Ein hathorisches Kultlied und ein königlicher Archetyp des Alten Reiches — Sinuhe B 270f. und eine Stele der späten XI. Dynastie (Louvre C 15)

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  • Ein hathorisches Kultlied und ein kniglicher Archetyp des Alten Reiches Sinuhe B 270f.und eine Stele der spten XI. Dynastie (Louvre C 15)Author(s): Ludwig D. MorenzReviewed work(s):Source: Die Welt des Orients, Bd. 28 (1997), pp. 7-17Published by: Vandenhoeck & Ruprecht (GmbH & Co. KG)Stable URL: http://www.jstor.org/stable/25683635 .Accessed: 03/06/2012 07:06

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  • Ein hathorisches Kultlied und ein koniglicher Archetyp des Alten Reiches - Sinuhe B 270 f. und eine Stele

    der spaten XI. Dynastie (Louvre C15)1)

    Den Leipziger Freunden

    Von Ludwig D. Morenz, Oxford

    In dem Befriedungs- und Rekreationslied in der Sinuheerzahlung2) -

    offenbar einem literarisch verarbeiteten Kultlied mit Bezug auf Hathor -heiBt es (B 269-271):

    Deine Hande zum Vollkommenen (nfr.t)A, dauernder K6nigB, Dem Schmuck (hkr.t)A der Herrin des Himmels! Die Goldene gibt Leben an deine Nase, Die Herrin der Sterne verbindet sich mit dirc.

    Kommentar

    A) Nfr.t war ein vielgebrauchtes Allerweltswort, dessen genaue Be

    deutung sehr vom Kontext abhangt. Es bezeichnet hier die Ketten, Klappern und Sistren. Gleichzeitig und untergriindig kann man aber auch an Hathor respektive die Konigin denken. Sowohl hkr.t nsw als auch nfr.t dienten als Bezeichnungen von Frauen im Hathorkult3). Fer ner darf daran erinnert werden, daB die Konigin

    - Sinuhes Patronin -

    Nofru heiBt (R5). GemaB B268f. besteht der hkr./-Schmuck aus

    mny./-Ketten, Klappern und Sistren.

    1) Der Text wurde wahrend eines Feodor-Lynen-Stipendiums am Queen's Colle

    ge, Oxford geschrieben. Fiir hier empfangene Anregungen danke ich Katja Goebs, Prof. John Baines, Dr. Mark Collier und Dr. Alexey Vinogradov herzlich. AuBerdem bedanke ich mich bei Prof. Elke Blumenthal fiir Hinweise.

    2) Vgl. hierzu P. Derchain, La Reception de Sinouhe a la Cour de Sesostris Pr, in: RdE 22, 1970, S. 79-83, W. Westendorf, in: SAK 5, 1977, S. 293-304, J. Baines, Interpreting Sinuhe, in: JEA68, 1982, S.31-44, bes. S.43; das ganze Lied reicht von B 269-279, letzte Gesamtubersetzung der Sinuhe-Erzahlung: E. Blumenthal, 1995, in: E. Blumenthal et alii, TUAT III, 5, Mythen und Epen III, S.884-911, Textausga be: R.Koch, Die Erzahlung des Sinuhe, BiAeg 17, Briissel 1990.

    3) Vgl. hierzu: L. Troy, Patterns of Queenship in Egyptian Myth and History (Bo reas 14), Uppsala 1986, S.78f.

    Die Welt des Orients 28/1997 S.7-17, ISSN 0043-2547 ? Vandenhoeck & Ruprecht 1997

  • 8 Ludwig D. Morenz

    B) Die Wendung nsw wlh kann durch Formulierungen wie der im Grab des Uch-hotep, Sohn des Senbi in Meir (A. H. Blackman, The Rock Tombs of Meir II, London 1915, pi. XV), erklart werden:

    ?Fiir deinen Ka die mny./-Kette der Hathor. Sie laBt dich dauern

    (w/A)." C) Die letzten beiden Verse haben eine weitgehende Parallele in dem

    Brief des Sinuhe an den Konig, wo er die Gotter um Wohlergehen fiir Pharao bittet:

    B270f. B211 dj nwb fnh r fnd=k dj=sn rnh wis r fnd= k hnm tw nb.t sbi.w 0 hnm = sn tw m tw.t jb

    In B 271 ist wahrscheinlich nichts ausgefallen, sondern die Wendung zielt auf tatsachliche Vereinigung des Konigs mit der ?Herrin der Sterne". cnh wis und Iw.t jb sind ganz typische Gaben der Gotter an den Konig. Es fragt sich, ob die beiden Stellen intratextuell aufeinan der Bezug nehmen, oder ob zufallig bzw. gewohnheitsmaBig dieselben

    Formulierungen verwendet wurden. Mit dieser Textpassage wurden von der Forschung insbesondere die

    Ritualszene in dem Grab des Senbi4) in Meir aus dem Mittleren Reich, Darstellungen des Sedfestes mit Konigskindern (msw nsw), die Lieder

    singen, Sistren rascheln und Menits darbringen und die Szene des Tut

    anch-amun-Schreins, wo die Konigin ihrem Gemahl die mny./-Kette darreicht, verglichen.

