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22 Pflanze BAUERNBLATT | 9. März 2019 ■

Einsatz von Fungiziden und Wachstumsreglern im Frühjahr

Lagergefahr im Raps?

Die Rapssaussaat steht in diesem Anbaujahr unter ganz anderen Vorzeichen als im vergangenen Jahr. Die extreme Trockenheit im vergangenen Sommer führte vie-lerorts zu schlechten Aussaatbe-dingungen. Wo nach der Aussaat zeitnah ausreichend Niederschlag viel, ist der Raps gut aufgelau-fen und konnte sich bei den som-merlich warmen Temperaturen im Herbst zügig und üppig entwi-ckeln. Auf der anderen Seite hat-te der Raps in vielen anderen Re-gionen mit zu wenig Niederschlag nach der Aussaat zu kämpfen. Ein Teil der keimenden Rapssaat ist vertrocknet. Diese unterschiedli-chen Ausgangslagen nehmen na-türlich auch einen erheblichen Ein-fluss auf den diesjährigen Wachs-tumsreglereinsatz zu Vegetations-beginn im Raps.

Hohe Bestandesdichten im Raps, welcher nur geringe Auswinterungsverluste zeigt, stellen in Kombination mit ei-nem frühen Vegetationsbeginn ein erhöhtes Lagerrisiko dar. Fotos: Ludger Lüders

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■ BAUERNBLATT | 9. März 2019

Doch wie viel Fungizid beziehungsweise Wachs-tumsreglereinsatz ist im Frühjahr überhaupt ad-äquat? In Zeiten, in denen die Diskussion um den Integrierten Pflanzenschutz einen hohen Stellen-wert einnimmt und vor Kurzem erst die „Leitlinie des Integrierten Pflanzenschutzes im Rapsanbau“ von der Ufop veröffentlicht wurde, ist die Frage nach dem notwendigen Maß präsenter denn je.

Laut Julius-Kühn-Institut lag die Anzahl der Behandlungen mit Fungiziden im Raps, zu de-nen in der Erhebung auch die wachstumsregu-latorischen Behandlungen zählen, 2017 bei 2,62. Demnach behandeln deutsche Landwirte ih-ren Raps nicht standardmäßig einmal im Herbst und einmal im Frühjahr mit Wachstumsreglern beziehungsweise Fungiziden, setzt man vor-aus, dass eine Maßnahme zur Absicherung ge-gen die Weißstängeligkeit (Sclerotinia scleroti-orum) erfolgt. Zudem werden häufig reduzier-te Aufwandmengen bei den wachstumsregu-latorischen Maßnahmen ausgebracht, was der Behandlungsindex mit einem Wert von 1,83 als qualitativem Maß für die Intensität der Pflan-zenschutzmaßnahmen widerspiegelt. Die Tat-sache, dass die Azolwirkstoffe auch in reduzier-ten Aufwandmengen gute Einkürzungseffekte zeigen, ist nichts Neues und wird deshalb auch in der Praxis so umgesetzt. Die schwierige Frage im Bezug auf das „notwendige Maß“ ist jedoch die nach der Anwendungshäufigkeit von Fun-giziden beziehungsweise Wachstumsreglern im Frühjahr, da die Entscheidung, wie oft behandelt wird, über ein mögliches Lager entscheidet, das bekannterweise wirtschaftliche Verluste nach sich ziehen würde. Daher ist es wichtig, das La-gerrisiko eines Bestandes richtig einzuschätzen.

