E. Unger - Politik Und Metaphysik

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  • Erich JJnger

    Politik und Metaphysik

    Herausgegeben von Manfred Voigts

    ^ t s So N . d ' i . . v e n t a r i o

    Knigshausen & Neumann

  • k

    CIP-Titelauf nhme der Deutschen Bibliothek

    Unger, Erich:

    Politik und Metaphysik / Erich Unger. Hrsg. von Manfred Voigts. Wrzburg : Knigshausen u. Neumann, 1989

    ISBN 3-88479-421-3

    ) Verlag Dr. Johannes Knigshausen + Dr. Thomas Neumann, Wrzburg 1989 Umschlag: Hummel / Homeyer

    Druck: Knigshausen + Neumann Alle Rechte vorbehalten

    Auch die fotomechanische Vervielfltigung des Werkes oder von Teilen daraus (Fotokopie, Mikrokopie) bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags

    Printed in Germany ISBN 3-88479-421-3

  • Inhalt

    Erich Unger Politik und Metaphysik

    H.G. Adler

    Erinnerung an den Philosophen Erich Unger

    Manfred Voigts Nachwort

    Bibliographischer Anhang

  • Pol i t ik und Metaphys ik .

    Ein einziger Gedanke, eine einzige bestimmte Umschaltung der Daseins-Empfindung soll sowohl in dieser programmatischen Ausfhrung als in allen von ihr fortgehenden Darlegungen zum Bewutsein gebracht werden. Dieser Oedanke betrifft das Auseinander oder das Zusammen zweier uerungsweisen des Lebens, betrifft hier die Beurteilung einer Beziehung, in der wir nichts weniger als einen Lebenspunkt oder als einen nodus letalis alles menschlich Existierenden sehen.

    J e d w e d e E i n r i c h t u n g und jedes portbestehen von unkatas t ro-phalen M e n s c h e n - O r d n u n g e n jede unkatastrophale Pol i t ik ist u n m e t a p h y s i s c h nicht mglich. Politik und Metaphysik sind die beiden uerungsbereiche, deren Zusammenrcken in Frage steht Wie ist das mglich? Die jeden Augenblick unumgnglich zu "realisierende praktische Notwendigkeit Politik und eine noch nicht einmal theoretisch auch nur im entferntesten erledigte Angelegenheit Metaphysik , wie kann das anders als literarisch zusammengebracht werden? Wie kann man ein Greifbares und ein Ungreifbares, ein Endliches und konkret Bestimmbares wie jede politische Wirklichkeit mit einem Unabsehbaren * vereinheitlichen? Und wie kann von solcher Einheit" gar eine Linie zur Auflsung harter, konkreter - sozialer Problematik fhren, anders als in einer schwimmenden Unwirklichkeit?

    Und dennoch glauben wir dieses abenteuerlichste Verfahren zugleich als das realste und nchternste, ja als das einzige aufweisen zu knnen, wofern es nur gelingt, einesteils fr den Endgltigkeitscharakter, der in temporren und scheinbar noch so variablen Perioden beschlossen liegt, den Blick zu ffnen, anderenteils die beiden fraglichen Begriffe so weit zu przisieren, da sie exakt zu handhaben sind. Das erste bedeutet eine rechnungsmige Aufrollung und Abschtzung der objektiven Mglichkeiten staatlichen und sozialen Geschehens, das zweite den Zugang zur Praxis.

    Es gilt vorerst, die Art der Geistesverfassung anzugeben, von der aus diese-ja nur berblickhafte berlegung allein mitzumachen ist, ohne im Vorhinein an tausend Einwnden zu ersticken, denen der weitere Rahmen vorbehalten ist. Das ist diejenige Einstellung, die ein Maximum an Hoffnungslosigkeit enthlt: aus-allen Elementen und Faktoren der gegenwrtigen oder v e r g a n g e n e n

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  • Pol i t ik und Metaphys ik .

    Ein einziger Oedanke, eine einzige bestimmte Umschaltung der Daseins-Empfindung soll sowohl in dieser programmatischen Ausfhrung als in allen von ihr fortgehenden Darlegungen zum Bewutsein gebracht werden. Dieser Oedanke betrifft das Auseinander oder das Zusammen zweier uerungsweisen des Lebens, betrifft hier die Beurteilung einer Beziehung, in der wir nichts weniger als einen Lebenspunkt oder als einen nodus letalis alles menschlich Existierenden sehen.

    Jedwede E i n r i c h t u n g und jedes Fortbestehen von unkatas t ro-phalen M e n s c h e n - O r d n u n g e n jede unkatastrophale Pol i t ik ist u n m e t a p h y s i s c h nicht mglich. Politik und Metaphysik sind die beiden uerungsbereiche, deren Zusammenrcken in Frage steht Wie ist das mglich ? Die jeden Augenblick unumgnglich zu "realisierende praktische Notwendigkeit Politik und eine noch nicht einmal theoretisch auch nur im entferntesten erledigte Angelegenheit Metaphysik , wie kann das anders als literarisch zusammengebracht werden? Wie kann man ein Greifbares und ein Ungreifbares, ein Endliches und konkret Bestimmbares wie jede politische Wirklichkeit mit einem Unabsehbaren vereinheitlichen? Und wie kann von solcher Einheit" gar eine Linie zur Auflsung harter, konkreter - sozialer Problematik fhren, anders als in einer schwimmenden Unwirklichkeit?

    Und dennoch glauben wir dieses abenteuerlichste Verfahren zugleich als das realste und nchternste, ja als das einzige aufweisen zu knnen, wofern es nur gelingt, einesteils fr den Endglligkeitscharakter, der in temporren und scheinbar noch so variablen Perioden beschlossen liegt, den Blick zu ffnen, anderenteils die beiden fraglichen Begriffe so weit zu przisieren, da sie exakt zu handhaben sind. Das erste bedeutet eine rechnungsmige Aufrollung und Abschtzung der objektiven Mglichkeiten staatlichen und sozialen Geschehens, das zweite den Zugang zur Praxis.

    Es gilt vorerst, die Art der Geistesverfassung anzugeben, von der aus diese-ja nur berblickhafte berlegung allein mitzumachen ist, ohne im Vorhinein an tausend Einwnden zu ersticken, denen der weitere Rahmen vorbehalten ist. Das ist diejenige Einstellung, die ein Maximum an Hoffnungslosigkeit enthlt: aus-allen Elementen und Faktoren der gegenwrtigen oder v e r g a n g e n e n

  • poli t ischen Erfahrung jemals eine ethisch befr iedigende O r d n u n g menschl ichen Zusammendaseins entstehen zu sehen ohne den A n s p r u c h darauf aufzugeben oder (was 'dasse lbe ist) in die F e r n e zu ver tagen eine Einstellung, die also in denkbarster Kraheit das Gegen-einander dieses Dilemmas, das Problem in seiner wirklichen Gespanntheit spren lt. Somit wendet sich dieser Gedankengang zuerst an die, welche in den politischen Fakten dieses Menschenalters keine ethisch-produktiveren Krfte finden als in denen der vergangenen und fr die Geschichte" nur den Sinn hat Ge-schichte des Fehlschlagens". Geschichte als das von der ethischen Norm Ab-stechende ist ein Ablauf, dessen Stigma Milingen ist (whrend Mythos ein Ablauf ist, dessen Stigma Gelingen ist).

    Die hieraus folgende fundamentalste Voraussetzung alles Weiteren ist: jede scheinbare Annherung" an einen irgendwie idealen Zustand" als ein Auf-der-Stelle-treten zu durchschauen und jedes dahin-zielende Manver auf das schrfste abzulehnen. Annherung" ist der jeder Generation freistehende Einwand gegen das Ansinnen, eine Idee oder einen ethisch geforderten Inhalt in ihrem Menschen-alter und restlos zu realisieren. Hier spielt die moralische Empfindung dafr hinein, ob ein endgltiger ethischer Status gleichsam ein hohes Verdienst" der Menschheit vorstelle, folgeweise ein Ziel, nach dessen Erreichung eine Vollkommen-heit statuiert sei, die einem andauernd vorschwebt", die also nicht anders als in fernster Zukunft gedacht werden kann, weil man offenbar sich nicht vorstellen kann, was man nach Verwirklichung von Idealzustnden" mit der Welt noch anfangen sollte - es spielt, sagten wir, hier die moralische Empfindung dafr hinein, ob die Welt in einem Erfllungsstadium aufhre oder anfange. In der Tat fehlt das zur Konkretisierung jeder Absicht vorher notwendige Erfahrungs-bild im Geiste" fr die Situation . nach Idealzustnden, und d a r u m sind, sie unerreichbar". Ganz ernsthaft aber ist Kampf, Streit, Disharmonie und ihre Be-seitigung ein Inhalt, ein Erfahrungsgehalt, whrend eine Endgltigkeit scheinbar keinen weiteren Raum lt es sei denn fr Wiederholungen. Den Idealzustand' sofort zu denken das ist ein anderer Ausdruck fr lcherliche und undiskutier-bare Absurditt fr diejenige Daseinsempfindung, der damit das Ende der T a g e g e g e b e n schiene. Umgekehrt aber ist derjenigen Geistesverfassung, die auch nach einer vollkommenen Situation Inhalte anzugeben vermag, der Ideal-zustand kein Endpunkt, berhaupt keine Angelegenheit, der man sich in endlosen Generationen annhert" sondern eine unausweichliche Voraussetzung, deren Erfllung kein Verdienst", sondern deren Nichterfllung das Maximum an ethischer und sonstiger Minderwertigkeit vorstellt, das in der Welt berhaupt aufzutreiben ist Diese Ansicht wird vorausgesetzt Diese Ansicht aber wird von einer Bewegung geteilt, welche die Aufrichtung ethisch normhafter Zustnde ebenfalls fr eine bloe Voraussetzung ansieht, aber nicht in der Lage ist anzugeben, fr welche Inhalte sie

  • die Voraussetzung ist Das ist der Kommunismus und Anarchismus jeder Schattierung. Kommunismus sieht wenigstens das Zeit-Problem sozialer Vernde-rungen in der hier bejahten berzeugung, da Menschen nicht ntig haben; sich als Objekt menschlichen Geschehens anzusehen, menschlichen Dingen wie naturhaften gegenberzustehen, gleichsam sich (wie man sein soll) dem sich (wie man ist) unterzuordnen er sieht den ethisch geforderten Status, den ganzen, und nicht nur ein Stckchen seiner als augenblickl iche Forderung an, d. h. er bezieht eine eventuelle Ruhepause im Erreichen nicht schon im Vorhinein in sein P r o g r a m m ein, insofern er es garnicht erst auf einen Bruchteil, auf ein Scherflein" und eine .Annherung" einstellt . Die annherungsweise Erlangung eines im Geiste vorgesetzten Zustandes ist das Erzeugnis einer n a c h h e r i g e n An-schauung des Weges von der Absicht bis zu ihrer Konkretisierung: die r c k -schauende Betrachtung einer Linie, die zu einem erreichten Punkte fhrt, kann Annherungs-Abschnitte feststellen aber die Absicht kann diese Annherungs-Punkte nicht wirklich einbeziehen, sonst stellt sie garnicht echt, sondern nur scheinbar auf den Zielpunkt, in Wahrheit auf den ersten Zwischenpunkt ab. Be-zieht schon die Absicht oder der Wille die Ruhepausen zwischen den Etappen in das Programm ein, so bejaht er mehr als zulssig die Widerstnde der wider strebenden Materie, die auf alle Fl le zu verneinen seine einzige Aufgabe ist -eine Verneinung, deren speziellen Modus zu finden die Aufgabe der Vernunft ist. Das Annherungs "-Verfahren ist mithin eine bertragung der historischen Denk-weise auf teleologische Verhltnisse. Rein ethisch ist im Verlaufe der rationalen Geschichte nach der zuvor angenommenen Perspektive keine Annherung an einen ideengemen Zustand jemals zu konstatieren (das beweist allein die Tatsache da es ein vernnftiges" Geschichtsprinzip empirisch-wissenschaftlich d. h. anders als in philosophischer Spekulation nicht gibt) rein causal i ter sind nur Annherungen an irgendwelche mehr oder weniger willkrlich herausgehobenen Geschichtssituationen festzustellen. Folglich streichen wir sowohl aus logischen wie empirischen Grnden das Prinzip des Annherungs-Verhaltens aus dieser Einstellung.

