVordergrund: Die Entdeckungspannender Lebensräume hilftals Einstieg in die Naturerfah-rung und Umwelterziehung.Darüber hinaus können sichKinder an der Gestaltung desKinderwaldgeländes durchPflanzen ihres eigenen Baumesbeteiligen. Durch diese prakti-sche Art der Naturbegegnunglernen die Teilnehmer nicht nurWald und Natur, sondern auchsich selbst und die Gruppe ken-nen. Methodik und Didaktikdes Globalen Lernens und derUmweltbildung bilden denGrundstock aller Aktivitäten.

Ein weiterer Partner im Kinder-wald-Netzwerk: Die Schule amHabbrügger Weg – Schule fürLernhilfe (Umweltschule inEuropa) hat seit Dezember 1999eine Partnerschaft mit der Bisea-se Roman Catholic Primary undJSS School in Bisease/Ghana.Um das Projekt und insbesonde-re ihre Partnerschule zu unter-stützen, wurde im Jahr 2000 dieSchülerfirma „Pupils GmbH“gegründet. Die Schülerfirmaunterstützt das Projekt mit ihrenerwirtschafteten Gewinnen. Da-neben pflegt sie intensiven Brief-kontakt zu ihrer Partnerschule inGhana. Seit 2003 finanziert siedie Schulkosten von fünf ghanai-schen Partnerschaftsschülern.Die Schülerfirma strebt an, dieSchulkosten von weiteren Schü-lern zu übernehmen.

Die Regionale Bildungsstelle(RBS) des Deutschen Entwick-lungsdienstes in Göttingen er-gänzt das Netzwerk seit 2003.Unterrichtseinheiten und Leh-rerfortbildungen von Rück-kehrern in den deutschenPartnerschulen bringen denZielgruppen Ressourcenschutz,Auswirkungen der Globalisie-rung, Menschenrechte, Kinder-arbeit, Fairer Handel näher. DasVerständnis der Partner inDeutschland für die Belange der Partner im Süden wächst.Begegnungen auf Augenhöhewerden möglich. Die RegionaleBildungsstelle hat das Monito-ring und die Weiterentwicklungder Konzeption des Kinderwald-projekts übernommen.

Die Bildungsziele des Projektes„Schulwälder für West-Afrika“sind umfassend. Sie sollen zueiner neuen Ausrichtung vonSchule und Schulleben führen.Die für eine nachhaltige Ent-wicklung erforderlichen Kompe-

tenzen lassen sich nicht nur imUnterricht erwerben. GlobalesLernen und Umweltbildungverlangen geradezu eine Öff-nung von Unterricht undSchule. Deshalb bezieht dasProjekt auch Akteure außerhalbvon Schulen ein. Außerschu-lische Erfahrungsfelder undLernorte ermöglichen denKompetenzerwerb in realenLebenssituationen und machendie Verantwortung für andereLebewesen deutlich.

Das Projekt möchte die Men-schen zum Handeln ermutigen.Im Einzelnen sollen folgendeZiele erreicht werden:

➔ Handeln lernen durch dieHerstellung einer Einheitvon Erkennen, Handeln,Erleben und Gestalten. BeiBaumpflanzaktionen werdenZusammenhänge „greifbar“und es entstehen Beziehun-gen zum gepflanzten Baum.Durch Beziehungen wiede-rum entwickeln sich Verant-wortung und Achtung.Handlungs- und Gestal-tungskompetenz wirdkonkret erfahren, dies er-mutigt zum Handeln. DiesesHandeln ist auf drei Hand-lungsräume bezogen: Natur(Verhalten in der Natur,Aktivitäten zum direktenNaturschutz, Patenschaftenusw.); Alltag (Einkauf, Ener-gie, Recyclingpapier, Wasser,usw.); Gesellschaft (Gesprä-che über Globale Zu-sammenhänge, usw).

