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JAHRESBERICHT 2017 Ehe-, Familien- und Lebensberatung · Ein Dienst der katholischen Kirche GRENZEN (IN) DER BERATUNG

EFL jahresbericht rz180726 - ehefamilieleben.de · vorwort » inhalt 04 » vorwort dr. markus wonka 08 » vorwort christine themann 24 » erÖffnung beratungsstelle xanten nicole

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JAHRESBERICHT 2017Ehe-, Familien- und Lebensberatung · Ein Dienst der katholischen Kirche

GRENZEN (IN) DER BERATUNG

» VORWORT

» INHALT

04 » VORWORT DR. MARKUS WONK A

08 » VORWORT CHRISTINE THEMANN

24 » ERÖFFNUNG BERATUNGSSTELLE

X ANTEN

Nicole Wiethoff

26 » EFL ONLINE-BERATUNGSSTELLE

Ann-Christin Ladermann

28 » STATISTIKEN 2017

32 » UND JEDEN TAG MEHR LEBEN

Andrea Schwarz

33 » NOTIZEN

34 » FORTBILDUNGEN

36 » KONTAKTDATEN

10 » GRENZEN DER BERATUNG

Prof. Dr. Rupert M. Scheule

15 » AN GRENZEN DASEIN UND

DABLEIBEN

Anne Willing-Kertelge

20 » DAS FREMDE KENNENLERNEN

BESUCH EINER MOSCHEE

Beate Borgmann/Michaela Kiepe

21 » „VANAKK AM” BEDEUTET

„EINANDER GRÜSSEN”

BESUCH EINES HINDUTEMPELS

Ute Kieslich

» IMPRESSUM

Ehe-, Familien- und Lebensberatung im Bistum MünsterVerantwortlich: Dr. Markus WonkaAntoniuskirchplatz 21 · 48151 Münster

REDAKTIONEhe-, Familien- und Lebensberatung im Bistum MünsterVerantwortlich: Andrea Beer, Beate BorgmannAntoniuskirchplatz 21 · 48151 Münster

GESTALTUNGClaudia Gerken designprojekt

Fotos: Brigitte Gerwing: S. 1, 14, 15, 18 und 22EFL: S. 5, 9, 20, 24 und 25Eichhorst: S. 23 istock: Andriano_cz S. 13, Simon Dux S. 19, Rajesh Narayan S. 23, Elena Leonova S. 27Illustration: Juliana Heidenreich: S. 26

DRUCK Joh. Burlage, klimaneutral gedruckt

GRENZEN (IN) DER BERATUNG DAS JAHR 2017

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» VORWORT DR. MARKUS WONKA» VORWORT DR. MARKUS WONKA» VORWORT DR. MARKUS WONKA

Liebe Leserin, lieber Leser,

mit dem vorliegenden Jahresbericht der Ehe-, Familien- und Lebensberatung im Bistum Münster geben wir Einblick in unsere Arbeit im Jahr 2017. Wir haben versucht, für diese Einblicke eine aus-gewogene Mischung aus inhaltlichen Aspekten und zahlenmäßigen Auswertungen zusammenzu-stellen. Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen, die mitgewirkt haben, diese kleine Broschüre zu erstellen. In diesem Jahr erhalten Sie – katholiken-tagsbedingt – unseren Bericht zu einem Zeitpunkt, an dem die Sommerpause schon in greifbare Nähe rückt. Vielleicht sind bei Ihnen diese Tage mit einer nachlassenden Arbeitsbelastung verbunden, die Ihnen etwas Muße erlaubt, die folgenden Sei-ten auf sich wirken zu lassen.

Auch wenn der 101. Katholikentag in Münster erst in das aktuelle Berichtsjahr fällt, will ich aufgrund der zeitlichen Nähe doch die Besonderheit dieses Ereignisses auch für die EFL würdigen. Im Bereich Lebenswelten sowie im Bereich Bibel und Spirituali- tät waren in der Vorbereitung und Durchführung des Katholikentags über 60 Kolleginnen und Kollegen aus der EFL im Bistum Münster beteiligt. Workshops, Gesprächskreise, Podien und Bera-tungsgespräche – mit diesen vielfältigen Formaten

war die EFL ein sichtbarer Akteur auf dem Katho-likentag. Wir sind in der Auswertung des Katholi-kentags überrascht, dass die doch sehr persönlich angelegten Angebote der EFL bereits lange vor Beginn der einzelnen Veranstaltung überfüllt waren. Themen wie Erziehung, Paarbeziehung, Trauer, Familienleben über die Generationen hin-weg waren regelrechte Magneten und offenbarten einen breiten Austauschbedarf unter den Katholi-kentagsbesuchern.

Es wurde spürbar, dass Kirche

Wesentliches leistet, wenn sie auf

die Fragen der Menschen nicht

„einfach“ Antworten anbietet,

sondern Gesprächsräume öffnet.

Ein besonderer Katholikentagsort war die EFL- Beratungsstelle am Antoniuskirchplatz im so ge- nannten Marienheim. Im Jahr 2016 war es für die Bedarfe der EFL saniert worden und seit Januar 2017 erfüllt die EFL das Gebäude mit neuem Leben. Weihbischof Wilfried Theising und Generalvikar Dr. Norbert Köster haben am 1. Juni 2017 die offi- zielle Einweihung vorgenommen. Aus dem klöster-

lich anmutenden Gebäude – es war ursprünglich die Residenz der Marienschwestern – ist ein offen und transparent wirkender Ort von Kirche gewor-den. Auch wenn der Abschied von der Königsstraße nicht leicht fiel, freuen wir uns über die Möglich-keiten, die das neue Haus eröffnet. Während des Katholikentags verwandelte sich das Haus dann vorübergehend in ein Gesprächs-, Beratungs- und Beichtzentrum, das im Verlauf der Veranstaltung zunehmend in Anspruch genommen wurde. Menschen fanden hier in all dem Katholikentags- trubel einen Ort, an dem sie im geschützten Raum die Themen besprechen konnten, die sie im Herzen bedrücken.

Angesichts der vielfältigen Entwicklungen im Bereich der Pastoral, aber auch in der Politik und Gesellschaft stellt sich für uns als kirchliche Bera-tung immer wieder auch die Frage nach unseren Grenzen. Im vorliegenden Bericht lassen wir Sie an unseren Überlegungen teilhaben. Grenzen zu haben und Grenzen zu benennen führt oft (vor-)schnell zur Frage, wie sie überwunden werden können. Grenzen müssen auch verstanden und gewürdigt werden, will man verantwortungsvoll mit ihnen umgehen. Mit (unseren) Grenzen werden wir immer wieder konfrontiert in unserem Anspruch, möglichst niedrigschwellig die Ratsuchenden zu

erreichen, für die wir zuständig sind. Werden wir diesem Anspruch gerecht, wenn man ihn auf be-stimmte Zielgruppen hin konkretisiert wie das der-zeit unter der Perspektive von Inklusion, Migration, LSBTI*, Armut usw. der Fall ist. Wo haben wir hier vielleicht doch Schwellen? Dankbar bin ich Prof. Rupert Scheule für seine theologischen Gedanken zum Thema Grenzen. Die Ausführungen basieren auf Überlegungen, die er beim Kongress des Bun-desforums Katholische Beratung (BKB) vorgestellt hat. Für den vorliegenden Bericht hat er sie ver-schriftlicht. Sie finden den Artikel ab Seite 10.

Gleichzeitig erleben wir uns als EFL

im Beratungssegment als das,

was im Feld der Medizin die Allgemein-

ärzte darstellen.

