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292 l~osenthaler: Ein Beitrag zur Vanillin-Salzs~ure-Reaktion. Falle, wenn eine grOssere Menge Niederschlag entsteht, kann auf an- gegebene Weise zur quantitativen Analyse geschritten werden. Alle naeh dieser Methode geprtfften Proben k~ufliehen Jods zeigtea kein Jodeyan und unbedeutende Spuren yon Stickstoff. Es hat demnach den Anschein, dass die in der Literatur tiber dab Vorkommen von Jodeyan ill Jod angeffihrten Angaben far die gegen- w~trtigen Verh~tltnisse keine Geltung mehr haben. Laboratorium der k. k. bOhm. techn. Hoehschu]e zu Prag. Ein Beitrag zur Vanillin-Salzsiiure-Reaktion. Von L. Rosenthaler. Farbenreaktionen stehen bei vielen Chemikern in nicht sehr grosse~ Ansehen. Trotrdem sind sie auf vielen Gebieten der angewandten Chemie von grossem I~utzen, auf manchen, zum Beispiel in der toxiko- logischen Analyse. geradezu unentbehrlich. Und so hoffe ich, dass sich auch die mit Vanillin und Salzs~ure eintretenden Farbenreaktionen. die ich in Folgendem beschreiben will. in mancher Beziehung als ntitzlich erweisen werden. Vor kurzem haben C. Hartwich und M. Winckell) gezeigt, dass eiue gr5ssere Anzahl von Phenolen and Gerbstoffen Farben- erscheinungen mit dem genannten Reagens geben. Da die Phenole bei einigen Reaktionen sich wie Ketone verhalten, so lag es nahe. auch einige Ketone auf ihr Verhalten gegen das Reagens zu priifen. Die Reaktionen wurden so ausgefiihrt, dass yon den fltissigen Ketonen ein bis zwei Tropfen. yon den kristallisierten ein kleines Krist~llchen zn einer lprozentigen LOsung yon Vanillin in Salzsiiure hinzugefiigt wurde. Das Gemenge wurde zun~tchst eine Viertelstunde bei gewShnlicher Tempe- ratur belassen und nach Ablauf dieser Zeit zum Sieden erhitzt. Die dabei eintretenden Farbungen seien im folgenden tabellariseh wieder- gegeben. 1) Archiv d. Pharmazie 1904, S. 462; ebenda auch Angaben iiber die i~lter~ Literatur dieses Gegenstands.

Ein Beitrag zur Vanillin-Salzsäure-Reaktion

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Page 1: Ein Beitrag zur Vanillin-Salzsäure-Reaktion

292 l~osenthaler: Ein Beitrag zur Vanillin-Salzs~ure-Reaktion.

Falle, wenn eine grOssere Menge Niederschlag entsteht, kann auf an-

gegebene Weise zur quantitativen Analyse geschritten werden.

Alle naeh dieser Methode geprtfften Proben k~ufliehen Jods zeigtea

kein Jodeyan und unbedeutende Spuren yon Stickstoff.

Es hat demnach den Anschein, dass die in der Literatur tiber dab

Vorkommen von Jodeyan ill Jod angeffihrten Angaben far die gegen-

w~trtigen Verh~tltnisse keine Geltung mehr haben.

Laboratorium der k. k. bOhm. techn. Hoehschu]e zu Prag.

Ein Bei t rag zur Vani l l in -Sa lzs i iu re -Reakt ion .

Von

L. Rosenthaler.

Farbenreaktionen stehen bei vielen Chemikern in nicht sehr grosse~

Ansehen. Trotrdem sind sie auf vielen Gebieten der angewandten Chemie von grossem I~utzen, auf manchen, zum Beispiel in der toxiko-

logischen Analyse. geradezu unentbehrlich. Und so hoffe ich, dass sich

auch die mit Vanillin und Salzs~ure eintretenden Farbenreaktionen. die

ich in Folgendem beschreiben will. in mancher Beziehung als ntitzlich

erweisen werden.

