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Vordiplom, ABK Stuttgart

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Lina Fesseler — ABK Stuttgart — Vordiplom © 2010

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Zum kommenden Aufnahmeverfahren an der Staatlichen Aka-

demie der Bildenden Künste Stuttgart im Jahre 2011 wird der

Studiengang European Design nicht mehr angeboten werden.

Diese Dokumentation hält Stim men, Meinungen und In-

formationen fest, die überwiegend vor der offiziellen Abschaf-

fung gesammelt wurden.

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Übersicht

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II.iI.ii

IIII.iII.iiII.iiiII.ivII.v

IIIIII.iIII.iiIII.iii

IVIV.iIV.ii

VV.iV.ii

Der AnfangEinführungInterview N° 1 – Rebekka Rass

Der StudiengangAufbauInterview N° 2 – Isabell JusekInterview N° 3 – Therese WerlingED und ID in ZahlenInterview N° 4 – Sonja Breuninger

Das TreffenVor der ReiseReisetagebuchSalone Satellite

Das EndeInterview N° 5 – Prof. Winfried ScheuerResümee

Das Ende vom EndeInterview N°6 – Prof. Winfried ScheuerInterview N° 7 – Ulrike Rogler

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Der Anfang

I

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„Europa zeichnet sich durch viele kulturelle und ökonomische Facetten als einer der weltweit spannungsreichsten Märkte aus. In diesem Be-wusstsein und um dem kulturellen und ökonomi-schen Zusammenwachsen Europas schon in der Ausbildung gerecht zu werden, haben führende Kunsthochschulen Europas eine paneuropäische Designausbildung initiiert.

Die Akademie der Bildenden Künste Stutt-gart bietet im Netzwerk der MEDes Partnerschu-len Paris, Helsinki, Mailand, Stockholm, Glasgow und Köln die Studiengänge Bachelor of European Design und Master of European Design an.“— hochmodern und zukunftsweisend klingt die Erläuterung des vor drei Jahren eingeführ-ten Studiengangs European Design auf der Homepage der ABK Stuttgart. Dass jedoch das Ende des Studiengangs kurz bevorsteht, könnte niemand vermuten. Vor circa zehn Jah-ren startete Glasgow die Initiierung des Studi-engangs. Die Vernetzung der verschiedenen Hochschulen innerhalb Europas sollte einen einfacheren Studentenaustausch garantieren

und so ein internationales Studium gewähr-leisten. Durch eine Verkomplizierung des Sys-tems, die angeblich die Hochschule in Mailand vor hat, machte sich an der ABK Frustration unter der Professoren- und Leh-rerschaft breit. Für den Studiengang wurde, anders als zum Beispiel in Köln, die bis zu 15 Studenten im Jahr aufnehmen, in den letzten Jahren nur ein Bewerber zugelassen. So wurde sichergestellt, dass der European-Design-Stu-dent in seiner Wahl des Ortes, an dem er sein Auslandssemester verbringt, die größte Frei-heit hat.

Zum Wintersemester 09/10 wurde die letzte Studentin des Studiengangs aunfge-nommen – Rebekka Rass. Im Moment studie-ren drei Austauschstudenten des Programms an der ABK. Diese Dokumentation gibt Aus-kunft darüber, wie sich der Studiengang Euro-pean Design aufbaut und was Studenten und Lehrende über die Abschaffung berichten.

I.i— Einführung

I — Der Anfang | I.i — Einführung15

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Rebekka, du bist jetzt im ersten Semester Eu-ropean Design. Richtig. Ich bin zwanzig Jahre alt, habe letztes Jahr mein Abitur absolviert und danach innerhalb von zwei Wochen meine Mappe gemacht. Innerhalb von zwei Wochen? Meine Mappe hat anscheinend ganz gut meine Persön-lichkeit widergespiegelt. Die Aufnahmeprüfung hat dann auch geklappt und so wurde ich für den Studiengang European Design angenommen. Da ich eigentlich etwas mit Sprachen machen wollte, war ich ziemlich hin- und hergerissen, habe mich letztendlich dann aber doch für European Design entschieden. Ich bin ein großer Schweden- und Frank-reich-Fan, weshalb der Studiengang für mich mit seinen vielen Auslandssemestern, die man an den Partnerhochschulen machen kann, besonders reizvoll war. Hast du dich dann sehr kurzfristig dazu entschieden, Produktdesign zu studieren? Während der Abivorbereitung habe ich mich über Produktdesign informiert, da mich dieser Studiengang schon immer interessiert hat. Mit 13 oder 14 habe ich begonnen Schmuck aus Dingen, die man am Strand findet und diversen

Plastiksachen zu entwerfen. Daraus ist dann eine Leidenschaft entstanden und letztendlich ein Traum, Produktdesign zu studieren. Eigentlich hätte ich mich das aber nie getraut. Nach dem Abi war ich mir über meine Zukunft noch nicht im kla-ren und habe einfach eine Mappe zur Bewerbung an die Aka abgeschickt, denn ich hatte ja nichts zu verlieren. Als ich nach der Aufnahmeprüfung tat-sächlich angenommen worden war, war ich zuerst total Feuer und Flamme. Ich erfuhr daraufhin je-doch, dass der Studiengang abgeschafft werden sollte und wurde vor die Wahl gestellt, ob ich mich für European Design oder Industrial Design ein-schreiben wollte. Ich hielt dann aber an meinem Entschluss fest, denn ich hatte mich ja genau we-gen diesem Studiengang an der Akademie hier in Stuttgart beworben. Trotzdem war ich enttäuscht, dass der Studiengang abgeschafft werden sollte. Ich wusste ja nicht, wie die gesamte Organisation ablaufen würde und ob es noch andere Mitstreiter mit mir gibt. Als ich am ersten Studientag hier an-kam und erfuhr, dass ich die einzige war, die sich für European Design eingeschrieben hatte, hinter-

I.ii— Interview N°1 – Rebekka Rass

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Ich war die einzige, die für European Design angenom-men worden war.ließ diese Erkenntnis schon ein komisches Gefühl bei mir. Wie viel Studenten, dachtest du, seien mit dir für European Design angenommen worden? Bei der Aufnahmeprüfung waren wir ungefähr acht Leute. Deshalb ging ich davon aus, dass so drei, vier mit mir angenommen worden wä-ren. Wenn noch jemand bestanden hat, dann hat sich derjenige vielleicht auch davon abschrecken lassen, dass der Studiengang abgeschafft werden soll. Du hast also erst nach der Aufnahmeprü-fung erfahren, dass der Studiengang abge-schafft werden soll? Während dem Gespräch, dass bei der Aufnahmeprüfung statt findet, wurde ich total gelöchert, warum ich genau diesen Studi-engang ausgewählt hatte. Das kam mir total ko-misch vor, habe mir aber nicht weiter Gedanken darüber gemacht. Am Tag danach habe ich dann einen Anruf bekommen – die gute Nachricht war, ich hatte bestanden, die schlechte war, der Studien-gang sollte abgeschafft werden. Wie fühlt es sich jetzt an, die einzige und letzte deiner „Art“ zu sein? Eigentlich fühle ich mich nicht anders als alle anderen Industriedesigner, da das erste Jahr

komplett identisch ist. Ich hab mich jetzt auch schon mit Isabel Jusek unterhalten, die European Design im dritten Semester studiert und sie hat mir erzählt, dass bei European Design noch Marke-ting und Sprachen dazukommen, was ich aber auch genausogut als Industriedesigner freiwillig nebenher machen könnte. Kannst du dir Gründe denken, weshalb der Studiengang abgeschafft werden soll? Ich habe gehört, ein möglicher Grund für die Einführung von European Design sei der, dass im Industriedesign das Diplom beibe-halten werden kann. Ich weiß natürlich nicht, ob das stimmt. Eine andere Vermutung ist, dass die Zusammenarbeit mit den anderen Partnerhoch-schulen nicht so gut klappt und dass sich immer re-lativ wenige für den Studiengang beworben haben. Was für Vorteile hat der Diplomstudiengang im Vergleich zum Bachelor-Master für dich? Nach drei Jahren Bachelor ist der Abschluss leider nicht so angesehen wie das Diplom, man sollte also noch zwei Jahre Master machen. Außerdem ist der Diplomstudiengang weniger gestrafft. Glaubst du, der Diplomstudiengang bietet mehr Vorteile?

< Julie Thiessen

Austauschstu-

dentin aus Paris

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If you are inter-ested in studying a Master of Arts de-gree at the Stutt-gart State Academy of Art and Design, Masters Programs are available in; Architecture, Euro-pean Design, ...

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Der Diplomstudiengang hat keine Nachteile.Bis du am Überlegen, ob du zum Diplomstu-diengang wechselst? Meiner Meinung nach hat er keine Nachteile – ich denke nicht, dass der Dip-lomstudiengang mehr Vorteile hat. Sollte ich wech-seln, hätte ich auf jeden Fall mehr Zeit. In dieser Zeit könnte ich dann auch die Dinge freiwillig tun, die im European Design verpflichtend gewesen wären. Bis wann musst du dich entscheiden, ob du wechseln möchtest? Nach dem zweiten Se-mester sollte ich mich entschieden haben. Aber ich lasse mir mit der Überlegung noch Zeit, denn ich habe ja gerade erst mit dem Studium begonnen und kenne die beiden Studiengänge noch nicht ge-nau. Ich bin auch erst aus dem Saarland hierher-gezogen, so viele Dinge sind neu, da kann ich noch nicht darüber nachdenken, ob ich mal ein Aus-landssemester machen möchte. Das ist alles noch in weiter Ferne. Im April findet das große Treffen aller Partnerhochschulen in Milan statt, wo du andere Studenten aus anderen Ländern kennenlernen kannst. Vielleicht hilft dir dieses Treffen bei deiner Entscheidung weiter. Ich habe jetzt leider erfahren, dass unsere Professoren

nicht mehr richtig in diese ganze Geschichte invol-viert sind. Da ich eben diesen Alleinstatus habe, da ich die letzte European-Design-Studentin bin, möchte ich mir im Verlauf meines Studiums auch nicht als unnötigen Ballast vorkommen. Das ist auch ein Punkt, der mich über den Wechsel zum Diplom-Studiengang nachdenken lässt, aber nicht der einzige und wichtigste. Wichtig ist, dass ich et-was studiere, das mir gefällt und zu mir passt.