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» VORWORT DR. MARKUS WONKA

Angesichts dieser Gratwanderung bin ich überrascht und beeindruckt davon, dass im vergangenen Jahr bei konstantem Personalschlüssel die Anzahl der Ratsuchenden ein weiteres Mal zugenommen hat. Mit knapp 13.500 beratenen Personen in beiden Bistumsteilen hat die EFL ihren höchsten Wert

erreicht. Im Vergleich zum Vorjahr ent-spricht dies einer Steigerung von nahe-zu 5 %. Die Anzahl der Beratungsstun-den belief sich im Berichtsjahr auf fast

48.500. Weitere Einblicke in unsere Statistik ge-währen die nachfolgenden Grafiken (ab Seite 28).

Wir danken allen Ratsuchenden für die uns entge-gengebrachte Offenheit und das Vertrauen, uns an ihren Lebensgeschichten teilhaben zu lassen. Mein Dank gilt aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, deren Engagement diese Entwick-lung zu verdanken ist. Sie setzen sich unermüdlich dafür ein, dass unsere Ratsuchenden in ihren je- weiligen Lebensgeschichten, Herausforderungen und Verstrickungen fachkundige und kompetente Begleitung erhalten – und dass die Ressourcen zu einem sehr hohen Maß dorthin gelangen, wo sie

Wir sind eben keine Fachberatungsstelle, sondern zu uns kommen Menschen mit allen möglichen Themen, die eine psychische Krise bewirken. Wo sind unsere Grenzen (der Fachkompetenz), an denen wir einzelnen Ratsuchenden nicht mehr gerecht werden? Profilbildung bedeutet an dieser Stelle Grenzzie-hung und Klärung, welche Ratsu-chenden bei uns vermutlich nicht an der richtigen Adresse sind. Im Alltag der Beratung ist dies nicht leicht zu bewältigen.

Und nicht zuletzt sind wir konfrontiert mit den Gren- zen unserer Ressourcen. Eine seit Jahren steigen-de Nachfrage nach Beratung verlängert an vielen Beratungsstellen die Wartelisten. Wir kommen an die Grenzen einer für die Ratsuchenden zumut-baren Wartezeit. Wie wollen wir damit auf Dauer verantwortungsvoll umgehen, wenn alle Maßnah-men zur Effizienzsteigerung ausgereizt sind? Viele Anliegen, mit denen Menschen zu uns kommen, dulden eben keinen Aufschub. Die Zumutung einer Wartezeit ist auch eine, wenngleich nicht in-tendierte Intervention – mit ungewisser Wirkung.

hingehören: zu den Ratsuchenden.

Etwa 76 % der Arbeitszeit verbringen unsere Bera-tungsfachkräfte im direkten Kontakt mit unseren Klientinnen und Klienten!

Unter dieser Perspektive haben wir den diözesa-nen Tag der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der EFL im Bistum Münster zusammen mit General- vikar Dr. Norbert Köster verbracht, um mit ihm wesentliche Themen und Herausforderungen für die Zukunft der EFL zu identifizieren. Die Atmo-sphäre im vollbesetzten Saal war geprägt von Res-pekt vor den anstehenden Herausforderungen auf der einen Seite und Sorge vor Überforderung auf der anderen Seite. Die Themen und Prozesse, die uns von Seiten gesellschaftlicher und politischer Akteure (zurecht) angetragen werden, müssen gut in Balance gebracht werden mit den Anforderungen, die der Prozess zur Pastoralentwicklung im Bistum Münster für die EFL mit sich bringt zusammen mit dem Leistbaren durch die EFL.

Ich möchte abschließend allen kirchlich und poli-tisch Verantwortlichen danken, die unsere Arbeit durch die jeweilige Förderung mittragen und die uns von außen konstruktiv in unserem steten Bemühen begleiten, angesichts vielfältiger Grenzen

(in) der Beratung das Menschenmögliche für unsere Ratsuchenden zu realisieren.

In diesem Sinn wünsche ich Ihnen bei der Lektüre anregende Gedanken.

Ihr

Dr. Markus WonkaLeiter der EFL im Bistum Münster

Mit knapp 13.500 beratenen Personen in beiden

Bistumsteilen hat die EFL ihren höchsten Wert

erreicht.

Liebe Leserinnen und Leser!

Es sind vor allem zwei Begriffe, die die Prozesse in den Einrichtungen der Ehe-, Familien- und Lebens-beratung im Offizialatsbezirk Oldenburg im Jahr 2017 kennzeichnen:

» die Qualitätssicherung unserer Arbeit und

» die Fortsetzung der Qualitätsentwicklung im Hinblick auf Organisationsstrukturen und inhaltlich-fachliche Rahmenbedingungen.

Ausgehend von einer intensiv geführten Diskussion über die Profilentwicklung in den Beratungsstellen- Teams unserer Region, ist es die Aufgabe der Stel-lenleiterkonferenz im Offizialatsbezirk, die Beson- derheiten der einzel-nen Einrichtungen zu würdigen, aber auch eine gemein-same und einheit-liche Entwicklung der Ehe-, Familien- und Lebensbe-ratungsstellen in unserer Region und im Bistum zu garantieren. Im Spannungsfeld von individuellem Stellenprofil

und Anforderungen der Gesamtorganisation gilt es dabei immer wieder, die Grenzen und Spiel-räume des Machbaren zu definieren und auszu-schöpfen.

Schon die sehr unterschiedlichen sozioökonomi-schen Rahmenbedingungen und kommunalen Strukturen haben erheblichen Einfluss auf die An- forderungen an die Profile der Beratungsstellen, denn sie prägen die Lebensbedingungen unserer Klientel und damit auch deren (Existenz-) Sorgen und Nöte.

Welche zusätzlichen Qualifikationen der Beraterin-nen und Berater werden auch vor diesem Hinter-grund benötigt? In welchen kirchlichen, sozialen und kommunalen Netzwerken ist die Ehe-, Fami-

lien- und Lebensbe-ratung vertreten und bedarf es hier einer Ausweitung der Akti-vitäten oder eher einer Besinnung auf das „Wesentliche“? Das sind nur wenige Beispiele für die Fra-

gestellungen, mit denen die Teams und Stellenlei-tungen gemeinsam sich aktuell intensiv befassen.

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» VORWORT CHRISTINE THEMANN

In seinem Begrüßungsimpuls betonte er die Be-deutung der Beratungsstellen als psychologischer Fachdienst der Kirche und wies auf die Notwendig-keit einer guten Zusammenarbeit zwischen den Kirchen vor Ort und den EFL-Einrichtungen hin.

Sich so in der Arbeit und in unserem Auftrag durch den Weihbischof gestärkt zu wissen, schafft Sicher- heit und setzt gleichzeitig Energie frei, um sich mit Engagement und Freude der Fortschreibung von Profilbildung, Qualitätssicherheit und Qualitäts- entwicklung zu widmen, damit wir unseren Klien-ten auch in Zukunft passgenaue und kompetente Unterstützung anbieten können.

Christine ThemannBereichsleitung Beratung im Caritas-Sozialwerk St. Elisabeth, Vechta

Der Austausch in den Kon-ferenzen des Bistums und des Offizialates begleitet diese Prozesse. Hier

ist ein Forum entstanden, in dem wir immer wie-der angeregt werden, Herausforderungen neu zu bedenken und von den Erfahrungen der Kollegin-nen und Kollegen zu profitieren. Auch wenn die Wege nach Münster für uns manchmal beschwer-lich (Baustellen auf der A1) und weit sind, finden wir in diesen Treffen einen „Schatz“, den niemand von uns missen möchte.

Als Garant für eine gute Entwicklung der Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen im Offizialats- bezirk und für eine enge und partnerschaftliche Gemeinschaft mit der EFL im nordrhein-westfäli- schen Teil des Bistums ist auch „unser neuer“ Weih- bischof Wilfried Theising in Erscheinung getreten.

Trotz seines vollen Terminkalenders hat er es mög- lich gemacht, die Gesamt-Stellenleiterkonferenz des Bistums im Antoniushaus persönlich willkom-men zu heißen.

Im Spannungsfeld von individuellem Stellenprofil

und Anforderungen der Gesamtorganisation gilt

es dabei immer wieder, die Grenzen und Spielräume

des Machbaren zu definieren und auszuschöpfen.

GRENZEN DER BERATUNG

Ein Lob der Grenze aus theologischer

Sicht

Grenzen grenzen aus. Das ist schlecht. Gut dage-gen ist, Grenzen zu öffnen, ob es sich dabei um Europas Binnengrenzen handelt (»Schengen- Abkommen«) oder um die Grenzen zwischen Schülern mit und ohne besonderen Förderbedarf (»Inklusion«) oder um die traditionellen Grenzen einer Institution (»Ehe für alle«). Wer gegen Gren-zen ist, kann sich zunächst einmal einer breiten moralischen Unterstützung sicher sein. Etwas an- ders ist es im Kontext der Beratung. Hier halten wir zum Selbstschutz der Beratenden nicht nur Grenzziehungen für wichtig, sondern auch das Ein- geständnis, dass Beratung als solche notwendiger- weise an Grenzen – des Machbaren und Lösbaren – stößt. Doch haftet diesem Ja zu den Grenzen der Beratung nicht doch etwas Hartes und Resignati-ves an? Kann es ein Lob solcher Grenzen geben? Sollte man es nicht einfach bei einer achselzu-ckenden Akzeptanz belassen? In dem vorstehen-den Beitrag wird der Versuch unternommen, eben doch ein solches Lob der Grenze anzustimmen, – im Blick aufs Leben insgesamt, aber auch auf das

Beratungsgeschehen, das täglich in der Telefon-seelsorge, der Schuldnerberatung oder der Ehe-, Familien- und Lebensberatung läuft. Ein Lob der Grenzen bedeutet übrigens nicht, jede Grenze gut zu finden, sondern nur zu würdigen, dass es gute Grenzen gibt. Von fünf guten Grenzen ist hier die Rede.