➔ Fremde Welten und Kultu-ren kennenlernen, dabeiwechselseitige Abhängigkei-ten aufdecken und Lösungs-ansätze (z.B. Fairer Handel)finden zur Erweiterung von Handlungs- und Ge-Q

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Kinderwald in Ghana.

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staltungskompetenz desEinzelnen.

➔ Wissen über ökonomischeund ökologische Frage-stellungen erweitern, zu-gleich Sozialkompetenzenvermitteln.

➔ Sinnes- und Wahrneh-mungsschulung durchkonkrete Naturerfahrungen.

Bisher Erreichtes

Anfang 2002 wurde in Ochiso/Ghana ein Grundstück von 10 ha Größe erworben, um dortSchritt für Schritt ein Umwelt-zentrum und die erste großeBaumschule aufzubauen. In derBaumschule werden Sämlingefür die Aufforstungen von Schul-höfen angezogen. Neben der An-zucht einheimischer Baumartensollen auf dem oben genanntenGrundstück ein BotanischerGarten, ein Kräutergarten mittraditionellen Heilpflanzen so-wie ein Volkswald entstehen. Der Volkswald entsteht dadurch,dass jeder für eine Spende einenBaum mit seinem Namen pflan-zen kann. Umweltzentrum undBaumschule sollen als außer-schulischer Lernort dienen.

So entsteht ein Pendant zumKinderwald bei Göttingen. Diebeiden Lernorte sollen sich ver-netzen und nach den Grundsät-zen der Umweltbildung und desGlobalen Lernens agieren.

Seit Mai 2004 unterhält derYouth and Environmental Clubein eigenes Büro in Tema/Gha-na. Von hier aus wird die Betreu-ung von Schulen und Schulpart-nerschaften organisiert, sowiePresse- und Öffentlichkeitsar-beit geleistet. Gleichzeitig wurde

dort eine kleine Baumschule fürdie Umweltbildung von Kin-dern und Jugendlichen und dieWiederbegrünung von Schul-höfen in der Stadt eingerichtet.

Allein durch ehrenamtlichenTätigkeit des Vereins hat sich die Zahl der beteiligten Schulenvon vier im Jahr 1995 auf siebzigim Jahr 2005 erhöht und dankder tatkräftigen Mitarbeit einesGärtners wurden über 14.000Bäume auf Schulhöfen ge-pflanzt.

In Deutschland werden durchdie Zusammenarbeit mit derRegionalen Bildungsstelle desDED in Göttingen Unterricht-seinheiten, Projekttage und Pro-jektwochen, sowie Fortbildun-gen für Lehrkräfte an den Part-nerschulen und auf dem Kinder-waldgelände angeboten. Einerder Schwerpunkte ist die Integra-tion der „Bildung für Nachhal-tige Entwicklung“ in das Freiwil-lige Ökologische Jahr und dasFreiwille Soziale Jahr. Durchneue strategische Partnerschaf-ten, insbesondere mit Trägerndes Freiwilligen Sozialen Jahreswird das Netzwerk ausgeweitetund das Projekt abgesichertGreta Jordan war die erste Aus-tauschschülerin des AmericanField Service (AFS), die vonOktober 2005 bis Februar 2006im Projekt in Ghana mitgearbei-tet hat. Gegenbesuche werdenangestrebt.

Im Mai 2004 gewann das Pro-jekt den GLOBO:LOG PreisNiedersachsen („globalen Dialogin regionalen Netzwerken/do-tiert mit 20.000 Euro) und imMärz 2005 wurde es von derDeutschen UNESCO-Kom-misssion als „Offizielles Projektder Weltdekade 2005/2006“ausgezeichnet.

Markus HirschmannLeiter Regionale Bildungsstelle des DED in Göttingen.Forstingenieur, 1995 bis 1996 in Gambia .