I — Der Anfang | I.ii — Interview N°1 - Rebekka Rass

< Textauszug:

abk-stuttgart.de

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Der Studiengang

II

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Um zum Studiengang European Design zugelassen zu werden, ist neben der allgemei-nen oder fachgebundenen Hochschulreife die Absolvierung des TOEFL-Tests mit mindes-tens 550 Punkten, der die englischen Sprach-kenntnisse nachweisen soll, erforderlich. Ein dreimonatiges Praktikum ist im Gegensatz zum Studiengang Industrial Design, dem Di-plomstudiengang Produktdeisng, optional.

In den ersten vier Semestern studieren Studenten beider Studiengänge zusammen mit den Architekten. Studenten des Studien-gangs European Design haben während des Bachelors einen obligatorischen Auslandsauf-enthalt von einem Semester. Im Master sind es sogar zwei. Das gesamte Studium dauert in der Regel zehn Semester und wird mit dem Master abgeschlossen. Die Studenten sind ge-fordert bestimmte Vorlesungen zu besuchen, durch deren Abschluss sie Scheine erwerben, die sie zur Bachelor- bzw. Masterprüfung zu-lassen. Hauptsächlich besteht das Studium aus freier Projektarbeit, die von den Professo-

ren und Akademischen Mitarbeitern betreut werden. So haben die Studierenden die Mög-lichkeit frei an experimentellen oder praxisbe-zogenen Projekten zu arbeiten.

II.i— Aufbau

II — Der Studiengang| II.i — Aufbau21

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5. Semester erstes Semester Auslandsaufenthalt

1. Semester Grundleh

re Industrial Design, Arch

itekt

ur

2. Semester Grundleh

re Industrial Design, Arch

itekt

ur 3. Semester

4. Semester Projektstud

ium

, Fremdsprachenstudium

1. Semester Gru

ndlehre

2. Semester Grundlehre

3. Semester Grun

dstudium

4. Semester Grun

dstudium, Vordiplom

5. Semester Hauptstu

diu

m

6. Semester Hauptstudium

7. Semester Hauptstudium

6. Semester dreimonatige Bachelor-Arbeit

8. Semester Hauptstudium

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6. Semester dreimonatige Bachelor-Arbeit

9. Semester Projektstud

ium

, Bewerbung Auslands

sem

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r

7. Semester zweites Semester Auslandsaufenthalt

8. Semester drittes Semester Auslandsaufenthalt

10. Semester vierm

onatige Masterarb

eit

9. Semester Diplom

8. Semester Hauptstudium

Studiengang European DesignStudiengang Industrial Design

II — Der Studiengang| II.i — Aufbau23

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Wie kamst du dazu European Design zu stu-dieren? Ich bin im Internet zufällig auf den Stu-diengang European Design gestoßen. Wenn es diesen Studiengang hier nicht gäbe, wäre ich wahrscheinlich nie an die Aka gekommen. Ich wollte auf jeden Fall Auslandssemester machen, war aber etwas abgeschreckt, als ich erfuhr, dass nur zwei Bewerber pro Jahr angenommen werden. Zum Glück hat es dann aber doch geklappt. Mei-ner Meinung nach erfährt man über die Internet-seite jedoch relativ wenig über den Studiengang. Im Nachhinein gefällt mir der Studiengang näm-lich noch viel besser. Es gibt ja einmal im Jahr die-ses Treffen aller Hochschulen, die European Design anbieten und man lernt dort alle Studenten der ausländischen Hochschulen kennen. Dadurch kann man natürlich super seine Englischkenntnis-se verbessern. Dieses Jahr war das Treffen hier in Stuttgart. Wo hast du dich noch für Produktde-sign beworben? In Koburg und Offenbach. Wobei ich die Bewerbung für Offenbach gar nicht erst ab-geschickt hatte, nachdem ich wusste, dass ich an der Aka genommen worden war. Ganz im Aus-

land zu studieren wäre für dich aber nicht in Frage gekommen? Darüber hab ich überhaupt nicht nachgedacht. Wobei das natürlich noch opti-maler wäre, da man noch mehr ausländische Hochschulen kennenlernen würde. Bist du im Nachhinein froh darüber, hier European De-sign zu studieren? Ja, jedoch ist das Studium hier in Stuttgart etwas anders. Wir gehen nämlich nur ein Semester während des Bachelors ins Ausland. Alle anderen Hochschulen bieten zwei Auslands-semester während des Bachelors an und schließen dann gleich im Master ein komplettes Auslands-jahr daran an. Wobei ich es gar nicht so schlecht finde, wie die Aka das hier praktiziert. Bis jetzt be-reue ich meine Wahl auf keinen Fall. Wenn man je-doch den Bachelor-Master-Studiengang mit dem Diplom vergleicht, habe ich natürlich viel mehr Stress, da ich in meinem Studienzeitraum viel mehr ableisten muss als die anderen. Insgesamt ist der Studiengang aber echt cool. Würdest du als Abschluss dann doch lieber ein Diplom ha-ben? Ich glaube, letztendlich ist der Abschluss nicht ausschlaggebend. Es kommt wirklich darauf

II.ii— Interview N°2 – Isabell Jusek

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Ich bereue meine Wahl auf keinen Fall.

II — Der Studiengang | II.ii. — Interview N°2 - Isabell Jusek

Frühjahr 2009 >

Treffen, MEDes

an, was für Projekte du machst. Ich kann auch nur mit Druck wirklich gut arbeiten, deshalb glaube ich, dass ich, wenn ich Diplom machen würde, nicht so effektiv arbeiten würde wie jetzt. Dadurch, dass ich European Design studiere, muss ich mir auf jeden Fall keine Sorgen darüber machen, ob ich einen Platz an einer ausländischen Hochschule bekomme, denn sie nehmen mich so oder so. Meis-tens sind die Diplomanden dann auch nur zweite Wahl nach den European Designern. Leider ist es so, dass du nicht unbedingt deine erste Wahl bekommst, wenn du dich für ein Auslandsse-mester bewirbst. Wie denkst du darüber? Letz-tes Jahr gab es drei Mädchen, die sich beworben haben und die haben alle ihre erste Wahl bekom-men. Du musst dich natürlich mit Portfolio bewer-ben und danach wird entschieden, ob du genommen wirst oder nicht. Es gibt aber einen merkwürdigen Fall bei zwei Studenten aus Italien. Einer hat als erste Wahl Glasgow angegeben und der andere Stuttgart. Der eine kam dann nach Stuttgart und der andere nach Glasgow, was eigentlich über-haupt keinen Sinn macht. Es kann natürlich auch

sehr niederschmetternd sein, wenn du nicht deine erste Wahl bekommst, da du ja im Ausland sehr viel Zeit verbringst. Welche der Partnerhochschu-len ist dein Favorit für dein Auslandssemes-ter? Die besten Unis sind auf jeden Fall Stockholm und Paris, deshalb würde ich auch gerne dort hin, wobei Paris meine erste Wahl wäre. Mailand fällt für mich eigentlich raus, weil das eine richtige Uni ist mit Tausenden von Studenten. Es gibt auch kaum Werkstätten. In Paris hingegen sind es wirk-lich sehr wenige Studenten und die Projekte, die dort gemacht werden, finde ich ziemlich gut. Stockholm ist natürlich eine tolle Stadt. In Paris ist der Studiengang natürlich auf Französisch und in Stockholm auf Englisch. Bist du mit beiden Sprachen vertraut? Mit Englisch auf je-den Fall. Französisch hatte ich in der Schule *lach*. Dann wünsche ich dir noch viel Erfolg damit!

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Everything was served on a silver plate for me.

Hi Tess. How are you today? I’m good, thank’s. You are an exchange student from Glasgow, born in Sweden, studying at Aka right now. That’s right. I’m enjoying my time here very much. Why have you chosen European Design? In my opinion European Design has a wide range of va-rieties with regard to what you work on and what you work after. Originally I wanted to study Inte-rior Design. But after school I didn’t make up my mind yet about what to become. Therefore I pre-ferred European Design as I could keep a lot of op-tions open this way. Why have you decided to study in Great Britain instead of your mother country Sweden? A huge point is that there are no student fees in Scotland, compared to England or the US. Furthermore I think to live in Britain is a great experience as I’m able to improve my Eng-lish. The first year in Glasgow is a basic year which is different as well. Students in Glasgow don’t have to go abroad but are encouraged to. Students in Glasgow don’t have any difference between MEDes and Industrial Design programmes. Was Stutt-gart your first choice? Actually it wasn’t. In the

first place I wanted to go to Finland but as the edu-cation there is in Finnish only I refused this idea. Then I chose Milan as first place of study and Stuttgart second. Do you wish you would have gotten into Milan after all? Absolutely not. Stutt-gart is a very good choice. I have to work a lot and get my hands at real work. Glasgow is not as open-minded and related to practice as Stuttgart is. In Glasgow we only have two workshops: one for wood and one for plastic. There also is a laser-cutter pushed into a corner of one room. We students are not really encouraged to build things as the study is very theoretical. In this case Stuttgart is quite the opposite in comparison to Glasgow. Do you have the feeling that the MEDes system is well organised? Yes, I think it is. Everything was served on a silver plate for me. There was not much left for me to organise really. How did you find a flat here in Stuttgart? I looked for one on the in-ternet while I was back home in Sweden or rather Glasgow. The girl which is usually living in my room is in Wales on exchange as well during my whole stay here. So it’s quite perfect! What kind of

II.iii— Interview N°3 – Therese Werling

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II — Der Studiengang | II.iii — Interview N°3 - Therese Werling

projects are you working on right now? For the Christmas Market I’m designing salt and pepper shakers and paper dolls to cut out. There’s a group project about “ceramic” and I’m working together with two other people on a cake pan and espresso cups. Do you enjoy studying here in Stuttgart more than in Glasgow? Well, I think it is very im-portant to get practical experience but on the other hand side being able to present well and participate in discussions is necessary, too. Throughout my study in Glasgow I became very solid with presen-tations and safe in discussing different matters. Af-ter graduation from Glasgow School of Art you’re more likely a design consultant. Thank you very much for your time. I wish you a lovely time here in Stuttgart!

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II.iv— ED und ID in Zahlen

Bewerber EDStudenten ED

Bewerberzahlen und tatsächlich angenom-mene Studenten pro Aufnahmeverfahren, das einmal im Jahr zum Wintersemester stattfindet (2003—2009).

