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Editorial Beiträge 8 Johannes Schrempf, Gabriele Schrade Klebetechniken an dreidimensionalen Objekten. Ein Erfahrungsbericht über Verklebungen von Materialkombinationen an historischen Objektfutteralen 16 Markus Raquet, Julia Hoppe, Annika Dix, Uta Helbig, Oliver Mack, Melanie Kaliwoda Außergewöhnliche Silbersulfiderscheinungen an Exponaten in Vitrinen. Wechselwirkungen zwischen Vitrinenmaterialien – Ursachenforschung 24 Svenja Kampe Dokumentation von archäologischen Blockbergungen in einem Geografischen Informations- system (GIS) 36 Britta Schütrumpf, Anke Weidner Die Restaurierung der Berliner Fableaux-Handschrift. Eine Kooperation über den Buchdeckel hinaus 44 Franziska Bühl Das Rätsel um den Bassanhang. Untersuchung des Salterios MI 249 im Germanischen Nationalmuseum und Rekonstruktion des Besaitungskonzeptes 52 Katrin Pietsch Die Restaurierung der durch Schimmel angegriffenen Farbdias Ed van der Elskens am Nederlands Fotomuseum | Teil 2 56 Sabine Scheibner Vom Gebrauchsgegenstand zum Dokument am Beispiel eines Musikinstruments aus dem Besitz von Carl Orff 61 Hana Streicher, Eva Rieß Eine Lösung für ein doppelseitig bemaltes Leinwandbild: Restaurierungsmaßnahmen an Ludwig Meidners Revolution (Barrikadenkampf)/Apokalyptische Landschaft und Neukonzeption eines Zierrahmens mit integrierter Spannkonstruktion 71 Ute Stehr „Sie fragen mir vieles meine Edle wissbegierige – […] über die Oehlfarben.“ Beobachtungen zur Maltechnik des Daniel Nikolaus Chodowiecki (1726–1801) 84 A Jean E Brown and Charles Danby The Legalities of Authenticity and Performance Art 90 Barbara Büscher, Franz Anton Cramer From the Work to the Performance: Reflections on Performance Art in the Museum 95 Bruna Casagrande A report from the audience. The multi-perspective Witness Report as a method of documenting Performance Art 100 Dave Kemp A Fly on the Wall or the Elephant in the Room: The Role of the Photographer in the Production and Viewing of Photographic Documentation from Performance Art Events 106 Louise Nicole Cone The Variable and Changing Status of Performance Art Relics and Artifacts in Museum Collections 113 Jessye Wdowin-McGregor, Robert Lazarus Lane Reperformance Strategies for the Reiteration of Tino Sehgal’s This Is So Contemporary VDR Beiträge Heft 2 . 2017 Seite 7 Seite 8

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Editor ia l

Bei t räge

8 Johannes Schrempf, Gabriele Schrade Klebetechniken an dreidimensionalen Objekten. Ein Erfahrungsbericht über Verklebungen von Materialkombinationen an historischen Objektfutteralen

16 Markus Raquet, Julia Hoppe, Annika Dix, Uta Helbig, Oliver Mack, Melanie KaliwodaAußergewöhnliche Silbersulfiderscheinungen an Exponaten in Vitrinen. Wechselwirkungen zwischen Vitrinenmaterialien – Ursachenforschung

24 Svenja Kampe Dokumentation von archäologischen Blockbergungen in einem Geografischen Informations-system (GIS)

36 Britta Schütrumpf, Anke Weidner Die Restaurierung der Berliner Fableaux-Handschrift. Eine Kooperation über den Buchdeckel hinaus

44 Franziska Bühl Das Rätsel um den Bassanhang. Untersuchung des Salterios MI 249 im Germanischen Nationalmuseum und Rekonstruktion des Besaitungskonzeptes

52 Katrin Pietsch Die Restaurierung der durch Schimmel angegriffenen Farbdias Ed van der Elskens am Nederlands Fotomuseum | Teil 2