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Das Schülerfirmenprojekt„FairChoc“ wurde im Juni

2003 von der regionalen Ar-beitsstelle Weitblick in Zusam-menarbeit mit dem GymnasiumAltona begonnen. Ziel des Pro-jektes war es, Schülern der 10.und 11. Klasse die Möglichkeitanzubieten, im Rahmen einerSchülerfirma Kenntnisse überwirtschaftliche Abläufe zu erlan-gen und dabei die Frage von Ge-rechtigkeit im Blick zu behalten.Im Juni 2003 traten 16 Jugend-liche der Arbeitsgemeinschaftbei, welche die Gründung einerSchülerfirma umsetzen sollte.Um die beiden Ziele Wirt-schaftspraxis und Gerechtigkeitim Blick zu behalten, entschie-den sich die Schülerinnen undSchüler, am Juniorprojekt desInstituts der deutschen Wirt-schaft Köln teilzunehmen und

als Geschäftsziel den FairenHandel am Beispiel von Kakao-produkten zu unterstützen. Diejungen Unternehmerinnen undUnternehmer gaben ihrer Firmaden Namen „FairChoc“ undgründeten im November 2003,entsprechend den Richtliniendes Juniorprojekts, eine Aktien-gesellschaft mit 90 Anteils-eignern, die je eine Aktie für 10 Euro zeichneten. Mit diesemGrundkapital konnten die ers-ten fairen Kakaowaren ange-schafft, Werbematerialien undein Spiel zum Fairen Handelproduziert werden. Bei unter-schiedlichen Gelegenheiten undVeranstaltungen war „FairChoc“mit seinem Verkaufsstand vorOrt, vermarktete Faire Kakao-produkte und warb für die Ideedes Fairen Handels. Die Schü-lerunternehmer entwickelten einSeminar zum Fairen Handel, dassie für einen geringen Teilneh-merbeitrag mit Schulklassenund Konfirmandengruppendurchführen.

Durch die Auseinandersetzungmit der Frage nach der Handels-gerechtigkeit (Fairer Handel) er-gab sich schon verhältnismäßigfrüh für die Schülerunternehmerein Konflikt mit dem Anspruchdes Juniorprojekts, eine mög-lichst effiziente und lukrativeSchülerfirma zu gründen. Die„FairChoc – MitarbeiterInnen“entschieden nach einer längerenDiskussion einstimmig, dass derFaire Handel, also ihre Ge-schäftsidee, ihr wichtigstes An-liegen ist. Die Jugendlichenwickelten ihre Schülerfirma alsAktiengesellschaft entsprechendden Juniorbedingungen zu denSommerferien 2004 ab.

Mit ihrer Entscheidung, eine„Schülerfirma des Fairen Han-dels“ zu sein, verband sich fürdie Jugendlichen die Aufgabe,sich noch intensiver mit derHerkunft und Bearbeitung desvon ihnen vermarkteten Produk-tes Kakao auseinanderzusetzenwie auch mit den Lebens- undArbeitsbedingungen der Men-schen, welche den Kakao pro-duzieren. Über die ArbeitsstelleWeitblick nahm „FairChoc“Kontakt zu der Kakaobauern-kooperative CONACADO inder Dominikanischen Republikauf. Dieser Kontakt wurde überPetra Heid, damals Entwick-lungshelferin des DeutschenEntwicklungsdienstes (DED)bei CONACADO, möglich. In der Folge konzentrierte sich„FairChoc“ darauf, Produkte,die Kakao der dominikanischenKooperative enthalten, zu ver-markten. So entstand im Früh-jahr 2004 eine Handelspartner-schaft zwischen der Kakaoko-operative und der Schülerfirma.Mit der Unterstützung von PetraHeid und der Arbeitsstelle Weit-blick planten die jungen Unter-nehmerinnen und Unternehmereinen Besuch bei ihrem Han-delspartner CONACADO inder Dominikanischen Republik.Dieser fand im September 2004statt und sollte allen am ProjektBeteiligten völlig neue Perspek-tiven ermöglichen. Durch dieMitarbeit von P. Heid wurde die Reise im besonderen Maßedurch den DED gefördert, daalle Reiseteilnehmer Einblickeerhielten, die ohne diese Unter-stützung nicht möglich gewesenwären. Alle Schülerinnen undSchüler wurden in diesen Wo-chen Kakaoexperten, konntenalle Stationen vom Anbau bis