    Die hier nur als Resultat formulierte Erkenntnis der vlligen Unbrauchbar-keit aller tatschlichen politischen Gebilde und Tendenzen fr irgendeine unheil-lose Ordnung, sofern sie von unpathetischer und realer Berechnung erwartet werden kann, hat sich zuvor unter eben diesen Gebilden und Tendenzen umblicken mssen. Sie hat vor allem feststellen mssen, da jede sogenannte P a r t e i das Stigma des Unzulnglichen in eminenter Weise trgt. Schon deshalb, weil jede ein Bruch-stck von Richtigem enthlt: ein Bruchstck, das sich dennoch nicht mit den anderen zur ganzen Wahrheit zusammensetzen" lt. Dieses Zusammensetzen nmlich ist ja Ursache wieder einiger Parteien: der vermittelnden" - und gerade diese zeigen in ganzer Schrfe die Unmglichkeit, entgegengesetzte Prin-

  • zipien, wie auch immer, einander zu akkomodieren. Daher denn auch die extremsten Ausdrcke der Parteiung, die ultra-konservative und die u l t r a - r e v o l u t i o n r e , logisch genommen die diskutabelsten sind. Immerhin halten diese beiden Prin-zipien einander mit Recht die schwersten Fehler vor, die man nimmermehr dadurch vermeidet, da man, wie die Mittel"-Partei jeder Art tut, beide Prinzipien da-durch eint, da man beide aufgibt. Sollte nmlich in der Tat die Wahrheit darauf angewiesen sein, Entgegengesetztes zu vereinen, so knnte diese Vereinigung niemals auf Kosten des Entgegengesetzten geschehen, vielmehr wre sie wohl oder bel gentigt, einen Ausdruck darzustellen, der zwar eine Einheit vorstellt, in der aber das ehemals Entgegengesetzte jedes voll und ganz aufrecht erhalten ist. Das drfte, wenn auch nicht unlsbar, so doch schwieriger sein, als zu ver-mitteln", indem man die zu vermittelnden Forderungen fallen lt oder was dasselbe ist, sich nicht festlegt". Vor die Aufgabe gestellt, zwischen der Bedingung, ein Dreieck zu zeichnen und der entgegenstehenden Bedingung, gleichwohl eine Figur, deren Winkelsumme grer als zwei rechte sei, zu zeichnen der Aufgabe, in dieser Alternative zu .vermitteln", entzieht man sich nicht, indem man ein Viereck zeichnet, sondern man kann ihr nur gerecht werden, wenn man die ganze E b e n e der Planimetrie verlt , und ein sphrisches Dreieck zeichnet. Dieses .die ganze Ebene verlassen" hat, wie sich herausstellen wird, fr jeden Fall schein-bar unvereinbaren Widerstreits eine mehr als gleichnishafte Bedeutung.

    Jede Parteideduktion enthlt ein Gemenge von Richtigem und Falschem, je nachdem, ob sie prinzipielle oder konkrete Gegebenheiten meint, wobei in anti-podischen Parteien Irrtmer oder Unterschlagungen faktisch schematisch berkreuz zu ordnen sind. Ist etwa die Wert-Ungleichheit der Menschen eine kaum bestrittene Tatsache und die aus ihr folgende Notwendigkeit des Gegl ieder t -se ins von Menschen-Gesamtheiten eine schwer abweisbare Forderung, so wird diese prinzipielle Forderung, deren Evidenz konservative Parteien fr sich aus-zunutzen pflegen, sofort zu einer Absurditt, wenn die konkrete Gliederung in Augenschein genommen wird, die nach allen andern als Wert-Mastben vor-genommen zu sein scheint, und deren gleichfalls evidente Unsinnigkeit von jeder Art vojksherrschaf t l i cher Bestrebung dazu mibraucht wird, das.Prinzip zu leugnen und eine Gleichheit zu stabilieren, die zwar insofern wirklich ist, als sie den konkreten Klassifizierungsstatus Lgen straft, auerhalb desselben aber weder !voihanden noch ethisch legitimiert ist

    In Wahrheit aber lst sich alle Parteitheoretik, wenigstens was die gegen-wrtigen Kulturvlker angeht, fr den auf moralische oder philophische Funda-menticrung Ausgehenden auf in ein vorgeschobenes Gerede zur Sttzung der allein motivierenden wirtschaftlichen Interessen. Die Wirtschaft" ist der bei weitem umfangreichste und plausibelste Erkirungsgrund fast smtlichen politischen Verhaltens, der Schlssel zu jeder Manahme jeder Partei, zu jeder uerung,

  • mag sie auch noch so abstrakt anheben. Mehr oder weniger offen auch partei-theoretisch zugestanden, besteht das wirtschaftliche Interesse" der Saturierten in Verteidigung des Erreichten, der Ordnung", Konservativismus, das der Enterbten im Umstrzen des Bestehenden, revolutionrer Bewegung, das der Dazwischen-stehenden in geringer Umnderung. Das Problem jeder Partei besteht blo darin, ihr Privatinteresse so a l l g e m e i n g l t i g als irgend mglich zu formulieren, gegebenenfalls sogar faktische Kompromisse zu schlieen, an deren Ende jedoch jedesmal die bestimmende Absicht einer bestimmten wirtschaftlichen Schicht steht.

    Das wirtschaftliche Interesse ist mit einer solchen Wucht auf allen Wegen moderner Politik entscheidend, da der Feststellung kaum Widerspruch begegnen wird: da, unerachtet des Bestehens eines Komplexes nicht-wirtschaftlicher Beweg-grnde, es doch die A u s n a h m e ist, wenn das wirtschaftliche Interesse nicht die Richtung anweist.

    Politik das heit heute im wesentl ichen: W i r t s c h a f t Wir wollen nicht den Geist gegen das Materielle" in dem Sinne ausspielen, da wir dem Materialismus" die blichen Vorwrfe machen und ihm gegenber auf die ideellen Gter des Lebens weisen und eine Rettung in einer Abkehr vom Materiellen und im Geistigen eine Zuflucht erblicken. Wir haben keineswegs die Ab-sicht, eine Alternative: Krper oder Geist aufzustellen. Wir wagen sogar die uerung, da wir kaum der Wichtigkeit, die dem Materiellen, mehr oder weniger bertragen: krperhaften Interesse der Menschen zuerkannt wird, Abbruch tun wollen. Wir wollen nur feststellen, da dieses Interesse nicht vertreten und nicht wahrgenommen werden kann von ihm selbst. Wir wollen eine der Grund-tendenz heutiger Politik widersprechende und ihr ungeheuerlich erscheinende Um-kehrung zum Ausdruck bringen: als vllig selbstevident scheint heute zu gelten, da niemand anders als der Interessierte selbst sein Interesse wahrnehme. Wir wollen dem die Mglichkeit entgegenstellen, da der Interessierte selbst absolut unzustndig sei, sein Interesse zu vertreten, wenn er sich inmitten eines Interessen-chaos befindet. Aber, wird man entgegenhalten, die Unzustndigkeit des Inter-essierten selbst wird ja korrigiert durch das G e g e n - I n t e r e s s e , das, gleichviel nach welchem Vertretungssystem, seinem Umfang entsprechend in die Regierung gelangt in der sich Interessen und Gegen-Interessen so ausgleichen mssen, da der objektiven Gerechtigkeit Genge geschieht Hierzu ist zu sagen: das, was heute Regierung heit, ist selbst im gerechtesten Falle der Schau-platz des verkrzten Interessenkampfes und das verkrzte Bild der Macht -quanten, die im Staate unverkrzt toben. Woher sollte aus dieser bloen Verkrzung ein ethisches Moment gewonnen werden, d. h. wie sollte durch die Umwandlung des direkten Widerstreites der Wirtschaftsschichten in den ihrer Ver-treter der Charakter des Kampfes beseitigt werden, in dem der Strkere siegt, der Schwchere unterliegt Der Charakter des Kampfes soll garnicht beseitigt

  • werden, das Zeichen des friedlichen Kampfes ist das Kompromi, auf das sich die Partner einigen mssen, wird behauptet werden. Nun, der friedliche Kampf" oder das Kompromi, das Hauptelement heutiger Politik, ist der latente offene; Kompromi ist immer, mu immer aufgeschobene Vergewaltigung sein Kompromi ist die momentane Einigung zweier Feinde, weil die berlegenheit des einen nicht ausreicht; Kompromi ist das, wenn auch noch so sehr alle offene Gewalt verschmhende, dennoch in der Mentalitt der Gewalt liegende Produkt, weil die zum Kompromi fhrende Strebung nicht von sich aus, sondern von auen, eben von der Gegenstrebung, motiviert wird, weil aus jedem Kompromi, wie freiwillig auch immer aufgenommen, der Zwangscharakter nicht weggedacht werden kann. Besser wre es anders", ist das Grundempfinden jeden Kom-promisses. Das Kompromi oder die Resultante aus einander widerstrebenden wirtschaftlichen und politischen Tendenzen ist zwar der Ausdruck der augenblick-lichen Kraft-Verteilung, aber nie der Ausdruck einer ethisch normierten Situation. Denn diese ist nicht mit dem Kompromi identisch, es sei denn, da man als Mastab des Rechts Macht oder Machtausgleich setzt. Dann aber trgt das Recht zugleich die Verantwortung fr alle Katastrophen, die die Macht-Verschiebung bedingt, und wir, die wir das gnzliche Fernsein irgendwie vernichtender Um-wlzungen als d;as Symptom einer moralischen Ordnung aufstellten, knnen diese Identifikation von Recht und Macht nicht vornehmen lassen knnen somit den Kampf, auch nicht den friedlichen, das K o m p r o m i , in keinerlei Gestalt als Vertreter der Gerechtigkeit fungieren lassen.

    Wir mssen dem Begriff des Krfte-Ausgleichs, des Kompromisses, hier wenigstens andeutungsweise die Vorstellung einer anderen Mglichkeit entgegen-stellen, gem der ein Krftekomplex sich verhalten kann: es knnen Krfte, sich subtrahierend oder verstrkend, sich irgendwie mechanisch ausgleichen" - und es knnen Krfte sich so ausgleichen, da sie ein System bilden. Das Krfte-System ist das Gegenstck des Krfte-Kompromisses. Ein Krfte-Kompromi im Sinne des Ausgleichs oder der Kraft-Resultante gibt es berall in der Natur, auch in jeder noch so gewillkrten und chaotischen Konstellation das Krfte-System nur im Falle des Organismus. Beim Krfte-Ausgleich wirkt.jede Kraft rein von sich aus und wird erst im Treffpunkt von den anderen beeinflut, gehemmt oder gefrdert, der Ausgleich wirkt mechanisch beim Krfte-System wirkt jede Kraft so, als ob die anderen von v o r n h e r e i n in sie einbezogen wren, wirkt jede Kraft so, als ob eine Realitt des A u f - E i n - M a l aller beteiligten Krfte vor jeder einzelnen existent und wirksam gewesen wre, eine Realitt des Zusammen, von der aus eine die einzelnen Krfte differenzierende und ordnende Tendenz ausgegangen wre - als ob jede Kraft gleich, im Beginn, im Ents tehungspunkt die Wirkung und Beeinflussung aller anderen erfahren htte so entstehen sie gleich geordnet, der Ausgleich wirkt organisch.

  • Dieses Moment der Beeinflussung vor der Entstehung, der ganzen Realitt vor der einzelnen, l iegt nicht innerhalb des Bere ichs der einzelnen Krfte weil diese eben als Einzelheiten Verselbstndigungen sind, die sie nicht htten werden knnen, wenn sie nicht nacheinander als Elemente der Entwicklung" auf den Plan getreten wren, um irgendwann mechanisch auf ein-ander zu prallen weil eben diese Einzelkrfte Verselbstndigungen sind, die sie nicht htten werden knnen, wenn sie als im Vorhinein, gleichzeit ig einander bestimmende Tendenzen aufgetreten wren, die sich wie Organelemente htten zueinander einstellen mssen. Der Schauplatz eines solchen ursprnglichen Zusammen der Einzelkrfte aber wre im Anbeginn ein geistiger gewesen: ihr organisches Gefgtsein wre in einer C o n c e p t i o n vorerst existent gewesen.

    Die Ganzheit ist aus dem ganzen Umkreis der Teile nicht zu ermitteln, weil die Teile verselbstndigte Teile sind.

    Exemplifizieren wir diesen allgemeinen, in groben Umrissen angegebenen Gedankengang auf den konkreten Sachverhalt, so ergibt sich:

    Die Tendenzen der Wirtschaftswelt zeigen sich als im Konflikt befindlich. Also sind es selbstndige Krfte, die sich bestenfalls im Zustande mechanischen Ausgleichs halten.

    Aus diesen Selbstndigkeiten aber lt sich ihre ursprngliche Ganzheit oder ein Analogon ihres organhaften Zusammen deshalb nicht mehr ermitteln, weil die Tendenzen als Konflikt ermglichende d. i. als Selbstndigkeiten e i n e andere Gestalt und eine andere Richtung angenommen haben, als sie im Zustande ihrer organischen Verbundenheit aufgewiesen htten.