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'03 '04 '05 '06 '07 '08 '09

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II — Der Studiengang | II.iv — ED und ID in Zahlen

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'03 '04 '05 '06 '07 '08 '09

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Bewerber IDStudenten ID

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Du bist im elften Semester und hast erst vor kurzem ein Praktikum absolviert. Wo genau hast du das gemacht? Ich habe bei Bless in Paris gearbeitet, einer Modeagentur. Was hast du dort genau gemacht? Bless ist so eine Art Schnittstelle zwischen Mode, Kunst und Produktdesign und ich war während der Fashionweek dort. Dort war ich hauptsächlich für deren Produkte und Ausstel-lungsdesign zuständig. Für mich war es sehr inter-essant mitzubekomen, wie die Modeleute wirklich arbeiten.

Während dem Master war ich ein Jahr in Pa-ris als Austauschstudentin. Dort bin ich noch ein Jahr länger geblieben, um dieses Praktikum zu machen. Danach bin ich wieder an die Aka zu-rück, hab dort das letzte Semester noch studiert und bin jetzt quasi scheinfrei – muss also nur noch meinen Master machen. Hast du die ganzen Praktika auch über das System des Studien-gangs European Design vermittelt bekom-men? Eigentlich überhaupt nicht. Bei Bless habe ich mich einfach beworben. Die Organisation da-für habe ich selbst in die Hand genommen unab-

hängig vom Studiengang European Design. Es ist sogar so, dass die meisten Hochschulen Praktika nicht befürworten. Die Aka unterstützt keine Praktika? Eigentlich ist es im Rahmen des Studi-ums hier an der Aka nicht vorgesehen, wenn man sich aber stark dafür einsetzt, drücken die schon einmal ein Auge zu. Ich glaube es gibt noch man-che Lücken im System, wie zum Beispiel Praktika unterzubringen. Lücken im System von Euro-pean Design? Genau. Beim Diplomstudiengang ist alles noch etwas einfacher und freier. Es gibt also mehr Kontrolle bei European Design? Ja, das Bachelor-Master-System folgt einem starreren Lehrplan, das heißt drei Jahre Bachelor worauf zwei Jahre Master folgen. Aber alles ist eben auch etwas wage und jeder sagt etwas anderes. Gerade mit dem Praktikum: In Mailand und Paris wird es empfohlen, andere Hochschulen befürworten es nicht. Dass der Praxisbezug weggelassen wird, fin-de ich schon sehr kritisch. European Design ist also nicht unbedingt Aka-konform? Doch, aber den Studiengang genauso zu praktizieren, wie es an ausländischen Schulen gemacht wird, ist für die

II.v— Interview N°4 – Sonja Breuninger

Sonja Breuninger >

Masterstudentin ED

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Bei uns ist alles etwas kompli-zierter.

II — Der Studiengang | II.v — Interview N°4 - Sonja Breuninger

Aka nicht unbedingt sinnvoll. Von allen Schulen, die mitmachen, kenne ich Studenten. Wenn ich zum Beispiel in Mailand auf der Möbelmesse bin, dann laufen mir Leute auf der Straße über den Weg, die ich kenne. Es kommen zwar immer neue Studenten dazu, aber man kennt sich. Für ein De-signstudium ist es ziemlich toll, wenn man interna-tionale Kontakte in Europa hat. Es hat mir persönlich schon super Vorteile verschafft. Durch den Austausch ist für mich auch die Hürde gesun-ken, im Ausland zu arbeiten. In Paris und Stock-holm fühle ich mich schon wie zu Hause, da ich dort so viele Kontakte geknüpft habe. Langsam wächst das Verständnis hier an der Aka, dass es um eine Art Community geht, die die besten europäi-schen Hochschulen verbindet. Und ausgerechnet jetzt steigt die Aka aus. Ich glaube, da der Studien-gang eigentlich auf Deutsch ist, ist Stuttgart als Studienort für viele ausländische Studenten weni-ger attraktiv. Doch jetzt hat sich die Aka einen gu-ten internationalen Ruf erworben und jetzt soll es leider zu Ende gehen. Im Gespräch mit der aka-demischen Mitarbeiterin Ulrike Rogler habe

ich jedoch erfahren, dass die Aka zwar keine Studenten mehr ins Ausland senden wird, die Möglichkeit für Studenten anderer europäi-schen Hochschulen an die Aka zu kommen aber immer noch bestehen bleiben soll. Die Aka will aus dem Grund keine Studenten mehr senden, da die Wahrscheinlichkeit ge-ring sei, seine erste Wahl der Hochschule tat-sächlich zu bekommen. Ich frage mich, ob dann noch jemand an die Aka will, wenn wir aussteigen. Wie stehst du zur Diskussion Bachelor-Mas-ter- oder Diplom-Studiengang? Im großen und ganzen habe ich mich bewusst dafür entschieden, Bachelor-Master zu machen. In einer Agentur in München habe ich Vorpraktikum vor dem Studi-um absolviert. Mein Chef dort wollte eigentlich nach Amerika gehen und hatte große Probleme, dort sein Diplom anerkannt zu bekommen. Auf-grund dessen musste er sich einen Anwalt nehmen, um die Berechtigung zu bekommen dort arbeiten zu dürfen. Außerdem fließen Sprachen eben noch mitein, was bei den Diplomanden nicht unbedingt so ist. Ich musste zum Beispiel einen Sprachkurs

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an der Uni absolvieren. Die Organisation habe ich selbst übernommen, da die Aka mit der Uni leider keine Kooperation diesbezüglich hat. Dadurch konnte ich mein Französisch sehr verbessern, was ich wahrscheinlich so nie der Fall gewesen wäre. Welche Vorteile gegenüber dem Diplomstudi-engang hat European Design deiner Meinung nach noch? Man sagt ja generell, der Master sei als Abschluss ein bisschen höher und ein bisschen besser als das Diplom, aber diese Ansicht ist bei uns relativ hinfällig. Es kommt einfach auf die Mappe an. Vielleicht habe ich den kleinen Vorteil, wenn ich ins Ausland will, dass die Organisation etwas leichter ist. Das gesamte Studium war eigentlich auf Englisch, so habe ich Englisch, Französisch ver-bessert und Schwedisch gelernt. An der Aka war das Studium aber nicht auf Englisch. Eigent-lich hätte dies jedoch so sein sollen, glaube ich zu-mindest. Noch ein Vorteil wäre, dass wir, als European-Designer, wirklich ins Ausland kom-men. Viele der Diplomanten fällt die Organisation nicht so leicht wie uns und bleiben in Deutschland hängen. Noch ein kleiner Vorteil ist, durch meine

vielen Bewerbungen hatte ich auch immer eine Mappe, die „up to date“ war. Außerdem finde ich die Community, die durch European Design ent-steht, ganz toll. Was sind noch Vor- und Nach-teile von European Design? Es gibt leider nur die sieben Schulen innerhalb Europas. Ich wäre auch gerne mal ins internationale Ausland gegangen, aber es heißt ja nicht umsonst European Design. Insgesamt habe ich fünf Urlaubssemester genom-men, während denen ich im Ausland war, was als Diplomand gar nicht möglich wäre. Ich glaube, die können höchstens drei Semester beurlaubt bekom-men. Bei uns werden auch die Auslandssemester voll angerechnet, was bei den Diplomanden nicht der Fall ist. Was für Aufgaben bringt der Work-shop in Mailand für die Studierenden der Aka mit sich? Die mailänder Möbelmesse ist für Pro-duktdesigner sehr repräsentativs gibt einen kleinen Bereich, der nur für Studierende vorgesehen ist. Der Studiengang European Design hat jetzt mit seinen sieben Schulen einen Messestand erworben. Dadurch sollen auch Leute auf den Studiengang an sich und auf Produkte von Studenten aufmerk-

Anja Breuninger >

Schaukelstuhl

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II — Der Studiengang | II.v — Interview N°4 - Sonja Breuninger

sam gemacht werden. Dies stellt natürlich auch für uns eine unglaubliche Chance dar. Wann wirst du voraussichtlich deine Masterarbeit machen? Jetzt im kommenden Juni. Eigentlich hätte ich diese auch schon früher machen können, doch ich wollte auf meine Zwillingsschwester warten, die ein Jahr später mit dem Studium angefangen hat als ich. Ist es möglich, dass ihr eine Masterarbeit zusammen macht? Ja, durchaus. Warum hast du dich für Industriedesign beworben? Woher kam dein Interesse? Ich war früher immer sehr gut in Kunst, was an unserer früheren Schule nicht unbedingt wertgeschätzt wurde. Es gab damals für alle möglichen Fächer Preise, nur für Kunst nicht. Deshalb wollte ich später im Beruf dann in die kre-ative Richtung gehen, wo mein Talent entsprechend geschätzt wird. Konkrete Vorstellungen, in welche Richtung ich gehen wollte, hatte ich jedoch noch nicht. Nach dem Abi habe ich deshalb einen Map-pen-Vorbereitungskurs gemacht. Ich entschloss mich sehr schnell für Produktdesign, da man in diesem Studiengang alles ein bisschen mitnehmen kann. Hat sich deine Wahl bewährt? Ich habe schon

immer einen Clinch mit mir selbst, ob ich es vertre-ten kann, Produkte zu entwerfen. Ich trage immer mehr zum Konsumleben bei, dadurch, dass ich im-mer noch mehr Produkte auf den Markt schmeiße. Ich kann sie verbessern, aber dann mache ich sie vielleicht nur einer ganz gewissen elitären Schicht zugänglich, was ich auch nicht möchte. Mir fehlt manchmal ein bisschen der soziale Aspekt. Weißt du schon, was du nach dem Studium machen willst? Siehst du dich schon irgendwo? Auf je-den Fall möchte ich geregelte Arbeitszeiten in mei-nem zukünftigen Beruf. Das ist mir mittlerweile extrem wichtig, das war nämlich während meines Praktikums sehr schlimm. Dort musste ich extrem viel arbeiten, bis es mir auch gesundheitlich nicht mehr so gut ging. Ganz wichtig ist mir auch ein ge-regeltes Einkommen und bezahlte Überstunden. Früher habe ich immer gesagt, ich mache nur das, was mir Spaß macht. Mittlerweile sage ich das konkrete Gegenteil. dementsprechend nicht so gut aus. Was hast du konkret für Produkte wäh-rend dieses Praktikums entworfen? Es ging in erster Linie um Ausstellungskonzepte. Meistens lief

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Bilder Masterarbeit

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Bilder Masterarbeit

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es dann so ab, dass sie gesagt haben, wir haben Ende des Monats eine Ausstellung in Peking, wir wollen es so und so machen, kannst du es mal kurz in CAD zeichnen? Das war sozusagen mein Brie-fing und innerhalb von drei Wochen hab ich eine komplette Ausstellung auf die Beine gestellt. Zum Teil hab ich 80 Stunden die Woche gearbeitet, in-klusive gesamtem Wochenende und eigentlich hätte es am besten noch schneller gehen sollen. Danach war ich richtig am Ende. Wie haben sie das Pro-blem dann vorher gelöst, bevor du dein Prak-tikum dort begonnen hast? Ehrlich gesagt haben sie erst da angefangen, in Richtung Produktdesign zu gehen. Das war schon etwas problematisch, da ich sogar nach meinem Praktikum angerufen und gefragt wurde, ob ich aushelfen kann. Ich hab ih-nen dann auch geholfen, aber kein Geld bekom-men. Wenns um Geld geht bin ich leider noch etwas unkonsequent. Es hat auf jeden Fall eine ganz an-dere Qualität, wenn man bezahlt wird. Bei einem anderen Praktikum habe ich das gemerkt. Man kommt sich auch einfach viel fairer behandelt vor. Bei Bless konnten sie anscheinend nichts bezahlen.

