5
#74 FEBRUAR 2010 AStA-Studierendenmagazin der Universität der Künste Berlin om Leib, nehme den Schlüssel, Treppenhaus. Es ist kalt, die feinen fzustellen. Auf der Straße frage ich man hin, wenn man keine Kleider mme ich gerade. Wenn ich nicht wie- möchte, muss ich etwas anderes tun. er Zeit. Der Blick nach hinten zeigt ds, rechts Asia Food. Menschen. Augen durch die Wände. Irgendwo ese Erinnerungen durch den Kopf ein, meine Schritte folgen. Ich höre sie wandeln sich gleichzeitig zum nt kein Problem zu sein, unbekleidet e noch einen Schritt, stürze mich rung herunter und bewundere die m sprießenden goldenen Härchen. m bisher Gewesenen. Mir wird warm, Allerdings kommt keiner auf die Idee lte Bild Kunst ist. Gibt es nicht noch ut wäre rauszukommen? Alles wurde de auch ich etwas machen. lege und den Mund öffne, steigt mein s neben mir. Ich frage mich, ob unsere onsstudiengänge nicht ebenfalls ein Hand und stecke sie in den Mund und as Undefinierbarem, ziehe es entlang Knochen der Halswirbelsäule und h in meinen Kopf. So lange, bis aus usquellen, die sich wie von allein um nen, Verlust einer alten Ordnung, e. Die existierenden Systeme und rlangen neu-gedacht zu werden. age nach dem Raus stellt, orien "Orte", "Mensch", "Kapital" . HAUPTSACHE RAUS EIGENART

Eigenart #74 hauptsache raus

Embed Size (px)

DESCRIPTION

AStA-Studierendenmagazin der Universität der Künste Berlin Sandra Moskova (2010): "Wir wünschen Ihnen alles Gute", S. 22-23

Citation preview

#74

FE

BR

UA

R 2

010

ASt

A-S

tudi

eren

denm

agaz

in d

er

Uni

vers

ität d

er K

ünste

Ber

lin

Ich ziehe mir die letzten Klamotten vom Leib, nehme den Schlüssel, öffne die Wohnungstür und stehe im Treppenhaus. Es ist kalt, die feinen Härchen am Körper beginnen sich aufzustellen. Auf der Straße frage ich mich, was das Ziel sein wird. Wo geht man hin, wenn man keine Kleider trägt? Eigentlich rein, aber von da komme ich gerade. Wenn ich nicht wie-der in die Ausgangssituation geraten möchte, muss ich etwas anderes tun. Hier war man schon einmal. Vor langer Zeit. Der Blick nach hinten zeigt eine Tür ohne Griff. Links McDonalds, rechts Asia Food. Menschen. Ein Wachmann drückt seine müden Augen durch die Wände. Irgendwo da hinten liegt Mallorca. Während diese Erinnerungen durch den Kopf strömen, ...Moment. Bewegung setzt ein, meine Schritte folgen. Ich höre auf zu denken [...]Öffentliche Orte werden privat, denn sie wandeln sich gleichzeitig zum Atelier und Ausstellungsort. Es scheint kein Problem zu sein, unbekleidet durch die Straßen zu gehen. Ich mache noch einen Schritt, stürze mich eine 50 Meter hohe Klippe im Kopfsprung herunter und bewundere die aus meiner seidigen Haut am Oberarm sprießenden goldenen Härchen. […] und beginne nachzudenken.Ich entferne mich noch weiter von dem bisher Gewesenen. Mir wird warm, etwas scheint sich verändert zu haben. Allerdings kommt keiner auf die Idee zu fragen, warum eigentlich das gemalte Bild Kunst ist. Gibt es nicht noch andere Gegebenheiten, aus denen es gut wäre rauszukommen? Alles wurde irgendwann einmal gemacht; also werde auch ich etwas machen. Während ich den Kopf in den Nacken lege und den Mund öffne, steigt mein Blick auf bis zum Dachfirst des Hauses neben mir. Ich frage mich, ob unsere "neuen" multimedialen Kommunikationsstudiengänge nicht ebenfalls ein Verfallsdatum haben, nehme meine Hand und stecke sie in den Mund und greife tief in der Bauchhöhle nach etwas Undefinierbarem, ziehe es entlang der Speiseröhre, vorbei an den kleinen Knochen der Halswirbelsäule und schiebe es durch das Hinterhauptsloch in meinen Kopf. So lange, bis aus meiner Nase lange dünne Fäden herausquellen, die sich wie von allein um meinen Körper spinnen.