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Entwicklungspolitische Bildungsarbeit als Brücke

Zwischen Yamasá und Altona | Die Schülerfirma FairChoc

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Dominikanischer Besuch in Altona,Herbst 2005

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zur ersten Weiterverarbeitungverfolgen. Sie lernten denHandelspartner CONACADOkennen und bauten zu Mitar-beitern der Kooperative Kontaktauf. Besonders eindrucksvoll warder Besuch bei den Kakaobauernund ihren Familien, wo diedeutschen Jugendlichen zweiTage lebten. Außerdem wurdensoziale Projekte besucht, diedurch die besseren Erlöse ausdem Fairen Handel finanziertwerden konnten. Dazu gehörteauch eine Schule in Yamasá, diedurch ein Erntenachbereitungs-zentrum, dem Bloque Nr. 2,unterstützt wird. Zwischen dendeutschen und dominikanischenSchülern entwickelte sich sofortein guter Kontakt.

Nach dieser Reise gründeten dieJugendlichen ihre Schülerfirma„FairChoc“ als Eigentümerfirmaneu. Die Arbeit der Schülerfir-ma „FairChoc“ wurde nach demBesuch in der dominikanischenRepublik intensiviert. Weiterhinvermarkteten die Schülerinnenund Schüler Kakaoprodukte,machten Präsentationen unterder Überschrift „Kakao, der dieWelt verändert“ und bemühensich seitdem, eine Schulpartner-schaft zwischen ihrem Gymna-sium Altona und dem LyzeumYamasá durchzusetzen. In Zu-sammenarbeit mit P. Heid undder Arbeitsstelle Weitblick ar-beiteten die Schülerinnen undSchüler dafür, den Gegenbesucheiner dominikanischen Delega-tion zu ermöglichen. Dies konn-te im Oktober 2005 realisiertwerden. Im Mittelpunkt desBesuchs stand die Weiterent-wicklung der „Partnerschaft aufeiner Augenhöhe“. Von beson-derer Bedeutung war in diesemZusammenhang der Besuchbeim Schulprogramm des DEDin Berlin. Hier konnten vor

allem die Unternehmer derSchülerfirma „FairChoc“ unddie Schülerinnen und Schülerder dominikanischen Dele-gation mit der professionellenModeration von Martina Greibund Gisela Führing weitereSchritte ihrer Partnerschaft ent-wickeln. In diesem Zusammen-hang haben die dominikani-schen Schülerinnen und Schülerdie Entscheidung gefällt, eineeigene Schülerfirma am LyzeumYamasá auf Produzentenseite zugründen. Mit dem zweiwöchi-gen Besuch der dominikani-schen Partner in Deutschlandwurden weitere wertvolle Erfah-rungen gesammelt und wichtigegemeinsame Gespräche geführtwerden. Sehr bedeutsam warz.B. eine Diskussion über De-mokratieentwicklung vor demHintergrund der Diktaturer-fahrungen beider Länder im 20. Jahrhundert anlässlich desgemeinsamen Besuchs der Ge-denkstätte Hohenschönhausen.Nunmehr verfügt jede Seite überEinblicke in die jeweils andereKultur, Geschichte und Alltag.Dies ist eine der wesentlichenVoraussetzungen für eine gleich-berechtigte (Handels-) Partner-schaft. Mit Spannung verfolgendie Unternehmer der Schüler-firma „FairChoc“ die Nachrich-ten über die Entwicklung derSchülerfirma am LyzeumYamasá.

