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Magazin der EB Zürich Kantonale Berufsschule für Weiterbildung Nr. 39 – Herbst 2013 Fremdsprachen Vielsprachig zuhause – erfolgreich in der Welt? Jagdfieber Eine journalistische Pirsch auf 16 Seiten. Antonio Colaianni Spitzenkoch auf der Suche nach Einfachheit.

EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

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Fremdsprachen: Vielsprachig zuhause - erfolgreich in der Welt?

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Magazin der EB ZürichKantonale Berufsschule für WeiterbildungNr. 39 – Herbst 2013

FremdsprachenVielsprachig zuhause –erfolgreich in der Welt?

Jagdfi eberEine journalistische Pirsch auf 16 Seiten.

Antonio ColaianniSpitzenkoch auf der Suche nach Einfachheit.

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2 EB KURS Nr. 39

EDITORIAL

EB KURS

Nr. 39 – Herbst 2013

Magazin der EB Zürich,

Kantonale Berufsschule für Weiterbildung Zürich,

Riesbachstrasse 11, 8090 Zürich

TELEFON

0842 843 844

FAX

044 385 83 29

INTERNET

www.eb-zuerich.ch

E-MAIL

[email protected]

HERAUSGEBER

Serge Schwarzenbach (für die Geschäftsleitung)

REDAKTION

Christian Kaiser (silbensilber), Guido Stalder

GESTALTUNG

Giorgio Chiappa

MITARBEIT

Felix Aeppli, Mitra Devi, Fritz Keller, Annette Marti

FOTOS

Philipp Baer, Miriam Künzli

ILLUSTRATIONEN

Eva Kläui, Jan Zablonier

DRUCK

Ringier Adligenswil AG

TITELBILD

Reto Schlatter

GLOBALISIERTE SPRACHWELT

Wer in der Schweiz arbeiten will, muss polyglott sein: Sprachkenntnisse werden überall verlangt. Auf der Web-site der «Skischool St. Moritz» etwa fi nden wir unter «Jobs»: «Sie sind passionierter Skifahrer, fl exibel und spre-chen mind. 3 Sprachen? Zögern Sie nicht, und bewerben Sie sich.» Drei Sprachen sind auch Voraussetzung für eine Beschäftigung als Réceptionist in Bad Zurzach. Und bei den bekannten Basler Architekten Herzog und de Meuron werden Mitarbeitende gesucht, die «Fluent in English (Chinese is a plus)» sind. Welche (Fremd-)Sprachen die Betriebe voraussetzen, wie sie gelernt und gefördert wer-den, damit beschäftigt sich unser Hauptartikel ab Seite 8.

Wissen Sie, was ein «Perückenbock» ist? Keine Sorge, die Jägersprache beherrschen nur wenige, obwohl der Jagdtrieb in unseren Genen liegt. Wohin uns das Jagdfi eber im 21. Jahrhundert so treibt, wollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 23. Bildungsgangs Journalismus wis-sen. Also sind sie auf die Pirsch gegangen, und ihre Aus-beute auf 16 Seiten ist garantiert kein Jägerlatein. Den Pe-rückenbock als Auftakt dazu fi nden Sie in der Heftmitte.

Mitten in der Bündner Hochjagd, am 20. September, wird die EB Zürich zehnjährig. Hervorgegangen ist sie aus der EB Wolfbach, die vor vierzig Jahren entstand. Feiern Sie den doppelten Geburtstag mit uns am Tag der Offe-nen Türe: Es gibt viel zu sehen, zu hören und zu probieren (Programm Seite 23).

Herzlich willkommen!

Serge SchwarzenbachHerausgeber

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2 EB KURS Nr. 39

EDITORIAL

EB KURS

Nr. 39 – Herbst 2013

Magazin der EB Zürich,

Kantonale Berufsschule für Weiterbildung Zürich,

Riesbachstrasse 11, 8090 Zürich

TELEFON

0842 843 844

FAX

044 385 83 29

INTERNET

www.eb-zuerich.ch

E-MAIL

[email protected]

HERAUSGEBER

Serge Schwarzenbach (für die Geschäftsleitung)

REDAKTION

Christian Kaiser (silbensilber), Guido Stalder

GESTALTUNG

Giorgio Chiappa

MITARBEIT

Felix Aeppli, Mitra Devi, Fritz Keller, Annette Marti

FOTOS

Philipp Baer, Miriam Künzli

ILLUSTRATIONEN

Eva Kläui, Jan Zablonier

DRUCK

Ringier Adligenswil AG

TITELBILD

Reto Schlatter

GLOBALISIERTE SPRACHWELT

Wer in der Schweiz arbeiten will, muss polyglott sein: Sprachkenntnisse werden überall verlangt. Auf der Web-site der «Skischool St. Moritz» etwa fi nden wir unter «Jobs»: «Sie sind passionierter Skifahrer, fl exibel und spre-chen mind. 3 Sprachen? Zögern Sie nicht, und bewerben Sie sich.» Drei Sprachen sind auch Voraussetzung für eine Beschäftigung als Réceptionist in Bad Zurzach. Und bei den bekannten Basler Architekten Herzog und de Meuron werden Mitarbeitende gesucht, die «Fluent in English (Chinese is a plus)» sind. Welche (Fremd-)Sprachen die Betriebe voraussetzen, wie sie gelernt und gefördert wer-den, damit beschäftigt sich unser Hauptartikel ab Seite 8.

Wissen Sie, was ein «Perückenbock» ist? Keine Sorge, die Jägersprache beherrschen nur wenige, obwohl der Jagdtrieb in unseren Genen liegt. Wohin uns das Jagdfi eber im 21. Jahrhundert so treibt, wollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 23. Bildungsgangs Journalismus wis-sen. Also sind sie auf die Pirsch gegangen, und ihre Aus-beute auf 16 Seiten ist garantiert kein Jägerlatein. Den Pe-rückenbock als Auftakt dazu fi nden Sie in der Heftmitte.

Mitten in der Bündner Hochjagd, am 20. September, wird die EB Zürich zehnjährig. Hervorgegangen ist sie aus der EB Wolfbach, die vor vierzig Jahren entstand. Feiern Sie den doppelten Geburtstag mit uns am Tag der Offe-nen Türe: Es gibt viel zu sehen, zu hören und zu probieren (Programm Seite 23).

Herzlich willkommen!

Serge SchwarzenbachHerausgeber

Herbst 2013 3

INHALT

5 PORTRÄT Das kommt Sandra Fritz überhaupt nicht Spa-nisch vor: Sie besucht einen Kurs, in dem südländisches Temperament und Spielfreude inbegriffen sind. So hat sie erst mal Spass und lernt die Sprache quasi nebenbei.

6 EVENT Computer bestimmen unseren Alltag: Friedemann Mattern von der ETH Zürich zeigt auf, wie Science-Fiction zur Realität wird – faszinierend und beängstigend zugleich.

8 FREMDSPRACHEN Zehn Prozent unseres Wohlstands verdanken wir unserer Mehrsprachigkeit. Umso erstaunli-cher, dass es bei der Fremdsprachen-Bildung erhebliche Lü-cken gibt; ein Manko, das schlecht zur Globalisierung passt.

18 PERSÖNLICH Anna-Lydia Florin fragt Leuten gern Lö-cher in den Bauch – vor laufender Kamera. Sie liefert aber auch Antworten: in ihrem Dokumentarfi lm über die Indi-genen im Amazonas ebenso wie als Kursleiterin für Dreh-buch und Video.

20 KURSFENSTER Die Variation ist ein Mittel zur Komposi-tion, sowohl in der Musik als auch beim Schreiben. Wie sich Texte variieren lassen, zeigte die Schriftstellerin Do-rothée Elmiger in einem Workshop – und bewies in einer öffentlichen Lesung, dass sie diese Kunst beherrscht.

24 IM GESPRÄCH Antonio Colaianni ist einer der besten Köche Zürichs und der Schweiz. Aber er ist nur glücklich, wenn er seinen Gästen beim Essen zuschauen kann. Denn er hat am eigenen Leib erfahren, dass Erfolg ohne Freude am Schaffen einen auffressen kann.

KURZSTOFFE

4 Gesehen, gehört 15 WeiterBILDung 16 Kolumne 17 Tag der offenen Tür 23 Mail an die Expertin 27 Seinerzeit Tagesthema 28 Kultur 29 Tipps und Tricks 30 Agenda 31 So fi nden Sie uns

BEILAGE IN DER HEFTMITTE

Geschichten rund ums Jagdfi eber – gesammelt von Absolventinnen und Absolventen des Bildungsgangs Journalismus

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4 EB KURS Nr. 39

GESEHEN, GEHÖRT

GEWICHTIGES ANGEBOTUmfassende Weiterbildung. Soeben erschienen ist das neue Gesamtprogramm der EB Zürich, und es hat es in sich. Auf gut 400 Seiten fi nden sich über 1800 Weiterbildungsangebote, die noch dieses Jahr beginnen – Kurse, Bildungsgänge, Ateliers und Einzelberatungen. 85 Ange-bote sind neu, als kleine Auswahl: Fremdsprachen zum Ausprobieren (Dop-pellektion zum Schnuppern), verschie-denste Anwendungen für Tablets, Kurse zum 3D-Drucken, zahlreiche neue Deutschkurse zu Einzelthemen, oder eine Anleitung, wie man sein privates Budget in den Griff bekommt.Programm erhältlich unter 0842 843 844 oder [email protected]

LESEN LERNEN MIT FACEBOOKLustvolles Quiz. Wie erreicht man Leute, die nicht richtig lesen, schreiben und rechnen können? Damit befasst sich die europäische Lernpartnerschaft Someba, an der die EB Zürich aktiv mitarbeitet. Ein speziell gelun-genes Projekt: das Dennis-Spiel auf iCHANCE TV. Im gefakten Fernsehquiz müssen Wörter buchstabenweise erraten werden. Dabei geht es um die Wurst, von der bei jedem falsch geratenen Buchstaben ein Stück weg-fällt – bis das Wort erraten oder die Wurst eben gegessen ist. Wer will, lädt weitere Facebook-Freunde zum Mitspielen ein. Die hohe Anzahl von «Likes» auf Facebook zeigt, dass es funktioniert.Weitere Infos auf www. someba.eu und www.ichance.de

PREIS UND AUSSTELLUNGEindrückliche Geschichten. Lena Maria Thüring, die ihr Video-Handwerk zum grossen Teil an der EB Zürich gelernt hat, zeigt ihre Arbeiten in einer Einzelausstellung im Basler Museum für Gegenwartskunst. Thüring, aktuelle Trägerin des Manor-Kunstpreises Basel, interessiert sich vor allem für soziokulturelle Hintergründe. Sie porträtiert stellver-tretend Orte oder individuelle Geschichten in einer sehr sorgfältigen und oft überraschenden Art. Ein Beispiel dafür ist das Porträt eines jungen Polizisten, der immer wieder ein Aquarium in einem Museum besucht und dort über seine Situation sinniert.Museum für Gegenwartskunst Basel, ab 28. September 2013

HELFEN BEIM TEXTENSchreibberatung. Abschlussarbeiten, Studienarbeiten, Vertiefungsarbeiten und wie auch immer sie heissen: Solche Arbeiten in Studium und berufl icher Weiterbildung bedeuten meistens grosse Belastung, Unsicherheit und Stress. Und das nicht nur für die Schreibenden, sondern auch für die-jenigen, die sie begleiten und beurtei-len sollen. Die beiden EB-Zürich-Kursleiterinnen Madeleine Marti und Marianne Ulmi haben mit zwei weite-ren Autorinnen zusammengestellt, worauf es dabei ankommt. Ihr Buch «Textdiagnose und Schreibberatung» liefert Grundlagen und erprobte praktische Hilfen.Buchvernissage an der EB Zürich, 5. Dezember 2013, Aula (siehe auch Agenda, Seite 30)

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4 EB KURS Nr. 39

GESEHEN, GEHÖRT

GEWICHTIGES ANGEBOTUmfassende Weiterbildung. Soeben erschienen ist das neue Gesamtprogramm der EB Zürich, und es hat es in sich. Auf gut 400 Seiten fi nden sich über 1800 Weiterbildungsangebote, die noch dieses Jahr beginnen – Kurse, Bildungsgänge, Ateliers und Einzelberatungen. 85 Ange-bote sind neu, als kleine Auswahl: Fremdsprachen zum Ausprobieren (Dop-pellektion zum Schnuppern), verschie-denste Anwendungen für Tablets, Kurse zum 3D-Drucken, zahlreiche neue Deutschkurse zu Einzelthemen, oder eine Anleitung, wie man sein privates Budget in den Griff bekommt.Programm erhältlich unter 0842 843 844 oder [email protected]

LESEN LERNEN MIT FACEBOOKLustvolles Quiz. Wie erreicht man Leute, die nicht richtig lesen, schreiben und rechnen können? Damit befasst sich die europäische Lernpartnerschaft Someba, an der die EB Zürich aktiv mitarbeitet. Ein speziell gelun-genes Projekt: das Dennis-Spiel auf iCHANCE TV. Im gefakten Fernsehquiz müssen Wörter buchstabenweise erraten werden. Dabei geht es um die Wurst, von der bei jedem falsch geratenen Buchstaben ein Stück weg-fällt – bis das Wort erraten oder die Wurst eben gegessen ist. Wer will, lädt weitere Facebook-Freunde zum Mitspielen ein. Die hohe Anzahl von «Likes» auf Facebook zeigt, dass es funktioniert.Weitere Infos auf www. someba.eu und www.ichance.de

PREIS UND AUSSTELLUNGEindrückliche Geschichten. Lena Maria Thüring, die ihr Video-Handwerk zum grossen Teil an der EB Zürich gelernt hat, zeigt ihre Arbeiten in einer Einzelausstellung im Basler Museum für Gegenwartskunst. Thüring, aktuelle Trägerin des Manor-Kunstpreises Basel, interessiert sich vor allem für soziokulturelle Hintergründe. Sie porträtiert stellver-tretend Orte oder individuelle Geschichten in einer sehr sorgfältigen und oft überraschenden Art. Ein Beispiel dafür ist das Porträt eines jungen Polizisten, der immer wieder ein Aquarium in einem Museum besucht und dort über seine Situation sinniert.Museum für Gegenwartskunst Basel, ab 28. September 2013

HELFEN BEIM TEXTENSchreibberatung. Abschlussarbeiten, Studienarbeiten, Vertiefungsarbeiten und wie auch immer sie heissen: Solche Arbeiten in Studium und berufl icher Weiterbildung bedeuten meistens grosse Belastung, Unsicherheit und Stress. Und das nicht nur für die Schreibenden, sondern auch für die-jenigen, die sie begleiten und beurtei-len sollen. Die beiden EB-Zürich-Kursleiterinnen Madeleine Marti und Marianne Ulmi haben mit zwei weite-ren Autorinnen zusammengestellt, worauf es dabei ankommt. Ihr Buch «Textdiagnose und Schreibberatung» liefert Grundlagen und erprobte praktische Hilfen.Buchvernissage an der EB Zürich, 5. Dezember 2013, Aula (siehe auch Agenda, Seite 30)

Herbst 2013 5

PORTRÄT

Erlebte Sprache. Sandra Fritz besucht schon den vierten Spanisch-Kurs an der EB Zürich, zusam-men mit ihrem Freund. Da wird viel gelacht und gespielt, natürlich auf Spanisch. Und wenn es zum Thema passt, kann schon mal der Rächer der Armen auftreten, der leibhaftige Zorro.

Aufgezeichnet GUIDO STALDER Bild MIRIAM KÜNZLI

«Unser Kursleiter Diego ist sehr motiviert, bei ihm läuft immer etwas. Jeden Montagabend stellen wir die Tische um, damit wir im Halbkreis sitzen. Dann gibt es viele Übungen, oft zu zweit, wir machen Rollenspiele oder haben etwas vorbereitet. Heute Abend zum Beispiel gibt es eine kleine Ausstellung über Peru. Dazu müssen wir Fotos mitbringen und eine kurze Geschichte erzäh-len. So lernen wir die Sprache quasi nebenbei.

Im Kurs geht es immer auch um die Kultur, die zur Spra-che gehört. Weil Diego spanische und kolumbianische Wurzeln hat, kann er uns die Unterschiede sehr gut ver-mitteln. Wir haben jeweils die «frase de la semana», das Sprichwort der Woche, und versuchen herauszufinden, was es bedeutet. Das ist manchmal wirklich witzig, weil die wörtliche Übersetzung oft absurd ist. Sprich-wörter sagen viel über ein Land und seine Leute aus.

Viel Spass macht auch das Spanisch-Würfeln. Diego hat einen aufblasbaren Würfel, auf dessen Seiten er ver-

schiedene Wörter schreiben kann. Mit dem Wort, das wir würfeln, müssen wir dann einen Satz bilden. Da muss man ganz schön schnell sein. Witzig war aber auch der Auftritt des Ersatzlehrers Enrique: Wir hatten eine Geschichte über Zorro gelesen, den Rächer der Ar-men, und waren gerade an einer Schreibübung. Plötz-lich stand Enrique im Zorro-Kostüm vor uns, mit schwarzem Umhang und Augenbinde. Zuerst sind wir erschrocken, nachher erholten wir uns kaum mehr vor Lachen.

Ich besuche den Kurs zusammen mit meinem Freund Thomas. Seither ist bei uns am Sonntag immer Haus-aufgaben-Tag, dann heisst es: Ich habe schon gelernt, und du? – Yo también, ich auch! Am Montag ist Kurs, am Dienstagmorgen probiere ich es gleich im Büro aus. Hier habe ich einige Kolleginnen aus Südamerika. Sie haben mir letztes Jahr auch gute Tipps gegeben, was Thomas und ich uns auf unserer Reise nach Peru und Ecuador unbedingt ansehen müssten. Das war nach unserem allerersten Kurs, wir wollten natürlich unser Spanisch testen. Und tatsächlich: Wir konnten nach dem Weg fragen und das Essen bestellen, und die Leute haben uns auch wirklich verstanden.

Einen Alltags-Test gibt es auch immer am Schlussabend des Kurses. Dann gehen wir mit der ganzen Gruppe in eine Tapas-Bar in Zürich und versuchen, möglichst spa-nisch zu sein. Wir stossen auf uns an und beschliessen, auch beim nächsten Kurs wieder dabei zu sein. Thomas und ich haben noch jedes Mal Wort gehalten.»

Spanisch-Würfeln bei Diego

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6 EB KURS Nr. 39

EVENT

Friedemann Mattern ist kein Schwärmer und Phantast, sondern Wissenschafter: Prof. Dr. und Leiter des Departementes Informatik an der ETH Zürich. Wenn er einen Blick in die Computer-Zukunft wagt, ist das oft ein Blick in die Entwicklungslabors, in denen viel schon verwirklicht ist. Was kom-merziell interessant ist, wird den Weg auch auf den Markt finden. Mattern: «Jetzt geht es sehr schnell.»

Rasante Entwicklung. Wie schnell es gehen kann, zeigte die Geschichte des Mobiltelefons. Die Prototypen vor sechzig Jahren waren gross wie eine Schuhschachtel, schwer, pannenanfällig, teuer, und sie konnten gerade mal eine kräch-zende Stimme weiterleiten. Da-mals habe man sich gefragt, wer denn so ein Mobiltelefon über-haupt brauche, so Mattern, «und heute kann man keine Familie mehr ohne Handy managen».

Die Mobiltelefone – längst mutiert zu Natel, Handy, Smartphone – wurden immer kleiner, billiger und konnten immer mehr: Zur Sprache kamen Text, Multimedia,

Internet. Kurz vor Marktreife oder bereits auf dem Markt sind biegbare Displays oder auch Bildprojektio-nen in die Luft. Immer kleinere und leistungsfähigere Sensoren messen Licht, Temperatur, Druck, Bewegungen und vieles mehr. Sie gleichen ihre Daten mit anderen Quellen ab und können Befehle an Geräte auslösen.

Intelligente Dinge. Sensoren gehö-ren längst zu unserem Alltag: Bewe-gungsmelder, die das Garagentor automatisch öffnen, oder Lichtsen-soren, die Fensterstoren herunter-fahren. Neu ist aber, dass sie über-all stecken und sich untereinander und mit dem Internet verbinden. Dieses «Internet der Dinge» (so ein Buchtitel von Friedemann Mattern) ermöglicht viele praktische An-wendungen: Der Autoreifen meldet, wenn ihm die Luft ausgeht. Die Pflanze reklamiert, wenn sie zu wenig Wasser hat. Die Heizung er-kennt, dass die Bewohnerin auf dem Heimweg ist (via deren Handy) und schaltet zwei Grad höher.

In Seniorenwohnungen wachen Sensoren darüber, dass keine

Science-Fiction wird RealitätMini-Computer überall. Autos werden von einem Büro aus gesteuert,

Haushaltgeräte erkennen die Wünsche der Menschen, und Windeln funken

Auffälliges über die Ausscheidungen des Babys. Das ist teilweise schon Reali-

tät, und es kommt noch viel mehr: Informatik-Professor Friedemann Mattern

zeigte an der EB Zürich, wie Mini-Computer unser Leben verändern.

Text GUIDO STALDER Bild MIRIAM KÜNZLI

Page 7: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

6 EB KURS Nr. 39

EVENT

Friedemann Mattern ist kein Schwärmer und Phantast, sondern Wissenschafter: Prof. Dr. und Leiter des Departementes Informatik an der ETH Zürich. Wenn er einen Blick in die Computer-Zukunft wagt, ist das oft ein Blick in die Entwicklungslabors, in denen viel schon verwirklicht ist. Was kom-merziell interessant ist, wird den Weg auch auf den Markt finden. Mattern: «Jetzt geht es sehr schnell.»

Rasante Entwicklung. Wie schnell es gehen kann, zeigte die Geschichte des Mobiltelefons. Die Prototypen vor sechzig Jahren waren gross wie eine Schuhschachtel, schwer, pannenanfällig, teuer, und sie konnten gerade mal eine kräch-zende Stimme weiterleiten. Da-mals habe man sich gefragt, wer denn so ein Mobiltelefon über-haupt brauche, so Mattern, «und heute kann man keine Familie mehr ohne Handy managen».

Die Mobiltelefone – längst mutiert zu Natel, Handy, Smartphone – wurden immer kleiner, billiger und konnten immer mehr: Zur Sprache kamen Text, Multimedia,

Internet. Kurz vor Marktreife oder bereits auf dem Markt sind biegbare Displays oder auch Bildprojektio-nen in die Luft. Immer kleinere und leistungsfähigere Sensoren messen Licht, Temperatur, Druck, Bewegungen und vieles mehr. Sie gleichen ihre Daten mit anderen Quellen ab und können Befehle an Geräte auslösen.

Intelligente Dinge. Sensoren gehö-ren längst zu unserem Alltag: Bewe-gungsmelder, die das Garagentor automatisch öffnen, oder Lichtsen-soren, die Fensterstoren herunter-fahren. Neu ist aber, dass sie über-all stecken und sich untereinander und mit dem Internet verbinden. Dieses «Internet der Dinge» (so ein Buchtitel von Friedemann Mattern) ermöglicht viele praktische An-wendungen: Der Autoreifen meldet, wenn ihm die Luft ausgeht. Die Pflanze reklamiert, wenn sie zu wenig Wasser hat. Die Heizung er-kennt, dass die Bewohnerin auf dem Heimweg ist (via deren Handy) und schaltet zwei Grad höher.

In Seniorenwohnungen wachen Sensoren darüber, dass keine

Science-Fiction wird RealitätMini-Computer überall. Autos werden von einem Büro aus gesteuert,

Haushaltgeräte erkennen die Wünsche der Menschen, und Windeln funken

Auffälliges über die Ausscheidungen des Babys. Das ist teilweise schon Reali-

tät, und es kommt noch viel mehr: Informatik-Professor Friedemann Mattern

zeigte an der EB Zürich, wie Mini-Computer unser Leben verändern.

Text GUIDO STALDER Bild MIRIAM KÜNZLI

Herbst 2013 7

EVENT

Herdplatte gefährlich heiss wird und das Badewasser nicht über-läuft. Bewegungsmelder geben Hin-weise auf einen allfälligen Sturz des Bewohners und lösen automa-tisch eine Meldung aus. Dadurch können alte Menschen länger in ihrer eigenen Wohnung bleiben.

Der neuste Schrei: In den USA kommen in den nächsten Wochen clevere Windeln auf den Markt: Biosensoren analysieren den Urin des Babys die Daten können via Handy erfasst werden und geben Hinweise, ob das Baby gesund ist. Diese smarten (Einweg-)Windeln sollen bloss ein Drittel teurer sein als normale.

Realität plus. Ebenfalls schon da ist die «erweiterte Realität»: Ich halte das Smartphone vor die Bergkette, und das Gerät projiziert die Namen der Gipfel und ihre Höhen darauf. Auf Wunsch natürlich die Berg-bahnen und Restaurants, mit Fahr-plan und Speisekarte. Auf Woh-nungssuche richte ich das Smart-phone auf das entprechende Haus und sehe: Die Wohnung im dritten Stock ist zu haben auf Anfang Ok-

tober, zweieinhalb Zimmer, kostet 1950 Franken inklusive. Den Grund-riss kann ich auch gleich einblen-den.

«Ich sehe was, was du nicht siehst»: Diese Overlay-Technik (Informatio-nen über das Bild legen) wird unsere Realtität erweitern. Sie kann Sehen bei Dunkelheit ermöglichen, oder als Sprachvariante Hörbehinderten helfen. Autofahren mit Navigations-gerät wird sich radikal ändern. Die Anleitungen werden direkt auf der Windschutzscheibe abgebildet, über dem realen Bild. Friedemann Mat-tern: «Unsere Enkel werden sich später kaputt lachen, wie wir das heute noch machen.» Denkbar ist sogar, dass wir ins Auto steigen und das Fahren einer fremden Per-son übergeben, die das von einem Tele-Arbeitsplatz aus macht. Das, so Mattern, erzeuge dann viel-leicht Arbeitsplätze im Bündner-land oder auch in Indien.