    In noch engerer Beziehung zu dem Kultlied bei Sinuhe steht die be sonders durch ihren kryptographischen Fries beriihmte Stele Louvre C 15 aus der spate(re)n XI.Dynastie5). Im untersten Register (Abb.l)

    4) A. H. Blackman, The Rock Tombs of Meir I, London 1914, pi. II. Eine beson

    ders enge Nahe dieses Wandbildes zur Erzahlung des Sinuhe besteht darin, daB das

    Lied an Hathor wie dort von den Konigskindern vor Pharao hier von den eigenen Tochtern (sU=f mr.t=f) des Grabherren gesungen wird. Als Reprasentanten der

    ?Hathor in alien ihren Namen" agieren Frauen, die Menits, Sistren und Rasseln dar

    bringen, im Grab des Amenemhet (TT 82) aus dem Neuen Reich (N. de Garis Davies

    und A.H.Gardiner, The Tomb of Amenemhet, TTS1, London 1915, pi.XIX). Fiir

    die Grabdekoration wurden nicht wenige Vorlagen aus dem Mittleren Reich, beson

    ders aus dem Grab der Senet (TT 60) benutzt. Vermutlich geht auch diese mehr oder

    weniger direkt auf eine Vorlage aus dem Mittleren Reich ahnlich dem Grab des Sen

    bi aus Meir zuriick. Regelrechter Unterricht von Tempelmusikantinnen im Taktklat

    schen und Sistrumrascheln ist in dem Grab des Priestervorstehers und Lehrers der

    Sanger Chesu-wer aus dem Mittleren Reich in Kom el Hisn dargestellt, vgl. L. Man

    niche, Music and Musicians in Ancient Egypt, London 1991, S.123, Abb. 74.

    5) E. Drioton, Une Figuration Cryptographique sur une Stele du Moyen Umpire, in: RdE 1, 1933, S.202-229, mit deutlicher, aber verzerrter Photographie pi.IX;

    Ubersetzung bei W. Schenkel, Memphis -

    Herakleopolis -

    Theben, AA12, Wiesba

    den 1965, Nr. 498, S. 295-298. Die hier besprochene Szene ist am besten abgebildet bei L. Klebs, Die Reliefs und Malereien des Mittleren Reiches, Heidelberg 1922,

  • Ein hathorisches Kultlied und ein kdniglicher Archetyp ... 9

    v4M>. /: Unteres Register der Stele Louvre C 15, dariiber: kryptographi scher Fries (nach L. Klebs, Die Reliefs und Malereien des Mittleren

    Reiches, Abh. d. Heidelberger Ak. d. Wiss., 1922, S.68, Abb. 46)

    wurden zwei Szenen - Totenkult und Totenversorgung - ineinander

    verwoben. Auf der rechten Seite werden dem von seiner Frau begleite ten, sitzenden Steleninhaber Opfergaben dargebracht. Auf ihn bezieht sich auch die linke Seite der Stele, wo zwei Frauen abgebildet sind. Die vordere reicht mit ihrem erhobenen rechten Arm ein Menit6) dar. Ver mutlich kann man die Bildbeischrift 6ih als jwnJ(J)=f mr.t(=f) ttw

    Abb. 46, S. 68. Fiir eine Datierung in die spate XI. Dynastie sprechen die Determinie

    rung des Personennamens mit sitzendem Mann (W. Schenkel, Fruhmittelagyptische Studien, Bonn 1962, ? 10b), die Schreibung jmlh.y (ibid. ? 16b), das Totenepitheton m!r hrw (ibid. 28 a), die besondere ikonographische und auch stilistische Nahe zu Denkmalern der spateren XI. Dynastie (vgl. Anm. 14 und 19) und auch, daB der Titel

    jmj r! sbt.w anscheinend nur aus Theben und nur aus der spaten XI. Dynastie belegt ist (vgl. Anm. 18). Freilich bleibt bei solcherart Kriterien ein gewisser Spielraum.

    6) Das Menit war ein besonders im Hathordienst verwendetes Kultinstrument.

    Aus dem wohl primaren Aspekt des Freudebereitens, der Erheiterung entwickelten

    sich die beiden Aspekte Befriedung und Verjiingung. Eindrucksvolles Zeichen des Verjiingungs- und Verwandlungsaspektes ist eine Vignette fur einen Verwandlungs

    spruch in Chepri, wo eine Menit-Kette und ein Skarabaus abgebildet wurden

    (TT359, Grab des In-her-kau in Deir el Medineh =

    B.Bruyere, Rapport sur les

    Fouilles de Deir el Medineh (1930), FIFA0 8, Kairo 1933, Taf. 19). Eine schone Obersicht bietet der Artikel Menit von E.Staehelin in: LA IV, Sp.52f. W. Westen dorf, Bemerkungen zur ?Kammer der Wiedergeburt" im Tutanchamungrab, in:

  • 10 Ludwig D. Morenz

    auflosen, wobei ein ?1-Zeichen und die X^-Hieroglyphe doppelt gele sen werden miiBten. Durch diese doppelte Lesung wird die enge Zu

    sammengehorigkeit beider Titel ausgedriickt7). Die Beischrift kann man verstehen als ?seine Denderitin, seine Geliebte, Ttw". Jwn.t(.t) ist hier anscheinend ein Titel bzw. zumindest eine FunktionSbezeichnung, welcher Ttw als die Rolle der Hathor spielend ausweist. Man kann hierzu besonders Pyr. 1066a vergleichen: ?NN ist die Denderitin (/Sa?), nachdem er aus Dendera gekommen ist"8). In beiden Fallen wurde also wohl jwn.t(.t)

    - Denderitin - als Nisbe von jwn.t - Dendera - gebildet,

    wobei als einzigem Unterschied das Stadtzeichen, welches dieses Wort in Pyr. 1066 a determiniert, bei der Louvre-Stele nicht mit geschrieben

    wurde. Der vermutliche Titel jwn.t(.t) paBt tatsachlich ausgezeichnet zu der Menit-Szene einschlieBlich des beigeschriebenen Liedchens:

    hr= k n fnh ssp= k mny.t htp.n = k nb.t sbL w hnm tw nwb m mr.t.n=k

    Dies kann man iibersetzen:

    ?Dein Gesicht zum Leben, indem du die mny.t-Kette empfangst! Die Herrin der Sterne ist dir gnadig (Und) Gold erfreut dich mit dem, was du liebst."

