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AStA-Studierendenmagazin der Universität der Künste Berlin Sandra Moskova (2010): "Wir wünschen Ihnen alles Gute", S. 22-23
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Ich ziehe mir die letzten Klamotten vom Leib, nehme den Schlssel, ffne die Wohnungstr und stehe im Treppenhaus. Es ist kalt, die feinen Hrchen am Krper beginnen sich aufzustellen. Auf der Strae frage ich mich, was das Ziel sein wird. Wo geht man hin, wenn man keine Kleider trgt? Eigentlich rein, aber von da komme ich gerade. Wenn ich nicht wie-der in die Ausgangssituation geraten mchte, muss ich etwas anderes tun. Hier war man schon einmal. Vor langer Zeit. Der Blick nach hinten zeigt eine Tr ohne Griff. Links McDonalds, rechts Asia Food. Menschen. Ein Wachmann drckt seine mden Augen durch die Wnde. Irgendwo da hinten liegt Mallorca. Whrend diese Erinnerungen durch den Kopf strmen, ...Moment. Bewegung setzt ein, meine Schritte folgen. Ich hre auf zu denken [...]ffentliche Orte werden privat, denn sie wandeln sich gleichzeitig zum Atelier und Ausstellungsort. Es scheint kein Problem zu sein, unbekleidet durch die Straen zu gehen. Ich mache noch einen Schritt, strze mich eine 50 Meter hohe Klippe im Kopfsprung herunter und bewundere die aus meiner seidigen Haut am Oberarm sprieenden goldenen Hrchen. [] und beginne nachzudenken.Ich entferne mich noch weiter von dem bisher Gewesenen. Mir wird warm, etwas scheint sich verndert zu haben. Allerdings kommt keiner auf die Idee zu fragen, warum eigentlich das gemalte Bild Kunst ist. Gibt es nicht noch andere Gegebenheiten, aus denen es gut wre rauszukommen? Alles wurde irgendwann einmal gemacht; also werde auch ich etwas machen. Whrend ich den Kopf in den Nacken lege und den Mund ffne, steigt mein Blick auf bis zum Dachfirst des Hauses neben mir. Ich frage mich, ob unsere "neuen" multimedialen Kommunikationsstudiengnge nicht ebenfalls ein Verfallsdatum haben, nehme meine Hand und stecke sie in den Mund und greife tief in der Bauchhhle nach etwas Undefinierbarem, ziehe es entlang der Speiserhre, vorbei an den kleinen Knochen der Halswirbelsule und schiebe es durch das Hinterhauptsloch in meinen Kopf. So lange, bis aus meiner Nase lange dnne Fden herausquellen, die sich wie von allein um meinen Krper spinnen.
Das Raus. Bewegung aus dem Gegebenen, Verlust einer alten Ordnung, Entstehung neuer, anderer Verhtnisse. Die existierenden Systeme und Konstrukte fordern zu handeln auf, verlangen neu-gedacht zu werden. Was entstehen kann, wenn man die Frage nach dem Raus stellt, mchten wir zeigen anhand der Kategorien "Orte", "Mensch", "Kapital" und "Re-Vision".
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HAUPTSACHERAUS
EIGENART
KAPITAL
RE-VISION
GESTALT
WELT
UNI
UNI
KOMMILITON
KOMMILITON
GESTALT
WELT
Sisyphos 28-29
Das Einhalten der Zuweisung 30-31
Termine 34Ein Gesprch mit Robert Kudielka 35-37
nderung der Studien- und Prfungsordnung 38-39
Bcherrezensionen 32-33
Tradition und Gegenwart 40-41
Calles de los Pueblos 20-21
Wir wnschen Ihnen alles Gute 22-23
UdK-Verlag 24-25
Raus aus dem Dispo 26-27
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ORTE
INHALT
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Er ist etwa 50 Jahre alt, hat eine abgeschlossene Hochschulausbildung und 20 Jahre Berufserfahrung; eine kleine Familie hat er auch. Auf einmal steht er da, ohne gar nichts, gezwungen, sich wie ein 23-Jhriger fr Jobs zu bewerben. Mit Lebenslauf und einem Motivationsschreiben. Die Tochter hilft, sie kennt sich aus. Foto gemacht, Kontrast und Sttigung korrigiert, ein paar Falten wegretuschiert, die Augen aufgehellt. Auf 4x4cm sieht man diese Vernderungen kaum, doch beim Reinzoomen sieht man ein Gesicht, das sich zwanghaft ein Lcheln aufzusetzen versucht, die Augen sind freudlos. Eigentlich sollte dies der Blick eines 50-Jhrigen Menschen sein, der sich einmal im Jahr einen Urlaub gnnt, der eine normale medizinische Versorgung bekommt, der sich endlich mal entspannen kann. Das ist kein Einzelfall, sondern das Bild einer ganzen Generation aus den ehemaligen Ostblock-Lndern, deren Werte, Erwartungen, Plne und Vorstellungen wie von heute auf morgen gekippt sind, und das kurz nach ihrem Studienabschluss.