Als nächstes steht bei euch jetzt die Masterar-beit an, wann habt ihr vor mit eurer Masterar-beit zu beginnen? So Anfang, Mitte März – dann haben wir vier Monate dafür Zeit Dann drück ich dir die Daumen! Danke! Ich bin wirklich froh, den Studiengang gewählt zu haben, es hat wirklich sehr viel Spaß gemacht und es war eine tolle Erfahrung viele unterschiedliche Kulturen und Menschen kennenzulernen. Jetzt habe ich jedoch leichte Bedenken, was nach unserem Ab-schluss passiert, wenn es den Studiengang Euro-pean Design nicht mehr gibt. Ich hoffe, das hat keine Konsequenzen.

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Jetzt habe ich je-doch leichte Be-denken, was nach unserem Ab-schlusspassiert, wenn es den Stu-diengang Euro-pean Design nicht mehr gibt.

Anja & Sonja >

Fotoshoot

Masterarbeit

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IIIDas Treffen

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Mailand – Wirtschaftsmetropole, Mode-paradies, Medienhauptstadt. Dort soll 2010 das Treffen aller Partnerhochschulen des Mas-ter of European Design stattfinden. Die Stadt ist mir ihren 1,3 Millionen Einwohnern die zweit-größte Stadt Italiens und bekannt als „morali-sche Hauptstadt“ und „Tor zur Welt“. Berühmte Sehenswürdigkeiten sind unter anderem der gotische Dom, das weltberühmte Opernhaus – die Mailänder Scala, und das Abendmahl Leonardo Davincis, für das man am besten Monate vorher einen Besichtigungstermin ver-einbart. Des weiteren sind die Fußballvereine AC Mailand und Inter Mailand neben der Möbelmesse Salone Satelite Magnetpunkte der Stadt. Ferner eilt Mailand der Ruf als Karrie-restadt weit voraus. Wer vor Ehrgeiz brennt, ist in der Stadt, in der Medienmogul und einsti-ger Ministerpräsident Italiens Silvio Berlusco-ni herrscht, genau richtig. Hier prävaliert er über seine Verlage, Fernsehsender, Baugesell-schaften und Fußballclubs. Der Mailänder an sich, so sagt man, sei herzlich und verlässlich –

ganz im Gegensatz zur italienischen Stereoty-pe. Er trägt „il cuore in mano“ – sein Herz in der Hand. Ob jedoch die italienischen Studenten wirklich so pünktlich sind?

Die italienische Partnerhochschule PO-LIMI – Politecnico de Milano – ist mit 4000 Studenten die größte Universität des ME-Des-Netzwerks. 1993 gegründet ist sie, neben den Hochschulen in Köln und Paris, eine der jüngsten Hochschulen. Laut Stadtplan liegt die Universität etwas außerhalb des eigentlichen Stadtkerns. Wie wir später herausfanden, wur-de die Hochschule POLIMI inmitten eines eher schäbigen Wohngebietes erbaut, unweit der florierenden und modernen, italienischen Metropole.

III.i— Vor der Reise

III — Das Treffen| III.i — Aufbau49

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6.4.10 – 21h: Zusammen mit Isabel Jusek und Louisa, die auch European Design an der Aka studiert und die wir zufällig am Flughafen in Stuttgart getroffen haben, kommen wir in Mailand an. Da Louisa das vergangene Se-mester in Mailand verbracht hat, kennt sie sich bestens aus und erklärt uns, wie wir am besten zu unserem Hostel gelangen.

Kurze Zeit später erreichen wir unsere im Süden der Stadt gelegene Unterkunft, die für den Preis und die Lage in Ordnung ist. Die Sonne ist gerade untergegangen, und so ma-chen wir uns neugierig auf den Weg zum Zent-rum. Am Dom angekommen genießen wir die warme Frühlingsluft und den Anblick des bei Nacht beleuchteten Mailänder Doms. Nach einem kurzen Snack als Abendessen machen wir uns zurück auf den Weg zum Hostel. Die Organisation der Italiener lässt jedoch zu wün-schen übrig und so wissen wir nicht, wann wir am nächsten Morgen an der Hochschule sein sollen.

7.4.10 – 8h: Louisa vermutet, dass der Workshop um 9h losgeht, weshalb wir uns gleich nach dem Frühstück auf den Weg zur Hochschule machen. Dort treffen wir Ulrike Rogler, die akademische Mitarbeiterin. Der für European Design zuständige Professor Win-fried Scheuer ist nicht anwesend.

Die Studenten der verschiedenen Partner-hochschulen treffen aufeinander, begrüßen die, die sie schon aus den vergangenen Jahren ken-nen und machen Bekanntschaft mit den neuen Studenten.

Den restlichen Tag über beraten die Ver-treter der verschiedenen Hochschulen darü-ber, welcher Student an welcher ausländischen Hochschule demnächst studieren wird. Am späten Nachmittag werden die Ergebnisse be-kannt gegeben. Nicht jeder hat seine Erstwahl bekommen. Ein Student aus Köln sogar die an vierter Stelle angegebene Hochschule. Da-nach wird der Entwurf für die 72m² große Ausstellungsfläche auf der Möbelmesse vor-gestellt.

III.ii— Reisetagebuch

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8.4.10 – 11h: Nach einem typischen itali-enischen Frühstück, arbeiten die Studenten an einer Idee, wie auf den MEDes-Stand auf der Möbelmesse aufmerksam gemacht wer-den könnte.

An den darauffolgenden Tagen wird der Entwurf für den eigentlichen Stand umge-setzt. Dabei ist es oft nicht leicht, die verschie-denen Ideen der unterschiedlichen Studenten aus Europa unter einen Hut zu bekommen. Der südliche Flair Mailands macht die aufre-genden Gespräche über diese Projekte jedoch wieder schnell vergessen und gemeinsam ge-nießen wir Studenten die italienische Küche und das milde Klima.

III — Das Treffen | III.ii — Mailand – Reisetagebuch51

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72m2

Die Mailänder Möbelmesse beginnt. Welt-weit bekannte Designer stellen hier ihre Ob-jekte aus. Darunter sind auch die Studenten des MEdes-Netzwerks und zeigen stolz eigene Arbeiten auf dem Messegelände, innerhalb des eigens dafür entworfenen Stand. Der Auf-wand scheint sich gelohnt zu haben: Vom 14. bis 19. April tummeln sich viele Besucher der Messe auf den 72m², die sich rund um den Studiengang European Design drehen.

III.iii— Salone Satellite

Salone Satellite >

Stand: MEDes

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III — Das Treffen | III.iii — Salone Satellite53

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III — Das Treffen | III.iii — Salone Satellite55

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III — Das Treffen | III.iii — Salone Satellite57

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IVDas Ende

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Winfried Scheuer studierte selbst in den Sieb-zigerjahren an der Akademie hier in Stuttgart Produktgestaltung, arbeitete danach zwei Jah-re in Ulm. Als er ein Stipendium für das Royal College of Art in London bekam, studierte er dort noch zwei Jahre bis zu seinem Masterab-schluss. Nach dem Studium war er in Mün-chen und anschließend in Kalifornien tätig. Dort arbeitete ich drei Jahre lang, dann hatte ich die Nase voll von Amerika und bin dann nach London.

Wie haben Sie vom Studiengang European Design erfahren? Als ich hier 1999 anfing, als Nachfolger von Richard Supper, gab es bereits Kontakte zu den Partnerhochschulen des heutigen European-Design-Systems. Damals kümmerten sich Professor Lehmann und seine damaligen As-sistenten darum. Im Jahre ‘99 ging ich das erste Mal zu einem Treffen aller Partnerhochschulen, das in diesem Jahr in Paris stattfand. Dort lernte ich die Professoren der anderen Partnerhochschu-len kennen, die sich jedes Jahr im März an einer

anderen Hochschule treffen. Sehr zu meiner Über-raschung lag dort ein Vertrag zu dieser Vereinigung von European Design auf dem Tisch, den darauf-hin alle Partnerhochschulen unterschrieben haben, ich ebenfalls. Das Konzept des Netzwerks, das sich Master of European Design – kurz MEDes – nennt, gab es damals bereits. Die Idee stammt von einem schottischen Lehrer, der viele Kontakte zu anderen Design-Hochschulen bereits pflegte. So kam die Mischung der unterschiedlichen Partner-hochschulen zu Stande, die vielleicht auch etwas widersprüchlich ist, da es beispielsweise zwei deut-sche Hochschulen im System gibt (von anderen Ländern immer nur eine). Eine Art „Communi-ty“ gab es also schon bevor das Netzwerk ME-Des ins Leben gerufen wurde? Professor Lehmann gab mir, als ich anfing, mehrere Ordner, in denen alle Vorgespräche festgehalten worden wa-ren. Die Vorstellung, die man von dem System hat-te, war damals jedoch schon sehr konkret. Glasgow war die erste Hochschule, die das System meiner Meinung nach 1999 umsetzte. Haben Sie den Vertrag dann ganz spontan unterschrieben?