Vor kurzem haben C. H a r t w i c h und M. W i n c k e l l ) gezeigt,

dass eiue gr5ssere Anzahl von Phenolen and Gerbstoffen Farben-

erscheinungen mit dem genannten Reagens geben. Da die Phenole bei

einigen Reaktionen sich wie Ketone verhalten, so lag es nahe. auch

einige Ketone auf ihr Verhalten gegen das Reagens zu priifen. Die

Reaktionen wurden so ausgefiihrt, dass yon den fltissigen Ketonen ein

bis zwei Tropfen. yon den kristallisierten ein kleines Krist~llchen zn

einer lprozent igen LOsung yon Vanillin in Salzsiiure hinzugefiigt wurde.

Das Gemenge wurde zun~tchst eine Viertelstunde bei gewShnlicher Tempe-

ratur belassen und nach Ablauf dieser Zeit zum Sieden erhitzt. Die

dabei eintretenden Farbungen seien im folgenden tabellariseh wieder- gegeben.

1) Archiv d. Pharmazie 1904, S. 462; ebenda auch Angaben iiber die i~lter~

Literatur dieses Gegenstands.

Page 2: Ein Beitrag zur Vanillin-Salzsäure-Reaktion

Rosenthaler: Ein Beitrag zur Vanillin-Salzs~ture-Reaktion. 2 9 3

Keton *) Farbenver'/inderungen

innerhalb einer Viertel- stunde

Naeh einer Viertelstunde erhi tz t

Azeton . . . . Sofort schwach rosarot, dann hellgrtin

Diathylketon Sehwach rosarot, wieder verschwindend

Dipropylketon . Sofort rosarot, wieder verschwindend

Methyl/~thylketon .

Methylpropylketon

~ethylbutytketon .

Pinakolin. . .

Azetylazeton

Azetonvlazeton

Benzalazeton

Lgvulose . . .

Zunaehst griin, dann im auffal- lenden Licht griin, im dureh- fallenden rot, zuletzt violett .

Grfin.

Grtin.

Zuerst grfin, dann blau.

Griin, dann blaugrfin.

Grfin. dann blaugriin.

Sofort rosarot, dann rotviolett

Sofort schwach rosarot, dann griin

Zuerst unver~ndert, sp~tter grtin- lieh.

Zun~chst grian, dann im auffal- lenden Licht gr~in, im dureh- fallenden rot. zuletzt braunrot .

-- Rot.

Allm~hlieh rosaro~ Rot.

- - Rot.

Negat iv verh ie l ten s ich: ~ , thylphenylketon. Benzoylazeton. Aze to-

phenon, Benzalazetophenon, Benzophenon, Te t r ame thy ld i amidobenzophenon ,

Benzoin. Benzil und Anth rach inon .

' ) Einen Teil der zu diesen Versuehen verwendeten Ketone verdanke ich

dem fl'eundlichen Entgegenkommen des Herrn Professor J. T h i e l e .

Page 3: Ein Beitrag zur Vanillin-Salzsäure-Reaktion

294 Rosenthaler: Ein Beitrag zur Vanillin-Salzs~ure-Reaktion.

Im Einzelnen sei hierzu Folgendes bemerkt :

Alle untersuchten aliphatischen Ketone gaben mit dem Reagens

Farbenreakt ionen; die ~hnlich konstituierten ~hnliehe. Man vergleiche

zum Beispiel Diathyl- und Dipropylketon oder Methyl~thyl-, Methylpropyl-

und Methylbutylketon.

Da die Kalksalze der Fetts~uren (mit Ausnahme der Ameisensaure)