56 Sabine Scheibner Vom Gebrauchsgegenstand zum Dokument am Beispiel eines Musikinstruments aus dem Besitz von Carl Orff

61 Hana Streicher, Eva Rieß Eine Lösung für ein doppelseitig bemaltes Leinwandbild: Restaurierungsmaßnahmenan Ludwig Meidners Revolution (Barrikadenkampf)/Apokalyptische Landschaft und Neukonzeption eines Zierrahmens mit integrierter Spannkonstruktion

71 Ute Stehr „Sie fragen mir vieles meine Edle wissbegierige – […] über die Oehlfarben.“ Beobachtungen zur Maltechnik des Daniel Nikolaus Chodowiecki (1726–1801)

84 A Jean E Brown and Charles Danby The Legalities of Authenticity and Performance Art

90 Barbara Büscher, Franz Anton Cramer From the Work to the Performance: Reflections on Performance Art in the Museum

95 Bruna Casagrande A report from the audience. The multi-perspective Witness Report as a method of documenting Performance Art

100 Dave Kemp A Fly on the Wall or the Elephant in the Room: The Role of the Photographer in the Production and Viewing of Photographic Documentation from Performance Art Events

106 Louise Nicole Cone The Variable and Changing Status of Performance Art Relics and Artifacts in Museum Collections

113 Jessye Wdowin-McGregor, Robert Lazarus Lane Reperformance Strategies for the Reiteration of Tino Sehgal’s This Is So Contemporary

VDR Beiträge Heft 2 . 2017

Seite 7

Seite 8

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VDR Beiträge Heft 2 . 2017

6 VDR Beiträge 2| 2017

Miscel lanea

118 Vera Hubert, Carolin Muschel Funori als Reinigungsmittel in der Textilkonservierung? Zwei Beispiele aus dem Textilatelier des Schweizerischen Nationalmuseums

Rezensionen

122 Gerhard Banik und Irene Brückle„Papier und Wasser. Ein Lehrbuch für Restauratoren, Konservierungswissenschaftler und Papiermacher“

(Hildegard Homburger)

Seite 118

Seite 122

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92| 2017 VDR Beiträge

Beiträge Klebetechniken an dreidimensionalen Objekten

Klebetechniken an dreidimensionalen Objekten Ein Erfahrungsbericht über Verklebungen von Materialkombinationenan historischen Objektfutteralen

Johannes Schrempf, Gabriele Schrade

Im Zeitraum von 2008 bis 2015 hatten wir die Gelegenheit, über 45 historische Futterale zu bearbeiten, welche zur Aufbewahrung von

Reichsinsignien, Prunkgefäßen und liturgischen Geräten aus dem bayerischen Staatsschatz angefertigt worden sind. Diese Objekte sind heute

größtenteils in der Schatzkammer der Münchener Residenz ausgestellt, während die teilweise stark beschädigten Futterale im Depot

aufbewahrt werden. Bei der Restaurierung der Etuis war es notwendig, sehr viele Verklebungen zwischen unterschiedlichsten Materialien

durchzuführen. Die daraus resultierenden vielfältigen Erfahrungen in Bezug auf die verwendeten Klebstoffe und deren Eigenschaften sowie die

Durchführung der Verklebungen sind Inhalt der folgenden Texte.

Bonding Technique with Three-dimensional Objects

In the years 2008 to 2015, we had the opportunity to work on more than 45 historic cases made for imperial insignia, show-pieces and liturgical equip-

ment from the Bavarian treasury. Today, the majority of these objects are on presentation in the Munich Residence while the cases, some of them highly

damaged, are kept in storage. In conserving these cases, it was necessary to use adhesives for many different materials. The resulting wide experience in

the use of these adhesives, their properties and the execution of the actual bonding are discussed in this article.