IV.i— Interview N° 5 – Prof. Winfried Scheuer

IV — Das Ende| IV.i — Interview N° 5 – Prof. Winfried Scheuer59

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Als ich hier anfing hatte Professor Lehmann, der bis dahin in diese Sache involviert war, noch zwei Jahre bis zu seiner Pensionierung. Ich war nach seiner Pensionierung eine Zeit lang der einzige Professor für Industrial Design hier an der Akade-mie. Damals war ich also der einzige, der sich mit European Design befassen konnte. Ich habe es je-doch sehr gern getan, zumal ich die Leute in Glas-gow und Paris schon kannte. Welche Aspekte des Studiengangs haben Sie letztendlich dazu be-wegt, der Community beizutreten? Ich fand es sehr interessant, da es eine völlig neuartige Sache war. Ich war neugierig auf Helsinki, Stockholm und Mailand, wobei wir zu Mailand schon immer Kontakt hatten. Das war das Erregende daran, dass man zum ersten Mal nach Helsinki oder Stockholm reiste. Denn jedes Jahr findet dieses Treffen an einem anderen Ort statt. Was mich we-niger interessiert hat war natürlich Köln, zumal diese Hochschule früher eine Fachhochschule war. Interessanter Weise wurden zwei der Partnerhoch-schulen erst in den achtziger Jahren gegründet, dazu zählen Paris und Köln. Ich war einerseits ge-

spannt, die ganzen Leute des Systems kennenzu-lernen, hatte aber andererseits meine Zweifel, ob dies alles so funktionieren würde, da die Schulen so unterschiedlich sind. Hat sich der Studiengang im Rückblick Ihrer Meinung nach bewährt? Diese Frage kann man so eigentlich gar nicht be-antworten. Wenn wir die Bewerberzahlen für Eu-ropean Design anschauen und sie mit denen für Industrial Design vergleichen, interessiert sich wei-terhin die absolute Mehrheit für den Diplomstudi-engang. Letztes Jahr hatten wir 71 Bewerber für Industrial Design und nur 18 für European De-sign. Und das, nachdem das Bachelor-Master-System bereits sechs Jahre bestand. In diesem Punkt hat sich European Design nicht bewährt, denn ich hatte die Erwartung, dass die Bewerber-zahlen eines Tages wenigstens ungefähr gleich sind. Der Diplomstudiengang hat aber ganz im Gegen-teil an Beliebtheit gewonnen – wir haben mehr Be-werbungen erhalten als je zu vor. Bei der letzten Aufnahme hat ein Bewerber im Interview gesagt, er bewerbe sich in Stuttgart, weil es hier noch das Diplom gäbe. Für einzelne Studenten hat er sich

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Die Absolute Mehrheit inter-essiert sich für das Diplom.bewährt, die begeistert waren, ins Ausland zu ge-hen. Es gab aber auch einen anderen Fall, dass eine Studentin von European Design zu Industrial De-sign wechselte, weil sie mit der Zeit merkte, dass ihr das Studium mit den Auslandsaufenthalten zu teuer war. Um Miete in Paris zahlen zu können, muss man richtig in die Tasche greifen. Wie viel Bewerber haben Sie beim letzten Aufnahme-verfahren zur Aufnahmeprüfung eingeladen? Es gab 18 Bewerber, wobei wir zwei Personen zur Aufnahmeprüfung ein-luden. Ich hatte mich aber stark dafür eingesetzt, niemanden aufzunehmen. Im Jahr zuvor wurden fünf zur Aufnahmeprü-fung geladen, wobei zwei aufgenommen wurden. Einer von beiden Studenten hat aber mittlerweile zu den Architekten gewechselt, was es so noch nie gab. Wir haben immer deshalb zwei aufgenommen, da wir auch zwei von ausländischen Partnerhoch-schulen annehmen. Dieses Jahr haben wir jedoch außergewöhnlicher Weise drei Austauschstudenten. Warum waren Sie letztes Semester gegen eine Aufnahme von Studenten für den Studien-gang European Design, obwohl es Bewerber

gab? Weil mir auffiel, wie wenige sich für Euro-pean Design bewarben, im Gegensatz zum Dip-lomstudiengang. Es war auch nie geplant, dass beide Systeme parallel laufen sollten. Als ich an der Aka begann zu unterrichten, war der ursprüngli-che Plan der, dass laut Bolognavertrag unser Stu-diengang in einen Bachelor-Master-Studiengang Industrial Design umgewandelt werden sollte. Eu-ropean Design wäre dann eine wählbare Option geworden, aber kein zweiter Studiengang. Die Fach-gruppe entschied dann aber, dass das Diplom bei-behalten werden sollte, wodurch Industrial Design und European Design niemals hätten zusammen-geführt werden können. Das war der Grund, wes-halb ich keine Studenten für European Design mehr aufnehmen wollte. Dadurch, dass es den Studiengang MEDes gab, war dies eine Legiti-mation den Diplomstudiengang Industrial Design beizubehalten? Das ist eine interessante Frage. Es gestaltete sich als schwierig, Studenten aus Diplomstudiengänge ins Ausland zu schicken. Wir waren in dieser Hinsicht etwas naiv, denn das Ministerium erlaubt keine Verbindungen zwischen

Winfried Scheuer >

Professor für

Industrial Design

IV — Das Ende| IV.i — Interview N° 5 – Prof. Winfried Scheuer61

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Studiengängen auf Bacehlor-Master und Diplom.Deshalb haben wir diese zwei Studiengänge ge-gründet, nur um in der Lage zu sein, unsere Diplomstudenten im Rahmen der MEDes-Partner-schulen ins Ausland zu schicken. Denn zu Beginn der Einführung von European Design, studierten die Studenten vorerst ebenfalls auf Diplom. Als die Studien- und Prüfungsordnungen genehmigt wur-den, mussten wir die Bewerber für European De-sign in einem eigenständigen Aufnahmeverfahren aufnehmen. Haben viele Studenten demnach erst später vom Diplomstudiengang zu Euro-pean Design gewechselt? Das ist richtig. Bevor der Studiengang konkret umgesetzt wurde, hatten wir schon jahrelang Studenten über dieses System ins Ausland geschickt. Wurde es für Diplomstu-denten durch den Studiengang European De-sign erleichtert, einen Platz an einer der anderen europäischen Hochschulen zu be-kommen? Ja, durch die persönlichen Beziehun-gen, die dadurch entstanden sind Dadurch, dass der MEDes-Workshop letztes Jahr in Stuttgart stattfand, hatte eine Diplomstudentin die Mög-

lichkeit, die Vertreterin von Paris kennenzulernen, wodurch sie einen Studienplatz bekam. Ich gehe davon aus, dass auch in Zukunft die Möglichkeit für Diplomstudenten besteht, durch dieses System einen Studienplatz im Ausland zu bekommen. Eine Ausnahme bildet Stockholm, wo generell nur zwei Studenten aus dem MEDes-Netzwerk auf-nehmen, sie schicken aber auch niemanden ins Ausland. Wird die Aka in Zukunft noch Stu-denten des MEDes-Netzwerks empfangen? Das wird so sein. Wir hatten früher auch schon im-mer von Mailand Studenten aufgenommen. Ich finde es sehr wichtig, dass wir immer ausländische Studenten hier an der Aka haben, das nützt auch unseren Studenten. Ich finde es auch sehr interes-sant, wie man bei einer Projektbesprechung dann vom Deutschen ins Englische wechselt. Der Hauptgrund für die Abschaffung des Studien-gang ist also mangelndes Interesse von Bewer-bern? Wir können es uns einfach nicht leisten, zwei Systeme parallel laufen zu lassen, dafür ist unser Studiengang viel zu klein. Wenn wir aber in Zukunft immer noch ausländische Studenten

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aufnehmen werden, haben wir zumindest den ei-nen Vorteil, dass wir eine buntere Gemeinschaft ha-ben. Aber ich finde es sehr widersinnig, European Design auf Bachelor-Master basierend fortzufüh-ren, nachdem die Fachgruppe sich dazu entschie-den hat, das Diplom beizubehalten. Würden wir den Studiengang beibehalten, müsste früher oder später eine Akkreditierung stattfinden, was so eine Art TÜV-Siegel darstellt, die aber sehr teuer ist und ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand dafür Geld ausgeben will. Glauben Sie, es hätte irgendetwas getan werden können, um den Studiengang zu erhalten? Man hätte natürlich den Diplomstudiengang schließen können. Als dies in der Studienkommission 2002-2003 diskutiert wurde, gab es den Vorschlag, alle Studiengänge auf Bachelor-Master umzustellen. Dies hatte ich je-doch abgelehnt, denn ich wollte warten, bis der Nachfolger von Professor Lehmann an der Aka seine Tätigkeit begann. Außerdem wollte ich ab-warten, ob Textilgestaltung und Architektur ihre Studiengänge auf Bachelor-Master umstellen würden, denn dann hätte man diese vernetzen

können. Deshalb orientierte sich der Studiengang European Design vorerst eng am Diplom – die Studenten besuchen die gleichen Kurse. Von dieser Ausnahmeregelung haben wir anfangs überhaupt nicht geredet. Auch schon damals studierten die Studenten der Grundlehre mit den Architekten zusammen, und diese wollten auf jeden Fall auf Bachelor-Master umstellen, denn so dachten sie, könnten sie mehr Interesse bei den Bewerbern we-cken. Von wem stammte der Vorschlag, die ganze Akademie solle auf Bachelor-Master umstellen? Dieser Vorschlag kam lediglich durch den Bologna-Prozess zu Stande, der verlangt, dass es bis 2010 ein einheitliches europäisches Hoch-schulwesen geben solle. Aber gerade die freien Künstler sind sehr gegen ein Bachelor-Master-Sys-tem. Was lehnen Sie am Bachelor-Master-Sys-tem ab? Ich habe mit diesem System überhaupt keine Probleme, da ich, bevor ich hier in Stuttgart anfing, 14 Jahre in London im Bachelor-Master-System unterrichtet hatte. Dort stellt dies über-haupt kein Problem dar, auch nicht für freie Künstler, da dort überhaupt kein anderes System