Gut oder böse? Diese Technik werde kommen, so das Fazit des Compu-ter-Wissenschafters, und es werde eine sehr mächtige Technik sein. Mattern: «Sie muss allen zugäng-

lich sein, und es ist wichtig, dass sie kontrolliert wird.» Schwierig mache, dass es sich nicht um et-was an sich Neues handle wie etwa die Gentechnologie, sondern dass viele bestehende Einzel-Technolo-gien in hohem Tempo weiter ent-wickelt, miteinander verbunden und neu angewendet würden. Bei-spielhaft ist hier die geheimnis-umwitterte «Google-Brille»: Sie hat ein Smartphone in eine Brille inte-griert und treibt damit die erwei-terete Realität auf die (momenta-ne) Spitze. In den Spielcasinos der USA ist sie bereits verboten – der Missbrauch wäre zu naheliegend.

Etwas Grundsätzliches bereitet Friedemann Mattern «wirklich Sorge»: Wir seien schleichend technikabhängig geworden. Als zum Beispiel in einer Nacht einige Zeit das Swisscom-Netz ausfiel, er-gab sich ein Chaos bei den SBB. Es konnten keine Ersatz-Lokführer aufgeboten werden, wie das zum normalen Betriebsablauf gehören würde. Mattern: «Diese Technik-abhängigkeit ist ein echtes Prob-lem, und es gibt noch keine wirkli-che Lösung dafür.»

Page 8: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

8 EB KURS Nr. 39

FREMDSPRACHEN

Die Aussage überrascht. «Stadler Rail fuhr lange schweizerdeutsch», sagt der HR-Leiter Markus Frei von Stadler Bussnang. «In unserem Be-trieb sind 35 Nationalitäten vertre-ten, aber wir verlangen von allen, dass sie Deutsch können.» Mittler-weile werden die im Thurgau gefer-tigten Züge in viele nicht deutsch-sprachige Länder exportiert, Pro-duktionsstandorte in Tschechien, Ungarn, Algerien und anderswo gehören zur Holding. Und so wach-se auch das Bewusstsein, dass Schweizerdeutsch mit Standard-deutsch und Standarddeutsch mit Englisch oder anderen Fremdspra-chen ergänzt werden müsse, sagt der Personalverantwortliche Frei. «Wollen wir konkurrenzfähig blei-ben, müssen wir da mitziehen.»

Produktionsfaktor Mehrsprachigkeit. Für gut 200 Milliarden Franken produzierten Schweizerinnen und Schweizer 2012 Waren und Dienst-leistungen, die sie ins Ausland ex-portierten, vor allem nach Deutsch-

land, in die Vereinigten Staaten, nach Italien, aber auch nach Frank-reich, in die Arabischen Emirate, auch nach China. Verkauft werden hauptsächlich chemische Produkte und Pharmazeutika, Uhren und andere Präzisionsinstrumente, Ma-schinen, Apparate, Elektronik. Un-denkbar ohne Fremdsprachen-kenntnisse. In einem globalisierten Umfeld gehören diese mit dazu, sie sind nötig und werden wie das Bei-spiel von Stadler Rail zeigt, immer wichtiger. «Effective cross-border communication and collaboration are becoming critical to the finan-cial success of companies with in-ternational aspirations», wird 2012 in einem Report der Economic In-telligence Unit festgehalten.

Kann der Beitrag der Fremdspra-chenkenntnisse zum Bruttoinland-produkt gemessen werden? «In der Schweiz trägt die Mehrsprachig-keit ca. 10 Prozent zur Wertschöp-fung bei, in einigen Wirtschafts-branchen sogar mehr als 20 Pro-

Geschäften in fremden ZungenErfolg dank Mehrsprachigkeit. Zehn Prozent des wirtschaftlichen Erfolgs

in der Schweiz sind der Mehrsprachigkeit zu verdanken, so eine Studie der

Universität Genf. Bei näherem Hinsehen könnten Fremdsprachen aber

noch durchaus stärker gefördert werden. Denn: Fremdsprachenkenntnisse

sind in Zeiten der Globalisierung ein Muss.

Text FRITZ KELLER Bilder MIRIAM KÜNZLI

Page 9: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

8 EB KURS Nr. 39

FREMDSPRACHEN

Die Aussage überrascht. «Stadler Rail fuhr lange schweizerdeutsch», sagt der HR-Leiter Markus Frei von Stadler Bussnang. «In unserem Be-trieb sind 35 Nationalitäten vertre-ten, aber wir verlangen von allen, dass sie Deutsch können.» Mittler-weile werden die im Thurgau gefer-tigten Züge in viele nicht deutsch-sprachige Länder exportiert, Pro-duktionsstandorte in Tschechien, Ungarn, Algerien und anderswo gehören zur Holding. Und so wach-se auch das Bewusstsein, dass Schweizerdeutsch mit Standard-deutsch und Standarddeutsch mit Englisch oder anderen Fremdspra-chen ergänzt werden müsse, sagt der Personalverantwortliche Frei. «Wollen wir konkurrenzfähig blei-ben, müssen wir da mitziehen.»

Produktionsfaktor Mehrsprachigkeit. Für gut 200 Milliarden Franken produzierten Schweizerinnen und Schweizer 2012 Waren und Dienst-leistungen, die sie ins Ausland ex-portierten, vor allem nach Deutsch-

land, in die Vereinigten Staaten, nach Italien, aber auch nach Frank-reich, in die Arabischen Emirate, auch nach China. Verkauft werden hauptsächlich chemische Produkte und Pharmazeutika, Uhren und andere Präzisionsinstrumente, Ma-schinen, Apparate, Elektronik. Un-denkbar ohne Fremdsprachen-kenntnisse. In einem globalisierten Umfeld gehören diese mit dazu, sie sind nötig und werden wie das Bei-spiel von Stadler Rail zeigt, immer wichtiger. «Effective cross-border communication and collaboration are becoming critical to the finan-cial success of companies with in-ternational aspirations», wird 2012 in einem Report der Economic In-telligence Unit festgehalten.

Kann der Beitrag der Fremdspra-chenkenntnisse zum Bruttoinland-produkt gemessen werden? «In der Schweiz trägt die Mehrsprachig-keit ca. 10 Prozent zur Wertschöp-fung bei, in einigen Wirtschafts-branchen sogar mehr als 20 Pro-

Geschäften in fremden ZungenErfolg dank Mehrsprachigkeit. Zehn Prozent des wirtschaftlichen Erfolgs

in der Schweiz sind der Mehrsprachigkeit zu verdanken, so eine Studie der

Universität Genf. Bei näherem Hinsehen könnten Fremdsprachen aber

noch durchaus stärker gefördert werden. Denn: Fremdsprachenkenntnisse

sind in Zeiten der Globalisierung ein Muss.

Text FRITZ KELLER Bilder MIRIAM KÜNZLI

Herbst 2013 9

FREMDSPRACHEN

zent.» So steht es als Antwort auf obige Frage im Abschlussbericht ei-ner Studie, die Wissenschafter rund um Professor François Grin von der Universität Genf im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms 56 «Sprachenvielfalt und Sprach-kompetenz in der Schweiz» 2009 durchführten. Mehrsprachigkeit ist demnach genauso ein Produkti-onsfaktor wie Kapital, Arbeitszeit oder Bildungsniveau. Und so liegt es auch im Interesse der exportie-renden, aber auch der importie-renden Firmen, dass Schweizer Ar-beitnehmende Fremdsprachkom-petenzen mit im Bildungsruck-sack haben und diese einbringen können.

Wie kommunizieren? Vergessen geht bei der Diskussion über Mehrspra-chigkeit und möglichen Profit im Ausland manchmal, dass in einer globalisierten Wirtschaft auch die Migration von Arbeitskräften zu-nimmt. Das führt dazu, dass sich in vielen Betrieben die Sprachen

mischen und dadurch früher oder später die Frage aufkommt, in wel-cher Sprache innerbetrieblich kom-muniziert werden soll. Verschiede-ne Strategien sind dazu denkbar: die Anpassung an die Lokalspra-che, Anpassung an die Sprache des Stammhauses, dritte Sprache als Kompromiss, das Mischen von Spra-chen u.a.m. Im Idealfall werden auch exotischere Fremdsprachen-kenntnisse als Teil einer Diversity wahrgenommen, und der Betrieb kann daraus seinen Nutzen zie-hen. Wenn Stadler Rail Züge in die Ukraine exportiert, sind sie, wie Markus Frei sagt, «sehr froh» um die Russischkenntnisse ihrer hier angestellten deutschrussischen In-genieure.

Umgekehrt erstaunt es nicht, wenn in der Studie «Sprachenviel-falt und Sprachkompetenz in der Schweiz» – auch sie im Rahmen des NFP-Projekts 56 – fast die Hälfte aller schweizerdeutsch sprechen-den Personen angeben, sie sähen

Standarddeutsch als ihre erste Fremdsprache. Sprachwissenschaft-lich mag das nicht gerechtfertigt sein, aber es zeigt das Spannungs-feld, wenn Mitarbeitende allen-falls zum Gebrauch des Standard-deutschen angehalten werden und dabei die Redefertigkeit von Deut-schen als mögliche Bedrohung an-sehen. Aus historischen Gründen wohl etwas weniger emotionsgela-den wird hierzulande das Zusam-mentreffen von englischen «native speakers» und Englisch als Zweit-sprache praktizierenden Mitarbei-tenden empfunden. Ohne Einfluss auf die Sprachkultur eines Unter-nehmens bleibt auch das nicht.

Häufi ger Wechsel. Wie sieht der Gebrauch von Fremdsprachen in den Schweizer Betrieben aus? Zah-len dafür gibt es aus der bereits er-wähnten Studie von Professor Grin. Wichtig dabei ist, dass die Daten auf Erhebungen bei Indust-riebetrieben beruhen, nicht aber bei Dienstleistungsbetrieben, wo

Page 10: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

10 EB KURS Nr. 39

FREMDSPRACHEN

Quelle: Schlussbericht Projekt Leap: Fremdsprachen im Beruf: eine wirtschaftliche Analyse

DEUTSCH

ENGLISCH

FRANZÖSISCH ITALIENISCH

35.9

29.5

33.8 51.6

17.9

18.027.5

51.8

11.8

(Fast) täglicher Sprachgebrauch an der Arbeit in der Schweizer Industrieder Gebrauch von Fremdsprachen noch höher sein dürfte. Gut 35 Prozent aller Deutschschweizer sprechen danach in ihrem Beruf fast jeden Tag Französisch, fast gleich viele Englisch, knapp 18 Prozent Italienisch. Umgekehrt brauchen Romands und Tessiner in ihrem Geschäftsalltag zu einem hohen Prozentsatz Deutsch (29.5 Prozent resp. 51.6 Prozent; siehe Grafik rechts.) Auch Englisch spielt hier eine wichtige Rolle.

Interessanterweise geht aus der Studie hervor, dass andere Spra-chen im Vergleich nur eine margi-nale Rolle spielen, selbst das weit verbreitete Spanisch wird nur we-nig gebraucht. Interessanterweise müssen laut der Studie viele Ange-stellte Fremdsprachen bei ihrer Arbeit einsetzen, obwohl das im Stellenprofil gar nicht ausdrück-lich vorgesehen ist. Da besteht da und dort Weiterbildungsbedarf.

Mässige Förderung. Aber schweize-rische Unternehmen tun zu wenig, um die Fremdsprachenkenntnisse ihrer Mitarbeitenden zu fördern. Dies geht aus einer Studie der Fach-hochschule Nordwestschweiz her-vor. Danach gewähren über 60 Pro-zent der Betriebe gemäss Angaben von Mitarbeitenden keinerlei Unter-stützung bei der Fremdsprachen-weiterbildung. Lediglich ein Viertel

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10 EB KURS Nr. 39

FREMDSPRACHEN

Quelle: Schlussbericht Projekt Leap: Fremdsprachen im Beruf: eine wirtschaftliche Analyse

DEUTSCH

ENGLISCH

FRANZÖSISCH ITALIENISCH

35.9

29.5

33.8 51.6

17.9

18.027.5

51.8

11.8

(Fast) täglicher Sprachgebrauch an der Arbeit in der Schweizer Industrieder Gebrauch von Fremdsprachen noch höher sein dürfte. Gut 35 Prozent aller Deutschschweizer sprechen danach in ihrem Beruf fast jeden Tag Französisch, fast gleich viele Englisch, knapp 18 Prozent Italienisch. Umgekehrt brauchen Romands und Tessiner in ihrem Geschäftsalltag zu einem hohen Prozentsatz Deutsch (29.5 Prozent resp. 51.6 Prozent; siehe Grafik rechts.) Auch Englisch spielt hier eine wichtige Rolle.

Interessanterweise geht aus der Studie hervor, dass andere Spra-chen im Vergleich nur eine margi-nale Rolle spielen, selbst das weit verbreitete Spanisch wird nur we-nig gebraucht. Interessanterweise müssen laut der Studie viele Ange-stellte Fremdsprachen bei ihrer Arbeit einsetzen, obwohl das im Stellenprofil gar nicht ausdrück-lich vorgesehen ist. Da besteht da und dort Weiterbildungsbedarf.

Mässige Förderung. Aber schweize-rische Unternehmen tun zu wenig, um die Fremdsprachenkenntnisse ihrer Mitarbeitenden zu fördern. Dies geht aus einer Studie der Fach-hochschule Nordwestschweiz her-vor. Danach gewähren über 60 Pro-zent der Betriebe gemäss Angaben von Mitarbeitenden keinerlei Unter-stützung bei der Fremdsprachen-weiterbildung. Lediglich ein Viertel

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FREMDSPRACHEN

aller befragten Unternehmen bietet den Mitarbeitenden bei der Fremd-sprachenweiterbildung finanzielle, und nur jeder fünfte Betrieb zeitli-che Unterstützung an. Die Mehrheit der Schweizer Betriebe erwartet of-fensichtlich, dass die Mitarbeiten-den die entsprechenden Fremdspra-chenkenntnisse bereits mitbringen oder die Kosten einer allfällig nöti-gen Weiterbildung selber tragen. Dabei gibt es sicher auch viele nach-ahmenswerte Unternehmen, wie das Beispiel der Siemens Schweiz AG zeigt (siehe Interview S. 13).

Manko in der Berufsschule. Unter-schiede zeigen sich aber nicht nur bei den Betrieben, sie offenbaren sich auch in der Ausbildung. Dis-kussionen rund um die interkanto-nale Vereinbarung über die Har-monisierung der obligatorischen Schule, kurz Harmos, und den Lehrplan 21 haben dazu geführt, dass in weiten Teilen der Deutsch-schweiz ab der zweiten Primar-klasse Frühenglisch unterrichtet

wird, ab der fünften kommt dann Französisch hinzu. Während diese Sprachfäden im Gymnasium alle weitergesponnen werden, zeigt sich in der Berufsbil-dung Merkwürdiges. Gut die Hälf-te aller Lernenden erhält nämlich keinen Fremdsprachenunterricht, nicht in Französisch und nicht in Englisch. Wer weder eine kauf-männische Lehre macht noch die Berufsmittelschule besucht, gerät so in ein Loch, kann sein in der Grundschule gelerntes Fremdspra-chenwissen in der beruflichen Grundbildung nicht mehr gebrau-chen und weiterentwickeln. «Das ist doch Unsinn», sagt der pensio-nierte Berufsschullehrer Willy Nabholz, «und eine Verschwen-dung von Ressourcen.»

Mit Immersion zum Fremdsprachen-gebrauch. Um Abhilfe zu schaffen, setzte sich Nabholz Ende der 1990er Jahre dafür ein, den bilin-gualen Unterricht zu fördern. Seit 2011 können alle Berufsfachschu-

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len des Kantons Zürich «bili» anbie-ten und werden dabei vom Kanton unterstützt. Die berufsspezifischen Bildungsverordnungen empfehlen den zweisprachigen Unterricht. Mit solchem Unterricht kann eine zweite Sprache gefördert werden, indem diese in regulären Sach-fächern gezielt als zweite Unter-richtsprache eingesetzt wird – «learning by doing» also.

Immersion oder Teil-Immersion heisst das Stichwort für diese Art von Unterricht. Was zum Beispiel in Holland eine Selbstverständlich-keit ist, fasst in der Schweiz erst all-mählich Fuss. Die Idee dahinter ist, eine Fremdsprache im alltäglichen schulischen Gebrauch zu festigen, ohne dabei auf richtigen gramma-tischen Strukturen und ausgefeil-tem Wortschatz zu bestehen. «Das Schöne an der Immersion ist, dass sie einhergeht mit einer bestimm-ten Fehlerkultur, die die Lernenden ermutigt. Es muss nicht immer al-les perfekt sein», betont Nabholz.

Wichtig sei in erster Linie, dass die Lernenden zu Wort kämen, sich ans Anwenden der zweiten Sprache gewöhnten und mit ihr vertraut blieben. Zu hoffen ist, dass dieses Immersionsmodell in Zukunft noch stärker verwendet wird.

Fremdsprachen verbunden mit Be-rufspraxis. Bis dahin bleibt vielen Berufslernenden nichts anderes übrig, als nach Abschluss ihrer Lehre die Fremdsprachenkennt-nisse auf eigene Verantwortung zu verbessern. Und das machen einige, wie Tony Mehr vom Laufbahnzent-rum in Zürich bestätigt. Klassische Formen wie das Welschlandjahr als Au-pair seien dabei etwas aus der Mode gekommen. «Gefragt sind heute eher Sozialeinsätze, zum Beispiel in Neuseeland. So kombinieren die Jungen auf eine gute Art Arbeitserfahrungen und Fremdsprachenerwerb.» Der Nach-teil liege allenfalls darin, dass das eine gewisse Form des Lernens auf Vorrat sei und sich die Ansprüche

später im Berufsleben wieder an-ders präsentieren könnten.Unmittelbar an ihre Praxis an-knüpfen und eine fremde Sprache lernen können fünf junge Männer, die eben ihre Lehre bei der Firma Bystronic Laser AG in Niederönz beendet haben. Für sechs Monate arbeiten sie nun in Tianjin, rund 150 von Peking entfernt. Sicher werden sie sich in dieser Zeit eini-ge Brocken Mandarin aneignen. Die Firma Bystronic ist aber auch ein gutes Beispiel dafür, dass Fremdsprachen in einem globali-sierten Markt ungeheuer wichtig sind: In rund 30 Ländern auf drei Kontinenten ist Bystronic mit eige-nen Verkaufs- und Servicegesell-schaften aktiv. Und die Website ist neben Deutsch, Englisch und Fran-zösisch auch in Spanisch, Russisch und Chinesisch abrufbar. Fremd-sprachen öffnen den Blick auf neue Welten und neue Märkte.

FREMDSPRACHEN

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len des Kantons Zürich «bili» anbie-ten und werden dabei vom Kanton unterstützt. Die berufsspezifischen Bildungsverordnungen empfehlen den zweisprachigen Unterricht. Mit solchem Unterricht kann eine zweite Sprache gefördert werden, indem diese in regulären Sach-fächern gezielt als zweite Unter-richtsprache eingesetzt wird – «learning by doing» also.

Immersion oder Teil-Immersion heisst das Stichwort für diese Art von Unterricht. Was zum Beispiel in Holland eine Selbstverständlich-keit ist, fasst in der Schweiz erst all-mählich Fuss. Die Idee dahinter ist, eine Fremdsprache im alltäglichen schulischen Gebrauch zu festigen, ohne dabei auf richtigen gramma-tischen Strukturen und ausgefeil-tem Wortschatz zu bestehen. «Das Schöne an der Immersion ist, dass sie einhergeht mit einer bestimm-ten Fehlerkultur, die die Lernenden ermutigt. Es muss nicht immer al-les perfekt sein», betont Nabholz.

Wichtig sei in erster Linie, dass die Lernenden zu Wort kämen, sich ans Anwenden der zweiten Sprache gewöhnten und mit ihr vertraut blieben. Zu hoffen ist, dass dieses Immersionsmodell in Zukunft noch stärker verwendet wird.

Fremdsprachen verbunden mit Be-rufspraxis. Bis dahin bleibt vielen Berufslernenden nichts anderes übrig, als nach Abschluss ihrer Lehre die Fremdsprachenkennt-nisse auf eigene Verantwortung zu verbessern. Und das machen einige, wie Tony Mehr vom Laufbahnzent-rum in Zürich bestätigt. Klassische Formen wie das Welschlandjahr als Au-pair seien dabei etwas aus der Mode gekommen. «Gefragt sind heute eher Sozialeinsätze, zum Beispiel in Neuseeland. So kombinieren die Jungen auf eine gute Art Arbeitserfahrungen und Fremdsprachenerwerb.» Der Nach-teil liege allenfalls darin, dass das eine gewisse Form des Lernens auf Vorrat sei und sich die Ansprüche

später im Berufsleben wieder an-ders präsentieren könnten.Unmittelbar an ihre Praxis an-knüpfen und eine fremde Sprache lernen können fünf junge Männer, die eben ihre Lehre bei der Firma Bystronic Laser AG in Niederönz beendet haben. Für sechs Monate arbeiten sie nun in Tianjin, rund 150 von Peking entfernt. Sicher werden sie sich in dieser Zeit eini-ge Brocken Mandarin aneignen. Die Firma Bystronic ist aber auch ein gutes Beispiel dafür, dass Fremdsprachen in einem globali-sierten Markt ungeheuer wichtig sind: In rund 30 Ländern auf drei Kontinenten ist Bystronic mit eige-nen Verkaufs- und Servicegesell-schaften aktiv. Und die Website ist neben Deutsch, Englisch und Fran-zösisch auch in Spanisch, Russisch und Chinesisch abrufbar. Fremd-sprachen öffnen den Blick auf neue Welten und neue Märkte.

FREMDSPRACHEN

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FREMDSPRACHEN

Was ist die Umgangssprache bei Siemens Schweiz?Wenn man über Mittag ins Personalrestaurant in Zürich geht, dann ist es vorwiegend Schweizer-deutsch. Wenn man dasselbe in Zug macht, hört man viel mehr Hochdeutsch und Englisch. In Zug ist das International Headquarters für Building Tech-nologies, entsprechend ist da eine höhere Anzahl an international ausgerichteten Mitarbeitenden tätig.

Die offi ziellen Konzernsprachen?Sind Deutsch und Englisch. In diesen Sprachen werden sämtliche Mitteilungen und Informationen des Konzerns abgefasst.

Wie wichtig sind Fremdsprachen bei Siemens Schweiz?Englisch ist wichtig und wird immer wichtiger. Das liegt einerseits daran, dass Englisch die Business-sprache in der Wirtschaft überhaupt ist. Anderer-seits hat das aber auch interne Gründe, weil bei Siemens viele Bereiche in internationalen Clustern arbeiten und somit Mitarbeitende aus verschiedenen Ländern zusammenkommen. Englisch ist die ge-meinsame Sprache in der internationalen Zusam-menarbeit. In der Siemens Schweiz wird dank Nie-derlassungen in der Romandie und im Tessin auch französisch und italienisch gesprochen.

Gibt es vom Konzern her Vorgaben, welche Sprache in solchen Teams gesprochen werden soll?Vorgaben braucht es keine, die gemeinsame Sprache in internationalen Teams ist Englisch. Internationale Teams gibt es auch in der Schweiz, und wenn in einer Gruppe eine Person nicht Deutsch kann, kommt auch hier Englisch als übergeordnete Sprache zum Zug. Automatisch wird angenommen, dass das Wechseln in diese Sprache kein Problem darstellt.

Wie überprüfen Sie die Fremdsprachenkenntnisse von Personen, die sich bei Ihnen bewerben?Indem wir in einem Bewerbungsgespräch zum Bei-spiel vom Deutsch ins Englisch wechseln. So sehen wir schnell, wie hoch das Niveau ist. Ausserdem vertrauen wir ein Stück weit auf die Angaben im Le-benslauf und die beigelegten Zertifikate. Eigentliche Prüfungen in Form von Tests machen wir nicht.

«Englisch sollte man können»Sprachkultur im Weltkonzern. Die Globalisierung bringt beim international

tätigen Konzern Siemens Mitarbeitende aus der ganzen Welt zusammen.

Dabei ist vor allem sprachliche Flexibilität wichtig, sagt Astrid Hausherr Fischer,

Leiterin des Siemens Learning Campus in der Schweiz: Manchmal sprechen

alle Mitglieder eines Arbeitsteams in einer Fremdsprache.

Interview FRITZ KELLER Bilder ZVG, MIRIAM KÜNZLI

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FREMDSPRACHEN

Falls jemand Lücken in den Fremdsprachenkenntnissen aufweist, bieten Sie diesen Personen Unterstützung an?Ja, wir haben in Zürich und in Zug Parterschulen, mit denen wir zusammenarbeiten. In diesen Schulen haben unsere Mitarbeitenden spezielle Konditionen. Wenn die Sprachkenntnisse notwendig sind für den Job, unterstützen wir die Mitarbeitenden auf der Suche nach der besten Lösung, auch finanziell.

Ist der Arbeitsmarkt in der Schweiz genügend auf die Anforderungen in Sachen Fremdsprachen vorbereitet?In der Schweiz sind die Fremdsprachenkenntnisse relativ gut. Vor allem das Englisch ist bei den meisten Jungen auf einem ansehnlichen Niveau. Schwieriger wird es, wenn für einen Job gute Kenntnisse in meh-reren weiteren Sprachen verlangt sind. Da schränkt sich die Auswahl an möglichen Kandidatinnen und Kandidaten schnell ein.

Englisch muss man auf jeden Fall können?Natürlich nicht überall, und es muss auch nicht perfekt sein. Aber wer Karriere machen will, der muss Englisch können und auch im Fachgebiet in diesem Idiom mitreden können.

Muss Chinesisch beherrschen, wer in China arbeiten will?Das hängt vom Job und dem Aufgabenbereich ab. Auch in China können einige Englisch. Aber wenn man länger in einem bestimmten Land lebt, gehört es sicher dazu, dass man sich auf die lokale Sprache einlässt und sie mindestens zu Teilen lernt, um sich ein Stück weit zu integrieren. Aber das ist dann auch vom Einzelnen und der Aufenthaltsdauer ab-hängig.