Gegenwärtig entwickelt „Fair-Choc“ mit der Bremer Schüler-firma „Kursivdesign“ eine Ko-operation. Gemeinsam wollenbeide Schülerfirmen einen eige-nen fairen Schokoriegel ausCONACADO – Kakao auf denMarkt bringen. Dazu bringenbeide Firmen spezielle Fähig-keiten und Kompetenzen ein,die sich gut ergänzen und füreine erfolgreiche Vermarktung

auch dringend benötigt werden.Ferner ist „FairChoc“ zur Zeitdamit beschäftigt, Nachwuchsheranzubilden, da alle älterenUnternehmer und Unternehme-rinnen davon überzeugt sind,dass dieses Schülerfirmenprojektnicht nur ihnen, sondern auchnachfolgenden Schülerinnenund Schülern wichtige Kennt-nisse und Erfahrungen vermit-teln soll.

Als ich vor zwei Jahren mit derArbeitsstelle Weitblick demGymnasium Altona das Schüler-firmenprojekt vorschlug, hätteich niemals vermutet, dass das„Unternehmen FairChoc“ die-sen Umfang annehmen würde.Mittlerweile werden die Schülerund Schülerinnen von unter-schiedlichen Organisationen wie z.B. der gepa oder demWeltladendachverband ange-fragt. Ohne die großzügigeUnterstützung und Förderungdurch den Ausschuss für Kirch-liche Weltdienste der Nord-elbischen Ev.-Luth. Kirche, derNorddeutschen Stiftung fürUmwelt und Entwicklung, derArbeitsgemeinschaft der Evange-lischen Jugend in der Bundesre-publik e.V. und dem DeutschenEntwicklungsdienst wäre dieseEntwicklung nicht möglich ge-wesen. Ebensoviel hat das Pro-jekt „FairChoc“ dem persön-lichen Einsatz der ehemaligenDED-Mitarbeiterin Petra Heid,der Lehrerin Birgit Scholing-Prümm und dem Lehrer Dr.Gottfried Thomas zu verdanken.

Jürgen Reißner Leiter der regionalen Arbeitstellefür Frieden und Gerechtigkeit „Weitblick“ bei der Christians-kirche Hamburg-Ottensen.

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Überall in der Welt sind Kinderund Jugendliche positiv oder ne-gativ, merklich oder unmerklichin globale Zusammenhänge ein-gebunden. Sie lernen etwas überknappe Ressourcen oder leidenselbst unter Ressourcenknapp-heit. Keine Frage, Lernen inweltweitem Kontext ist notwen-dig für alle, die sich in dieserWelt zurechtfinden und verant-wortlich handeln wollen. Diesgilt für ein Kind in einer Stadt in Kamerun ebenso wie in einemkleinen Dorf auf der Schwäbi-schen Alb. Anschaulich, span-nend und direkt am Leben ge-staltet sich das so beschriebene

„Globale Lernen", wenn Kinderund Jugendliche über Grenzenhinweg gemeinsam miteinanderund voneinander lernen können.

Um solche Lernprozesse möglichzu machen, entstand 1998 eineKooperation zwischen dem Ent-wicklungspädagogischen Infor-mationszentrum (EPIZ) inReutlingen, der PädagogischenHochschule Weingarten unddem „Réseau Ecole et Develop-pement“ RED, einem NetzwerkSchule und Entwicklung inWest- und Zentralafrika. Seit2003 ist die Regionale Bildungs-stelle des DED in Reutlingen als

Kooperationspartner hinzuge-kommen und vermittelt (zu-rückgekehrte) Entwicklungs-helfer des DED in Baden-Würt-temberg und in den afrikani-schen Ländern als kompetenteBegleiter von interkulturellenLernprozessen.

Einbezogen sind dort und hier inBaden-Württemberg Schulen,die pädagogisch neue Wege ge-hen, Umwelt- und Entwick-lungsfragen als wichtig erachtenund ihren landeskundlichenHorizont erweitern wollen. DasZiel ist dabei nicht, finanzielleHilfe vom Norden in den Süden

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Entwicklungspolitische Bildungsarbeit als Brücke

Wissen vernetzen | eine afrikanisch-deutsche Schulpartnerschaft

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Schüler in Kamerun gestalten Unterricht.

