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Ein Fest für Viehofen! Manches ist unbezahlbar. Emmaus Freiwilligenarbeit (S. 6) Der Himmel kann warten. Rettung aus der Todeszone (S. 8) Chatten, Twittern, Gamen … – wann beginnt Sucht (S. 10) „Unglaublich vielfältig…“ Als „Zivi“ bei Emmaus (S. 11) Foto: Böswart Rundbrief der Emmausgemeinschaft St. Pölten 02/15 Juli 2015 emmaus

Ein Fest für Viehofen! - Emmausgemeinschaft St. …€¦ · gramm und adelte Pfarrer Höllerer der die Segnung vornahm, mit „Herr Bischof“. So schnell kann´s gehen

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Ein Fest für Viehofen!

Manches ist unbezahlbar. Emmaus Freiwilligenarbeit (S. 6)

Der Himmel kann warten. Rettung aus der Todeszone (S. 8)

Chatten, Twittern, Gamen … – wann beginnt Sucht (S. 10)

„Unglaublich vielfältig…“ Als „Zivi“ bei Emmaus (S. 11)Foto: Böswart

Rundbrief der Emmausgemeinschaft St. Pölten02/15 Juli 2015

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2 Vorwort

Liebe FreundInnen und Förderer der Emmausgemeinschaft!

Oder doch nicht? Nur noch etwas mehr als jeder Dritte (37%) gibt sein 13. Mo-natsgehalt tatsächlich für eine Reise in nahe oder ferne Urlaubsländer aus. Nicht, dass man was Besseres zu tun hätte, aber Urlaub ist teuer, und schon der Alltag davor leider auch. Einer von fünf, in dieser Umfrage der ING-DiBa Direktbank Austria, bekommt übrigens überhaupt kein Urlaubsgeld. Arbeitslo-se zum Beispiel. Ihre Zahl lag in Öster-reich Ende Mai bei über 330.000 Per-sonen, um fast 40.000(!) mehr als noch vor einem Jahr. Kein Wunder, dass Herr und Frau Österreicher inzwischen vielfach andere Sorgen haben, als in den Urlaub zu fahren.

Trotzdem, jede/r hat ein Recht auf eine Auszeit, auch Arbeitslose und aus anderen Gründen vom Leben gebeutelte Menschen. Denn Arbeitslosigkeit ist ja keine Auszeit von der Arbeit, son-dern das beständige - ungu-te - Gefühl, nicht genug oder das Falsche zu tun, um endlich wieder arbeiten zu können. Die natürliche Abfolge von Aktivität und Erholung gibt es in einer solchen Phase nicht, weil man

„Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte; und siehe da,

es war sehr gut,“1. Mose 1, 31

als Arbeitsloser „ja sowieso nichts tut. Wovon also soll sich so einer bitt schön erholen müssen?“Irrtum: Wer immer nur im Hamsterrad läuft und läuft und läuft - ob mit oder ohne regelmäßiger Erwerbsarbeit - der hat sich irgendwann totgelaufen - möglicherweise ohne davor wirklich gelebt zu haben. Ist das im Sinne des Erfinders? Jeder und jede hat das Recht auf Er-holung, sogar Jesus hat sich immer wieder einmal von der Menschenmen-ge zurückgezogen, die ihm ständig ge-folgt ist.Egal, wer Sie sind, was Sie tun, wie es Ihnen geht, ob Sie arm oder reich sind: ausruhen, abschalten, zurückblicken, nach vorne schauen, Neues denken

Auszeit

Der Sommer ist da - der wohlverdiente Urlaub liegt vor uns. Endlich weg von Zuhause, ausspannen, die Seele baumeln und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen …

3Emmausgemeinschaft

Aus dem Inhalt

Neueröffnung Emmaus-Standort Viehofen

Manches ist unbezahlbar. Emmaus Freiwilligenarbeit

Gastgeschichte: Der Himmel kann warten

Kolumne Mit-Mensch

Chatten, Twittern, Gamen … – Online-Sucht

„Unglaublich vielfältig…“ Als „Zivi“ bei Emmaus

10 Jahre Emmaus: Gerda Schneider

Bildmeditation

Sommerspaß. Brettspiele aus der Holzwerkstatt

10 Jahre Emmaus: Regina Durnwalder

Neue Serie: Psychische und Verhaltensstörungen

Wiedereinstieg. Emmaus Punkt- und Nachbetreuung

10 Jahre Emmaus. Nicola Yamazaki

Kontaktdaten

– wer von Zeit zu Zeit Ruhe gibt, sein Leben betrachtet und das Visier neu einrichtet, der/die kann auch erwarten, neue Kraft, neue Gedanken und neue Perspektiven für die Zukunft zu erhal-ten.

Dazu passt die Geschichte von dem Holzarbeiter mit der stumpfen Säge. Er sägt und sägt und strengt sich furcht-bar dabei an. Natürlich kommt er kaum weiter mit seiner Arbeit. „Warum schärfst du deine Säge nicht“, fragt ihn ein anderer. „Keine Zeit, ich muss sägen…“

Die Säge schärfen, damit manches im Leben besser weitergeht, wieder Schwung hat, zu einem Abschluss kommt oder neu beginnen kann - da-rum ist Urlaub, Innehalten oder eine Auszeit so wichtig.

Dafür gibt es übrigens ein prominentes Vorbild: Gott. Er hat bekanntlich auch ordentlich drauflos geschuftet - so ein Universum ist ja keine Kleinigkeit - aber zwischen den Schöpfungstagen heißt es im 1. Buch Mose, Kap. 1 immer wie-der: „Und Gott sah, dass es gut war.“Ich bin mir sicher, er hätte sofort was unternommen, wenn es nicht gut gewesen wäre. Aber dazu brauchte es regelmäßiges Innehalten für eine Rückschau - und die Zeit dafür hat sich sogar Gott genommen …In diesem Sinne: Schönen Urlaub!

Christian VeithEmmaus Öffentlichkeitsarbeit

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Ein Fest für Viehofen!11. Juni 2015, Neueröffnung Emmaus-Standort Viehofen. Was für ein Fest! Strahlender Sonnenschein, fröhliche Menschen, munteres Geplauder an allen Ecken, gute Laune und ein wunderschön mit Riesenblumen aus Pa-piermaché und echten Blumenarrangements geschmücktes Areal.

