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257 Mauerwerk 17 (2013), Heft 4 Leserforum / Persönliches Eberhard Burger 70 Jahre Am 26. Juli vollendete Herr Dr.-Ing. E. h. Eberhard Burger das 70. Lebens- jahr. Wir gratulieren ihm zum runden Geburtstag sehr herzlich, wünschen alles Gute und vor allem Gesundheit. Als Baudirektor der Stiftung Frauen- kirche Dresden hatte er maßgeblich die Fäden für den Wiederaufbau der Frau- enkirche mit ihrer steinernen Kuppel in der Hand. Die Zeitschrift Mauerwerk widmete dem herausragenden Bauwerk aus Sächsischem Sandstein aus Anlass der Rohbaufertigstellung das Heft 3-2004. Bei der offiziellen Verabschie- dung und Würdigung des Lebenswerkes von Eberhard Burger am 22.07.2007 in Dresden hielt Professor Wolfram Jäger eine Rede, die im Folgenden auszugs- weise wiedergegeben wird: „Mir ist die ehrenvolle Aufgabe zuge- fallen, die Grußworte, den Dank und die besten Wünsche derer zu überbrin- gen, die an diesem Bau als Ingenieure, Konstrukteure oder als Ausführende da- für gesorgt haben, dass die Kräfte so flie- ßen, wie sie sollen und dass wir uns hier statisch ausreichend sicher fühlen dür- fen. Die erste fachliche Begegnung mit Eberhard Burger hatte ich im November 1991, als ich ihn aufgeregt und empört im Landeskirchenamt aufsuchte. Ein Überkopflader hatte im Zuge der Sanierung der Chorruine – Steine – scheinbar wie wertlosen Schutt – in seine Schaufel geschoben und an anderer Stelle wieder abgeladen. Natür- lich unabgesprochen, wie sich heraus- stellte. Zwei Wochen später begann für mich und meine Mitarbeiter eine Zusammen- arbeit mit Eberhard Burger, die an die- sem Bau 14 Jahre währte. Sie war ge- kennzeichnet von dem Bewusstsein, einen Weg zu gehen, den in dieser Dimension vorher niemand beschritten hatte. Es war ein Werk wieder zu er- bauen, das George Bähr im 18. Jahrhun- dert in hervorragender Verbindung von Architektur und Tragwerk entworfen, verbessert, durchkonstruiert und bau- meisterlich errichtet hatte. Das Original war der Maßstab, unser heutiges Ver- ständnis von bautechnischer Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit stellte die Randbedingung dar. In diesem Spannungsfeld wurde gear- beitet, nachempfunden, entwickelt, ab- gewogen und schließlich durch den Baudirektor entschieden. Beschreiten konnte man einen solchen anspruchs- vollen Weg nur in einer Atmosphäre des schöpferischen, kameradschaftlichen Miteinanders, die Eberhard Burger ent- scheidend geprägt hat. Schon bald lernten die an der Ent- trümmerung Beteiligten das zu schätzen. Die Vergabeverhandlungen verliefen hart und mit vielen, vielen Nachfragen. Nicht um den Preis zu drücken, sondern es ging um die Lösung, die natürlich von den Kosten her verantwortet werden musste – den vielen Spendern und Geld- gebern aus Fördergesellschaft, Stadt, Land und Bund gegenüber. Technik zur Rationalisierung bei Einhaltung der ar- chäologischen Anforderungen war da die einzige Chance. Die Suche nach Möglichkeiten der Leistungssteigerung stand auch nach Vertragsabschluss mit der Arbeitsge- meinschaft und Beginn der Arbeiten noch auf der Tagesordnung, um eben recht bald mit dem eigentlichen Wieder- aufbau beginnen zu können. Technisches Verständnis und Innova- tionsfähigkeit waren dann auch beim Wiederaufbau gefragt. Die Pfeiler der Kirche waren vor 1945 ihre schwächsten Bauglieder, die immer Risse trugen. Walter Henn meinte Persönliches (Foto: dpa)

Eberhard Burger 70 Jahre

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257Mauerwerk 17 (2013), Heft 4

Leserforum / Persönliches

Eberhard Burger 70 Jahre

Am 26. Juli vollendete Herr Dr.-Ing. E. h. Eberhard Burger das 70. Lebens-jahr. Wir gratulieren ihm zum runden Geburtstag sehr herzlich, wünschen alles Gute und vor allem Gesundheit.

Als Baudirektor der Stiftung Frauen-kirche Dresden hatte er maßgeblich die Fäden für den Wiederaufbau der Frau-enkirche mit ihrer steinernen Kuppel in der Hand. Die Zeitschrift Mauerwerk widmete dem herausragenden Bauwerk aus Sächsischem Sandstein aus Anlass der Rohbaufertigstellung das Heft 3-2004. Bei der offiziellen Verabschie-dung und Würdigung des Lebenswerkes von Eberhard Burger am 22.07.2007 in Dresden hielt Professor Wolfram Jäger eine Rede, die im Folgenden auszugs-weise wiedergegeben wird:

„Mir ist die ehrenvolle Aufgabe zuge-fallen, die Grußworte, den Dank und die besten Wünsche derer zu überbrin-gen, die an diesem Bau als Ingenieure,

Konstrukteure oder als Ausführende da-für gesorgt haben, dass die Kräfte so flie-ßen, wie sie sollen und dass wir uns hier statisch ausreichend sicher fühlen dür-fen.