    Zu diesem Liedtext gehort als Metatext:

    m ddjwn.t(.t=k) mr.t=k ttw -

    als Gesagtes deiner Denderitin9)^ deiner Geliebten, Ttw.

    Die Denderitin ist nicht Hathor, sondern spielt die Rolle der Hathor. Dabei deuten sowohl die Bezeichnung ?deine bzw. seine Geliebte" als auch die ikonographische Parallele mit der Frau des Verstorbenen auf eine engere Familienbeziehung. Bei Sinuhe wie z. B. auch im Grab des Sabni wird das hathorische Lied je von den Tochtern des Adressaten

    gesungen (vgl. Anm.4). So mag man analog auch in Ttw eine Tochter des Verstorbenen sehen. Durchaus ublich war die Bezeichnung der Ha

    ZAS 94 1967, S. 139-150, S.145, wies auf die lautliche Nahe von mnj.t und mn.t -

    ?Schenkel, SchoG" - hin.

    7) In derselben Zeile muG bei der Schreibung |^ das Suffixpronomen wohl gleichfalls doppelt gelesen werden: hm.t=f mr.t=f

    - ?seine Frau, seine Geliebte".

    Solcherart (hier wohl mehr der Asthetik denn der Okonomie geschuldete) doppelte Nutzung von Zeichen war in Altagypten durchaus ublich, und diese Schriftorganisa tion paGt besonders gut zur kryptographischen Stele.

    8) En passant sei auch auf den nach WB I, 55, 9 nur aus griechischer Zeit beleg ten Titel jwn.tj, dort aufgefaGt als ?Art Tempelmusikanten", hingewiesen.

    9) Fiir die doppelte Lesung eines A-Zeichens und des Suffixpronomens in (ttK gilt das oben fiir die Bildbeischrift jwn.t(.t)=f mr.t(=f) Bemerkte.

  • Ein hathorisches Kultlied und ein koniglicher Archetyp ... 11

    thor als ?Gold". Dagegen sonst nur noch aus Sinuhe bekannt ist das

    Epitheton nb.t sbLw -

    ?Herrin der Sterne"10). In beiden Texten wird also Hathor sowohl mit der Sonne (?Gold") als auch mit den Sternen in Beziehung gesetzt, und sie erscheint implizit bzw. explizit als ?Her rin des Himmels". In beiden Texten wird die Gottin nicht unter ihrem

    eigentlichen Namen, Hathor, genannt. Diese Meidung des Gottesna mens geschah im friihen Mittleren Reich haufiger11).

    Insgesamt kann man einander gegeniiberstellen: Louvre C 15 Sinuhe, B 270 f. nb. t sbL w nb. t sbl w nwb nwb hnm hnm

    mny.t hkr.t12) hr= k n fnh enh r fnd= k.

    Die Nahe dieser beiden Texte erscheint als so eng, daB man sie auf einen Archetyp zuruckfuhren mochte. Als gemeinsamen, wenn auch nicht direkt erhaltenen Ursprung kann man ein auf den Konig bezoge nes Kultlied annehmen. In dem Text des Privatmannes wurde das viel leicht trotz der Adaption fiir den Konig reservierte Wort hnm

    - ?verei

    nigen" - durch das lautlich so ahnliche hnm13)

    - ?erfreuen"

    - ersetzt; wahrscheinlich weil dem Autor die Vorstellung, daB sich der Nicht-Ko

    nig mit Hathor vereinige, doch zu weit ging. Anstelle dieser mir plausi blen Annahme konnte man sogar vermuten, daB auf der Louvre-Stele tatsachlich hnm intendiert war. Auf diesem Monument selbst, Z. x + 4, namlich ist die Schreibung von h statt h in dem Wort phr.t

    - ?Landgut" -

    belegt. Auf der Louvre-Stele iiberrascht die Determinierung von nb.t sbLw - ?Herrin der Sterne"

    - mit V-V~- Unter dem Arm der Stellver treterin der Hathor ist ein Sonnenschirm14) dargestellt. Moglicherweise

    10) Schon auf negadezeitlichen Paletten (z.B. G. A. Wainwright, W.M.F.Petrie und E. Mackay, The Labyrinth, Gerzeh and Mazghuneh, London 1912, pi. VI. 7, SD 47-77) wurde ein stilisierter Kuhkopf mit Sternen dargestellt. Die Vorstellung der Himmelskuh ist also sehr alt bezeugt. Allerdings fragt sich, ob man diese Darstellun

    gen konkret mit einer der spateren Gotterfiguren wie Hathor, Bat oder Mehet-weret identifizieren kann.

    u) Vgl. hierzu L. Morenz, Hathor und Amun, Zur Meidung von Gottesnamen im friihen Mittleren Reich; i.V.

    12) Zur zumindest partiellen Aquivalenz von mny.t und hkr. s.o.

    13) Zu dem zumindest teilweisen Zusammenfall von h und h vgl. J. Polotsky, Zu den Inschriften der 11. Dynastie, Leipzig 1929 (UGAA11), ?? 34f., S. 19-21.