„Mundwerk“ aus der Steiermark spielten auf und hatten sogar eigens für den Anlass ein Lied komponiert. Moderator Alois Huber führte kurzweilig durchs Pro-gramm und adelte Pfarrer Höllerer der die Segnung vornahm, mit „Herr Bischof“. So schnell kann s gehen …

Unter heißer Sonne schwitzten die geladenen Ehrengäste, unter ihnen Vzbgm. Franz Gunacker und LAbg. Karl Bader. BauleiterIN Christa Kaltenbrunner bedank-te sich bei Vertretern der beteiligten Baufirmen für ihren Einsatz. „Die einzige Baustelle, wo man herzlich empfangen wird und was zu essen bekommt“, wurde zurückgelobt.

Zur guten Stimmung trug auch das 1A-Buffet von SOMA bei, das im Festzelt kreativ präsentiert wurde. Nach dem offiziellen Teil konnten sich alle ein Bild vom Standort Viehofen machen: Es gab Führungen durch die verschiedenen Einrich-tungen und Werkstätten, und die Trommelgruppe sorgte für feurige Rhythmen.

Am Schluss war man sich einig: Auf Emmaus können alle stolz sein! Und genau das hat man an diesem Tag gespürt!

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6 Freiwilligenarbeit

„Dein Letscho schmeckt so gut!“

Freiwilligenarbeit hat in der Emmausgemeinschaft eine lange Tradition. Seit den Anfängen 1982 leisten Freiwillige wertvollste Arbeit. Bei aller Pro-fessionalisierung ist das bis heute so geblieben. Der Verkauf der Emmaus Holz- und Kunstprodukte, der Flohmarkt, die Integration der jungen Asyl-werber und vieles andere wären nicht möglich, ohne freiwillig geleistete Arbeitsstunden.

Freiwilligenarbeit ist erfüllend – und hat in den Emmaus-Abteilungen eine wichtige pädagogische Bedeutung. Denn einerseits bietet Freiwilligen-arbeit stabilisierten, ehemaligen Em-maus-Gästen sinnvolle Betätigung, andererseits signalisiert sie den aktu-ell betreuten Gästen: Du interessierst mich! Ich investiere etwas für und in dich! Aus Liebe – und nicht weil es „mein Job“ ist.In der Praxis ist jede/r Freiwillige einem Team zugeordnet. Die Aufgaben wer-den gemeinsam mit den Angestellten bewältigt. Entsprechend ihrer Bedeu-tung ist die Freiwilligenarbeit heute „Chefsache“ und wird dabei wesent-lich von „altgedienten“ Freiwilligen – den wahren ExpertInnen der Freiwil-ligenarbeit – mitgetragen. Denn ein guter Start ist das Um und Auf eines befriedigenden und erfolgreichen En-gagements.

Eine Bereicherung für das Team und die Gäste im Wohnheim Kalvarienberg ist Peter Bylica. Nicht nur durch seine Kochkünste, sondern vor allem wegen seiner menschlichen Qualitäten. Wir wollten mehr von ihm wissen.

Peter Bylica kocht für Emmaus – freiwillig. Davon haben alle was.

Peter, du ar-beitest nun seit über ei-nem Jahr in der Kalvarien-be rg - Küche mit. Warum betätigst du dich freiwil-lig?In mehr als 45 Berufsjah-ren hatte ich Kontakt mit M e n s c h e n aller Ge-se l l schaf t s -schichten. In Ö s t e r r e i c h wird gerne auf hohem Niveau ge-raunzt. Je-doch sind es meist jene, die „mit vollen Hosen stin-ken“ und dabei gerne über die „neue Bescheidenheit“ reden. Mit dem Wechsel in die Pension wollte ich mich für soziale Projekte mehr als bisher engagieren. Ich sehe freiwilliges En-gagement als das Sozialkapital unserer

66 Jahre – und im Un-ruhestand: Peter Byli-ca war Journalist und zuletzt Pressespre-cher des St. Pöltener Bürgermeisters. Seine Devise nach Lessing: Die Menschen sind nicht immer, was sie scheinen, aber selten etwas Besseres.

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7Freiwilligenarbeit

Gesellschaft. Freiwilliges Engagement ist eine Bereicherung für die sozia-le Qualität in unserem Land. Dieses Thema sollte stärker in den Bildungs-plan eingegliedert werden, auch beim Deutschunterricht für MigrantInnen. Denn viele glauben, dass Feuerwehr, Rettung, Zivilschutz, Heimhilfe etc. bei uns staatliche Einrichtungen sind. Weitaus mehr Menschen als öffentlich wahrgenommen, engagieren sich frei-willig. In Österreich sind es beachtli-che 46 Prozent der Bevölkerung.Wie bist du zur Emmausgemeinschaft gekommen und wie war die Aufnah-me?Bei meinem 50. Geburtstag habe ich die Gäste gebeten, mir nichts zu schenken und stattdessen für Ob-dachlose zu spenden. Die Einrichtung Kalvarienberg war mir schon bekannt, da wir vorher oft verschiedene Sach-spenden dort abgegeben haben. Ich fragte, ob man Hilfe in der Küche brau-chen könne. Ich habe einst die Koch-lehre absolviert, das nützt mir jetzt. Die Aufnahme am Kalvarienberg war sehr herzlich. Seither stehe ich dort jeden Dienstag und einmal im Monat Sams-tag und Sonntag am Herd. Wie erlebst du die Zusammenarbeit vor Ort?Freiwilligenarbeit bedeutet, sich für andere Menschen einzusetzen, die ei-genen Fähigkeiten einzubringen und Erfahrungen zu sammeln. Ich bewun-dere alle hauptamtlich Tätigen mit ih-rem fachlichen Wissen und ihrer gro-ßen Sozialkompetenz.Wodurch wurdest du bestätigt, hier am richtigen Platz zu sein?Meist hört man in der Öffentlichkeit:

Obdachlose=Alkoholabhängige. Dem ist nicht so. Der Kalvarienberg ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Hier sitzen Burnout-Patienten mit Nothil-feempfängern, Personen mit Handy-Schulden, Scheidungsopfern, Drogen-süchtigen oder mit Betroffenen von Altersarmut zusammen. Gerne fragen auch mich viele von ihnen um Rat oder bitten mich: „Mach uns wieder einmal ein Letscho oder Chili con Carne, das schmeckt uns so ...“

Wie werde ich freiwillige/r MitarbeiterIn bei Emmaus:

1. Die Abteilungen melden den Bedarf an Freiwilligenarbeit2. An Freiwilligenarbeit Interessierte kontaktieren Jutta Strobl von der Emmaus-Öffentlichkeitsarbeit (siehe Seite 23). Erhebung der persönlichen Daten und Gespräch über mögliche erste Arbeitsfelder3. Ausführliches Gespräch mit zwei aktiven Freiwilligen über die Freiwilli- genarbeit bei Emmaus4. Vorstellung in den anfordernden Ab- teilungen – ev. bei „Schnuppertagen“5. Nach der Einarbeitungsphase, Aus- und Weiterbildungsangebote für die Freiwilligen 6. Während der Tätigkeit begleiten haupt- amtlich Angestellte die Freiwilligen