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fließen zu lassen und damit dieüblichen Bilder vom bedürftigenSüden und dem reichen Nordenzu transportieren, sondern viel-mehr möglichst viele Lernendeund Unterrichtende partizipie-ren und in einen lebendigenAustausch miteinander treten zu lassen.

Alle Beteiligten einigten sich aufeine gemeinsame ideelle Basis,einem Leitbild mit vier zentralenBegriffen: Offenheit für die je-weils andere (Schul)Kultur,Gegenseitigkeit im Sinne vonAugenhöhe, Teilen bezogen aufdas Wissen hier wie dort undSelbstreflexion über die Kom-munikationsprozesse. Sie wer-den in unserem Netz (derzeit 15 Schulen in Deutschland und15 Schulen in Afrika, dazu diebegleitenden Organisationen)mit Leben gefüllt: durch Briefe,Emails (der Evangelische Ent-wicklungsdienst (EED) stattetedie afrikanischen Schulen ent-sprechend aus) und ausgetausch-te Gegenstände, wie etwa einKinderzimmer im Schuhkarton,das Lieblingsessen aus Papp-maché, Sand, Lehm zum For-men von eigenen Kunstobjek-ten, Blätter, Wasser und vielesmehr. So wird es den Kindernauch ohne Sprache leicht mög-lich, eigene Lebenssituationenund Erfahrungen zu vergleichen.Trotz der Entfernung entstehteine soziale Nähe. Der Aus-tausch der Lehrerinnen undLehrer bezieht sich auf pädago-gische Konzepte, das Schulprofilund nicht zuletzt die Bewälti-gung des Schulalltags.

Aber auch eine direkte Begeg-nung ist auf lange Sicht unab-dingbar für das Gelingen derPartnerschaften. Bisher be-schränkte sich dies auf gegen-seitige Besuche der pädagogi-

schen Berater des EPIZ, REDdes DED und der Lehrkräfte.Langfristig planen wir Begeg-nungsreisen der Kinder und Ju-gendlichen, aber dazu gibt esvieles zu bedenken, angefangenbei der unvermeidlichen Selek-tion der Teilnehmerinnen undTeilnehmer bis hin zu ihrerVorbereitung auf die Reise ineine fremde Kultur und auch die Rückkehr in die eigene.

Reise zu Schulen in Kamerun und Tschad

Um die Bedeutung solcher Rei-sen zu erkennen, werfen wir ei-nen Blick zurück zum Mai2005, in dem ich zusammen mit Céline Schwinge (EPIZ)sechs Schulen in Kamerun undeine Schule im Tschad besuchenkonnte.

Die Reise musste viele Anliegenunter einen Hut bringen:➔ Lehrkräfte und Schülerinnen

und Schüler motivieren, denAustausch zu beginnen odermit neuem Elan weiter zuführen,

➔ konkrete Ziele des Aus-tauschs entwickeln und ge-eignete Vorgehensweisenbesprechen, insbesonderesich zu den Themenkom-plexen „Umwelt und Frie-den“ austauschen, die vonden afrikanischen Schulengewählt wurden,

➔ ein geplantes Unterrichts-material zu den Themenandenken,

➔ und zu den Regionalbürosdes DED im Tschad undKamerun Kontakt aufneh-men und Möglichkeitenbesprechen, ob und wie Ent-wicklungshelfer vor Ort diePartnerschaften unterstützenund begleiten könnten –ähnlich wie dies Rückkehrer

in Baden-Württemberg mitden deutschen Schulen tun.

Als methodische Anregung batich die Partner in Deutschland,Stofffahnen zu bemalen, eine fürdie Partner, eine für ein gemein-sames „Umwelt- und Friedens-band“, das für die deutschenSchulen ausleihbar sein wirdund nun als Grundlage für dasgeplante Unterrichtsmaterialdient.