    14) Vgl. H.G.Fischer, Sunshades of the Marketplace, in: MMJ 6, 1972, S. 151 156. Die Darstellung solcher Sonnenschatten im Flachbild war anscheinend auf die

    V.-XII. Dynastie beschrankt. In ihrer Form stehen der Louvre Stele die etwa kontem

    poraren, aus Theben stammenden Beispiele vom Sarg der Aschayt (Fischer, Nr. 22) und aus der Sargkammer der Neferu (Fischer, Nr. 21) am nachsten. Eine besondere

  • 12 Ludwig D. Morenz

    handelt es sich hier um ein Symbol fiir eine Art Himmelszelt15), wel ches auf Hathor als Herrin des Himmels (nb.t p.t) verweist16). Wahr scheinlich wurde das hier gar nicht mehr als solches zu erkennende

    Stangenkreuz symbolisch als Stern interpretiert. H.G.Fischer wies fur den Sonnenschatten die agyptische Bezeichnung sbl11) mit der Grund

    symbolische bzw. rituelle Verbindung mit Hathor mag der (von H.G.Fischer, Son

    nenschirm, in: LAV, Sp. 1004f., Sp. 1005 vermerkten) Tatsache zugrunde liegen, daB in spaterer Zeit bis zur XII. Dynastie im Unterschied zu den friiheren Belegen der Sonnenschirm eher von Frauen denn von Mannern getragen wird, doch ist dies naturlich nur Spekulation.

    15) Gangig war in Agypten die Vorstellung des auf Stiitzen ruhenden Himmels, al so einer Art Baldachin. Deshalb konnte es auch metaphorisch in einem alten Lied von der Trinkstatte heiBen:

    ?... der Himmel ist ausgespannt nach Siiden ... der Himmel ist ausgespannt nach Norden" (K. Sethe, Die beiden alten Lieder von

    der Trinkstatte in den Darstellungen des Luxorfestzuges, in: ZAS 64, 1929, S. 1-5,

    S.2f.). Schon im Ideogramm \r-^ driickt sich die Vorstellung der (gestirnten) Decke aus. Die Idee von einer Art Himmelszelt fiihrte z. B. in der Tempelarchitektur zur blauen

    Grundierung der Tempeldecke, auf die Sterne gemalt wurden. Die agyptischen Vor

    stellungen vom Himmel wurden nach H. Schafers einst bahnbrechender Studie iiber

    Weltgebaude der alten Agypter, Leipzig und Berlin 1928, eine erneute und umfas

    sende Behandlung lohnen. Eine kurze zusammenfassende Darstellung bietet E. Hor

    nung, Himmelsvorstellungen, in: LA II, Sp. 1215-1218. Vgl. auch D.Kurth, Den

    Himmel stiitzen, Rites Egyptiennes II, Briissel 1975, S. 70-76.

    Bei der in ihrer Bedeutung nicht sicher geklarten poetischen Bezeichnung des Him mels als pd.t mag man an ?Bogen" als metaphorische Bezeichnung des Himmels

    denken, wobei die Agypter aber sicher weniger den Himmel mit der Waffe Bogen

    verglichen. Bei einigen Stellen in den Pyramidentexten steht zu vermuten, daB pd.t nicht im engeren Sinn den ?Bogen", sondern eben den bzw. das ?Ausgespannte(n)" bezeichnet wie z.B. in der beruhmten Stelle Pyr.393b (also etwa: ?die Ausgespann ten wackeln, die Knochen des Aker (= mythologisch fiir Basis/Stiitzen des Ausge

    spannten) zittern"). Eventuell liegt diese Vorstellung von einer Art Himmelszelt auch

    Pyr. 1443 a zugrunde, wo es heiBt:

    Gewaschen ist das Antlitz des Himmels, klar ist der Ausgespannte (pdt), doch kann man hier wohl eher an eine metaphorische Bezeichnung des Regenbogens

    denken, was gut zum voraufgehenden (Halb-) Vers paBt. Bei der poetischen Bezeich

    nung des Himmels als pd.t mag die lautliche Nahe zu p.t eine Rolle gespielt haben.

    16) Hier darf en passant an J. W. v. Goethes

    Hochste Herrscherin der Welt!

    Lasse mich im blauen

    Ausgespannten Himmelszelt

    Dein Geheimnis schauen.

    erinnert werden.

    17) H.G.Fischer, 1972, S. 155. Auch anders geformte Sonnenschirme diirften sbi

    geheiBen haben. So ist auf einem Relief von dem Sedfest-Tor Amen-hotep III. aus

    Gourna in die Schirmflache deutlich erkennbar ein fiinfzackiger Stern eingeschrieben

    (BIFAO 94, 1994, S.485, oben).

  • Ein hathorisches Kultlied und ein koniglicher Archetyp ... 13

    bedeutung ?Stern" nach. Mit der Darstellung des Sonnenschirms - sbi

    - wird also eine direkte Beziehung zu der im Text genannten ?(Ha thor,) Herrin der Sterne"

    - nb.t sbi.w - hergestellt. Die Determinierung mit dem Holzzeichen (* durfte darauf anspielen. Das um sbi ge wobene semantische Geflecht erweist sich als ausgesprochen dicht, und es umgreift Bild, Bildbeischrift und Haupttext. In Z.x + 6 der