Walter Steindl

Walter Steindl leitet das Männer-wohnheim Kalvarienberg und er engagiert sich für die Freiwilligen-arbeit bei Emmaus

8 Gastgeschichte

Der Himmel kann warten

Martin erlebt eine unbeschwerte Kindheit. Doch nach einer schweren Le-benskrise wird er zum Problemtrinker und gerät in die Todeszone …

Martin erzählt: „Ich wuchs im Pielachtal auf und hatte eine sehr schöne Kind-heit. Zu meiner Mutter hatte ich eine recht gute Beziehung. Obwohl sie mei-ne Pflegemutter war, gab sie mir alles, was eine Mutter einem Kind geben kann. Doch starb sie bereits mit 50 Jah-ren an Diabetes. Ich hatte meine Mut-ter sehr gern und flüchtete nach ihrem Tod in den Alkohol. Da es mit meinem Stiefvater immer wieder Streit gab, zog ich zu einem Freund. Unter der Woche trank ich nichts, doch ab meinem 18. Lebensjahr becherte ich viel am Wo-chenende.

Mein Leben – ein Rausch

Fast jedes Wochenende hatte ich ei-nen Rausch. Ich verlor öfters meinen Job und arbeitete im Pfusch als Maler. Schließlich besuchte ich AMS-Kurse, arbeitete wieder regelmäßig und trank unter der Woche nichts. Am Wochen-ende aber stürzte ich fast immer ab. Was nun folgte, war die Hölle. Drei Mal wurde ich - mit bis zu 3,9 Promille - ins Spital eingeliefert.

Dem Tod so nah

Einmal wankte ich von einem Fest nach Hause und brach zusammen. Ein zu-fällig vorbeikommendes Notarzt-Team fand mich. Das war lebensrettend. Ich

„Auferstehung“ nach zwei Monaten im Koma

lag zwei Monate auf der Intensivstati-on im Koma. Dort hatte ich eine Nah-tod-Erfahrung. Ich sah mich auf einem riesigen Feld liegen. Alles war finster, modrig und roch nach Tod. Ich ging auf das Licht einer verfallenen Hütte zu und brach die Tür auf. Doch drinnen stank es noch mehr, nach Schwefel. Der Bo-den war schlammig. Dann näherte ich

mich dem Licht und hörte weit entfernt Harfenspiel. Es war das Tor zum Him-mel … Dann schrie ich: „Ich gehe dort nicht hin, ich will jetzt noch nicht ster-ben!“ und stürzte zur Tür hinaus.Genau in diesem Moment öffnete ich die Augen. Die Schwester sagte zum

„Es gibt erfülltes Leben - trotz vieler unerfüllter Wünsche.“

Dietrich Bonhoeffer

Martin (37): „Die wirkliche Wende in meinem Leben kam erst bei Emmaus.“

Nach seinem Zivil-dienst bei Emmaus gründete Lorenz eine Installationsfirma, in der heute neun Per-sonen beschäftigt sind. Bei der jüngsten Gemeinderatswahl kandidierte Lorenz und bekam auf Anhieb 220 Vorzugsstimmen. Warum er mit einer so hohen Zustimmung als Gemeinderat gewählt wurde? „Erstens, weil ich direkt bin und keine Tricksereien mag. Zweitens, weil ich immer hilfsbereit und freundlich bin.“ Auch die Emmaus-Zivildiener Thomas und Stefan wurden in den Gemeinderat gewählt. Alle drei „wol-len frischen Wind in die Politik bringen und über Parteigrenzen hinweg sachorientiert mitarbeiten“. Sie verabscheuen „Freun-derlwirtschaft und verlogene Machtspie-le“ und setzen sich mit „Ehrlichkeit und Kompetenz“ für das Wohl aller, insbeson-dere für Benachteiligte, ein.Vor Jahren noch als „Drückeberger“ dif-famiert, sind heute Zivildiener aus unse-ren Sozialeinrichtungen nicht mehr weg-zudenken. Mit ihrem jugendlichen Elan und ihrem Engagement sind sie auch für Emmaus in menschlicher und fachlicher Hinsicht ein großer Gewinn. Das Lebens-motto von Lorenz ist die „Goldene Regel“ in den Weltreligionen: „Behandle jeden Menschen so wie du auch behandelt wer-den möchtest.“ Die ideale Basis für eine neue Gesellschaft, für eine Politik zum Wohle aller.

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Mit-Menschvon Karl Rottenschlager

Hoffnungsträger

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Arzt: „Herr Doktor, nicht abdrehen, er ist wieder da.“ Der Arzt war total perplex und sagte mir später, dass sie unmittelbar, bevor ich aus dem Koma erwacht war, alle Geräte ab-stellen wollten.

Lebe wohl Alkohol …

Trotz dieses Wunders war mein Le-ben noch immer voller Probleme. Zwar gründete ich eine Familie und arbeitete regelmäßig, doch das Al-koholproblem blieb. Die Ehe wurde geschieden und unser Kind zur Ad-option freigegeben. Erst mit Em-maus kam die wirkliche Wende in meinem Leben. Zunächst war ich in der Emmaus-Notschlafstelle „Auf-fangnetz“, anschließend im Haus Kalvarienberg. Nach einer durch-zechten Nacht fühlte ich mich elen-diglich und sterbenskrank. Die Em-maus-Mitarbeiter Franz und Walter motivierten mich, ganz auf Alkohol zu verzichten. So kam ich ins Wohn-heim Viehofen.Seit 2011 arbeite ich wieder. Und seit vier Jahren habe ich sogar eine kleine Wohnung. Meine Lebensge-fährtin Kathrin und ich wollen 2016 heiraten und wünschen uns ein oder zwei Kinder.Seit sechs Jahren bin ich trocken. Mein Leben hat noch einmal be-gonnen, weil ich bei Emmaus end-lich die richtigen Freunde gefunden habe. Noch heute gehe ich gerne mit Kathrin ins Emmaus-Saftbeisl oder komme zur Dienstags-Runde. Trotz vieler Rückschläge bin ich wie-der ein glücklicher Mensch.“

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10 Jugendsuchtberatung

Mailen, Chatten, Twittern, Gamen – wann beginnt Sucht?Smartphone, Laptop, PC, Tablet & Co sind nicht mehr aus unserem Leben wegzudenken. Speziell das Handy wurde in den letzten Jahren zu einem Multifunktionsgerät. Angefangen von Musikhören, Chatten, Mailen bis hin zu stundenlagen Spielesessions – Medien erleichtern unser Leben, bergen aber auch Gefahren.