1. Dieses und nicht jenesDer amerikanische Soziologe Herbert Spencer Brown bringt eine alte erkenntnistheoretische Weisheit gut auf den Punkt: one »cannot make an indication without drawing a distinction«.

Ohne die Grenzziehung des Unterscheidens

verschwimmt alles im Undeutlichen.

So wichtig Inklusion in vielen Lebensbereichen sein mag, Erkennen ist nicht inklusiv, sondern distinktiv. Dieses ist dieses und eben nicht jenes. Es gibt einen Unterschied zwischen dem, der Hilfe sucht und dem, der zu helfen versucht, einen Unterschied zwischen Benachteiligten und Nicht-benachteiligten, zwischen Ursache und Wirkung, Wahrheit und Lüge. Erst wenn die Unterschiede trennscharf zutage liegen, kann ggf. zwischen ihnen vermittelt werden.

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2. Hier und nicht dortHätten wir nicht eine Vorstellung von dem, was jenseits einer Grenze liegt, wüssten wir gar nicht, dass wir uns an einer Grenze befinden. Grenzen sind wie der Tellerrand, den es braucht, um über ihn hinausschauen zu können. Insofern sind Gren-zen auch Begegnungszonen mit dem Andern. Sie konstituieren ein Gegenüber, ohne dass dieses sich ausliefert. Nicht nur die Telefonseelsorge und die online-Beratung leben von solchen Grenzen.

3. Befristet und nicht entfristetIn der Moderne neigen die Menschen dazu, die Zukunft als einen gegen unendlich schießenden Zeitstrahl zu denken. Es wird immer weitergehen. Aber was ist mit mir? Mit mir wird es nicht immer weitergehen, ich werde sterben. Der Philosoph Odo Marquard sagt dazu: »Gerade die moderne Entdeckung der entfristeten, der ›offenen‹ Weltzeit bringt den Fristcharakter der Zeit nicht etwa zum Verschwinden, sondern – im Gegenteil – gerade sie radikalisiert zugleich diesen Fristcharakter, indem sie ihn nun ganz und gar auf jene Zeit verlagert und konzentriert, die für uns Menschen am unvermeid-barsten Frist ist: die endliche Lebenszeit unseres eigenen Lebens«. Was immer wir tun oder lassen, die unverhandelbare Grenze zwischen Leben und Tod rückt näher. Aus diesem Befund lassen sich zwei Ratschläge ableiten, die fürs moderne Leben

im allgemeinen und für die Beratung im besonde-ren bedeutsam sein könnten: Tu einerseits, was du tun willst, bald. Fange aber andererseits nicht ständig Neues an. Hätten wir unendlich viel Zeit, wir könnten etwas immer auch später tun statt jetzt.

Befristung motiviert zur Unverzüglichkeit,

also dazu, das Leben, das sich fortlaufend

verkürzt, jetzt zu nutzen.

Dabei muss klar sein, dass pausenlose Neuanfänge nichts bringen, weil uns die Zeit fehlen wird, aus ihnen wirklich viel zu machen und wir Gefahr laufen, mit lauter Projekt-Torsi an der Grenze zum Tod an-zukommen. So gesehen genießt das, was schon ist, zunächst einmal Bestandsschutz. Christen haben indes ein anderes Zeitgrenzenverständnis als eine vom Christentum absehende Moderne. Das führt auch zu anderen Konsequenzen.

4. Anfang und Ende und nicht NichtsAls Religion der Erzählung definiert auch das Christentum zeitliche Grenzen. Aber eben anders: Aller Anfang, die Urgrenze zwischen Nichts und Sein, ist im christlichen Glauben theologisch be-stimmt – als Schöpfung. Die Schöpfung aus dem

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» GRENZEN DER BERATUNG

kommen ihres Gottes. Weil es Gott ist, der die Enden setzt, gehen Gläubige auch entspannter mit Anfängen um als Nichtgläubige. Was wir beginnen, können und müssen wir nicht unbedingt vollenden. Gerade deswegen ist das Anfangen ein Vollzug des Glaubens. Wer aus der Angst, nicht mehr fertig zu werden, gar nicht erst anfängt, hofft nicht gläubig auf das Geschenk einer Vollendung in Gott. Er hat sich mit den Grenzen der Welt arrangiert. Christ-liche Beratung muss das nicht. Mit dem Glauben im Rücken wird sie immer eher Mut machen zu Neuanfängen, so spät die Gelegenheit, so hoch das Lebensalter auch sein mag.

5. Mensch und nicht GottDer Erzengel Michael stellt durch seinen Namen eine interessante Frage: Mi-cha-el heißt: »Wer ist wie Gott?«. Im biblischen Engelsturz (Offb 12,7–10) ist es diese Frage, die den Teufel und seine Engel zu Fall bringt. Sie wollen »wie Gott« sein, verheben sich damit und stürzen. Aber die Michaelsfrage richtet sich nicht nur an reingeistige Himmelswe-sen, sondern auch an uns. Wer von uns auf die Fra-ge »Wer ist wie Gott?« mit »ich« antworten muss, einfach weil er als Nichtgläubiger mit Gott nicht rechnen kann, ist versucht, selbst zu tun, was ei- gentlich Gottes Sache wäre: Endgültigkeiten erzeu-gen, letzte Worte sagen, definitive Wesensaussagen treffen. Wer sonst sollte das machen? Gott ist ja

Nichts ist der Möglichkeitsbeweis wirkmächtiger Anfänge schlechthin, der in jedem Anfang aufs Neue wahr wird. Alles Neue, auch Verhaltens- und Einstellungsänderungen, verdanken sich der Gren-ze, die das Anfangen stets markiert. Vielleicht kann sogar Resignation eine solch gute Grenze sein, an der falsche Hoffnungen – etwa auf eine Einstellungs- änderung beim Partner – enden und dadurch ein neuer Anfang möglich wird. Und was ist mit der anderen Zeitgrenze, der zum Tod? Aus christlicher Sicht bleiben wir am Ende nicht einfach irgendwo liegen auf dem Zeitstrahl gegen unendlich. Für Christen verliert sich die Zukunft nicht im Nebel der Unendlichkeit, Christen denken die Zukunft von ihrem gottverfügten Ende her. Christliche Zukunft ist also nicht einfach Futurum, sie ist Advent: die Ankunft Gottes macht das Ende der Zeiten. Dieses Zeitverständnis ist von grundsätzlicher Bedeutung für eine Spiritualität christlicher Grenzkultur.

Wenn ich mein bevorstehendes Ende nicht als Verenden meiner kurzen Lebensspanne erwar-ten muss, sondern als Entgegenkommen Gottes glauben darf, dann inspiriert das auch zu einer anderen Sicht auf die vielen Grenzen innerhalb meines Lebens. Wo, wenn nicht an meinen Gren-zen, hoffe ich sinnvollerweise, dass Gott da ist? »Mein huldreicher Gott kommt mir entgegen«, heißt es in Psalm 59,11. So enden Christen: im Entgegen-

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» GRENZEN DER BERATUNG

Eine Beratung

fördert Entscheidungen,

die ein Stück

weiter in die Zukunft

tragen, damit auch dann

noch Entscheidungen

möglich sind.