    Aus keiner Kombination oder Permutation der Partei-Tendenzen kann eine normative Ordnung des Wirtschaftsganzen je sich ergeben, weil das, was ihnen Wirtschaft heit, mehr oder weniger eine Konjunkturformel sein mu und das, was in W a h r h e i t Wirtschaft ist, nicht aus den Einzelerscheinungen der erkrankten Wirtschaftswelt ableitbar ist, sondern, wie jede organische Ganzheit, selbst wieder nur aus einer a u e r h a l b ihrer liegenden Zweckvorstellung begriffen und vollzogen werden kann.

    Das heit: Das P r o b l e m der Wir tschaf t - das Hauptthema aller menschlichen

    Kmpfe ist innerhalb seines eigenen Gebiets nicht zu lsen. Aber es ist auch mit- dem Geist" nicht zu lsen.. Es ist in letzter Zeit in Deutschland und auerhalb der Versuch gemacht

    worden, die politische Chaotik dadurch zu reparieren, da man sich auf die Forderung Piatons besann und das von Natur aus selbstverstndliche Gebot, da der Vernunft" auch die Herrschaft" zukomme, dadurch in die Realitt zu bersetzen trachtete, da man den Geistigen" auch irgendwie die Macht zuzuerteilen gedachte.

  • Dieser rein logisch unbezweifelbar einwandfreie Gedanke war und mu nur deshalb zu vlliger Sterilitt verurteilt bleiben, weil die intensivst erforderliche Einsicht fehlte, da ein solcher Versuch zwar einer richtigen Idee entsprechen wrde, diese aber absolut formal sei.

    Denn so sicher der Geist" der Inbegriff aller Lsungen aller Fragen ist, so sehr hngt jede konkrete Lsung von einem ganz bestimmten Inhalt dieses sonst ganz formalen Inbegriffs ab und so sicher ist dieser Inhalt n i cht : die faktische Gesamtheit der empirisch vorhandenen Geistigen*. Durch deren Sammlung wrde fr den Geist bestenfalls etwas wie eine Atmosphre" ge-schaffen, bessere Arbeitsbedingungen ein Vorteil, der hundertfach zu teuer bezahlt wre durch die so bestechende wie alles vernichtende Vorstellung, da die so gesammelten Geistigen sich nur angelegentlichst mit Politik zu befassen brauchten, damit die Leitung menschlicher Angelegenheiten in der Tat den denkbar besten Hnden anvertraut sei. Hier werden nmlich die relativ mehr oder minder Geistigen, bestimmte empirische Personen, an die Stelle gesetzt, die logisch, dem Geist" zukommt, eine Verwechselung, die durch das banale Sophisma: der Geist" existiere eben nur in einzelnen konkreten Personen, gesttzt wird. Die Banalitt, da geistige Realitten ohne empirische Trger nicht vorstellbar sind, wird dazu benutzt, um zu dem Schlu zu verfhren, da man Geist sammle, wenn man die Trger addiert Da nun aber jede mgliche Sammlung, Potenzierung des Geistes" als solchen vllig die Angelegenheit eines psychischen Innen ist und somit auf einer gnzlich anderen Ebene vor sich geht als die Beziehungen der physischen Geistigen" nmlich auf einer psychischen oder D e n k ebene und nicht auf einer irgendwie ueren" so erhellt zunchst, da eine Sammlung der Geistigen zur Steigerung des Geistes bestenfalls eine Beziehung hat wie etwa eine gute Arbeitsstube" zur Lsung eines Gedankenganges. Geist mu gesammelt > werden, um nach auen zu treten. Vllig richtig. Aber diese Sammlung geschieht nicht in der jenigen Sphre, in der sich die physiologischen Verkrperungen" geistiger Begebenheiten aufhalten. Aber, so argumentiert der sogenannte Aktivismus, es kommt auf Potenzierung des Geistes als solchen ja garnicht oder hchstens insofern an, als es zur Bewltigung praktischer Probleme vonnten ist Dazu ist zu sagen: es ist jene gnzlich f o r m a l e Auffassung von Geist, welche die Gleichsetzung von Geist und Geistigen" mglich macht. Die Geistigen sind Personen, welche eine Beziehung zum Geist, d. i. zum uersten

    . denkbaren Steigerungspunkt geistiger Bewegungsmglichkeiten, aufweisen. Diese Beziehung uert sich weitaus am hufigsten unpolitisch. Es ist nun auf keine Weise einzusehen, wie jene unpolitische Beziehung zum Geist dazu fruchtbar gemacht werden sollte, gerade politische Werte zu produzieren. Diese Art Geistigen sind quoad Politik um nichts zustndiger als politische Fachleute, denen aber diese unpolitische Beziehung zum Geist fehlt. Und diejenigen

  • Geistigen, die eine politische Beziehung zum Geist aufweisen, sich also politisch bettigen, werden, wie dargetan, durch Z u s a m m e n s c h l u ihre geistige Be-gabung nicht vertiefen. Aber es soll nichts vertieft werden, meint der Aktivis-mus, es soll gewirkt werden. Man besinne sich: zum Wirken gehrt ein Angriffspunkt, der ein Berhrungspunkt ist zwischen Wirkendem und Material. Wenn zwischen einer geistigen Norm oder einer geistigen Haltung einerseits und den Faktoren der Erfahrungswelt andererseits ein Abstand klafft, der eine direkte Berhrung nicht zult, so kann m o m e n t a n nicht gewirkt werden wenn man die geistige Haltung nicht verlt und Realpolitik" treibt. (Ein umfassendes Beispiel bietet etwa die Geschichte der Sozialdemokratie) Diese Realpolitik ist das, was allenthalben bereits betrieben wird, und sie stellt schon den Abstieg dar aus jenen der Menschheit ja nicht unbekannten geistigen Haltungen. Der Aktivismus w 11 noch einmal verkrzt dieses Herabsteigen ad oculos demonstrieren. .Geist" heit ja gerade: Nicht-Wirkung, wenn praktisches K o m p r o m i er-forderlich, heit: Bewahren des R i c h t u n g s p u n k t e s bis zur Wirkungs-Mglichkeit. Geist, der wirkt ist unversehens Realpolitik" und unterscheidet sich in nichts von der betriebenen. Geist ziplt nicht berhaupt auf Unwirksamkeit und Esoterik, sondern nur so lange als Wirkung Zugestndnis bedeutet. Und da ohne Zugestndnisse ein angriffsloses Visavis von Norm und Erfahrung besteht, kann kaum bestritten werden.

    Aber man vergegenwrtige sich doch einmal: was bedeutet denn diese viel gebrauchte Vorstellung geistig", wenn es sich um Bearbeitung politischer oder wirtschaftlicher Materie handelt? Was heit geistige Behandlung" sozia'er Proble-matik? Hier sind zwei Faktoren: die politisch-wirtschaftlichen Gegebenheiten und das geistige Vermgen. Dem geistigen Vermgen kann einzig und allein die Aufgabe zufallen, diese Gegebenheiten in einer Weise zu ordnen, nach Ursache und Wirkung in tausenderlei Gestalt einzuteilen und diese Geteiltheiten so zu rangieren, da die also hergestellte Ordnung reibungslos luft. Das aber versucht die politische berlegung seit Menschengedenken. Aber es mu geistig" versucht werden. Was bedeutet geistig? Bedeutet es durch einen geistigen Menschen"? und es knnen nur die bisher Unpolitisch-Geistigen gemeint sein so ist wahrhaftig die Hoffnung gering, etwa von einer Befhigung zur Gefhls-gestaltung die Ordnung wirtschaftlicher Phnomene zu erwarten. Denn der dem so Befhigten eigene Grad von Kultur, von Menschlichkeit", welcher der Politik gut tte, ist es ja gerade, der den also Ausgezeichneten unpolitisch macht, weil zwischen seiner geistigen Einstellung und den Tatsachen jener Ri klatft, der ihn ahnen oder wissen lie, da seine Menschlichkeit" auf dem Wege vom unwirksamen Geist zu den Bedingungen der Wirtschaftswelt sich in Nichts verwandle, oder, aufrecht erhalten, sich in jenen weiterhin unwirksamen Beschwrungen der Allgemeinheit ausdrckt, die man aus den uerungen der

  • politischen Dichter" kennt, und die malos verschieden sind und sein mssen von der uersten politischen Produktivitt, die das Ganze der sozialen Komplexe begreift. Denn es lt sich zeigen, da gewisse normative, psychologisch und ethisch begrndete Einzel-Forderungen, die zu den Situationen der aktuellen politischen Welt kontrastieren, - da solche Einzelforderungen, wie sie von geistigen Menschen, die sich der Politik zuwenden, auszugehen pflegen, sich zwar in einem Einzel-Gesetz formulieren lieen, - da aber die Durchfhrung solchen Gesetzes die ganze aktuelle politische Welt revolutionierte, und von einer Einzel-Schwierigkeit zu prinzipiellen fhrt, weil nicht zwei Einzelheiten, nicht Symptome, sondern ganze Ebenen gegeneinander stehen. Das bedeutet, da hier nichts geschieht, wenn Dichter oder Wissenschaftler sich sammeln und politisch werden hier, wo der politische Genius selbst beansprucht wird. Die uere Sammlung" der Geistigen aber als das Moment geistiger" Politik einzustellen, ist, abgesehen davon, da es genau so anfechtbar, wie der Gedanke des Parlamentarismus berhaupt - ist, wie ausgefhrt, jene Verwechslung, welche Internationale des Geistes* sagt und Internationale der Schriftsteller" bedeutet.

    Oder heit geistig eine besondere Methode der Behandlung politischen Materials? Dann knnte es nur den Sinn eines logischen Verfahrens haben. Hier aber ist nicht das Gebiet der reinen Logik, da durch Begriffe und Schlsse richtig" und falsch" entschieden wird. Da die Linien der Kausalitt, nicht wie sie verlaufen, sind logisch regelbare Angelegenheiten, und die Logik ist so durch und durch Allgemeinwissenschaft, da sie fr ein Spezialgebiet zu einem Sonder -verfahren gestalten zu wollen, zu einem leeren Prunken mit einer unkonkretisier-baren ber-Berechtigung werden mu.

    Das Prdikat geistig" als Attribut der Politik bezeichnet also eine leere Wnschbarkeit und eine ethische Forderung wie das Postulat gut" so lange unter den Bedeutungen, die ihm seine Erfinder gaben, kein reales Agens zur Bewltigung hchst drastischer und gefhrlicher Notlagen enthalten ist. Es ver-flchtigt sich zu einem formalen Erfordernis.

    Geist als solcher ist nichts Hinzukommendes, heit nur das formal richtige Umgehen mit den Gegebenheiten, und die Unmglichkeit, eine katastrophenlose Ordnung dieser herzustellen, kann an den Gegebenhei ten liegen oder an dem Nicht-Vorhandensesin anderer. Wie eine Aufgabe unlsbar sein kann, wenn die Zahl der bekannten Fakioren zu klein und die der unbekannten zu gro ist, so kann die Unlsbarkeit des politisch-wirtschaftlichen Problems daran liegen, da die Faktoren, ;die in Ordnung gebracht werden sollen, so, wie, sie sind, nicht ausreichen. Nicht, als ob neue wirtschaftliche Fakten zu eruieren seien - es knnte sein, da das gesamte Wirtschafts-Gefge deshalb nicht in Ordnung gebracht werden kann, weil es als ein in sich geschlossenes, ruhendes Ganzes

  • betrachtet und in Angriff genommen wird, whrend es in Wirklichkeit eine (als Ganzes) a b h n g i g e G r e ist.

    In dem blo-wirtschaftlichen Material finden sich diejenigen Elemente, welche machen, da alle anderen zueinander passen, nicht, und in der zu dieser Wirt-schaftswelt gehrenden geistigen finden sie sich auch nicht

    Denn und dies ist ein Sachverhalt von einer vielleicht anfangs befremd-lichen, indessen kaum zu berschtzenden Bedeutung -: Diese Wirtschafts-welt und diese scheinbar doch ganz heterogene geistige Welt mit-samt allen ihren das Wirtschaftsdasein revolutionierenden Forderungen, mitsamt allen ihren scheinbar materie-femen Bettigungen bedingen einander.