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Sind die Studenten einmal im System, werden sie das Studi-um auch beenden können.bekannt ist. Der Vorteil des Bachelor-Master-Sys-tems ist die Zweiteilung des Studiums, wodurch die Studenten die Möglichkeit haben, an zwei Orten zu studieren. Als Diplomstudent verheiratet man sich jedoch mit einer Hochschule und verbringt dort die nächsten fünf Jahre. Wo haben Sie in London unterrichtet, bevor Sie hier an der Akademie anfingen? Ich habe 14 Jahre am Cen-tral Saint Martins College im Bachelor-Bereich gearbeitet, wo die Studenten nach drei Jahren an-fingen zu arbeiten. Ich arbeitete sieben Jahre am Royal College of Art. Dort werden nur Master-Studiengänge angeboten, was für die Schule ein ungemeiner Vorteil ist, da sie sich ihre Bachelorab-solventen aussuchen können. Als ich hier in Stutt-gart anfing, schrieb ich einen Brief an den damaligen Rektor und habe ihm vorgeschlagen, dass die Akademie nur Masterstudiengänge an-bieten solle. Mein Brief wurde aber leider ignoriert, obwohl ich davon ausging, die Akademie würde auf Bachelor-Master-Studiengänge umstellen. Sie wohnen aber immer noch teilweise in London. Das wird sich auch nicht ändern. Weil ich das ganz

interessant finde hin- und her zu pendeln. London als Stadt stimuliert unheimlich. Auf der anderen Seite finde ich Stuttgart viel entspannter. Ich habe mal zu jemandem gesagt, wenn ich in Stuttgart bin, habe ich trockene Handflächen, in London sind sie feucht. Glauben Sie, die freien Künstler lehnen dieses System vorallem aus dem Grund ab, weil sie es nicht kennen? Ich denke schon, dass das teilweise damit zu tun hat. Denn den Künstlern müsste es ja bekannt sein, dass in Groß-britannien niemand ein Problem mit diesem Sys-tem hat. Aber in Deutschland hat das System Bachelor-Master einen ganz schlechten Ruf. Als es damals um die Studienordnung European Design ging, habe ich mich bemüht, andere Prüfungsord-nungen zu bekommen, die bereits vom Ministeri-um in Baden-Württemberg genehmigt wurden. Ich bekam dann eine Prüfungsordnung von der landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim und als ich diese durchlas, fiel mir auf, dass da einfach die Diplomprüfungsordnung umformuliert wurde, was aber überhaupt nicht der Idee von Bachelor und Master entspricht. Allein der Bachelor müsste

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schon ein berufsqualifizierendes Studium sein, war mir aber auch erst bewusst wurde, nachdem wir unsere Prüfungsordnungen ähnlich wie die von Hohenheim umgesetzt hatten. Wie steht Ihrer Meinung das Diplom im Verhältnis zum Ba-chelor und Master? Ich würde sagen das Diplom ist gleichwertig mit dem Master. Ist dann der Ba-chelor ein halbes Diplom? Das ist vielleicht ein ¾-Diplom. Ich muss sagen, ich habe gar nichts ge-gen den Bachelor. Aber das Hauptargument in Deutschland gegen den Bachelor ist die Reife, da ein Student nach drei Jahren Studium noch nicht reif genug sei, um ins Berufsleben einzusteigen. Wenn wir uns aber ansehen, was im Ausland seit den Fünfzigerjahren passiert, muss man feststellen, dass dort schon Studenten nach einem Bachelor-studium von drei Jahren ins Berufsleben entlassen werden. Da sind sie gerade mal 21 Jahre alt. Andy Warehol war 20 Jahre alt, als er mit seinem Bache-lorstudium fertig war, mit 25 war er wohlhabend. Die Unterrichtsweisen an der Aka unterschei-den sich aber stark von den von Universitäten. Der Student ist in vielerlei Hinsicht auf sich

allein gestellt. Lässt sich diese Art und Weise zu lernen auf das Bachelor-Master-System überhaupt übertragen? Nein, das lässt sich nicht integrieren. Denn wenn die Studenten nur drei Jahre Zeit haben, um eine berufliche Qualifikati-on zu erlangen, dann können sie das Humboltd-sche Ideal der Selbstfindung vergessen. Aber die Leute, die mit 21 ihr Studium beenden, erleben eine Selbstfindung im Beruf, behaupte ich. Um noch einmal auf die letzte Studentin des Stu-diengangs European Design zurückzukom-men; sie ist nun auch am Überlegen, ob sie zum Diplomstudiengang wechselt und der Hauptgrund dafür ist, dass sie befürchtet, würde der Studiengang abgeschafft, würde sie nicht mehr ausreichend Unterstützung von Ihrer Seite finden. Das stimmt nicht. Sind die Studenten einmal im System, werden sie einfach weiterstudieren und das Studium auch beenden können. Werden Sie zu alljährlichen Treffen der Partnerhochschulen gehen? Solange wir noch Studenten im System haben, werden wir uns daran beteiligen. Im Prinzip müssen wir das auch,

< Aufnahmeprü-

fung Produktge-

staltung ABK – '72

IV — Das Ende| IV.i — Interview N° 5 – Prof. Winfried Scheuer67

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Der Studiengang kann nicht gerettet werden.

sollten wir in Zukunft nur noch Studenten auslän-discher Hochschulen aufnehmen. Abschließend ist zu European Design noch zu sagen: sollte jemand European Design in Deutschland studieren wollen, ist dies immer noch in Köln möglich. Ist der Stu-diengang jetzt definitiv abgeschafft? Nein, es gibt bisher überhaupt keine offizielle Entschei-dung. Der Studiengang kann nur vom Rektor und dem Hochschulrat abgeschafft werden. Bei der letzten Sitzung der Studienkommission wurde ein-stimmig darüber entschieden, dass es keinen Sinn macht, den Studiengang noch weiter aufrecht zu erhalten, da das Diplom weiter beibehalten werden soll. Soll in absehbarer Zeit diesbezüglich eine Entscheidung gefällt werden? Am 22. Februar wird es eine Hochschulratssitzung geben, wo das Thema behandelt werden soll. Kann der Studien-gang also noch gerettet werden? Das glaube ich nicht. Ich habe erfahren, dass sich im letzten Semester das erste Mal aktiv ausländische Studenten an der Akademie beworben haben. Die Akademie ist durch Deutsch als Lehr-sprache für viele Ausländer eher unattraktiv.

Wir hatten im März letzten Jahres tatsächlich mehr Bewerbungen als vorher, aber das wird nichts ändern. Wir werden ja nur zwei Studenten ins Ausland schicken, und auch nur zwei empfangen. Sollte sich im kommenden Wintersemester je-mand für European Design bewerben, könnte dieser aufgenommen werden? Da müssen wir jetzt die nächste Hochschulratssitzung abwarten. Wir können uns wie gesagt zwei Systeme von Stu-diengängen nicht leisten. Es gibt für European De-sign kein eigenes Budget. Herzlichen Dank.

Winfried Scheuer >

Spitzer

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IV — Das Ende| IV.i — Interview N° 5 – Prof. Winfried Scheuer69

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Winfried Scheuer >

Wanduhr

„Aero Clock“

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07.04.2010 Von der Akade-mischen Mitarbeiterin Ulrike Rogler erfuhr ich, dass der Studiengang bei der Hoch-schulratssitzung von seitens der Hochschule abgeschafft wurde — das Bildungsminis-terium muss dies nur noch offiziell bestätigen.

IV.ii— Resümee

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Ich bereue dieses eine Semes-ter European Design nicht.

29.04.2010 Rebekka Rass, die letzte Bewerbering, die für den Studiengang European Design angenommen wurde, wechselt überraschend zu Ar-chitektur. European Design hat in einigen Teilen ein-

fach nicht meinen individuellen Vorstellungen ent-sprochen, aber grundsätzlich finde ich European Design in seiner Konzeption immer noch anspre-chend (MEDes-Treffen, Auslandsaufenthalte, ver-schiedene Sprachen, Produktdesign, ...). Meine Entscheidung zu Architektur zu wechseln bereue ich nicht, aber ebenso wenig bereue ich auch dieses eine Semester European Design nicht.

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Im Mai 2010 wurde der Studiengang Euro-pean Design „abgeschafft“. Im Interview sprach ich mit Winfried Scheuer über den Werdegang von Industrial Design, über De-sign allgemein und was die Abschaffung von European Design für die jetzigen Studenten des Studiengangs bedeutet.

Zum kommenden Aufnahmeverfahren wird die Akademie keine Studenten mehr aufnehmen. Das heißt, die Studenten, die noch studieren, können ihr Studium bis zur Masterarbeit vervollständi-gen. Haben diese Studenten dieselben Mög-lichkeiten wie vor der Abschaffung des Studiengangs? Die, die sich im Bachelor-Teil be-finden, können durchaus später in den Master-Teil übertreten. Aber wir nehmen keine neuen Bewerber mehr auf. Werden noch ausländische Studenten der Partnerhochschulen die Mög-lichkeit haben, hier zu studieren? Wir haben vor, weiterhin von den Partnerhochschulen Stu-denten aufzunehmen. Für die Diplomanten be-steht ja auch die Möglichkeit, an einer dieser

Partnerhochschulen zu studieren. Das ist richtig. Ich meine, es ist sehr wichtig, dass immer ein bestimmter Prozentsatz von ausländischen Studenten hier vertreten ist. Damit haben wir auch sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Bezie-hung zu den anderen Partnerhochschulen wird definitiv erhalten bleiben. Vergleichsweise hat aber zum Beispiel Stockholm noch nie Studenten ins Ausland geschickt. In Stockholm, so habe ich von schwedischen Studentinnen erfahren, müssen sich Interessierte bis zu vier Mal für den Studiengang bewerben, bis sie angenom-men werden. Generell ist es in Schweden so üb-lich, dass nur eine geringe Anzahl von Bewerbern aufgenommen wird. Durch diese Schwierigkeit bedingt, tauchen auch schwedische Studenten vermehrt an Hochschulen in Großbritannien auf, weil sie eben zu Hause keinen Studienplatz be-kommen. Ein schwedischer Professor sagte zu mir, dass seine Studenten froh seien, einen Studien-platz in Schweden bekommen zu haben, sodass sie überhaupt nicht daran interessiert seien, ins Ausland zu gehen. Wir haben in der Vergangen

VDas Ende vom Ende

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V.i— Interview N° 6 – Prof. Winfried Scheuer

V — Das Ende vom Ende| V.i — Interview N° 6 – Prof. Winfried Scheuer

Im Mai 2010 wurde der Studiengang European Design „abgeschafft“. Im Interview sprach ich mit Winfried Scheuer über den Werdegang von Industrial Design, über Design allgemein und was die Abschaffung von European De-sign für die jetzigen Studenten des Studien-gangs bedeutet.