Freiheit

nicht da. Wer – angesprochen von der Michaels-frage – hingegen »ich nicht« sagen kann, muss nicht die ganze Wirklichkeit unter das Diktat seines Selbstbezugs bringen. Ewigkeitsaussagen kann er kategorisch verweigern. Christliche Ethik wird immer zuerst »Michaelsethik« sein und auf die Grenze zwischen Gott und Mensch hinweisen, genauer: auf das wohltuende Nicht-wie-Gott-sein-müssen des Menschen, – der an Gott glaubt. Eine Beratung, die Impulse aus der christlichen Michaelsethik zulässt, wird sich niemals als Ge schäft letzter Worte und definitiver Urteile verste-hen. Sie fördert nicht Entscheidungen, die ver-brannte Erde hinterlassen, indem sie sich absolut setzen. Sondern Entscheidungen, die ein Stück Frei-heit weiter in die Zukunft tragen, damit auch dann noch Entscheidungen möglich sind.

Dieses und nicht jenes, hier und nicht dort, be- fristet und nicht unbefristet, Anfang und Ende und nicht nichts, Mensch und nicht Gott – fünf ganz verschiedene Grenzverläufe, die im christlichen Glauben sichtbar werden. Sie machen sehen, er- möglichen Begegnung, ermutigen zu Anfängen und mahnen zur Vorsicht im Urteilen. Ein Hoch auf solche Grenzen.Prof. Dr. Rupert M. Scheule, Lehrstuhl für Moral-theologie an der Universität Regensburg

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» GRENZEN DER BERATUNG

AN GRENZEN DA SEIN UND DA-

BLEIBEN

Überlegungen und Erfahrungen aus

der Beratungsarbeit

Grenzen trennen und ermöglichen Begegnungen mit dem noch Neuen und Fremden. Wer sich weiterentwickeln will, muss Neuland betreten und seine Begrenzungen aufweichen, ausdehnen, Neues und vielleicht bislang sogar Undenkbares wagen. Wer plötzlich mit einer Grenze konfron-tiert wird z.B. mit der Diagnose einer lebensbe-drohlichen Krankheit oder dem möglichen Ende einer Partnerschaft, muss sich neu orientieren und zurechtfinden. Grenzen können einengen; ungewollte Grenzübertretungen verletzen. Denn Grenzen bieten auch Sicherheit, indem sie einen verlässlichen Rahmen definieren. Beratung geht auf vielfältige Weise mit Grenzen um.

Innerhalb der begrenzten Beratungszeit ist die Beraterin für die Ratsuchenden ansprechbar, ganz Ohr, begleitet auf der Suche nach Wegen, mit Begrenzungen umzugehen und auch über bisher scheinbar unverrückbare Grenzen hinaus zu wach-

sen. Die Ratsuchenden mit ihren Anliegen stehen dabei im Mittelpunkt. In den Beratungsstellen entstehen Räume, in denen Menschen sich mutig ihren eigenen Begrenzungen stellen und sich auch mit nicht beeinflussbaren Grenzsetzungen konfron-tieren. Manchmal lassen sich trotz guten Willens, trotz aller Anstrengung und sogar mit professio- neller Unterstützung durch die BeraterInnen Le-benssituationen nicht verändern. Auch die beste Technik kommt an ihre Grenzen. Die Frau, die an einer unheilbaren Lungenerkrankung leidet, ist trotz Sauerstoffgerät aus der Puste, wenn sie die wenigen Stufen zur Beratungsstelle geschafft hat. Sie erlebt, dass viele aus ihrer Umgebung nicht mit ihr über ihren bevorstehenden Tod und ihre Wün-sche an das Leben sprechen möchten. Sie sucht ein Gegenüber für ihre Fragen nach dem Warum, nach

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» GRENZEN DER BERATUNG

dem, was sie noch regeln will, nach den Formen ihres Sterbens, nach der Perspektive auch über den Tod hinaus, wenn es denn eine geben sollte. Und sie sucht ein Gegenüber, einen Menschen, der ihre Wut und Verzweiflung aushält, der ihr hilft, sich in ihrer Situation zurecht zu finden und über Grenzen – das, was alles nicht mehr möglich sein wird – hinauszuschauen auf das, was jetzt noch möglich ist und sogar das zu entdecken, was erst jetzt so möglich wird. Nichts im Leben kommt so sicher wie der Tod. Im Laufe der Beratung, in der wir auch viel gemeinsam lachen, erstellt diese Frau ihre persönliche „Löffel-Liste“ (was sie noch tun möchte, ehe sie den Löffel abgibt). Sie nimmt Kontakt auf zu Freundinnen, zu denen die Bezie-hung eingeschlafen war, die aber so wichtig in ihrem Leben waren. Sie macht sich auf den Weg, diese zu besuchen und erzählt tief bewegt von menschlich berührenden Begegnungen, die ohne ihre Erkrankung in dieser Weise vielleicht gar nicht möglich geworden wären. Sie fährt mit ihrem Part-ner nach Berlin, ein langgehegter Wunsch, der im-mer wieder aufgeschoben worden war. Sie findet den Mut, immer wieder Gespräche mit Menschen ihrer Umgebung aufzunehmen. Sie hat keine Zeit zu verlieren und stellt fest, dass es ihr guttut, da- rauf zu schauen, was ihr wichtig ist, statt sich daran zu orientieren, was sie denkt, was andere denken.

Sie entdeckt ihre Lebendigkeit in einer Form, die sie selbst gar nicht für möglich gehalten hat. Und zwischendrin ist sie traurig und auch verzweifelt, weil sie noch nicht sterben möchte, gerade jetzt, wo sie das Leben so neu entdeckt, so viel lacht, sich über so viele kleine Dinge freut. Als Beraterin gehe ich mit durch dieses Auf und Ab und bleibe an ihrer Seite (eben auch in den Grenzen der Beratung). Ich biete ihr einen Raum, sich selbst fühlen zu dürfen mit all ihren Seiten. Und ich bleibe auch dann da und im Kontakt, wenn wir beide ratlos sind, wenn wir schweigen und uns beiden die Tränen laufen. Inspiriert durch Viktor E. Frankl, der als jüdischer Psychologe das KZ über-lebte, habe ich gelernt, dass wir auch dann, wenn wir die Situation nicht verändern können, noch die Freiheit haben zur Haltung, mit der wir dem Unausweichlichen begegnen.

Gerade an solchen Grenzen kann sich

Menschlichkeit in besonderer Tiefe zei-

gen und beglückend erfahren werden.

In meinen Kontakten zu Menschen, die trauma-tisierende Gewalterfahrungen in ihrer Kindheit, Jugend und zum Teil bis ins Erwachsenenalter ge- macht haben, erlebe ich es ähnlich. Beeindruckend

auf den Punkt gebracht hat dies in der vergangenen Woche ein Klient. Er ist schon viele Jahre auf der Suche nach Hilfe bei Ärzten, in Kliniken, bei Thera-peuten. Er hat viele Tabletten bekommen und un-terschiedliche Behandlungstechniken ausprobiert. Beim zweiten Beratungsgespräch hielt er mitten in seinem sortierenden Erzählen inne und sagte: „Ich habe mich schon beim ersten Treffen gefragt, was Sie eigentlich machen, warum ich Ihnen schon jetzt mehr erzählt habe als allen anderen vorher. Und bei Ihnen fühlt sich das sogar ganz leicht an und gar nicht so kompliziert. Ich fühle mich selbst plötzlich gar nicht mehr so kompliziert und verdreht an. Ich glaube, ich weiß jetzt, was Sie anders machen: Sie hören mir einfach zu als sei ich ein Mensch, der wertvoll ist. Hier habe ich das Gefühl, ich darf einfach da sein und das ist schon genug. Und Sie sind auch wirklich da, wirklich mir zugewandt, Sie wollen ganz in echt verstehen, was mit mir ist und wie es mir als Mensch geht. Sie hören mir wirklich zu. Und selbst die schlimmen Sachen, da haben Sie keine Angst vor.“ Traumatische Erfahrungen aus der Kindheit ver- schwinden nicht einfach. Wir können das Vergange-ne nicht verändern. Aber es macht einen großen Unterschied für Betroffene, ob heute jemand be- reit ist, Zeuge für das Erlebte zu sein und den Menschen nicht allein zu lassen. Im Mit-Aushalten

heute entsteht menschliche Nähe zwischen Sub-jekten. Das ist für Menschen, die durch Gewalt- erfahrungen erlebt haben, zum Objekt gemacht worden zu sein, und sich auch in unserem Gesundheitssystem oft eher wie ein Objekt vor-kommen, eine wichtige und notwendige Alterna-tiverfahrung. Ganz vorsichtig kann so Vertrauen wachsen, dass Menschen wirklich mitfühlend sein können. In solchen menschlichen Erfahrun-gen liegt eine heilsame Dimension. Nach meiner Überzeugung ist die menschliche Begegnung sogar wichtiger als jede Technik oder noch so gute Übung. Was Menschen letztlich weiterhilft, ist die Kraft der Begegnung:

Für diese vorsichtig sich entwickelnden Begegnun-gen ist in der Beratung Raum und Zeit. Gerade für Menschen mit ihren Grenzerfahrungen, die sich oft mit dem Rücken zur Wand bewegungsun-fähig fühlen, ist die Beratungsbeziehung in ihren sicheren und klaren Grenzen ein Ort, an dem sie erst mal einfach da sein dürfen. Auch wenn die traumatische Erfahrung selbst nicht verschwindet, kann die menschliche Begegnung heute selbst an

„Der Mensch ist des Menschen

Medizin.“ (Paracelsus, 1493 – 1541).

einer unüberwindlichen Grenze doch alles verän-dern, so dass Hoffnung wieder wachsen kann.