Siemens ist ein deutscher Konzern und hat eine grosse Zahl deutscher Angestellten in der Schweiz. Hier betrachten viele das Standard-deutsch als Fremdsprache – gibt das Probleme?Das ist durchaus ein Thema bei uns. In Zug führen wir periodisch einen «Swiss Business Culture Day» durch. Neu zugezogene auslän-

dische Führungskräfte werden dabei für die inter-kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und der Schweiz sensibilisiert. Die fast gleiche Sprache kann vergessen lassen, dass es kulturelle Unterschie-de im sozialen und geschäftlichen Umgang gibt, vor allem auch im Führungsverständnis.

Und nützt dieser Tag etwas?Bei den Teilnehmenden kommt er immer sehr gut an. Ein Plus ist sicher, dass an diesem Tag mit vielen Beispielen aus der Praxis gearbeitet werden kann. Ziel ist, dass es aufgrund von Unwissenheit und man-gelnder Sensibilität nicht zu unnötigen Missver-ständnissen und Konflikten kommt. Da gehören Anpassungsleistungen auf beiden Seiten dazu. Oder anders gesagt: Eine gemeinsame Sprache zu finden, ist nicht nur eine Frage des Vokabulars.

ASTRID HAUSHERR FISCHER leitet den Learning Campus von Siemens

Schweiz und ist zuständig für die interne Weiterbildung und Beratung.

Sie studierte an der Universität Zürich Soziologie und Ethnologie, war Lei-

terin der Personal- und Organisationsentwicklung von ABB Schweiz und

später Trainerin und Beraterin am Institut für Angewandte Psychologie

IAP (Leiterin MAS Human Resources Management). Ihre jetzige Arbeit

bei Siemens Schweiz übernahm sie vor fünf Jahren. Siemens ist ein welt-

weit tätiger Technologiekonzern und beschäftigt 370 000 Mitarbeitende

in über 190 Ländern, davon rund 6000 in der Schweiz.

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FREMDSPRACHEN

Falls jemand Lücken in den Fremdsprachenkenntnissen aufweist, bieten Sie diesen Personen Unterstützung an?Ja, wir haben in Zürich und in Zug Parterschulen, mit denen wir zusammenarbeiten. In diesen Schulen haben unsere Mitarbeitenden spezielle Konditionen. Wenn die Sprachkenntnisse notwendig sind für den Job, unterstützen wir die Mitarbeitenden auf der Suche nach der besten Lösung, auch finanziell.

Ist der Arbeitsmarkt in der Schweiz genügend auf die Anforderungen in Sachen Fremdsprachen vorbereitet?In der Schweiz sind die Fremdsprachenkenntnisse relativ gut. Vor allem das Englisch ist bei den meisten Jungen auf einem ansehnlichen Niveau. Schwieriger wird es, wenn für einen Job gute Kenntnisse in meh-reren weiteren Sprachen verlangt sind. Da schränkt sich die Auswahl an möglichen Kandidatinnen und Kandidaten schnell ein.

Englisch muss man auf jeden Fall können?Natürlich nicht überall, und es muss auch nicht perfekt sein. Aber wer Karriere machen will, der muss Englisch können und auch im Fachgebiet in diesem Idiom mitreden können.

Muss Chinesisch beherrschen, wer in China arbeiten will?Das hängt vom Job und dem Aufgabenbereich ab. Auch in China können einige Englisch. Aber wenn man länger in einem bestimmten Land lebt, gehört es sicher dazu, dass man sich auf die lokale Sprache einlässt und sie mindestens zu Teilen lernt, um sich ein Stück weit zu integrieren. Aber das ist dann auch vom Einzelnen und der Aufenthaltsdauer ab-hängig.

Siemens ist ein deutscher Konzern und hat eine grosse Zahl deutscher Angestellten in der Schweiz. Hier betrachten viele das Standard-deutsch als Fremdsprache – gibt das Probleme?Das ist durchaus ein Thema bei uns. In Zug führen wir periodisch einen «Swiss Business Culture Day» durch. Neu zugezogene auslän-

dische Führungskräfte werden dabei für die inter-kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und der Schweiz sensibilisiert. Die fast gleiche Sprache kann vergessen lassen, dass es kulturelle Unterschie-de im sozialen und geschäftlichen Umgang gibt, vor allem auch im Führungsverständnis.

Und nützt dieser Tag etwas?Bei den Teilnehmenden kommt er immer sehr gut an. Ein Plus ist sicher, dass an diesem Tag mit vielen Beispielen aus der Praxis gearbeitet werden kann. Ziel ist, dass es aufgrund von Unwissenheit und man-gelnder Sensibilität nicht zu unnötigen Missver-ständnissen und Konflikten kommt. Da gehören Anpassungsleistungen auf beiden Seiten dazu. Oder anders gesagt: Eine gemeinsame Sprache zu finden, ist nicht nur eine Frage des Vokabulars.

ASTRID HAUSHERR FISCHER leitet den Learning Campus von Siemens

Schweiz und ist zuständig für die interne Weiterbildung und Beratung.

Sie studierte an der Universität Zürich Soziologie und Ethnologie, war Lei-

terin der Personal- und Organisationsentwicklung von ABB Schweiz und

später Trainerin und Beraterin am Institut für Angewandte Psychologie

IAP (Leiterin MAS Human Resources Management). Ihre jetzige Arbeit

bei Siemens Schweiz übernahm sie vor fünf Jahren. Siemens ist ein welt-

weit tätiger Technologiekonzern und beschäftigt 370 000 Mitarbeitende

in über 190 Ländern, davon rund 6000 in der Schweiz.

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WEITERBILDUNG

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16 EB KURS Nr. 39

KOLUMNE

Ich habe mir ein neues Handy gekauft. Widerwillig. Mit meinem alten war ich zufrieden, bis es den Geist aufgab. Schwarze Bildschirme/Displays/Touchscreens (weitere bitte einfügen) sind für Elektronik-Freaks ein Quell der Freude – bedeutet es doch, dass es an der Zeit ist, sich das neueste Modell eines Smartphones/Laptops/iPads (weitere bitte einfügen) anzuschaffen. Mir ist das Elektro-Shopping ein Graus. Kenne ich ein Gerät, möchte ich es benutzen, so lange es geht, ohne dass es stündlich upgedatet, konfiguriert und synchronisiert werden muss. Es soll seinen Zweck erfüllen und keine Zicken haben.

Ich besorgte mir also dieses neue Handy. Nachdem ich in den darauf-folgenden Tagen die Gebrauchsanleitung auf Finnisch, Japanisch, Hindi und Farsi gelesen und nach langer Internetsuche meinen alten Klingel-ton gefunden und erfolgreich installiert hatte, sah ich, dass meine gespeicherten Telefonnummern fehlten. Ich suchte, klickte und scrollte. Vergebens. Mein neues Handy, das sich die Daten meines alten problem-los hätte einverleiben sollen, da die Software idiotensicher sei – so der begeisterte Verkäufer –, war wüst und leer wie die Erde vor dem ersten Schöpfungstag.

Ich versuchte es weiter. Monde zogen übers Land, die Blätter verfärbten sich. Bis ich es geschafft hatte, die Software für die Datenübertragung zu installieren, war eine neuere auf dem Markt. Ich loadete down, gradete up, las mich durch etliche Ratgeber (die mit erschreckender Regelmässigkeit die Worte «Für Dummies» im Titel führten), googelte nach Rettung, doch nichts half. Meine Telefonnummern blieben ver-schwunden. Aufgrund meiner technikbedingten Schlaflosigkeit schloss ich dafür nette Freundschaften mit australischen Usern.

Ich rekapitulierte: Ich hatte ein neues Mobiltelefon erstanden und da-mit Gespräche führen, SMS verschicken, ab und zu ein Foto schiessen und Musik hören wollen. Okay, wenn das Gerät auch noch Kaffee-kochen und Rasenmähen könnte, hätte ich nichts dagegen, aber in erster Linie ging es mir um urmenschliche Bedürfnisse. Sie sollten wohl nicht erfüllt werden. Irgendwann gab ich auf und gründete die Selbsthilfegruppe «Anonyme Dummies». Ich wurde von Anmeldungen überschwemmt. Um den Überblick meiner Mitglieder nicht zu verlie-ren, musste ich eine elektronische Datenbank anlegen. Dazu erstand ich eine neue Software. Absolut idiotensicher, teilte mir der begeisterte Verkäufer mit. Mir graute.

MITRA DEVI ist Krimiautorin, bildende

Künstlerin und Journalistin und hat vor

kurzem ihren ersten Dokumentarfi lm

«Vier Frauen und der Tod» gedreht. Sie

veröffentlichte dreizehn Bücher. Nebst

schwarzhumorigen Short Stories, von

denen einige als «Schreckmümpfeli» von

Radio SRF gesendet wurden, hat sie sich

mit der Nora-Tabani-Serie einen Namen

gemacht. Im neuesten Roman «Der Bluts-

feind», der mit dem Zürcher Krimipreis

ausgezeichnet wurde, lässt sie ihre Detek-

tivin bei einem Bankraub am Paradeplatz

ermitteln.

Tückische Technik

Page 17: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

Jagen liegt in unseren Genen. Bereits vor400 000 Jahren haben wir unsere Beuteaufgespürt, gefangen und erlegt. Heute jagenwir allem Möglichen hinterher: Glück, Geld,Komfort, dem neusten Gadget, dem Windoder den Sekunden. Oder der Suche nachden eigenen Wurzeln: Einrichtung, Schmuck,Mode – die Sinnbilder für eine Vergangenheit,als wir noch in der wilden Natur auf derPirsch lagen, begegnen uns überall.

Lesen Sie, was zehn angehende Journalist-innen und Journalisten auf ihrer Jagd nachGeschichten rund ums «Jagdfi eber» erbeutethaben. Zu Lande, zu Wasser und in der Luft.

Eine Beilage des 23. Bildungsgangs Journalismus der EB Zürich.

JAGDFIEBER

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KOLUMNE

Ich habe mir ein neues Handy gekauft. Widerwillig. Mit meinem alten war ich zufrieden, bis es den Geist aufgab. Schwarze Bildschirme/Displays/Touchscreens (weitere bitte einfügen) sind für Elektronik-Freaks ein Quell der Freude – bedeutet es doch, dass es an der Zeit ist, sich das neueste Modell eines Smartphones/Laptops/iPads (weitere bitte einfügen) anzuschaffen. Mir ist das Elektro-Shopping ein Graus. Kenne ich ein Gerät, möchte ich es benutzen, so lange es geht, ohne dass es stündlich upgedatet, konfiguriert und synchronisiert werden muss. Es soll seinen Zweck erfüllen und keine Zicken haben.

Ich besorgte mir also dieses neue Handy. Nachdem ich in den darauf-folgenden Tagen die Gebrauchsanleitung auf Finnisch, Japanisch, Hindi und Farsi gelesen und nach langer Internetsuche meinen alten Klingel-ton gefunden und erfolgreich installiert hatte, sah ich, dass meine gespeicherten Telefonnummern fehlten. Ich suchte, klickte und scrollte. Vergebens. Mein neues Handy, das sich die Daten meines alten problem-los hätte einverleiben sollen, da die Software idiotensicher sei – so der begeisterte Verkäufer –, war wüst und leer wie die Erde vor dem ersten Schöpfungstag.

Ich versuchte es weiter. Monde zogen übers Land, die Blätter verfärbten sich. Bis ich es geschafft hatte, die Software für die Datenübertragung zu installieren, war eine neuere auf dem Markt. Ich loadete down, gradete up, las mich durch etliche Ratgeber (die mit erschreckender Regelmässigkeit die Worte «Für Dummies» im Titel führten), googelte nach Rettung, doch nichts half. Meine Telefonnummern blieben ver-schwunden. Aufgrund meiner technikbedingten Schlaflosigkeit schloss ich dafür nette Freundschaften mit australischen Usern.

Ich rekapitulierte: Ich hatte ein neues Mobiltelefon erstanden und da-mit Gespräche führen, SMS verschicken, ab und zu ein Foto schiessen und Musik hören wollen. Okay, wenn das Gerät auch noch Kaffee-kochen und Rasenmähen könnte, hätte ich nichts dagegen, aber in erster Linie ging es mir um urmenschliche Bedürfnisse. Sie sollten wohl nicht erfüllt werden. Irgendwann gab ich auf und gründete die Selbsthilfegruppe «Anonyme Dummies». Ich wurde von Anmeldungen überschwemmt. Um den Überblick meiner Mitglieder nicht zu verlie-ren, musste ich eine elektronische Datenbank anlegen. Dazu erstand ich eine neue Software. Absolut idiotensicher, teilte mir der begeisterte Verkäufer mit. Mir graute.

MITRA DEVI ist Krimiautorin, bildende

Künstlerin und Journalistin und hat vor

kurzem ihren ersten Dokumentarfi lm

«Vier Frauen und der Tod» gedreht. Sie

veröffentlichte dreizehn Bücher. Nebst

schwarzhumorigen Short Stories, von

denen einige als «Schreckmümpfeli» von

Radio SRF gesendet wurden, hat sie sich

mit der Nora-Tabani-Serie einen Namen

gemacht. Im neuesten Roman «Der Bluts-

feind», der mit dem Zürcher Krimipreis

ausgezeichnet wurde, lässt sie ihre Detek-

tivin bei einem Bankraub am Paradeplatz

ermitteln.

Tückische Technik

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EDITORIAL

Auf der Jagd nach Geschichten

V.l.n.r.: Dietmar Knopf, Suzanne Hardegger, Kim Laura Kühne, Nourredine Yous, Alina Pfi ster,

Eveline Corti-Isler, Isabel Bader, Martina Raschle, Hans-Joachim Eckert, Gerry Egger

Bild Christian Kaiser

InhaltEditorial IIDer getarnte Jäger IIIDie Beute fest im Blick IIIJäger hinter Gittern IVPlötzlich überall Geweihe IVErlkönige schiessen V«Wir sind eine durch-geknallte Männertruppe» VIAuf der Jagd nach Konzert souvenirs VIIVintage-Fieber auf dem Flohmarkt VIIIVom Arsch geweih zum Hirschgeweih IXDie Jagd nach dem Wind XÜber den Wolken unterwegs auf Luftkissen XIDas Halali auf die Erreger XIIAnleitung zum Frauenheld XIV«Und plötzlich fährst du gegen eine Wand» XIVJäger aus Passion XVI

Wir leiden am Jagdfi eber, seit Mai 2012, als unsere Journalistenaus-bildung an der EB Zürich begonnen hat. Sobald wir eine Geschichte erlegt haben, fi ebern wir dem Abdruck entgegen. Bei manchen von uns fi ng es ganz harmlos an, mit einer leichten Neugier aufs Schreiben, andere waren schon mit dem Jäger-Virus infi ziert. Aber eines hatten wir von Anfang an gemeinsam: Unsere Leidenschaft für gute Texte und die Freude am Lernen.

In wenigen Monaten sind wir Journalisten/innen in die freie Wild-bahn entlassen. Doch Angst haben wir keine, denn wir haben gelernt, wie wir uns mit einem Exposé auf die Lauer legen, wie wir uns an Interview-Opfer heranpirschen oder ein knackiges Porträt-foto schiessen. Wir wissen, was eine Nachricht vom Kommentar unterscheidet, wofür Ecriture automatique hilfreich ist, wie sich ein roter Faden durch Geschichten schlängelt und warum Texte eine Spannungskurve brauchen.

Wir danken unseren Dozentinnen und Dozenten dafür, dass sie uns das journalistische Handwerk gelehrt haben. Und wir versprechen: Wir bleiben dran, folgen der Spur von Geschichten, die noch nicht erzählt sind. Auf den nächsten 14 Seiten fi nden Sie ein paar Muster für das, was uns dabei so vor die Flinte und die Linse läuft. Das Thema Jagdfi eber haben wir uns selber gegeben, nicht weil es grad Herbst ist und in den Restaurants wieder «Wild» auf der Karte steht; nach etwas zu jagen, ist ein zutiefst menschliches (bzw. tieri-sches) Bedürfnis.

Weidmannsheil! Dietmar Knopf

P.S. Und falls Sie sich auch für den Job als Geschichtenjäger inter-essieren, lesen Sie einfach das Kursprogramm der EB Zürich und melden Sie sich für den nächsten Bildungsgang an!

II JAGDFIEBER

ImpressumDiese Beilage zum Thema «Jagdfi eber» ist ein Projekt des 23. Bildungsgangs «Journalismus»an der EB Zürich. Alle Texte dieser Beilage wurden von den zehn Teilnehmer/innen geschrieben und bebildert. Die Weiterbildung endet nach drei Semestern im Oktober 2013.

Text und BildIsabel BaderEveline Corti-IslerGerry EggerHans-Joachim EckertSuzanne Hardegger KuhnDietmar KnopfKim Laura KühneAlina Pfi sterMartina RaschleNourredine Yous

Titelbild Das Titelbild zeigt einen «Perückenbock» aus dem Münchner Jagdmuseum, Foto: Alina Pfi ster

LeitungNikolaus Stähelin (Bildungsgangsleiter)Christian Kaiser (Chefredaktion)

Page 19: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

Die Beute fest im BlickWindhunde stolpern nicht durch den Wald, die Nase ständig am Boden. Sie ma-chen sich auch die Pfoten nicht schmutzig. In Bauten rumgraben, um Füchse und Dachse vor die Flinten ihrer Meister zu treiben, überlas-sen sie anderen. Windhunde jagen auf Sicht und nicht nach Geruch. Vor allem Rehe und Hasen, und die sind schnell. Also muss hund gelegentlich richtig Gas geben, um die Beute nicht aus den Augen zu ver-lieren. Was liegt näher, als diese Jagdhunde gegenein-ander antreten zu lassen. Greyhounds laufen schneller als 60 Kilometer pro Stunde, der Afghanische Windhund nur wenig langsamer. Also rasen sie der 480 Meter langen Bahn entlang, die stromlinienförmigen Schä-del nach vorne gereckt, und kein Hund schert sich dar-um, dass die falsche Beute (ein Stück Schaffell) nicht nach echtem Hasen riecht. Aber die Zocker kümmert es, wie schnell ihre Favori-ten sind. Schliesslich setzen sie in Grossbritannien und in den USA Hunderte von Millionen Pfund und Dollars bei professionellen Wind-hunderennen. Darum wer-den in den USA jährlich Zehntausende von Hunden getötet, weil sie nicht mehr zu den Schnellsten gehören. Vor allem aber haben sie den Sprung vom Nutztier zum Freund nicht geschafft. Professionelle Rennen gibt es in der Schweiz nicht; hier darf Hund Hund sein und muss kein Hundeleben führen. TEXT Gerry Egger

Der getarnte JägerIch pfl ege mein Image als wohlerzogener Vierbeiner sorgsam. Alle Erzie-hungskurse habe ich über mich ergehen lassen, die Kommandos sitzen, ich bin ja nicht blöd. Auf Spaziergängen benehme ich mich in der Regel. Andere Artgenossen interessieren mich nicht gross. Blöde Fang-den-Ball-Spielchen, nicht mein Ding. Ich laufe brav an der Leine und auch ohne bleibe ich in Ruf-weite. Doch im Wald und auf weiter Flur kann ich gelegentlich nicht anders. Dann bricht etwas in mir auf. Das Salz in der Suppe meines Hundelebens. Ein Freiheitsdrang. Meine Schritte tänzeln, Kopf gen Himmel, die Nase ragt hoch in die Luft. Intensives Schnuppern. Eine Fährte! Ich laufe schneller, agiler. Sprinte los. Rufen, Pfeifen, all diese perfekten Befehle – nur leere Hülsen. Ich bin frei und ferngesteuert, beherrscht von einem unbändigen Trieb. Der Mensch weit hinter mir ist machtlos. Ich bin ein Jäger!

Glatthaar und Drahthaar eine ErfolgsstoryWoher kommt das, was fährt da in mich? Ich suche meine Wurzeln. Fox = Fuchs, terra = Erde. Die Rasse Foxterrier ist seit Mitte des 19. Jahrhunderts populär. Wir gelten als ausgezeichnete Aufstöberer von Fuchsbauten. 1876 wird der erste Fox Terrier Club in Grossbritannien gegründet, Rassestandards für Glatthaar- und Drahthaar-Foxterrier werden festgelegt. Über Deutsch-land gelangen meine Vorfahren um 1900 in die Schweiz. Unsere Beliebtheit wächst rasant und erreicht in den 1920er Jahren ihren Höhepunkt. Foxterrier sind schwer in Mode, bekommen Filmrollen und sind als Werbehund begehrt. Struppi wird erfunden. Der Zeichner Hergé stellt sei-nem rasenden Reporter Tim diesen drahthaarigen Gefährten zur Seite, der rasch zum heimlichen Star der Comic-Serie avanciert. Unerschrocken jagt der smarte Vierbeiner Ganoven und verbeisst sich in so manche verbrecheri-sche Wade. Mein Idol. Ist das meine Bestimmung? Freies Jagen nach Gerech-tigkeit? Irgendwann folgt der Schritt auf die gesellschaftliche Bühne. Foxterrier machen sich als Schosshündchen eleganter Damen beliebt und mutieren so langsam aber sicher zum gefälligen Haustier. Ist das also des Pudels, pardon des Foxlis Kern: Jagdpassion unerwünscht, statt dessen Anpassung an den Grossstadtgroove? Jetzt sehe ich mein Dilemma klar. Ich will doch mir selbst gehören. Aber ich wurde gekauft. Das ist es, was mich stört, diese Fremdbe-stimmtheit. TEXT UND BILD Alina Pfi ster

Foxterrier Bradley: sinnierend auf der Couch

JAGDFIEBER III

Page 20: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

Jäger hinter GitternIm Zoo Zürich müssen die Raubkatzen hart arbeiten, um satt zu werden. In meh-reren Futterkisten ist für die Löwen, Tiger und Leoparden Fleisch verteilt. Doch die Türen der Kisten lassen sich täglich nur für 15 Minuten öffnen. Weil die Tiere nicht wissen, wann sie wo Erfolg haben, sind sie den ganzen Tag auf der Jagd nach ihrem Futter.«Wenn ein Raubtier mit sei-nem Verhalten den Erfolg bei der Futtersuche nicht beeinfl ussen kann, entwi-ckelt es Frust», sagt Hans Schmid, Leiter der Tierpfl ege im Zoo Zürich. Dieser führt zu Verhaltensstörungen wie monotonem Auf- und Abge-hen. Die Futterkisten stellen die Raubkatzen vor ähnliche Herausforderungen wie in freier Wildbahn, wo nur etwa jede zehnte Jagd erfolgreich ist. Das zeigt Wirkung: Seit 18 Jahren haben im Zoo Zürich keine Tiere mehr Verhal-tensstörungen entwickelt.

Ponys brauchen Nerven«Unsere Hauptaufgabe ist es, den Tieren immer genug Probleme zu beschaffen», sagt Hans Schmid. Nicht nur bei der Futtersuche. Denn in der Natur müssen Tiere auch ihr Revier verteidigen oder Feinden aus dem Weg gehen. Bei der Problembe-schaffung zeigt sich der Zoo durchaus kreativ: Am Gehege der Löwen ziehen beispielsweise regelmässig Lamas und Ponys vorbei. Das lässt bei allen Beteilig-ten den Adrenalinspiegel in die Höhe schnellen und hält sie wachsam. «Natürlich kommen dafür nur nerven-starke Ponys in Frage», sagt Hans Schmid. TEXT Martina Raschle

Plötzlich überall GeweiheModerne Wohnnomaden schmücken sich und ihreBehausung mit Jagdtrophäen. Ein Trend setzt sich fort.

Schon die Steinzeitmenschen trugen Tierzähne und andere Jagdtrophäen als Schmuckstücke. Freie Menschen, die umherziehen und von der Jagd leben – sehnen sich die heutigen Grossstadtnomaden nach diesem Lebensgefühl? Es sieht ganz danach aus; egal ob aus echten Wildgeweihen, aus Holz, Metall oder Plastik – Dekostücke mit Jagdmotiven sind bei Städtern äusserst beliebt. Ikea hatte diese Sehnsucht nach Jagdhüttenromantik bereits letzten Winter erkannt und Textilien und Geschirr mit dem beliebten Hirschmotiv he-rausgegeben. Als Limited Edition, versteht sich. Alle Teile dieser Kollektion waren im Nu ausverkauft. «Versuchen Sie es doch in einer anderen Filiale», hiess es bereits nach zwei Wochen. Auch Ziegen- und Schaffelle, in allen Far-ben und Grössen, lassen die Herzen der Neo-Jäger höher schlagen. Wieder en vogue ist auch der bayrische Trachtenschmuck, das Charivari (gesprochen Scharivari). Das ist eine kleine Silberschmuckkette mit Anhän-gern, die den Jagderfolg belegen. Kleine Jagdtrophäen von erlegten Wildtieren werden von traditionellen Goldschmieden gefasst. Zum Beispiel Grandeln (das sind Eckzähne von Wiederkäuern), Kümmerer (verkümmerte Hirsch- oder Rehgeweihe), Kleintierpfoten oder Dachsbärte. Auch Silbermünzen, Edelsteine und persönliche Glücksbringer am Charivari sind für Jäger und Bauern ein wichtiges Statussymbol. Befestigt werden die Charivaris an der traditionellen bayrischen Lederhose, bei den Frauentrachten an der Schürze. Neben den traditionellen Jagdschmuck-Goldschmieden, wie «Bertele» in Tegernsee, nehmen vermehrt junge Schmuckdesignerinnen die alten Traditio-nen wieder auf. Sie kombinieren diese mit modernen Elementen wie Edel- oder Kunststeinen. Zum Beispiel Anna Sue Lorenz von «Schmuckmal». Ihr Slogan: «Am Waldrand steht ein röhrender Hirsch, Bambi erlebt mit Klopfer wunderbare Abenteuer, während der Rehbock mit seiner neuen Eroberung fl irtet.» Oder weiter: «Ab sofort sagen sich Fuchs und Hase bei Schmuck mal’s Jagdschmuck Gute Nacht». Dieser Jagdschmuck fi ndet sich vermehrt an Hälsen von schi-cken Damen und modebewussten Männern. Zum Beispiel ein in Silber ge-fasster Tierzahn oder eine mit Swarovskisteinen besetzte Geweihspitze. Ob als Chalet-Chic in der guten Stube oder als Tierreliquie am Handge-lenk, die Jagdtrophäen treffen den Nerv der Zeit. Die Trachten und Symbole für wilde Tiere, die erlegt werden müssen, geben den Menschen das Gefühl mit der Natur verbunden und geerdet zu sein. TEXT UND BILD Isabel Bader

Deko-Wild und Platzhirsche bald an jeder städtischen Wand?