Chaotischer NeuanfangDer Untergang des Sozialismus riss Vieles mit sich. Zahlreiche Konzer-ne und Produktionssttten mussten bald nach der Wende geschlossen werden, groe Teile der Bevlkerung wurden arbeitslos. Die wenigen Anderen, die den Sprung geschafft haben, landeten im Ungewissen der neuen demokratischen Welt. Das Chaos auf dem Arbeitsmarkt, abstruse Gesetze, die Inflation, die entfesselte Kriminalitt hieen alle Mutigen in den frhen 90er Jahren willkommen. Sie probierten alles und keine Bran-che blieb unerforscht: Bauunternehmen, Mbelproduktionen, Bckereien betreiben, Restaurants erffnen und schlieen. Jeder fhrte sein eigenes Geschft. Die mangelnden Fachkompetenzen waren auch kein Problem, weil es nicht ntig war, ein Experte in einem Gebiet zu sein, um gutes Geld zu verdienen. Whrendessen bezahlt niemand Sozialversicherung. Steuern: Was ist das? Krankenversicherung gibt es zwar, medizinische Versorgung funktioniert aber nur gegen Schmiergeld. Auf den Beistand vom Staat, kann man sich nicht verlassen: jeder ist fr sich, und alle sind gegeneinander. Whrenddessen vergehen ungefhr 20 Jahre und endlich hat man das Geschft gefunden, bei dem man schon seit fnf bis sechs Jahren bleibt, ein eigenes Bauunternehmen. Doch die Krise kommt, Bauinvestitionen werden eingefroren. Pltzlich muss man sich wieder ganz normal fr einen Job auf dem Arbeitsmarkt bewerben, obwohl man dies 20 Jahre lang nicht ntig gehabt hatte, weil sich der Privatsektor gut entwickelte .
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EIGENART
HAUPTSACHERAUS
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boesner GmbHFiliale Berlin-MarienfeldeNunsdorfer Ring 3112277 Berlinffnungszeiten:Mo.-Fr. 9.30-18.00 UhrMi. 9.30-20.00 UhrSa. 10.30-16.00 Uhr
boesner GmbHFiliale Berlin-Prenzlauer BergMarienburger Str. 1610405 Berlinffnungszeiten:Mo.-Fr. 9.30-18.30 UhrMi. 9.30-20.00 UhrSa. 9.30-18.00 Uhr
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Ohne Job trotz KompetenzSeit letztem Jahr gibt es in Bulgarien viele neu entstandene Arbeits-vermittlungsagenturen. Sie mieten einen Broraum und schreiben im Internet tglich hunderte von neuen Jobs aus. Fr den Aufbau solcher Arbeitsvermittlungen nutzen die Firmen dafr vorgesehene Staatsgelder. Unter den Jobinseraten stehen die Telefonnummern: Man ruft an, wartet fr 15 Minuten in der Warteschleife, um dann gesagt zu bekommen, dass der Job bereits vergeben ist. Bewirbt man sich bei seriseren Arbeitgebern fr einen Job, in dem man bereits Erfahrung hat, klappt auch das nicht. Aus 250 Bewerbern kommt man in die Endauswahl mit drei anderen. Man selbst hat das Know How, die Anderen aber haben Fremdsprachen-kenntnisse. Sie sind 30 und du bist 50. Vielen Dank fr Ihr Interesse, wir wnschen Ihnen alles Gute. Nach mehr als einem Jahr und mehreren Dutzend Absagen, unter anderem auch fr unterqualifizierte und un-glaublich schlecht bezahlte Jobs, hinterlsst diese Erfahrung Frustration.