Woher schöpfe ich als Beraterin die Kraft, mich immer wieder neu auf solche menschlichen Begeg-nungen einzulassen? Und was ist, wenn ich selbst an meine Grenzen als Beraterin komme? In einer Imaginationsübung stelle ich mir die Menschen, die mich beschäftigen, in einem Garten vor. In die-sem Garten finden sie genau das, was ihnen jetzt im Moment guttut. Ich kann sie lächeln sehen und in diesem Wissen selbst weitergehen. An einem Wasserfall kann ich alles, was mich noch belastet, abspülen lassen, um dann den freien Blick auf das zu haben, was in meinem Alltag nun ansteht.

Auch mir helfen darüber hinaus Begegnungen z.B. mit KollegInnen, in der Supervision, in der Musik, in der Natur und auch im Gebet. Die Haltung des Vertrauens in einen guten Geist, der wirkt und der Menschen sich entwickeln lässt, schenkt mir Gelassenheit, das zu tun, was in mei-ner Kraft steht und den Rest Gott zu überlassen. Ein Gott, der in Jesus Mensch geworden ist und auch vor existenzieller Verlassenheit nicht zurück-schreckt. Der dableibt, der seine Wege geht mit jedem Menschen und der gegenwärtig bleibt gerade auch in quälenden Grenzsituationen und darüber hinaus Entwicklung und Hoffnung verheißt.

Anne Willing-Kertelge Ehe-, Familien- und Lebensberaterin in der Beratungs- stelle Coesfeld, Master of Counseling, Dipl. Sozialpädagogin, Dipl. Pädagogin, Kunst- und Kreativtherapeutin, Traumaberaterin

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» GRENZEN DER BERATUNG

„An einem Wasserfall kann ich alles, was mich noch belastet, abspülen lassen,

um dann den freien Blick auf das zu haben, was in meinem Alltag nun ansteht“.

Anne Willing-Kertelge

Kreis Recklinghausen (pbm/mek). Vier Mal im Jahr kommen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der vier Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen (EFL) aus dem Kreis Recklinghausen als Kreisteam zum Austausch zusammen. Schwerpunktmäßig steht in diesem Jahr das Thema „Kultursensible Beratung“ im Vordergrund. Deshalb trafen sich die Beraterinnen in der Moschee der Islamischen Kulturunion in Recklinghausen mit Hüseyin Inam. Der 46-Jährige Islamwissenschaftler lebt seit 1972 in Deutschland und ist Dialogbeauftragter des Muslimischen Theologinnen- und Theologen-bundes in Europa. Zudem arbeitet er aktuell als

wissenschaftlicher Mitarbeiter des Ruhr Museums in Essen mit an der Vorbereitung der Reformations-ausstellung „Der geteilte Himmel“. Inam führte die Gäste nicht nur durch die Moschee, sondern informierte sie über die religionsgeschichtlichen und die theologischen Aspekte des Islams. „Uns ging es bei dem Treffen auch um einen Austausch, wie wir beispielsweise Schnittstellen zwischen den Moscheegemeinden und unseren Beratungs-stellen einrichten können“, erklärte Beate Borg-mann, Leiterin der Beratungsstelle in Dorsten.

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Inam erläuterte, dass zahlreiche Probleme inner- halb der Familien oder der Moscheegemeinde gelöst würden. Aber auch bei muslimischen Paaren nähmen Scheidungen zu. „Eine langfris-tige Perspektive könnte eine muslimische Bera-tungsstelle sein“, meinte Inam. „Da können sich vielleicht Kooperationen mit der EFL entwickeln“, sagte Borgmann.

Doch nicht alle Muslime gehören den Moschee-gemeinden an. Daher stelle sich für die Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter der Beratungsstellen die Frage, wo und wie sie diesen Menschen ihre Arbeit vorstellen könnten.

„Unser Anliegen ist es, in diesem Jahr

das uns Fremde kennenzulernen

und uns damit auseinanderzusetzen,

was die Menschen beschäftigt und

bewegt.“

So erklärte Beate Borgmann das Anliegen des Schwerpunktthemas und ergänzte „Darauf auf-bauend werden wir weitere Schritte für unsere Arbeit überlegen.“

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» DAS FREMDE KENNENLERNEN

DAS FREMDE KENNENLERNEN

Kultursensibel beraten ist thematischer Schwerpunkt der EFL im Kreis

Das Kreisteam Recklinghausen hat 2017 ganz prak-tisch und konkret „Grenzen“ überschritten und sich aufgemacht in uns oft wenig bekannte und vertraute Lebenswelten. Lesen Sie dazu die Berichte von unseren Kolleginnen Beate Borgmann in Zusammenarbeit mit Michaela Kiepe von der Bischöflichen Pressestelle (Besuch einer Moschee) und Ute Kieslich (Besuch eines Hindutempels).

Hüseyin Inam führte die Mitarbeiterinnen der vier Ehe-,

Familien- und Lebensberatungsstellen im Kreis durch die Moschee

der Islamischen Kulturunion in Recklinghausen.

Kreis Recklinghausen/Hamm (pbm/mek). „Vanakkam“ bedeutet im Tamilischen „Einander grüßen“. So wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ehe-, Familien- und Lebensbera-tungsstellen (EFL) im Kreis Recklinghausen herz-lich willkommen geheißen bei ihrem Besuch im hinduistischen Sri Kamadchi Ampal Tempel, der seit 1989 in Hamm besteht und 2002 am heutigen Standort eingeweiht wurde. Die Begegnung und der Austausch mit anderen Kulturen und Religio-nen in der Region haben sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der EFL als Jahresthema gesetzt. Ihr Ziel ist es, das Beratungs- und Unterstützungs-angebot weiter auf Menschen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen abzustimmen. Neben einem Moscheebesuch stehen in diesem Jahr Gespräche mit einer türkischen sowie einer rus-sischen Psychotherapeutin auf dem Programm. Viele Tamilen leben heute in der Region. Zehntau-sende Flüchtlinge aus Sri Lanka kamen ab 1983

„VANAKKAM“

BEDEUTET „EINANDER GRÜSSEN“

Kreisteam der Ehe-, Familien- und Lebensberatung besuchte Hindutempel

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» DAS FREMDE KENNENLERNEN

An die Führung schloss sich ein reger Austausch im Gespräch an, bei dem Eichhorst bereitwillig die Fragen des Teams beantwortete. Gleich zu Beginn erntete sie spontane Lacher, als sie die Frage „Was bedeutet Heirat im Hinduismus?“ mit „Lebensläng-lich!“ beantwortete. Ernster wurde es, als es um die gesellschaftliche Stellung und soziale Situation der Frauen in Indien und Sri Lanka ging. „Sie sind auf dem Stand wie unsere Urgroßmütter“, erklärte sie. Auch das Kastenwesen bedeute für viele in Indien unüberwindliche Hürden im gesellschaftlichen Leben. Kinder würden traditionell im Glauben der Mutter erzogen, wobei die Ausübung der Rituale wichtig sei. Dazu gehörten beispielsweise die Waschung der Tempelstatuen, in denen die gött- liche Kraft verehrt werde. Ein Gemeindeleben wie in den christlichen Kirchengemeinden kenne man am Hindutempel hingegen nicht.