    Das will sagen: wenn das g e i s t i g e Verhalten, das wir als in einem Um-kreise herrschend beobachten knnen, der weif ber den Unterschied von Ge-bieten" oder Strmungen oder Richtungen" innerhalb des Geisteslebens hinaus-geht, nicht ein best immtes St igma aufwiese (zu dessen bloer Sichtbarmachung schon die Aufstellung eines anderen Types geistiger Mglichkeit notwendig ist und hier versucht werden soll), das es in der Tat aufweist , so knnte diese uere Ordnung der Dinge nicht diese totale Unberhrbarkei t von geistiger Motivation aufweisen, die sie in der Tat aufweist Da das Prinzip der Herr-schaft des Geistes" in formaler Weise richtig ist, so mu diese vollkommene Unangreifbarkeit der materialen, politischen, wirtschaftlichen Welt durch den Geist" daran liegen, da es keine inhalt l iche geistige Wesenheit gibt, wie weit man auch diesen tatschlich vorhandenen Bereich geistiger Gegebenheiten durch-luft die diesen ueren Komplex sogleich zu bewegen vermchte.

    Da sich vom Geist her nichts faktisch ndert, so mu geschlossen werden: Dieses Wir tschaf tschaos und diese geis t ige Welt passen zusammen. Es findet sich in dieser kein eingreifendes Motiv (auer dem allgemeinen, formalen).

    Woran liegt das? Es liegt daran, da die magebende geistige Einstellung, die durchgngig

    ist und die mit dem konkreten Dasein dieser Epochen bereinstimmt, die ist: da alle geistige Wirkung keine a u g e n b l i c k l i c h e nach Art der krperlichen, sondern eine an Unsichtbarkeit grenzend ferne und allmhliche ist: da mithin geistige Faktoren nur nach langen Ablufen irgendwie merkbar und wertbar, materielle Faktoren aber augenblicklich und sofort einsetzbar und wirkend gewertet werden: da somit allem Geistigen eine zeitliche Nachtrgl ichkei t eigen sei, der die Regelung des Krperlichen zeitlich voranzugehen habe: da Krper-haftes berall die Notwendigkeit m o m e n t a n e r Regelung zeige, demgegenber Geistiges jedweden unbestimmten Aufschub vertrage.

    Diese Auffassung ist im innersten identisch mit jener, da das Geistige nur der berbau" der materialen Welt sei, deren eigentlich bestimmende Mchte in ihr selbst lgen.

  • Aber die gegenteilige, .idealistische" Perspektive, da der Geist" es sei, der die bewegende Kraft bedeute, macht es sich zu leicht, wenn sie die Wirkung dieses bewegenden Agens schlielich und endlich" einmal in mehr oder weniger ferner Zukunft erwartet . Denn mit der Aberkennung der sofor t igen Wirkungsfhigkeit des Geistigen mu dieses wohl oder bel zum unnotwendigen berbau werden, mgen auch die .Idealisten" noch, so intensiv das Gegenteil behaupten. Was nicht in bestimmten Sachlagen sofort da ist", ist berhaupt nicht da, mu bei der Ordnung der wichtigsten Sachlagen unausweislich ver-nachlssigt, d. i. zum berbau" werden.

    Der Geist, als etwas N i c h t - A u g e n b l i c k l i c h e s an Wirkungsfhigkeit ver-standen, ist das Stigma, das diese gesamte" geistige, kulturelle Welt zeichnet und sie zu etwas der augenblicklichen Eingriffs-Fhigkeit und Notwendigkeit des krperhaften Daseins" N a c h g e o r d n e t e m macht und zu etwas allen Ver-renkungen und Erkrankungen dieses krperhaften wirtschaftlichen" Daseins ein-griffsunfhig Gegenberstehendem, zu etwas im Effekt dazu Passendem.

    Aber man wird entgegenstellen: das sei nicht das Stigma dieser geistigen Welt, das sei. das Stigma des Geistes berhaupt, als solchen auf eine andere Weise als mehr oder weniger allmhlich und ferne zu wirken, sei smtlichen Mitteln des Geistes berhaupt unmglich Geist heie im Gegensatz zu Krper: Fernwirkung.

    Darauf antworten wir: Sollte dies so sein, sollte diese Fernwirkung" auch zeitlich unumstliches Gesetz sein, so gilt es, sich darauf gefat zu machen, da die krperhaften, materiellen Bewegungen vom Geist b e r h a u p t niemals eingeholt werden.

    Es gibt keinerlei exakten Anhalt dafr, da sich nicht stndig und ewig krper-hafte Notwendigkeiten vor geistige Erfordernisse drngen und diese in infinitum hinausschieben, es gibt abgesehen von einem transzendentalen Dogma von ewiger Weltverbesserung keinerlei Garantie, mit Sicherheit aber keinerlei hand-habbares Moment dafr, da unter dieser Perspektive nicht das Chaos in Permanenz erklrt wird samt allen theoretisch ungeheuerlichen Konsequenzen, die bis zur Selbstaufhebung jeder Geltung fhren.

    Man gewhne sich, in Alternativen zu denken, und hte sich, Unmglich-keiten" zu stabilieren, deren antipodisch entsprechende Mglichkeit" nur zu Ende gefhrt, noch nicht einmal denkbar ist.

    Wir werden also, von undenkbaren Folgerungen gentigt, eine Weile bei der Erwgung von Mglichkeiten zu verharren haben, die, wenn auch zu einem Teil als Aussichtslosigkeiten verschrieen, dennoch eigentlich niemals wie es doch bei echten Aussichtslosigkeiten sein mte zu Gleichgltigem und zu Nichts geworden sind, sondern, wenn auch problematisch, immer dringend dagewesen sind: der Mglichkeit einer unmittelbaren und augenblicklichen geistigen Wirk-

  • samkeit, einer Eventualitt, die allerdings aus einer Realittsempfindung stammt, die unter den Krften, die diese Kulturwelt ausmachen, nicht anzutreffen ist

    Die Mglichkeit geistiger Momentanwirkung ist mithin unerllich oder: es ist logische Anarchie zu gewrtigen.

    Es entsteht die Frage nach dem Paradigma einer solchen Wirkung. Es zeigt sich, da nur ein Fall eines sogleich sichtbaren Effekts geistiger Einwirkung bekannt ist: der der physiologischen Beherrschung des Krpers durch geistige Momente auf dem ganzen brigen Felde des Geistes" aber nichts der-gleichen bekannt ist.

    Es gibt also eine solche Gegebenheit, aber sie gehrt nicht in die Politik. Gibt es nun im ganzen Umkreis des auerphysiologischen Bereichs keinen

    Anhalt fr eine Eingriffsmglichkeit des Geistes in die Dinge der menschlichen Auenwelt nach Art des Krpers?

    Wir mssen antworten: es gibt keinen wenn nicht die Natur", das N a t u r g e g e b e n e des psychophysiologischen Phnomens modifizierbar , b e h a n d e l b a r ist.

    Hier ist ein kritischer Punkt von kaum berschtzbarer Wesentlichkeit: eine Stelle, an der Tatsachen" auf ihre Tatschlichkeit" hin zu berprfen sind. Daher ein Punkt jahrhundertelangen Stockens.

    Worauf kommt es an? Es mu dem Wirken des Geistes die Mglichkeit gegeben sein, mit der

    gleichen Unmittelbarkeit, mit der gleichen unzweifelhaften, unmetaphorischen Drastik und Pltzlichkeit da zu sein wie dem des Krpers sonst verbrgt nichts das Aufhren seiner ewigen Nachtrglichkeit

    Augenblicklich einsetzbar aber ist nichts absolut Krperloses. Der Geist oder eine geistige Gegebenheit als solche ist nicht augenblicklich einsetzbar.

    Um die Dinge des Auen anzugreifen wie ein Arm, wie eine Maschine oder wie ein Zahlmittel gengt nicht ein im Vergleich zur brigen Erfahrungswelt: gestaltloses Etwas, wie es selbst die bestimmteste berlegung ist und das deut-lichste Gefhl.

    Selbst die genaueste Reflexion und die intensivste Empfindung verlieren, den widerstrebenden Reflexionen und Empfindungen, die die Erfahrungskrper-lichkeit auf ihrer Seite haben, im Kampfe ausgesetzt, ihren undurchbrochenen Umri, ihre Hrte, die absolute Bestimmtheit, die im Geiste Ersatz des Krper-haften bedeutet sie verlieren ihre unantastbare Eindeutigkeit und damit ihr Wesen und ihre Ersetzbarkeit.

    Hier ist keine Mathematik: also gibt es keine Unbezweifelbarkeit, die ver-mge anschauungsmiger Logik durchdringt. Mathematik nmlich heit Geist und Krperhaftes, d. i. gesetzmige Anschauung.

  • Etwas der Mathematik Entsprechendes ist notwendig. Gesetzmige Anschauung ist die Bettigung des Geistes auf der Ebene der

    Sinne, ist reine Sinnlichkeit. Gibt es also zu dem Gebiet der nichtindividuellen Realitten keine Sinnen-

    haftigkeit, kein Feld gesetzmiger Anschauung, keine Sinne so ist der Geist" ewig ein, im buchstblichsten Sinne: losgelster Schemen, der ewig dem Zwang der krperhaften, sogenannten Wirklichkeit" weichen mu.

    Diese Alternative gilt es sich in ihrer ganzen Kraheit zu vergegenwrtigen: es wird zur Auflsung der Probleme der Menschen-Ordnung, zur Aufhebung der ganzen zwischenindividueilen Pathologie nicht weniger verlangt als eine Modi-fizierbarkeit des Naturgegebenen: der psychophysischen Sinnlichkeit

    Man mag das fr unmglich erklren aber man sei sich zunchst darber klar, da man damit impl ic i te fast alles fr absolut unmglich erklrt, das aus der unaufhrlichen Katastrophe des Vlkerdaseins herausfhren knnte man sei sich dann bewut, da man damit nicht nur jedes politische Beginnen, dessen Notwendigkeit doch unausweichlich ist, dennoch fr zweck- und ^ sinnlos erklrt da man einen ewigen Irrsinn damit von diesem Augenblick an statuiert.

    Ehe man sich zu dergleichen entschliet, sieht man wohl auch eine soge-nannte Unmglichkeit noch einmal genauer an.

    Um die Verantwortung fr die Behauptung der Unerllichkeit eines Aben-teuers, wie es die Bewltigung eines bis heute sicherlich nicht durchdrungenen Feldes darstellt, bernehmen zu knnen, ist. vorerst klarzustellen, wie denn ber-haupt ein sozialer Problemkomplex mit einem (mit Einschrnkung gesagt): naturwissenschaftlichen zusammenhngen knne, sodann, wie sie derart verknotet sein knnen, da hier eine leben- und todbedingende Verbindung liege.

    Wir wollen zuerst mit einigen dogmatischen Worten angeben, welche Be-ziehung hier gemeint ist

    Politik gilt gemeinhin als die Aufgabe der konkreten Ordnung von Menschen-gesamtheiten unter einstweiliger Beiseitesetzung der naturwissenschaftlichen und philosophischen Mglichkeiten des Menschen.

    Politik betraf gleichsam nur die Ordnung des physiologischen Nebenein-ander, indessen die psychische Sphre, die kulturelle, der Bereich der Bestimmung des Menschen, als Reservat des Einzelnen angesehen war. ..

    Letzteres war darum auch nicht bindend", es lag auerhalb des Staates". Die Ideen, die der Einzelne sich ber seine personale Existenz machte, waren fr die Welt des Staates hchstens insofern da, als er ihnen irgendeine kulturelle Institution berlie, und damit war dieses Gebiet neben dem staatlichen bestimmt, das seinerseits von e i g e n e n Faktoren kausiert wurde.

    Der U r s a c h e n - und damit der Zielpunkt al ler g e g e n w r t i g e n Politik l iegt , im Kern, i m m e r n o c h in der Regelung des physischen

  • Ausgleichs , sei es der Einzelnen, sei es der Vlkergesamtheiten untereinander .

    Die Politik blickt auf Vielheit, der Einzelnen oder der Vlker, und will sie rangieren.

    Nach Erreichung dieser Ordnung htte die Politik als solche kein Programm mehr, sie wrde, heute vor eine solche Frage gestellt, antworten: alles Fernere werde sich dann ergeben, es handle sich heute um den Zwang der augen-blicklichen Wirklichkeit" und nicht um eine entlegene Mglichkeit".

    Unter Zugrundelegung des hier ausgefhrten Gedankens, der die Umkehrung von all dem ist und der sagt: da sich diese sogenannte Wirklichkeit" durchaus nicht verwirklichen", durchaus praktisch auf keine Weise einrichten lasse, ohne jene Mglichkeit" vorher einbezogen zu haben da Politik, fr sich ge-nommen, spezialisiert, abgetrennt, als Politik" gehandhabt, mit Katastrophen-politik ewig identisch sein msse, da jene realittferne Mglichkeit vorher ge-regelt zu haben augenblicklich praktisch unerllich sei, da es also einen Fehler von unabsehbaren Konsequenzen bedeute, das teleologische Gebiet neben statt vor das staatliche zu lokalisieren, auer Kausalnexus statt in den best immenden Kausalnexus zu setzen, und zwar nicht, wie gewhnlich geglaubt wird, um des Kulturellen, sondern um des Physiologischen willen unter Zugrundelegung dieser Erwgung mssen wir also ein anderes Bild von Politik" gewinnen.