beim Erhitzen Ketone liefern, so war daran zu denken, die Reaktion

zum Nachweis dieser Fetts~uren zu verwenden. Si~ttigt man zum Bei-

spiel ein essigsiturehaltiges Destillat mit Kalziumkarbonat und dampft

zur Trockene ein. so gibt der Rtickstand Azeton. wenn er in einem

trockenen Reagensgl~tschen erhitzt wird. Halt man dann tiber die

Offnung des Reagensgl~schens ein mit dem Reagens befeuchtetes Fi l t r ier-

papier, so f~rbt sich dieses erst rosarot, dann grtin. Von den andern

fettsauren Kalksalzen, die ich in derselben Weise untersuchte, gab

buttersaures Kalzium keine Reaktion, vermutlich weil das sich bildende

Keton bei dieser Art der ¥ersuchsausfahrung wieder zerst(irt wird: auch

propionsaures und baldriansaures Kalzium zeigten nur ausserst schwaehe

Rotf~trbung. Eine sehr schwache Rosafiirbung des Papiers trat aber

auch durch die beim Erhitzen yon ameisensaurem Kalzium sich bilden-

den D~tmpfe ein. gleichgtiltig, ob das Kalziumformiat aus Ameisensiture

des Handels ( M e r c k , S c h u c h a r d t , K a h l b a u m und andere) oder

aus Laboratoriumspriiparaten dargestellt war. Jedenfalls ist die Fiirbung

eine so unbedeutende, dass eine Verwechslung mit der Reaktion des

Azetats nicht zu befiirchten ist. Die Reaktion liisst sich also immerhin

zum-Nachweis der Essigsfiure auch in emem Gemenge yon Ameisens~ture

und Essigs~ture heranziehen, selbst vorausgesetzt, dass die bei dem Formiat

zu beobachtende, ~iusserst schwache Rotfitrbung wirklich yon diesem.

alas dann den geltenden Anschauungen entgegen kleine Mengen eines

Ketons bilden mtisste, herrtihrt und nicht yon einer kleinen Verun-

reinigung mit Azetat.

Die Reaktion mit Azeton ist sehr empfindlich und dtirfte daher

zum Beispie] in der Harnanalyse, jedoch nur im Destillate des Harns.

zu verwenden sein. Man kann sie noch mit ein bis zwei Tropfen einer

O,01prozentigen AzetonlSsung erhalten, wean man folgendermafsen ver-

f~hrt: Man mischt das Reagens mit etwa gleichen Teilen konzentrierter

Page 4: Ein Beitrag zur Vanillin-Salzsäure-Reaktion

Rosenthaler: Ein Beitrag zur Vanillin-Salzsi~ure-Reaktion. 295

Sehwefelsiture~ setzt dann ein bis zwei Tropfen der 0.01prozentigeu Azetonl(isung hinzu und erw~rmt auf dem Dampfbade. Die dann all- m~hlich eintretende ¥iolettf~rbung ist recht wohl yon der rOtlichen F~rbung zu unterscheiden, welche das Reagens allein unter diesen ¥erh~ltnissen zeigt.

Wie mit L~tvulose, so tritt die Rotfiirbung aueh mit Rohrzucker ein; bei Dextrose und Milchzucker war dagegen nur eine braunrote Fiirbung zu beobachten. Die Vanillin-Salzs~ture-Reaktion liisst sich dem- naeh zur Unterscheidung yon L~tvulose und L~vulose enthaltenden Kohlen- hydraten yon l~tvulosefreien verwenden.

Der grSsste Teil der untersuchten aromatischen Ketone verhielt sich negativ. Eine Farbenreaktion trat bei allen denienigen Ketonen nicht ein, bei denen eine CGHs-Gruppe (oder eine sich yon C G H 5 ab- leitende Gruppe) unmittelbar mit CO verbunden ist. Besonders beweisend dafiir seheint mir das Verhalten des Benzalazetons und des Benzalazeto- phenons zu sein. Mit Benzalazeton (C 6 H 5. CH - - C H .CO. CHa) tritt die Reaktion ein~ nieht dagegen mit C~ H 5. C H ~ C H. CO. C~ Hs~ dem Benzalazetophenon.