Zum Abschluss stärkten sich die EFL-Teammitglie-der bei einem tamilischen Buffet mit verschiedenen vegetarischen Köstlichkeiten und waren sich einig, dass dieser Besuch „mit allen Sinnen“ noch lange nachwirken werde.

nach Deutschland, als sich der Konflikt zwischen der singhalesischen Mehrheit und der tamilischen Minderheit verschärfte. Viele von ihnen wurden in Nordrhein-Westfalen aufgenommen und sind heimisch geworden. Die Gläubigen trugen durch ihre Spenden dazu bei, dass der größte tamilische Hindutempel Mitteleuropas nach südindischem Modell entstand. Tiefe Frömmigkeit erlebten die EFL-Kolleginnen und -Kollegen unmittelbar bei einem der dreimal täglich stattfindenden Got-tesdienste und bei einer Hochzeitszeremonie, die parallel zur Führung durch den Tempel statt-fand. Geleitet von dem Priester Paskaran, dem

spirituellen Zentrum des Heiligtums, wurde die mehrstündige Zeremonie mit vielen Gästen in farbenprächtiger Kleidung und mit traditioneller Musik gefeiert.

Angelika Eichhorst, ehrenamtliche Führerin, schil-derte, dass alle Menschen im Tempel der „Göttin mit den Augen der Liebe“ willkommen sind: „Jeder kann kommen, Gott hört auf alle Namen“, fasste sie die Haltung im hinduistischen Glauben zusam-men. Die Göttin stellt den weiblichen, mütterlichen Aspekt Gottes dar, und die hinduistischen Gläubi-gen kommen aus ganz Europa, um wie bei einer Mutter ihre Sorgen loszuwerden und Trost und Beistand zu finden.

Das EFL-Team erfuhr, dass nicht wenige Tamilen an der Marienwallfahrt in Kevelaer teilnehmen, da sie sich der Gottesmutter sehr verbunden fühlen. Jesus wird in Südindien als einer derjenigen ver-ehrt, der die absolute Wahrheit gesprochen habe. Im Tempel selbst treffen unterschiedliche hindu-istische Strömungen und tamilische Volkskulte aufeinander und tolerieren sich. In der Nähe des Tempels wird aktuell der Bau eines Kulturzen- trums, einer Bibliothek und eines Museums mit Fortbildungsangeboten geplant, um die Integra-tion der Tamilen zu fördern und einen kulturellen Austausch zu ermöglichen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der EFL-Beratungsstellen

im Kreis Recklinghausen informierten sich in Hamm am Sri

Kamadchi Ampal Tempel über den Hinduismus.

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ERÖFFNUNG EINER NEUEN

BERATUNGSSTELLE IN XANTEN

Neue EFL-Beratungsstelle am Sitz des Weihbischofs vom Niederrhein

Im Oktober 2017 haben die Kolleginnen und Kol-legen der EFL-Beratungsstelle Moers in Xanten die Beratungsarbeit aufgenommen. Die neu angemie-teten Räumlichkeiten liegen in Innenstadtnähe im Rücken des Doms. Die Xantener Stelle ist damit eine von drei linksrheinischen Stellen im Kreis Wesel mit Hauptsitz in Moers und einer weiteren Außenstelle in Duisburg-Rheinhausen. Die Stadt Xanten ist mit knapp 22.000 Einwohnern eine wichtige Stadt am linken Niederrhein, welche eine weit zurückreichende bedeutsame kirchliche Geschichte hat. Ein besonderes Merkmal der Stadt ist der gotische St.-Viktor Dom, der von der mittelalterlichen Blütezeit Xantens zeugt. Xantens Stadtteil Marienbaum ist der älteste Wallfahrtsort des Niederrheins. Bis heute ist Xanten überwiegend katholisch ge-prägt, 64 % der Bevölkerung sind katholisch; auch der Hauptsitz des Regionalbischofs vom Nieder-rhein befindet sich in Xanten.

Seit 2017 hat Weihbischof Rolf Lohmann das Amt des Regionalbischofs inne. Mit ihm wurde im vergan-genen Jahr ein lebhafter Austausch über die Arbeit der Ehe-, Familien- und Lebensberatung und ihre enge Verbindung zur Pastoral angestoßen. Vor dem Hintergrund überwiegend ländlicher Strukturen am Niederrhein nehmen die Menschen häufig weite Fahrtwege in Kauf, um bei persönlichen Problemen oder Beziehungsschwierigkeiten Hilfsangebote zu nutzen. Eine Beratungsstelle mit Schwerpunkt auf persönlichen Problemen und Paarkonflikten gab es in Xanten bisher nicht. Durch die neue EFL Bera-tungsstelle wird es für die Menschen im nord-west-lichen Teil des Kreises Wesel somit einfacher in Lebenskrisen niedrigschwellige Unterstützung

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in Anspruch zu nehmen. Hinzu kommt, dass Psychotherapie-Angebote in der Region eher weitläufig verteilt sind und somit lange Warte- listen bestehen. Besonders für die Menschen, die auf der Suche nach einem kurzfristig erreichbaren und kostenfreien Hilfsangebot sind, stellt unser Beratungsangebot in Xanten eine sinnvolle Ergän-zung bisher bestehender Hilfsangebote dar. Zur Zeit findet in Xanten an einem Tag in der Woche Beratung statt.

» NEUE BERATUNGSSTELLE IN XANTEN

Wir freuen uns auf Ausbau und Erweiterung unse-res Angebotes im Lauf der kommenden Jahre und auf einen lebhaften fachlichen Austausch mit so- zialen Einrichtungen vor Ort – mit kirchlichen Mit- arbeiterinnen und Mitarbeitern, mit dem Jugend- amt und mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Beratungsstellen.

Nicole Wiethoff, Leiterin der Beratungsstelle in Xanten

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» EFL-ONLINE BERATUNGSSTELLE

DIE EFL ERÖFFNET IHRE VIRTUELLE

ONLINE-BERATUNGSSTELLE

Im November 2017 eröffnete die EFL ihre virtuelle Online-Beratungsstelle als 39. Beratungsstelle im Bistum Münster.

Acht Beraterinnen und Berater, verteilt über das ganze Bistum und finanziert durch Spenden, bera-ten Menschen per E-Mail oder per Chat-Beratung.„Ausschließlich über das Internet, ohne jemals in eine örtliche Beratungsstelle zu kommen“, hebt Stephan Billen, Koordinator der virtuellen Beratungsstelle, hervor. Nach der Einführung der Online-Beratung in der EFL vor rund 14 Jahren sollte diese als Vorstufe zur Beratung in den ört-lichen Stellen dienen. „Die richtige Beratung fand ‚face-to-face‘ statt“, blickt Billen zurück. Nach und nach entwickelte die Online-Beratung eine Eigen-dynamik, seit November hat sie nun offiziell eine Struktur, die der einer örtlichen Beratungsstelle stark ähnelt.

„Wir haben vergleichbare Angebote für Einzel- personen, Paare und Gruppen und eigene virtu-elle Beratungs- und Gruppenräume“, erklärt der Koordinator. Der Klient könne entscheiden,

welches Modell er bevorzugt. Bei der Mailberatung schreibe er seine Fragen, Probleme und Gedan-ken auf und erhalte bei einer Erstanfrage werk-tags innerhalb von 48 Stunden eine Antwort. Für Einzelchats verabreden sich Ratsuchender und Berater zu einem festen Zeitpunkt. „Das kommt der klassischen Beratung sehr nahe, ist lediglich vermittelt über das Medium Internet“, sagt Billen. Für Paare gebe es das sogenannte „Paar-Tool“, das von der Gestalt her einem Blog ähnle. Einen besonderen Stellenwert habe das Gruppen- angebot, bei dem sich Berater und Klienten in einem offenen Treffen zu ausgewählten Themen austauschen. „In Deutschlands EFL ist ein solches

Angebot einzigartig“, betont Billen. Ihm ist es wichtig, dass das Angebot der virtuellen Beratungs- stelle niedrigschwellig ist: „Die EFL ist offen für alle Menschen.“ In einer Welt, in der die virtuelle die reale immer stärker durchdringe und Menschen mit Ängsten und Sorgen auch im Internet nach Antworten suchen, müsse die EFL präsent sein. Studien belegten, dass die räumliche Distanz bei einer Online-Beratung eine „Dichte“ erzeuge, die „eine gute Basis für Beratung“ biete. „Für Menschen, die sich nicht der räumlichen Nähe eines Beraters aussetzen möchten und die Anonymität brauchen, die erst bedenken und

kontrollieren möchten, bevor sie das, was sie von sich preisgeben, schreiben, werden sich hier gut aufgehoben fühlen“, verspricht Billen.