Zum Besuchsprogramm an jederSchule gehörten Gespräche mitVertretern der Schulträger, mitder Schulleitung, den pädago-gischen Beratern des RED, demgesamten Kollegium und vorallem Besuche in den Schul-klassen mit einer ca. zweistün-digen Unterrichtseinheit in je-weils einer Schulklasse, um dortentsprechende Umwelt- undFriedensfahnen herzustellen.

Dies führte zu handfesten Ergeb-nissen: Ideen von Schülern, dienun materialisiert in Form vonPhotos, Bildern, Texten, Gegen-ständen und Stofffahnen zu den

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Die Umwelt- und Friedensfahne wächst.

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Partnern gekommen sind unddie zum Nachdenken anregen.Ganz besonders natürlich dasnun schon beträchtlich langeUmwelt- und Friedensband (27 m!). Unterschiedliche Ergeb-nisse der Auseinandersetzungmit den Themen spiegeln hierdie Weltsicht der Kinder widerund zeigen ihre Wünsche auf(durchgestrichene Waffen odereine Friedenstaube in Tschad, ausLehm geformte Handys inNkolmbong, Kamerun, abge-hackte Bäume mit einem Appell,die Bäume zu schützen, an ver-schiedenen Schulen in Kame-run), aber auch Lösungen, wiezum Beispiel Texte über denUmgang mit Konflikten im(Schul-) Alltag.

Das schönste Resultat ist jedochfür mich die gewachsene Moti-

vation und das Engagement derBeteiligten, sich für neue schü-lerorientierte Lehr- und Lern-methoden einzusetzen, sich fürFrieden und Umwelt im lokalenUmfeld einzusetzen, eine Part-nerschaft zu beginnen oderfortzusetzen und sich nicht vonder Distanz, den ungleichenBedingungen, den technischenSchwierigkeiten abhalten zulassen, gemeinsam über Grenzenhinweg zu lernen.

Ein Reutlinger Entwicklungs-helfer – Holger Bergmann, derin Togo arbeitet – ist zum inter-kulturellen Vermittler geworden,wie man ihn sich nicht besserwünschen kann. In seinem Hei-maturlaub besuchte er vor kur-zem mit seiner Frau hier eineSchule (Realschule Neuffen),um von „dort“ zu erzählen. Er

hat mittlerweile die zugehörigePartnerschule in Lomé aufge-sucht, Briefe überbracht und mit Lehrern und Schülerngesprochen.

Eine gute Portion Nachdenk-lichkeit bleibt jedoch zurück,wenn verwöhnte Bewohner desreichen Teils der Welt einmalmehr sehen, wie ungleich dieRahmenbedingungen für dasLernen auf diesem Planetensind. Wir sollten uns vor demHintergrund des Millenniums-ziels „Bildung für alle“ Gedan-ken zu diesen Rahmenbedin-gungen machen, auch wenn der Schwerpunkt auf deminterkulturellen Austausch liegt.

Mein Dank für die wertvollenErlebnisse gilt vor allem unserenPartnern und allen, die dieseReise möglich gemacht haben.

Sigi Schell-StraubLeiterin Regionale Bildungsstelledes DED in Reutlingen.Lehrerin, 1983 bis 1985 und 1991 bis 1994 in Lesotho.

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„Frieden und Entwicklung“ kommen auf die Wunschzettel.

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ImpressumHerausgeber: DED – Deutscher Entwicklungsdienst gGmbH

Redaktion: Dr. Otti Stein, Jutta Heckel, Kai Laufen

Gestaltung: kippconcept, Bonn

Fotonachweis Umschlag: DED

Druck:Engelhardt, Neunkirchen

Gedruckt auf Recycling-Papier

Bonn 2006

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Tulpenfeld 7 D-53113 BonnFon: +49 (0) 228 24 34-0Fax: +49 (0) 228 24 34-111E-Mail: [email protected]: www.ded.de