5
Chemie lngenieur Technik (71) 7 I99 S. 696-700 D WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69469 Weinheim. 1999 0009-286W99/0707-0696 $17 50+.50/0 gen ausgehend von Haftkraftberechnungen bzw. -messun- gen moglich. Zu diesem Model1 liegen umfangreiche expe- rimentelle Untersuchungen vor, die in einem weiteren Bei- trag veroffentlicht werden sollen. Eingegangen am 16. Februar 1999 [K 25311 Formelzeichen Koeffizient Abstand zwischen den Teilchen Agglomeratdurchmesser Porendurchmesser Sauter-Durchmesser Schwerkraft Haftkraft Schleppkraft der Filtratstromung Erdbeschleunigung Filterkuchenhohe Anzahl Teilchen im Umfang eines Ag- glomerates Teilchenanzahl im Agglomerat Elementarvolumen Aggregatvolumen Volumen der Teilchen im Aggregat griechische Buchstaben Porositat Porositat der Zufallspackung Porositatsfunktion Freie Oberflachenenergie Druckdifferenz Zugfestigkeit Fluiddichte Teilchendichte Winkel Filtratgeschwindigkeit dynamische Viskositat Literatur NEERE,TH.; FAHLAND, M. Modellrechnungen zu Porositat, PorengroRenver- teilung und Durchstromungswiderstand von Filter- kuchen, Aufbereitungs-Technik 35 (1994) Nr. 3. Transport Properties of Porous Media from the Mi- crogeometry of a Three-Dimensional Voronoi Net- work, Chem. Eng. Process. 26 (1989) pp. 2371246. Modellvorstellungenzur Vorausberechnung der Porositat von Filterkuchen, Chem.-1ng.-Tech. 70 (1998) 9, S. 1186/1187. ANLAUF, H. Entfeuchtungvon Filterkuchen bei der Vakuum-, Druck-, und DrucMVakuum-Filtration, VDI-Fort- schrittberichte Nr. 114, VDI-Verlag, Dusseldorf 1986. BRAUER, H. Grundlagen der Einphase- und Mehrphasestro- mungen, Verlag Sauerlander, Aarau und Frankfurt am Main, 1971, S. 606/622. VRETTOS, N. A. U. a. ZVETANOV, E.; DUCK, J.; NEEBE TH. GOSELE, W. Grenzflachenkrafteund Fest-Fliissig-Trennung, Filtrieren und Separieren (1995) Heft 1, S. 14/22. GOSE LE, W. Grenzflachenprobleme bei der Fest/Flussig-Tren- nung, Chem.-1ng.-Tech. 58 (1986) 3, S. 169/175. Particle Adhesion - Theorie and Experiment, Ad- vanced Colloid Interface Science 1 (1967) pp. 1111 239. Interfacial Forces in Aqueous Media, Marcel Dek- ker Inc., New York 1994, pp. 7/17. Ein physikalisch begrundeter Modellansatz fur die Stabilitat von Teilchenaggregatenbei der Flockung, Freiberger Forschungsberichte, VEB Deutscher Verlag fur Grundstoffindustrie, Leipzig 1985, S. 63/ 81. KRUPP, H . CAREL J.VAN OSS NEEBE, TH.; IVANAUSKAS, A,; MUHLE, K. Ein integriertes Membranverfahren mit Zellseparation und Produktreinigung: Controlled Shear Affinity Filtration* JENS HOLGER VOGEL, KARL-HEINZ KRONER UND FRIEDRICH BIRGER ANSPACH** 1 Problemstellung Im AnschluB an die Kultivierung tierischer Zellen folgt bei der biotechnologischen Produktion ein aufwendiger Auf- arbeitungsprozefi, der 50 bis 90 % der Gesamtkosten eines Prozesses ausmachen kann. Da tierische Zellen das Produkt in der Regel in das Kulturmedium sekretieren, ist die Zell- separation der erste Schritt in der Aufarbeitung. In konven- tionellen Prozessen folgt eine Vielzahl weiterer zeit- und kostenintensiver Aufarbeitungsschritte zur Reindarstellung des Produktes. Selbst wenn jeder Schritt hinsichtlich der Produktausbeute optimiert ist, geht zwangslaufig jeweils ein Teil des Produktes verloren, was letztendlich zu niedri- gen Gesamtausbeuten fuhrt. Ein vielversprechender Ansatz ist die Integration von Primarseparation und einem oder mehreren Aufarbei- tungsschritten mittels eines ,,Capture”-Verfahrens,welches das Produkt direkt aus der Zellkulturbriihe isoliert. Allein durch die Reduktion der Verfahrensschritte ist eine Steige- rung der Gesamtausbeute um 20% zu envarten. Daruber hinaus ist mit der integrierten ProzeBfuhrung eine deutliche Reduktion der ProzeBdauer und damit der Gesamtkosten des Prozesses zu erzielen. Die dynamische Mikrofiltration mit Membranen ist, im Gegensatz zur Zentrifugation, in der Lage, vollstandig * Poster von F. B. ANSPACH anlaRlich der GVC- Jahrestagung, 30. Sept./Z. Okt. 1998 in Frei- burg. und PD. Dr. rer. nat. F. 6. ANSPACH, GBF mbH, Bioverfahrenstechnik, Mascheroder Weg 1, D-38124 Braunschweig. ** Dr. rer. nat. J. H.VOGEL; Dip1.-Ing. K.-H. KRONER