Thema Sucht: Speziell Jugendliche scheinen sehr schnell in den Bann der Medien zu geraten. So sind zum Beispiel Onlinespie-le so programmiert, dass das Spiel nie zu einem Ende kommt. „Dranbleiben“ heißt die Devise, sich mit seinen Mitspielern treffen und neue Herausforderungen bewältigen. Schnell gibt es Erfolgser-lebnisse, die es im realen Leben viel-leicht nicht gibt. So wird immer mehr Zeit online verbracht, weil es dort gutes Feedback gibt. Bleiben positive Aspek-te im realen Leben aus, so ist die Ge-fahr groß, immer mehr in den virtuellen Bann gezogen zu werden. Ist das Spiel der einzige Lebensinhalt, dann sollten die Alarmglocken schrillen. Denn auch hier können „Entzugserscheinungen“ auftreten. Schlafstörungen, Konzen-trationsschwierigkeiten, innere Unruhe und Nervosität können ein Anzeichen dafür sein. Eine Sucht schleicht sich langsam ein. Bemerkt wird sie oft erst, wenn es bereits zu spät ist. Aber: Gerade Jugendliche nutzen Me-dien oftmals exzessiver, spielen hin

und wieder auch ein paar Tage am Stück für mehrere Stunden, sind aber deswegen nicht sofort süchtig. Auch die Diagnose „Computersucht/Inter-netsucht“ gibt es bisher offiziell nicht. Dennoch ist es wichtig, auch im realen Leben Erfolge zu erzielen und andere Aktivitäten zu unternehmen. Handy- oder Computerfasten hilft, sich auch auf andere Lebensbereiche zu konzen-trieren. Wer trotzdem unsicher ist, soll-te sich professionelle Hilfe holen. Denn meist liegen die Ursachen für intensi-ven Medienkonsum an anderer Stelle.

Iris Wandraschek

MMag.a Iris Wandraschek ist Ju-gendsuchtberaterin bei Emmaus St. Pölten. (0676 / 88 6 44 - 268)

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11Zivildienst

Keine vorschnellen Urteile mehr

„Was genau machst du eigentlich in deinem Zivildienst?“ Diese Frage wur-de mir in den letzten neun Monate häufig gestellt. Eine passende Antwort darauf fällt mir noch immer nicht leicht.

Mein Aufgabenbereich war unglaublich vielfältig. In der Kunst- und Kochwerk-statt arbeitete ich mit den Gästen, ich wickelte Druckaufträge ab, fuhr ein-kaufen oder organisierte Verschiedenes. Das machte meinen Zivildienst abwechs-lungsreich und interessant. Mir wurde praktisch nie langweilig, und meine Moti-vation blieb bis zum Schluss recht konstant.

Besonders durch den Kon-takt mit den Gästen – aber auch mit den anderen Mit-arbeiterInnen – machte ich unglaublich viele neue und wertvolle Erfahrungen, die mir in guter Erinnerung bleiben werden. Vielleicht bringen sie mich auch später im Leben weiter. Zum Beispiel lernte ich, keine vorschnellen Urteile zu bilden, da es für das Verhalten anderer Personen oft viel komplexere Ursachen gibt als ein Au-ßenstehender vielleicht vermuten wür-de. Außerdem entdeckte ich mir vorher völlig unbekannte Eigenschaften und Fähigkeiten an mir. So etwa hielt ich mich vor meinem Zivildienst für künst-lerisch völlig unbegabt. Meine Origami-Sterne oder Glückwunschkarten sahen aber dennoch ganz passabel aus.

Jakob Vorlaufer über seinen Zivildienst bei Emmaus

Natürlich war ich nicht von allen Auf-gaben von Beginn an begeistert. Zum Beispiel, als ich verzweifelt vor meinem ersten zu überprüfenden Erste-Hilfe-

Kasten stand und nicht weiter wusste. In solchen Situationen wurde ich je-doch immer kompetent unterstützt und Probleme meist rasch gelöst. Es wurde auf mich eingegangen, und auch meine Vorschläge wurden diskutiert und oft auch angenommen. Dieses tolle Arbeitsumfeld, die Chance, selbst mitzugestalten sowie die zahl-reichen Zusatzangebote (Einführungs-tage, Vortrag über Geschichte und Phi-losophie der Emmausgemeinschaft, Erste-Hilfe-Kurs …), machten Emmaus für mich zur idealen Zivildiensteinrich-tung.

Jakob Vorlaufer

„Zivi“ Jakob an einem seiner Arbeitsplätze im Büro der Kunstwerkstatt. Foto: Emmaus

12 Emmausgemeinschaft

„Man lernt jeden Tag dazu …“Seit 10 Jahren arbeitet Gerda Schneider im Frauenwohnheim

Was mir meine Arbeit bedeutetKein Tag ist wie der andere, durch die vielen verschiedenen Schicksale wird es nie langweilig. Das macht die Arbeit bei Emmaus so interessant und ab-wechslungsreich. Mir gefällt der Umgang untereinander in unserem Team. Ich fühle mich wohl, oft ist es lustig. Es gibt eine Vertraut-heit zu den Kolleginnen aber auch den Bewohnerinnen. Wir bekommen einen tiefen Einblick in ihr Leben, ihre Verhal-tensweisen und Gewohnheiten. Man lernt jeden Tag dazu.Mir macht die Arbeit immer noch Spaß und Freude, das Interesse und die Freude nehmen sogar noch zu!Was mich berührt hatLetztes Jahr machte das Frauenwohn-heim einen Ausflug nach Bratislava. Ich stieß erst in Wien zur Gruppe, und jede einzelne Bewohnerin begrüßte mich nicht nur mit „Hallo“, sondern mit einem freundlichen Lächeln und „Hallo Gerda“. Auch der Ausflug selbst war wunderbar. Man merkte: etwas ganz Besonderes für die Frauen.