    Hauptinschrift heiBt es: ?[ich machte] dieses Grab an der Tiir (sbi) des

    Empfangens der Opfer". Eventuell kann man auch die im Bildfeld dar

    gestellte Tiir als sbi auffassen. Dazu kommt der ?Vorsteher der Tore

    (Jmj ri sbi.w) Nen-Mutef". Der Titel jmj ri sbi.w war wahrscheinlich auf die XI. Dynastie und vermutlich auf den thebanischen Raum be schrankt. Weitere Beispiele dafiir liefern die Stele Kairo, CG 20002 (er halten nur f/U&i) und die des Mi'.t (MMA 14.2.7)18), die beide aus Dra Abu 1-Naga stammen. Letztere weist auch in der Gestaltung der Gaben des Opfertisches starke Ahnlichkeiten zu der Stele Louvre C 15 auf, fiir die man deshalb auch eine Herkunft aus Theben postulieren kann19). In der Bildbeischrift heiBt es: ?Vorsteher der Tore (jmj ri sbi.w) Nen

    Mutef: er verkiindet (sr)20) die Opfergaben". Man kann vermuten, daB es sich bei den ?Toren" um eine (kurzlebige) thebanische Totenkultin stitution der XI. Dynastie21) handelt. Dem Tor (sbi) entsprechen auf dieser Stele lautlich der Sonnenschatten (sbi) und ?Hathor, Herrin der Sterne" (nb.t sbi.w). Vielleicht kann man an ein besonderes Tor der Ha thor von Deir el Bahri denken. Etwa kontemporar und konlokal heiBt es unter Bezug eines typischen Epiphanielieds auf Hathor:

    Geoffnet sind die Tiirfliigel (ri.w) Fiir die Herrin der beiden Lander22).

    18) H.G.Fischer, Egyptian Titles of the Middle Kingdom, New York 1985, S. 52, zu Ward Nr. 334.

    19) In diesem Zusammenhang verdient auch vermerkt zu werden, daB gleich Mlr.t auch 'b-kLwljh.w ein SalbgefaB an seine Nase halt. Eine weitere ikonographische Gemeinsamkeit besteht in dem Toilettenkastchen, welches auf beiden Stelen unter dem Sitz der Verstorbenen dargestellt ist. Ebenso hat die Darstellung des Sonnen schattens nachste Parallelen auf kontemporaren thebanischen Monumenten, s.

    Anm. 14.

    20) Dies ist, charakteristisch fur dieses an Besonderheiten reiche Monument, eine

    ungewohnliche, gleichwohl sinnvolle Metapher - sr bezeichnet eigentlich das ?Vor

    aussagen (dessen, was -

    ganz gewiB - in der Zukunft geschehen wird)" -, zu der die

    Beischrift bei rb-kLwlih.w\ ?der riecht/kuBt (sn) die Opfergaben" paBt. Ein ahnli cher Ausdruck findet sich auch auf dem Sarg der thebanischen Prinzessin Aschayt aus der XI.Dynastie: sn htp.t dflw (J.J. Clere und J.Vandier, Textes de la Premiere Periode Intermediate et de la XIeme Dynastie, BiAe 10, Briissel 1948, S.26, ? 270).

    21) Zu diesen thebanischen Totenkulttraditionen der XI. Dynastie gehort z. B., daB

    An(tef), der GroBe, geboren von Iku auf der Stele des MSr.t (MMA 14.2.7; Z.5) als Vermittler der Opfergaben in Erscheinung tritt.

    22) J.J.Clere und J.Vandier, Textes de la Premiere Periode Intermediate et de la

  • 14 Ludwig D. Morenz

    In Darstellungen des Neuen Reiches benihren sich die Gottin und der Konig in der Szene der Darreichung der mny.t-Kette wie z.B. bei zwei Pfeilern Sethos I. aus Abydos23). Hathor und Pharao fassen einan der mit beiden Handen an24). Der linke Arm der Stellvertreterin der Hathor entspricht genau, auch in der Handhaltung, dem linken Arm der Gottin auf dem heute im Louvre aufbewahrten Pfeiler Sethos I.25). In der Darstellung auf einem Pfeiler der hypostylen Halle von Karnak faGt die Gottin Mut Amen-hotep III. mit ihrer rechten Hand, wahrend sie ihm mit ihrem erhobenen linken Arm ein Menit darreicht26). Dieses Bildmotiv war in Gott-Konig-Szenen relativ gangig. Man darf also ver

    muten, daB der Stele Louvre C15 nicht nur ein textlicher, sondern auch ein bildlicher Archetyp aus dem koniglich-kultischen Bereich zu

    grundeliegt. Wie vermutlich im Text (s.o. zu hnm versus hnm) wurde im Zuge der Anverwandlung des koniglichen Vorbildes ebenso im Bild die Mensch-Gott-Nahe zuriickgenommen, insofern in der Szene des Privatmannes an Stelle der Hathor die priesterliche Stellvertreterin der Hathor steht27), wobei auch die direkte Beriihrung selbst nicht darge stellt wurde. Das vorauszusetzende konigliche Vorbild28) diirfte im Al ten Reich kreiert worden sein und dem Bereich des koniglichen (To ten-) Kultes29) entstammen. Als terminus a quo bzw. wahrscheinlicher

    XIeme ?)ynastie, BiAe 10, Briissel 1948, S.28, 1, 3; vgl. L.Morenz, Beitrage zur

    Schriftlichkeitskultur des Mittleren Reiches und der Zweiten Zwischenzeit (Wiesba den 1996, A AT 29), S.73.

    23) Abb. 569 bei W. Wolf, Die Kunst Aegyptens, Stuttgart 1957, S. 570 (jetzt in Flo

    renz); Abb. des Pfeilers, der jetzt im Louvre aufbewahrt wird: Titelbild und Abb. 58

    bei A. Roberts, Hathor Rising. The Serpent Power of Ancient Egypt, Totnes 1995.