Ein integriertes Membranverfahren mit Zellseparation und Produktreinigung: Controlled Shear Affinity Filtration

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Page 1: Ein integriertes Membranverfahren mit Zellseparation und Produktreinigung: Controlled Shear Affinity Filtration

Chemie lngenieur Technik (71) 7 I99 S. 696-700 D WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69469 Weinheim. 1999

0009-286W99/0707-0696 $17 50+.50/0

gen ausgehend von Haftkraftberechnungen bzw. -messun- gen moglich. Zu diesem Model1 liegen umfangreiche expe- rimentelle Untersuchungen vor, die in einem weiteren Bei- trag veroffentlicht werden sollen.

Eingegangen am 16. Februar 1999 [K 25311

Formelzeichen Koeffizient Abstand zwischen den Teilchen Agglomeratdurchmesser Porendurchmesser Sauter-Durchmesser Schwerkraft Haftkraft Schleppkraft der Filtratstromung Erdbeschleunigung Filterkuchenhohe Anzahl Teilchen im Umfang eines Ag- glomerates Teilchenanzahl im Agglomerat Elementarvolumen Aggregatvolumen Volumen der Teilchen im Aggregat

g r i e c h i s c h e B u c h s t a b e n Porositat Porositat der Zufallspackung Porositatsfunktion Freie Oberflachenenergie Druckdifferenz Zugfestigkeit Fluiddichte Teilchendichte Winkel Filtratgeschwindigkeit dynamische Viskositat

Literatur NEERE,TH. ; F A H L A N D , M . Modellrechnungen zu Porositat, PorengroRenver- teilung und Durchstromungswiderstand von Filter- kuchen, Aufbereitungs-Technik 35 (1994) Nr. 3.

Transport Properties of Porous Media from the Mi- crogeometry of a Three-Dimensional Voronoi Net- work, Chem. Eng. Process. 26 (1989) pp. 2371246.

Modellvorstellungen zur Vorausberechnung der Porositat von Filterkuchen, Chem.-1ng.-Tech. 70 (1998) 9, S. 1186/1187. ANLAUF, H . Entfeuchtung von Filterkuchen bei der Vakuum-, Druck-, und DrucMVakuum-Filtration, VDI-Fort- schrittberichte Nr. 114, VDI-Verlag, Dusseldorf 1986. B R A U E R , H . Grundlagen der Einphase- und Mehrphasestro- mungen, Verlag Sauerlander, Aarau und Frankfurt am Main, 1971, S. 606/622.

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Ein physikalisch begrundeter Modellansatz fur die Stabilitat von Teilchenaggregaten bei der Flockung, Freiberger Forschungsberichte, VEB Deutscher Verlag fur Grundstoffindustrie, Leipzig 1985, S. 63/ 81.

