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Eurogarant Fuhrpark Lounge 2011

Flottenrecht

Rechtsanwalt Joachim Otting

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Arbeitsrecht

• An mich wurde die Frage herangetragen, ob Arbeitnehmer an den Kosten

von ihnen verschuldeter Unfälle jedenfalls in der Weise beteiligt werden können,

dass sie die Selbstbeteiligung oder einen Betrag in Höhe einer üblichen Selbstbeteiligung

tragen müssen

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Arbeitsrecht

• Bekanntlich bin ich kein Arbeitsrechtler, also habe ich Spezialisten befragt.

• Und was sagen diese Spezialisten?

• „Es kommt darauf an“

• Offenbar gibt es zu diesem Fragenkreis nur sehr wenig

veröffentlichte Rechtsprechung

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Arbeitsrecht

• Daher möchte ich hier zunächst meine Erkenntnisse vortragen und dann mit

ihnen in den Erfahrungsaustausch gehen

• Ich hoffe, dass Sie dazu praktische Erfahrungen beitragen können

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Arbeitsrecht

• Man muss unterscheiden:

• 1.) Unfall auf erlaubter Privatfahrt?

• 2.) Unfall auf dienstlich veranlasster Fahrt?

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Arbeitsrecht

• Vorab müssen wir die Begriffe der leichten, der mittleren und der groben

Fahrlässigkeit und des Vorsatzes klären

• „Vorsatz“ ist Absicht. Wer vorsätzlich handelt, handelt also absichtlich

• Fahrlässiges Handeln bezeichnet die Umgangssprache als „aus Versehen“

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Arbeitsrecht

• „Leichte Fahrlässigkeit“ kann man übersetzen als

„…kann jedem mal passieren…“

• „Mittlere Fahrlässigkeit“ als „…sollte nicht passieren,

ist aber noch verzeihlich“

• „Grobe Fahrlässigkeit“ als „…darf nicht passieren und ist unentschuldbar“

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Arbeitsrecht

• Wer vorsätzlich einen „Unfall“ verursacht, ist auch dem Arbeitgeber gegenüber ohne Rücksicht auf den Fahrtzweck in vollem

Umfang schadenersatzpflichtig

• Dabei zahlt ohnehin keine Kaskoversicherung, denn die ist eine Versicherung gegen Unfälle, und was vorsätzlich geschieht, ist kein Unfall

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Arbeitsrecht

• In unserem Zusammenhang ist der Begriff des „Unfalls“ definiert als „mit plötzlicher mechanischer Gewalt

unfreiwillig von außen einwirkendes Ereignis“

• Bei Vorsatztaten fehlt es an der Unfreiwilligkeit

• Deshalb muss auch die Haftpflichtversicherung nicht eintreten

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Arbeitsrecht

• Das kommt hoffentlich selten vor

• Fallgruppen sind:

• Der Arbeitnehmer benutzt das Fahrzeug für einen „Unfallbetrug“ zugunsten eines

Anderen

• Der Arbeitnehmer rastet aus und benutzt das Fahrzeug als „Waffe“

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Arbeitsrecht

• Im Bereich der fahrlässig verursachten Unfälle muss je nach Fahrtzweck

differenziert werden

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Arbeitsrecht

• 1.) Unfall auf Privatfahrt• Das ArbG Hamburg hat mit

Urteil vom 22.04.2008 - 20 Ca 174/07 entschieden, dass eine Regelung

im Dienstwagenüberlassungsvertrag ,

wonach der Arbeitnehmer bei einem von ihm selbst verschuldeten Unfall eine Selbstbeteiligung zahlen muss,

nicht zu beanstanden ist

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Arbeitsrecht

• Der Arbeitgeber trage in der Regel die Kosten für eine Vollkaskoversicherung und

ggf. die Kosten für eine unfallbedingt erhöhte Prämie. Mit der Vollkaskohabe der

Arbeitgeber eine angemessene Vorsichtsmaßnahme zum Ersatz bzw. zur

Reduzierung etwaiger Unfallschäden getroffen.