IV JAGDFIEBER

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Erlkönige schiessenFernab der Öffentlichkeit testen die Hersteller ihre neuen Automodelle.Doch auch in der Wildnis lauern die Fotografen. Ungebeten.

Geduldig wartet der Jäger, unter einer verschneiten Birke, bei minus 26 Grad. Bis zum arktischen Polar-kreis ist es nicht weit. Seine Waffe – das Spitzenmodell eines japanischen Kameraherstellers – ruht in der linken Armbeuge. Und für einen Augenblick beneidet der Jäger seine Kollegen im Westen der USA, die in der staubigen Mojave-Wüste jagen, bei knapp 40 Grad. Automobilhersteller testen ihre Prototypen, die Erlkönige, unter extremsten Bedingungen. Die ersten Bilder der neuen Modelle zu schiessen, ist kein Zu-ckerschlecken. Als die Redaktoren des Magazins «auto, motor und sport» in den frühen 50er Jahren das erste Foto eines Mercedes 180 in den Händen hielten, wussten sie, dies ist eine Sensation. Aber wie die zufällig ent-standene Aufnahme veröffentlichen und dabei die Lei-tung der Mercedes-Werke nicht verärgern? Die beste Lösung schien, die Geschichte nicht gar so ernst zu nehmen. Also schrieben sie, in Anlehnung an Goethes Ballade: «Wer fährt da so rasch durch Regen und Wind?» Den Prototypen selbst nannten sie Erlkönig.

Taktik gegen TechnikHeute sind Fotos von Prototypen gang und gäbe, nicht nur in Fachmagazinen. Denn spätestens zwei Jahre vor dem Serienstart müssen die Erlkönige in die freie Wildbahn. Und dort warten die Jäger. Gerne würde die Konkurrenz einen Blick auf das neue Design wer-fen. Und wie viele Fahrzeuge der aktuellen Modelle sind eigentlich noch nicht verkauft? Genügte es frü-her, die interessantesten Stellen mit mattschwarzen Folien zu überkleben, müssen sich die Hersteller heute einiges mehr einfallen lassen. Die Bildaufl ösung heutiger Digitalkameras ist zu hoch, die Bildbearbei-tungsprogramme sind zu leistungsfähig. Zahlreich deshalb die Tricks der Hersteller: Front- und Heck-partien werden mit Blachen abgedeckt, darunter ver-bergen sich falsche Aufbauten. Oder Türgriffe und Heckleuchten alter Modelle werden montiert, Fahr-zeuge mit schwarz-weissen Rautenmustern oder far-

bigen Kringeln überklebt; der Betrachter wähnt sich auf dem übelsten LSD-Trip. Der Folienhersteller 3M preist seine Camoufl age-Lösungen an: «Damit Jour-nalisten keine Chance haben, das neue Design zu fo-tografi eren und Abbildungen frühzeitig zu veröffentli-chen.»

Wenn Laien jagenSelbstverständlich müssen die Werke die Prototypen auch auf ihre Alltagstauglichkeit hin prüfen. Schliess-lich kurven später nur wenige ihrer Fahrzeuge in den unwirtlichen Gegenden des schwedischen Lapplands oder der amerikanischen Wüsten herum. Also sieht man gelegentlich rund um Rüsselsheim (Opel), Stutt-gart (Mercedes) und München (BMW) die Prototypen. Der Trick ist, gleichzeitig mehrere Testfahrzeuge mit identischem Äusseren herumfahren zu lassen. Nur eines von ihnen ist das echte. Und sofort wird von den Hobbyfotografen zum Halali geblasen. Noch am sel-ben Tag verkünden sie dann auf den Autoforen: «Mir ist ein Erlkönig vor die Linse geraten.» Worauf heftig diskutiert wird, um welche Marke und um welchen Typ es sich handeln könnte. Gleichzeitig erhalten die Redaktionen der Automobilmagazine die reiche Beu-te, oft in bescheidener Qualität. Den Herstellern soll’s recht sein. So viel kostenlose Aufmerksamkeit, bereits Monate vor der glitzernd-glamourösen Präsentation eines neuen Fahrzeuges, freut die PR-Abteilung. Und jeder angelernte Hinter-hof-Spengler kann gewiss sein, dass die schwarze Motorhaube, die er auf ein rotes, blaues oder grünes Vehikel gemurkst hat, fotografi ert wird – als Erlkönig. Vielleicht ist es gar keine richtige Jagd. Eher ein einträgliches Miteinander der Autoindustrie und der Medien. Einige Testfahrer zeigen sich gegenüber den Fotografen geradezu verständnisvoll und nachsichtig. Sie haben Kleber auf ihre Fahrzeuge angebracht: «Ich bremse auch für Paparazzi.» TEXT Gerry Egger BILD Thomas Geiger/dpa

Mit Folien beklebter Erlkönig auf

der freien Wildbahn

JAGDFIEBER V

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«Wir sind eine durchgeknallte Männertruppe»Die Jagd als Kunstkonzept. Marius Tschirkys Jagdkapelle gehört zu den bekann-testen Kinderbands der Schweiz. Das Markenzeichen: Jägeruniformen undwitzig freche Lieder, bei denen auch die Grossen mittanzen und mitsingen.Vom grassierenden Ethnofi eber ist der Mann im Jagdkostüm gar nicht begeistert.

Marius Tschirky, Sie leben als Marius mit Ihren fünf Jägerkumpels in einer Waldhütte, das wissen alle Kinder. Und wer ist der «Oberjägermeister Brünzli»? Er ist unser Chef. Er tritt zwar nie auf die Bühne, aber in unserer Geschichte bringt er uns zur Jagdkapelle zusammen: Alle sechs sind nämlich gestrande-te Jäger, die beim Oberjägermeister aus irgendeinem Grund durchgefallen sind und nicht anerkannt werden. Der eine, weil er nicht töten kann, der an-dere, weil er nicht trifft … und deshalb machen wir jetzt zusammen Musik.

Alle Musiker haben eine feste Rolle, die sich durch die Auftritte, die CDs und Bücher zieht.Genau. Das ist unser Konzept. Die Kinder an unseren Konzerten fi ebern mit den Geschichten mit. Sie wissen, dass Ratzfatz der Freche ist, der nicht so sin-gen will, wie ich es sage.

Sie sind alle Jäger. Ein richtiger Jäger muss töten können – ist dieses Bild denn kindergerecht?Mich hat diese verschworene Gemeinschaft von Männern, die Tiere töten, schon immer fasziniert, ihre Uniformen, das Jägerlatein. Als Waldkenner bin ich auch von der romantisierenden Idee weggekommen, man müsse den Wald den Tieren überlassen. Die Tiere müssen heute gecoacht werden, der Mensch muss den Rehbestand dezimieren, weil er den Luchs nicht will im Wald.

Ist aus dieser Faszination die Idee für Ihre Band entstanden?Nein, überhaupt nicht. Das kam eher zufällig, als wir vor zehn Jahren mit meiner damaligen Rockband ein Muttertagskonzert gaben. Wir spielten Lieder von meiner CD «Zmitzt im Wald». Jogi Birchler, «der Röhrende Hirsch» von «Stiller Haas», spornte mich an, unbedingt dranzubleiben und weiter als Jagdkapelle zu spielen.

Dann kamen die Jäger-Kostüme dazu.Ja. Thomas Szokody, unser Keyboarder, wollte nur in der Jagdkapelle spielen, wenn er ein Ganzkörperkostüm bekomme. Das konnte ich ihm beim WWF or-ganisieren, weil ich zu der Zeit gerade im Pandadress Flyer verteilte. Seither ist er bei uns der «Tombär» und wir anderen fünf tragen Filzhüte und Wander-schuhe, auch bei 35 Grad am Schatten.

Ihre neue CD «Radio Waldrand» kommt mit einer ganz neuen Idee daher.Die Geschichte erzählt, wie es den sechs Jägern an einem regnerischen Sonntag in ihrer Waldhütte langweilig ist, und wie sie sich entschliessen, ein eigenes Radio zu erfi nden. Ich erinnere mich, als Bub immer Radio gespielt zu haben. Mein Freund Ratzfatz, alias Roman Riklin, hat die Idee massgeblich mitgestaltet.

Die Jagdkapelle: Formiert zur Gruppe

«Radio Waldrand»

BILD Lukas Wietlisbach

VI JAGDFIEBER

Marius Tschirky ist Band-leader von «Marius und die Jagdkapelle». Seit 2002 spie-len die sechs Musiker Kinder-konzerte. 2005 erschien Ihre erste Lieder-CD «Verschreck-jäger». Danach folgten «Reh-bockrock» und «Wildsaujagd» sowie das Hörspiel «Sechs Jäger, wo nöd wönd jage» und das Buch «Es Schlafl ied für de Igel». 2013 kam die neue CD «Radio Waldrand» auf den Markt.

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Seit dieser Saison spielt Ratzfatz nicht mehr in der Jagdkapelle. Wie er-klären Sie das den Kindern?Den Kindern sagen wir, Ratzfatz sei jetzt als Cowboy in Hollywood. An den «Radio Waldrand»-Konzerten schalten wir ihn dann jeweils live auf Sendung.

Neben der Musik arbeiten Sie auch als Waldkindergärtner. Wo berühren sich die beiden Welten?Es ist eigentlich eine Welt, alles ist wie aus einem Guss: Ich bin Kindergärtner, Musiker und brennender Naturpädagoge. Ich singe mit den Kindern die Lieder, die ich mache. Ich führe auch «Kerlitage» durch, an denen die Buben alles machen dürfen, essen wie Säulis, furzen, fl uchen – sie lernen mit dem Sack-messer umgehen und machen sich nichts draus, dreckig zu werden. Solche Kinder sprechen wir auch mit unseren Liedern an, mit rockigen Polkarhythmen zum Mithüpfen. Wir schreiben aber auch schöne Melodien zum Mitsingen.

Was halten Sie vom Trend, sich die Wohnung mit Tierfellen und Hirsch-geweihen zu dekorieren?Das ödet mich ehrlich gesagt an. Die meisten dieser Leute sind völlig ent-fremdet von der Natur, und so ein Geweih ist reiner Schmuck, löst allenfalls Schauder aus. Ich glaube, die Leute suchen krampfhaft nach Wurzeln. Es ist ein Ethnofi eber ausgebrochen. Jodler- und Schwingerfeste sind salonfähig geworden, man trifft sich dort zum Cüpli.

Wäre das ein Grund, aus dem Jägerkorsett auszubrechen?Ich denke nicht. Die Betonung ist ja nicht auf Jäger gelegt, wir sind einfach eine durchgeknallte Männertruppe. Ich empfi nde den Jägerauftritt nicht als einengend. Er ist eher ein Konzept und lässt viele Assoziationen zu. Ich will gar nicht ausbrechen, weil ich alles, was ich gut kenne, unter einen Hut bringe: Kinder, Musik und Natur. TEXT Suzanne Hardegger

Marius Tschirky: Die Lieder der Jagdkapelle entstammen alle seiner Feder

BILD Suzanne Hardegger

Auf der Jagd nach Konzert-souvenirs

Ein Plektrum, ein Fetzen von der Setlist oder gar einen Drumstick, das ist mein Ziel. Um das zu erreichen, plane ich den Konzertbesuch be-reits Wochen im Voraus. Nichts darf dem Zufall über-lassen werden. Ticket kaufen, Songs auswendig lernen und Fan-Shirt abändern. So sieht meine optimale Kon-zertvorbereitung aus. Und dann am Konzert das Drän-geln. Da darf ich nicht zim-perlich sein und muss rück-sichtslos jeden zur Seite drängen, der sich mir in den Weg stellt. Aber alle Unan-nehmlichkeiten sind verges-sen, sobald ich in der vor-dersten Reihe des Konzerts bin, ganz nah bei meinen Idolen. Doch nun kommt der schwierigste Teil: Wie ma-che ich die Band auf mich aufmerksam? Klar ist, ich muss durch mein tolles Outfi t, lautes Mitsingen und Schreien auffallen. Ich merke schnell, ob mich die Jungs auf der Bühne bemer-ken oder ob ich noch mehr Gas geben muss. Hauptsache ich falle auf. Erreiche ich mein Ziel, gibt es als Danke-schön meist eine kleine Tro-phäe. So bin ich inzwischen im Besitz von vier Drum-sticks, neunzehn Plektren, einer Setlist und unzähligen Autogrammen und Fotos. Zu meinen Beutestücken ge-hören das Plektrum von Ri-chard Fortus (Guns N’Roses) und ein signierter Drumstick von Joey Scott (Lizzy Borden). Ja, für diese Schätze lohnt sich die Jagd. Und wenn ich ganz viel Glück habe, holt mich die Band auf die Büh-ne. Wie mir das gelingt, das bleibt mein Geheimnis. TEXT Kim Laura Kühne

JAGDFIEBER VII

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VIII JAGDFIEBER

Vintage-Fieber auf dem FlohmarktFrühmorgens herrscht Hektik auf dem Kanzlei-Flohmarkt.Auf der Jagd nach dem grossen Geschäft wechseln wirin einer Stunde dreimal unseren Besitzer. Kein Wunder;wir sind Stühle aus den 60ern.

Es ist Samstagmorgen, kurz vor acht. Rund 200 Stände bilden kleine Waren-inseln auf dem Kanzlei-Areal. Es herrscht Wühltisch-Atmosphäre. Unsere Besitzerin hat uns gut sichtbar am Rand ihres Standes aufgestellt: Sechs Stühle, immer zwei aufeinandergestapelt. Unsere grünen Sitzfl ächen leuch-ten über den Flohmarkt.

Unter WertAm Stand gegenüber liegen Helme, Damenschuhe und Nähmaschinen – sie scheinen ein hartes Leben hinter sich zu haben. Direkt nebenan verkaufen zwei junge Studentinnen alles, was Keller und Estrich hergegeben haben. Mit diesem namenlosen Krempel haben ich und meine fünf Brüder absolut nichts gemeinsam. Ausser, dass wir gebraucht sind. Aber unsere Vergangenheit ist edler. Das merken zwei ältere Damen als Erste. Unauffällig taxieren sie mich und meine Brüder, dann nicken sie sich zu und tuscheln verschwörerisch: «Die könnten von Eames sein.» Kaum sind die beiden älteren Damen weg, steuert eine junge Frau auf den Stand zu. Sie spricht mit unserer Besitzerin und deutet immer wieder in unse-re Richtung. Beide nicken, die junge Frau bezahlt und trägt zwei von uns weg. Es geht alles wahnsinnig schnell. Wie viel meine Brüder wohl diesmal wert waren? Zuletzt wurden wir auf Ricardo ersteigert. Fünf Stühle für lächerliche 50 Franken. Dann noch 50 Franken für unseren sechsten Bruder, weil er sich am besten gehalten hat. Bevor unsere neue Besitzerin uns in einen dunkeln Transporter geladen und zum Flohmarkt gebracht hat, standen wir in einem Café bei Wil.

Vintage für AlternativosNun stürmt eine laute Frau mit Kurzhaarschnitt, Bauchtasche und Daunen-weste heran. Die Frau ist selber Verkäuferin, ihr Stand liegt etwas versteckt in der Ecke, nur zwanzig Meter von unserem entfernt. Mit mir und meinen Brüdern will sie ihr Sortiment aufwerten. Für ihren Stammkunden Philippe, der in sei-nem Geschäft Vintage-Möbel verkauft: «Er sucht immer Möbel aus den 60ern, für die Alternativos.» Diese Leute scheinen Geschmack zu haben!

Vom Arsch-geweih zum Hirschgeweih

Ein Geweih gehört an den Kopf nicht ans Hinterteil. Manche Menschen tragen es aber genau am verkehrten Ende. Und während in der Tierwelt die männlichen Hir-sche das Geweih tragen, sind es bei uns die Frauen, welche sich mit diesem Schmuckstück zieren. Be-sonders in den 90er Jahren war das Steissbein-Tattoo von kaum einem Frauenhin-tern wegzudenken. Es wurde in kurzen Tops wie eine Tro-phäe präsentiert. Heute wird grösster Wert daraufgelegt, das einst erbeutete Geweih, unter Kleidern zu verste-cken, mit einem Cover-up zu überdecken oder gar wegla-sern zu lassen. Die goldenen Zeiten der länglichen, nach oben geschwungen, ver-zweigten Fantasie-Orna-mente sind vorbei.

< Forsetzung Seite IX Wühltisch-Atmosphäre: Jeden Samstag lockt die Hoffnung auf den grossen Fund.

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JAGDFIEBER IX

Die beiden Verkäuferinnen reden und nicken, die laute Frau bezahlt und nimmt mich und meine drei Brüder mit an ihren Stand. Sie hievt uns auf eine Tischtennisplatte, stellt ein altes Radio auf meine Sitzfl äche und behängt mich mit Handtaschen. Hoffentlich kommt dieser Philippe bald und holt mich hier weg! Ich hätte zwar gerne noch Alternativos gesehen, aber so lange will ich nicht mehr warten. Die laute Frau sagt, sie kämen gerne auf den Floh-markt, aber erst in ein paar Stunden, «wenn sie ausgeschlafen, geduscht, ge-frühstückt und gebumst haben».

Jeder gewinntAuf Philippe müssen wir zum Glück nicht lange warten. Schon nach wenigen Minuten schlängelt sich ein junger, schlacksiger Mann in Jeans und Kapuzen-pulli auf unseren Stand in der Ecke zu. Das also ist der Mann, der uns für die Alternativos kaufen soll. Er untersucht mich und meine Brüder genau. Natür-lich sind wir echt, das sieht man doch! Philippe ist überzeugt und verhandelt mit der lauten Frau: «Ich muss alle zuerst reinigen.» – «Die sind aus den 60ern; das ist selten!»– «Ich muss billig bleiben, noch 30 andere sind im Ge-schäft.» Nach kurzem Hin und Her nicken beide, Philippe drückt der Verkäu-ferin eine Hunderternote in die Hand. Was?! Für alle vier? Mein gutaussehen-der Bruder inbegriffen? Philipps Gesicht verrät das ausgezeichnete Geschäft. Unser neuer Besitzer scheint es eilig zu haben. Gleich nach der Geldübergabe geht er wieder. «Ich hole sie später ab!», ruft er zurück. Auch die laute Frau ist zufrieden. Sie hat mühelos Gewinn gemacht, indem sie vier Stühle um zwanzig Meter verschoben hat. «Er kauft zwar billig, dafür macht er mir das Leben nicht schwer», sagt sie.

Geboren in den 60ernUm halb zehn stehen wir mit ein paar anderen Möbeln auf dem Trottoir neben dem Flohmarkt. Philippes Ausbeute von heute. Wir warten auf den Lastwagen, der uns zu Philippes Geschäft bringen wird. Der junge Mann sieht entspannt aus. «Ich habe geahnt, dass das heute etwas wird», sagt er zu seinem Kolle-gen, der die gekauften Möbel für ihn einsammelt. «Schon beim Aufstehen war ich ganz kribbelig! » Neben uns stehen: Ein Schrank aus dem frühen 20. Jahrhundert, eine rote Ständerlampe, italienisches Design, ein Klapptisch aus Metall. Und wir. Vier Stühle mit grünem Stoffbezug aus der Aluminium Chair Group von Ray und Charles Eames. In den 60ern geboren und heute wahnsinnig begehrte Vintage-Möbel, aber immer noch produziert. Für jeden neuen Stuhl verlangt der Hersteller Vitra mindestens 2000 Franken. TEXT UND BILDER Martina Raschle

Das Schnäppchen des

Tages: Vier Stühle warten

auf ihren nächsten Käufer.

< Forsetzung Seite VIII

Goodbye ArschgeweihDiverse Zürcher Tattoo-Stu-dios, wie z. B. Kaos-Tattoo, bestätigen: Arsch geweihe werden von den Kunden nicht mehr gewünscht, stattdessen stehen an-spruchsvollere Motive im Vordergrund. Egal für welchen Tattoo-Stil man sich entscheidet, Haupt-sache nicht für ein langwei-liges und ödes «Tribal», wie es das Arschgeweih eines ist. Der Fantasie sind bei der Motivgestaltung fast keine Grenzen gesetzt. Natürlich ist ein Geweih am Steiss auch heute noch möglich, doch dann bitte ein realistisches Hirschgeweih: Denn so kann Frau ihren Hintern tatsächlich wie eine Jagdtrophäe stolz zur Schau stellen. Auch wenn sie selbst lieber die Jägerin ist als die Gejagte. TEXT Kim Laura Kühne

BILD Haramis Kalfar

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X JAGDFIEBER

Die Jagd nach dem Wind Der Bol d’Or ist die wichtigste Regatta auf dem Lac Léman und eine derwichtigsten Binnenseeregatten Europas. Den diesjährigen Sieger hatte niemandauf der Rechnung.

Die Schiffe bilden eine endlose Armada vor der Cal-vin-Stadt. Die Spannung ist in der Luft zu spüren. Auch die zahlreichen Zuschauer am Quai und auf den Begleitschiffen wissen: Der Wind ist der Erfolgsfak-tor. Man muss ihn suchen, optimal ausnützen und möglichst nicht mehr verlieren auf der 123 Kilometer langen Strecke zwischen Genf und Le Bouveret. Vom Deck des grossen Begleitschiffes lässt sich das Rennen optimal beobachten. Wir stehen etwa ei-nen Kilometer voraus und warten. Schon vor dem Start manövrieren die Schiffe, um möglichst schnell in Fahrt zu kommen. Der Wind muss schon in die Se-gel blasen, damit sich die Schiffe von der Startzone losreissen. Um Punkt 10 Uhr soll das Rennen starten. Um 5 vor 10 knallt die Kanone. Aber nein. Noch ist es nicht so weit. Das war nur eine Vorwarnung, dass der Start unmittelbar bevorsteht: In fünf Minuten geht es los. Die Spannung steigt, die Schiffe drängen sich in Rich-tung Startlinie, nicht senkrecht, sondern in verschie-denen Winkeln, stets auf der Suche nach dem Wind. Jetzt knallt die Kanone ein zweites Mal. Es geht los.

Alle suchen AlinghiDer Wind sei auf der französischen Küstenseite des Lac Léman schwächer als entlang dem Schweizer Ufer. Deshalb segeln die meisten auf der rechten Seite, der «rive droite». Diejenigen, die es entlang Frank-reich wagen, stehen still. Was für ein Frust! So viele Schiffe. Geschickt nützen sie den Raum zwischen den Konkurrenten und versuchen im Wind-strom zu bleiben. Dafür segeln sie im Zickzack. Die kürzeste Linie zwischen zwei Punkten ist hier nicht die schnellste. Plötzlich fällt ein Schiff in eine ruhige Zone und steht still. Dann werden die Segel umge-stellt und das Schiff fährt in die andere Richtung um den Wind wiederzufi nden.

Die Schiffe kommen näher, erreichen beträchtli-che Geschwindigkeiten. Ein D35-Katamaran segelt auf dem Kiel an uns vorbei. Das Schiff fl iegt, nur der Kiel ist im Wasser. Erstaunliches Spektakel. Die Zu-schauer halten Ausschau nach der Alinghi, die von Ernesto Bertarelli gesteuert wird, dem zweifachen Sieger bei der Copa Americana und siebenfachem Bol-d’Or-Gewinner. Da ist sie, nicht an der Spitze, sondern in dritter Position.

Unerwarteter Sieger Zenith FreshAm Schluss wird die Alinghi fast zwei Stunden auf den Ersten eingebüsst haben. Zenith Fresh gewinnt das Rennen in der höchsten Kategorie in 12 Stunden und 30 Minuten. Der Zweite, Team Sui 9, erreicht das Ziel in 14 Stunden und 27 Minuten … knapp 40 Sekunden vor Alinghi. DieTeam Sui 9 und Alinghi Katamaran ge-hören zur D35-Klasse. Die D35 haben in den letzten 7 Jahren gesiegt. Ihre Herrschaft ist gebrochen. Das Team Zenith Fresh auf dem Ventilo M1 hat dort Zeit gut gemacht, wo der Wind am schwächsten war. Der Skipper Jean-Philippe Bucher und sein Team haben dank einem leichteren Schiff diese lee-ren «Zonen» am besten gemeistert. Dort ist das Schiff erstaunlich schnell gewesen und hat die schweren D35 weit hinter sich gelassen. Zenith Fresh hat nach Le Bouveret die Küste gewechselt, die Über-gänge zwischen den Luftzonen agil gemeistert und die Windverhältnisse zu seinem Vorteil ausgenützt. Das Team hat vier Jahre an der Optimierung des Ventilo M1 gearbeitet. Das hat sich gelohnt. Zwei Stunden Vorsprung zeugt von einer ausserordentli-chen Leistung. Das letzte Schiff in der gleichen Klas-se brauchte 16 Stunden länger. Das spricht für das Schiff und das Können des Teams auf Zenith Fresh. Der Gejagte hat die Schwächen der Jäger aufgedeckt. TEXT UND BILD Nourredine Yous

Bol d’Or im Juni 2013: Ein Horizont voller Segel

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JAGDFIEBER XI

Über den Wolken unterwegs auf LuftkissenInnovation ist Kernthema für KMU beim Kampf um Marktanteile. Eine erfolg-reiche Neuerung ist Ready zum Take-Off im Airbus A380 und im Boeing787 Dreamliner: ein pneumatisches Polsterungssystem für mehr Sitzkomfort.

Heute Zürich, morgen New York, nächste Woche Shanghai. Das Flugzeug ist für viele Reisende auf Lang- und Ultralangstrecken ein Hotel, sogar Luxus-hotel. Unterhaltung, Mahlzeiten, Schlafen. Der Sitz wird zum «Hotelzimmer auf einem Quadratmeter». Das stellt erhöhte Anforderungen an den Sitz- und Liegekomfort. Ein Passagier liegt gerne weich, ein anderer braucht eine harte Fläche. Und die Massa-gefunktion sorgt für Entspannung.