KRUPP, H .

CAREL J . V A N O S S

NEEBE, T H . ; I V A N A U S K A S , A,; M U H L E , K .

Ein integriertes Membranverfahren mit Zellseparation und Produktreinigung: Controlled Shear Affinity Filtration*

J E N S H O L G E R V O G E L , K A R L - H E I N Z K R O N E R U N D

F R I E D R I C H B I R G E R A N S P A C H * *

1 Problemstellung Im AnschluB an die Kultivierung tierischer Zellen folgt bei der biotechnologischen Produktion ein aufwendiger Auf- arbeitungsprozefi, der 50 bis 90 % der Gesamtkosten eines Prozesses ausmachen kann. Da tierische Zellen das Produkt in der Regel in das Kulturmedium sekretieren, ist die Zell- separation der erste Schritt in der Aufarbeitung. In konven- tionellen Prozessen folgt eine Vielzahl weiterer zeit- und kostenintensiver Aufarbeitungsschritte zur Reindarstellung des Produktes. Selbst wenn jeder Schritt hinsichtlich der Produktausbeute optimiert ist, geht zwangslaufig jeweils ein Teil des Produktes verloren, was letztendlich zu niedri- gen Gesamtausbeuten fuhrt.

Ein vielversprechender Ansatz ist die Integration von Primarseparation und einem oder mehreren Aufarbei- tungsschritten mittels eines ,,Capture”-Verfahrens, welches das Produkt direkt aus der Zellkulturbriihe isoliert. Allein durch die Reduktion der Verfahrensschritte ist eine Steige- rung der Gesamtausbeute um 20% zu envarten. Daruber hinaus ist mit der integrierten ProzeBfuhrung eine deutliche Reduktion der ProzeBdauer und damit der Gesamtkosten des Prozesses zu erzielen.

Die dynamische Mikrofiltration mit Membranen ist, im Gegensatz zur Zentrifugation, in der Lage, vollstandig

* Poster von F. B. A N S P A C H anlaRlich der GVC- Jahrestagung, 30. Sept./Z. Okt. 1998 in Frei- burg.

und PD. Dr. rer. nat. F. 6 . A N S P A C H , GBF mbH, Bioverfahrenstechnik, Mascheroder Weg 1, D-38124 Braunschweig.

* * Dr. rer. nat. J . H . V O G E L ; Dip1.-Ing. K . - H . K R O N E R

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Chemie lrlgenieur Technik (71) 7 I 9 9 697

partikelfreie Losungen zu liefern. Grundsatzlich handelt es sich bei Mikrofiltrationsmembranen um porrjse Trager, deren innere Oberflache che- misch riodifiziert werden kann, um die Adsorp- tion eiries Produktes zu ermoglichen. Bei Ver- wendurig von Membranen mit selektiven Ober- flachea (z. B. Ionenaustauscher, Affinitatsmem- branen: sollte es prinzipiell moglich sein, Tan- gentialfluflfiltration und selektive Produktad- sorption zu integrieren. Trotz einiger Teilerfolge mit aucgewahlten Modellsystemen [l] ist diese Methode aufgrund der geringen Bindungskapazi- tat der Membranen und des sich bildenden Filter- kucheiis nicht generell anwendbar [2]. Ersterem wird durch Aufbringen eines Polymernetzwerks und dr.1. Anwendung von Affinitatsmembranen auf niedrige Produktkonzentrationen begegnet. Letzteres mu13 durch ap- paratetechnische Maflnahmen ausgeschaltet werden.