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Arbeitsrecht

• Ohne eine solche Vollkaskoversicherung müsse die Verantwortlichkeit erst mühsam

geklärt werden. Zudem wäre dann das Risiko für den Arbeitnehmer höher,

dass er im Rahmen des innerbetrieblichen Schadensausgleiches

mehr zahlen müsse. • Daher sei die SB – Tragung durch den Arbeitnehmer interessenausgleichenend

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Arbeitsrecht

• Die Erwägung, dass der Arbeitnehmer durch das Kostenrisiko auch diszipliniert

wird, findet sich in dem Urteil nicht

• Sie mag aber mitgeschwungen haben, denn sonst wäre der Sorglosigkeit

Vorschub geleistet

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Arbeitsrecht

• 2.) Unfall auf Dienstfahrt

• Ohne eine entsprechende Klausel gilt die Rechtsprechung zum

innerbetrieblichen Schadenausgleich bei gefahrgeneigter Arbeit

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Arbeitsrecht

• - keine Kostenbeteiligung bei leichter Fahrlässigkeit

• - evtl. kleine Kostenbeteiligung bei mittlerer Fahrlässigkeit

• - große bis volle Kostenbeteiligung bei grober Fahrlässigkeit, aber immer begrenzt auf das aus dem Gehalt

mögliche, in der Regel max. 3 x netto

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Arbeitsrecht

• Fraglich ist nun, ob eine Kostentragungspflicht in Höhe der

Selbstbeteiligung auch bei dienstlich veranlassten Fahrten im

Dienstwagenüberlassungsvertrag vereinbart werden kann

• Das ist umstritten und nicht obergerichtlich geklärt

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Arbeitsrecht

• Ein vorformulierter Dienstwagenüberlassungsvertrag

folgt dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

• Enthält eine Klausel zwei Regelungen und ist eine davon unwirksam, ist die ganze

Klausel dahin

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Arbeitsrecht

• Deshalb empfiehlt es sich, eine Klausel für die Kostentragungspflicht bei privat

veranlassten Fahrten und ein weitere davon getrennte für die

Kostentragungspflicht bei dienstlich veranlassten Fahrten

zu verwenden, damit bei einem strengen Richter jedenfalls die für

Privatfahrten hält

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Themenwechsel

• Die weiteren Folien befassen sich mit Schadenersatzrecht

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Anwaltskosten

• Hier schon einmal behandelt ist das zurzeit eskalierende Thema der

Anwaltskosten für die Schadenregulierung

• Die Urteile ergehen Schlag auf Schlag

• Die Tendenz ist eindeutig zugunsten der Flotten

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Anwaltskosten

• Das AG Kassel hat mit Urteil vom 30.6.2009 - 415 C 6230/08 gesagt: „Wenn sich aber Versicherer – was gerichtsbekannt ist – selbst bei der Regulierung von – jedenfalls für den

Rechtskundigen – in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht eindeutigen Haftungsfällen bisweilen unter

bewusster Missachtung obergerichtlicher Rechtsprechung auf juristische Spitzfindigkeiten kaprizieren, so dürfte es für die Beklagte leicht

einzusehen sein, dass die Unfallabwicklung selbst bei dem Haftungsgrunde nach eindeutigen Haftungsfällen,

bei denen die Einstandspflicht der Versicherung des Schädigers dem Grunde nach feststeht, eben nur scheinbar um ‚einfach gelagerte’ Verkehrsunfälle

handelt.“

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Anwaltskosten

• AG Hamburg St. Georg, Urteil vom 21.4.2011- 915 C 520/10:

„Wegen der umfangreich wahrgenommenen Möglichkeiten der

Haftpflichtversicherer, Schadenpositionen aus einem Verkehrsunfall zu kürzen, darf auch ein

geschäftserfahrener Geschädigter sich von Anfang an zur Überprüfung etwaiger

Einwendungen der Versicherung der Hilfe eines

Rechtsanwaltes bedienen.“

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Anwaltskosten

• AG Frankfurt/M. Urteil vom 17.3.2011 - 29 C 2712/10:

• Das AG Frankfurt hat unter anderem darauf abgestellt, dass gerichtsbekannter

Weise Versicherungen bei „normalen“ Unfällen vielfältige Einwendungen

erheben, sodass sich damit niemand selbst auseinandersetzen muss.

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Anwaltskosten

• Nicht ohne Originalitätswert ist ein weiteres Urteil des AG Frankfurt vom 3.3.2010 - 29 C 74/11 – 46.

In jenem Fall hat eine Leasinggesellschaft Schadenersatzansprüche für eines ihrer Fahrzeuge

anwaltlich vertreten geltend gemacht. Die Sache schleppte sich von Februar 2008 bis September 2010.