    24) Man vergleiche aus den Liebesliedern des P.Harris 500: ?deine Hand ist in

    meiner Hand"; zu dem Motiv: A.Hermann, Altagyptische Liebesdichtung, Wiesba

    den 1959, S.59.

    25) Die Darstellung des linken Armes mit charakteristisch nach oben abgespreizter Hand wie auf der Louvre-Stele der XI. Dynastie erscheint auch auf den Totendenk

    steinen mehrerer Frauen der Ersten Zwischenzeit/XI. Dynastie aus Dendera; vgl. be

    sonders W.M.F.Petrie, Dendereh 1898, London 1900, Taf.XIB, s.v. Nubheq und

    Sentekhneba. Diese Abbildung reprasentiert aber das gangige Motiv der nach dem

    Opfertisch ausgestreckten Hand. Die scheinbar gleiche ikonographische Darstellung der Louvre-Stele und der Totendenksteine aus Dendera geht also vermutlich auf ei

    nen ganz anderen Hintergrund zuriick.

    26) Umzeichnung bei A. Gayet, Le Temple de Louxor (Mem. Miss. XV), Paris

    1894, PI. VII, Fig. 43.

    27) Im Unterschied zu Hathor auf den Pfeilern Amen-hotep III. und Sethos I. tragt die ?Denderitin" das Menit nicht um ihren Hals, sondern prasentiert es dem Verstor

    benen mit ihrem rechten Arm. Auch dies kann als partielle Desakralisierung verstan

    den werden.

    28) Fiir den kryptographischen Fries dieser Stele wurden auch ursprunglich konig liche Bildvorlagen benutzt. Sicher auf kdniglich-sakrale Bildvorlagen zuriick geht das

    Tragen der Panther- und der Mnkr./-Statue, das Boot mit Schlange darin usw.

  • Ein hathorisches Kultlied und ein koniglicher Archetyp ... 15

    ante quern wird durch die Louvre-Stele die XI. Dynastie gegeben. The matisch besonders nahe kommt dem die Hathor-Nebenkapelle Mentu

    hotep II. aus Dendera30). Auf der linken Wand im unteren Register rechts steht vor dem auf dem Lowenbett sitzenden Konig Hathor, die ein Sistrum schiittelt und wahrscheinlich auch (sehr zerstort) ein Menit

    halt31). Bemerkenswert erscheint auf der Stele der XI. Dynastie die

    weitgehende Ahnlichkeit in der Darstellung zwischen der priesterlichen Stellvertreterin der Hathor und der im Bild hinter (gemeint ist raumlich

    daneben) ihr stehenden Frau des Verstorbenen. Wie die Frau des Ste leninhabers wurde auch die Denderitin Ttw, also die im Totenritual als Stellvertreterin der Hathor Agierende, als ?seine Geliebte" bezeichnet. Das deutet auf eine teilweise Aquivalenz zwischen der Frau und der Denderitin hin (s.o.). Seine Frau war fiir den Mann auch eine Art Ha thor. Ihr steht beigeschrieben: hm.t=f mr.t=f hkr.t nsw wrt.t rb

    kLwljh.w. Sie ist damit scheinbar mit ihrem Mann gleichnamig32). Auf der anderen Seite der Stele heiBt die Frau hm.t=f mr.t=f hkr.t nsw wft.t /ra(?)33). Man kann entweder annehmen, daB es sich um zwei ver schiedene Personen handelt, oder aber, daB die Frau zwei verschiedene

    Namen - cb kLwljh.w und Jm(l) -

    trug. Als dritte (und m.E. vorzuzie

    hende) Moglichkeit bietet sich an, den Text als ?seine Frau, seine Ge

    liebte, einziger Konigsschmuck des fb kLwljh.w" zu verstehen. Dafiir

    29) Hier ist besonders an die Gruppe der Graber von Priesterinnen der Hathor, die samtlich auch als Kdnigsfrauen bezeichnet wurden, im Grabkomplex des Mentu

    hotep in Deir el Bahri zu erinnern, vgl. dazu W. Ward, Essays on Feminine Titles of the Middle Kingdom, Beirut 1986, ch.VI, The ?harem" of Nebhepetre Mentuhotep (S. 102-114). Zumindest einige dieser Frauen starben, bevor der Tempel fertig war.

    Dieser Tatbestand ist etwas spater noch einmal in Theben West belegt (vgl. D. Ar

    nold, Amenemhet I. and the Early Twelth Dynasty at Thebes, in: MMJ26, 1991, S.5-48, S. 14), und auch dort tragt eine Frau namens Hwj bzw. Hwj.wj (?(Gott NN) schiitze mich") den Hofdamen-Titel hkr.t nsw, was wiederum (auch) an Hathor erin nert (vgl. Anm.3). Der Sinn der anscheinend auf eine enge Zeitspanne (spate Erste Zwischenzeit/fruhes Mittleres Reich) belegten Sitte der Frauengraber im noch un

    vollendeten koniglichen Grabkomplex laBt sich zwar, da explizite Aussagen fehlen, nicht ganz sicher bestimmen, doch wird man neben nachtodlicher Nahe zu Pharao an eine Art Wegbereitung in das Jenseits denken konnen.

    30) Vgl. L. Habachi, King Nebhepetre Mentuhotep: His Monuments, Place in Hi

    story, Deification and Unusual Representations in the Form of the Gods, in: MDAIK 19, 1963, S. 16-52, S. 19-28.