Einleitung

Bei den Futteralen handelt es sich um wertvolle Schutzbe-hältnisse für die Objekte des bayerischen Staatsschatzes.Die ältesten Futterale werden auf das späte 16. Jahrhundertdatiert, die jüngsten Stücke stammen aus dem frühen20. Jahrhundert. Von den Wissenschaftlern werden die Etuisals einzigartige und für die Forschung bedeutsame Zeitzeug -nisse eingeordnet.1

Die bearbeiteten Etuis weisen in den meisten Fällen einenkomplexen Aufbau auf, der das ehemals aufzubewahrendeObjekt in der Regel ziemlich genau abformt (Abb. 1–3). DieBasis bildet in den meisten Fällen ein mehr oder weniger

aufwändiger Korpus aus Holz. Dieser besteht je nach Formaus geschnitzten, gedrechselten oder flachen Elementen,die untereinander verleimt worden sind. Bei wenigen „einfa-chen“ Futteralen finden sich auch Ausführungen aus Pappe.Der Grundtyp besteht aus zwei Teilen: einem Rückenteil mitBoden, in welches das Objekt eingestellt werden kann, undeinem Vorderteil. Letzteres wird zum Schließen des Futte-rals aufgesetzt und in der Regel über Haken und Ösen ausMetall mit dem Rückteil verbunden. Bei wenigen Ausführun-gen sind einzelne Elemente zusätzlich über Scharniere festmiteinander verbunden.Der so gefertigte Korpus wurde bei den meisten Futteralenmit Leder überzogen, in einigen Fällen aber auch mit Textiloder Papier. Bei den lederbezogenen Etuis finden sich teil-weise Verzierungen in Form von Gold- und/oder Silber- so-

Beiträge Klebetechniken an dreidimensionalen Objekten

8 VDR Beiträge 2| 2017

1Etui der bayerischen Königskrone,Vor- und Nachzustand (Inv.-Nr.ResMü Schk 245)

wie Blindprägungen. Um im Inneren die Materialsichtigkeitdes Holzes zu verdecken, fanden Textilien, sämisch gegerb-tes Leder und unterschiedliche Papiere Verwendung. Die In-nenauskleidung der Futterale diente zusätzlich dem Schutzder zugehörigen Objekte. In einigen Fällen wurde dieserSchutz noch verbessert, indem zwischen der Innenausklei-dung und dem Holzkorpus Polstermaterial eingefügt wurde.Aufgrund der genannten Materialvielfalt war es unabdingbarnotwendig, diese Etuis in Zusammenarbeit von entsprechen-den Fachrestauratoren zu bearbeiten. Die Umsetzung erfolg-te durch drei Restauratoren aus den Bereichen Leder/Pa-pier, Textil/Leder und Holz/Metall.Die Schäden an den Futteralen sind sehr vielfältig und fürdie Objekte häufig existenziell. Sie resultieren unter ande-rem aus zeitweise feuchter Lagerung, Schmutzeinwirkungund alten Reparaturen. Häufig führten diese Einflüsse zu lo-sen Bereichen und Fehlstellen an den Überzugsmaterialienbis hin zum Auseinanderfallen der gesamten Konstruktion.Da die Herstellung der Etuis in weiten Teilen auf der Verkle-bung der einzelnen Materialien beruht, bestand die Haupt-aufgabe der Restaurierung darin, die gelösten Verbindungenzwischen den einzelnen Elementen wieder herzustellen. ImFolgenden wird schwerpunktmäßig auf die Verklebung vonlosen Überzugsmaterialien eingegangen, sowohl auf der Au-ßen- als auch auf der Innenseite der Etuis. Betrachtet wer-den die Schwierigkeiten, welche sich durch die Fixierung un-terschiedlicher Materialien untereinander ergaben und dieaufgrund der oft komplexen, dreidimensionalen Form derObjekte noch gesteigert wurden.Die ursprünglich verwendeten Klebstoffe wurden naturwis-senschaftlich nicht untersucht, konnten aber aufgrund ihresQuellverhaltens, ihrer Löslichkeit und des optischen Erschei-nungsbildes weitgehend den Glutinleimen und den stärke-basierten Klebestoffen zugeordnet werden. Daraus resul-tierte für die Restaurierung die Verwendung von Materialien,welche im Bereich der Papier- und Buchrestaurierung ge-bräuchlich sind. Deren Anwendung wurde in Bezug auf diebei den Etuis verwendeten Materialien getestet. Hierbei galtes, die wichtigen Parameter wie Klebstoffkonzentration,-auftrag, -trocknung und die Vorgehensweise beim Be-schweren zu beachten.