Trotzdem hatte die Versicherung die Chuzpe, die Anwaltskosten nicht zu erstatten mit der – vor Gericht

erfolglosen - Begründung, es habe ein einfach gelagerter Fall ohne rechtliche Schwierigkeiten vorgelegen.

Mit denen will man dann nun wirklich keinen schwierigen Fall erleben…

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Anwaltskosten

• Das AG Köln vertritt mit Urteil vom 4.2.2011 - 272 C 224/10 die Auffassung, dass der

Geschädigte eine Flotte von Autos unterhalte und sogar eine Rechtsabteilung habe, spreche

nicht dagegen, dass er für die Regulierung eines Verkehrsunfalls einen externen Rechtsanwalt

auf Kosten der gegnerischen Haftpflichtversicherung einschaltet.

Denn die Rechtsmaterie rund um Verkehrsunfälle sei so kompliziert geworden, dass nur noch spezialisierte Rechtsanwälte in

der Lage seien, sie zu beherrschen

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Fiktive Abrechnung

• Ein Feld intensiven Kampfes ist nach wie vor die fiktive

Abrechnung, dort vor allem der anzusetzende

Stundenverrechnungssatz

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Neu: „VW-Entscheidung“

• Urteil vom 20.10.2009 – VI ZR 53/09

• Der BGH hat klargestellt, dass für die fiktive Abrechnung grundsätzlich weiterhin

der Stundenverrechnungssatz der Markenwerkstatt am Ort des Geschädigten die Basis ist.

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VW - Entscheidung

• a) Der Geschädigte darf seiner (fiktiven) Schadensberechnung grundsätzlich die

üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt

zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (Bestätigung des Senatsurteils

BGHZ 155, 1 ff.)

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VW - Entscheidung

• b) Will der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der

Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere

Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, muss der Schädiger darlegen und ggf. beweisen, dass eine Reparatur in dieser

Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen

Fachwerkstatt entspricht.

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VW-Entscheidung

• Also kann die Versicherung auch auf eine andere – auch markenfreie – Werkstatt verweisen, wenn die „gleichwertig“ ist.

• Die Beweislast für die Gleichwertigkeit liegt bei der Versicherung

• Gleiche Marke, auch autorisierte Werkstatt ist per se gleichwertig

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„VW-Entscheidung“

• Solange das Fahrzeug des Geschädigten aber noch in der Garantiezeit ist, ist das

unzumutbar („… in der Regel drei Jahre…“)

• Unzumutbar kann das auch sein, wenn der Geschädigte nachweist, dass er sein –auch älteres- Auto bisher ausschließlich in

der Markenwerkstatt betreuen ließ

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Keine Versicherungssonderpreise

• BGH Urteil vom 22.6.2010 – VI ZR 337/09

• Der Verweis auf eine andere Werkstatt ist unzumutbar, wenn sie wegen

Versicherungssonderpreisen billiger ist

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„Eurogarant-Entscheidung“

• BMW 5er, acht Jahre alt, ca. 140.000 km

• Also ein vom Versicherer gut ausgewählter Fall, denn solche Autos sind statistisch betrachtet überwiegend keine

Markenwerkstatt-Patienten mehr

• BGH Urteil vom 23.02.2010 – VI ZR 91/09 schafft nun Klarheit

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Eurogarant-Kriterien genügten

• Der Vortrag des Versicherers zur Gleichwertigkeit beschränkte sich auf die

Informationen, die drei im Prüfbericht genannten Werkstätten seien Mitglied im Zentralverband

Karosserie und Fahrzeugtechnik, sie seien zertifizierte Meisterbetriebe für Karosserie- und

Lackierarbeiten, deren Qualitätsstandard regelmäßig vom TÜV oder von der DEKRA kontrolliert werde. Es fänden ausschließlich

Originalersatzteile Verwendung und die Kunden erhielten mindestens drei Jahre Garantie. Das

hatte dem BGH genügt.

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Und ähnlich:

• „Soweit die Revision meint, dadurch sei nicht der Nachweis geführt, dass diese Werkstätten über

eine ausreichende Ausstattung und auch Erfahrung mit der Automarke Mercedes-Benz

verfügten, steht dem die unangegriffene Feststellung des Berufungsgerichts entgegen,

dass es für die Behebung der am Fahrzeug der Klägerin entstandenen Bagatellschäden

besonderer Erfahrungen mit dieser Automarke nicht bedurfte.“

• Urteil vom 13.07.2010 – VI ZR 259/09