Was mich heute noch erheitertKürzlich hatten wir den Erste-Hilfe-Kurs im Haus. Nach Kursende läutete der Kursleiter im Wohnheim, um seine Wiederbelebungspuppe zu holen und sagte: „I hoi nua schnö mei Puppal.“ Ich dachte: Aha, ein mir unbekannter Freund einer Bewohnerin, überlegte, wen er wohl abholen wolle und fragte: „Um welches Puppal geht s denn?“Daran erinnere ich mich ein Leben lang: Die ersten friedlichen Stunden nach der Geburt meiner Tochter JanaWenn ich Macht hätte, würde ich das Geld der Superreichen auf die Weltbe-völkerung aufteilenWas ich schon immer einmal machen wollte: Mit meiner Kollegin Regina über den Sommer eine Almhütte be-wirtschaften

Steckbrief:Geboren in: Melk Aufgewachsen in: St. Pölten/Stattersdorf Wohnort: WindpassingTätig als: Wohnheim-MitarbeiterinLieblingsspeise: Keine, es gibt so viele gute SachenLebensmotto: Es ist wie es ist - aber vielleicht kann man s doch ein bisschen verändernLebensziel: Als alte Frau noch rüstig und lebensfroh seinHobbys: Lesen, in Haus und Garten herum-werkeln, mit dem Hund spazieren gehen, neue Gegenden entdecken, Wandern

Hoch hinaus: Gerda Schneider würde gerne eine Alm bewirschaften

Foto: zVg

Möge die Straße dir entgegeneilen. Möge der Wind immer in deinem Rücken sein. Möge die Sonne warm auf dein Gesicht scheinen und der Regen sanft auf deine Felder fallen. Und bis wir uns wiedersehen, halte Gott dich im Frieden seiner Hand.

(Irisches Segensgebet)

Foto: candy1812 / fotolia.com

Foto: zVg

14 Betriebe Viehofen

SommerSpielSpaßEndlich Sommer! Und endlich wieder Zeit, Dinge zu tun, die während des Jahres kaum möglich sind. Gemeinsam spielen zum Beispiel!

Egal, ob Sie in den Urlaub fahren oder fliegen oder Ferien auf Balkonien bevorzu-gen (müssen) – überraschen Sie Freunde oder Familie einmal mit einem Zeitver-treib, der keinen Stromanschluss benötigt. Das gute alte Gesellschaftsspiel hat auch heute noch seine Berechtigung. Gemeinsam mitfiebern, lachen, denken – ein kurzweiliger Zeitvertreib und Beziehung schafft es obendrein.In den letzten Wochen wurde in der Emmaus-Holzwerkstatt in St. Pölten-Vie-hofen gesägt, gehobelt, geleimt und geschliffen, damit Sie die schönste Zeit des Jahres noch ein bisschen schöner verbringen können. Emmaus präsentiert Ihnen „Vier gewinnt“ in 3D, „Shut the box“ und „Mühle“ und - als jahreszeitenunabhän-giges Extra - ein klassisches Nudelbrett.

Würfelspiel „Shut the box“Dieses Spiel bietet sowohl Eltern, als auch Kindern Spannung – und trainiert nebenbei das Zahlenverständnis und Kopfrechnen. Außerdem macht es Spaß und Würfelglück ist natürlich auch dabei.Hergestellt von der Holzwerkstatt

Preis: 15,50 Euro

NudelbrettAuch ein Klassiker – nicht nur für Nudeln ... (Ausstecher auf Anfrage)

Hergestellt von der Holzwerkstatt

Preis: 11,50 Euro

Fotos: Herzberger

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15Betriebe Viehofen

„Vier gewinnt“ in 3D oder „SOGO“16 Stäbe stehen in 4x4-Anordnung auf einer Holzfläche. Die Spieler versuchen, je 32 schwarze und weiße Kugeln so auf die Stäbe zu stecken (max. 4 pro Stab), dass sich irgend-wann 4 Kugeln einer Farbe in einer geraden Linie befinden. Wer das zuerst schafft, hat gewonnen. Hergestellt von der Holzwerkstatt

Preis: 32 Euro

Öffnungszeiten Emmaus KunstHandWerk-Verkauf:Mo: 09:30 - 12:00, 13:00 - 16:00 UhrDi: 16:00 - 18:00 UhrMi: 16:00 - 18:00 UhrDo: 09:30 - 12:00, 13:00 - 16:00 Uhr1. Sa. im Monat: 09:00 - 14:00 Uhr

Oder besuchen Sie uns im Online-Shop: www.emmaus.at/shop

Mühle DER Klassiker, wer kennt ihn nicht!

Hergestellt von der Holzwerkstatt

Preis: 15,50 Euro

Impressum:Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Emmausgemeinschaft St. Pölten - Verein zur Integration sozial benach-teiligter Personen, 3100 St. Pölten, Herzogenburger Straße 48-50. Redaktion: Christian Veith. Für den Inhalt verantwortlich: Karl Langer. Layout: Matthias Böswart. Herstellung: Ing. H. Gradwohl GmbH, 3390 Melk a.d. Donau.

NEU Der

Kleinprodukte-Verkauf

heißt jetzt

KunstHandWerk-Verkauf!

16 Emmausgemeinschaft

Arbeiten im AugenblickRegina Durnwalder: Seit 10 Jahren ein Herz für Frauen

Was mir meine Arbeit bedeutetIch bin ausgebildete Diplomsozialarbei-terin. Die Arbeit mit den Frauen ist eine große Herausforderung. Die Beschäfti-gung ist sehr schön, erfüllend, oft lus-tig, manchmal traurig. Jeder Mensch ist einzigartig und jede Frau hat eine andere Lebensgeschichte. Im Umgang mit den Frauen lerne ich täglich dazu. Frau E. zeigte mir, wie man Spannlein-tücher richtig zusammenlegt. Von Frau R. lernte ich, Gemüselaibchen zu ko-chen. Frau A. lehrte mich das richtige Kartenmischen. Ich beobachte, wie durch viel Geduld und intensive Be-treuung Stabilisierung entsteht. Frau H. kennen wir bereits seit 2004. In ei-ner Wohnung würde sie vereinsamen. Bei uns fühlt sie sich wohl und kann angstfrei ein „normales“, sicheres, ge-schütztes und schönes Leben führen.Arbeiten in der Grundversorgung: Man lebt und arbeitet im Augenblick. Dazu gehört es, Frauen mit Bekleidung, Pfle-geartikeln und Essen zu versorgen. Wenn eine Frau in der Notschlafstelle

aufgenommen wird, zählt der Moment. Ein Bett zum Schlafen in der Wärme, warmes Essen, Duschen. Respektvol-ler Umgang. Zeit haben zum Zuhören für ihre Lebensgeschichte.Im Team fühle ich mich wohl. Für mich ist der Austausch mit den Arbeitskolle-ginnen sehr wichtig.Daran werde ich mich immer erinnernAm 1. Juni 2005 wurde ich als Mitar-beiterin im Emmaus Frauenwohnheim aufgenommen. Am 4. Juni habe ich Geburtstag. Gleich beim ersten Team-treffen bekam ich einen Blumenstrauß und einen Kuchen geschenkt.Wenn ich könnte, würde ich die sozia-le Ungerechtigkeit auf der Welt verän-dernWas ich schon immer einmal machen wollte: Auf einer Almhütte arbeiten und lebenIch wünsche mir, dass ich noch lange gesund mit meiner Familien leben und bei Emmaus beschäftigt sein kann.