Verwendete Klebstoffe und deren Eigenschaften

Bei der Restaurierung der Etuis fanden Stärkekleister2, Ge-latine3 und Hausenblase4 Verwendung, also Klebstoffe, diemit den verwendeten Sorten (Mehlkleister, Haut- oder Kno-chenleim u. ä.) eng verwandt sind.Eine Ausnahme bilden die Alkylcellulosen, also chemischmodifizierte Cellulosen5. Diese wurden bei den durchgeführ-ten Maßnahmen allerdings nicht zum Verkleben genutzt,sondern zum Festigen und Reinigen oder als Zusatz zu an-deren Klebstoffen.

2Etui einer Nischenhalbfigur, Vor- undNachzustand (Inv.-Nr. ResMü Schk 245)

3Etui der Josephskanne, Vor- und Nach-zustand (Inv.-Nr. ResMü Schk 330)

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Dauerausstellung „Renaissance, Barock, Aufklärung“

Die Ausstellungsräume der 2010 eröffneten Dauerausstel-lung „Renaissance, Barock, Aufklärung“ befinden sich imersten Obergeschoss des sogenannten Galeriebaus im Ger-manischen Nationalmuseum.1 In 33 Räumen werden auf ei-ner Fläche von 1800 m² rund tausend Objekte aus der Zeitvon der Entdeckung der Neuen Welt um 1500 bis zu Rokokound Aufklärung im 18. Jahrhundert gattungsübergreifendpräsentiert2 (Abb. 1 und 2).

Umbau und Sanierungsarbeiten Galeriebau

Bei den Sanierungsarbeiten des Galeriebaus zwischen 2004und 2010 wurden damals neue innovative Konzepte umge-setzt. Dies betraf nicht nur die Lichtkonzeption in den Aus-stellungsräumen, sondern auch klimatechnische Verbesse-rungen der Räume durch den Einbau von Wandtemperierun-gen und einer eigens für den Galeriebau konzipierten Steue-rung der Klimaanlage, welche die Räume und deren jeweili-ge klimatische Schwankungen3 einzeln gewichtet und beiRegelbedarf Komponenten der Anlage zu- oder abschaltet.Für die Ausstellungsräume wurden auch ca. 160 Vitrinen un-terschiedlicher Bautypen4 entwickelt und realisiert.

Beiträge Außergewöhnliche Silbersulfiderscheinungen

172| 2017 VDR Beiträge

Beiträge Außergewöhnliche Silbersulfiderscheinungen

16 VDR Beiträge 2| 2017

Außergewöhnliche Silbersulfiderscheinungenan Exponaten in Vitrinen Wechselwirkungen zwischen Vitrinenmaterialien – Ursachenforschung

Markus Raquet, Julia Hoppe, Annika Dix, Uta Helbig, Oliver Mack, Melanie Kaliwoda

Korrosionserscheinungen an Silberobjekten in den Schauvitrinen der erst 2010 eröffneten Dauerausstellung „Renaissance, Barock, Aufklärung“

im Germanischen Nationalmuseum warfen Fragen nach deren Entstehung auf. In intensiver Zusammenarbeit zwischen der Technischen

Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, Fakultät Werkstofftechnik, Institut für Chemie, Material- und Produktentwicklung (OHM-CMP) und

dem Institut für Kunsttechnik und Konservierung im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg wurde eine mögliche Erklärung dieses

Phänomens erarbeitet.