Die Online-Beratung der EFL wird im Internet auf https://muenster.onlineberatung-efl.de angeboten

Im vergangenen Jahr nahmen 163 Men-

schen dieses Angebot 771 Mal in Anspruch

Ann-Christin Ladermann/Bischöfliche Pressestelle„hex on line“ von Juliana Heidenreich

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EINIGE ZAHLEN UND STATISTIKEN

zu unserem Angebot und den Rat-

suchenden

Im Jahr 2016 erschien das Päpstliche Schreiben „Amoris Laetitia“, mit dem sich die EFL im vergan-genen Jahresbericht intensiv auseinander gesetzt hat. Papst Franziskus weist dort eindrücklich darauf hin, dass die Kirche den Menschen in jeglicher Krisensituation und Notlage beistehen soll. Diesem Auftrag kommen die EFL-Beratungsstellen im Bistum Münster seit mehr als 50 Jahren nach.

Im Berichtsjahr 2017 ist die Zahl der Klientinnen und Klienten, die unsere Beratungsstellen aufge-sucht haben, erneut angestiegen: Insgesamt wurden in den 38 Beratungsstellen des Bistums 5.201 Männer und 8.223 Frauen beraten, 163 von ihnen haben die Online-Beratungsstelle aufgesucht. Da-mit ist die Zahl der Ratsuchenden, die in der EFL Unterstützung suchen und finden, in den letzten zwanzig Jahren um 80 % angestiegen. Etwa 60 % unserer Ratsuchenden sind Frauen, etwa 40 % Männer; ungefähr 40 % unserer Rat-suchenden kommen als Paar zu uns und nehmen gemeinsam eine Beratung in Anspruch.

Fasst man die Krisensituationen und Notlagen, mit denen die Ratsuchenden zu uns kamen, zu Kategorien zusammen, so waren die am häufigs-ten genannten Themen im letzten Jahr Selbstwert-probleme (45,2 %), Kommunikationsprobleme (42,6 %), stimmungsbezogene Probleme wie Depression (31,3 %), kritische Lebensereignisse und Verluste (25,2 %) und Auseinanderleben (24,0 %). Weitere häufig genannte Themen waren Trennungswunsch/Angst vor Trennung (19,6 %), beziehungsrelevante Aspekte der Paargeschichte

(19,3 %), beziehungsrelevante Aspekte der Her-kunftsfamilie (18,9 %) und Partnerwahl/Partner-bindung (16,6 %) (Mehrfachnennungen möglich).Etwa die Hälfte der mehr als 41.000 Beratungs-kontakte im Jahr 2017 fand als Einzelgespräch statt. Ein Drittel der Gespräche waren Paar- und Familiengespräche, etwa 10 % der Kontakte fan-den als Gruppengespräche in Gruppen für Einzel-personen oder für Paare statt. Online werden etwa 3 % der Beratungen geführt, Tendenz steigend. (Zur Einrichtung einer neuen virtuellen Online- Beratungsstelle siehe auch den Bericht von Ann- Christin Ladermann, Seite 26)

In mehr als der Hälfte der Fälle beraten wir Eltern von minderjährigen Kindern; diese haben nach § 17 SGB VIII einen verbindlichen Rechtsanspruch auf Beratung zum Aufbau eines partnerschaftlichen Zusammenlebens, zur Bewältigung von Konflikten und Krisen und im Fall von Trennung und Schei-dung; 8.706 Kinder unter 18 Jahren profitieren da-mit indirekt von den Beratungsangeboten der EFL. Etwa 17 % sind Paarberatungen ohne SGB VIII-Re-levanz, betreffen also Paare ohne Kinder oder Paare mit ausschließlich volljährigen Kindern. Knapp 30 % sind Beratungen im Bereich Lebensberatung.

» STATISTIKEN 2017

ANZAHL DER BERATUNGSKONTAKTE in 2017

Anzahl der Beratungskontakte %

Einzelgespräche mit dem Mann 5.255 12,7 %

Einzelgespräche mit der Frau 16.720 40,4 %

Paar- und Familiengespräche 12.356 29,9 %

Gespräche mit Dritten 128 0,3 %

Gruppengespräche 3.316 8,0 %

Telefon/Brief 2.363 5,7 %

Online-Beratung 1.250 3,0 %

Insgesamt 41.388 100,0 %

§ 17 (1.1): Aufbau

der Partnerschaft

§ 17 (1.2): Konflikte

und Krisen

§ 17 (1.3):

Trennung/

Scheidung

Junge Erwach-

sene bis 27 J.

Partner-Beratung

ohne SGB VIII-

Relevanz

Lebensberatung

BERATUNGSANSPRUCH Fälle mit Anspruch auf Beratung nach SGB VIII

28,3 %

33,0 %

11,5 % 17,3 %

6,0%

3,9%

ENTWICKLUNG DER INANSPRUCHNAHME Ratsuchende 1997 – 2017 / Frauen / Männer

0

2000

4000

6000

8000

10000

1997 2001 2005 2009 2011 2013 2016 2017

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» STATISTIKEN 2017

Betrachtet man die aktuelle Familienform der Rat-suchenden, so zeigt sich, dass 23 % unserer Fälle keine Kinder haben. Ein Viertel hat ausschließlich volljährige Kinder. Von den Personen und Paaren, die minderjährige Kinder haben (53 % der Gesamt- fälle), leben zwei Drittel mit ihrem Partner/ihrer Partnerin zusammen.

Von den minderjährigen Kindern, die nicht mit beiden leiblichen Eltern zusammen leben, lebt etwa ein Drittel in einer Stief- bzw. Patchwork-Situation, zwei Drittel werden getrennt erzogen.

Wir sind stolz darauf, dass unsere katholischen Beratungsstellen auch von etwa 10 % Menschen mit Migrationshintergrund aufgesucht werden, auch hier mit steigender Tendenz.

Allerdings beträgt der Anteil der Bevölkerung in Deutschland mit Migrationshintergrund etwa 22,5 %, so dass an dieser Stelle durchaus noch Grenzen zu überwinden sind.

Wir freuen uns darüber, dass wir mehr als 75 % un-serer Ratsuchenden innerhalb von einem Monat ein erstes Gespräch anbieten können.

An dieser Stellen stoßen wir leider immer wieder an unsere (institutionellen) Grenzen, denn häufig schließt sich nach dem Erstkontakt für die Ratsu-chenden eine Wartezeit an, und knapp bei 8 % der Anmeldungen dauert es länger als zwei Monate, bis ein erstes Gespräch stattfinden kann.

Etwa die Hälfte aller Beratungen sind nach einem bis drei Gesprächen beendet, mehr als 90 % der Beratungen sind nach bis zu 15 Sitzungen beendet.

Die Finanzierung der EFL Beratungsstellen im Bistum Münster erfolgt zum überwiegenden Teil durch das Bistum (65 %).

Unsere Klientinnen und Klienten unterstützten das Angebot im Jahr 2017 durch Spenden, die direkt in die Beratungsarbeit f ließen (2 %). Die Kommunen leisten einen Beitrag von 21 %, das Land NRW übernimmt 10 % der Kosten für die Beratungsarbeit.