Da yon den mit ¥anillin und Salzs~ture Farb~nreaktionen gebenden KSrpern sowohl Phenole als auch Ketone sich als Bestandteile ~therischer 01e finden, so untersuchte ich auch eine Anzahl dieser Substanzen auf ihr Yerhalten gegen das Reagens. Der weitaus grSsste Teil der unter- suchten iitherischen 01e gab damit Farbenreaktionen, darunter auch solehe, die naeh unseren heutigen Kenntnissen weder Phenole noeh Ketone enthalten. Die Reaktionen wurden in derselben Weise aus- geftihrt, wie bei den Ketonen geschildert. Da beim Erhitzen sich sehr hi~ufig K0rper bildeten, welche die F~trbungen verdeckten, so sehtittelte ieh nach dem Erkalten mit J~ther aus, wodurch diese Substanzen aus der w~ssrigen Fltissigkeit entfernt wurden . Die Angabe der F~rbung bezieht sieh in allen Fallen, wo nichts anderes bemerkt ist, auf die w~ssrige Fltissigkeit. Nur die gut zu beobachtenden Farbenerscheinungen haben in der folgenden "Tabelle Aufnahme gefunden. Dabei bin ich mir aber des Umstands wohl bewusst, dass es nicht mOglich ist, die feinen Nt~aneen der Farbenerscheinungen in aller Strenge mit wenigen Worten zu schildern.

Page 5: Ein Beitrag zur Vanillin-Salzsäure-Reaktion

296 Rosenthaler : E in Bei t rag zur Vanillin-Salzsiiure-Reaktion.

Farben- Nach einer Viertel- N a c h d e m E r k a l t e n Atherisches 011) veri~nderungen s tunde e rh i tz t ; bis m i t A the r aus-

innerhalb einer Vier te ls tunde zum Erka l ten geschtit telt .

Kahnus . . . . Al lmghl ich grfin Schmutzig violet t Violett

Euka lyp tus globu- Allmi~hlich sehr Grttn, dann blaugrt in Blaugrtin. lus (B li~t t e r) schwach blau

Euka lyp tus austral . Violett , dann grtin Dunkelgriin.

Nelkenst iele . Vorfibergehend - - schwach violett

Nelken Vort ibergehend Grtinlich schwach violett, spitter gr tinlich

Pommeranzen- Sofort gelbgrt tn, Vort ibergehend Dunkelgrun. schalen (sfisse) . sp~tter hellgrfin violet t und braun,

dann grt in

Bergamot t . . . Sofort gelb. sp~ter Vorfibergehend Dunkelgriin. hel lgrt in braun und violett .

zuletzt grtin

Orangenbl t i ten . Sofort gelb, spiiter ge lbbraun

Zitronen . . . . Allmi~hlich hellgrfin

Vortib ergehend braun und violett .

zuletzt grtin

Vort ibergehend b raun und violett ,

zuletzt grtin

Dunkelgr(m.

Blaugrt in.

Ceylon-Zimt . . . Gelbgrfin Schwach gelbgrtin.

Chinesischer Z i m t . - - Scbwach v io lem

Zimtb l~ t t e r . . . Violett . dann griin Griin.

Sassafrasholz Grtln, dann blaugrt in Grtin.

1) Fas t alle aufgeft ihr ten gtherischen Ole ha t mir die F i rma S c h i m - m e 1 u. C o. in Leipzig-Milti tz zur Verft igung gestell t , und zwar kostenfrei, woffir ih r auch an dieser Stelle bestens gedankt sei.

Page 6: Ein Beitrag zur Vanillin-Salzsäure-Reaktion

Rosenthaler: Ein Beitrag zur Vanillin-Salzsi~ure-Reaktion. 297

Farben- Nach einer Viertel- Nach dem Erka l ten Atherisches 01 ver~nderangen stunde erh i tz t ; bis mi~ Ather aus-

innerhalb einer VJertelstunde zum Erkalten geschi~ttelt.

Lorbeerbl~tter . Allm~hlich schwach Blaugriin Blaugriln. rosarot bis violet t

Macis . . . . . - - Griinlich B]augrfin.

Rosmarin . . . . Allm~hlich schwach Griln, dann blaugriin Blaugriln. violett, wieder verschwindend

1VIajoran . . . . Allm~thlich schwach rStlich wieder verschwindend

Grfinlich Dunkelgrfin.

Salbei . . . . . Allmahlich sehr Violett. dann Blaugriln. schwach rosarot, grfinlich

wieder verschwindend

Lavendel . . . . Allm~hlich griintich, Violett. dann griin Dunkelgriin. dann bl~ugriin

Melisse . . . . E rs t violett und Ers t violett, dann Grtin. blau. sparer grfin braun, zuletzt griin

Thymian . . . . Allm~hlich schwach Violett. dann grfin Grttn. rotviolett

Pfefferminz Sofort rStlich Braunrot (01 ro~- Rotviolett . (01 schSn violett) violett~

Krauseminz . . Allm~hlich schwach Schmutzig violet t Sehr schwaeh rotviolet t {01 schgn (~)l violett) violett.

rotviolett)

Fenchel . Grtin Blaugriin.