Steckbrief:Geboren und aufgewachsen:am 4.6.1970 in Eferding (Oberösterreich)Wohnort: Nesselstauden im schönen DunkelsteinerwaldTätig als: Wohnheim-MitarbeiterinLieblingsspeise: PizzaLebensmotto: Der Augenblick zähltHobbys: Singen im Chor, Wandern im Dunkelsteinerwald

Traute Zweisamkeit: Regina mit ihrem Manfred vor der Ruine Aggstein im Dunkelsteinerwald Foto: zVg

17Thema

„Ich bin nichts wert“Die Borderline-Erkrankung

Fallbeispiel Gernot R. (19): Der Vater erkennt die Vaterschaft nicht an. Wech-selnde Lebenspartner der Mutter. Ge-waltbereitschaft, Streit und Alkohol innerhalb der Familie. In der Pubertät erstmals aggressives Verhalten gegen-über Mitschülern und der Mutter. Er droht und zückt das Messer, wenn er sich gefährdet fühlt. Die schulischen Leistungen werden schlechter. Die ei-gene Lebensperspektive schwindet. In Partnerschaften stark klammernd und kontrollierend, sodass es den Mäd-chen „zuviel“ wird. Er nimmt Drogen, Tabletten und Alkohol, da er sich selbst nicht mehr aushält.

Das Borderline Erkrankungsbild prägen fordernde Beziehungsmuster, emotio-nale Krisen und verringerte Leistungs-fähigkeit. Dazu kommt ein exzessives, impulsives und rücksichtsloses Verhal-ten, das andere verunsichert. Distan-zieren sich diese und setzen Grenzen, wird der „Borderliner“ erst recht wü-tend und drohend.

Menschen mit einer Borderline-Er-krankung glauben, keine Liebe und Anerkennung zu verdienen. Um ihren geringen Selbstwert zu regulieren, benötigen sie daher Bestätigung von außen. Doch diese hält nicht lange an, rasch kommen wieder Zweifel.

Borderliner erleben innere Leerezu-stände und die als existentiell bedroh-lich. Er tut alles dafür, um sich von diesen Schmerz- und Angstgefühlen abzulenken. Dafür riskiert er auch Leib und Leben. Um diese Gefühle nicht mehr zu spüren, betäubt er seinen Geist durch Alkohol- und Drogenex-zesse, sexuelle Ausschweifungen, Kaufrausch, Machtphantasien, schnel-le Fahrzeuge und riskante Sportarten. Höher, schneller, spannender - bis zum nächsten Gefühlszustand, der den Bor-derliner wieder „runterzieht“.

Überlebenswichtig für einen emotional instabilen Menschen ist ein Partner. Dieser wird zuerst idealisiert und in eine symbiotische Beziehung gezwun-gen. Im Verschmolzensein spürt der Betroffene seine Selbstunwertgefühle weniger und nimmt Anteil an den Ge-fühlen des anderen. Bindungsfähigkeit und Empathie sind deutlich herabge-setzt. So verliert er Lust und Interesse am anderen. Dieser wird fallengelas-sen und jemand Neues gesucht, der/die den Erwartungen nach Aufopfe-rung und „Rundum-Versorgung“ bes-ser entspricht.

Die Borderline-Erkrankung ist eine Persönlichkeitsstörung mit erheblichen emotionalen und sozialen Defiziten, erstmals sichtbar im jungen Erwach-senenalter.

Neue Rubrik: Psychische und Verhaltensstörungen Teil 1

Bärbel Fichtl

Zum Weiterlesen:www.sozialpsychiatrie-aktuell.at

18 Punktbetreuung

Wir lassen dich nicht fallen!

Durch verschiedene Umstände herausgefallene Personen nicht einfach sich selbst zu überlassen, sondern ihre Talente und Fähigkeiten wieder zu nützen – das ist eine Frage der volkswirtschaftlichen Klugheit für einen Sozialstaat wie Österreich.

Dafür sorgt allein schon die demografi-sche Entwicklung Österreichs: Immer weniger Junge rücken nach. Kann es sich der Staat da erlauben, diese sich selbst zu überlassen, wenn in ihrer per-sönlichen Entwicklung etwas schief-geht? Sonst droht in der nächsten Ge-neration ein großes Problem: Dem Staat gehen die Arbeitskräfte aus.

Jeder Mensch hat einen Wert, einfach weil er zuallererst „Mensch“ ist. Darüber hinaus hat jede/r auch einen volkswirt-schaftlichen Wert - auch die älteren Gäs-te bei Emmaus. Bei manchen hat schon die Ausbildung viel Geld gekostet. Ande-re wiederum haben praktische Erfahrun-gen gesammelt. All das wäre verloren, wenn sich niemand darum kümmert, diese Menschen wieder ins bürgerliche Leben zurückzuführen. Genau das tut

Emmaus und nimmt dem Staat damit diese Aufgabe ab. An vorderster Front mit einer Menge Erfahrung steht dabei Mirsada Zupani. Sie ist Sozialarbeiterin in der „Punkt- und Nachbetreuung“ bei Emmaus.

Wie geht’s weiter …

Mirsada Zupani war 23 Jahre alt, als sie als junge Jus-Studentin vor dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien floh. Sie kam zunächst in Traiskirchen unter, dann in einem Gasthaus in Kirchberg an der Pielach - mit nicht viel mehr als sie am Leibe trug. Von Grund auf musste sich Mirsada Zupani ein neues Leben aufbauen. Immerhin beherrschte sie die deutsche Sprache so gut, dass sie einen Bürojob im Verein für Flüchtlings-beratung vermittelt bekam. In kürzester

Seit 14 Jahren gibt es die Emmaus Punkt- und Nachbetreuung

„Wenn jemand wieder in ein bürgerliches Leben zurückfindet, ist das für mich der größte Erfolg meiner Arbeit.“ Seit 2001 hat Mirsada Zupani „dutzende, vielleicht über hundert“ Personen betreut.