Lagerrisiko richtig einschätzen

Wie hoch ist das Lagerrisiko, und von wel-chen Parametern ist das Lagerrisiko abhängig? Ein Blick in die 18-jährige Serie aus insgesamt 84 Versuchen der Landwirtschaftskammer Schles-wig-Holstein (siehe Abbildung 1) zeigt, dass in den vergangenen zehn Jahren kein mittleres oder starkes Lager in den Versuchen aufgetre-ten ist und sich damit das Lagerrisiko im Ver-gleich zu den Jahren davor verringert hat. In den Jahren 2000 bis 2006 wurden im Mittel rund 4,3 dt/ha Mehrertrag bei einem Einsatz von Wachstumsreglern im Herbst und Frühjahr im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle gene-riert, sobald nennenswertes Lager im Bestand auftrat. Heutzutage schwanken die Mehrer-träge bei einer einmaligen Herbstbehandlung um den Mittelwert von 0,4 dt/ha und bei einer Herbst- und Frühjahrsbehandlung um 0,9 dt/ha. Die Schwankungen um den Mehrertrag bewe-gen sich dabei sogar teilweise ins Negative und machen insbesondere hier den Einsatz unwirt-schaftlich. Selbst geringe Mehrerträge können die Kosten für die Pflanzenschutzmittel und die Überfahrten nicht kompensieren.

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bei den agronomischen Eigen-schaften des gesamten Sorten-portfolios. So liegen inzwischen die meisten Sorten in Sachen Standfestigkeit auf einem guten bis ausreichenden Niveau. Dabei ist diese Eigenschaft unabhängig von der Pflanzenlänge. Auch län-gere Rapssorten zeigen eine ge-ringe Lagerneigung. Die Sorten ,Bender‘ und ,Menhir‘ zeigen bei-spielsweise eine geringe Lager-gefahr. Im mittleren lageranfäl-ligen Bereich liegen Sorten wie ,Penn‘, ,Avatar‘ und ,Hattrick‘. La-geranfälliger sind unter anderem die Sorten ,LG Architekt‘, ,DK Im-pression CL‘, ,DK Platinium‘ und ,DK Exception‘.

Bestandsdichte ist entscheidend

Ebenso wichtig wie das Wissen über die Sorteneigenschaften ist ein Blick aufs Feld zu Vegetations-beginn. Hier entscheidet die vor-handene Bestandesdichte über die Lagergefahr. Ein Bestand mit gerin-

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Herbstbehandlung, kein oder nur geringes Lager

Herbst- und Frühjahrsbehandlung, kein oder nur geringes Lager

Herbstbehandlung, mittleres bis starkes Lager

Herbst- und Frühjahrsbehandlung, mittleres bis starkes Lager

Abbildung 1: Wachstumsregler im Winterraps 2001 bis 2018 – Einfluss von Herbst- und Frühjahrsanwendungen auf den Ertrag (insgesamt 84 Versuche)

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■ BAUERNBLATT | 9. März 2019

gen Bestandesdichten von rund 30 bis 40 Pflanzen pro Quadratmeter verfügt über ausreichend Platz, um eine natürliche Stabilität zu entwi-ckeln. Die Pflanzen bilden hier aus-reichend dicke Stängel aus. Hohe Bestandesdichten von deutlich über 50 Pflanzen pro Quadratme-ter schränken hingegen den Platz ein, um kräftige Pflanzen zu bilden. Durch dünne Triebe erhöht sich die Lagergefahr.

Eine weitere, diesmal nicht zu bestimmende Einflussgröße ist

das Wetter. In zweierlei Hin-sicht ist die Wit-terung entschei-dend. Zum einen ist der Start der Vegetation eine wichtige Kenn-größe. In den Jah-ren 2014 und nicht ganz so extrem 2017 wuchs der Raps kontinuier-lich und langsam. Hierbei entwickel-te er eine höhere Lageranfälligkeit als in anderen Jahren mit kürze-ren Zeiträumen des Streckungs-wachstums. Auf diese Gegeben-heiten lässt sich reagieren, ande-re unvorherseh-bare und zuneh-mende Wetterex-treme wie star-ke Niederschläge und Stürme gera-de in windexpo-

nierten Lagen bleiben dagegen ein unkalkulierbares Risiko.

Was ist mit der fungiziden Wirkung?