Xiimmel . . . .

Ajowan . . . . - -

Iforiander . . . Allm~hlieh gelblich

Vortibergehend violett, dann griin

Griin.

t{otviolett, Dunkelgrfin. dann grfin 1

Page 7: Ein Beitrag zur Vanillin-Salzsäure-Reaktion

298 Rosenthaler: Ein Beitrag zur Vanillin-SMzsaure-Reaktion.

Farben- Naeh einer Viertel- Naeh demErkalten Atherisches ()1 veri~nderungen stunde erhitzt; bis mit Ather aus-

innerhalb einer Viertelsgunde zum Erkalten gesehtittelt.

- - Griin.

Sehr sehwach rosa- rot, wieder

verschwindend

Anis . . . . . (Anethol Ph. G. I V )

Sternanis . . . . /

Rektif. Terpentini~l

Pinus Larix .

Wachholderbeeren.

Schmutzig violett, dann grgn

Allmghlieh rotviolet bis violett

Grfin Dunkelgrtin.

- - Violett, dann Blaugriin. blaugrtin

Blaugriin. Grtinlieh, dann blaugrtin

Zedernholz Braun Schwach grttn.

Rosen . . . . . Blau, dann blaugrfin Rotviolett, dann Dunkelgriin. grfinlich

Geranium (ostind. Allm~hlich griln Rotviolett, dann Dunkelgrtin. PalmarosaS1) grtinlieh

Gingergras • Allm/ihlieh rosarot Sehmutzig violett Braun. bis karmoisinrot

Zitronell . . . . Uber rosarot und I~otviolet~, dann Dunkelgriin. sehmutzigviolett grtin

naeh grtin

Gurjunbalsam . . Sofort purpurro~l) Violett Violett. dann violett

Koi~aivabalsam Allm/ihlich sehwaeh Violett Sehwach violett. (Para) violett, dann wieder I

schw~cher werdend I

Kajepu~ . . . .

Sandelholz

'Allmghlich sehwach blau, wieder

verschwinden d

Blaugrfin Blau.

• . Allm~hlich schwach Violett, dann rosarot (das ()1 grfinlich

i st~rker)

1) Die Fi~rbung ist versehieden yon der mit Salzs~ure allein eintretenden.

Schwach braun- grfin.

Page 8: Ein Beitrag zur Vanillin-Salzsäure-Reaktion

Rosenthaler: Ein Beitrag zur Vanillin-Salzsaure-Reaktion. 299

Der praktische Wert dieser Reaktionen liegt einerseits darin, dass viele ,con ihnen Ms IdentitAtsreaktionen verwendet werden kSnnen; andererseits kann man mit ihnen manche VerfAlschungen aufdecken. Eii~ gliicklicher Zufall hat es nAmlich gewollt, dass gerade so wichtige und viel verf~lschte ()te wie I%lken-, Zimt- und AnisSl so gut wie gar keine Farbenerscheinungen mit dem Reagens geben, wAhrend dies mit ihren VerfAlschungsmitteln, zum Beispiel TerpentinS1, Kopaiva- und Gurjun- balsamS1 in ausgesprochenem Mafse der FM1 ist. Wie die Versuche gezeigt haben, sind VerfAlschungen der erst genannten ()le mit letzteren, selbst wenn nur 10 °/o (in einzelnen Fallen noch weniger) des ¥er- f~lschungsmittels zugesetzt wurden, bei aufmerksamer Beobachtung gut wahrnehmbar. Eine Beimengung yon ZedernholzSl ist dagegen schwieriger nachweisbar. Zur Prafung des RosenSls auf seine gewShnlichen Ver- fAlschungsmittel 1Asst sich die Reaktion nicht benutzen.