Zum kommenden Aufnahmeverfahren wird die Akademie keine Studenten mehr aufnehmen. Das heißt, die Studenten, die noch studieren, können ihr Studium bis zur Masterarbeit vervollständi-gen. Haben diese Studenten dieselben Möglich-keiten wie vor der Abschaffung des Studiengangs? Die, die sich im Bachelor-Teil befinden, können durchaus später in den Master-Teil übertreten. Aber wir nehmen keine neuen Bewerber mehr auf. Werden noch ausländische Studenten der Partnerhochschulen die Möglichkeit haben, hier zu studieren? Wir haben vor, weiterhin von den Partnerhochschulen Studenten aufzunehmen. Für die Diplomanten besteht ja auch die Mög-lichkeit, an einer dieser Partnerhochschulen

zu studieren. Das ist richtig. Ich meine, es ist sehr wichtig, dass immer ein bestimmter Prozentsatz von ausländischen Studenten hier vertreten ist. Damit haben wir auch sehr gute Erfahrungen ge-macht. Die Beziehung zu den anderen Partner-hochschulen wird definitiv erhalten bleiben. Vergleichsweise hat aber zum Beispiel Stockholm noch nie Studenten ins Ausland geschickt. In Stockholm, so habe ich von schwedischen Stu-dentinnen erfahren, müssen sich Interessierte bis zu vier Mal für den Studiengang bewerben, bis sie angenommen werden. Generell ist es in Schweden so üblich, dass nur eine geringe Anzahl von Bewerbern aufgenommen wird. Durch diese Schwierigkeit bedingt, tauchen auch schwedische Studenten vermehrt an Hochschulen in Großbri-tannien auf, weil sie eben zu Hause keinen Studi-enplatz bekommen. Ein schwedischer Professor sagte zu mir, dass seine Studenten froh seien, einen Studienplatz in Schweden bekommen zu haben, sodass sie überhaupt nicht daran interessiert seien, ins Ausland zu gehen. Wir haben in der Vergangen-heit Diplomstudenten ins Ausland geschickt und

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Die Akademie wird keine Stu-denten mehr aufnehmen.werden das auch in Zukunft so handhaben, solan-ge ein Kontakt zu den Lehrkräften der Partner-hochschulen besteht – oft sind solche Beziehungen an bestimmte Leute gebunden. Wir werden auch in Zukunft noch Studenten des Systems aufnehmen. Auch wenn hier an der Akademie irgendwann in der Zukunft keine MEDes-Studenten mehr studieren werden? Das ist unsere Absicht. Wel-che Gründe haben dazu geführt, dass der Stu-diengang letztendlich abgeschafft wurde? Meiner Meinung nach hätte der Studiengang be-stehen bleiben können, hätte es einen Bachelor-Master-Studiengang Industrial Design gegeben. Als vor zehn Jahren der Vertrag von Bologna be-kannt wurde, haben wir hier an der Akademie an-genommen, dass alle Studiengänge als Abschluss in Zukunft Bachelor oder Master anbieten wür-den. Vor ein paar Jahren haben wir durch die Hochschule in Karlsruhe erfahren, dass es Aus-nahmeregelungen für Kunsthochschulen geben kann. Dies war uns vor zehn Jahren jedoch gar nicht bekannt. Die damals neue Fachgruppe De-sign hat daraufhin beschlossen, zusammen mit

Karlsruhe eine Ausnahmegenehmigung, nämlich das Diplom als Abschluss beizubehalten, zu bean-tragen. Dies führte dazu, dass Industrial Design als Diplomstudiengang erhalten geblieben ist. Wäre es zur Umstellung auf Bachelor-Master gekom-men, wäre European Design nur eine wählbare Option gewesen. Da das Diplom jedoch beibehal-ten wird, ist eine fakultative Wahl nicht möglich und European Design als Studiengang hinfällig. Aus welchem Grund haben die Architekten das Bachelor-Master-System eingeführt? Ich denke, für sie hat das insofern Vorteile, da die Ar-chitekten relativ wenige Bewerber haben. Dadurch können sie ihre Bewerberzahlen anheben, da sich Bachelorabsolventen von anderen Schulen auch für den Master bewerben können. Solche Studen-ten hätten in der Vergangenheit, als Architektur noch ein Diplomstudiengang war, wahrscheinlich nicht aufgenommen werden können. In Großbri-tannien verhält es sich wie folgt: Viele Studenten, die man in London antrifft, sind Bachelorabsol-venten aus irgendwelchen Provinzstädten. Diese Studenten haben meist drei Jahre in der Nähe des

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Elternhauses studiert und haben danach die Ent-scheidung getroffen, für den Master in eine größere Stadt zu wechseln. Halten Sie die Abschaffung des Studiengangs European Design für einen Verlust für die Akademie? Ich denke, das ist in-sofern ein Verlust, als dass es zwei Studiengänge nicht mehr gibt, wenn man den Bachelor und Master als zwei Studiengänge betrachtet. Aber viele Leute werden argumentieren, dass sich diese zwei Studiengänge so nah am Diplom orientierten – mit fast identischen Vorlesungen – dass es kein wirklicher Verlust ist. Ich wurde oft gefragt, was denn eigentlich der Unterschied sei. Der Hauptun-terschied kommt natürlich durch die Auslandsauf-enthalte zu Stande, durch die Studenten insgesamt anderthalb Jahre an einer anderen Hochschule im Ausland verbringen – und diese Zeit kann durch-aus sehr prägend sein. An welcher Schule sich Stu-denten bewerben, hängt natürlich auch mit deren Ruf zusammen. Zu Anfang hatten die Studenten der Kölner Hochschule sehr viele Bewerber, beim Treffen im letzten Jahr hatten wir mehr als die Kölner. Insgesamt muss ich sagen, der Verlust hält

sich im Rahmen. Die Diplomanten sind aber nicht durch ihren Lehrplan gezwungen ins Ausland zu gehen, erst recht nicht anderthalb Jahre. Diesbezüglich ist die Abschaffung doch schon ein Verlust. Das ist richtig, wenn Sie sagen, dass anderthalb Jahre im Ausland mehr Qualität darstellen, als anderthalb Jahre hier in Stuttgart. Aber ein Auslandsaufenthalt ist natürlich eine zu-sätzliche Erfahrung. Man könnte andersherum wieder argumentieren, dass ein Auslandsaufent-halt wie eine Impfung wirken kann. Dazu muss man jedoch sagen, dass das Ausland in Zeiten von MTV natürlich kein fremdes Thema mehr ist. Denn zu meiner Zeit war es völlig unüblich, dass Studenten während ihres Studiums einen Aus-landsaufenthalt machen. Heutzutage ist dies ja durchaus üblich. Im letzten Interview hatten Sie angesprochen, dass Geld für European Design aus dem Budget des Diplomstudien-gangs entnommen werden muss. Wäre jedoch Industrial Design ein Bachelor-Master-Stu-diengang geworden, hätte es dann zwei Bud-gets gegeben? Wahrscheinlich nicht, denn das

Winfried Scheuer >

als Student

V — Das Ende vom Ende| V.i — Interview N° 6 – Prof. Winfried Scheuer77

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IV — Das Ende| IV.i. — Interview N° 5 – Winfried Scheuer

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Der Hauptgrund ist, dass die freien Künstler Bachelor-Mas-ter ablehnen.hätte den Verwaltungsaufwand erschwert. Auf der Möbelmesse in Mailand gab es einen Stand des Studiengangs European Design, für den wir ir-gendwann eine Rechnung erhalten werden, die wir aus unserem Budget bezahlen müssen. Vielleicht wäre es anders, hätten wir einen speziellen Profes-sor für European Design. Wir gingen von der An-nahme aus, dass der Diplomstudiengang eines Tages zum Bachelor-Master-Studiengang umge-wandelt würde und haben European Design des-halb als Variation dessen gesehen. Ich glaube nicht, dass die anderen Schulen, die das als Option prak-tizieren, ein separates Budget dafür erhalten. Das Budget war demnach eigentlich kein Problem. Nein, überhaupt nicht. Der Hauptgrund war, dass die freien Künstler hier in Deutschland – anders als in Großbritannien – das Bachelor-Master-System ablehnen. In Kassel haben sich deshalb die Fachgruppen der angewandten mit denen der frei-en Studiengänge zerstritten. Im Nachhinein hat es jedoch einen entscheidenden Vorteil, dass wir am Diplom festgehalten haben, denn so unterscheiden wir uns als Hochschule von den Fachhochschulen.