Foto: Böswart

19Punktbetreuung

gelebt hatten. In der Realität ist das Le-ben eines Clochard beinhart, längst nicht so romantisch wie in den „Maigret“ Kri-minalfilmen. „Eigentum zählt da wenig und manchmal sogar Menschenleben!“

Zurück ins Leben

Auf der anderen Seite wieder gibt es gar nicht so wenige ehemalige Gäste, die in ein „bürgerliches“ Leben zurück-gefunden haben, die nach ihrer Zeit bei Emmaus noch geheiratet und Kinder be-kommen haben und heute als Angestell-te einer regelmäßigen Arbeit nachge-hen. „Das ist für mich der größte Erfolg bei meiner Arbeit!“

Könnte ein nicht allzu schwerer Wie-dereinstieg ins Berufsleben auch über „Telearbeit“ geschehen? Sie spielt in Ös-terreich im Unterschied zu Deutschland oder den Niederlanden noch kaum eine Rolle. „Telearbeit erfordert ein hohes Maß an Disziplin. Und da bin ich mir bei manchen Leuten nicht so sicher…“, gibt Mirsada Zupani zu bedenken.Ansonsten aber ist die Sozialarbeiterin vollauf zufrieden mit ihren Arbeitsbe-dingungen. Könnte man das Konzept der Punktbetreuung bezüglich der ge-setzlichen Rahmenbedingungen noch optimieren? „Eigentlich ist diesbezüglich alles bestens. Und das Problem mit der mangelnden Ehrlichkeit mancher Leute in der Punktbetreuung kann man gesetz-lich auch nicht lösen!“

Zeit wechselte Zupani von einer admi-nistrativen Kraft in die Flüchtlingsbera-tung, absolvierte die Sozialakademie im Abendstudium und kam schließlich als Sozialarbeiterin zu Emmaus. Und Em-maus war 2001 offen genug für eine so-ziale Innovation: die Punktbetreuung der ehemaligen Emmaus-Gäste.

Früher vor, heute kurz nach ihrem Ab-schied von Emmaus, hatten bzw. ha-ben die (Ex-) Emmaus-Gäste ein erstes Treffen mit Mirsada Zupani. Gemeinsam wird besprochen, wie es jetzt weiter-geht, was der Ex-Gast tun möchte bzw. welche Möglichkeiten es sonst noch gibt. Danach folgen Wohnungssuche, Behördenwege usw.

Erfolgsquote über 95 Prozent

„Wichtig ist mir dabei „, so Mirsada Zu-pani, „absolute Ehrlichkeit. Ich bin all-ergisch auf Unehrlichkeit!“ Und diese Strategie scheint aufzugehen: Sie selbst schätzt ihre Erfolgsquote auf „jedenfalls über 95%“. Natürlich gab es einzelne Rückfälle, und einige Ex-Gäste erlagen auch ihrer Suchtkrankheit. Einmal fand Zupani bei einem Hausbesuch sogar einen Toten vor. „Das gehört zu meinen bittersten Erfahrungen in der Punktbe-treuung!“

Mirsada Zupani arbeitet seit 14 Jahren in dieser Funktion. Wie viele Menschen sie in dieser Zeit schon betreut hat, kann sie nicht sagen. „Jedenfalls Dutzende, viel-leicht über hundert.“Über die Jahre lernte sie auch einige echte „Clochards“ kennen - Männer, die jahrelang buchstäblich „auf der Straße“

Dr. Günter Gerdenitsch ist Gast im Wohnheim Viehofen.

Günter Gerdenitsch

20 Emmausgemeinschaft

„Wenn Gott eine Tür schließt, öffnet er ein Fenster“Seit 10 Jahren setzt sich Nicola Yamazaki für das Wohl von Frauen ein

Mein Weg zu EmmausIch bin Cellistin und habe 25 Jahre im Orchester des Stadttheaters St Pölten gespielt, außerdem an der Musikschu-le unterrichtet, was ich noch immer tue. Das Orchester wurde 2005 aufgelöst, und ich suchte eine neue Aufgabe. Am besten etwas Soziales. Eine Bekannte aus Pottenbrunn erzählte mir von der neuen Frauen-WG. Ich traf mich mit der damaligen Leiterin Gertrude Dirn-eker. Danach begann ich - zunächst eh-renamtlich - dort zu arbeiten. Anfangs gab es nur eine kleine Wohnung. Ich habe mich sofort wohlgefühlt unter

den Kolle-ginnen und u n s e r e n Gästen.Was mir die Ar-beit bei E m m a u s bedeutetDie Arbeit im Frauen-wohnheim b e d e u t e t

mir sehr viel. Über die Jahre gab es drei Leiterinnen, viele Kolleginnen und Gäs-te, viele Schicksale und immer neue Herausforderungen und Weiterbildun-gen. Kein Dienst ist genau gleich. Ein eindrückliches Erlebnis war für mich, als ich die ganze Nacht bei ei-ner Frau blieb, die höllische Rücken-

schmerzen hatte und die auch kurz da-rauf verstorben ist.Trotzdem ist es bei uns oft lustig. Es gehört zum Alltag, mit den Gästen oder den Kolleginnen zu lachen.Ich freue mich, ein ganz kleiner Teil der großen Emmausgemeinschaft zu sein. Woran ich mich immer erinnern werdeDie Geburt meiner Tochter, ihre ers-ten Worte und Schritte, meine erste Begegnung mit meiner neuen Familie in Japan, auch ein Reise nach Nigeria mit unserem Pfarrer Sabinus und vie-les mehr.Wenn ich könnte würde ich für Frieden sorgen und Möglichkeiten finden, um die Kluft zwischen Arm und Reich zu verringernIch würde gerne immer als Entwick-lungshelferin arbeitenIch wünsche mir Gesundheit und wei-terhin ein spannendes Leben

Steckbrief:Geboren und aufgewachsen in: Wales, Schottland, Kanada und EnglandWohnort: PottenbrunnTätig als: Musiklehrerin, Cellistin, Sozialhelferin, ChorleiterinLieblingsspeise: Nudeln in jeder FormLebensmotto: Wenn Gott eine Tür schließt, öffnet er ein FensterLebensziel: Vielleicht irgendwann eine gute Großmutter seinHobbys: Singen, Tanzen, Wandern, Reisen, Kochen

Britisch-japanische Freund-schaft: Nicola mit ihrer Familie

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21Emmaus dankt

Kicken für den guten Zweck!„Wenn der Club NÖ die Fußballschuhe an-zieht, heißt die eigentliche Intention: Spen-den erlösen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen“, betonte Landeshauptmann und Club NÖ-Präsident Dr. Erwin Pröll bei der Übergabe der Spen-den im Landhaus St. Pölten. Begünstigt war heuer auch die Emmausgemeinschaft. GF Karl Langer nahm den Scheck gerne entgegen.