    31) Eine ganz ahnliche Hathorfigur mit Sistrum und Menit begegnet auf einem

    Fragment Amen-em-het III. aus Lischt, H. Gauthier, G.Jequier, 1902, MIFA0 6, S. 106, fig. 131. Da dieses Relief wahrscheinlich nicht von der Dendera-Kapelle Men

    tu-hoteps kopiert ist, mag diese Darstellungsweise der Hathor auf einen beiden Quel len gemeinsamen Urtyp aus dem Alten Reich zuriickgehen.

    32) Davon ging W. Schenkel, Memphis -

    Herakleopolis -

    Theben, AA 12, Wiesba den 1965, S.297n, ohne Kommentar aus.

    33) Vgl. H. Ranke, Die agyptischen Personennamen I, Gliickstadt 1935, S.25, 3.

  • 16 Ludwig D. Morenz

    spricht, daB Gleichnamigkeit von Mann und Frau -

    je rb kLwljh.w -

    eher unwahrscheinlich deucht34). Der Frauentitel hkr.t nsw erscheint oft vergesellschaftet mit hm.t ntr hw.t-hr und steht fiir eine ahnliche

    Funktion35). Wie hier gezeigt werden sollte, ist die Text- und Bildkomposition auf

    dieser Stele auBergewohnlich dicht und kunstvoll. Die Szene des rechts sitzenden Ehepaares, dem Opfergaben dargebracht werden, ist von den links stehenden beiden Frauen in Hathorrollen durch den htp Block getrennt. Die Frau des rb kLwljh.w bildet den Rahmen, der die Szenen inhaltlich zusammenhalt, erscheint sie doch sowohl auf der rechten als auch der linken AuBenseite. In der Scheintiir des A/p-Blok kes kann man vielleicht die ?Tiir des Empfangens der Opfergaben" (s.o.) sehen. Dariiber befindet sich der Opfertisch, wobei Aufbau und Form der Opfergaben wohl in thebanischer Tradition der XI. Dynastie stehen (s.o.). Eine Besonderheit jedoch bieten die beiden Zufii gunge n links und rechts der Schilfblatter/Brote des Opfertisches. Das Stilleben des Opfertisches beinhaltet auch eine interessante Mischung von Bild und Text, wird doch die Basis durch die A//?-Matte gebildet, wobei auf der linken Seite unter die als Schilfblatter stilisierten Brote in anna hernd gleicher GroBe die Lotoshieroglyphe

    - das Zahlzeichen fiir 1000 -

    integriert ist. Dies erscheint als Verweis auf die Opferformel htp dj nsw mit der Anfugung der gewiinschten Gaben ,,1000 an ..." (hi m

    ...), die sich auf die darunter dargestellten Gaben bezieht. Rechts von dem Opfertisch steht ein in seiner GroBe etwa den Figuren im krypto graphischen Register entsprechender Mann namens fb kLwljh.w. Er halt ein Schreibzeug in seiner einen und eine Opfermatte in seiner an deren Hand. Beides gehort nicht zu dem iiblicherweise auf Stelen als

    Totenopfer Prasentierten, und sowohl die A/p-Matte als auch das

    Schreibzeug konnen als semikryptographische Zutaten36) interpretiert werden. Die Opfermatte, welche der Mann mit seiner linken Hand dar

    bringt, kann man als htp dj lesen. Wahrscheinlich steht dies fiir die htp dj ?5*H>-Formel. Das Schreibzeug kann man als Reprasentant des Titels

    ?Schreiber" (ss) interpretieren. Attribut und nichtkryptographische Beischrift kombinierend mag man den Mann als ?Schreiber der Matte

    (ss) tml rb kLwljh.w" identifizieren. Er tragt also denselben Namen wie der Steleneigner. Zieht man zudem in Betracht, daB das htp dj nsw-0\>

    34) Immerhin aber ist der Name sowohl fiir Manner als auch fiir Frauen belegt,

    vgl. H.Ranke, Die agyptischen Personennamen I, Gliickstadt 1935, S.59, 22.

    35) Vgl. L.Troy, 1986, S.87f.

    36) Das alteste Beispiel semikryptographischer Zutaten zu einer Person stammt

    von einem der Paneele des Hesi-Re aus der III. Dynastie, wo er -

    entsprechend sei

    nem Namen - libierend eine /w-Vase halt, vgl. H. G. Fischer, Some Emblematic Use

    of Hieroglyphs with particular Reference to an Archaic Ritual Vessel, in: MMJ 5,

    1972, S.5-23, S.17- 19.

  • Ein hathorisches Kultlied und ein koniglicher Archetyp ... 17

    ferritual normalerweise von dem Sohn ausgefiihrt wurde, kann man

    vermuten, daB der Schreiber cb kLwljh.w jener Sohn des Verstorbenen cb kLwljh.w ist, der diesen Denkstein seinem Vater stiftete. In der

    Schreibpalette kann man geradezu ein ikonographisches Zeichen von Autorschaft sehen37). Als rb kLwljh.w'% besondere Gabe dabei mag man die kunstvolle Schrift- und Bildkomposition einschlieBlich der

    Kryptographie sehen. Tieferen Sinn triige dann, daB er seinem Vater (?) ein Schreibzeug darbringt. Wahrscheinlich fallen in seiner Person Au tor und Stifter dieses in vielerlei Hinsicht, z. B. auch der Qualitat der

    Darstellung, so bemerkenswerten Monumentes zusammen. In der Sinuheerzahlung dient das aus dem Konigskult ubernommene

    Lied zwei Anliegen, der Befriedung des Konigs und der Reintegration Sinuhes in die agyptische Gesellschaft durch seine Regeneration. Ha thor bzw. die Konigin