Hätte unser Konkurrent Karlsruhe dies damals nicht initiiert, behaupte ich, wäre alles vielleicht anders gekommen. Haben Sie den Eindruck, die Neuorientierung der Fachgruppen hat Sinn gemacht? Ich muss sagen, die neue Situation ist durchaus angenehmer, denn vorher waren die Ar-chitekten schlichtweg zu mächtig. Zahlenmäßig waren uns die Architektur-Professoren überlegen – es war eine richtige Hegemonie, so kam es mir vor. Die Grundlehre für das erste und zweite Semester absolvieren hingegen immer noch Architekten wie auch Industiral-Designer zusammen. Leider sit-zen wir nicht mehr in der Fachgruppe und können somit kaum Einfluss nehmen – obwohl die Hälfte der Studenten aus unserem Bereich kommt. Mit der Fachgruppe Design bin ich jedoch sehr zufrie-den. Sie sprachen vorher an, dass European Design möglicherweise erhalten geblieben wäre, hätte es eine eigene Professur dafür ge-geben. Wäre dies überhaupt denkbar gewesen? Eigentlich wäre dies nicht denkbar gewesen. Ange-dacht hatte ich diese Idee jedoch auch nicht. Ange-sichts der Tatsache, dass bisher immer eine alte

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Industrial Design ist ein sehr weites Feld, das zum Beispiel

Professur aufgegeben werden musste, um sie in eine neue umzuwandeln, hätte vielleicht eine solche Umwandlung stattfinden müssen, um so über-haupt eine „neue“ Stelle zu schaffen. Die nächste Umwandlung wird die Professorenstelle von Geor-ge Teodorescu, dem Professor von Integral-Studies sein. Diese Stelle soll zu einer reinen Theorie-Stelle werden, welche keine Betreuung von Studierenden mehr vorsieht. Ein anderer Weg hätte über das Bil-dungsministerium geführt: Dort hätte man deut-lich machen müssen, dass European Design in Zukunft eine große Bedeutung für Baden-Würt-temberg haben wird, dass eine spezielle, eigenstän-dige Professur dafür notwendig ist. So wurde auch meine Professorenstelle durch den Ministerpräsi-denten Späht ins Leben gerufen, die damals mein Vorgänger Richard Supper übernahm. Gab es demnach vorher für Industrial Design nur eine Professur? Richtig. Der erste Professor hieß Lehmann und seine Klasse ursprünglich „Metall-klasse“, die später zu „Produktgestaltung“ wurde und sich im weiteren Verlauf zum heutigen Indust-rial Design entwickelte. Hat sich die Metallklas-

se – nomen est omen – wirklich nur mit Metall beschäftigt? In den frühen Fünfzigerjahren ha-ben diese Studenten Silberplatten gehämmert und Kelche hergestellt. Wie lange gibt es demnach den Studiengang Industrial Design schon? Der erste Professor war, so denke ich, Lehmann, der in den Sechzigerjahren begann. Unter ihm hieß der Studiengang jedoch „Produktgestaltung“. Wir wählten vor circa zehn Jahren dann Industrial Design. Außerdem bezieht sich der Begriff „Pro-duktgestaltung“ auf die reine Gestaltung von Ob-jekten, wogegen Industrial Design ein viel weiteres Feld darstellt und auch zum Beispiel Planungssys-teme miteinbezieht und ganze Infrastrukturen. Bezieht Produktgestaltung auch vermehrt Funktion und Funktionalität mit ein? Die meis-ten Designer werden Ihnen heute sagen, dass die Optik eines Objekts zweitrangig ist – mit der Op-tik beschäftigt sich der Friseur. Als ich in Kalifor-nien arbeitete, war eine meiner Aufgaben, ein System für Computergehäuse zu entwickeln, dessen Einzel-teile verschiedene Funktionen beinhalten. Ich sollte bestimmen, wie groß diese Gehäuse an sich und

V — Das Ende vom Ende| V.i — Interview N° 6 – Prof. Winfried Scheuer81

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auch Planungssysteme und Infrastrukturen miteinbezieht.deren Stirnseiten sein sollen. Die Schwierigkeit be-stand nun darin, ein geeignetes, gemeinsames Volumen für die verschiedenen Inhalte der Gehäu-se zu definieren. Ich beschäftigte mich also vorwie-gend mit Maßen, weniger mit Form. Zusätzlich musste ich mich mit Ansichten von Technikern und Ergonomen beschäftigen. Letztere vertreten bei-spielsweise die Ansicht, Computertastaturen müss-ten um 30° neigbar sein, anders verursachen sie Bandscheibenvorfälle. Keine Apple-Tastatur hat heutzutage mehr eine Funktion, durch die man sie hochstellen kann. Deshalb haben alle Menschen um uns herum auch Bandscheibenvorfälle.

Jeder versteht eine Zitronenpresse, doch ist man gefragt, ein Dialysegerät zu designen, muss man sich erst einmal mit dessen Funktion beschäf-tigen. Der Beruf des Designers hat viel mit Analyse zu tun – wir lernen eigentlich ständig neu dazu, was der Friseur eigentlich nicht muss. Der be-kommt zwei Mal im Jahr die neuen Modefrisuren und weiß dann, wie er beim nächsten Kunden vor-gehen muss. In den Siebzigerjahren fand eine „Verwissenschaftlichung“ der Studiengänge statt,

was bei Kunsthochschulen eine Vergabe von Diplo-men als Studienabschluss veranlasste. Die Uni-versitäten konnten leider nicht verstehen, weshalb Kunsthochschulen zu so etwas in der Lage sein sollten. Wenn in Zukunft weniger ausländische Studenten in Stuttgart studieren, was durch die Abschaffung von European Design der Fall sein könnte, glauben Sie, eine multikulturelle Vielfalt, die eine Ideenvielfalt mit sich bringt, gehe verloren? Nein, ganz und gar nicht. Im rei-nen Gespräch mit den Studenten merke ich nicht, ob es sich um Bachelor-, Master- oder Diplomstu-denten handelt. Die Tatsache, dass Diplomstu-denten diverse Auslandsaufenthalt während dem Studium selbst organisieren müssen, könnte dazu führen, dass nicht mehr so viele Studenten ins Ausland gehen. Sehen Sie diese Befürchtung? Ja, durchaus. Andererseits kam erst kürzlich ein Student aus Südamerika zurück, von einer Schule, von der ich noch nie gehört hatte und präsentierte während eines Vortrags die tollsten Zeichnungen, die ich je gesehen habe. Auch von der Persönlichkeit hat sich der Student verändert und

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Wir dachten, mit dem MEdes-Netzwerk hätten wir etwas

ganz großar-tiges organi-siert.

weiterentwickelt. Er erzählte mir, die dortigen Stu-denten bauten die Häuser, in denen die Professoren wohnten – was hier an der Akademie überhaupt nicht denkbar wäre. Dadurch, dass der Hori-zont von Industrial Design sich auf die Welt er-streckt, ist eine andere Vielfalt hier an der Akademie möglich – glauben Sie? Durchaus. Wir dachten, mit dem europäischen Netzwerk hätten wir etwas ganz großartiges organisiert. Doch keiner der MEdes-Studenten hat mir jemals solche Zeichnungen präsentiert, wie der Student, der in Südamerika war. Was für ein Projekt streben Sie für die Zukunft an? Ich würde gerne mal ein süddeutsches Thema“ behandeln. Da ich aus dem Schwarzwald komme, wäre eine zeitge-mäße Interpretation der Kuckucksuhr eine inter-essante Idee. Auch verziert mit Handgranaten, wie die des deutschen Künstlers Stefan Strum-bel? Wer weiß. Der Architekt Robert Venturi re-designte als Amerikaner die Kuckucksuhr für Alessi, was mir persönlich sehr weh getan hat. Das wäre ungefähr so, als würde ich die Micky Maus redesignen – so etwas wie kultureller Faschismus.

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Winfried Scheuer >

Türstopper

„Sir James“

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Ich find es sehr, sehr schade, dass es European Design nicht mehr geben wird. Durch die Reaktion der jetzigen Studenten bemerke ich, dass der Studi-engang etwas ganz besonderes war und bei ihnen sehr gut ankam. Vor dem letzten Aufnahmeverfah-ren riefen Interessenten an und erkundigten sich über den Studiengang und auch während der Auf-nahmeprüfung selbst nahm ich ein reges Interesse am Studiengang European Design war. Im Ge-spräch während der Prüfung erzählte mir eine Be-werberin für Industrial Design, hätte es den Studiengang noch gegeben, hätte sie sich dafür be-worben. Leider nehmen wir für das kommende Wintersemester keine European-Design-Studen-ten mehr auf. Selten kam es vor, dass Interessierte sich erkundigten, was der Studiengang eigentlich genau ist, sondern waren immer überaus positiv überrascht, was der Studiengang zu bieten hat und wollten genau diesen Studiengang wählen. Euro-pean Design sieht auf dem Papier äußerst simpel und einfach strukturiert aus. Doch die Studenten, die diesen Studiengang erfahren konnten, haben ihn gelebt und geliebt. Dies hängt wahrscheinlich

vorallem damit zusam-tmen,dass European De-sign äußerst zeitgemäß und zukunftsorientiert ist – man reist, studiert und arbeitet heute so. Jetzt ist es womöglich für die Studenten sehr anstrengend, einen Studiengang zu Ende zu bringen, den es nicht mehr gibt. Von überall her habe ich ein recht trauriges Feedback erhalten. Auch die anderen Hochschulen waren bestürzt über unsere Entschei-dung – hatten es aber schon vermutet. Leider fehlt jetzt eine siebte Schule im Konzept, die wieder er-setzt werden muss. Das wird – in meinen Augen – nicht so leicht sein, denn wir kennen uns alle untereinander recht gut, obwohl wir uns nur ein-mal im Jahr treffen. Wenn ich jetzt drei Tage in Pa-ris bin, dann rufe ich einfach mal die Liz an, um ihr „hallo“ zu sagen. Man wächst auf eine ganz spezielle Art zusammen. Ich kann mir vorstellen, unter den Studenten verhält es sich ähnlich. Es könnte sein, dass den Diplomanten jetzt eine Art „Zugpferd“ fehlt, das sie antreibt, ins Ausland zu gehen. Denn durch European Design war es Gang und Gebe, dass Studenten kommen und gehen. Die verbleibenden Partnerhochschulen müssen auch

V.ii— Interview N° 7 – Ulrike Rogler

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Die Studenten, die diesen Stu-diengang er-fahren konnten,

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überlegen, ob eine Hochschule, die im System war und aktiv ausgetreten ist, für ihre Studenten über-haupt noch adequat sein kann. Vielleicht ist die jet-zige Situation auch nur eine Übergangslösung. Denn Paris hat lange Zeit nur Studenten empfan-gen, nie jemanden ins Ausland geschickt. Stock-holm praktiziert dies ja heute noch so. Aber die Tendenz, dass ausländische Studenten hier an die Akademie kommen, war steigend. Wie sich alles verhalten wird, müssen wir jetzt einfach abwarten.

< Ulrike Rogler,

Akademische

Mitarbeiterin

Industrial Design

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< besprühter

Pfeiler; Neubau I,

ABK Stuttgart

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haben ihn ge-lebt und geliebt. Man wächst auf eine ganz spezi-elle Art zusam-men.

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Konzept und Gestaltung Lina Fesseler . Betreuender Professor

Gerwin Schmidt . Fonts Plantin Regular, Italic, Bold; Fago Re-

gular, Bold . Papier Munkenpur, 135g/m² . Auflage 10

Dank Prof. Gerwin Schmidt, Prof. Winfried Scheuer, Ulrike

Rogler, Tekle Gehbre, Katja Liebig, Wolfgang Weinmann, Anja

Breuninger, Sonja Breuninger, Isabell Jusek, Julie Thissen,

Therese Werling

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