Schwerwiegend250 kg Speisekartoffeln – diese wahrhaft gewichtige Spende langte bei Emmaus ein. Über den unverhofften Kartoffelsegen freuen sich nun die Emmaus-Küchen und damit Gäste und MitarbeiterInnen in den Einrichtungen. Ein großes Dankeschön an die Familie Müller aus St. Va-lentin von Müller s Hofkartoffel!

LöweneinsatzSeit mehreren Jahren veranstalten LEO und LIONS Clubs in ganz Österreich gemeinsam mit MERKUR eine Sachspenden-Sammel-aktion. Und Emmaus profitierte auch heuer wieder davon. Ein herzliches Danke allen Kundinnen und Kunden und dem Leo Club St. Pölten. Im Bild v.l.n.r.: Vera Liebl, Alexan-dra Freitag (beide LEO Club), Rita Olah und Julia Kendler (beide Emmaus).

„Ich habe mehr als genug!“Am 8. Mai kam Prälat Johannes Oppol-zer in das Emmaus-Wohnheim in der Herzogenburger Straße, in der Hand einen Scheck. „Ich sehe es als meine Verpflichtung an, meine Ersparnisse an die weiterzugeben, die es nötig haben. Ich habe mehr als genug“, begründete der Geistliche seine Großzügigkeit. „Bei Emmaus ist das Geld gut angelegt.“ Herzlichen Dank!

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22 Emmausgemeinschaft

Jeder Tag hat viele Leben: Die Philosophie der kleinen Schritte von Clemens Sedmak, Ecowin Verlag 2014, 19,95 Euro

Buchtipp

Es ist oft nicht viel notwendig, um dem eigenen Leben eine völlig neue Richtung oder einen ganz neuen Ge-schmack zu geben. Kleine Kurskorrekturen können weit-reichende Auswirkungen haben. So wie ein Kiesel, den man ins Wasser wirft und der weite Kreise zieht. Der Philosoph Clemens Sedmak begleitet zwölf Men-schen dabei, wie sie durch eine minimale Änderung ei-ner einzigen oft kleinen Gewohnheit ihr Leben neu zur Entfaltung bringen. Und am Abend des Tages sagen: Ja, das war ein guter Tag!Oder gar die Erfahrung machen, dass eine gute Ge-wohnheit Lebenswunden heilen kann.

Clemens Sedmak schreibt flüssig und gut lesbar. Die philosophischen Ausführungen sind verständlich, und auch der Humor

kommt nicht zu kurz. So erwacht beim Lesen das Verlangen, selbst einige kleine Veränderungen im Leben vorzunehmen. Karl Langer

Jooo, mir san mit m Radl do!

Auf einem angesagten nextbike-Verleihrad in und um St. Pölten in die Pedale treten – das geht jetzt auch ab St. Pölten Viehofen. Am 17. April wurde vor dem Emmaus-Gelände in der Ortweingasse ein neuer nextbike-Standort eröffnet. Landesrat Stephan Pernkopf und St. Pöltens Bürgermeister Matthias Stadler begutachteten die neue nextbike-Station zusammen mit Emmaus-Obmann Franz Angerer, Em-maus-GF Peter Hirsch und vielen Emmaus-MitarbeiterInnen und Gästen. Parallel

dazu wurden auch Emmaus-Werbeta-feln für 4 nextbikes vorgestellt – ein po-sitiver Imageträger für Emmaus in ganz St. Pölten!

nextbike eröffnet Radverleih-Station in Viehofen

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Foto: Strobl

Kontaktdaten der Emmausgemeinschaft St. PöltenGeschäftsführung & Verwaltung Herzogenburger Str. 48-50,

3100 St. Pölten

Dienstleistungen

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Fachärztliche Dienste: [email protected], 0676 / 88 6 44 - 788

Geschäftsführung: Tel.: 0676 / 88 6 44 - 0 Personal & Öffentlichkeitsarbeit [email protected] Wirtschaft & Finanzen [email protected] Pädagogik & Entwicklung [email protected]

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Exkursionen & Besuche [email protected], 0676 / 88 6 44 - 636

Referate Referat Arbeit: [email protected], 0676 / 88 6 44 - 275Referat Wohnen: [email protected], 0676 / 88 6 44 - 589Referat Jugend: [email protected], 0676 / 88 6 44 - 797

SanierungOrtweingasse 2-8, 3107 ViehofenTel.: 0676 / 88 6 44 - 283Fax: 0676 / 88 6 44 - 812E-Mail: [email protected]

Altwarenhandel & TransporteOrtweingasse 2-8, 3107 ViehofenMöbelverkauf: Mi, 15-18 UhrTel.: 0676 / 88 6 44 - 520 Falls unbesetzt, aufs Band sprechenFax: 0676 / 88 6 44 - 812E-Mail: [email protected]

KunstwerkstattOrtweingasse 2-8, 3107 Viehofen

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GartenpflegeOrtweingasse 2-8, 3100 St. PöltenTel.: 0676 / 88 6 44-279Fax: 02742 / 25 85 04E-Mail: [email protected]

KleinprodukteverkaufOrtweingasse 2, 3107 ViehofenTel.: 0676 / 88 6 44 - 770Fax: 0676 / 88 6 44 - 802E-Mail: [email protected]Öffnungszeiten: Mo, Do, 9.30-12 & 13-16 Uhr, Di, Mi, 16-18 Uhr, jeden 1. Samstag im Monat beim Flohmarkt, 9-14 Uhr

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Spenden an die Emmausgemeinschaft sind steuerlich absetzbar! Die Registriernummer der Emmausgemeinschaft St. Pölten lautet: SO 1120.

Die Emmausgemeinschaft wird gefördert von:

NÖ Landesregierung, Arbeitsmarktservice, Europäischer Sozialfonds, Sozialministeriumservice, Bundesmi-nisterium für Justiz, Stadtgemeinde St. Pölten, Caritas, Diözese St. Pölten.

ZVR-Zahl: 248337422

Feuer am Dach!Am Emmaus-Areal Viehofen wurde das Verhalten im Brandfall geübt

Funktionieren die Alarmierungs- und Evakuierungspläne nach der Erweiterung in Viehofen noch? Diese Frage wurde zusammen mit der Freiwilligen Feuer-wehr Viehofen bei einer Übung praktisch überprüft. Ergebnis: Die Alarmie-rungseinrichtungen und Evakuierungspläne haben sich bewährt. Falls also jemals der Ernstfall eintritt - Viehofen ist dafür bestens vorbereitet! Die Emmaus-Geschäftsführung dankt den beiden Brandschutzverantwortli-chen Franz Zöchling und Franz Fellinger für die hervorragende und umsichtige Bewältigung dieser Aufgaben! Foto: Emmaus