Von der Vision zur InnovationDafür braucht es eine neue Lösung bei der Polsterung von Flugzeugsitzen. Das war im Jahr 2000 die Vision von Urs Baumann, damals CEO und Inhaber der Firma Lantal AG. Die Entwicklung begann 2003. Die Airlines waren skeptisch. Trotz Marktbeobachtungen und Analysen schien ihnen die Einführung riskant. Doch im Jahr 2005 hoben die ersten Passagiere auf Sitzen mit dem neuen PCS-Polsterungssystem (Pneumatic Comfort System) ab. PCS ist eine Systemlösung zur Sitzpolsterung. Es besteht aus luftgefüllten Kunststoffkammern. Der Druckausgleich in den Luftkammern erfolgt automa-tisch über eine elektrische Pumpe. Eine Software mit Fehlerdiagnosefunktion steuert die Elektronik. Der Fluggast kann den Druck der Luftkammern individu-ell nach seinen Bedürfnissen, härter oder weicher, regulieren. Das System lässt sich in die Sitzkonstruk-tionen der verschiedenen Hersteller einbauen. Eine Zufriedenheitsanalyse der Universität Bern bei Flug-gästen einer Airline ergab sehr gute Umfragewerte. Doch seitens der Flugbegleiter gab es einen Kritik-punkt: Die Passagiere auf Sitzen mit PCS liessen sich schwieriger wecken.

Der Weg des PCS ins FlugzeugNeben dem erhöhten Komfort und dem Hygieneaspekt bringt das PCS den Airlines direkt messbare Einspa-rungen: Business-Class-Sitze sind drei Kilos leichter. Dies bedeutet geringeres Fluggewicht, somit geringe-ren Treibstoffverbrauch; im Durchschnitt liessen sich so pro Flugzeug und Jahr 50 000 Franken einsparen. Für die Lufthansa neben Langlebigkeit und Komfort ein wichtiger Grund, sich für das Lantal-System zu entscheiden. Von der Lufthansa stammt auch das bis-her grösste Auftragsvolumen: Die Umrüstung mehrerer

tausend Business-Class-Sitze in 100 Flugzeugen der Langstreckenfl otte von September 2012 bis 2016. «Es ist schwierig eine Vision ins Flugzeug zu bringen», sagt Dr. Roland von Ballmoos, Leiter Pneu-matische Komfortsysteme. Doch nun seien auch Kri-tiker innerhalb der Airlines begeistert. Den Weg ins Flugzeug schaffte das PCS über die Erstausstattung mit First-Class-Sitzen im A330 der Swiss. Der erste grössere Retrofi t-Auftrag, die Erneuerung von 1300 Business-Class-Sitzen, kam auch von der Swiss.

Neue Sitzgeneration trifft neue FlugzeuggenerationDie Erstausstattung des Airbus A380 und des Boeing 787 Dreamliner ist ein weiterer Meilenstein des Luft-polsters auf dem Weg in die Wolken; Angaben von Lantal zufolge liegen Bestellungen von Airlines aus dem Nahen Osten und Nordamerika für die Ausstat-tung neuer Flugzeuge in der First- und Business-Class ab 2014 vor. Trotzdem bleibt der weitere Weg des PCS steinig. Entwicklung und Marketing ruhen sich nicht auf Etappenerfolgen aus. Noch sind die Anteile des PCS am Gesamtumsatz für Lantal zu gering, um von einem sicheren Standbein zu sprechen. Innovationen sind heutzutage keine Selbstläufer mehr, auch sehr gute Neuentwicklungen gewinnen die Jagd nach Marktan-teilen nicht von selbst. Die Konkurrenz schläft nicht, und wie immer zählen am Ende die drei Worte: the winner is … TEXT Hans-Joachim Eckert BILD PD Lantal

Luftkammern aus Kunststoff, Schutzschichten und Bezugsstoff

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XII JAGDFIEBER

Das Halali auf die ErregerPharmakonzerne blasen zur Jagd auf Viren und Bakterien – mit immer neuenImpfschutzmitteln. Die Impfgegnerschaft formiert sich. In dieser aufgeheiztenStimmung möchte der Bund das Epidemiengesetz revidieren und die Bevölke-rung durchimpfen. Wie Hollywood mit Pandemien umgeht, und wo der Hase imPfeffer liegt.

Im neuen Kinofi lm von Regisseur Marc Forster wird die Menschheit zur Beute eines gefährlichen Virus. Die Infi zierten sterben zwar nicht an ihm, werden aber zu lebenden Toten. Brad Pitt höchstpersönlich möchte kein viral verseuchter Zombie werden und beginnt selber nach den Viren zu jagen. In einem WHO-Forschungszentrum fi ndet er die Lösung. Sze-narien, die wir uns bequem aus dem Fauteuil im Kino ansehen können. Spannung pur mit Popcorn. Fast vergessen ist heute, dass es vor bald hun-dert Jahren eine echte Pandemie gab: Zwischen 1918 und 1920 wütete die Spanische Grippe. Autoren der Fachzeitschrift «Bulletin of the history of medicine» schätzten, dass knapp 50 Millionen Menschen dem Virus erlagen. Ein Stück wahre Menschheitsge-schichte mit echten Toten, auch in der Schweiz. Die Schulmedizin reagierte darauf und entwickelte Impf-stoffe gegen Grippeviren. Doktor Thomas Keller, Kinderarzt in Pfäffi kon, sieht unsere Wohlstandsgesellschaft in einer privile-gierten Situation. «Heute sind die Ängste von damals schwer nachzuvollziehen. Die Leute werden nicht mehr damit konfrontiert.» Es gehe uns gut in der Schweiz und viele vertrauten auf den Herdschutz: Da-durch, dass sich viele impfen liessen, sei der Eine, der sich nicht impft, mitgeschützt, weil er keinen Kontakt zum Erreger erhalte. Die Verantwortung des Einzel-nen der Gesellschaft gegenüber habe abgenommen.

Mutierender GrippevirusWährend der letzten Pandemie vom Typ AH1N1, der auch als verwandter Erreger der Spanischen Grippe gilt, starben 2009 weltweit 18 466 Menschen. Aller-dings kann man auch an einer «normalen» saisonalen Grippe bei schwerem Verlauf sterben. Der Unter-

schied zeigt sich beim Alter: Saisonale Grippeopfer sind meist Kleinkinder und ältere Menschen mit schwachem Immunsystem. Bei H1N1-Viren waren die Sterbefälle im Durchschnitt jedoch 53 Jahre alt. Das war beunruhigend, inzwischen wird das neue Infl uen-zavirus aber als deutlich harmloser eingestuft als eine saisonale Grippe. Eine Erfolgsgeschichte ist der Kampf gegen die Pocken: Die WHO und weitere Gesundheitsorganisa-tionen rotteten sie Mitte des 20. Jahrhunderts durch ein konsequentes Impf- und Bekämpfungsprogramm global aus. 1977 erkrankte in Somalia letztmals eine Person an den Pocken, fünf Jahre zuvor in Deutsch-land. Davor starben 30 Prozent an der Infektion; wer sie überlebte, war mit Narben gezeichnet, gehörlos, erblindet oder teilweise gelähmt.

Kanonen für Spatzen?Nun bringt der Bund die Durchimpfung der Bevölke-rung bei Pandemienverdacht auf die politische Agen-da. Am 22. September stimmt das Volk über die Revi-sion des Epidemiengesetzes ab. Die Gegner sagen, da werde mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Das Abkommen der WHO mit der Schweiz, Europa bis 2015 masernfrei zu bekommen, sei kontraproduktiv. Eine Impfung stelle die grössere Gefahr dar als eine Kinderkrankheit oder eine Grippe. Die Impfgegner sind sich sicher: Impfungen ma-chen uns krank, Geimpfte bekämen oft gesundheitli-che Probleme und seien Opfer der Pharmaindustrie. Eine Krankheit solle auf natürlichem Wege durchge-standen werden, um das körpereigene Immunsystem anzupassen und zu stärken. Thomas Keller erklärt: «Vor allem der Konservierungsstoff Thiomersal wird als ungünstig beurteilt. Dieser Träger enthält organi-

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JAGDFIEBER XIII

sche Quecksilberverbindungen.» Diese würden aber für moderne Impfungen nicht mehr verwendet. Bei Einzelimpfungen sei Thiomersal zum Teil noch vor-handen, es handle sich um alte Zulassungen. Der Kinderarzt könne diese nicht unbedingt empfehlen. Heute würden Mehrfachimpfstoffe, zum Beispiel mit 17 Antigenen angeboten, welche 5 Krankheiten abde-cken würden. Kinderarzt Keller erachtet diese neuen Substanzen als bedenkenlos.

Eigenverantwortung oder hoheitliche Aufgabe?Informiert sich der Laie im Internet, fi ndet er viel über Langzeitschäden durch eine Impfung. Schulme-dizinisch anerkannte Statistiken dazu gibt es jedoch keine. Das Schweizer Überwachungs- und Meldesys-tem registrierte 13.5 Millionen Impfungen bei Kindern und Erwachsenen. Bei den Sonderimpfungen (Tropen-impfungen), die als heikel gelten, reagierten circa 270 Fällen mit Komplikationen. Alle erholten sich voll-ständig davon. Bei den Kinderimpfungen wurden kei-ne schweren Komplikationen registriert.

Ist das neue Epidemiengesetz also gerechtfer-tigt? Muss der Schweizer vor sich selbst geschützt werden? «Ich stehe dem neuen Vorschlag des Epide-miengesetzes skeptisch gegenüber», sagt Thomas Keller. Es enthielte gute Ideen, schiesse aber seines Erachtens übers Ziel hinaus und bevormunde zu stark. Wir seien ein freies demokratisches Volk und sollten die Verantwortung behalten, selber zu ent-scheiden. Also die Erregerjagd doch lieber selber in die Hand nehmen wie Brad Pitt, statt sie anderen zu überlassen? TEXT Eveline Corti BILD Reto Schlatter

Page 30: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

XIV JAGDFIEBER

«Und plötzlich fährst du gegen eine Wand»Der 26-jährige Silvan Zehnder geht als Profi ruderer aufdie Jagd nach Sekunden. An der Internationalen RegattaGreifensee verrät er, welche Momente über den Siegentscheiden.

Was ist es, dass Sie beim Rudern antreibt?Es ist das Gefühl, wenn ich im Boot sitze und merke, dass ich alle Bewegun-gen richtig mache. Und wenn ich dann das Feedback vom Boot und der Ge-schwindigkeit bekomme, fühle ich mich glücklich. Das ist ein bisschen wie Fliegen.

Warum verlieren viele Ruderer auf dem zweiten Streckenabschnitt wert-volle Sekunden?Die ersten 500 Meter fährt man einfach raus, schaut erst einmal, wo man überhaupt steht. Dann versucht man seinen Rhythmus zu fi nden. Und dann ab 1000 Meter beginnen Arme und Beine zu schmerzen und ich merke zum ers-ten Mal: «Ok, jetzt wird es anstrengend». Und das Problem ist: «Ich bin noch nirgends. Ich habe noch mal 1000 Meter vor mir.» Aber man gewöhnt sich an diese Schmerzen und ich weiss, meine Konkurrenten leiden genauso.

Wie blenden Sie die Schmerzen aus?Indem ich mich sehr gut auf meine Rennen vorbereite. Dann spüre ich die Schmerzen nicht so stark. In diesem Rennabschnitt kannst du entscheidende Sekunden einbüssen, wenn du deine Motivation verlierst. Doch ich kann noch so gut in Form sein, ich merke immer, wie meine Konzentration nachlässt. Ich spüre den Widerstand meines Körpers, der sich gegen die Bewegungen wehrt.

Was passiert mit Ihrem Körper?Die Schmerzen, die durch die Muskelsäure ausgelöst werden, hemmen die Koordination. Genau an diesem Punkt entscheiden sich viele Rennen. Am Ende gewinnt derjenige, der mit dem Kopf seinen Körper überlisten kann, der es schafft, dass sein Körper auch unter grössten Schmerzen saubere Ruder-schläge ausführt. Auf den letzten 500 Metern ist alles egal, da rudert man fast blind und will nur noch ins Ziel kommen.

Was passiert, wenn Sie das Rennen zu schnell angehen?Dann fährst du plötzlich gegen eine Wand. Wir sagen dazu, jetzt kommt der Mann mit dem Hammer. Der Mann schlägt immer dann zu, sobald wir uns ein Rennen falsch einteilen. Wenn du zu schnell losfährst, fühlt sich alles ganz leicht an. Und plötzlich macht es «Peng!» Danach ist jeder Schlag bleischwer und die Beinen brennen. Die Konzentration ist verschwunden. Der Körper macht dann nicht mehr, was du willst. Mit jedem Schlag verliert man Sekun-de um Sekunde und quält sich ins Ziel. Während des Rennens erholt man sich davon nicht mehr.

Wer es schafft, immer an der Grenze entlang zu rudern, gewinnt das Rennen.Genau. Aber das ist sehr schwierig. Das wäre dann ein perfektes Rennen, wenn ich ins Ziel komme und vor Erschöpfung zusammensacke. Nach so ei-nem Rennen bist du so kaputt, dass es dir zwei Tage lang schlecht geht. Ich habe das in meinen 200 Rennen, vielleicht drei oder vier Mal geschafft.

Anleitung zum FrauenheldSpielend leicht Mädels «klar machen» zählt zu den Stär-ken von Barney Stinson aus der erfolgreichen TV-Serie «How I met your mother». Sein Erfolgsrezept: mit Bluffs und Gaunereien Frau-en aufgabeln. «In einem Akt selbstloser Nächstenliebe», wie er es nennt, gibt er sein Wissen über diese Kunst in seinem Ratgeber «Das Play-book» preis.Eine seiner Anmachstrategi-en, die eine 90-prozentige Erfolgsquote verspricht, nennt sich «Freund von Michael». Die Masche lautet im Play-book wie folgt:Erstens: Nähere dich einem Mädel, und sage: «Mensch, das ist ja toll, dass wir uns wiedersehen! Du, sei mir nicht böse, aber ich weiss nicht mehr, wie du heisst.».Zweitens: Sie wird darauf beharren, dass sie dich nie zuvor gesehen hat. Das ist der Punkt, an dem du sagst: «Aber ich bin doch der Freund von Michael!»

< Forsetzung Seite XV

Page 31: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

JAGDFIEBER XV

Auf Ihrer Webseite schreiben Sie, man müsse im Rennen aggressiv sein, wenn man gewinnen will.Ich muss zu mir selbst aggressiv sein. Während des Rennens fl üstert ein klei-ner Mann in meinem Kopf: «Hallo Silvan, mach mal langsamer. Es ist so an-strengend.» Der Typ heisst innerer Schweinehund. Ich antworte dann: «Eh Kumpel, halt jetzt mal den Mund. Ich muss rudern.» Das Gefühl im Ziel, nicht alles gegeben zu haben, ist viel schlimmer, als alle Schmerzen. Die andere Art der Aggression richtet sich gegen meine Gegner. Wenn man am Start ag-gressiv und schnell losfährt, sich gleich zu Beginn an die Spitze des Rennens manövriert, setzt man ein starkes Signal. Manche Gegner fühlen sich dadurch so unter Druck gesetzt, dass sie langsamer rudern. Oder anders gesagt: Der Schweinehund meiner Gegner spricht dann etwas lauter zu ihnen.

Welche Nuancen entscheiden über Sieg oder Niederlage?Oft kommt es auf meine Tagesform an. Und eine ganz grosse Rolle spielt die Erfahrung. Gerade an Weltmeisterschaften gewinnen immer wieder diesel-ben Athleten. Und häufi g sind das alte erfahrene Ruderer, die viele Rennen in den Knochen haben. Sie kennen ihren Körper besser als junge Ruderer, kön-nen länger auf dieser unsichtbaren Grenzlinie entlang rudern und dadurch die entscheidenden Sekunden gewinnen. Und sie haben Selbstvertrauen, sie werden nicht nervös, wenn ein anderes Boot mal eine halbe Länge vorn ist. Sie wissen, dass sie für den Endspurt noch genug Benzin im Tank haben.

Wie wichtig ist der einzelne Ruderschlag?Sehr wichtig. Wir Ruderer sprechen von einem runden Schlag. Das heisst, wir versuchen, nur fl üssige Bewegungen zu machen. Der Schlag beginnt mit dem Einsatz, wenn wir das Ruderblatt ins Wasser tauchen. Das ist ein ganz wichti-ger Moment beim Rudern.

Was entscheidet über Sieg oder Niederlage: Kopf, Muskeln oder Technik?Alles zusammen. Aber die Grundvoraussetzung für den Sieg ist und bleibt die physische Kraft. Dann kommt die Technik, und wenn es um die entscheiden-den Sekunden geht, spielt natürlich auch der Kopf eine Rolle. TEXT UND BILD Dietmar Knopf

Silvan bei seinen letzten Vorbereitungen, bevor er zum Start rudert.

Zur PersonSilvan Zehnder, 1987 geboren, studiert Finanzmathematik in Konstanz. Er rudert seit 2003 für den Seeclub Zürich in mehreren Bootsklassen, vom Einer bis zum Achter. Letztes Jahr hat er die Henley Royal Regatta im Achter gewonnen, war 2008 Studen-tenweltmeister im Vierer ohne Steuermann und 2007 Dritter im Vierer ohne Steuer-mann bei den U23-Welt-meisterschaften. Zehnder wohnt im Kreis 6 in Zürich.

< Forsetzung von Seite XIV

Drittens: Jetzt ist es ihr peinlich, und sie wird versu-chen, die Scharte auszuwet-zen – hoffentlich im Bett.

Klar ist, wohl jede Frau kennt einen Michael. So auch die Frauen einer nicht ganz re-präsentativen Befragung. Sie sind sich jedoch einig, dass Mann mit dieser Ge-schichte bei keiner Frau mit Verstand landen wird. Da Barney und seine Anmachen bei vielen Frauen durch die TV-Serie bereits bekannt sind, wissen die meisten über diese Maschen Be-scheid. Männer, nehmt euch Barney nicht zum Vorbild. Seine Taktiken funktionieren nicht in echt, da sie Frauen als zu leichte Beute darstel-len. Ausnahme: Ihr trefft auf einen «How I met your mother»-Fan, der es lustig fi ndet, «Barney-like» ange-sprochen zu werden. TEXT Kim Laura Kühne

Page 32: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

XVI JAGDFIEBER

Jäger aus Passion Was macht eigentlich ein Jagdaufseher? Stefan Schleich (57) vermitteltzwischen Mensch, Tier und Natur.

Ich verbringe viel Zeit in der Natur, mit Wildtieren und mit Anliegen der Gemeindebevölkerung. Viele Leute wissen nicht, welche Tiere auf der Wildtierliste sind. Ich wurde schon wegen einer Ratte gerufen, dies ist natürlich kein Wildtier, genauso wenig wie Hühner. Füchse hingegen schon. Oft werde ich von der Bevöl-kerung wegen Füchsen in Wohnquartieren um Rat oder Hilfe gebeten. Die einen fi nden die Füchse nied-lich und füttern sie, was ganz schlecht ist; sie ver-nachlässigen dadurch die Jagd nach Mäusen im Wald und auf den Feldern. Andere fürchten sich vor einer Ansteckung mit dem Fuchsbandwurm in ihren Bee-ren- und Gemüsebeeten. Leider gibt es auch Leute, die sich nicht an die Regeln im Revier halten und mit ihren Autos direkt bis vor die Grillplätze fahren, ob-wohl im Wald Fahrverbot herrscht. Als Jagdaufseher der Gemeinde Stäfa stehe ich 24 Stunden zur Verfügung. Es gibt keine fi xe Arbeits- oder Einsatzzeiten. Meist kommt ein Anruf von der Polizei, von einem Bauern oder aus der Bevölkerung. Durch meine Arbeitszeiten als Berufsschullehrer kann ich die meisten Einsätze selber leisten. Geht dies einmal nicht, können die Polizei oder auch ich selber den nächsten Jäger auf unserer Alarmliste aufbieten. In der Nacht werde ich meistens wegen Unfällen mit angefahrenen Wildtieren gerufen. Diese müssen weg-geräumt oder aufgespürt werden, um sie von ihrem Leiden zu erlösen. Viel Zeit verbringe ich im Jagdrevier mit der Pfl ege und dem Unterhalt der Jagdeinrich-tungen, der Pirschwege und der Sicherung der Stras-sen bei Wildwechselstellen. Wir sind fünf Jagdpächter in unserem Revier. Mit der eigentlichen Jagd verbringen wir wenig Zeit. Vier Mal im Jahr zählen wir den Bestand der Rehböcke

und Rehgeissen, die in unserem Revier beheimatet sind. Die Zahlen geben wir der kantonalen Jagdver-waltung weiter. Diese berechnet daraus die Ab-schussquote. Rehe sind nachtaktive Tiere, deshalb spüren wir sie nachts auf. Mit starken Scheinwerfer-lampen blenden wir sie. Sie stehen dann still, wir können sie zählen und sehen, ob es sich um Rehböcke oder Geissen handelt. Die Jagdzeit dauert in unserem Revier jeweils von Mai bis Ende Jahr. Die Schonzeit für die Rehgeissen dauert bis im September. Im Mai und Juni werde ich oft von Bauern gerufen. Die Reh-geissen setzen dann ihre Rehkitze in den hochge-wachsenen Feldern. Leider müssen die Bauern genau dann mähen, und die kleinen Rehkitze geraten unter den Mähbalken. Einmal wurde ich im Mai von einem Bauern geru-fen, um ein Rehkitz aus seinem Feld zu entfernen. Er hatte eine Rehgeiss aus dem Feld springen sehen, ein Hinweis auf Junge. Ich fand das Kleine und setzte es an den Waldrand. Da die Rehgeissen meistens zwei Rehkitze haben, suchte ich das Feld nach einem weiteren ab. Ich fand jedoch keines. Der Bauer be-gann zu mähen. Kurze Zeit später rief er mich wieder an. Er hatte das zweite erwischt. Wie durch ein Wun-der wurde das kleine Reh nicht verletzt. Ich hob es auf und setzte es ebenfalls an den Waldrand. Das geret-tete Reh, erst wenige Tage alt, rückte darauf nicht mehr von meiner Seite. Es drückte sich an mich, suchte Zitzen. Es hatte mich sogleich als Retter und Artgenossen akzeptiert. Ein sehr berührendes Erleb-nis. Mit einem Happy End: Denn obwohl ich die beiden Rehkitze aus dem Feld getragen hatte, wurden sie von der Muttergeiss wieder angenommen. TEXT UND BILD Isabel Bader

Stefan Schleich, Jagdaufseher Stäfa,

in seinem Revier

Page 33: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

Herbst 2013 17

TAG DER OFFENEN TÜR

Zu den beiden Geburtstagen kom-men noch zwei Jubiläen: Seit hun-dert Jahren kann man an den Zür-cher Gewerbeschulen Deutsch als Zweitsprache lernen, und bereits vor hundertvierzig Jahren gab es den ersten Fremdsprachenkurs (Französisch für Köche und Ver-käuferinnen). Die offizielle Begrüs-sungsrede hält Rektorin Josefa Haas um 17 Uhr in der Aula, das Programm läuft aber bereits ab 14 Uhr.

Vergangene Zeiten. Eine Ausstellung mit acht Schautafeln zeigt Interes-santes und Amüsantes aus vergan-genen Tagen. Da sind etwa Original-Schulhefte aus den 50er Jahren zu sehen, denen man die Mühsal des Französischunterrichts ansieht. Oder die Anleitung für das Sprach-labor mit verschiedenen «Laborty-pen»: L für «Lehrer am Steuerpult» und S für Schüler. Auch die erfor-

derliche «Labordisziplin» wird hier seriös abgehandelt.

Die heutige EB Zürich war schon immer in zahlreichen Schulhäu-sern, was ab und zu kleine bis hef-tige Kulturdispute ergab: Ein aus-führlicher Schriftwechsel zeugt von unterschiedlichen Vorstellun-gen über die korrekte Art der Wandtafel-Reinigung – inklusive ausgiebigem Gezänk über Schwämme, die unpassend in der Grösse seien und ausserdem zu zerrissen, um noch wirklich funk-tionstüchtig zu sein.Aktuell und aktiv. Gezeigt wird aber auch Neues, eine reiche Aus-wahl aus vielen Bereichen: Videos, Drucksachen und Fotos, die in den Kursen und Ateliers entstanden sind, 3D-Animationen, Web-Auf-tritte. Lesungen von eigenen litera-rischen Texten sind angesagt. Zum Teil werden die Autorinnen gleich anschliessend live von Journalis-ten in Ausbildung interviewt, ge-lernt ist schliesslich gelernt.

Wer selber etwas ausprobieren will: Es gibt Konversations-Grup-pen in fünf Sprachen zum Mitma-chen (Sprachencafés), man kann sich in Porträtfoto versuchen, All-

tagsfragen zum Computer ange-hen, eine Schnupperlektion in Chi-nesisch besuchen, Tipps zu Google und Cloud holen. Wer zum wa-chen Geist auch an den gesunden Körper und die zufriedene Seele denkt, schaut bei den Kurzlektio-nen zu Ernährung, Stress-Manage-ment oder Pilates vorbei.

Infos und Pause. Zusätzlich zum Schnuppern und sich von Thema zu Thema treiben lassen, kann man sich während der ganzen Zeit Informationen aus erster Hand ho-len – die Fachleute der EB Zürich sind schliesslich vor Ort. Und um die Eindrücke zu ordnen oder ganz einfach mit Bekannten zu plau-dern, ist ein Besuch im Selbstbe-dienungsrestaurant im obersten Stock empfehlenswert. Bei mil-dem Spätsommerwetter lockt die Dachterrasse mit prächtiger Sicht über halb Zürich.