2 Methodik Mit der Controlled Shear Affinity Filtration (CSAF) wurde eine Txhnik entwickelt, die die integrierte Ernte von Batch - Kulturen sowie prinzipiell die kontinuierliche Perfu- sion mit integrierter Produktadsorption ermoglicht [3,4]. Es handel:. sich im Prinzip um die Integration einer Membra- naffinitatssaule in einen Scherspaltfilter mit radialem Spalt (s. Abb 1). Die Stapelung der Membranen erlaubt eine An- passung der Bindungskapazitat des Moduls an die Produkt- konzentration und das zu prozessierende Volumen. Durch den Eirtsatz eines Rotors werden, im Gegensatz zur konven- tionelkn Tangentialfluflfiltration. Scherkraft- und Trans- membrandruckerzeugung entkoppelt, was eine einfache Optimitmmg der Separationsbedingungen ermoglicht. Durch die spezielle Rotorgeometrie wird die Einstellung ho- her Wandschubspannungen ermoglicht. GrolSe Zellen, z. B. tieriscl- e Zellen, werden aufgrund eines hydrodynamischen Lift--EEfektes in den Bereich einer scherarmen Kernstro- mung gedriickt. Die Zellen bleiben daher vital, ebenso wird die Belagbildung der Mikrofiltrationsmembran wir- kungsvoll unterdriickt. Proteine und andere losliche Be- standtc ile des Mediums passieren ungehindert das Porensy- stem rler Mikrofiltrationsmembran, wahrend das Zielpro- tein selektiv vom Affinitatsliganden der Membran zuriickge- halten wird. Die Stromungszustande im CSAF-Modul lassen sich v i ? reinfacht wie folgt beschreiben; fur eine tiefergehen- de Benandlung der Thematik siehe [5, 61.

Die Scherrate im Spalt ist eine Funktion des Rotorriidius’’:

Abbildung 1. Schematischer Aufbau des CSAF- Moduls mit konischem Rotor.

Stapel mit Affinitatsmembranen Filtrat

Fur kleine Rotorhohen (h/r tan a < 0.1) wird die radiale Stei- gerung von vUmf durch die Erhohung der Spaltbreite nahezu kompensiert, so dafl die Scherrate nicht vom Radius ab- hangt

. . . . . . . . . . . . . . , . . . . . . . . . . . . . . . . , , , . . , . , . . . . . . . . . . . . . . , . . . , , . . . . . . . . . . . . , , , . , . , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Eine Zusammenstellung der Formelzeichen

befindet sich am SchluR des Beitrags.

(2) . w 1’=-

tan a

Da fiir das Labormodul a = 4‘ gewahlt wurde, wird die Be- trachtung der Stromungszustande in erster Naherung in Analogie zum Konzept der rotierenden Scheibe angenom- men [7]. Danach laflt sich die Stromung mit Hilfe zweier Reynolds-Zahlen beschreiben. Re, charakterisiert den Ein- flul3 des Rotorradius:

w r2 Re =- I’

Re, beschreibt den Einflufl der Spaltweite:

0 s2 Re, =- V

(3)

(4)

Mit s = h + r tan a resultiert daraus:

Re, = (5) w ( h + r tan a)

V

Mit s = h + r tan a resultiert daraus:

Re, = (5) w ( h + r tan a)

V

Es konnen vier Stromungszustande unterschieden werden (s. Tab. 1). Wahrend konventionelle radiale Scherspaltfilter fast ausschlieRlich im Bereich also bei hohen Scherkraf- ten betrieben werden, mussen die Scherkrafte den empfind- lichen tierischen Zellen angepaflt werden. Aus diesem Grund kommen nur die laminaren Stromungsregionen I und I1 in Betracht; praktikabel ist allerdings nur der Bereich I1 [5]. Hier rotiert eine Kernstromung zwischen Rotor und Stator mit konstanter Winkelgeschwindigkeit K w (fur glatte Scheiben liegt K zwischen 0.4 und 0.5). wobei die Haupt- scherung in den Grenzschichten erfolgt [7]. Aufgrund der Radialbeschleunigung bilden sich zusatzlich Sekundarstro- mungen aus, am Rotor nach aulSen und am Stator nach in- nen, die fur eine gleichmaflige Durchmischung des Systems sorgen.

Tabelle 1. Einteilung der Stromungszustande nach dem Konzept der rotierenden Scheibe [7].