Auch zur Prtifung der Balsame 1Asst sich die Vanillin-SalzsAure- Reaktion heranziehen. Perubalsam gibt weder in der KAlte noch beim Erhitzen eine Reaktion, wAh~end Kopaiva- und Gurjunbalsam dieselben Erscheinungen wie ihre ~therischen ~31e aufweisen. Auch hier gelang es leicht, eine Verf~lschung des Perubalsams mit 5 °/o GurjunbMsam oder 10 °/o Kopaivabalsam, ebenso eine YerfAlschung des Kopaivabalsams mit 10 °/o Gurjunbalsam durch die in der Tabelle angegebenen Farben- rea~tionen zu entdecken. Far die Ermittelung der letzt erwAhnten Yer- f~lschung ist der Umstand entscheidend, dass die schwache ViolettfArbung, die Kopaivabalsam in der K~lte mit dem Reagens gibt~ innerhalb einer Viertelstunde wieder verschwunden ist, w~Lhrend die viel stArkere Farben- reaktion des Gurjunbalsams sehr lange bestehell bleibt.

In wissensclmftlicher Beziehung wAren die geschilderten ErscheinungeI~ dann yon Wert, wenn es bei einer grSsseren Anzahl der Ole gel~nge, festzustellen, von welchen chemischen Individuen die einzelnea Reaktionen herrahren. Leider stand mir nur eine kleine Anzahl yon aus ~therischea {)len isolierten Substa~lzen zur ¥erffigung, so dass ich in dieser Richtung nur wenige Versuche anstellen konnte. AIleia auch die Vergleichung der erhaltenen Resultate ergibt manches Beachtenswerte:

1. ~_therische ~)le, die Pinen oder Limonen (beide CloH16 ) e n t - halten, f~rben sich beim Erhitzen mit dem Reagens griin, so TerpentinS1 und andere KoniferenSle und die Limonen enthalten- den Aurantiazeen-~31e. Auch die unter denselben UmstAnden eintretende Grtinf~rbung einiger Labiaten- und Umbelliferen-()le

Page 9: Ein Beitrag zur Vanillin-Salzsäure-Reaktion

~00 Rosenthaler: Ein Beitrag zur Vanillin-Salzsgure-Reaktiom

darfte auf dieselbe Ursache zuraekzufahren sein. Die Sesquiterpene

wie Zedren, Karyophyllen und Kadinen zeigen die Grtinfarbung

nicht ; deshalb tr i t t sie aueh zum Beispiel beim NelkenOl nicht ein.

2. Ebenso lasst es sich nicht verkennen, dass diejenigen 01e, welehe

Linalool oder Geraniol" oder deren Ester enthalten, beim Erhitzen

mit dem Reagens eine Violettfi~rbung zeigen. So verhalten sich

zum Beispiel Linalo~-01. Bergamott-. Neroli- und Zitronen-O1.

aueh Lavendel-, Rosen- und Palmarosa61. Linalool selbst zeigt

in der Tat dieses Verhalten: das Geran io l stand mir nieht zur

Verfagung.

3. Die Ursache der bei einzelnen Olen schon in der Kalte mit dem

Reagens eintretenden rosaroten und violetten Farbungen dtirfte

in der Gegenwart yon Ketonen oder Phenolen zu suchen sein.

4. Das Eukalyptol oder Zineol zeigt nach dem Erhitzen mit dem

Reagens eine Blaufgrbung, besonders dann. wenn die Flassigkeit

mit Xther ausgeschattelt ist. Damit stimmt aberein, dass die

Eukalyptol enthaltenden Ole zum-Beispiel ZitwerS1 unter den-

selben Yerhaltnissen entweder eine blaue Farbung aufweisen oder

aber. wenn die oben erwahnten Terpene gleichzeitig vorhanden

sind. eine blaugrtine, wie das Lorbeerbl~ttterS1. Bei Vorhanden-

sein yon viel Terpen kann die BlaufSrbung eventuell dureh die

Granf~rbung verdecki werden: aueh das C~egenteil kann eintreten.