Die EB Zürich lädt zum doppelten Geburtstag

TAG DER OFFENEN TÜR

Freitag, 20. September 2013

EB Zürich, Riesbachstrasse 11

14 bis 21 Uhr

17 Uhr Offi zielle Begrüssung Rektorin

Josefa Haas

Detailprogramm: www.eb-zuerich.ch

Schauen und mitmachen. Übernächsten Freitag feiert die EB Zürich ihr zehnjähriges Bestehen – und eigentlich auch ihr vierzigjähriges: Hervorgegangen ist sie aus der EB Wolfbach, die vor vierzig Jahren entstand. Am doppelten Geburtstag schaut sie etwas nostalgisch und auch augenzwinkernd in die Vergan-genheit und öffnet die Türen einen Nachmittag und Abend lang zum Sehen, Schnuppern, Ausprobieren.

KatrinJungs, schon vom Tag der offenen Tür der Erwachsenenbildung Zürich gehört? Am 20. September ab 14.00 Uhr, Riesbachstrasse 11 www.eb-zuerich.ch

Weiterbildungs-Chat

JürgKlar, bin dabei.

JürgNei, möchte in meine Zukunft investieren, mich weiterbilden, etwas Neues machen...

JürgBin grad mächtig am Schwimmen

RomanTraining für die Meisterschaften?

Chats

Senden

RomanHab mal reingeschaut – cool. Jürg, was meinste?

21:15

21:16

21:15

21:17

21:25

21:45 Klar, bin dabei.

20%21:45EB Zürich G4

21:40

21:10

Page 34: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

18 EB KURS Nr. 39

PERSÖNLICH

Die fragende ReiseleiterinBewegte Bilder als Reisegefährt. Bei ihr dreht sich alles um Film: Anna-Lydia

Florin ist Kursleiterin für Drehbuch und Video und Filmemacherin. Aktuell ist

ihr Filmmaterial über Indigene im brasilianischen Amazonas in Basel zu sehen;

eine Annäherung an eine untergehende Kultur.

Text CHRISTIAN KAISER Bild PHILIPP BAER

Sie gehört zu jenen, die ihr Licht etwas unter den Scheffel stellen. Gibt die Lorbeeren weiter an den Kame-ramann, der auch noch dabei war, oder an den bekann-ten Dokumentarfilmer, der ihr Material geschnitten und arrangiert hat. Wenn man sie anfragt für ein Porträt, fragt sie fast schüchtern, ob ihre Aktivitäten dafür auch genug hergäben.

Sicher, das reicht dicke: Anna-Lydia Florin filmt, forscht und leitet Kurse fürs Drehbuchschreiben an der EB Zürich. Hier hat sie auch den Bildungsgang Video aufgebaut, den sie zusammen mit Gitta Gsell leitet. Ei-nige der Arbeiten, die dort entstehen, werden an Kino-Matinées gezeigt, und das freut sie natürlich: «Es ist sehr schön, solche Projekte begleiten zu können und zu sehen, wie die Inputs fruchten.»

Mit Fragen löchern. Die Fächer Film und Video unter-richtet sie zudem auch in Bern an der Hochschule der Künste. Derzeit erforscht sie dort zusammen mit einer Projektpartnerin die verschiedenen Möglichkeiten, wie man Interviews in einem Dokumentar- oder Es-sayfilm montieren kann. Wie lassen sich Bild und Sprache kombinieren? Und wie wirken die unter-schiedlichen Techniken aufs Publikum? Welche Me-thode passt zu welchem Thema? Das sind die Fragen, die sie interessieren.

Die Methoden zur Collage von Originaltönen probieren die beiden Forscherinnen selbst aus. Dafür interviewen sie derzeit Menschen, die nicht mehr im angestamm-ten Beruf arbeiten können; etwa, weil es ihn nicht mehr gibt oder weil sie ihn wegen Krankheit aufgeben

mussten. In verschiedene Leben hineinschauen zu können – das ist es, was Anna-Lydia Florin an ihrer Ar-beit als Dokumentarfilmerin geniesst: «Jedes Leben ist für sich einzigartig und speziell. Ich erachte es als gros ses Privileg, den Leuten ein Loch in den Bauch fra-gen zu dürfen.»

Die Reise zu den Tuparí. Der Film dient ihr als Mittel, um selbst in kleine und grosse Universen reisen zu können – und andere auf diese Reise mitzunehmen. Was dabei entstehen kann, lässt sich derzeit im Muse-um der Kulturen in Basel betrachten. In der Ausstel-lung «Was Jetzt? Aufstand der Dinge im Amazonas». Gleich im ersten Raum führt eine Videoinstallation ins Thema ein. Der Videokünstler Thomas Isler hat sie aus rund 50 Stunden Filmmaterial von Anna-Lydia Florin montiert.

«Ich hätte das Material gern selber geschnitten, aber ich hatte leider keine Zeit.» Denn Anna-Lydia Florin hat vor zwei Jahren Nachwuchs bekommen und Sohn Tejo sorgt dafür, dass ihre Projekte derzeit etwas länger dauern. Die bewegten Bilder in der Basler Ausstellung stammen von 2008 und 2009. 2008 begleitete Florin den Sohn des bekannten Schweizer Ethnologen Franz Caspar bei einem Besuch zu den Tuparí im brasiliani-schen Bundesstaat Rondônia. Franz Caspar hatte 1948 und 1955 bei den Tuparí gelebt und war so etwas wie einer der ihren geworden: Die Tuparí hatten ihm sogar die Würde eines Häuptlings angetragen und betrach-teten ihn als einen engen Verwandten. Entsprechend freundschaftlich wurde sein Sohn erwartet und emp-fangen.

Page 35: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

18 EB KURS Nr. 39

PERSÖNLICH

Die fragende ReiseleiterinBewegte Bilder als Reisegefährt. Bei ihr dreht sich alles um Film: Anna-Lydia

Florin ist Kursleiterin für Drehbuch und Video und Filmemacherin. Aktuell ist

ihr Filmmaterial über Indigene im brasilianischen Amazonas in Basel zu sehen;

eine Annäherung an eine untergehende Kultur.

Text CHRISTIAN KAISER Bild PHILIPP BAER

Sie gehört zu jenen, die ihr Licht etwas unter den Scheffel stellen. Gibt die Lorbeeren weiter an den Kame-ramann, der auch noch dabei war, oder an den bekann-ten Dokumentarfilmer, der ihr Material geschnitten und arrangiert hat. Wenn man sie anfragt für ein Porträt, fragt sie fast schüchtern, ob ihre Aktivitäten dafür auch genug hergäben.

Sicher, das reicht dicke: Anna-Lydia Florin filmt, forscht und leitet Kurse fürs Drehbuchschreiben an der EB Zürich. Hier hat sie auch den Bildungsgang Video aufgebaut, den sie zusammen mit Gitta Gsell leitet. Ei-nige der Arbeiten, die dort entstehen, werden an Kino-Matinées gezeigt, und das freut sie natürlich: «Es ist sehr schön, solche Projekte begleiten zu können und zu sehen, wie die Inputs fruchten.»

Mit Fragen löchern. Die Fächer Film und Video unter-richtet sie zudem auch in Bern an der Hochschule der Künste. Derzeit erforscht sie dort zusammen mit einer Projektpartnerin die verschiedenen Möglichkeiten, wie man Interviews in einem Dokumentar- oder Es-sayfilm montieren kann. Wie lassen sich Bild und Sprache kombinieren? Und wie wirken die unter-schiedlichen Techniken aufs Publikum? Welche Me-thode passt zu welchem Thema? Das sind die Fragen, die sie interessieren.

Die Methoden zur Collage von Originaltönen probieren die beiden Forscherinnen selbst aus. Dafür interviewen sie derzeit Menschen, die nicht mehr im angestamm-ten Beruf arbeiten können; etwa, weil es ihn nicht mehr gibt oder weil sie ihn wegen Krankheit aufgeben

mussten. In verschiedene Leben hineinschauen zu können – das ist es, was Anna-Lydia Florin an ihrer Ar-beit als Dokumentarfilmerin geniesst: «Jedes Leben ist für sich einzigartig und speziell. Ich erachte es als gros ses Privileg, den Leuten ein Loch in den Bauch fra-gen zu dürfen.»

Die Reise zu den Tuparí. Der Film dient ihr als Mittel, um selbst in kleine und grosse Universen reisen zu können – und andere auf diese Reise mitzunehmen. Was dabei entstehen kann, lässt sich derzeit im Muse-um der Kulturen in Basel betrachten. In der Ausstel-lung «Was Jetzt? Aufstand der Dinge im Amazonas». Gleich im ersten Raum führt eine Videoinstallation ins Thema ein. Der Videokünstler Thomas Isler hat sie aus rund 50 Stunden Filmmaterial von Anna-Lydia Florin montiert.

«Ich hätte das Material gern selber geschnitten, aber ich hatte leider keine Zeit.» Denn Anna-Lydia Florin hat vor zwei Jahren Nachwuchs bekommen und Sohn Tejo sorgt dafür, dass ihre Projekte derzeit etwas länger dauern. Die bewegten Bilder in der Basler Ausstellung stammen von 2008 und 2009. 2008 begleitete Florin den Sohn des bekannten Schweizer Ethnologen Franz Caspar bei einem Besuch zu den Tuparí im brasiliani-schen Bundesstaat Rondônia. Franz Caspar hatte 1948 und 1955 bei den Tuparí gelebt und war so etwas wie einer der ihren geworden: Die Tuparí hatten ihm sogar die Würde eines Häuptlings angetragen und betrach-teten ihn als einen engen Verwandten. Entsprechend freundschaftlich wurde sein Sohn erwartet und emp-fangen.

Herbst 2013 19

PERSÖNLICH

Zu den Erinnerungen reisen. «Damit ich ein Pro-jekt akzeptiere, muss es etwas sein, wo ich Feu-er fange», sagt Anna-Lydia Florin. Im ersten Mo-ment dachte sie, diese Welt sei zu weit weg und zu fremd. Doch der Reiz an einen Ort zu kom-men, wo sie noch nie war, war stärker. Dann die spannende Figur des Franz Caspar, die ihr nicht unbekannt war: Er hatte das Schweizer Kinder- und Jugendbuchinstitut gegründet und den Kinderbuchklassiker Rössli Hü übersetzt (1. Buch) bzw. selber geschrieben (2. Buch). «Ich hatte es in der Schule gelesen, und das Rössli Hü stand als schön be-malte Bastelarbeit aus Karton ewig auf meinem Schrank.»

Also tauchte sie für zwei Wochen in den brasiliani-schen Urwald ein und filmte. 2009 kamen die Indige-nen aus dem Regenwald zu einem Gegenbesuch nach Europa. Anna-Lydia Florin begleitete sie drei Wochen lang zu Museen in Österreich, Deutschland, den Nie-derlanden und in Basel, wo die Gegenstände lagerten, welche Franz Caspar bei ihnen gesammelt hatte; Florin wird Zeugin, wie die Indigenen Stücken ihrer eigenen Stammesgeschichte begegnen.

Verdrehte Welten. Die Installation «Erinnerungen der Dinge» in Basel stellt nun in zwei Projektionen Film-ausschnitte aus beiden Besuchen einander gegenüber. Da sind berührende Szenen zu sehen: Etwa wenn ein älterer Indianer eine Panflöte seines Stammes im Ar-chiv sieht und sich an die Melodien erinnert, die damit gespielt wurden. Oder wenn die Besucher in Berlin die Wachswalzen vorgespielt bekommen, auf denen vor

60 Jahren ihre Gesänge aufgezeichnet worden waren – und einer Tuparí-Frau die Tränen kommen, weil sie die Stimmen ihrer verstorbenen Eltern erkennt. Oder wenn der Schamane zu einem geheimnisvollen Pulver demonstriert, wie er damit eine Heilungszeremonie durchführt.

Anna-Lydia Florin sagt, es sei für sie immer noch sehr schwer vorstellbar, wie die Indigenen diese Welt hier gesehen haben: «Es gibt ganz viel, was ich nicht begrif-fen habe.» Diese starke Gemeinschaft etwa, die sie ver-körperten. Beispielsweise seien die indigenen Besucher immer zu siebt zusammengeblieben, hätten nicht einmal allein die Strasse überquert. Darauf angespro-chen hätten sie gesagt: «Hier gibt es keine Bäume, wir können uns nicht orientieren.» Anna-Lydia Florin er-ging es im Amazonas genau umgekehrt: «Für mich hat da ein Baum ausgesehen wie jeder andere.»

Die Ausstellung «Was Jetzt? Aufstand der Dinge im Amazonas»

im Museum der Kulturen in Basel läuft noch bis 30. März 2014

Page 36: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

20 EB KURS Nr. 39

Wieso summt die Biene, während die Hummel brummt? «Summen oder Brummen» lautet der Titel dieses Nachmittagsworkshops, den die Schriftstellerinnen Dorothée Elmiger und Brigitte Spalinger ge-meinsam betreuen. Hier gehts also um Töne und Klangfarben, um die Nuancen im scheinbar Gleichen. Und gleich zu Beginn machen die beiden klar, dass die Variation ein musikalisches Verfahren ist: Aus dem Kassettenrekorder erklingen Mozarts Pianovariationen des fran-zösischen Volkslieds «Ah vous di-rai-je, Maman». Gleiches Grund-thema, ein Dutzend verschiedene Fassungen. Und was Mozart mit 25 komponiert hatte, kann heute je-des Kind in neuen Versionen nach-summen, denn Mozarts Pianovari-ationen lieferten die Vorlage für die Ohrwürmer «Twinkle, Twinkle Little Star», «Baa, Baa, Black Sheep» oder «Morgen kommt der Weih-nachtsmann».

Per Spiel zum Stil. Schnell wird klar, worauf die beiden Kursleite-rinnen hinauswollen: Für die Vari-ation brauchts eine Konstante, die Wiederholung – und etwas, das sich wandelt; das kann der Rhyth-mus, das Tempo, der Klang, die Me-lodik oder die Dynamik sein. Und mit diesen fünf Elementen kann man eben auch beim Schreiben spielen – dieses Spiel ergibt dann den Stil. Wie das geht, hat der fran-zösische Dichter Raymond Queneau vorgemacht. Nach dem Besuch ei-nes Bachkonzerts kam er zum Schluss; dieses feine Variieren ei-ner gleichen Grundstruktur müss-te man doch auch in der Literatur anwenden können! Und trat den Beweis dafür an. In seinem Buch «Stilübungen» gab er denselben Sachverhalt in 98 Variationen wie-der – mal ganz nüchtern, mal «parteiisch», «botanisch», «medizi-nisch» oder auch in vorgegebenen Versformen wie dem Tanka, dem Sonett oder dem Alexandriner.

Queneaus Geschichte ist vergleichs-weise banal: Im Autobus S sieht ein Ich einen Fremden, den er später auf dem Bahnhofvorplatz wieder-erkennt. Die Veränderung von Form und Wortwahl lässt aber 99 sehr unterschiedliche Fassungen entstehen. Vorgetragen von einem Schauspieler ab Tonband wirkt jede ganz unterschiedlich – die Teilnehmerinnen empfinden sie mal sachlich zurückhaltend (An-sage), mal vorwurfsvoll aggressiv (Alexandriner). Queneau war sich sicher, dass man dieses Spiel un-endlich weitertreiben könnte. Aber nach 99 Fassungen machte er einen Punkt; er hatte von 1942 bis 1946 immerhin fünf Jahre an seinen «Exercices de style» gearbeitet.

Silberfi sche im Zürisee. Später, am Abend, nach ihrer öffentlichen Le-sung im SchreibLeseZentrum, wird die Schriftstellerin Dorothée Elmiger sagen: «Mich faszinieren Autoren, die mit Sprache etwas an-fangen.» Ilse Aichinger, Robert Walser, Peter Weber. Schon im Workshop nutzt sie einen Text von Peter Weber als Impuls für die Teilnehmenden, damit sie es selbst mit dem Variantenschreiben ver-suchen. Unter dem Titel «Die Züge verkehren planmässig» variiert Weber munter das Thema, verlegt die Schauplätze vom Doppelstock-zug nach Bern über unbestimmte Bahnhöfe bis ins Zürcher Hafenbe-cken, versetzt Wörter in eine frem-de Umgebung, so dass die benann-ten Dinge eine andere Bedeutung erhalten. So wie das auch schon Queneau getan hatte: «Auch die Wörter sind gemachte Gegenstän-

Auf der Suche nach Buenaventura

Die Kunst der Variation. Rhythmus, Tempo, Klang –

die Schrifstellerin Dorothée Elmiger zeigte in einem

Workshop, wie sich Texte variieren lassen. Mit ganz

erstaunlichen Resultaten. Am Abend bewies sie

dann in einer öffentlichen Lesung, dass sie selbst

eine gewiefte Variantenschreiberin ist, die ihre

Sätze so lange knetet, bis sie aufgehen.

Text CHRISTIAN KAISER Bilder PHILIPP BAER, CHRISTIAN KAISER

KURSFENSTER

Page 37: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

20 EB KURS Nr. 39

Wieso summt die Biene, während die Hummel brummt? «Summen oder Brummen» lautet der Titel dieses Nachmittagsworkshops, den die Schriftstellerinnen Dorothée Elmiger und Brigitte Spalinger ge-meinsam betreuen. Hier gehts also um Töne und Klangfarben, um die Nuancen im scheinbar Gleichen. Und gleich zu Beginn machen die beiden klar, dass die Variation ein musikalisches Verfahren ist: Aus dem Kassettenrekorder erklingen Mozarts Pianovariationen des fran-zösischen Volkslieds «Ah vous di-rai-je, Maman». Gleiches Grund-thema, ein Dutzend verschiedene Fassungen. Und was Mozart mit 25 komponiert hatte, kann heute je-des Kind in neuen Versionen nach-summen, denn Mozarts Pianovari-ationen lieferten die Vorlage für die Ohrwürmer «Twinkle, Twinkle Little Star», «Baa, Baa, Black Sheep» oder «Morgen kommt der Weih-nachtsmann».

Per Spiel zum Stil. Schnell wird klar, worauf die beiden Kursleite-rinnen hinauswollen: Für die Vari-ation brauchts eine Konstante, die Wiederholung – und etwas, das sich wandelt; das kann der Rhyth-mus, das Tempo, der Klang, die Me-lodik oder die Dynamik sein. Und mit diesen fünf Elementen kann man eben auch beim Schreiben spielen – dieses Spiel ergibt dann den Stil. Wie das geht, hat der fran-zösische Dichter Raymond Queneau vorgemacht. Nach dem Besuch ei-nes Bachkonzerts kam er zum Schluss; dieses feine Variieren ei-ner gleichen Grundstruktur müss-te man doch auch in der Literatur anwenden können! Und trat den Beweis dafür an. In seinem Buch «Stilübungen» gab er denselben Sachverhalt in 98 Variationen wie-der – mal ganz nüchtern, mal «parteiisch», «botanisch», «medizi-nisch» oder auch in vorgegebenen Versformen wie dem Tanka, dem Sonett oder dem Alexandriner.

Queneaus Geschichte ist vergleichs-weise banal: Im Autobus S sieht ein Ich einen Fremden, den er später auf dem Bahnhofvorplatz wieder-erkennt. Die Veränderung von Form und Wortwahl lässt aber 99 sehr unterschiedliche Fassungen entstehen. Vorgetragen von einem Schauspieler ab Tonband wirkt jede ganz unterschiedlich – die Teilnehmerinnen empfinden sie mal sachlich zurückhaltend (An-sage), mal vorwurfsvoll aggressiv (Alexandriner). Queneau war sich sicher, dass man dieses Spiel un-endlich weitertreiben könnte. Aber nach 99 Fassungen machte er einen Punkt; er hatte von 1942 bis 1946 immerhin fünf Jahre an seinen «Exercices de style» gearbeitet.

Silberfi sche im Zürisee. Später, am Abend, nach ihrer öffentlichen Le-sung im SchreibLeseZentrum, wird die Schriftstellerin Dorothée Elmiger sagen: «Mich faszinieren Autoren, die mit Sprache etwas an-fangen.» Ilse Aichinger, Robert Walser, Peter Weber. Schon im Workshop nutzt sie einen Text von Peter Weber als Impuls für die Teilnehmenden, damit sie es selbst mit dem Variantenschreiben ver-suchen. Unter dem Titel «Die Züge verkehren planmässig» variiert Weber munter das Thema, verlegt die Schauplätze vom Doppelstock-zug nach Bern über unbestimmte Bahnhöfe bis ins Zürcher Hafenbe-cken, versetzt Wörter in eine frem-de Umgebung, so dass die benann-ten Dinge eine andere Bedeutung erhalten. So wie das auch schon Queneau getan hatte: «Auch die Wörter sind gemachte Gegenstän-

Auf der Suche nach Buenaventura

Die Kunst der Variation. Rhythmus, Tempo, Klang –

die Schrifstellerin Dorothée Elmiger zeigte in einem

Workshop, wie sich Texte variieren lassen. Mit ganz

erstaunlichen Resultaten. Am Abend bewies sie

dann in einer öffentlichen Lesung, dass sie selbst

eine gewiefte Variantenschreiberin ist, die ihre

Sätze so lange knetet, bis sie aufgehen.

Text CHRISTIAN KAISER Bilder PHILIPP BAER, CHRISTIAN KAISER

KURSFENSTER

Herbst 2013 21

de. Man kann sie unabhängig von ihrer Bedeutung betrachten. Aus-serhalb ihrer Bedeutung können sie etwas ganz anderes meinen.» Schwanengeld, Silberfische, Fin-gerlinge – die Teilnehmenden des Workshops rätseln über Webers Worte, die losgelöst von ihrer ei-gentlichen Bedeutung im Zürich-see schwimmen.

Die Fantasie ankurbeln. Aber dann wird selbst geschrieben, was das Zeug hält: Das Thema «Die Züge verkehren planmässig» wird in mehreren Runden variiert, reih-um, immer auf der Basis des Textes

einer anderen Teilnehmerin. So lange bis nichts mehr planmässig ist, die Züge völlig unplanmässig verkehren, planlos oder gegen je-den Plan, den Plan verkehren, ja an-fangen ein Eigenleben zu führen, nach ihrem geheimen Plan nir-gendwohin fahren. Nicht einmal der Lokführer und der Heizer wis-sen noch, wo die Züge hinführen. «Alle Passagiere wollen irgendwo-hin gefahren werden, nicht wis-sen, wo sie hinkommen», heisst es in einem der entstandenen Texte.

Am Schluss sind sich die 10 Teilneh-menden einig: Sowohl die musika-

lischen und literarischen Inputs wie auch die Texte der anderen ha-ben die Fantasie angeregt, es hat grossen Spass gemacht, die Variati-on selbst auszuprobieren und sich vom Variantenreichtum überra-schen zu lassen.

Die Suche als Thema. Am Abend dann, als Dorothée Elmiger vor Pu-blikum aus ihrem preisgekrönten Erstling «Einladung an die Wag-halsigen» liest, wird klar, dass sie selbst eine Meisterin der Variation ist. Ihr Thema: Zwei junge Schwes-tern auf der Suche. Sie suchen nach der Vergangenheit eines ver-

KURSFENSTER

Page 38: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

22 EB KURS Nr. 39

KURSFENSTER

lassenen Landstrichs und ihrer Herkunft – und nach dem Fluss Buenaventura, der einmal durch das karge Land geflossen sein soll und vielleicht noch immer fliesst. «Es wurde Morgen und ich schrieb auf ein Stück Papier: Auf der Suche nach einem Fluss. O buena ventu-ra!» Der Strom wird zum Sinnbild für die Hoffnung auf Leben, für den Hunger nach Abenteuer der beiden jungen Frauen. Auch wenn alle anderen längst aufgegeben ha-ben, auch wenn die einst lebendige Stadt zur Wüste geworden ist, weil im Untergrund des ehemaligen Kohlereviers ein Feuer schwelt – Margarete und Fritzi müssen for-schen und suchen. Auf ihr Grund-thema angesprochen sagt Elmiger: «Nach etwas suchen wir ja alle, wahrscheinlich.»

Poetik des Bergbaus. Ein wunder-bares und wundersames Buch – 124 Seiten, jeder Satz geknetet, bis er sitzt, bis sich die Sprache ergibt, die zum Stoff passt. «Der Grund, dass das Buch so dünn ist, ist, dass ich an jedem Satz so lange sitze», sagt Elmiger fast entschuldigend. Drei Jahre hat sie an dem Buch gearbei-tet, an einem guten Tag ergab sich eine Seite Rohtext, die dann x-mal «auf den Kopf gestellt» wurde. Sie betreibt elementare Spracharbeit, überträgt den technischen Berg-baujargon und arrangiert ihn zu poetischen Laut abfolgen, die traum-haft wirken: «Das letzte Kriterium, ob ein Satz stehenbleiben kann, ist immer die Frage nach dem Rhyth-mus, nach dem Klang, wie sich die Worte zusammenfügen.» Und man merkt ihr die Freude darüber an, dass auch Wörter aus der Technik

ganz unterschiedliche Bedeutun-gen haben können: z.B. dass die Marke Remington sowohl für ein Repetiergewehr als auch für eine Schreibmaschine stehen kann. Die Polizisten in ihrem Buch besassen beides.

Auch Elmiger kennt das Prinzip der Variation aus der Musik: als Sa-xophonistin, die sich als Jugendli-che mit dem Jazz und der freien Improvisation befasste. Aber in

Appenzell, wo sie aufgewachsen ist, passte dieses Instrument nicht in ihren Lebensplan; weder behag-te ihr die Rolle als Solistin in einer Big Band, noch liess sie sich in der Appenzeller Harmonie gern in ei-nen Rock stecken. Uniformzwang und Drang zur freien Variation – das passt halt schlecht zusammen.

«BESTES DEUTSCHSPRACHIGES PROSADEBÜT»

Dorothee Elmiger wurde 1985 in Wetzikon im Zürcher Oberland

geboren und wuchs in Appenzell auf. Sie studierte Literarisches

Schreiben am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel und ver-

brachte zwei Semester am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Beim

Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 2010 erhielt sie den Kelag-Preis.

Ihr Buch «Einladung an die Waghalsigen» wurde mit dem aspekte-

Literaturpreis für das beste deutschsprachige Prosadebüt aus-

gezeichnet. Elmiger studiert Politikwissenschaft in Luzern, wo sie

auch wohnt.