    Es wird hier, das sei wiederum unterstrichen, keine idealistische" Politik gegen eine materialistische gefordert nicht Geist* gegen Materie" ausgespielt, sondern eine wei.tergespannte Vorstellung des psychophysischen Verhltnisses gegen eine zu enge.

    Der Begriff von Politik, den wir im Auge haben, ist gentigt, alle Ungelst-heit, die sich zunchst in einem psychischen Innen abspielt, einzubeziehen und auf irgendeine Weise vor der P r a x i s zur Entscheidung zu bringen, nicht nur um der sogenannten Kultur" willen (der etwa eine rein materielle Sphre gegenberstnde) , sondern gerade und erst r e c h t um dieser materiellen Sphre willen.

    Diese materielle Sphre, die heute so verzweifelt umkmpft wird, schtzen wir nicht etwa als zu gro, wir urteilen, da sie zu klein sei, und da ihr Erweiterung not tue. Es mssen mehr und andere materielle Angelegenheiten in den Ge-sichtskreis der Politik gebracht werden, um die Regelung der physischen Welt zu ermglichen das politische Unternehmen scheitert, wie in manchem anderen Fall, nicht an der Gre, sondern an der Kleinheit seines Umfanges. Die Erweiterung und Einbeziehung heute als apolitisch angesehener Komplexe bringt nmlich eine Verschiebung des Wertakzentes herbei, der auf den einzelnen materieilpolitischen Tatbestnden ruht: sie verhindert berbewertungen, die im zwischenmenschlichen Organismus zu psychischen Verknotungen und fixen

  • Gebilden werden, von denen Sterilitt und Auflsung ausgeht Um konkret zu sein: eine so ungeheure Bedeutung das rein wirtschaftliche Interesse immerhin fr den Einzelnen haben mag, so gibt es dennoch auch fr diesen Werte, hinter die es, selbst bei krassestem Materialismus, zurcktritt Das sind alle naturhaften Momente im Dasein des Einzelnen (Anfang, Ende, Fortsetzung, naturhafte Bedrohung u. s. f.), die ja sogar das Urmotiv auch seines wirtschaftlichen Interesses sind, aber, wie bekannt, nur zu einem geringen Bruchteil durch dieses letztere zu sichern sind. Diese naturhaften Momente aber sind im wesentlichen auerhalb der Vielheits-Existenz, sie gehen den Einzelnen an. Sie gelten als gemeinschafts-gem, d. i. als politisch irrelevante Fakta. Es gilt, da naturgesetzlich" die Kausalreihe der Biologie und die der Soziologie nebeneinander nicht ineinander laufen. Die soziologische Tendenz kann auf die biologische nur vermittels dieser einwirken. Liee sich nun dennoch ein nicht vermittelter Zusammenhang aufdecken zwischen diesen naturhaften Gegebenheiten und der Vielheits-Tatsache, so erhielte die letztere mit einem Schlage eine dringende Realitt fr den Einzelnen, und aus einer bloen Vorstellung", die die Einzelnen zusammenfate, wrde pltzlich realiter und drastisch das, was jeder Nationalismus nur metaphorisch meinen kann (und z.T. meinen mu, weil diejenige Vielheit, auf die er abzielt, meistens als solche tot ist). Wird also die Natur" von der Vielheit erfat, so sind die Einzelnen einer solchen Vielheit in der Intensitt ihres (z. B. wirtschaft-lichen) Gegeneinander eingeschrnkt , aus krperhaftem Interesse in ihrem Widerstreit von sich selbst aus begrenzt, weil die eigene physiologische Lebendig-keit von einem Gesamtheitsmoment vllig unmetaphorisch mit bedingt ist.

    Dieser Zusammenhang, der n a t u r g e m weder ein reingeist iger" noch ein blo biologisch-kausaler sein kann (denn beide erfllen die a n g e g e b e n e n Bedingungen nicht) ist exis t ierend o d e r nicht, conditio sine qua non und die einzige einer katastrophenlosen Ordnung. Denn nur so kann niemals das krperhafte Interesse des Einzelnen bis zur Explosions-gefahr gegen die Gesamtheit oder Teile von ihr gerichtet sein.

    Die Frage eines solchen Zusammenhangs aber ist aller auf Einzelsinnlichkeit" abgestellten Wissenschaft unzugnglich. Es gilt im Ausma dieses Gedanken-ganges nicht, das Bestehen dieser Verbindung evident zu machen, es gilt, das Abhngigkeitsverhltnis aller soziologischen Fragestellung von dem Oegebensein oder Nichtgegebensein jener Verbindung aufzuzeigen und methodologisch darzutun, da dieses Problem real ist, der Ausfall seiner Lsung alles entscheidet, und da seine umfnglichste Inangriffnahme und Fortfhrung Anfang und Zentrum aller wirkliche!? Politik ist, da alles brige politische" Tun letzten Endes und nicht nur letzten Endes ein sinn- und erfolgloses Umherirren sein mu.

    Dieses Problem ist nmlich nichts anderes als ein Ausdruck des psychophysiologischen, und wir haben auch hier die Mglichkeit, aus einer

  • scheinbaren Hufung von Schwierigkeiten da die Fragwrdigkeiten zweier Bereiche auf einer Zone zusammentreffen Vprteil zu ziehen, weil so neue Faktoren in die Rechnung eintreten.

    Das wollen wir in grter Zusammendrngung andeuten: Wir knnen nmlich vermuten und werden es besttigt finden, da die un-

    erhrte Widerstandskraft der psychophysiologischen Verkettungsfrage zu einem groen Teil davon bedingt ist, da wir dauernd eine psychische Gre mit Materialitt innerhalb des Einzelindividuums in Verbindung zu bringen trachteten, das mglicherweise gamicht den Treffpunkt bildet, oder nur von der physiologischen Seite aus gesehen bilden mte, nicht notwendig aber von der psychischen Seite aus. Denn der Geist und sein Organismus sind insofern unhomogen und in keine Kommensurabilitt zu bringen, weil der Krper in einen biologischen Vielheits-Nexus eingestellt ist, wofr sich in allen Elementen des naturgegebenen" Bewutseins kein Analogon und kein Anhalt findet. Infolge-dessen empfindet das Bewutsein, dem nur begreifbar sein kann, was aus ihm selbst deduzierbar ist, den Krper als etwas auerhalb seiner Entstandenes, als ein buchstblich Hetero-genes". Dieses Bewutsein ist fr den Krper in gewissem Sinne zu kurz. Es gibt scheinbar kein Bewutseinselement, das mir die Konstruktion meines Krpers vermittelt. Whrend es fr den G e b r a u c h meines Krpers Anschauungsformen des Geistes gibt, gibt es fr seine Anlage scheinbar nichts dergleichen. Fr Krper von auen gibt es Formen, fr Krper von innen nicht. Die Einzel-Sinnlichkeit reicht logisch (nicht etwa historisch) nicht so weit wie die Genetik des eigenen Krpers, und sie kann nicht so weit reichen, weil es fr das restlose Begreifen der eigenen Materialitt womit in der Tat das psychophysiologische Problem gelst wre nicht auf die zyklisch-biolo-gische, sondern auf die einmalig-kausale Genese ankommt. Einmalig-kausale Genese bedeutet, im Gegensatz zu der sich immer wiederholenden biologischen causa, in der ein Ablauf bereits vorgezeichnet ist, die causa zu dieser Vorzeich-nung die Konstruktions-Ursache, weiche nicht gem naiver Vermutung eine Einzel-Ursache, nur am Anfang", sondern eine Q u e r - oder Konzentrations-Ursache wre. Ein Anschauungsmoment fr die einmalig-kausale Genese aber kann in dem Umkreis einer Einzel-Sinnlichkeit unmglich anzutreffen sein, denn diese ist wiederum keine kommensurable psychische Gre fr den Umfang eines Ereignisses wie das einer ailen biologischen Kreislauf konzentrierenden Kausalitt

    So kommen psychische und physiologische Data nicht zusammen d. i. so bleibt das psychophysiologische Problem unhandlich wegen der vll igen Un-geklr thei t des Vielhei tsmoments .

    Die Realitt einer V i e l h e i t s e x i s t e n z ist also d e r Punkt, von dem in g l e i c h e r W e i s e das psychophysiologische wie im t iefsten Grunde das soziologische Problem abhngt, und damit ist die Unerllichkeit einer

  • Entscheidung der naturwissenschaftlichen Grenz-Aufgabe fr ein die wirkliche Macht der berlegung einsetzendes politisches Beginnen gegeben.

    Die historisch verstandene Politik" beurteilt alles so, als ob es nur den Einzelnen in n-facher Wiederholung gbe, und bersieht, da dieser Wiederholung ein Sinn zukommen mu, demzufolge die Vielheit als solche eine ebenso originre Existenz-Geltung haben knnte als Einzelheit" . Vielheit ist nicht als das blo geistige Band" der allein realen" Einzelnen, sie ist selbst als Realitt zu verstehen, deren Sinn zu ermitteln ist Soll nun nicht die logisch wie ethisch gleich gefhrliche Loslsung der Zweck- und Sinnhaftigkeit von der Frage der Existenz stattfinden, wobei es fr die Systematik, die eine transzendente Realitt einsetzt, nur darauf ankommt, nicht diese mit empirischer Realitt zu vermengen, denn diese ist fr die Sinnfrage belanglos, jene entscheidend d.h. sollen also nicht Beziehungen zwischen psychischen Einheiten ohne das Fundament einer Wirklichkeit statuiert werden, so bleibt entweder die Dogmatik des entschiedenen Materialismus, nach der der faktischen Vielheit einzig im quantitativen Verstnde ein Sinn zukommt, oder es gilt die nachstehende Mglichkeit:

    Da A d d i t i o n in geistigem Betracht nicht mglich ist, so kann, soll Vielheit auf der Ebene der psychischen Realitt berhaupt eine Bedeutung haben, unter Ausschlu des oben Dargestellten die Existenz von Vielheit auf dieser Ebene gleichfalls nur die Mglichkeit einer Steigerbarkeit bedeuten. Diese Intensivierung kann aber nicht, wie durch physiologische Anhufung, in die Breite gehen und von der zahlenmigen Vervielfachung abhngen, sie kann, da Bewutsein ein prinzipielles Innen" von unbegrenzter Ausschlielichkeit ist, nur in einer Erweiter-barkeit dieses Innen liegen, d. h. in einer Einbeziehung ursprnglich fremder psychischer F a k t o r e n in eine einzige B e w u t h e i t

    Alle philosophischen Fragwrdigkeiten, und nicht nur die philosophischen, wie wir dartun wollen, laufen im psychophysiologischen Problem zusammen, das quer durch jede beliebige Systematik, von der materialistischsten bis zur illusio-nistischen, einen Ri durch das Denken treibt, den weder diese noch jene, noch eine parallelistische Schematisierung zu heilen vermgen, und der sich der jeweiligen Erklrungshypothese hartnckig als die Beziehungslosigkeit aufdrngt, die zwischen einer Begebenheit, deren Krperhaftigkeit zum mindesten ungreifbar ist, der psychischen, und ihrem physischen Parallelvorgang oder bei anderer Dogmatik zwischen der Empfindung des Bewutseins und der Empfindung der Ausdehnung klafft (denn dadurch, da ich beides subjektiv fasse und es etwa Empfindungen" oder hnlich nenne, habe ich wieder den auseinanderstrebenden Inhalt solcher Empfindungen keineswegs berbrckt).