Stromungszustand Bereich Re, Re, s l r

< 4 < 2.1 105 - > 4 < z.1.105 -

Laminar I

Laminar mit zwei I1 Grenzschichten Turbulent I11 > 2.1 105 < 0.05 Turbulent rnit zwei IV > 2.1 . 105 > 0.05 Grenzschichten

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Chemie lngenieur Technik (71) 7 I 9 9

Diese spezielle Hydrodynamik gewahrleistet zu- dem einen nahezu konstanten Transmembrandruck uber die gesamte Membranflache, was einer ungleichmagigen Auslastung des Membranadsorbers und damit Peakverbrei- terungen entgegenwirkt.

Der hydrodynamische Lift-Effekt resultiert aus einer Querkraft zum tangentialen Geschwindigkeitsprofil, wodurch spharische Partikel mit einer bestimmten Ge- schwindigkeit vLrt von der Membran weg in den Bereich niedriger Scherung getrieben werden. Fur die schnelle lami- nare Stromung ergibt sich die maximale Lift-Geschwindig- keit in verdunnten Suspensionen nach D R E W et al. [8]

(6)

mit der Suspensionsdichte p, Viskositat y ~ , Wandscherrate 5;, und Partikelradius rz. Es kann erwartet werden, daB die Par- tikel wirksam von der Membran ferngehalten werden, so- lange vlift die Filtrationsgeschwindigkeit zu kompensieren vermag. Die Bildung einer die Filtrationsleistung limitieren- den Deckschicht sollte sich demnach vermeiden lassen. Da der Partikelradius in der dritten Potenz eingeht, wirkt sich die GroJ3e tierischer Zellen bei der Einstellung laminarer Bedingungen positiv aus.

3 Versuchsaufbau Zur direkten Adsorption von rekombinantem humanem Ge- webeplasminogenaktivator (rht-PA) aus CHO-Zellkulturen wurden Mikrofiltrationsmembranen auf der Basis von Ny- lon (N66, 0,45 pm, Fa. PALL, Dreieich) rnit einem Dextran- Coating versehen und das Dextran-Coating mit Bisoxiran aktiviert [8]. AnschlieBend wurde Lysin uber die ellmino- gruppe bei pH 9 analog anderen aminofunktionellen Ligan- den immobilisiert [8].

Eine Batch-Kultur (1 1) wurde rnit einem CSAF- Labormodul rnit 515 cm2 Membranflache und einem Stapel von 3 Lysin-Affinitatsmembranen (2,3 ml Volumen der Ma- trix) in 12 Zyklen bei einer FiltratfluBrate von 70 1 h-lm-' und 700 Upm des Rotors aufgearbeitet (s. Abb. 2). Die Gesamt- belastung lag bei 186 1 h" m-'. Vor jedem Zyklus wurde das System mit NaOH-Losung (0,l N) gereinigt, um eine irreversible Belagbildung (Fouling) durch Zellbruchstucke und Proteinaggregate zu minimieren.

4 Ergebnisse und Diskussion Das Zielprotein rht-PA wurde rnit hoher Affinitat (KA = lo6 bis lo7 M-I) unter Zellkulturbedingungen an die Lysin-Affi- nitatsmembran gebunden und in Gegenwart von 0,2 M Ami- nocapronsaure im Puffer eluiert. Abb. 3 zeigt ein Chromato- gramm unter Einsatz einer Zellsuspension. Nach einem Durchsatz von 80 ml erreichte die rht-PA-Konzentration im Durchlauf 10 % der Aufgabekonzentration. Damit errech- net sich eine dynamische Kapazitat von 4.5 pg ern-', was an- nahernd der dynamischen Kapazitat bei Einsatz einer zell- freien Kulturbriihe entspricht (4,7 pg cm-2). Das zeigt, daB mittels CSAF die Bindungskapazitat des Membranadsorbers auch im integrierten Betrieb rnit zellhaltiger Kulturbriihe

Abbildung 2. Experirnenteller Aufbau zur integrierten Filtration/Adsorp- tion rnit dern CSAF-Modul.