Silver Sulphide Phenomena on Exhibits in Showcases. Interaction between Showcase Materials – Examining their Cause

To clarify corrosion phenomena on silver artefacts museum in display cases installed as recently as 2010, the Institute for Art Technology and Conserva-

tion at the Germanisches Nationalmuseum cooperated with the Georg Simon Ohm University of Applied Sciences, Nuremberg. The results are discussed

in this article

1Ausstellung „Renaissance, Barock,Aufklärung“, Raum 129

2Ausstellung „Renaissance, Barock, Aufklärung“, Raum 119

Vitrinen Galeriebau

Im Vorfeld wurde vom Institut für Kunsttechnik und Konser-vierung (IKK) ein „Vitrinenprofil“ 5 erarbeitet, welches damalserstmalig im Ausschreibungstext für die Anfertigung der Vi-trinen verankert wurde.Die Umsetzung konzeptioneller, architektonischer, gestalte-rischer oder konservatorischer Belange bedurfte jedoch im-mer wieder der Kompromissbereitschaft aller Beteiligten.Dies traf auch auf die Materialauswahl der Vitrinen zu. Ne-ben inerten Materialien wie Glas und Metall wurden damalsauch MDF-Platten6 mit Nassfarbsystemen für die Vitrinenverwendet. Vor Auftragserteilung waren Prototypen der Vi-trinen angefertigt worden, welche mit unterschiedlichenPlattenmaterialien ausgestattet und beprobt wurden.7 Eszeigte sich hierbei, dass mit Melamin beschichtete Platten8

weniger Formaldehyd und Essigsäure emittieren, weshalbman sich darauf verständigte, solche für die Vitrineneinbau-ten zu verwenden. Zusätzlich sollten Schadstoffe durch dieEinbringung von Aktivkohlegewebe und Zinkoxid-Granulat indie Klimafächer der Vitrinen aufgefangen werden. Die Vitri -n en innenraumluft durfte nach der Auslieferung und Aufstel-lung einen Summenwert an flüchtigen organischen Verbin-dungen (VOC)9 von 200 µg/m³ nicht überschreiten.10 DieEinhaltung der Werte wurde durch das Messen der Raum-luft- und Vitrineninnenraumluft nach Aufstellung und Aus-lüften in den Ausstellungsräumen überprüft. Um Kosten zureduzieren, wurden die Abnahmemessungen auf eine Vitrineje Vitrinentyp beschränkt.

3HG 4062, sogenannte PraunscheBirne, 1578, Schwaben, teilgereinigt

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Einleitung

Das Germanische Nationalmuseum (GNM) besitzt eine gro-ße Sammlung an historischen Hackbrettern.2 Zu dieserSammlung gehört auch ein Salterio (MI 249), das vergoldetund mit Spiegeln in geschnitzten Rahmen verziert ist (Abb. 1).Dieses Salterio ist seit einigen Jahren Antonio Battaglia zu-geschrieben3 und gemäß dessen Arbeitsdaten (1757– 1791)4

in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts datiert. Es befindetsich seit 1894 im Besitz des Museums. Von Antonio Battag-lia ist bisher nur bekannt, dass er in Mailand lebte und ar-beitete, wo er neben Salterios5 auch Tafelklaviere fertigte.6

Das Salterio MI 249 fällt neben seiner aufwändigen Gestal-tung vor allem dadurch auf, dass auf der Spielerseite an der

linken Kante des Anhangstocks ein Klotz eingesetzt ist, anwelchem einige Basschöre angehängt sind (Abb. 2, 3).7 Kei-nes der anderen erhaltenen Salterios von Battaglia besitzteinen Bassanhang. Es konnte auch an sonst keinem Salteriooder Hackbrett ein so konstruierter Bassanhang ausfindiggemacht werden. Da dieser hinsichtlich seiner Konstruktionund Gestaltung Fragen aufwarf, wurden weitere Untersu-chungen vorgenommen.