Hauptziel des Einsatzes eines Wachstumsregler- beziehungswei-se Fungizidprodukts ist die Reduk-tion des Lagerrisikos. Die fungizide Wirkung spielt dabei vor der Blü-te lediglich eine Nebenrolle. Die Präsenz von Phoma ist zwar immer gegeben, die Wirkung einer fun-

100 98,8 98,797,0140,9 141,5

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Abbildung 2: Wachstumsreglereinsatz in Winterraps 2015 bis 2018 (insgesamt 8 Standorte in Schleswig-Holstein)

Kontrolle 0,6 l/ha Tilmor(ES 15)

0,6 l/ha Tilmor(ES 15)

0,6 l/ha Tilmor(ES 15)

0,7 l/ha Carax(ES 50)

0,7 l/ha Carax(ES 50)0,5 l/ha Carax(ES 55)

Durch den milden Winter und die warmen Temperatu-ren im Februar sind die ersten Bestände bereits Ende Februar ins Streckungswachstum übergegangen und unterliegen einer hohen Auswinterungsgefahr, sollte im März noch eine Frostperiode auftreten.

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giziden Maßnahme im Frühjahr ist jedoch äußerst fragwürdig. Ver-besserte Sorteneigenschaften spre-chen darüber hinaus für sich. Meist sterben die infektiösen Blätter aus

dem Herbst über Winter ab. Neuin-fektionen im Frühjahr zeigen dann keine Ertragsrelevanz mehr.

Behandlungsintensität hinterfragen

Wie intensiv sollte nun unter welchen Bedingungen behandelt

werden? Ist ein Splitting überhaupt noch notwendig? Oder kann nicht sogar ganz auf die Wachstumsreg-lermaßnahme verzichtet werden? Die Abbildung 2 zeigt die Einkür-

zungseffekte je nach Intensität aus den Jahren 2015 bis 2018. Als

„klassisches Herbstprodukt“ wur-de Tilmor und als „Frühjahrspro-dukt“ Carax verwendet. Der ein-malige Einsatz von 0,7 l/ha Carax im Frühjahr bewirkte eine Einkür-zung von rund 6 cm. Eine zusätzli-che Behandlung mit 0,5 l/ha Carax

im Frühjahr ließ den Raps um noch-mals 6 cm „schrumpfen“. Doch je stärker eingekürzt wird, desto eher ist vor allem bei gestressten Beständen die Tendenz zum Er-tragsverlust gegeben. Deswegen sollten nur sehr lageranfällige Be-stände intensiver eingekürzt und standfestere Bestände eher vor-sichtig behandelt werden. Die Ab-bildung 3 zeigt je nach Lagerrisiko unterschiedliche Empfehlungen.

Wichtig sind hier vor allem eine schlagspezifische Betrachtungswei-se und ein optimaler Behandlungs-

termin, da sonst ein angepass-ter Pflanzenschutzeinsatz nicht umzusetzen ist. Gerade in begin-nenden wüchsigen Phasen ist der Wachstumsreglereinsatz deutlich wirkungsvoller als bei einem an-gekündigten Wetterumschwung. Nichtsdestoweniger stehen auch hier über allem die Gesetze der Na-tur, die nicht immer planbar sind.

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FAZITFakt ist, dass durch den Einsatz von Wachstumsreglern keine wirtschaftlichen Mehr erträge zu erwarten sind, wenn kein Lager auftritt. Daher zielt der Pflanzen-schutzmitteleinsatz hier gegen-wärtig klar auf eine Reduktion des Lagerriskos ab, und dieses gilt es einzuschätzen. Ein Stan-dardrezept für die Intensität des Wachstumsreglereinsatzes gibt

es nicht. Die Beurteilung, ob be-handelt werden muss oder nicht, sollte sich an den standortspezi-fischen Kriterien wie Sorte, Ent-wicklung des Bestandes sowie der Witterung zu Vegetations-beginn orientieren. Diese Her-angehensweise ermöglicht als ein Baustein die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nach dem integrierten Ansatz.

Keine Wuchsregulierung notwendig

Geringes Lagerrisko:Standfestere Sorte, geringe bis normale Bestandesdichte, späterer Vegetationsstart, geschützte Flächen

Normales Lagerrisko:Mittellageranfällige Sorte, normale Bestandesdichte, normaler Vegetationsstart

Hohes Lagerrisko:Lageranfällige Sorte, hohe Bestandesdichte, früher Vegetationsstart,Standorte mit hoher organischer N-Nachlieferung, windexponierte Flächen

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Abbildung 3: Wachstumsreglereinsatz bei unterschiedlichem Lagerrisiko

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