Abbildung 3. Chrornatograrnrn zur direkten Prozessierung einer Zell- suspension irn CSAF-Modul in 100 rnM Phosphatpuffer, pH 7.4 (Startbedingungen: Zelldichte 6,5 . l o 5 Zellen rnl-', rht-PA-Konzentration 8.7 pg rnl-'1; zur Elution wurde 0,2 M Arninocapronsaure zugesetzt.

- 1 -

0 10 20 30 40 50 Membran-Volumina

praktisch vollstandig genutzt werden kann. Aufreinigungs- und Konzentrierungsfaktor von rht-PA im Eluat betrugen 17 beziehungsweise 2,4. Die im Vergleich zu anderen Affini- tatsmembranen (siehe hierzu [l, 2, 81) niedrige Bindungs- kapazitat der Lysin-Affinitatsmembranen ist eine generelle Eigenschaft des Affinitatssystems Lysin-rht-PA.

Abb. 4 zeigt den Verlauf der integrierten Prozes- sierung der Batch-Kultur (1 1) uber 12 Zyklen. Wahrend die Zelldichte im Retentat von ca. 6.5 . lo5 Zellen pro ml zu Be- ginn auf eine Endzelldichte von ca. 1.6 . lo7 Zellen pro ml anstieg, sank die Zellvitalitat nur geringfugig von 90 % auf 88 %. Zellschadigungen wurden also weitgehend vermieden.

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Chemie Ingenieur Technik (71) 7 I 9 9 699

Abbildung 4. lntegrierte Zellernte und Reinigung von rht-PA aus einer CHO-Batch-Kultur mittels CSAF; aufgetragen ist der Trans- membrandruck zu Beginn und Ende jedes Zyklus.

L m 13 Y

rn 0 .

0.6

Flu& = 70 Ik’rn-’

\ .\ .\ 0, It

Zyklus

Der Transmembrandruck erhohte sich leicht wahrend des Prozesres von Zyklus zu ZyMus, vermutlich aufgrund einer Aufkonzentrierung von Zellbruchstiicken, die durch den Lift-Effekt nicht ausreichend von der Membranoberflache ferngek.alten werden konnten. Er blieb aber unter 0,2 bar, solangc die Zellkonzentration unter etwa 2,5 . lo6 Zellen ml-’ lag. Fouling kann ausgeschlossen werden, da der Anfangsdruck nach jeder Regeneration reproduzierbar bei etwa 0.08 bar lag.

Eine Ablosung der Lysin-Affinitatsliganden wah- rend der Regeneration wurde nicht festgestellt; dies deckt sich mi 1 den Ergebnissen friiherer Studien [2]. Die Wieder- findung; von rht-PA betrug im Mittel 90 % in einem partikel- freien Eluat, wobei 95 % der Proteine des Mediums (vor al- lem BS.4) abgetrennt wurden. Die Gesamtausbeute betragt 86 %: die Differenz von 4 % resultiert aus dem Verbleib von rht-PA in einem Restvolumen von 40ml des mit Zellen hochkonzentrierten Retentats.

5 SchluBfolgerungen und Ausblick Die inrctgrierte Ernte und Produktaufarbeitung von Batch- Kulturen mittels CSAF ermoglicht eine drastische Reduktion der Prozessierungsdauer sowie eine Steigerung der Ge- samtproduktausbeute. Bedingt durch die niedrigen Scher- krafte vrird einer Zellschadigung wirksam entgegengewirkt.

Der Einsatz der CSAF zur kontinuierlichen Perfu- sion rrit integrierter Produktaufarbeitung in Langzeitkulti- vierungen wiirde die Integration einer weiteren Methode er- moglichen. Bei der Etablierung eines solch hochintegrierten Prozesses ist vor allem eine Priifung der Auswirkung der Schenrig im Modul auf das Zellwachstum und die Produkt- bildung notig. Es nicht auszuschlieden, dad auch eine sub- letale Scherung Auswirkungen auf den Zellmetabolismus haben ltann.