5. Umgekehrt wird man. wenn auch nicht mit aller Sieherheit. so

doch mit hohem Grade yon Wahrseheinliehkeit den Schluss ziehen

darfen, dass ein beim Erhitzen mit Vanillin und Salzsgure sich

blau fgrbendes Ol Eukalyptol enth~lt, und vorausgesetzt, dass bei

der Reaktion kein die Farbung verdeckender KOrper entsteht, wird

ein ebenso behandeltes ()1 kein Pinen enthalten, wenn es keine Grtin-

farbung, kein Linalool (oder eventuell Geraniol), wenn es keine

Violettf~rbung zeigt.

Der Wirkungskreis der Vani l l in-Salzsaure-Reakt ion ist aber mit

den angeft~hrten Beispielen noch keineswegs ersch6pft. Ni t dem Reagens

erhitzt zeigen zum Beispiel Morphin und Kodein eine allerdings nieht

sehr starke rotviolette Farbe. Bei Gegenwart yon Antipyrin wird die

Fltissigkeit beim Erhitzen orangefarben und bei Gegenwart yon Pikro-

toxin grim. bei diesem aber nur. wenn man 3 - - 4 Minuten koehen lgsst.

Letztere beiden Reaktionen werden sich in tier toxikologischen Analyse

verwerten lassen.

Page 10: Ein Beitrag zur Vanillin-Salzsäure-Reaktion

Paessler: Zur Gerbmaterialanalyse (Riehtigstellung). 301

Alle diese Reaktionen stehen aber gewissermafsen in der Luft, so lange man die Konstitution der Farbstoffe nicht kennt, welehe dabei entstehen. Es wiire yon grossem Wert, wenn die Vanillin-Salzsaure- Reaktion auch in dieser Richtung systematisch untersucht wfirde.

S t r a s s b u r g i. E., Pharmazeutisches Institut.

Zur Gerbmater ia lanalyse (Richtigstellung).

Von

Dr. Johannes Paessler, Freiberg in Sachsen.

Herr Professor H. W i s l i c e n u s in Tharand hat seinen in Bresiau gehaltenen und auf Seite 96 ft. des laufenden Jahrganges dieser Zeit- schrift zum Abdruck gebrachten Vortrag fiber Gerbmaterialanalyse mit einer Fussnote versehen, deren Inhalt und Ton reich veranlasst, den Sachverhalt richtig zu stellen.

Der Sachverhalt ist folgender : ~achdem Herr Professor W i s l i c e n u s festgestellt hatte, dass die ~gewachsene~, Tonerde den Gerbstoff aus

• \ seinen LOsungen aufnimm L ersuchte er mich darum~ ihm geelgnetes Untersuchungsmaterial, welches schon in der >)Deutschen ¥ersuchsanstalt fiir Lederindustrie~, analysiert worden war, zur Verftigung zu stellen und aueh mehrere vergleichende Analysen auszuffihren. Ich habe reich damals zu Allem bereit erkl~rt und bin Herrn Professor W i s l i c e n u s in der bereitwilligsten Weise entgegen gekommen; ich babe den ersten Assistenten der ¥ersuchsanstalt, Herr W. A p p e l i u s , beauftragt, die erforderlichen Analysen auszuffihren. Schon damals fiel mir auf, dass Herr Professor W i s l i c e n u s trotz des gezeigten Entgegenkommens uns ein unerkliirliches Misstrauen entgegenbrachte. Im Interesse der Sache habe ich reich dutch dieses Yerhalten nicht beirren lassen, sondern habe Herrn Professor W i s l i c e n u s welter unterstatzt. Ich bin hierbei immer yon der Ansicht ausgegangen, dass das Hautpulver in der Form, wie es jetzt dem Gerbereichemiker zur Yerftigung steht, entschieden noch ~erbesserungsf~hig ist, beziehungsweise dass es wtinschenswert ist, ein anderes Produkt zu haben, welches die Yorteile des Hautpulvers , abet nicht die ~achteile desselben besitzt. Bei den zur Ausfiihrung gebrachten vergleichenden Analysen, deren Ergebnisse ich Herrn Professor Wi s 1 i c e n u s

zu r Verffigung gestellt habe, zeigte sich, dass in mehreren Fiillen die Fre s e n i u s , Zei tschr i t t fi analyt. Chemie. XLIV. Jahrgang. 5, Heft 21