    - die in dem an Sinuhe gerichteten Konigsbrief (B 185f.) als ?dieser dein Himmel" bezeichnet wird -, erscheint ganz entsprechend seinem Namen ?Sohn der Sykomore"38) gewissermaBen als ?Mutter" des Sinuhe und Pharao als sein ? Vater"39). Hathor/die

    Konigin steht in ihrem Mutteraspekt naher an Sinuhe als (Re40)) der

    Konig, aber Pharao erscheint als obere Instanz. Sowohl bei Sinuhe als auch auf der Stele Louvre C 15 wurde eine ursprunglich dem konigli chen Bereich vorbehaltene Idee auf Nichtkonige iibertragen. Einmal aber handelt es sich um ein literarisches Werk, wo raffiniert mit dieser

    Hathor-Konig-Konstellation gespielt wird, wahrend sie das andere Mal von einem Privatmann fur seine Regeneration nach physischem Tod

    adaptiert wurde. In der Sinuheerzahlung, dem groBen Diskurs uber das Agyptertum, dient der Hathor-Konig-Ritus der Regeneration und

    Reintegration des vormaligen AuBenseiters, dem in der Fremde nach bestandenem Lebenskampf sich (wieder) seiner Agyptischheit bewuBt gewordenen und heimgekommenen Sinuhe.

    37) Pa-heri, der Sohn des Ach-mose, Sohn der Ibana, wurde eine Schreibpalette haltend in dem Grab des Ach-mose dargestellt (C. Vandersleyen, Les Guerres

    d'Amosis, Briissel 1971, pi. 3), und aus der Bildbeischrift geht hervor, daB er die De koration einschlieBlich der Beschriftung des Grabes leitete. Vermutlich hat die

    Schreibpalette in beiden Darstellungen die Funktion, rb kLwljh.w bzw. Pa-heri als Autoren bzw. als Stifter der funeraren Monumente auszuweisen.

    38) Vgl. S. Allam und S.Morenz 1962, Warum hieB Sesostris Sesostris?, In: Fo

    Fo36, S.8f.

    39) Vgl. W. Westendorf, 1977, S.302, zu Z. 12-13. Als Hinweis auf eine Art Sohn schaft Sinuhes in bezug auf Pharao kann man den schon ganz am Anfang der Erzah

    lung (R2) gegebenen (Ehren-) Titel rh nsw m!r mry=f -

    ?der wahre Konigsbekannte, den er liebt" - werten, deutet doch die Erweiterung des Titels um mry=f

    - ?den er

    liebt" - auf eine Art ideeller Sohnschaft.

    40) Strukturell gesehen reprasentiert - falls die Konigin fiir Hathor steht

    - der Ko

    nig Re. Dies deckt sich ja auch mit der agyptischen Konigsideologie.

    Article Contentsp. [7]p. 8p. 9p. 10p. 11p. 12p. 13p. 14p. 15p. 16p. 17

    Issue Table of ContentsDie Welt des Orients, Bd. 28 (1997), pp. 1-272Front MatterWolfram von Soden [pp. 5-6]Ein hathorisches Kultlied und ein kniglicher Archetyp des Alten Reiches Sinuhe B 270f. und eine Stele der spten XI. Dynastie (Louvre C 15) [pp. 7-17]Persnliche Frmmigkeit und Brokratie: Zu einer neuen Edition der Lehre des Ani [pp. 18-30]baqru: Ein Fall von lexikalischem Transfer infolge von Plurilingualismus? Probleme der lexikalischen Interferenz in Sprachkontaktsituationen [pp. 31-57]Fehlerhafte Schreibungen in den Namen der Keilschriftzeichen [pp. 58-73]Zu den Tutalija-Annalen (CTH 142) [pp. 74-84]Noch einmal zu der keilalphabetischen Kruginschrift aus Kumidi KL 67:428 p [pp. 85-88]Comments on the Phoenician Tariff Inscriptions from Kition [pp. 89-95]The Exaltation of Nab: A revision of the relief depicting the battle against Tiamat from the temple of Bel in Palmyra [pp. 96-116]The Time of Death of Alexander the Great: 11 June 323 B.C. (322), ca. 4:005:00 PM [pp. 117-135]Diejenige welche [pp. 136-152]Spezialisierung und geteilte Kompetenz Sunnitische Rechtsgelehrte ber die Zulssigkeit von itihd [pp. 153-169]BuchbesprechungenReview: untitled [pp. 170-173]Review: untitled [pp. 173-175]Review: untitled [pp. 175-177]Review: untitled [pp. 177-181]Review: untitled [pp. 181-185]Review: untitled [pp. 185-188]Review: untitled [pp. 188-189]Review: untitled [pp. 189-191]Review: untitled [pp. 191-193]Review: untitled [pp. 193-194]Review: untitled [pp. 194-197]Review: untitled [pp. 197-199]Review: untitled [pp. 199-201]Review: untitled [pp. 201-202]Review: untitled [pp. 203-208]Review: untitled [pp. 209-214]Review: untitled [pp. 214-216]Review: untitled [pp. 216-220]Review: untitled [pp. 220-222]Review: untitled [pp. 222-223]Review: untitled [pp. 223-226]Review: untitled [pp. 226-227]Review: untitled [pp. 227-229]Review: untitled [pp. 229-232]Review: untitled [pp. 232-236]Review: untitled [pp. 236-239]Review: untitled [pp. 239-243]Review: untitled [pp. 243-247]Review: untitled [pp. 247-250]Review: untitled [pp. 250-252]Review: untitled [pp. 252-266]Review: untitled [pp. 266-268]

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