    Da nun in dem Umkreis der bekannten Bewutheiten ein Zusammentreffen des psychischen und des materiellen Moments noch nicht zu finden ist, so mu dies

  • darauf zurckzufhren sein, da dessen Inhalt, der, wohin auch immer durch ein Schema gewendet, im Prinzip derselbe bleibt, als solcher zu klein ist

    Bei einer methodologischen Untersuchung, welche Faktoren denn nun unter den zunchst l o g i s c h systematischen Elementen eines Bewutseins fehlen oder als solche verkannt sein knnten, wrde man auf die Frage der direkten Beziehung von verschiedenen Bewutseinseinheiten stoen. Diese scheint zu fehlen. Wenigstens vermchten wir fr sie im Gegensatz zu der direkten Beziehung von Bewutsein und eigener Materialitt, d. i. Krper, im Gegensatz sogar zu der direkten Beziehung zwischen Bewutsein und fremder Materialitt, ohne weiteres keine Form anzugeben. Ich bin mir fremder Materie unmittelbar gewi und sollte es fremder Bewut-heit nur durch deren Vermittlung sein? (Der Einwand, ich wre des eigenen Bewutseins auch nur mittels" der Materialitt, nmlich der eigenen, gewi, trifft deshalb nicht, weil diese Gewiheit sowohl des eigenen Bewutseins wie der fremden Materialitt sich bis zu einem Modus der Wahrnehmung" wenn auch der inneren verdichtet, auf den allein es hier ankommt; die externe Be-wutheit als solche aber knnte in dem angenommenen Fall lediglich erschlossen" werden, und es ist logisch-systematisch zumindest nicht einzusehen, warum die Perception fremder Bewutheit an der Wahrnehmbarkeit wenn auch nicht von .auen" nicht teilhaben sollte, die ja auch mittels" der Materialitt vor sich gehen knnte: aber als Empfindbarkeit , nicht als Syllogismus.) Die Perception eines Phnomens, das meiner Personalitt der Struktur nach nher sein mu, als das der fremden Materialitt, sollte gleichwohl auf e n t f e r n t e r e Methode als die Perception dieser Materialitt vor sich gehen? Nun, eine ge-nauere Untersuchung wrde zeigen, da, wenn dem so wre, der Solipsismus recht htte und ein jeder sich nur einer Unzahl von fremden Automaten gegen-ber fhlte.

    Dieses Minus an Umkreis des Einzelbewutseins deutet ebenfalls auf die transzendente Realitt der Vielheit im Sinne einer da es Bewutsein von auen" als solches nicht geben kann Potenzierung einer einzelnen Bewutseins-gre, in deren Erweiterungskreis alsdann diejenigen krperhaften Momente fallen mten, die auerhalb der unmodifizierten psychischen Einheit liegen: wie schon angedeutet, die genetischen. Es leuchtet ein, da fr die Konception gerade des genetisch-konstruktiven Elements des Organismus die Vorstellung einer sozusagen psychischen Gesamteinheit logisch unerllich ist; denn nur in dieser ist berhaupt das geistige Komplement das geis t ige Parallelfaktum zu der eine biologische Einmaligkeit zum Ausdruck bringenden einmaligen Krper-Kausalitt vorhanden, aus der allein dessen Konstruktion begreifbar werden kann. Da es sich hierbei keineswegs um eine blo-logische, sondern durchaus um eine der Exaktheit der Sinneserfahrung adquate, unmittelbare Erfahrung handelt, so ist zumindest der Be-griff gegeben, in dem oben von einer Erweiterung der gesetzmigen Anschauung",

  • also der Behandelbarkeit eines Naturgegebenen, die Rede war. Naturgegeben kann nmlich nicht notwendig unvernderlich bedeuten, am wenigsten dann, wenn die Naturgegebenheit in sich so zwiespltig ist, da sie das Vorhandensein eines echten Problems zult Denn es ist nicht angngig, alles Problemhafte in uns zu verlegen, gleich als ob diesem Uns" noch ein zur Fehlerlosigkeit fhiges Subjekt entsprche. Dies ist nicht immer der Fll, am wenigsten aber bei den der Unlsbarkeit" verdchtigen Problemen. Diese bedeuten einen Fehler in unserer Natur", von dem nicht gesagt ist, da er nicht korrigierbar wre: aber ein anderes ist ein logischer oder verstandesmiger, ein anderes ein Sinnenfehler, der wiederum nicht mit einer Tuschung" zu verwechseln ist, sondern eine Be-grenzung der Sinnenhaftigkeit ausdrckt, der wir uns nur auf Grund einer anderen berhaupt bewut werden knnen: soda jede wahre Problem-Empfindung nur auf Grund des Keimes einer anderen (erweiterten" oder wie immer) Sinnlichkeit ber-haupt erst zu begreifen ist.

    Wir stehen vor folgenden Mglichkeiten: Ist das psychophysiologische Problem lsbar, so gelingen im Prinzip

    zwei Dinge: Erstens: Das Bewutsein bestimmter physiologischer Einzelindividuen ist

    keine konstante Gre, sondern einer Modifizierbarkeit durch psychische Faktoren einer Vielheit zugnglich, fr die ein unmetaphorischer psychophysiologischer Zusammenhang existent ist

    Zweitens: Mit eben dieser Potenzierung, deren materialreiche Technik Thema eines ganzen Wissenschaftsbereichs ist, ist ein Vorrcken in der Erfahrbarkeit der eigenen Materialitt, d. i. des Krpers, nach der Richtung seines Zustandekommens hin gegeben, d. h. ein Zusammentreffen und Ineinsrcken des Bewutseins mit den genetischen d. i. den konstruktiven Krften des Organismus (die sonst weit auer-halb des Bewutseins lagen); das bedeutet aber nicht mehr und nicht weniger als das Prinzip, sie zu handhaben, als eine Verschiebung der Zugnglichkeitsgrenze bis in vorher verschlossene Gebiete.

    Hiermit htten wir das Paradigma jener erweiterten Sinnenhaftigkeit, die geistige Leistungen von momentaner Wirksamkeit einzusetzen htte, deren politische Relevanz wir nochmals in konkreto aufzuweisen haben.

    Aller Fortgang der Philosophie liegt in einer gesteigerten Analysierbarkeit der eigenen Materialitt oder des Bewutseins von ihr. Und wie die Exaktheit der Mathematik und mit ihr die Gesetzlichkeit der ganzen physikalischen Welt aus einem bestimmten Status unserer Sinnenhaftigkeit folgt, so ist, um zu einer gesetzmigen Anschauung der soziologischen Welt zu gelangen, eine gesteigerte Erfahrbarkeit.der e igenen Materialitt notwendig, weil nur in dieser oder, wenn man will, in der reinen Form" derselben alle Exaktheit beschlossen liegt.

  • Diese Beziehung von unmodifizierter Sinnenhaftigkeit und objektiver Natur (im engeren Sinne) einerseits und von modifizierter Anschauung und der Seinesgleichen-Welt" (d. i. der naturhaften Wertung der Wiederholung des Einzelnen) andererseits ist auch systematisch evident (man miverstehe brigens den Terminus Anschauung nicht, der ja z. B. auch Zeit als Form der Anschauung" umfat). Die Naturerfahrung ist gestaltet, als ob es nur einen Einzelnen gbe, die Vielheitstatsache ist fr sie irrelevant, sie wird entscheidend fr die soziologische Problematik. Die diesem Komplex gewidmete Wissenschaft aber stellte sich so ein, als ob der Natur-Begriff vor diesem Komplex zu Ende sei, und lie eine entwurzelte Normation ohne Entscheidung ber ein Existenz-Fundament einsetzen (die an anderer Stelle wohl begriffene Notwendigkeit transzendenter Realitt hier bersehend), gleich als ob die eigene N a t u r " ein gelstes Problem sei. (Da nebenbei die Autonomie der Normation oder die Willensfreiheit durch die Kenntnis der Gesetzmigkeit eines Erfahrungsbereichs aufgehoben werden sollte, ist am allerwenigsten dann zu begreifen, wenn eine Gesetzmigkeit zwar vorhanden ist, aber aus der Personalitt selbst stammt.) Natur-Erfahrung ist so gestaltet, als ob es nur einen Einzelnen gbe. Abgesehen von dem hchst beachtenswerten Faktum der sogenannten Allgemeingltigkeit", in dem bereits ein intensiver Ausdruck fr die Mglichkeit e x t e r n e r Bewutheit liegt, bedeutet Natur-Erfahrung dennoch im wesentlichen eine Erfahrung meiner selbst, so weit ich ein biologisch-Einzelner bin. Die Perception der Vielheit aber bedeutet ebenfalls die Perception meiner selbst, nur nicht biologisch-einzeihaft, sondern biologisch-einmalig, arche-typisch-kausal. Es ist (mythologisch ausgedrckt) der Unterschied zwischen Zeugung und (Schpfung oder) Konstruktion. Der Krper, soweit er willkr-liches Erfahrungsinstrument ist, gehrt dem biologisch Einzelnen der Krper seiner Konstruktion nach gehrt zu einer Einheit, in den die biologische Vervielfachung rckgngig gemacht ist.

    Wenn somit das Thema der soziologischen Wissenschaft, die Vielheit, fr die Aufhellung des eigentlichsten Natur-Problems relevant wird, also in die Natur-wissenschaft hineingezogen wird, so darf angenommen werden, da damit die soziologische Fragestellung von dieser naturhaften Wertung der Vielheit ent-scheidend beeinflut werden wird.

    Der Staat wird Natur, die Antithese hrt auf, nicht im banalen Rousseau-schen Sinne durch Rckkehr zu einem verf lossenen Status, sondern durch Weitertreiben beider Pole, nicht nur des Staates, sondern auch der psycho-physiologischen Natur ber ihren gegenwrtigen Endpunkt Nichts als- diese gesteigerte Perception meiner selbst aber ist es, die einen Fortgang in Richtung auf das konstruktive Element und eine modifizierte gesetzmige Anschauung bedeutet.

    So wie unsere unmodifizierte Sinnenhaftigkeit die physikalische Welt ergibt, so ergibt die modifizierte in gleicher Weise die Erfahrbarkeit bis dahin trans-

  • zendenter Verhltnisse ("ber diese physikalischen d. i. ber die biologisch-einzel-haft-eigenen Grenzen hinaus), buchstblich metaphysischer Verhltnisse, zu denen auch so wenig man es bisher glauben mochte die soziologischen gehren.

    Alles endlose Milingen des soziologischen Problems ruht darauf, da man es zu kurz fassen wollte und sich nicht in die gewaltige Unternehmung meta-physischer Untersuchung, die allerdings nicht rein-spekulativ zu bewltigen ist, ver-stricken wollte. Aber es gibt dennoch keinen anderen Ausweg.

    Der Mensch ist diejenige Form, die in der Systematik der Ganzheit dabei angekommen ist, da er seine eigenen Verhltnisse nur universal regeln kann. Darum ist Metaphysik fr ihn kein an sich nicht lebensnotwendiger Luxus und berbau, es ist seine eigene, ihm typische und leben- und todentscheidend unerlliche Methode, mit sich und seinesgleichen auszukommen.

    Das Tier ist fertig, der Mensch unfertig: er mu ber die Gesamt-Problematik hinweg, um sich auch nur mit sich und seinesgleichen einrichten zu knnen.

    Ein vernunftgemer Ausdruck der Typenvielfalt der Tierwelt ist bisher ver-schlossen. Zum Fressen und' Zeugen und Dasein bedarf es ihrer nicht Jeden-falls aber knnen wir annehmen, da der Sinn ihrer Existenz, welcher er auch immer sein mag, einlinig und schwankungslos ist Die Vieldeutigkeit und Mehr-Linigkeit menschlicher Existenz aber kann nicht verstanden werden, wenn es nicht Beziehungslinien aller Totalitt sind, die in ihm zusammenlaufen. Er kann sich nicht fr eine einlineare Richtung entscheiden, ohne sich tierhaft zu verhallen, der Struktur seiner Vielheit entgegenzuhandeln und sich und seinesgleichen nicht zur Ruhe kommen zu lassen.

    Nicht als ob sein Wesen die bloe soziologische Ordnung wre, aber selbst diese ist auerhalb seines telos nicht zu erreichen.

    Weil alles in ihm auf Gesamtheit abgestellt ist, so kommt er nicht aus, wenn er dominierende Einzelbereiche fr sich, abgesonder t , regeln will, er kommt materiell nicht aus, wenn er nicht diese Materialitt in seine Gesamttendenz einstellt, wenn er sie nicht an ihren Ort stellt, der ganz allein universal, d. i. metaphysisch, zu bestimmen ist.

    Somit ist Metaphysik nicht entlegene Theorie, sondern, sogar ob lsbar oder nicht, der erste Schritt aller Praxis.