Das Raus. Bewegung aus dem Gegebenen, Verlust einer alten Ordnung, Entstehung neuer, anderer Verhätnisse. Die existierenden Systeme und Konstrukte fordern zu handeln auf, verlangen neu-gedacht zu werden. Was entstehen kann, wenn man die Frage nach dem Raus stellt, möchten wir zeigen anhand der Kategorien "Orte", "Mensch", "Kapital" und "Re-Vision".

.

HAUPTSACHERAUS

EIGENART

KAPITAL

RE-VISION

GESTALT

WELT

UNI

UNI

KOMMILITON

KOMMILITON

GESTALT

WELT

Sisyphos 28-29

Das Einhalten der Zuweisung 30-31

Termine 34Ein Gespräch mit Robert Kudielka 35-37

Änderung der Studien- und Prüfungsordnung 38-39

Bücherrezensionen 32-33

Tradition und Gegenwart 40-41

Calles de los Pueblos 20-21

„Wir wünschen Ihnen alles Gute“ 22-23

UdK-Verlag 24-25

Raus aus dem Dispo 26-27

1

ORTE

INHALT

WIR

NS

CH

EN

IH

NE

N

AL

LE

S G

UT

EW

enn

Wer

te, E

rwar

tung

en u

nd P

läne v

on ei

ner K

rise

ersc

hütte

rt we

rden

/ Sa

ndra

Mos

kova

Er ist etwa 50 Jahre alt, hat eine abgeschlossene Hochschulausbildung und 20 Jahre Berufserfahrung; eine kleine Familie hat er auch. Auf einmal steht er da, ohne gar nichts, gezwungen, sich wie ein 23-Jähriger für Jobs zu bewerben. Mit Lebenslauf und einem Motivationsschreiben. Die Tochter hilft, sie kennt sich aus. Foto gemacht, Kontrast und Sättigung korrigiert, ein paar Falten wegretuschiert, die Augen aufgehellt. Auf 4x4cm sieht man diese Veränderungen kaum, doch beim Reinzoomen sieht man ein Gesicht, das sich zwanghaft ein Lächeln aufzusetzen versucht, die Augen sind freudlos. Eigentlich sollte dies der Blick eines 50-Jährigen Menschen sein, der sich einmal im Jahr einen Urlaub gönnt, der eine normale medizinische Versorgung bekommt, der sich endlich mal entspannen kann. Das ist kein Einzelfall, sondern das Bild einer ganzen Generation aus den ehemaligen Ostblock-Ländern, deren Werte, Erwartungen, Pläne und Vorstellungen wie von heute auf morgen gekippt sind, und das kurz nach ihrem Studienabschluss.

Chaotischer NeuanfangDer Untergang des Sozialismus riss Vieles mit sich. Zahlreiche Konzer-ne und Produktionsstätten mussten bald nach der Wende geschlossen werden, große Teile der Bevölkerung wurden arbeitslos. Die wenigen Anderen, die den Sprung geschafft haben, landeten im Ungewissen der neuen demokratischen Welt. Das Chaos auf dem Arbeitsmarkt, abstruse Gesetze, die Inflation, die entfesselte Kriminalität hießen alle Mutigen in den frühen 90er Jahren willkommen. Sie probierten alles und keine Bran-che blieb unerforscht: Bauunternehmen, Möbelproduktionen, Bäckereien betreiben, Restaurants eröffnen und schließen. Jeder führte sein eigenes Geschäft. Die mangelnden Fachkompetenzen waren auch kein Problem, weil es nicht nötig war, ein Experte in einem Gebiet zu sein, um gutes Geld zu verdienen. Währendessen bezahlt niemand Sozialversicherung. Steuern: Was ist das? Krankenversicherung gibt es zwar, medizinische Versorgung funktioniert aber nur gegen Schmiergeld. Auf den Beistand vom Staat, kann man sich nicht verlassen: jeder ist für sich, und alle sind gegeneinander. Währenddessen vergehen ungefähr 20 Jahre und endlich hat man das Geschäft gefunden, bei dem man schon seit fünf bis sechs Jahren bleibt, ein eigenes Bauunternehmen. Doch die Krise kommt, Bauinvestitionen werden eingefroren. Plötzlich muss man sich wieder ganz normal für einen Job auf dem Arbeitsmarkt bewerben, obwohl man dies 20 Jahre lang nicht nötig gehabt hatte, weil sich der Privatsektor gut entwickelte .