Erhaltungszustand

Das Salterio wurde lange Zeit im Depot des GNM aufbe-wahrt und ist trotz seiner attraktiven Gestaltung nicht aus-

Beiträge Das Rätsel um den Bassanhang

452| 2017 VDR Beiträge

Beiträge Das Rätsel um den Bassanhang

44 VDR Beiträge 2| 2017

Das Rätsel um den BassanhangUntersuchung des Salterios MI 249 im Germanischen Nationalmuseumund Rekonstruktion des Besaitungskonzeptes1

Franziska Bühl

Im Depot des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg befindet sich ein Salterio von Antonio Battaglia, das mit geschnitzten und

vergoldeten Rahmen und Spiegeln verziert ist. Im Rahmen einer Master-Thesis wurde es von der Autorin untersucht. Einzigartig wird dieses

Salterio durch den erhöhten Bassanhang, der aufgrund seiner Gestaltung Fragen aufwirft. Mittels CT- und Röntgenaufnahmen sowie

Fassungsanalyse und Vergleichen mit weiteren Salterios von Battaglia erwies sich dieser als spätere Zutat. Weiter konnten fünf

Gestaltungsphasen an diesem Instrument identifiziert werden. Da die vorhandene Besaitung desselben musikalisch unsinnig ist, wurden

überdies zwei Konzepte zur Rekonstruktion der ursprünglich intendierten Stimmung entwickelt.

The Puzzle of the Bass Hitch – Examination of the Salterio MI 249 in the Germanisches Nationalmuseum and Reconstruction of its Stringing

Concept

The author examined a salterio by Antonio Battaglia, decorated with carved and gilded frames and mirrors, within the scope of her master thesis; the in-

strument is kept in the storage of the Germanisches Nationalmuseum Nuremberg. The salterio is unique in that it has a raised bass hithpinrail, the design

of which poses a number of questions. This feature was shown to be a later addition, using CT and X-ray images as well as an analysis of its paint layer

also by comparison with other instruments by Battaglia. Furthermore, five different constructional stages were identified. The present stringing is useless

with regard to possible playing, therefore two different concepts for reconstructing the originally intended tuning were developed.

1MI 249, Gesamtansicht nach Konservierung

stellungsfähig. Es ist von einer dunklen Schmutzschichtüberzogen, in der sich Wasserflecken befinden. In denSchnitzereien hat sich teilweise organisches Material (Heu?)festgehängt, das als Polstermaterial beim Verpacken wäh-rend der Kriegsauslagerung verwendet worden sein kannund bereits auf oder in anderen Instrumenten der Sammlungbeobachtet wurde.Die Resonanzdecke weist drei Risse auf. Die beiden Roset-ten haben sich teilweise gelöst und in ihre Schichten ge-trennt. Zwischen den Rosetten befinden sich mehrere Ein-kerbungen von einem spitzen Gegenstand. Der Unterbodenhat sich an der Hinterwand gelöst und nach unten verwor-fen. Einige Befestigungsstifte fehlen.Füße, Rahmenleisten und Schnitzereien sind mehrfach ge-brochen und teilweise ungenügend verklebt. Einige Teile derSchnitzornamente sind abgebrochen und fehlen. Die Füßewurden vermutlich zu verschie denen Zeiten repariert. Dabeiwurden sie mit Schrauben und Nägeln, die teilweise ausdem 20. Jahrhundert stammen dürften, erneut befestigt.Die Fassung ist teilweise lose und weist Abplatzungen auf,