Ende der 80er Jahre hatte man seine eigenen Berufsperspektiven mit viel Optimismus gesehen. Mit einem Ingenieurstudium beispielsweise konnte man zu Zeiten des Sozialismus eigentlich nichts falsch machen. Auch heute scheint man mit der Wahl unserer Studiengnge irgendetwas mit Medien, irgendetwas mit Kommunikation nichts falsch machen zu knnen. Wie sicher fhlt man sich aber hinsichtlich der Wirtschafts-krise 2009 mit einem Studiengang, dessen Berufsspezifikation man nicht einmal genau beschreiben kann? Und ich frage mich, ob unsere neuen multimedialen Kommunikationsstudiengnge nicht ebenfalls ein Verfallsdatum haben.
WELT
KAPITAL
HerausgeberAllgemeiner Studierenden-Ausschuss (AStA)Universitt der Knste Berlinhttp://www.asta-udk-berlin.deHardenbergstr. 3310623 BerlinTelefon 030.31852464
Redaktionsleitung/AnzeigenClaudia [email protected]
LayoutAmir [email protected]
Autoren Text / BildKenneth Bamberg, Wendelin Bitzan, Claudia Dorfmller, Frank Frster, Paul Hutchinson, Yala Juchmann, Benno Kaindl, Anja Kaiser, Dustin Kilgore, Christoph Knoth, Karoline Kreissl, Kapsar Maria, Markues, Sandra Moskova, Sebastian Nicolle, Sabine Schwarz, Dirk Sorge, Benjamin Wilck
IllustrationenDaniel Dalfovo
LektoratBenjamin Wilck
DruckDruckerei Conrad GmbH, Berlin
Die eigenart ist das AStA-Studierendenmagazin der Universitt der Knste Berlin und erscheint einmal im Semester. Verffentlichungen stellen die persn-liche Meinung des Verfassers dar. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion.
ISSN 1869-8956
Ich ziehe mir die letzten Klamotten vom Leib, nehme den Schlssel, ffne die Wohnungstr und stehe im Treppenhaus. Es ist kalt, die feinen Hrchen am Krper beginnen sich aufzustellen. Auf der Strae frage ich mich, was das Ziel sein wird. Wo geht man hin, wenn man keine Kleider trgt? Eigentlich rein, aber von da komme ich gerade. Wenn ich nicht wie-der in die Ausgangssituation geraten mchte, muss ich etwas anderes tun. Hier war man schon einmal. Vor langer Zeit. Der Blick nach hinten zeigt eine Tr ohne Griff. Links McDonalds, rechts Asia Food. Menschen. Ein Wachmann drckt seine mden Augen durch die Wnde. Irgendwo da hinten liegt Mallorca. Whrend diese Erinnerungen durch den Kopf strmen, ...Moment. Bewegung setzt ein, meine Schritte folgen. Ich hre auf zu denken [...]ffentliche Orte werden privat, denn sie wandeln sich gleichzeitig zum Atelier und Ausstellungsort. Es scheint kein Problem zu sein, unbekleidet durch die Straen zu gehen. Ich mache noch einen Schritt, strze mich eine 50 Meter hohe Klippe im Kopfsprung herunter und bewundere die aus meiner seidigen Haut am Oberarm sprieenden goldenen Hrchen. [] und beginne nachzudenken.Ich entferne mich noch weiter von dem bisher Gewesenen. Mir wird warm, etwas scheint sich verndert zu haben. Allerdings kommt keiner auf die Idee zu fragen, warum eigentlich das gemalte Bild Kunst ist. Gibt es nicht noch andere Gegebenheiten, aus denen es gut wre rauszukommen? Alles wurde irgendwann einmal gemacht; also werde auch ich etwas machen. Whrend ich den Kopf in den Nacken lege und den Mund ffne, steigt mein Blick auf bis zum Dachfirst des Hauses neben mir. Ich frage mich, ob unsere "neuen" multimedialen Kommunikationsstudiengnge nicht ebenfalls ein Verfallsdatum haben, nehme meine Hand und stecke sie in den Mund und greife tief in der Bauchhhle nach etwas Undefinierbarem, ziehe es entlang der Speiserhre, vorbei an den kleinen Knochen der Halswirbelsule und schiebe es durch das Hinterhauptsloch in meinen Kopf. So lange, bis aus meiner Nase lange dnne Fden herausquellen, die sich wie von allein um meinen Krper spinnen.
Das Raus. Bewegung aus dem Gegebenen, Verlust einer alten Ordnung, Entstehung neuer, anderer Verhtnisse. Die existierenden Systeme und Konstrukte fordern zu handeln auf, verlangen neu-gedacht zu werden. Was entstehen kann, wenn man die Frage nach dem Raus stellt, mchten wir zeigen anhand der Kategorien "Orte", "Mensch", "Kapital" und "Re-Vision".
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