    Freilich nicht eine Metaphysik der krperlosen Abstraktion, nicht eine vom Krper abgelste Spekulation, welche den Ausgangspunkt aller Philosophie, die psycho-physiologische Verknpftheit unter den Fen verloren hat, nicht eine entwurzelte Dogmatik, die direkt an makrokosmische Fragwrdigkeiten heran-will, die allerdings so lange zu leeren Hlsen und unerfahrbaren Formeln werden mssen, als der W e g zu ihrer Erfahrung auerhalb der berlegung bleibt, als die psychophysiologische Problematik nicht angegriffen, sondern dahingestellt wird nicht all dies, sondern eine Transzendental-Wissenschaft, die, sich vor

  • Unmglichkeits-Erklrungen htend, aus der disproportionierten Beleuchtung der Krper-Erfahrung und des theoretischen Bewutseins eine wechselweise Aufhellung und ein experimentales Eindringen versucht

    Metaphysik in diesem Betracht bedeutet also keine l o g i s c h e Nicht-Erfahrung, die Unmglichkeit, auf metaphysischem Felde je etwas auszurichten, wird nicht schon in seine Definition gelegt als prinzipielle Nicht-Erfahrbarkeit - wobei man sich dann nicht wundern kann, wenn in der Tat nichts ausgerichtet und eine Unmglichkeit bewiesen wird Metaphysik bedeutet nicht logische , sondern nur gleichsam-historische Nicht-Erfahrung. Wir sagen gleichsam-historisch", weil Metaphysik und Empirie dennoch nicht in einem Z^it-Bewutsein auf-einander folgen, wie sonst ein Fortschritt" (dies eben lie sie als prinzielle Gegen-stze erscheinen), sondern weil sie aufeinander folgen wie zwei Bewutseins-Modi.

    Und im Mae der Transgression in die selbsteigene Unbekanntheit mu eine Aufdeckung e x t e r n e r Beziehungen fortschreiten, so notwendig, als Auen und Innen ein korrelatives Ganzes bilden.

    Um nun berhaupt eine Vorstellung von dem geben zu knnen, was in den Bewutseinskreis eines also gesteigerten Anschauungs-Vermgens eintreten knnte, mssen wir seine Mgl ichkei t , da ja seine Wirklichkeit auerhalb der hier allein mglichen theoretischen Demonstrationen liegt, zunchst so lange setzen, als wir die Konsequenzen dieser Mglichkeit im System dieses Gedankenkreises als systematisch-bedenkenfrei erweisen mssen. Das heit: aus dieser Mglich-keit einer Steigerung mssen sich Konsequenzen ergeben, die geeignet sind, das zu leisten, was sonst auf keine Weise zur Ordnung des soziologisch-menschlichen Problems geleistet werden kann.

    Welche gegenwrtig hauptschlich verschlossene Erscheinung nun mte durch jene Erweiterung einiges Licht erhalten? Zunchst die, die vorausgesetzt werden mu, um solche Ausdehnung des Gesichtsfeldes berhaupt erst zu ermg-lichen: der psychophysiologische Zusammenhang einer bestimmten Vielheit, der ber den rein generativen hinausgeht. Und zwar insofern, als er durch einen psychischen Konnex ergnzt wird, der zu krperhafter Wirkung gebracht werden kann, weil die mit dem psychischen Moment der Vielheit zusammenhngende Intensivierung eines Bewutseins-Inhalts ein Vordringen in die eigene psycho-physiologische Verknpftheit gestattet. Diese krperhafte Wirkung aber wrde beweisen, da es sich hier nicht um einen rein geis t igen" Zusammenhang unter den empirischen Reprsentanten einer solchen Vielheit handeln kann, um eine blo-psychische Beziehung, wie sie in jeder Kultur-Gemeinschaft" auch vorkommt, um nichts bertragenes und nichts nur schattenhaft-Wirkliches, sondern um eine unmetaphorisch-reale Verbindung, die auerhalb des biologisch-zeit-lichen, lngsfolgenden: des generativen einen Nexus quer durch die Zahl der zu einer solchen Vielheit gehrenden darstellt.

  • Die E x i s t e n z einer solchen Einheit einer best immten empir ischen Vielheit ist das G r u n d e l e m e n t und die B e d i n g u n g k a t a s t r o p h e n l o s e r s o z i o l o g i s c h e r O r d n u n g .

    Die Realitt der Gesamtheit ist keine in der logischen Luft" ber den Einzelnen schwebende, durch einen theoretischen Machtspruch zur Realitt" ernannte Metapher, wie die Begriffsbildungen der Romantiker von Volksgeist" und dergleichen, sondern die Realitt der Gesamtheit ist eine Erscheinung am Einzelnen, eine am Einzelnen empirisch und logisch aufzuzeigende Modifi-zierbarkeit, ist die am Einzelnen empirisch auftretende und in ihm sich lokali-sierende, erscheinende Potenz einer Gesamtheitsgre.

    Diese Einheit, deren Realittsindizien zur Erscheinung zu bringen sind und die doch nicht nur in die Psyche (das wre die metaphorische), sondern bis zu deren Treffpunkt mit der Physis des Einzelnen reicht, kann verfallen, sich lsen und aufhren, ohne diese Physis mitzureien. Letzten Endes", d. h. auf dem U m w e g ber die s o z i o l o g i s c h e Verheerung, reit sie sie mit Ja, diese Generationen berdauernden Explosionen in den Vlkern beweisen den voll-stndigen Verfall solcher Einheiten. Was heute lebt, ist, was die sogenannten Kulturvlker anlangt, in der Tat nur der Einzelne in n-facher Wiederholung, und oberhalb seiner hat die reale Einheit so gut wie aufgehrt zu existieren und an ihre Stelle ist die metaphorische, die historische" , d.i. lebendig-tote, gefolgt, in deren knstlichen Schranken und in deren erstorbenen Grenzen sich die Vlker in Krmpfen winden. Denn es ist etwas verloren gegangen, wovon vielleicht das, was heute, in mediumistisch-umgedeutetem Treiben, der Kreis" genannt wird, eine schwchliche Vorstellung geben kann.

    Stellen wir nun die wesentlichsten Konsequenzen einer solchen realen Verbindung zusammen, so ergibt sich zunchst das Hervortreten einzelner em-pirischer Individuen, nmlich derjenigen, in deren Bewutheit intensiv eine Steige-rung zum Ausdruck kommt Diese Steigerung aber ist keine r e i n - i n t e r n e A n g e l e g e n h e i t , wie etwa der gesteigerte Gesichtskreis der Philosophen" bei Piaton, welche deshalb nach ihm den Staat" regieren sollen, solche Potenzierung mu nach auen t reten, weil sie, wie dargetan, eine gesteigerte Beherrschung des psychophysiologischen Apparats bedeutet Sie mu sich als eine ber die bis dahin normalerweise vorhandene psychophysiologische Einwirkungsmglichkeit hinausliegende Fhigkeit der Handhabung krperlicher Phnomene uern.

    Ein solches Vorrcken im Bereiche der organischen Beziehungen bedeutet, soweit der medizinische und naturwissenschaftliche Forschungskreis in Frage steht, Selbst- und Endzweck.

    In dem uns vorliegenden Felde soziologischer Problematik aber hat es die nicht abzuschtzende Bedeutung einer Legit imation.

  • Einer Legitimierung nmlich fr diejenigen Individuen, deren psychische Intensitt einer Steigerung ber die normale Ebene fhig ist.

    Mit diesem Kennzeichen, das den Priester der alten Vlker zum Arzt und Regenten machte, ist nmlich jenes soziologisch unerlliche Kriterium eines objektiven Ranges der Menschen gegeben, an dessen Mangel alle Gemein-schaft scheitert. Denn alle Chaotik staatlichen und gemeinschaftlichen Daseins, alle- sinn- und regellosen und verzweifelten Organisierungsversuche, alles Durch-und Gegeneinander der Einzelnen springt aus der vlligen Dunkelheit, die ber jedem Anhalt, jedem Anzeichen ruht, die Menschen naturhaft, d. i. mit all-gemeingltiger Exaktheit und widerstandausschlieender sinnenhafter Evidenz, zu gruppieren.

    Ein objektives Kriterium menschlicher Rangordnung kann nicht intern und innerlich sein und wenn tausendmal der psychische Wert der entscheidende ist es mu die Physis ergreifen.

    In der primitivsten Ordnung menschlicher Gemeinschaft war das Prinzip der Stufenfolge soziologischen Organisiertseins nur physisch oder vornehmlich physisch: der Strkste seines Stammes der Mchtigste. Das war objektiv und sinnenfllig.

    Der nur -psychische Mastab, nur-geistige Wertunterschied bedeutet aber das Fehlen jeden soziologischen Klass i f iz ierungs-Pr inzips , weil er, wenn auch zweifellos existent, so doch intern ist.

    Darum kommt der platonischen Staats-Konception und allen den anderen ihr folgenden, die, einer nicht abzuweisenden Empfindung Genge leistend, den psychischen Wert als Mastab anthropologischer Ordnungen ansetzen, bei for-maler Gltigkeit eine restlose Unwirklichkeit zu.

    Einen anderen Ausweg (auf den jene tieferen Geister nicht verfielen) aus dem hoffnungslosen Dilemma: einerseits eine Wertdifferenz unter Menschen anerkennen zu mssen, andererseits diese Differenz unmglich allgemeingltig formulieren zu knnen, bildet der gewaltsame Entschlu: die unleugbare Wertdifferenz aus dem Staatsleben dennoch einfach z^ t streichen und die Menschen gleich zu setzen, weil man sie nicht klassifizieren kann. Da aber, wenn Ungleichheit Realitt ist, Gleich-heit Chaos bedeutet, da damit der Staat zur Anarchie oder zum Zuchthaus wurde, sah man nicht oder wollte es nicht sehen.

    Auer dem physischen und auer dem unrealisierbar-psychischen Kenn-zeichen, d. i. der totalen Abwesenheit eines solchen, aber gibt es das auf dem Wege ber die P s y c h e wieder physisch sichtbar werdende Kriterium, und dieses ist das einzige, keinem logischen Einwand unterworfene, mit der ganzen Evidenz der Sinne auftretende, d. i. mit der Unwiderstehbarkeit physischer Gewi-heit wirksame Organisierungsprinzip menschlicher Gesamtheiten.

  • Damit ist aber erst die physische Seite der Umgestaltung der psychophysio-logischen Situation getroffen und vor allem noch nicht der Inhalt dessen um-schrieben, wofr jene Legitimierung das Zeichen ist. Denn der physiologischen Erweiterung entspricht notwendig ein Vortragen der psychischen Bewutheit sowohl des krperhaft-eigenen wie auf Grund jener hinlnglich erkannten Ver-knpftheit zwischen sinnenhaften Elementen und Verstand einerseits und der Natur" andererseits wie des krper l i ch- f remden Objekts , das heit der Erkenntnis-Grenze berhaupt dies aber nicht im Sinne einer privaten, von der Empirie abgelsten, und somit fr eine Gesamtheit unverbindlichen Speku-lation, sondern als eine eben durch das gegebenenfalls auftretende Ergreifen physiologischer Verhltnisse sich als exakt ausweisende O r i e n t i e r u n g in bis dahin metaphysischen Beziehungen.

    Damit ist folgendes gegeben: eine geistige Leistung, die, obzwar die Struktur eines scheinbar fernen Auen zum Thema habend, dennoch in engstem Anschlu an eine sinnenhaft organische Evidenz steht, und in ununterbrochener Verbindung bis an ein krperlich-fundamentales Interesse reicht und es trifft, das noch pri-mrer als das k o n o m i s c h - m a t e r i a l e ist.

    Dem Trger dieser geistigen Leistung Widerstand bieten, hiee heute sich gegen den Arzt oder den Techniker in seinem eigenen Bezirk zu empren, nur da beide sich zu jenem verhalten wie die Kopie zur Realitt.

    Anslatt der Wirtschaft wird Leben, Vitalitt und Tod in die Mitte des Staats gerckt.

    Hier liegt somit jene eingangs geforderte geistige Produktion vor, die nicht wie die gegenwrtige Geistigkeit weit hinter der materialen Notwendigkeit einher-schwebt, sondern die geeignet ist, momentan eingesetzt zu werden, weil sie sowohl an Drastik wie an Interesse der primrsten Materialitt nicht nur eben-brtig, sondern sogar v o r g e o r d n e t ist, und dennoch und gerade deswegen psychisch die Perception der fernsten Beziehungen in sich trgt.

    Das ist es, was wir a u g e n b l i c k l i c h e Wirksamkeit des Geistes nannten, und sie kann da zur Augenblicklichkeit Materialitt nicht entbehrlich ist nur metaphysisch ausfallen, weil Geist und Krper ein transzendentes Verhltnis bedeuten.

    Hier ist die Ersetzbarkeit des Geistes gegeben, der Sich als Hervorbringungs-prinzip an die Spitze der materialen Bewegung setzt, statt als Erklrungsprinzip hinter ihr her zu geistern". Der Inhalt dieser geistigen Begebenheiten ist zwar das, was heute metaphysisch" heit, aber in einer gnzlich vernderten Empfindung seiner Gegenwrt igkei t . Jetzt bezeichnet diese Sphre ein Entlegenes, von allem Materiellem Fernstes, dann bezeichnet es die- Perception, die Wahrnehmung, die Erfahrung des Materiellen selbst dann ist es ein Mittel, das so in Gemeinschaftsverhltnisse eingreift wie heute die Technik, aber ein weit

  • intensiveres, weil in ihm, das ber die Kunst", die Technik", die ihren Ersatz-charakter noch immer hat spren lassen, hinweggreift, die Tendenz des Bewut-seins (die, von Sein oder Natur a l le ingelassen , die Knstlichkeit" bedeutet) und die des Objekts selbst wieder so zusammentreffen wie in allem bewut-E x i s t i e r e n d e n " .