22

EIGENART

HAUPTSACHERAUS

KÜNSTLERMATERIALIEN,BILDERRAHMEN UND KUNSTBÜCHER

www.boesner.com

boesner GmbHFiliale Berlin-MarienfeldeNunsdorfer Ring 3112277 BerlinÖffnungszeiten:Mo.-Fr. 9.30-18.00 UhrMi. 9.30-20.00 UhrSa. 10.30-16.00 Uhr

boesner GmbHFiliale Berlin-Prenzlauer BergMarienburger Str. 1610405 BerlinÖffnungszeiten:Mo.-Fr. 9.30-18.30 UhrMi. 9.30-20.00 UhrSa. 9.30-18.00 Uhr

Berliner Info-Telefon: 030-7565670Fax: 030-75656755E-Mail: [email protected]

• Marktführer im Bereich Profi-Künstlermaterial• mehr als 26.000 Artikel

boesner GmbH Filiale Berlin-Charlottenburg Franklinstr. 12 / Hof ll 10587 BerlinÖffnungszeiten:Mo.–Fr.: 9:30–18:30 UhrMi.: 9:30–20:00 UhrSa.: 9:30–18:00 Uhr

Unser aktueller Katalog liegtkostenlos zur Abholungfur Sie bereit.

• 1.560 Seiten starker Katalog• riesige Bilderrahmen- und Kunstbuchabteilung

Ohne Job trotz KompetenzSeit letztem Jahr gibt es in Bulgarien viele neu entstandene Arbeits-vermittlungsagenturen. Sie mieten einen Büroraum und schreiben im Internet täglich hunderte von neuen Jobs aus. Für den Aufbau solcher Arbeitsvermittlungen nutzen die Firmen dafür vorgesehene Staatsgelder. Unter den Jobinseraten stehen die Telefonnummern: Man ruft an, wartet für 15 Minuten in der Warteschleife, um dann gesagt zu bekommen, dass der Job bereits vergeben ist. Bewirbt man sich bei seriöseren Arbeitgebern für einen Job, in dem man bereits Erfahrung hat, klappt auch das nicht. Aus 250 Bewerbern kommt man in die Endauswahl mit drei anderen. Man selbst hat das Know How, die Anderen aber haben Fremdsprachen-kenntnisse. Sie sind 30 und du bist 50. „Vielen Dank für Ihr Interesse, wir wünschen Ihnen alles Gute.“ Nach mehr als einem Jahr und mehreren Dutzend Absagen, unter anderem auch für unterqualifizierte und un-glaublich schlecht bezahlte Jobs, hinterlässt diese Erfahrung Frustration.

Ende der 80er Jahre hatte man seine eigenen Berufsperspektiven mit viel Optimismus gesehen. Mit einem Ingenieurstudium beispielsweise konnte man zu Zeiten des Sozialismus eigentlich nichts falsch machen. Auch heute scheint man mit der Wahl unserer Studiengänge – irgendetwas mit Medien, irgendetwas mit Kommunikation – nichts falsch machen zu können. Wie sicher fühlt man sich aber hinsichtlich der Wirtschafts-krise 2009 mit einem Studiengang, dessen Berufsspezifikation man nicht einmal genau beschreiben kann? Und ich frage mich, ob unsere „neuen“ multimedialen Kommunikationsstudiengänge nicht ebenfalls ein Verfallsdatum haben.