Am Nachmittag des 19. Juni 2013 leitete Dorothee Elmiger zusam-

men mit Brigitte Spalinger den Workshop «Summen oder Brum-

men», und am Abend las sie an einer öffentlichen Veranstaltung

des SchreibLeseZentrums SLZ der EB Zürich.

Weitere Literaturveranstaltungen des SLZ siehe Agenda S. 30 und

unter www.eb-zuerich.ch/slz.

Page 39: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

22 EB KURS Nr. 39

KURSFENSTER

lassenen Landstrichs und ihrer Herkunft – und nach dem Fluss Buenaventura, der einmal durch das karge Land geflossen sein soll und vielleicht noch immer fliesst. «Es wurde Morgen und ich schrieb auf ein Stück Papier: Auf der Suche nach einem Fluss. O buena ventu-ra!» Der Strom wird zum Sinnbild für die Hoffnung auf Leben, für den Hunger nach Abenteuer der beiden jungen Frauen. Auch wenn alle anderen längst aufgegeben ha-ben, auch wenn die einst lebendige Stadt zur Wüste geworden ist, weil im Untergrund des ehemaligen Kohlereviers ein Feuer schwelt – Margarete und Fritzi müssen for-schen und suchen. Auf ihr Grund-thema angesprochen sagt Elmiger: «Nach etwas suchen wir ja alle, wahrscheinlich.»

Poetik des Bergbaus. Ein wunder-bares und wundersames Buch – 124 Seiten, jeder Satz geknetet, bis er sitzt, bis sich die Sprache ergibt, die zum Stoff passt. «Der Grund, dass das Buch so dünn ist, ist, dass ich an jedem Satz so lange sitze», sagt Elmiger fast entschuldigend. Drei Jahre hat sie an dem Buch gearbei-tet, an einem guten Tag ergab sich eine Seite Rohtext, die dann x-mal «auf den Kopf gestellt» wurde. Sie betreibt elementare Spracharbeit, überträgt den technischen Berg-baujargon und arrangiert ihn zu poetischen Laut abfolgen, die traum-haft wirken: «Das letzte Kriterium, ob ein Satz stehenbleiben kann, ist immer die Frage nach dem Rhyth-mus, nach dem Klang, wie sich die Worte zusammenfügen.» Und man merkt ihr die Freude darüber an, dass auch Wörter aus der Technik

ganz unterschiedliche Bedeutun-gen haben können: z.B. dass die Marke Remington sowohl für ein Repetiergewehr als auch für eine Schreibmaschine stehen kann. Die Polizisten in ihrem Buch besassen beides.

Auch Elmiger kennt das Prinzip der Variation aus der Musik: als Sa-xophonistin, die sich als Jugendli-che mit dem Jazz und der freien Improvisation befasste. Aber in

Appenzell, wo sie aufgewachsen ist, passte dieses Instrument nicht in ihren Lebensplan; weder behag-te ihr die Rolle als Solistin in einer Big Band, noch liess sie sich in der Appenzeller Harmonie gern in ei-nen Rock stecken. Uniformzwang und Drang zur freien Variation – das passt halt schlecht zusammen.

«BESTES DEUTSCHSPRACHIGES PROSADEBÜT»

Dorothee Elmiger wurde 1985 in Wetzikon im Zürcher Oberland

geboren und wuchs in Appenzell auf. Sie studierte Literarisches

Schreiben am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel und ver-

brachte zwei Semester am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Beim

Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 2010 erhielt sie den Kelag-Preis.

Ihr Buch «Einladung an die Waghalsigen» wurde mit dem aspekte-

Literaturpreis für das beste deutschsprachige Prosadebüt aus-

gezeichnet. Elmiger studiert Politikwissenschaft in Luzern, wo sie

auch wohnt.

Am Nachmittag des 19. Juni 2013 leitete Dorothee Elmiger zusam-

men mit Brigitte Spalinger den Workshop «Summen oder Brum-

men», und am Abend las sie an einer öffentlichen Veranstaltung

des SchreibLeseZentrums SLZ der EB Zürich.

Weitere Literaturveranstaltungen des SLZ siehe Agenda S. 30 und

unter www.eb-zuerich.ch/slz.

Herbst 2013 23

MAIL AN DIE EXPERTIN

«Wie lerne ich lustvoll und erfolgreich?»

Grüezi Frau Jäger

Das Lustvollste am Lernen ist doch, wenn es fertig ist und ich

endlich das dicke Schulbuch in die Ecke schmeissen kann.

(lacht) Es geht schon lustvoller. Von Natur aus haben wir näm-

lich Spass am Lernen. Kinder sind noch unglaublich neugierig

und können völlig im Entdecken aufgehen. Sie kommen zum Teil

richtiggehend in einen Flow. Nur so werden die entsprechenden

Gehirnregionen aktiviert und man lernt wirklich.

Aber wenn ich für meinen Abschluss nun mal die elenden kompli-

zierten Begriffe der Volkswirtschaftslehre büffeln muss?

Büffeln, also Auswendiglernen nützt sowieso nichts. Lernen

heisst vernetzen, Inhalte zusammenhängen. Wenn ich so lerne, wie

es dem Gehirn entspricht, macht das auch bei einem ungeliebten

Stoff Spass und wirkt. Ich nutze dabei die Neuro-Mechanismen:

die Art, wie das Gehirn tickt.

Was heisst das konkret?

Das Gehirn assoziiert sehr gerne. Ich lasse bei einem neuen

Thema zuerst einfach meine Gedanken frei laufen und schaue,

was mir durch den Kopf schwirrt. So kommt das Gehirn in Fahrt,

wird sozusagen fürs Lernen vorgewärmt. Dann kann ich das Neue

mit Bekanntem vergleichen, aus meinem Beruf oder noch besser

mit einem Hobby, das macht mehr Spass.

Wie kann ich es mir am besten merken?

Sehr wirkungsvoll ist es, meine eigenen Bilder zu zeichnen. Das

können Symbole sein, Skizzen, auch Mind Maps – eben Visualisie-

rungen aller Art. Auch Sprachbilder – Metaphern - sind gut.

Wenn ich eigene Beispiele aus meinem Erleben fi nde, habe ich et-

was perfekt vernetzt. Und die gute alte Methode der Eselsbrücke

funktioniert tatsächlich. Grundsätzlich gilt: Je mehr Sinne ich

anspreche, je aktiver und lustvoller ich dabei bin, desto besser

geht es.

Wenn ich aber nicht sonderlich gut zeichnen kann?

Es geht nicht um gut oder schlecht zeichnen, sondern einfach

darum, etwas bildlich festzuhalten. Aber wenn mir das nicht

zusagt, wähle ich eben eine andere Methode. Zum Beispiel im

Gespräch mit jemandem ein Thema vertiefen. Vielleicht auf

einem Spaziergang – Bewegung aktiviert das Hirn ohnehin.

Ich muss also zuerst lernen, wie ich am besten lerne?

Es ist kein Müssen: Ich kann lustvoll entdecken, wie ich indivi-

duell am besten lerne. Das alleine macht bereits Spass und be-

freit mich von viel mühsamer Gehirn-Quälerei.

Besten Dank für Ihre Ausführungen.

SIBYLLE JÄGER arbeitet als Kurslei-terin und Coach mit Schwerpunkt Selbstmanagement. Sie bezeichnet sich «der Freude am Lernen leiden-schaftlich verpfl ichtet». An der EB Zürich führt sie unter anderem auch Kurse in Zeitmanagement und erfolgreicher Kommunikation durch.

KURS ZUM THEMA

Lustvoll lernen macht Spass und wirkt

Kreative und effi ziente Lernmethoden

2 Tage

6./7. Dezember 2013

22./29. März 2014

18./19. Juli 2014

Weitere Informationen: www.eb-zuerich.ch

Page 40: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

24 EB KURS Nr. 39

IM GESPRÄCH

Sie sind ein Meister des Geschmacks, Herr Colaianni. Gibt es ein Aroma, an das Sie sich besonders gut erin-nern?Hm … der Tomatensugo von zuhause, diesen Ge-schmack habe ich immer im Kopf. Ich bin ein totaler Geruchsmensch – wir Köche riechen ja ununterbro-chen an Zutaten und ergründen die verschiedenen Noten. Das hat seine positiven und negativen Seiten. So ist es mir schon passiert, dass ich wieder aus dem Tram aussteigen musste, weil ich den Geruch nicht ertrug.

Eine positive Geschmackserfahrung können Sie in der Küche jederzeit reproduzieren?Ja doch, das geht. Mit solchen Dingen ist man stän-dig beschäftigt. Dazu braucht es etwas Talent, der Rest besteht aus permanentem Lernen – insgesamt ist das fast eine Sucht.

Wie wissen Sie, dass eine bestimmte Geschmackskrea-tion bei Ihren Gästen ankommt?Ich strebe stets eine gewisse Einfachheit an, die mir mehr zusagt als besonders verrückte Kombinationen. Bei den Gästen beobachte ich, dass sie von der Viel-falt der Aromen manchmal fast überfordert sind. Am besten kommen Gänge an, die einfach wirken und wenige Zutaten enthalten. Trotzdem muss ich mich ständig fragen: Wie komme ich zu einer einzig-artigen Geschmackskreation?

Und woher stammen die Ideen?Es ist immer eine Mischung von verschiedenen Din-gen, die zu einer Kreation führt. Ich selber habe eine klassische französische Ausbildung und bin mit der italienischen Küche meiner Familie aufgewachsen. Deshalb sind mir die mediterranen Wurzeln wichtig. Diese eigenen Vorstellungen mischen sich mit dem, was sonst in der Spitzengastronomie passiert. Daraus ergibt sich die Handschrift der eigenen Küche.

War es für Sie klar, dass Sie Koch werden? Vielleicht genetisch bedingt?Ich habe mich immer fürs Essen interessiert, meine Mutter war eine gute Köchin und sie hat es von ihrer Mutter gelernt. Von einer Nachbarin, die den Zwei-ten Weltkrieg erlebt hatten, hörte man Dinge wie: «Als Koch muss man nie hungern, und du kannst die Welt sehen.» Letztlich entschied ich mich aber nach einer Schnupperlehre für den Beruf als Koch und machte eine klassische Lehre in einem Land-gasthof in der Nähe von Bern. Vom Virus der Spitzen-gastronomie befallen war ich endgültig nach meiner Zeit im Al Portone in Lugano.

Von aussen betrachtet verlief Ihre Karriere makellos: Schon sehr jung machten Sie sich einen Namen, als Sie im Restaurant Wiesenthal im Zürcher Unterland 14 Gault-Millau-Punkte erhielten.Ja, da war ich mit 24 Jahren tatsächlich sehr jung. Mit 30 wurde ich im Schloss Rapperswil bereits mit 17 Gault-Millau-Punkten und einem Michelin-Stern

Der unvergessliche TomatensugoEin Sternekoch als Gastgeber. Antonio Colaianni will sehen können, wie das

Essen seiner Kundschaft schmeckt. Darum ist er vom höchsten Restaurant

der Stadt in den Wolken ins ebenerdige, aber höchstdotierte Zürcher Gourmet-

Lokal umgezogen; im Mesa fühlt er den Puls seiner Gäste und ist wieder glücklich.

Interview ANNETTE MARTI Bilder ZVG

Page 41: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

24 EB KURS Nr. 39

IM GESPRÄCH

Sie sind ein Meister des Geschmacks, Herr Colaianni. Gibt es ein Aroma, an das Sie sich besonders gut erin-nern?Hm … der Tomatensugo von zuhause, diesen Ge-schmack habe ich immer im Kopf. Ich bin ein totaler Geruchsmensch – wir Köche riechen ja ununterbro-chen an Zutaten und ergründen die verschiedenen Noten. Das hat seine positiven und negativen Seiten. So ist es mir schon passiert, dass ich wieder aus dem Tram aussteigen musste, weil ich den Geruch nicht ertrug.

Eine positive Geschmackserfahrung können Sie in der Küche jederzeit reproduzieren?Ja doch, das geht. Mit solchen Dingen ist man stän-dig beschäftigt. Dazu braucht es etwas Talent, der Rest besteht aus permanentem Lernen – insgesamt ist das fast eine Sucht.

Wie wissen Sie, dass eine bestimmte Geschmackskrea-tion bei Ihren Gästen ankommt?Ich strebe stets eine gewisse Einfachheit an, die mir mehr zusagt als besonders verrückte Kombinationen. Bei den Gästen beobachte ich, dass sie von der Viel-falt der Aromen manchmal fast überfordert sind. Am besten kommen Gänge an, die einfach wirken und wenige Zutaten enthalten. Trotzdem muss ich mich ständig fragen: Wie komme ich zu einer einzig-artigen Geschmackskreation?

Und woher stammen die Ideen?Es ist immer eine Mischung von verschiedenen Din-gen, die zu einer Kreation führt. Ich selber habe eine klassische französische Ausbildung und bin mit der italienischen Küche meiner Familie aufgewachsen. Deshalb sind mir die mediterranen Wurzeln wichtig. Diese eigenen Vorstellungen mischen sich mit dem, was sonst in der Spitzengastronomie passiert. Daraus ergibt sich die Handschrift der eigenen Küche.

War es für Sie klar, dass Sie Koch werden? Vielleicht genetisch bedingt?Ich habe mich immer fürs Essen interessiert, meine Mutter war eine gute Köchin und sie hat es von ihrer Mutter gelernt. Von einer Nachbarin, die den Zwei-ten Weltkrieg erlebt hatten, hörte man Dinge wie: «Als Koch muss man nie hungern, und du kannst die Welt sehen.» Letztlich entschied ich mich aber nach einer Schnupperlehre für den Beruf als Koch und machte eine klassische Lehre in einem Land-gasthof in der Nähe von Bern. Vom Virus der Spitzen-gastronomie befallen war ich endgültig nach meiner Zeit im Al Portone in Lugano.

Von aussen betrachtet verlief Ihre Karriere makellos: Schon sehr jung machten Sie sich einen Namen, als Sie im Restaurant Wiesenthal im Zürcher Unterland 14 Gault-Millau-Punkte erhielten.Ja, da war ich mit 24 Jahren tatsächlich sehr jung. Mit 30 wurde ich im Schloss Rapperswil bereits mit 17 Gault-Millau-Punkten und einem Michelin-Stern

Der unvergessliche TomatensugoEin Sternekoch als Gastgeber. Antonio Colaianni will sehen können, wie das

Essen seiner Kundschaft schmeckt. Darum ist er vom höchsten Restaurant

der Stadt in den Wolken ins ebenerdige, aber höchstdotierte Zürcher Gourmet-

Lokal umgezogen; im Mesa fühlt er den Puls seiner Gäste und ist wieder glücklich.

Interview ANNETTE MARTI Bilder ZVG

Herbst 2013 25

IM GESPRÄCH

ausgezeichnet. Aus meiner heutigen Perspektive finde ich, das war vielleicht etwas früh. Ich würde heute allen in einer ähnlichen Situation raten, die Wanderjahre auszudehnen, in verschiedenen Län-dern und Restaurants zu arbeiten. So lernt man am allermeisten.

Was war denn der Nachteil dieses frühen Erfolgs?Mein Beruf ist ein Beruf, der Spuren hinterlässt. Bei mir zeigte sich das während meiner neun Jahre als Geschäftsführer und Küchenchef im Il Casale in Wetzikon. Vielleicht bin ich in dieser Zeit an einem Burnout vorbeigeschlichen oder merkte gar nicht, dass ich eines hatte. Das Kochen auf hohem Niveau ist sehr intensiv, man ist einem steten Druck ausge-setzt – von sich selber hauptsächlich, aber natürlich verlangt auch das Umfeld Qualität.

Was ist Ihre persönliche Strategie, mit diesem Druck umzugehen?Man wird bewertet für das, was man macht, und nicht für das, was man machen möchte. Damit meine ich, wenn ich in einer Küche einen Gang höher schalten will, dann sollte ich genau wissen, was das für alle Beteiligten bedeutet. Alle Mitarbeiter müs-sen den Druck aushalten können, nur dann kann es funktionieren. Gastronomie ist Teamwork – und das manchmal auf engstem Raum.

Haben solche Dinge auch mit Ihrem für alle verblüffen-den Weggang im Clouds zu tun?Im Clouds spielten verschiedene Dinge eine Rolle, ins-gesamt fehlte mir schlicht die Freude. Ich fühlte mich wie ein Fisch im falschen Wasser. Sie wissen, die Ar-beitszeiten in der Gastronomie sind sehr lang. Wenn man keine Freude mehr an der Arbeit hat, dann ist es schwierig, so etwas durchzustehen. Es frisst einen innerlich auf, man steht morgens nur mit Mühe auf.

Es braucht ziemlich Mut, einen so prestigeträchtigen Ort wie das Clouds zu verlassen.Ich habe sicher einige Leute geschockt mit meinem Entscheid. Insbesondere fiel es mir nicht leicht, meinen Freund David Martinez Salvany im Stich zu lassen. Aber es war mir klar geworden, dass ich in allererster Linie für mich schauen musste. Am meis-ten gefehlt hat mir der Kontakt zu den Gästen. Die Küche im Clouds liegt ein Stockwerk tiefer als das Restaurant. Das bedeutet, dass ich kaum mehr einen fertig angerichteten Teller sah, ganz zu schweigen ein direktes Feedback von den Gästen hörte. Sie sind es, die Leben in ein Restaurant bringen, und wenn ich die Gäste nicht sehe, dann fühle ich mich wegge-sperrt von der Welt.

Aber im Clouds stehen die Gäste Schlange, versuchen über Monate hinweg einen Tisch zu ergattern. Alle wol-len da hin …Natürlich, ich fühlte mich sehr geehrt, als das Ange-bot kam, und ich war sehr motiviert, mich auf dieses

Page 42: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

26 EB KURS Nr. 39

IM GESPRÄCH

ANTONIO COLAIANNI: MIT 26 CHEF DE CUISINE

Seit dem 26. September 2012 ist Antonio Colaianni Chef de Cuisine

im Restaurant Mesa in Zürich. Er übernahm das höchstdotierte

Zürcher Restaurant von Spitzenkoch Marcus Lindner. In diesem

Jahr ist das Mesa mit 17 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnet wor-

den. Vor seinem Wechsel führte Colaianni zusammen mit seinem

Kollegen David Martinez Salvany die Küche des Clouds im Prime

Tower. Colaianni ist 1969 in Bern geboren, seine Familie stammt

aus Italien. Im Gasthof Maygut in Kleinwabern absolvierte er sei-

ne Lehre. Dann folgten verschiedene Stationen: Ermitage in Bern,

Zum Äusseren Stand in Bern, Al Portone in Lugano, Le Gavroche

in London. 1995 wurde er Chef de Cuisine im Wiesenthal in Winkel,

1998 wechselte er ins Schloss Rapperswil. Dort sorgte er schnell

für Aufsehen, erhielt 17 Gault-Millau-Punkte und einen Michelin-

Stern. Auch im Il Casale in Wetzikon, wo er neun Jahre Geschäfts-

führer und Chef de Cuisine war, besass er 16 Punkte und einen

Stern.

Abenteuer einzulassen. Es war spannend, das Restau-rant zum Laufen zu bringen, aber als die Eröffnungs-phase vorbei war, belastete mich der Alltag immer stärker, beispielsweise die schwierige Logistik und die grossen Strukturen, die mir nicht wirklich ent-sprechen. Ich bin gewohnt, selber zu entscheiden.

Hier im Mesa bewegen Sie sich jetzt im anderen Extrem, das Restaurant ist klein, man sieht direkt in die Küche …Das finde ich toll! Ich sehe Gäste, die kommen, ich kann jemandem winken, und wenn ich an den Ti-

schen vorbeigehe nach dem Essen, dann spüre ich das Feedback regelrecht. Das ist etwas ganz anderes, als wenn man Tage später ein E-Mail oder eine Visiten-karte mit einem schriftlichen Gruss erhält. So ist die Freude wieder zurückgekommen.

Normalerweise nimmt ein Küchenchef seine Mann-schaft bei einem Wechsel mit – oder zumindest einen Teil davon. Sie arbeiten jetzt mit einem völlig neuen Team.Ja, das ist eher die Ausnahme. Aber ich wollte meinem Kollegen nicht die Mitarbeiter abwerben, wenn ich schon selber ging. Hier im Mesa sind wir jetzt in einer Aufbauphase. Es stehen sechs neue Leute in der Küche. Ich gebe ihnen etwas vor und es ist wichtig, dass sie das genau verstehen. Das braucht Zeit. Nach Marcus Lindner liegt die Messlatte sehr hoch. Er hat einen tollen Job gemacht und ich weiss, dass ich sehr kon-sequent sein muss.

Wie verständigt man sich eigentlich in einer Küche? Da sind ja sicher Leute aus verschiedenen Ländern an der Arbeit.Wir hier im Mesa reden deutsch. Viele unserer Mit-arbeiter stammen aus Österreich, auch im Service ist das so.

Gibt es keine guten jungen Schweizer Köche?Doch, die gibt es, aber sie sind dünn gestreut. Es ist halt so: In der Gastronomie muss man viel leisten und wird nicht sehr gut bezahlt. Es ist wie Spitzen-sport: Wem die Passion und der Wille fehlen, etwas zu erreichen, der hält nicht lange durch.

Sie kochen auf allerhöchstem Niveau seit Jahren. Wie kommt man in Ihrer Position noch weiter?Ich lasse mich etwas treiben, auch weil ich weiss, dass man Inspiration nicht erzwingen kann, sie kommt einfach oder kommt eben nicht. Im Moment steht im Vordergrund, dass ich mich ein wenig rege-nerieren kann. Wenn es gut geht im Kopf, funktio-niert der Rest von alleine. Und ganz kurzfristig freue ich mich auch auf meine Ferien, die ich in Italien mit meiner Familie verbringen werde.

Wer kocht? Sie?In der Regel nicht, nein. Meine Mutter kocht. Ich mache nur mal etwas, das sie sich besonders wünscht. Meine Geschwister und meine Mutter ha-ben es gar nicht so gerne, wenn ich koche. Sie sagen immer, dass ich den Herd so schlimm verdrecke …

Page 43: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

26 EB KURS Nr. 39

IM GESPRÄCH

ANTONIO COLAIANNI: MIT 26 CHEF DE CUISINE

Seit dem 26. September 2012 ist Antonio Colaianni Chef de Cuisine

im Restaurant Mesa in Zürich. Er übernahm das höchstdotierte

Zürcher Restaurant von Spitzenkoch Marcus Lindner. In diesem

Jahr ist das Mesa mit 17 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnet wor-

den. Vor seinem Wechsel führte Colaianni zusammen mit seinem

Kollegen David Martinez Salvany die Küche des Clouds im Prime

Tower. Colaianni ist 1969 in Bern geboren, seine Familie stammt

aus Italien. Im Gasthof Maygut in Kleinwabern absolvierte er sei-

ne Lehre. Dann folgten verschiedene Stationen: Ermitage in Bern,

Zum Äusseren Stand in Bern, Al Portone in Lugano, Le Gavroche

in London. 1995 wurde er Chef de Cuisine im Wiesenthal in Winkel,

1998 wechselte er ins Schloss Rapperswil. Dort sorgte er schnell

für Aufsehen, erhielt 17 Gault-Millau-Punkte und einen Michelin-

Stern. Auch im Il Casale in Wetzikon, wo er neun Jahre Geschäfts-

führer und Chef de Cuisine war, besass er 16 Punkte und einen

Stern.

Abenteuer einzulassen. Es war spannend, das Restau-rant zum Laufen zu bringen, aber als die Eröffnungs-phase vorbei war, belastete mich der Alltag immer stärker, beispielsweise die schwierige Logistik und die grossen Strukturen, die mir nicht wirklich ent-sprechen. Ich bin gewohnt, selber zu entscheiden.

Hier im Mesa bewegen Sie sich jetzt im anderen Extrem, das Restaurant ist klein, man sieht direkt in die Küche …Das finde ich toll! Ich sehe Gäste, die kommen, ich kann jemandem winken, und wenn ich an den Ti-

schen vorbeigehe nach dem Essen, dann spüre ich das Feedback regelrecht. Das ist etwas ganz anderes, als wenn man Tage später ein E-Mail oder eine Visiten-karte mit einem schriftlichen Gruss erhält. So ist die Freude wieder zurückgekommen.

Normalerweise nimmt ein Küchenchef seine Mann-schaft bei einem Wechsel mit – oder zumindest einen Teil davon. Sie arbeiten jetzt mit einem völlig neuen Team.Ja, das ist eher die Ausnahme. Aber ich wollte meinem Kollegen nicht die Mitarbeiter abwerben, wenn ich schon selber ging. Hier im Mesa sind wir jetzt in einer Aufbauphase. Es stehen sechs neue Leute in der Küche. Ich gebe ihnen etwas vor und es ist wichtig, dass sie das genau verstehen. Das braucht Zeit. Nach Marcus Lindner liegt die Messlatte sehr hoch. Er hat einen tollen Job gemacht und ich weiss, dass ich sehr kon-sequent sein muss.

Wie verständigt man sich eigentlich in einer Küche? Da sind ja sicher Leute aus verschiedenen Ländern an der Arbeit.Wir hier im Mesa reden deutsch. Viele unserer Mit-arbeiter stammen aus Österreich, auch im Service ist das so.

Gibt es keine guten jungen Schweizer Köche?Doch, die gibt es, aber sie sind dünn gestreut. Es ist halt so: In der Gastronomie muss man viel leisten und wird nicht sehr gut bezahlt. Es ist wie Spitzen-sport: Wem die Passion und der Wille fehlen, etwas zu erreichen, der hält nicht lange durch.

Sie kochen auf allerhöchstem Niveau seit Jahren. Wie kommt man in Ihrer Position noch weiter?Ich lasse mich etwas treiben, auch weil ich weiss, dass man Inspiration nicht erzwingen kann, sie kommt einfach oder kommt eben nicht. Im Moment steht im Vordergrund, dass ich mich ein wenig rege-nerieren kann. Wenn es gut geht im Kopf, funktio-niert der Rest von alleine. Und ganz kurzfristig freue ich mich auch auf meine Ferien, die ich in Italien mit meiner Familie verbringen werde.