die teils bis auf das Holz gehen. Stellenweise ist die Vergol-dung bis auf das Poliment bzw. die Grundierung durchgerie-ben. Auch auf den Rosetten hebt sich die Belegung mit Blatt-metall in Schichten ab. Die Saitenführung ist wirr und musikalisch unsinnig. EinigeWirbellöcher sind verstopft. Teilweise tritt daraus die Fül-lungsmasse hervor. Die Saiten selbst haben Knicke und sindkorrodiert. Ziel der Master-Thesis war es, diesem besonders aufwändiggearbeiteten Instrument wieder ein würdiges Erscheinungs-bild zu verleihen, mit dem eine museale Präsentation mög-lich ist. Es handelt sich um das prächtigste Instrument vonBattaglia und besitzt so auch in der Sammlung des Germa-nischen Nationalmuseums eine herausragende Stellung. Da-für wurde das Salterio im Rahmen einer Konservierung ge-reinigt und die Fassung gesichert. Darüber hinaus solltenÜberlegungen angestellt werden, wie das von Battaglia in-tendierte Besaitungskonzept ausgesehen haben könnte.Dieser Artikel greift nun die Untersuchung der Veränderun-gen, die am Salterio im Laufe seiner Geschichte vorgenom-men wurden, und die Rekonstruktion des ursprünglichen Be-saitungskonzeptes heraus.

Untersuchungen zur Originalität des Bassanhangs

Erste Hinweise darauf, dass der Bassanhang nicht aus derEntstehungszeit des Salterios sein könnte, lieferte eineRöntgenaufnahme.8 Diese zeigt, dass die Anhangstifte ober-halb des Bassanhangs versetzt wurden. Allerdings liegt die-se Maßnahme unter der Fassung und ist mit bloßem Augenicht erkennbar.Die Fassung erscheint geschlossen und weist mit Ausnah-me von wenigen Reparaturen keine Brüche auf. Demnachmuss der Bassanhang vor der Dekoration des Salterios ein-gesetzt worden sein. Das Dekor wurde aufgrund der ver-wendeten Ornamente in den Goût Grec (Zopfstil) eingeord-net, der ab den 1760er Jahren auftritt, und wäre somit für

2MI 249 Anhangstock mit dem erhöhtenBassanhang, vor der Restaurierung(Draufsicht)

3Bassanhang (Seitenansicht)

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· Film or record directly or indirectly· Broadcast live or at a later date· Distribute in any other way.

Exempt recordings include those made for:· Educational purposes· Scientific research· Domestic purposes· Persons with handicaps.8

Since performance art often has no tangible entity it can falloutside of much of the legislation that protects the visualarts such as Copyright, Moral Rights and Intellectual Prop-erty Rights.9

In the absence of a tangible entity that is not protected bythe law, performance artists can find it difficult to:· define the work and establish recognition as authors· establish their moral rights· control the performance by others · receive royalties· control documentation by others· control appropriation by others· control all of the above after their death.

Establishing a tangible entity for performance art

A tangible entity can be provided for a performance throughdocumentation. Exhibitions are traditionally documented inorder to create an archive and in doing so they also establishauthorship. Should a performance be documented it can beconsidered to have created a fixed state for the work. Itwould also establish the maker/artist as the maker of thepiece at a specific time and place. However many perfor -mance artists do not want their work fixed or made tangiblesince it would contradict and undermine the essence oftheir work. The lack of commodification is often what at-tracts them to this particular practice. However in the ab-sence of a tangible entity there can be legal issues with re-gard to authorship, ownership and protection.10

Contracts

Contracts can be used to sell or lend performance art. Theyensure that the requirements of the artists are adhered toby the signatories. They generally state that only those con-tractually authorised to perform the work may do so. How-ever due to the intangible nature of the work this can be dif-ficult to enforce.

Beiträge Performance Art - Legal Frameworks

852| 2017 VDR Beiträge

What is performance art?