WELT

KAPITAL

HerausgeberAllgemeiner Studierenden-Ausschuss (AStA)Universität der Künste Berlinhttp://www.asta-udk-berlin.deHardenbergstr. 3310623 BerlinTelefon 030.31852464

Redaktionsleitung/AnzeigenClaudia Dorfmü[email protected]

LayoutAmir [email protected]

Autoren Text / BildKenneth Bamberg, Wendelin Bitzan, Claudia Dorfmüller, Frank Förster, Paul Hutchinson, Yala Juchmann, Benno Kaindl, Anja Kaiser, Dustin Kilgore, Christoph Knoth, Karoline Kreissl, Kapsar Maria, Markues, Sandra Moskova, Sebastian Nicolle, Sabine Schwarz, Dirk Sorge, Benjamin Wilck

IllustrationenDaniel Dalfovo

LektoratBenjamin Wilck

DruckDruckerei Conrad GmbH, Berlin

Die eigenart ist das AStA-Studierendenmagazin der Universität der Künste Berlin und erscheint einmal im Semester. Veröffentlichungen stellen die persön-liche Meinung des Verfassers dar. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion.

ISSN 1869-8956

Ich ziehe mir die letzten Klamotten vom Leib, nehme den Schlüssel, öffne die Wohnungstür und stehe im Treppenhaus. Es ist kalt, die feinen Härchen am Körper beginnen sich aufzustellen. Auf der Straße frage ich mich, was das Ziel sein wird. Wo geht man hin, wenn man keine Kleider trägt? Eigentlich rein, aber von da komme ich gerade. Wenn ich nicht wie-der in die Ausgangssituation geraten möchte, muss ich etwas anderes tun. Hier war man schon einmal. Vor langer Zeit. Der Blick nach hinten zeigt eine Tür ohne Griff. Links McDonalds, rechts Asia Food. Menschen. Ein Wachmann drückt seine müden Augen durch die Wände. Irgendwo da hinten liegt Mallorca. Während diese Erinnerungen durch den Kopf strömen, ...Moment. Bewegung setzt ein, meine Schritte folgen. Ich höre auf zu denken [...]Öffentliche Orte werden privat, denn sie wandeln sich gleichzeitig zum Atelier und Ausstellungsort. Es scheint kein Problem zu sein, unbekleidet durch die Straßen zu gehen. Ich mache noch einen Schritt, stürze mich eine 50 Meter hohe Klippe im Kopfsprung herunter und bewundere die aus meiner seidigen Haut am Oberarm sprießenden goldenen Härchen. […] und beginne nachzudenken.Ich entferne mich noch weiter von dem bisher Gewesenen. Mir wird warm, etwas scheint sich verändert zu haben. Allerdings kommt keiner auf die Idee zu fragen, warum eigentlich das gemalte Bild Kunst ist. Gibt es nicht noch andere Gegebenheiten, aus denen es gut wäre rauszukommen? Alles wurde irgendwann einmal gemacht; also werde auch ich etwas machen. Während ich den Kopf in den Nacken lege und den Mund öffne, steigt mein Blick auf bis zum Dachfirst des Hauses neben mir. Ich frage mich, ob unsere "neuen" multimedialen Kommunikationsstudiengänge nicht ebenfalls ein Verfallsdatum haben, nehme meine Hand und stecke sie in den Mund und greife tief in der Bauchhöhle nach etwas Undefinierbarem, ziehe es entlang der Speiseröhre, vorbei an den kleinen Knochen der Halswirbelsäule und schiebe es durch das Hinterhauptsloch in meinen Kopf. So lange, bis aus meiner Nase lange dünne Fäden herausquellen, die sich wie von allein um meinen Körper spinnen.

Das Raus. Bewegung aus dem Gegebenen, Verlust einer alten Ordnung, Entstehung neuer, anderer Verhätnisse. Die existierenden Systeme und Konstrukte fordern zu handeln auf, verlangen neu-gedacht zu werden. Was entstehen kann, wenn man die Frage nach dem Raus stellt, möchten wir zeigen anhand der Kategorien "Orte", "Mensch", "Kapital" und "Re-Vision".

.

IMPRESSUM

EIGENART