Die erste fachliche Begegnung mit Eberhard Burger hatte ich im November 1991, als ich ihn aufgeregt und empört im Landeskirchenamt aufsuchte.

Ein Überkopflader hatte im Zuge der Sanierung der Chorruine – Steine – scheinbar wie wertlosen Schutt – in seine Schaufel geschoben und an an derer Stelle wieder abgeladen. Natür-lich unabgesprochen, wie sich heraus-stellte.

Zwei Wochen später begann für mich und meine Mitarbeiter eine Zusammen-arbeit mit Eberhard Burger, die an die-sem Bau 14 Jahre währte. Sie war ge-kennzeichnet von dem Bewusstsein, einen Weg zu gehen, den in dieser Dimension vorher niemand beschritten hatte. Es war ein Werk wieder zu er-bauen, das George Bähr im 18. Jahrhun-dert in hervorragender Verbindung von Architektur und Tragwerk entworfen, verbessert, durchkonstruiert und bau-meisterlich errichtet hatte. Das Original war der Maßstab, unser heutiges Ver-ständnis von bautechnischer Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit stellte die Randbedingung dar.

In diesem Spannungsfeld wurde gear-beitet, nachempfunden, entwickelt, ab-gewogen und schließlich durch den Baudirektor entschieden. Beschreiten konnte man einen solchen anspruchs-vollen Weg nur in einer Atmosphäre des schöpferischen, kameradschaftlichen Miteinanders, die Eberhard Burger ent-scheidend geprägt hat.

Schon bald lernten die an der Ent-trümmerung Beteiligten das zu schätzen. Die Vergabeverhandlungen verliefen hart und mit vielen, vielen Nachfragen. Nicht um den Preis zu drücken, sondern es ging um die Lösung, die natürlich von den Kosten her verantwortet werden musste – den vielen Spendern und Geld-gebern aus Fördergesellschaft, Stadt, Land und Bund gegenüber. Technik zur Rationalisierung bei Einhaltung der ar-chäologischen Anforderungen war da die einzige Chance.

Die Suche nach Möglichkeiten der Leistungssteigerung stand auch nach Vertragsabschluss mit der Arbeitsge-meinschaft und Beginn der Arbeiten noch auf der Tagesordnung, um eben recht bald mit dem eigentlichen Wieder-aufbau beginnen zu können.

Technisches Verständnis und Innova-tionsfähigkeit waren dann auch beim Wiederaufbau gefragt.

Die Pfeiler der Kirche waren vor 1945 ihre schwächsten Bauglieder, die immer Risse trugen. Walter Henn meinte

Persönliches

(Foto: dpa)

258 Mauerwerk 17 (2013), Heft 4

Persönliches / Termine

nach dem Krieg: ‚Die Kirche kann nur in Beton wieder aufgebaut werden‘. Curt Siegel schlug vor: ‚Baut die Pfeiler doch aus Granit!‘ Sie brauchten schon eine Festigkeit fast wie Beton, sollten aber eben aus Sandstein sein.

An der TU Dresden wurden laufende Experimente zu Sandsteinmauerwerk dahingehend ergänzt, dass auch Mög-lichkeiten zur Tragfähigkeitssteigerung untersucht und ausgelotet werden konn-ten. Wir Ingenieure schlugen danach vor, die Pfeiler doch aus sächsischem Sandstein – hoher Qualität und mit dün-nen Fugen zu errichten. Wir rechneten mögliche Fertigungstoleranzen und die einzuhaltenden Grenzwerte durch: ± 2 mm.

Das sind ja Uhrmachergenauigkeiten, die ihr fordert, war die Antwort des Praktikers Eberhard Burger! Ja sicher waren wir im Bereich des Maschinen-baus gelandet. Es wurde solange mit den Steinmetzen und Versetzern ge-meinsam überlegt, probiert und die Technologie verbessert, bis die notwen-dige Qualität erreicht und der Nachweis der Machbarkeit erbracht war. Es ist ein Stück innerer Wahrhaftigkeit des Wie-deraufbaus und Verehrung der Leistung George Bährs, dass diese Pfeiler wieder aus Sandstein sind.

So ließen sich noch weitere Episoden etwa zu dem Ringanker, den Großteilen, dem Kuppelanlauf, der Kuppel und zur Laterne anschließen. Mit dem Baudirek-tor wurde immer nach technischen Lö-sungen gesucht, um das Original wieder erstehen lassen zu können, oder so nahe wie möglich an dieses heran zu kom-men. Widerstrebende Meinungen wur-den dabei zusammengeführt und der Konsens fast immer erreicht. Nur so war es möglich, dass die Frauenkirche in Einheit von Tragwerk und Architektur ihre Weltgeltung wieder erlangen konnte, zur Ehre ihres Meisters, zum Nutzen der Bürger und zum Wohle der Stadt.

Der Ruhm und die Wirkung dieser Kirche gehen weit über die Grenzen von Deutschland hinaus und zeugen von dem Willen und der Fähigkeit, kulturel-les Erbe zu erhalten und zu bewahren.

Das Wunder von Dresden ist ein techni-sches und menschliches zugleich, vom Ruf aus Dresden am 13. Februar 1990 bis zu seiner Vollendung am 30. Okto-ber 2005.

Sollte dieses Wunder nicht auch zu-gleich Verpflichtung sein, immer den Konsens zu erreichen, wenn es – in Dresden oder anderswo auf der Welt um die Wahrung des Ererbten geht? Ja, das sollte es.“

Wolfram Jäger