‘Performance art is art in which the artist uses their ownbody as the medium and performs an action or series of ac-tions which become the artwork’.1

It is the human presence that creates the work and it cantake many forms. Yves Klein & Dino Buzzati created one ofthe earliest performances when in 1926 they offered a lim-ited edition of Ten Zones of Immaterial Pictorial Sensibility tocollectors in exchange for specified weights of gold. A re-ceipt was issued for each zone, which was burnt and half thegold was thrown into the Seine so that the new owner couldnot have any sort of tangible entity. All that remains of theperformance is a photograph that was commissioned byKlein in order to record the event. A performance might bespontaneous or planned, such as the political pieces byPyotr Pavlensky who first became known for sewing his lipstogether in protest at the imprisonment of the Russian Punkgroup Pussy Riot. It may leave a tangible entity behind or itmay be ephemeral and leave no tangible entity. The artistmay be present or engage through a visual medium andthere may or may not be an audience. There is no coherentcultural definition of Performance Art. It is aligned with arange of disciplines that can include film, installations, the-atre and dance such as Fase: Four Movements to the Musicof Steve Reich created in 1982 by Anne Teresa De Keers-maeker (Fig. 1).It is this very broad range of content that challenges the leg-islation since it does not sit completely within any specificlegal categorisation. 2

The Legislation Governing Visual Arts

The legislation governing the visual arts is drawn from prop-erty law and as such it is based upon a tangible entity that

can be owned. ‘The 1976 US Copyright Act provides thatcopyright protection subsists ‘in original works of authorshipfixed in any tangible medium of expression, now known orlater developed’.3 Copyright exists for the lifetime of the au-thors and 50–70 years after their death. Intellectual Prop-erty Rights operate throughout most of the world, becauseof international conventions and treaties whereby countriesoffer equal protection to foreign nationals as they do to theirown citizens under their own laws. They enable an artist toregister artwork with a copyright office and seek redress ifit is appropriated by someone else. However this provisionalso only covers tangible work.4

Exclusive rights provide a de facto, non-tangible prerogativeexisting in law to perform an action or acquire a benefit andto permit or deny others the right to perform the same actionor to acquire the same benefit. Performance artists have ex-clusive rights to their work. The difficulty can be establishingtheir authorship in the absence of a tangible entity.5

The 1996 World Performances and Phonogram Treaty wassigned by 90 countries and gave moral rights to perfor -mance artists for their live aural performances and soundrecordings. It does not (as yet) include live visual and audiovisual performances and recording.6

In the UK artists can use passing off to prevent their workbeing publicly performed or plagiarised by others. This mustbe supported by evidence of ownership as well as evidencethat no attribution was made.7

A section of copyright law known as related rights does pro-vide some protection for the live performance. A live per-formance is protected by a related right known as perform-ers rights under which the performer/artist must provideconsent for their performance to be recorded and transmit-ted to the public. These rights can also be assigned/sold toothers. Performers rights must be taken into considerationif a person is staging, filming or recording a performanceand their permission must be received to:

Beiträge Performance Art - Legal Frameworks

84 VDR Beiträge 2| 2017

The Legalities of Authenticity and Performance ArtA Jean E Brown and Charles Danby

This paper aims to consider how legal frameworks can protect, handicap or leave performance art vulnerable to appropriation. It will start by

providing an overview of what constitutes performance art. It will then consider the legal framework governing the visual arts and the protec -

tion that it offers to performance artists drawing upon the legislation and supported by case studies. The second half of the paper will consider

the principles upon which performance art has developed, issues regarding its documentation as well as the potential impact of legal protection.

Die Gesetzlichkeiten von Authentizität und Performancekunst

Der nachfolgende Text zielt darauf ab zu prüfen, wie Rechtsstrukturen Performance-Kunst schützen, behindern oder Inbesitznahme gegenüber angreifbar

zurücklassen können. Er wird sodann die Rechtsstrukturen betrachten, die für die visuellen Künste maßgeblich sind, und den Schutz, den sie Performance -

künstlern bieten, und zwar gestützt auf die Gesetzgebung und durch Fallbeispiele belegt. Die zweite Hälfte des Aufsatzes wird die Prinzipien betrachten,

auf denen sich die Performancekunst entwickelt hat, Aspekte ihrer Dokumentation sowie den möglichen Einfluss des Rechtschutzes.

1 Anne Teresa De Keersmaeker, Fase: Four movements to the Musicof Steve Reich, 1982, Photo: HermanSorgeloos