    Und wenn alles Bewutsein, das als Wissen im weitesten Sinne wesent-lich wird, im Grunde: Vorher-Wissen meint, so mu, wenn irgend etwas, die metaphysische Perspektive das leisten, was das konkreteste Ziel des Geistes ist: den Lauf des Materiellen zu berholen.

    Das kann nicht als Ideal" gelten denn es ist praktisch unerllich; es gibt keinen anderen Gedanken, der theoretisch den Punkt bezeichnet, von dem aus das blinde Drngen in den Bewegungen sozialer Gesamtheiten zu bndigen ist. Wenn irgend jemand, so ist der Staatsmann" verpflichtet voraus-zuwissen.

    Aber die Aufhellung jener metaphysischen Beziehungen wird schon deshalb fr die Vielheit verbindlich, weil sie ohne das Element der realen Gesamt-heit u n z u g n g l i c h bleibt. Es ist ein Verhalten der Gesamtheit erfordert, damit auf einer Ebene etwas erreicht werde, fr die gegenwrtig gerade die Viel-heit das gleichgltigste auf der Welt ist.

    Dieses Verhalten ist das Thema der metaphysischen Gesetzgebungen alter Vlker, und mit ihm entsteht das, was in den neueren Zeiten hchstens gelegent-lich vage und unwissenschaftlich zu formulieren versucht ward, meistens aber und als Praxis berhaupt unbekannt ist: Das Volk mit einem schlssig aufzeigbaren P r o g r a m m mit einer Bestimmung, welche die bloe konomie, die heute das Richtungsprinzip abgibt, deshalb weit bergreift, weil sie die Leiblichkeit noch radikaler angeht als jene.

    Hier gebraucht der extreme Idealismus" als Argument den extremen Mate-rialismus" denn im Krper kommt der bedingungsloseste Materien-Instinkt mit dem Weg des entlegensten Geistigen zusammen.

    Es tritt in einem Volke, der metaphysische Zweck auf, nicht als ein idealistisches", d. i, ewig vor tauben Ohren tnendes Postulat, sondern als Be-dingung krperhafter Existenz. Mit dem Vorhandensein dieser zwar teleologischen, aber dennoch unbertragen krperhaften Bewegungsrichtung, in der Krper und Geist nur zugle ich motivieren, ist fr die Gesamtheit die Gefahr desjenigen Risses vermieden, der droht, wenn die Krper-Tendenzen der Einzelnen oder von Gruppen solcher gegeneinander zu wirken beginnen, was unfehlbar eintreten mu, wenn sie sich v e r s e l b s t n d i g e n , d. i. nicht in dieser psychophysiologischen Einheit zusammengeschlossen sind: Hier wird die Verbindung des einzelnen organischen Lebens mit der Gesamtheit sichtbar, folglich rckt die Bedeutung des kono-mischen an die zweite Stelle indessen es im Falle des Zerrissenseins des

  • metaphysischen Nexus zwischen-Krperhaftem und Geistigem notwendig an der ersten Stelle stehen mu. konomie aber heit bestenfalls : Kompromi von Gegeneinander und jeder Appell an eine b l o - g e i s t i g e oder his tor ische oder entlegen generative Einheit, um den Zwiespalt zu beschwren, mu wirkungslos verhallen, wenn die reale Einheit, d. i. die Gemeinschaft der intensivsten theo-retisch-konkreten Interessiertheit, verloren gegangen ist.

    Volk das hie einstmals, als Geistiges und Krperliches noch nicht aus-einanderstrebten: Stammesgesamtheit, denn in ihr lag das Seelische beschlossen.

    Heute gibt es keine Vlker. Und was es geben wird, wird Stammes- und Problemgemeinschaft, Gemein-

    schaft der dringendsten theoretisch-leibhaftigen Fragwrdigkeit sein.

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    Es ist notwendig, die Luft der politischen Welt vollstndig zu verndern. Es liegen heute keine M g l i c h k e i t e n in ihr, und hchstens kristallisieren sich in ihr geringfgige und mhsame Varianten des Vergangenen oder platte Umkeh-rungen des Bestehenden (die zuletzt durchaus nichts anderes, sondern nur dessen im Grunde identisches Negativ sind). Zum Bewutsein dieser wahrhaft unge-heuren, erstickenden Sterilitt des soziologischen Bereichs kann indessen niemand kommen, der nicht die Sphre: anderer Konstellationen gesprt hat.

    Unfruchtbarkeit gehrt nicht zur Wirklichkeit Die hiesigen Denker und Dichter haben entweder das Volk in eine furcht-

    bare Gedankenrichtung hineingedrngt, oder sie sind selbst der Ausdruck dieser verheerenden Tendenz: da nur im Reiche des Gedankens" Reichtum, Buntheit und Flle zu erleben sei, da das Gehirn weit", die Realitt aber eng" sei, da der Geist und die Phantasie blhend, die Wirklichkeit nchtern sei, weshalb man aus dieser zu jenen flchtet". Letzten Endes hat das Kantische Nein" zu aller erfahrbaren Metaphysik einen geradezu erttenden Erfolg fr das ganz konkrete Dasein gehabt oder es ist, wie angedeutet, selbst die uerung einer un-erhrten Mgjichkeitsarmut im Realen".

    Da die Welt einen unglaublichen Grad der Langeweile oder der tierischsten Sensation (die sehr zusammenhngen) erreicht hat, liegt daran, da sie von dem r e a l i s i e r b a r e n und lohnenden Anschlu an die Mglichkeiten des Geistes ab-geschnitten wurde. V

    Der Erkenntnis Schranken setzen heit nmlich dem konkreten Dasein das Blut abschnren und heit bereits innerhalb des rein Theoretischen einem Triebe

  • Grenzen setzen, der sich schon darum nicht begrenzen lt, weil er mit der Logik schaffenden Fhigkeit selbst zu innerst identisch ist: dem Erkenntnis-Trieb. Hier verlangt ein voluntarisches Element logische Ausdrckbarkeit und eine Legitimie-rung als logische, nicht als voluntarische Gre: hier ist der Punkt, wo Trieb und Syllogistik angewiesen sind bereinzukommen, nicht zu divergieren, wie sie es gem dem Kantischen Votum tun mssen, das den Erkenntnis-Trieb schweigen heit. Hier ist der Grenzfall, wo die Nichtbefriedigung eines v o l u n -t a r i s c h e n Erfordernisses einen logischen Fehler bedeuten mu, wo dieses voluntarische Erfordernis gleichwohl logisch zufriedengestellt werden mu und nicht durch irgend einen Machtspruch der Voluntas. Die umfangreichere volun-tarische Befriedigung bedeutet hier zugleich die grere logische Systematisier-barkeit, und da digkeit und Verdorrtheit des konkreten Daseins entweder die Folge der verschlossenen Realisierbarkeit inhaltreicherer Mglichkeiten ist, die vorerst nur im Geiste existieren, oder beides der Ausdruck der gleichen Un-fruchtbarkeit so ist die vielfltigere, an Auswegen, Mitteln und Mglich-keiten reichere, mannigfaltigere rein voluntarisch befreiende, buntere, angenehmere-Tendenz zugleich die theoretisch tiefer gegrndete, die willensmig erwartete zugleich.die logisch richtigere: die metaphysische A t m o s p h r e die jederzeit alles ermglichende zugleich die e x a k t e r b e r l e g u n g und Einstellung entstammende.

    An den Anfang aller sozialproblematischen d. i. politischen Besinnung mu daher unumgnglich zu der Einsicht gelangt werden: Alles ist mglich Un-mglichkeit in menschlichen Dingen ist bersehen von Mitteln. Denn konkretes Dasein und uerste Theorie hngen sprunglos zusammen, und nur die Zer-reiung dieses Zusammenhangs schafft den Gegensatz zwischen beiden. Es gilt, sich jederzeit bewut zu halten, da die entlegenste Forschung: erkenntnistheore-tische, transzendentale, grenzmathematische Untersuchung, da gerade im Bereich des von aller Konkretheit fernsten Gedankenfeldes der Umkehrungspunkt zur rcklufigen Richtung und gerade dort der Aufhellungspunkt fr die Konvulsionen der Praxis liegt, wofern man nur die Linie, die von dort zur drastischen Welt fhrt, an jeder Stelle ihres Laufes erkennt. Der Sinn aller Theorie ist Praxis und der Sinn aller Praxis Theorie, und wenn in diesem Weitauseinander-liegenden die Einheit, die praktikable Identitt nicht begriffen wird, mssen beide steril bleiben.

    Im Theoretischen l iegen die Mglichkeiten und wenn es gelingt, die pathologische Empirie a n z u s c h l i e e n , so gelten sie auch fr diese.

    Es steht nicht fest, was gegeben ist Es gibt kein Gegebenes, keine Wirk-lichkeit ber der Theorie.

    Wo die Theorie Nein sagt, ist die Realitt in Frage gestellt. Denn Realitt ist eine Frage der Zusammenfassung/?, eine Frage darber, was zu einer Einheit

  • gehrt. Diese Zusammenfassung aber ist erst objektiv", wenn die Theorie die uersten Punkte einer transzendenten Realitt festgelegt hat und eine objekt-mige Struktur im Subjektiven, kraft deren sie reale Einheiten zu bezeichnen und von fiktiven zu unterscheiden vermag. Aus bloem Dasein kann nichts entscheidend ergeben, was Wirklichkeit werden wird und was nicht; nur dann, wenn auf dies Dasein ein Begreifungstypus beziehbar ist, der aus einem wenn auch vorerst transzendenten Legitimationsbereich stammt, nicht, wenn seine Einheit, unter der es begriffen wird, einer empirischen oder noch nicht einmal empirisch restlosen Systematik entstammt.

    Man kann aber nicht denken: mag dort die umfnglicher systematisierte Begriffseinheit sein hier ist dennoch das F a k t i s c h e auf Seiten der vor-lufigen Schematisierungen und das Faktische ist doch wirklich, und das wirk-l i chere Zeichen existiert nur im Geiste" wir sagen : man kann nicht so denken. Denn jenes Unbekannte, X, das die Einheiten erfllt, das Substrat der Wirklichkeit,; die Drastik als solche, ist beweisend fr die jeweils tiefste Form der Realitt: das Ideal", das nur im Geiste dem Faktischen gegenber verbleibt, und dies nicht logisch und also empirisch notwendig herbeizieht, wie die tiefere Ebene das Wasser aus der flacheren ist das Trugbild eines Ideals" oder sein Schatten. Wo Drastik ist, da ist die jeweils gegrndetste Form des Wirklichen, und wenn sie noch so verneinenswert ist Denn entweder gelingt der tieferen Systemati-sierung der E x p e r i m e n t a l b e w e i s oder sie ist keine.

    Und dennoch ist die Faktizitt nicht entscheidend fr Realitt Dennoch ist mancherlei da, was nicht real ist - weil das Kriterium der

    Wirklichkeit nicht aus der Oberflchen-Optik kommt, in der willkrliche Einheiten auftreten, die als wirklich gelten, weil sie materiell abgrenzbar sind, indessen die Grenzfhrung echter Wirklichkeit nicht nur von den Linien der Materialitt, sondern von denen aller Elemente der Welt gezeichnet werden mu. Denn Realitt heit letzten Endes: standhalten", und das Wachsein ist nur darum realer" als der Traum, weil es den Kriterien nach mehr Elementen standhlt als dieser.

    Das Experiment mu dieser Perspektive rechtgeben: die leere Realitt mu vor der erfllteren zusammenbrechen.

    Es gibt vielerlei Zusammenfassungen, aber wie tief sie an Objektitt, an Realitt teilhaben, das erweist sich erst, wenn eine tiefer gegrndete Wirklichkeit sich neben ihnen bildet, vor der sie erscheinen, wie ein Bild aus drei Farben gegen eins , aus sieben.

    Vor den Kriterien der Wirklichkeit aber mu sich alles blo Vorhandene ausweisen und vordem ist nichts gegeben und alles mglich.

    Das Bewutsein, da die Hauptmasse des Bestehenden" nicht real ist, ist selbst ein realittschaffender und zerstrender Faktor eine vorerst rein psychische Einstellung, der erste Schritt in eine intensivere Wirklichkeit

  • Das Primre ist darum nicht das Angeflltsein der soziologischen Welt mit Be-stehendem und das Sekundre, das von diesem Freigelassene", der Re