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Ein 3D-biogeochemisches Modell für die Tideelbe Erste Untersuchungen 1 Aufgabenstellung und Ziel Im Gewässer beeinflussen sich abiotische und biotische Prozesse gegenseitig und sind besonders über Schwebstoffe und Sedimente mineralischer und organischer Art miteinander verbunden. Auf dem Weg hin zu einer ganzheit- lichen Betrachtung eines Gewässers ist es daher Ziel, hydrodynamische Größen, Transporte konservativer Stoffe sowie die Transporte und Umwand- lungen nicht-konservativer Stoffe konsistent untersuchen zu können. Diese Betrachtungsweise wird in der Tideelbe im Rahmen der Unterhaltungs- maßnahmen und Fahrrinnenanpassung vorrangig benötigt. Dazu legt dieses Forschungsprojekt die Grundlagen, indem die bestehende Kopplung zwischen dem hydrodynamischen Verfahren UNTRIM2 und dem Gewässergütemodell D-Water Quality (Deltares, 2015) um schwebstoff- und sohlsedimentge- bundene Prozesse erweitert wird. Gleichzeitig wird ein dreidimensionales biogeochemisches Modell der Tideelbe erstellt, das diese Prozesserweiterun- gen berücksichtigt. 2 Bedeutung für die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) Die Ausbau- und Unterhaltungsmaßnahmen an den Seeschifffahrtsstraßen werden zunehmend hinsichtlich ihrer ökologischen und naturschutzfach- lichen Auswirkungen hinterfragt. Hier bietet die Kombination der Modelle UNTRIM2 und D-Water Quality langfristig die Möglichkeit, die Maßnahmen an den Seeschifffahrtsstraßen zu ihren Auswirkungen auf die Hydrodynamik, den Stofftransport und die gewässerökologischen Grundlagengrößen, wie z. B. das Wasseralter, den gelösten Sauerstoff, Nährstoffe und Phytoplankton, unter Einbeziehung ihrer Wechselwirkungen einheitlich untersuchen zu können. Die in diesem Projekt erarbeiteten Werkzeuge bilden einen wesentlichen Teil der notwendigen Entwicklungen. Für sich genommen werden sie die Mögl- ichkeit schaffen, Einflüsse von Unterhaltungs- und Ausbaumaßnahmen in der Tideelbe unidirektional auf die genannten biogeochemischen Zustandsgrößen in der Wassersäule zu berechnen. Projekt-Nr.: B3955.03.04.70228 Projektleiterin: Dipl.-Ing. Ingrid Holzwarth [email protected] Laufzeit: 01/2015 bis 12/2018

Ein 3D-biogeochemisches Modell für die Tideelbe · und NCPLOT sowie Matlab. 4 Ergebnisse ... nical reference manual. Version 5.01. Delft. Holzwarth, I. und Wirtz, K. (subm.): Anthropogenic

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Ein 3D-biogeochemisches Modell für die Tideelbe Erste Untersuchungen

1 Aufgabenstellung und Ziel Im Gewässer beeinflussen sich abiotische und biotische Prozesse gegenseitig und sind besonders über Schwebstoffe und Sedimente mineralischer und organischer Art miteinander verbunden. Auf dem Weg hin zu einer ganzheit-lichen Betrachtung eines Gewässers ist es daher Ziel, hydrodynamische Größen, Transporte konservativer Stoffe sowie die Transporte und Umwand-lungen nicht-konservativer Stoffe konsistent untersuchen zu können. Diese Betrachtungsweise wird in der Tideelbe im Rahmen der Unterhaltungs-maßnahmen und Fahrrinnenanpassung vorrangig benötigt. Dazu legt dieses Forschungsprojekt die Grundlagen, indem die bestehende Kopplung zwischen dem hydrodynamischen Verfahren UNTRIM2 und dem Gewässergütemodell D-Water Quality (Deltares, 2015) um schwebstoff- und sohlsedimentge-bundene Prozesse erweitert wird. Gleichzeitig wird ein dreidimensionales biogeochemisches Modell der Tideelbe erstellt, das diese Prozesserweiterun-gen berücksichtigt.

2 Bedeutung für die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) Die Ausbau- und Unterhaltungsmaßnahmen an den Seeschifffahrtsstraßen werden zunehmend hinsichtlich ihrer ökologischen und naturschutzfach-lichen Auswirkungen hinterfragt. Hier bietet die Kombination der Modelle UNTRIM2 und D-Water Quality langfristig die Möglichkeit, die Maßnahmen an den Seeschifffahrtsstraßen zu ihren Auswirkungen auf die Hydrodynamik, den Stofftransport und die gewässerökologischen Grundlagengrößen, wie z. B. das Wasseralter, den gelösten Sauerstoff, Nährstoffe und Phytoplankton, unter Einbeziehung ihrer Wechselwirkungen einheitlich untersuchen zu können.