Eine ausführlichere Beschreibung der Statistiken jeder einzelnen Beratungsstelle finden Sie in den beiliegenden örtlichen Einlegern oder auf unserer Homepage unter www.ehefamilieleben.de

N = 9.464

FAMILIENFORM

ohne Kinder

mit volljährigen

Kindern

zusammen

lebende Eltern*

getrennt

erziehende

Eltern*

Stief-/Patchwork-

familien*

*mit minderjährigen Kindern

23,0 %

33,0 %

13,0 %

25,0 %

6,0

%

KONTAKTE JE FALL (nur abgeschlossene Fälle)

einmal

bis 3 mal

bis 5 mal

bis 10 mal

bis 15 mal

bis 20 mal

bis 30 mal

darüber

N = 5.550

2,83 %

23,06 %

25,71 %

14,40 %

19,42 %

8,07 %

3,82 %

2,68 %

FINANZIERUNG DER EFL-BERATUNG IM BISTUM MÜNSTER

Landesmittel

Kommunen

Sonstige

Kirchen-

gemeinden

Spenden

Bistumsmittel

1,9 % 0,2 %2,4 %

9,8 %

21,0 %

64,7 %

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» NOTIZEN

UND JEDEN TAG MEHR LEBEN

Meine Grenzen beschreiben mich zwar, begren-zen mich aber zugleich auch. Um Entwicklung und Wachstum in mir möglich zu machen, ist es notwendig, immer wieder meine Gren-zen auch „zerflie-ßen“ zu lassen, sie aufzuheben, viel-leicht auch einmal zu überschreiten: etwas ausprobieren, was ich noch nie getan habe, mich auf einen Menschen einzulassen, der mir fremd ist, die verrückten Ideen in mir endlich einmal zu tun. Lebendigkeit hat etwas mit „sein“ und „wer-den“ zu tun. Setzte ich immerfort nur Grenzen, so würde ich mich mit der Zeit allmählich selbst einmauern, da würde aus Stabilität Starrheit, aus Begreifbarkeit Unangreifbarkeit, aus einem Gartenzaun würde eine Mauer, die mich selbst von der Welt trennt. Ich muss immer wieder auch überprüfen, ob meine Grenzen noch stimmen, ob es nicht an der Zeit

ist, die eine oder andere Grenze zu verändern, sie ganz aufzugeben – oder zumindest einmal ausnahmsweise darüber hinwegzuklettern. Meine Grenzziehung stimmt immer nur für eine be-stimmte Lebenssituation – und wenn sich meine Lebenssituation ändert, mag sein, dass ich dann auch andere, neue Grenzen ziehen muss. Wenn meine Grenzen gleich bleiben, obwohl sich meine

Lebenssituation än- dert, dann sterbe ich bei lebendigem Leib, dann werden Grenzen, die einmal notwendig waren, zu tödlichen Fallen. Wenn Identität „Grenzziehung“ und „sein“ bedeutet, dann heißt Wachstum

„Grenzen überwinden“ und „werden. Und es braucht beides in meinem Leben – das Ziehen von Grenzen, damit ich mich nicht im Nichts verlaufe – und es braucht das Überschreiten dieser Grenzen, damit neue Schritte möglich sind und werden. – Und damit werde ich zu einem Grenzgänger zwi-schen Hier und Dort, Gestern und Morgen, Sein und Werden – damit werde ich zu einem Grenz-gänger in Sachen Lebendigkeit.Aus: Andrea Schwarz, Und jeden Tag mehr leben. Ein Jahreslesebuch (22. Februar). Herder, Freiburg 2008. 3. Aufl. 2012.

... etwas ausprobieren, was ich noch nie getan

habe, mich auf einen Menschen einzulassen,

der mir fremd ist, die verrückten Ideen in mir

endlich einmal zu tun. Lebendigkeit hat etwas

mit „sein“ und „werden“ zu tun.

» LITERARISCHE ANREGUNG

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ANKE BIRNBAUM, BIRGIT KOLLMEYER:„Was uns als Paar stark macht“ – paarlife- Commitmentkurs

MELCHIOR FISCHER:Einführung in die Hypnotherapie Teil II: Stress, Belastung und Burnout

KERSTIN KURZIUS:Meine, deine, unsere Kinder – Wir leben Patchwork

DORIS REICH:Visualisieren leicht gemacht – mehr Wirkung mit Bildern

FLORIAN AX:Fortbildung für Sekretärinnen: Alles im Griff: Voraussetzungen für das professio-nelle Arbeits- und Büromanagement

CHRISTIAN SUBIR ROY:Stille erfahren – in der Kraft der Gegenwart leben

JAHRESTAGUNG DES BUNDESVERBAND DER KATH. EHE-, FAMILIEN- UND LEBENS- BERATERINNEN UND -BERATER e.V.:Leben in „ver-rückten“ Systemen

INTERNE FORTBILDUNGEN 2017

Unser internes Fortbildungsprogramm ist ein wesentlicher Baustein der laufenden Mitarbeiter- qualifikation. Neben der vierjährigen Weiterbildung in Ehe-, Familien- und Lebensberatung im Vorfeld der Tätigkeit erfolgt der Erhalt bzw. Ausbau der beruflichen Qualifikation darüber hinaus durch regelmäßige Supervision, Treffen in themenspezi- fischen Arbeitsgruppen, mehrjährige Weiterbil- dungen und externe Fortbildungen.

Nähere Informationen finden Sie auf unserer Home- page: www.ehefamilieleben.de unter „über uns“ und dem Eintrag „Qualifizierung“.

CHRISTIAN ROESLER:Emotionsfokussierte Paartherapie

ROLAND KACHLER:Hypnosystemische Arbeit mit komplizierten Trauerverläufen

UTE KIESLICH, URSULA DEMMEL, ARLETA BERNER, PATRIZIA ODYNIEC, PHILIPP VICTOR:Diagnostik, Persönlichkeitsstile und Beziehungs- gestaltung in der Praxis

» INTERNE FORTBILDUNGEN 2017

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DIE EHE-, FAMILIEN- UND LEBENSBERATUNGSSTELLE IN IHRER NÄHE

48683 Ahaus, Wüllener Str. 80 ............................................ 0 25 61 4 01 6159227 Ahlen, Dechaneihof 1 ............................................... 0 23 82 10 0459269 Beckum, Clemens-August-Str. 17 ............................ 0 25 21 82 17 4246399 Bocholt, Kurfürstenstraße 38 .................................. 0 28 71 18 38 0846325 Borken, Marienstr. 3 ................................................. 0 28 61 6 60 1126919 Brake, Ulmenstr. 1 .................................................... 0 44 01 22 9249661 Cloppenburg, Löninger Str. 2 ................................... 0 44 71 8 42 9548653 Coesfeld, Gartenstr. 12 ............................................. 0 25 41 23 6345711 Datteln, Hachhausener Str. 67 ................................. 0 23 63 3 87 54 0027749 Delmenhorst, Louisenstr. 28 ................................... 0 42 21 91 69 0046535 Dinslaken, Danziger Str. 3 ........................................ 0 20 64 5 86 4546282 Dorsten, Hülskampsweg 3 ....................................... 0 23 62 2 43 2948249 Dülmen, Overbergplatz 4 ........................................ 0 25 94 8 00 7347226 Duisburg-Rheinhausen, Schwarzenbergerstr. 47a .. 0 20 65 7 30 0846446 Emmerich, Neuer Steinweg 26 ................................ 0 28 22 43 4448282 Emsdetten, Kirchstr. 18 ............................................ 0 25 72 9 41 90 1947608 Geldern, Clemensstr. 4 ............................................ 0 28 31 8 74 8347574 Goch, Auf dem Wall 6 .............................................. 0 28 23 64 9648268 Greven, Münsterstr. 35 ............................................ 0 25 71 98 65 8149477 Ibbenbüren, Klosterstr. 19 ........................................ 0 54 51 50 02 2347623 Kevelaer, Schulstr. 14 ................................................ 0 28 32 79 93 2647533 Kleve, Turmstr. 36 b .................................................. 0 28 21 2 28 9149525 Lengerich, Bahnhofstraße 88a ................................. 0 54 81 9 02 08 8059348 Lüdinghausen, Bahnhofstraße 20 ........................... 0 25 91 7 87 2644532 Lünen, Pfarrer-Bremer-Str. 20 .................................. 0 23 06 30 17 12 1445768 Marl, Barkhausstraße 30 .......................................... 0 23 65 3 36 7847441 Moers, Essenberger Str. 6a ...................................... 0 28 41 2 37 3048151 Münster, Antoniuskirchplatz 21 ................................ 02 51 13 53 3059302 Oelde, Stromberger Straße 30 ................................. 0 25 22 9 37 91 6626121 Oldenburg, Peterstr. 22–26 ...................................... 04 41 98 07 6045657 Recklinghausen, Kemnastr. 7 ................................... 0 23 61 5 99 2948431 Rheine, Herrenschreiberstr. 17 ................................ 0 59 71 9 68 9048565 Steinfurt, Europaring 1 ............................................. 0 25 51 86 44 4649377 Vechta, Münsterstr. 32 .............................................. 0 44 41 70 6648231 Warendorf, Geiske 4 ................................................. 0 25 81 9 28 43 9146483 Wesel, Sandstr. 24 .................................................... 0 2 81 2 50 9026384 Wilhelmshaven, Schellingstr. 9E .............................. 0 44 21 30 31 1346509 Xanten, Rheinstr. 2–4 ........... .................................... 0 28 01 9 88 50 90