Wer kocht? Sie?In der Regel nicht, nein. Meine Mutter kocht. Ich mache nur mal etwas, das sie sich besonders wünscht. Meine Geschwister und meine Mutter ha-ben es gar nicht so gerne, wenn ich koche. Sie sagen immer, dass ich den Herd so schlimm verdrecke …

Herbst 2013 27

SEINERZEIT TAGESTHEMA

Der Ferienaufenthalt des britischen Kriegspremiers am Genfersee löste im Spätsommer 1946 in der Schweiz ein wahres Churchill-Fieber aus. Der Bundesrat liess es sich nicht nehmen, den populären Politiker,

der allerdings in Grossbritannien 1945 abgewählt worden war, am Mittwoch, 18. September, nach Bern einzuladen. Noch gleichentags führte die Reise im «Roten Pfeil» weiter nach Zürich. Bewusst hatte man den Ankunftsort

Bahnhof Enge geheimgehalten, doch auch so kam es nach Eintreffen des Zuges zu einem Massenaufl auf.

Nach einer Übernachtung im Grand Hotel Dolder brach Churchill am folgenden Morgen in einer offenen Limousine Richtung Innenstadt auf. Zehntausende jubelnder und Blumen werfender Zürcherinnen und

Zürcher säumten die Strassen, so dass die Wagenkolonne schon am Waldhaus Dolder erstmals ins Stocken geriet. Nach dem Ehrenempfang durch die Zürcher Kantonsregierung im Rathaus ging’s hinauf zur Universität,

wo Churchill in der Aula seine berühmte Rede zur Vereinigung Europas hielt. Via Pfauen, Bürkliplatz, Bahnhofstrasse, Central, Limmatquai erreichte die Triumphfahrt im offenen Wagen schliesslich den

Münsterhof. Hier war eine Tribüne errichtet worden, doch hatte man Churchill offensichtlich nicht darüber orientiert, dass auch hier eine Rede von ihm erwartet wurde. So improvisierte er ein paar Sätze zur Schweiz als Feriendestination und zum helvetischen Föderalismus. Danach schwenkte er zur Freude der dichtgedrängten

Zuhörerschaft seinen Hut auf einem Stock und verabschiedete sich mit dem bekannten Victory-Gruss. Die begeisterte Menge feierte ihn während des mittäglichen Banketts im Zunfthaus zur Meisen mit Sprech-

chören, so dass er sich noch zweimal an einem Fenster des Barockgebäudes zeigte.

Die Rückkehr nach Grossbritannien am nächsten Vormittag gestaltete sich ruhiger: Der hohe Gast konnte sich sogar noch in einem Geschäft an der Poststrasse ein paar Malutensilien besorgen, bevor er von

Dübendorf aus in einer DC-3 der Swissair nach London zurückfl og, nun wieder in Begleitung seiner Frau, die wegen eines Unfalls in Bern zurückgeblieben war.

Felix Aeppli

Felix Aeppli, Historiker und Filmexperte, erteilt an der EB Zürich einen Kurs über den Schweizer Film.

Mit «Seinerzeit Tagesthema» wirft er einen Blick auf spezielle Ereignisse aus der Geschichte von Stadt und Kanton Zürich.

Begeisterungsstürme für Winston Churchill (1946)

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Page 44: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

28 EB KURS Nr. 39

KULTUR

Fremde Heimat. Zu Recht hat Ursula Krechel für diesen Roman den deutschen Buchpreis erhal-ten. Denn er ist eine erzählerische Wucht. Gestützt auf historische Dokumente wird der Protagonist Richard Kornitzer in atmosphäri-scher Dichte vergegenwärtigt. Dieser kehrt nach dem 2. Welt-krieg aus dem Exil nach Deutsch-land zurück. Angetrieben von einem tiefen Gerechtigkeitssemp-finden sucht er eine Wiedergut-machung in Anbetracht dessen, dass die Nazis seine Familie ausei-nandergerissen haben. Dabei gerät er als Landgerichtsrat in einen Strudel von Misstrauen, Ablehnung und Selbstzerstörung. Packend zu lesen – auch als ein erschütterndes Dokument deut-scher Geschichte.

Wilde Heimat. Wer in den hohen Norden reist – der für mich erst am Polarkreis beginnt – kann vom Nordland-Fieber befallen werden. Dem Wunsch, immer wiederzukommen, ist auch der Fotograf Frans Vosmeer erlegen. Er nimmt uns in seiner Dia-Show auf eine Herbst- / Winterwande-rung in den Pallas-Yllästunturi-Nationalpark mit. Begleitet von mystisch-meditativen Klängen des Nordens lassen sich Natur, Tierwelt und das einzigartige Polarlicht (Aurora Borealis) via sein geschultes Auge durch die Linsen von Hasselblad und Nikon miterleben. Wer jedoch die som-merliche Mitternachtssonne sucht, muss persönlich Anfang Juli auf mindestens 70 Grad nörd-liche Breite reisen.

Ferne Heimat. Die sanften Gitar-renklänge laden mich in eine Traumwelt ein, Youn Sun Nahs Stimme wiegt mich in einen woh-ligen Rhythmus. Ihr varianten-reicher Gesang – manchmal sanft, dann wieder leidenschaftlich oder kratzig – und die unkonventionel-le Besetzung ihres Jazz-Orchesters entführen mich in unbekannte, spannende Sphären. Beglückt schalte ich sofort ab vom Alltag, relaxe, hänge den Bildern nach, die in mir aufsteigen. Youn Sun Nah interpretiert auf ihrer neus-ten CD «Lento» Volkslieder aus ihrer Heimat Südkorea in einem modernen Jazz, der auch Pop ge-nannt werden könnte. Die Künst-lerin, die heute in Paris lebt, singt die Lieder aus Liebe zu ihrer Heimat.

PETER MORF

Leiter Bildungsgang

Literarisches Schreiben

OTMAR SCHOITSCH

Kursleiter Allgemeinbildung

VÉRONIQUE HAUSER

Leiterin Interne Weiterbildung

Mitarbeitende der EB Zürich geben Tipps zu interessanten Büchern, CDs und Filmen.

Ursula Krechel

Landgericht

Jung und Jung 2012

Frans Vosmeer

Nationalpark Finnisch Lappland

vosmeer-naturfotografi e.com

Youn Sun Nah

Lento

ACT 2013

Lesen HörenSehen

Page 45: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

28 EB KURS Nr. 39

KULTUR

Fremde Heimat. Zu Recht hat Ursula Krechel für diesen Roman den deutschen Buchpreis erhal-ten. Denn er ist eine erzählerische Wucht. Gestützt auf historische Dokumente wird der Protagonist Richard Kornitzer in atmosphäri-scher Dichte vergegenwärtigt. Dieser kehrt nach dem 2. Welt-krieg aus dem Exil nach Deutsch-land zurück. Angetrieben von einem tiefen Gerechtigkeitssemp-finden sucht er eine Wiedergut-machung in Anbetracht dessen, dass die Nazis seine Familie ausei-nandergerissen haben. Dabei gerät er als Landgerichtsrat in einen Strudel von Misstrauen, Ablehnung und Selbstzerstörung. Packend zu lesen – auch als ein erschütterndes Dokument deut-scher Geschichte.

Wilde Heimat. Wer in den hohen Norden reist – der für mich erst am Polarkreis beginnt – kann vom Nordland-Fieber befallen werden. Dem Wunsch, immer wiederzukommen, ist auch der Fotograf Frans Vosmeer erlegen. Er nimmt uns in seiner Dia-Show auf eine Herbst- / Winterwande-rung in den Pallas-Yllästunturi-Nationalpark mit. Begleitet von mystisch-meditativen Klängen des Nordens lassen sich Natur, Tierwelt und das einzigartige Polarlicht (Aurora Borealis) via sein geschultes Auge durch die Linsen von Hasselblad und Nikon miterleben. Wer jedoch die som-merliche Mitternachtssonne sucht, muss persönlich Anfang Juli auf mindestens 70 Grad nörd-liche Breite reisen.

Ferne Heimat. Die sanften Gitar-renklänge laden mich in eine Traumwelt ein, Youn Sun Nahs Stimme wiegt mich in einen woh-ligen Rhythmus. Ihr varianten-reicher Gesang – manchmal sanft, dann wieder leidenschaftlich oder kratzig – und die unkonventionel-le Besetzung ihres Jazz-Orchesters entführen mich in unbekannte, spannende Sphären. Beglückt schalte ich sofort ab vom Alltag, relaxe, hänge den Bildern nach, die in mir aufsteigen. Youn Sun Nah interpretiert auf ihrer neus-ten CD «Lento» Volkslieder aus ihrer Heimat Südkorea in einem modernen Jazz, der auch Pop ge-nannt werden könnte. Die Künst-lerin, die heute in Paris lebt, singt die Lieder aus Liebe zu ihrer Heimat.

PETER MORF

Leiter Bildungsgang

Literarisches Schreiben

OTMAR SCHOITSCH

Kursleiter Allgemeinbildung

VÉRONIQUE HAUSER

Leiterin Interne Weiterbildung

Mitarbeitende der EB Zürich geben Tipps zu interessanten Büchern, CDs und Filmen.

Ursula Krechel

Landgericht

Jung und Jung 2012

Frans Vosmeer

Nationalpark Finnisch Lappland

vosmeer-naturfotografi e.com

Youn Sun Nah

Lento

ACT 2013

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Herbst 2013 29

TIPPS UND TRICKS

Simpel und gratis. Wordpress revolutioniert das Erstellen und Verwalten von Websites: Bereits sind rund 19 Prozent aller Sites im Web mit Wordpress gemacht. So gehts.

Text CHRISTIAN KAISER Bild EVA KLÄUI

Was als einfaches Tool für Bloggerinnen und Blogger begann, hat sich zum kompletten CMS (Content Ma-nagement System) gemausert: Mit Wordpress kann jede und jeder mit wenig Aufwand seine eigene Website gestalten, publizieren und regelmässig aktuell halten – ohne Umwege über Grafiker oder Web-Designer.

Wordpress ist eine Art Automat für professionell ge-machte Websites: Auftritte von Selbständigen und Klein-betrieben, aber auch für Kunst- und Kultur-Projekte, Vereinsaktivitäten, Festivals oder Restaurants oder Clubs mit wechselnder Agenda (z.B. helsinkiklub.ch).

Die wichtigsten Vorteile:– Gestaltungsfreiheit: Es gibt Tausende vorgefertigter

Gestaltungsvorlagen (Themes), die viel Spielraum bieten; Bilder, Farben, Inhalte sorgen für einen indi-viduellen Auftritt.

– Funktionalität: Viele nützliche Funktionen sind fest vorinstalliert, andere lassen sich zusätzlich einbau-en (Plug-ins und Widgets); Bildergalerien, Portfolios, Formulare, Kalender, Sprachwahl, Lexika usw.

– Social Media: Neue Einträge (Posts) auf der Website können automatisch auch über Social Media wie Fa-cebook, Twitter, TumblR oder LinkedIn verbreitet werden.

– Anbindung an Mobile: Neuere Wordpress-Themes haben ein Responsive Design, das heisst die Websei-ten-Darstellung passt sich automatisch dem Ausga-begerät an; iPad oder Smartphone – die Darstellung verändert sich nutzerfreundlich.

Der Webseiten-Automat

– Der Preis: Eine einfache Site lässt sich auf wordpress.com oder wordpress.de mit guten Computerkennt-nissen gratis erstellen. Für komplexere Anpassungen sind HTML- oder CSS-Kenntnisse (Cascading Style Sheet) von Vorteil. Selbst wer einen Wordpress-Profi für eine professionellen Auftritt anheuert, kommt mit 1500 bis 2000 Franken aus.

Die wichtigsten Fragen: Wie soll die eigene Site aussehen und was muss sie können? Die Schwierigkeit besteht darin, dasjenige Theme zu finden, das dem am ehesten entspricht. Die einzelnen Schritte zum eigenen Wordpress-Auftritt:1. Sich auf wordpress.de, wordpress.com und wordpress.

org schlau machen.2. Genau überlegen: Struktur, Funktionalität, Gestal-

tung – was brauche ich?3. Sich bei der Wordpress-Community anmelden, Fragen

stellen. Evtl. mit einem Fachmann reden, sich bera-ten lassen.

4. Themes (Vorlagen) anschauen, Gestaltungsmöglichkei-ten durchdenken, ein geeignetes Theme auswählen.

5. Plug-ins und Widgets wählen: Was an vorinstallierten Funktionen brauche ich, was kann ich deinstallieren?

6. Gestaltungskonzept überlegen: Bilder, Farben, Ani-mationen; der erste visueller Eindruck zählt.

7. Gute Bilder bereitstellen, eigene machen: Gute Fo-tos sind ein Zeichen von Professionaltät.

8. Der Content (Inhalt) macht die Beachtung aus: Was schreibe und zeige ich wo?

KURSE ZUM THEMA

Web-Content-Management mit WordPress

Mit Wordpress für einen Web-Auftritt umegehen

HTML5 und CSS3

Die neuen Webstandards für Webdesigns nutzen

Web-Publishing und Gestalten

Ein eigenes Webprojekt konzipieren und realisieren

Page 46: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

30 EB KURS Nr. 39

AGENDA

Lernende coachenEine neue Veranstaltungsreihe der EB Zürich befasst sich mit Lerncoaching. Den Anfang macht der Coach, Trainer und Autor Urs Eisenbart zum Zürcher Res-sourcen Modell (ZRM). Er zeigt in einem Impuls-Refe-rat, wie man das ZRM im Lerncoaching anwenden kann, um eben die Ressourcen der Lernenden opti-mal zu nutzen. Eine anschliessende Diskussion gibt Gelegenheit, verschiedene Aspekte zu vertiefen.

LERNCOACHING UND SELBSTMANAGEMENT MIT ZRM

Input und Fachgespräch mit Urs Eisenbart

Donnerstag, 12. September 2013, 18.00 bis 19.30 Uhr, Aula

Weitere Veranstaltungen der Reihe:

19. März 2014, Prof. Dr. Dietmar Treichel

(Direktor Global Leadership Institut)

22. September 2014, Claudia Stauffer (Lerntherapeutin ILT)

Maschinen retten Leben Im Spital sind lebensrettende Maschinen zwar täg-lich im Einsatz, aber im Notfall schenkt man dem Apparatepark kaum Achtung. Wenn man dann aber mal an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen war, verbindet man sich plötzlich intensiv mit der Technik. Sie ist Hilfe für beide Seiten, für Mediziner wie für Patient. Beide geben einem Apparat ein Stück Leben zur Aufsicht.Der Wiener Fotograf Reiner Riedler (*1968) hat sol-che Spezialapparate aus dem Klinikalltag isoliert: Monströse Geräte, die Leben retten und erhalten.

INTENSIVSTATION

Fotoausstellung Reiner Riedler

Galerie EB Zürich

Vernissage Donnerstag, 26. September 2013, 18 Uhr

SFE: Fit für die Zukunft Das Schweizerische Forum für Erwachsenenbildung SFE widmet sich dieses Jahr dem Thema Zukunfts-fähigkeit. Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Sport zeigen verschiedene Aspekte der Thematik: Antoinette Hunziker-Ebneter (Finanz-spezialistin und ehemalige Börsen-Chefin), Prof. Dr. Peter Kruse (Psychologe und Unternehmensbera-ter, Uni Bremen), Dr. Maja Storch (Psychologin, Mit-begründerin Zürcher Ressourcen Modell, Uni Zürich), Mathias Seger (Captain der Schweizer Eishockey-Nati), Werner Küstenmacher (Pfarrer, Autor und Karikaturist). Moderation: Röbi Koller.

ZUKUNFTSFÄHIGKEIT

Schweizerisches Forum für Erwachsenenbildung SFE

Donnerstag, 21. November 2013, 9 bis 18 Uhr Uhr, Aula

Bauern statt ballern Informatik-Welterfolg aus Schlieren: Die Firma «Giants Software» gibt es erst seit fünf Jahren, und sie hat schon über zwei Millionen Computer-Games verkauft. Ihr Kassenschlager ist der «Landwirt-schafts-Simulator», in dem man lustvoll mit dem grossen Drähmescher spielen kann. Das Game ist in über zehn Sprachen erhältlich, darunter Japanisch. Mitinhaber Stefan Geiger erzählt die Erfolgsge-schichte von der Gründungszeit in der WG bis zum weltweit erfolgreichen Games-Entwickler.

BAUERN STATT BALLERN

Präsentation Stefan Geiger, Mitinhaber Giants Software

Mittwoch, 1. Oktober 2013, 19 Uhr, Aula

Textarbeiten begleiten Die beiden EB-Zürich-Kursleiterinnen Madeleine Marti und Marianne Ulmi haben mit zwei weiteren Autorinnen ein Buch darüber geschrieben, wie man Fach- und Qualifizierungstexte begleiten und beur-teilen kann. Dabei geht es zum Beispiel um Seminar- oder Lehrabschlussarbeiten. Siehe auch «Gesehen, gehört» (Seite 4).

TEXTANALYSE UND SCHREIBBERATUNG

Gisela Bürki, Madeleine Marti, Marianne Ulmi, Annette Verhein

Verlag Barbara Budrich 2013

Vernissage Mittwoch, 5. Dezember 2013, 19 Uhr, Aula

Literatur über den DächernDie EB Zürich beteiligt sich an «Züri liest», der gröss-ten Literaturveranstaltung der Schweiz. Zwei Dutzend neue Autorinnen und Autoren aus dem Bildungsgang Literarisches Schreiben präsentieren frische Texte. Im Bistro mit prächtiger Aussicht und in lockerem Rahmen mit Getränken und Apéro-Häppchen.

ZÜRI LIEST

Text- und Werkschau Literarisches Schreiben

Samstag, 26. Oktober 2013, 14 bis 16 Uhr, Bistro EB Zürich

Page 47: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

30 EB KURS Nr. 39

AGENDA

Lernende coachenEine neue Veranstaltungsreihe der EB Zürich befasst sich mit Lerncoaching. Den Anfang macht der Coach, Trainer und Autor Urs Eisenbart zum Zürcher Res-sourcen Modell (ZRM). Er zeigt in einem Impuls-Refe-rat, wie man das ZRM im Lerncoaching anwenden kann, um eben die Ressourcen der Lernenden opti-mal zu nutzen. Eine anschliessende Diskussion gibt Gelegenheit, verschiedene Aspekte zu vertiefen.

LERNCOACHING UND SELBSTMANAGEMENT MIT ZRM

Input und Fachgespräch mit Urs Eisenbart

Donnerstag, 12. September 2013, 18.00 bis 19.30 Uhr, Aula

Weitere Veranstaltungen der Reihe:

19. März 2014, Prof. Dr. Dietmar Treichel

(Direktor Global Leadership Institut)

22. September 2014, Claudia Stauffer (Lerntherapeutin ILT)

Maschinen retten Leben Im Spital sind lebensrettende Maschinen zwar täg-lich im Einsatz, aber im Notfall schenkt man dem Apparatepark kaum Achtung. Wenn man dann aber mal an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen war, verbindet man sich plötzlich intensiv mit der Technik. Sie ist Hilfe für beide Seiten, für Mediziner wie für Patient. Beide geben einem Apparat ein Stück Leben zur Aufsicht.Der Wiener Fotograf Reiner Riedler (*1968) hat sol-che Spezialapparate aus dem Klinikalltag isoliert: Monströse Geräte, die Leben retten und erhalten.

INTENSIVSTATION

Fotoausstellung Reiner Riedler

Galerie EB Zürich

Vernissage Donnerstag, 26. September 2013, 18 Uhr

SFE: Fit für die Zukunft Das Schweizerische Forum für Erwachsenenbildung SFE widmet sich dieses Jahr dem Thema Zukunfts-fähigkeit. Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Sport zeigen verschiedene Aspekte der Thematik: Antoinette Hunziker-Ebneter (Finanz-spezialistin und ehemalige Börsen-Chefin), Prof. Dr. Peter Kruse (Psychologe und Unternehmensbera-ter, Uni Bremen), Dr. Maja Storch (Psychologin, Mit-begründerin Zürcher Ressourcen Modell, Uni Zürich), Mathias Seger (Captain der Schweizer Eishockey-Nati), Werner Küstenmacher (Pfarrer, Autor und Karikaturist). Moderation: Röbi Koller.

ZUKUNFTSFÄHIGKEIT

Schweizerisches Forum für Erwachsenenbildung SFE

Donnerstag, 21. November 2013, 9 bis 18 Uhr Uhr, Aula

Bauern statt ballern Informatik-Welterfolg aus Schlieren: Die Firma «Giants Software» gibt es erst seit fünf Jahren, und sie hat schon über zwei Millionen Computer-Games verkauft. Ihr Kassenschlager ist der «Landwirt-schafts-Simulator», in dem man lustvoll mit dem grossen Drähmescher spielen kann. Das Game ist in über zehn Sprachen erhältlich, darunter Japanisch. Mitinhaber Stefan Geiger erzählt die Erfolgsge-schichte von der Gründungszeit in der WG bis zum weltweit erfolgreichen Games-Entwickler.

BAUERN STATT BALLERN

Präsentation Stefan Geiger, Mitinhaber Giants Software

Mittwoch, 1. Oktober 2013, 19 Uhr, Aula

Textarbeiten begleiten Die beiden EB-Zürich-Kursleiterinnen Madeleine Marti und Marianne Ulmi haben mit zwei weiteren Autorinnen ein Buch darüber geschrieben, wie man Fach- und Qualifizierungstexte begleiten und beur-teilen kann. Dabei geht es zum Beispiel um Seminar- oder Lehrabschlussarbeiten. Siehe auch «Gesehen, gehört» (Seite 4).

TEXTANALYSE UND SCHREIBBERATUNG

Gisela Bürki, Madeleine Marti, Marianne Ulmi, Annette Verhein

Verlag Barbara Budrich 2013

Vernissage Mittwoch, 5. Dezember 2013, 19 Uhr, Aula

Literatur über den DächernDie EB Zürich beteiligt sich an «Züri liest», der gröss-ten Literaturveranstaltung der Schweiz. Zwei Dutzend neue Autorinnen und Autoren aus dem Bildungsgang Literarisches Schreiben präsentieren frische Texte. Im Bistro mit prächtiger Aussicht und in lockerem Rahmen mit Getränken und Apéro-Häppchen.

ZÜRI LIEST

Text- und Werkschau Literarisches Schreiben

Samstag, 26. Oktober 2013, 14 bis 16 Uhr, Bistro EB Zürich

WEITERBILDUNG – WIE ICH SIE WILL

Weiterbildung liegt im Interesse des Wirtschaftsstand-ortes Zürich und muss darum für alle zugänglich sein – unabhängig vom fi nanziellen oder sozialen Status. Seit 40 Jahren unterstützt die kantonale Berufsschule für Weiterbildung deshalb Berufsleute aus allen Branchen und Bildungsschichten dabei, berufl ich am Ball zu bleiben; Lehrabgänger und Akademikerinnen, Handwerker und kaufmännische Angestellte, Kader und Berufseinstei-gerinnen lernen neben- und miteinander.

Der persönliche Weg zum Ziel: Der Weg zum Lernerfolg ist individuell. In Weiterbildungs- und Lernberatungen werden die Ziele geklärt und geeignete Lernmethoden und -formen aufgezeigt. Nicht nur Privatpersonen, son-dern auch immer mehr Personalchefs und Weiterbil-dungsverantwortliche vertrauen darum auf den Slogan der EB Zürich:

«Weiterbildung – wie ich sie will»

Der erste Schritt zu neuen Horizonten:– Bestellen Sie unser neues Programm mit über 400

Kursen und Bildungsgängen.– Besuchen Sie eine unserer Informationsveranstaltungen.– Lassen Sie sich über unser Angebot beraten.– Nutzen Sie unsere Lern- und Arbeitsplätze im

Lernfoyer.– Buchen Sie eine Weiterbildungsberatung und klären

Sie Ihre Ziele.– Machen Sie Selbsteinstufungstests auf unserer Website.– Lernen Sie anhand unserer Imagebroschüre unsere

Werte kennen.– Verfolgen Sie unsere Aktivitäten auf Facebook oder

Twitter.– Fragen Sie telefonisch oder per Mail bei uns nach. – Kommen Sie vorbei und lernen Sie uns kennen.– Informieren Sie sich auf www.eb-zuerich.ch.

Weiterkommen mit der EB ZürichMit jährlich 16 000 Kundinnen und Kunden ist die EB Zürich die grösste von der öffentlichen Hand getragene Weiterbildungsinstitution der Schweiz.

Quaibrücke

Bahnhofstrasse

Klosbachstra

sse

Forchstrasse

Asylstrasse

Theaterstrasse

rasse

Steinwiesstr.

Münsterbr.

Rathausbr.

Rämist

rasse

matquai

Zeltweg

Kant

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Dolderstr.

Bhf. Stadelhofen

Kunsthaus

Minervastrasse

Höschgasse

Dufourstrasse M

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Zollikerstrasse

Fröhlich

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Feldeggstr.

Riesbachstrasse

Bellerivestrasse

Utoquai

Pfauen KunsthausTram 3, 5, 8, 9,Bus 31

Kreuzplatz Klusplatz

Quaibrücke

Seefeldstrasse

Kreuzstrasse

Paradeplatz

Bellevue

PZürichsee

1511

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Bus 33 bis Höschgasse

Tram 2/4 bis Feldeggstrasse

So erreichen Sie unsTram Nummer 4/2 bis FeldeggstrasseBus 33 bis Höschgasse

So kontaktieren Sie [email protected] 0842 843 844

So fi nden Sie uns im Netzwww.eb-zuerich.ch

EB ZürichKantonale Berufsschule für WeiterbildungBildungszentrum für Erwachsene BiZERiesbachstrasse 118090 Zürich

Page 48: EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2013

Weiterbildung – wie ich sie will

Kantonale Berufsschule für Weiterbildung WBildungszentrum für Erwachsene BiZERiesbachstrasse 11, 8090 ZürichTelefon 0842 843 844 www.eb-zuerich.ch [email protected]

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