Die in diesem Projekt erarbeiteten Werkzeuge bilden einen wesentlichen Teil der notwendigen Entwicklungen. Für sich genommen werden sie die Mögl-ichkeit schaffen, Einflüsse von Unterhaltungs- und Ausbaumaßnahmen in der Tideelbe unidirektional auf die genannten biogeochemischen Zustandsgrößen in der Wassersäule zu berechnen.

Projekt-Nr.:

B3955.03.04.70228

Projektleiterin:

Dipl.-Ing. Ingrid Holzwarth [email protected]

Laufzeit:

01/2015 bis 12/2018

CC B

Y 4.

0 3 Untersuchungsmethoden Die Hydrodynamik wird mit dem numerischen Verfahren UNTRIM2 berechnet. Für die anschließende bio-geochemische Simulation werden über ein Kopplungsmodul die Eingabedateien für die Modellumgebung D-Water Quality erzeugt. Die Ausgabe der Ergebnisdateien erfolgt im Format ugrid CF NetCDF, die Auswertung der Ergebnisse erfolgt über die im BAWiki dokumentierten Tools NCANALYSE, NCDELTA, NCAGGREGATE und NCPLOT sowie Matlab.

4 Ergebnisse Eine erste, ausführliche Untersuchung zum sogenannten Wasseralter (Definition entsprechend Delhez et al., 1999) des binnenseitigen Zuflusses ab dem Wehr Geesthacht ist erfolgt. Bei der Konzeption in der hier durchgeführten Untersuchung zeigt das Wasseralter AGE an, wie viel Zeit ein Wasserpaket im Mittel benö-tigt, um vom Wehr einen bestimmten Ort entlang der Tideelbe zu erreichen. Dabei ist AGE eine diagnostische Größe, die Hinweise liefert, wie vollständig Stoffumwandlungsprozesse im Gewässer oder Abschnitten des Gewässers ablaufen können.

Die hydrodynamische Grundlage wird mit UNTRIM2 auf einem dreidimensionalen Modell der Tideelbe erstellt, das auf den Arbeiten von Sehili et al. (2014) basiert. Die so erzeugte Hydrodynamik verwendet D-Water Quality für die anschließende Simulation der Größe AGE. Die Ergebnisse zeigen, dass AGE erwar-tungsgemäß stromabwärts steigt und stark oberwasserabhängig ist. Grundsätzlich verzeichnet die Größe AGE im Bereich des Hamburger Elbabschnittes den stärksten Anstieg. Auf Bild 1 sind die mittleren AGE-Wer-te bei seit längerem anhaltenden, niedrigem Oberwasser (~ 350 m3/s) dargestellt. Demnach benötigt das Wasser ab dem Wehr in Geesthacht etwa 1 bis 2 Tage, um nach ca. 20 km Hamburg zu erreichen. Nach weiteren etwa 10 Tagen hat das Wasser den gut 30 km langen Hamburger Elbabschnitt passiert und benötigt für die nächsten 30 km stromabwärts ca. 8 Tage.

Sensitivitätsstudien mit verschiedenen konstanten Oberwasserzuflüssen und veränderten Bathymetrien ergeben, dass der Einfluss des Oberwassers das AGE kontrolliert und bathymetrische Änderungen, zumin-dest großräumig, einen geringeren Einfluss haben.

Aus technischer Sicht zeigt sich mit der Untersuchung die Einsatzbereitschaft des D-Water Quality Modells der Tideelbe. Inhaltlich unterstreichen die Ergebnisse die Empfindlichkeit des Hamburger Elbabschnitts gegenüber vollständigen Stoffumsetzungen. Eine genauere Untersuchung der Relevanz und Konsequenz dieser Empfindlichkeit ist nur unter Berücksichtigung der wichtigsten biogeochemischen Prozesse möglich. Daher wird die an einem schematischen 1D-Modell erarbeitete biogeochemische Konfiguration (Holzwarth und Wirtz (subm.)) nun auf das 3D-Modell übertragen. In den nächsten Schritten wird dann diese Konfi-guration um schwebstoff- und sohlsedimentgebundene Prozesse, wie z. B. Stoffaustausch zwischen Wasser-säule und Sediment, erweitert.

Literatur:

Delhez, E. J. M.; Campin, J.-M. und Hirst, A. C.; Deleersnijder, E. (1999): Towards a general theory of the age in ocean modelling. In: Ocean Modelling (1).

Deltares (2015): D-Water Quality process library description – tech-nical reference manual. Version 5.01. Delft.

Holzwarth, I. und Wirtz, K. (subm.): Anthropogenic impacts on estuarine oxygen dynamics – a model based evaluation.

Sehili, A.; Lang, G. und Lippert, C. (2014): High-resolution subgrid models: background, grid generation, and implementation. In: Ocean Dynamics (64).

Bild 1: Mittleres AGE bei einem mehrere Wochen anhaltenden, niedrigen Oberwasserzufluss für einen Bereich der Tideelbe mit Hamburger Elbabschnitt.

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