Ein GroBteil der Ergebnisse dieser Arbeit entstand im Rahmen eines 1IAAD-Doktorandenstipendiums (HSP III) wahrend eines Aufenthalts von 1. H . V O G E L an der ,,University of British

Columbia, Biotechnology Laboratory and Department of Chemical and Bio-Resource Engineering in Vancouver, Ca- nada”. Wir danken der freundlichen Unterstutzung von 1. M . PIRETund C . A . H A Y N E S .

Eingegangen am 28. Januar 1999 [K 25231

Formelzeichen h [ml Rotorhohe K [-I Winkelgeschwindigkeit sverhaltnis KA [M-l] Assoziationskonstante Re [-I Reynolds - Zahl r [ml Radius S [ml Spaltweite V [m s-l] Geschwindigkeit

g r i e c h i s c h e B u c h s t a b e n LY [Grad] Konuswinkel

rl [Pa s] dynamische Viskositat

(0 [s-ll Winkelgeschwindigkeit Y [kg m-3] Dichte

i [s-ll Scherrate

1’ [mZ s-l] kinematische Viskositat

I n d i c e s lift Lift umf Umfang W Wand r Rotor S Spalt Z Partikel

Literatur

Cross-Flow Application of Affinity Membranes for the Primary Separation of Proteins from Crude Suspensions, DECHEMA Biotochnol. Conf. 5 (1992) S. 707/710.

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[Z] ANSPACH, F. B.; BEESK0W.T. C.; KRONER, K.-H.; WE I I3 EN BO R N, M .; DECK W E R, W.-D. Integrierte Membranverfahren mit Nylon-Affini- tatsmembranen. Tagungsband GVC VDI-Jahres- tagung ,,Neue Apparate, Methoden und Verfahren zur Aufarbeitung von Bioprodukten”. Dresden 1996, GVC . VDI-Gesellschaft Verfahrenstechnik und Chemieingenieunvesen, Vortrag 6, S. 1/6.

GBF-Braunschweig; Vorrichtung zur integrierten Zellabtrennung und Produktreinigung. Europa- ische Patentanmeldung 97 110 650.5.

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[3] VOGEL, 1. H.; KRONER, K.-H.;

[5] VOGEL, J. H.; KRONER, K.-H.

[6] VOGEL, J. H.

Page 5: Ein integriertes Membranverfahren mit Zellseparation und Produktreinigung: Controlled Shear Affinity Filtration

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KETOLA, H. N.; MCGRAW, J. M. zelnen Zeitscheiben unabhanaia entwickelten Netzwerke 171

181

- - Pressure, Frictional Resistance and Flow Characte- ristics of the Partially Wetted Rotating Disc, Trans. ASME, .I. Lubricat. Techn. 90 (1968) S. 395/404.

und ist damit nicht praisgerecht. ~i~ ganz anderer hsatz ist rnit dem sogenannten OMNIUM-Verfahren gewahlt wor- den [3]. Hier wird nicht der Versuch unternommen, die ther- modynamisch optimale Losung durch Minimierung der Exergieverluste zu finden. Statt dessen geht die Methode von der Netzwerkentwicklung aus. Unter der Bedingung,

BEESKOW, 1. C.; KRONER, K. H.; ANSPACH, F. B. Nylon-Based Affinity Membranes: Impacts of Surface Modification on Selective Protein AdsorP- tion, J. Coll. Interface Sci. 296 (1997) S. 278/291. -

Warmeintegration bei Batch-Prozessen S T E F A N U H L E N B R U C K , R A I N E R V O G E L U N D

K L A U S L U C A S *

1 Problemstellung Unter Warmeintegration versteht man die Verschaltung von abzukuhlenden (heigen) und aufzuwarmenden (kalten) Stoffstromen eines Prozesses durch ein Warmeubertrager- Netzwerk. Ziel ist die Einsparung von Primarenergie, z. B. dadurch, daR die Aufwarmung eines Stoffstromes nicht durch den Einsatz von Brennstoff in einem Kessel, sondern durch Abkuhlung eines ohnehin vorhandenen heiBen Stoff- stromes erfolgt. Beide Stoffstrome werden dazu in einem Gegenstrom-Warmeubertrager miteinander verschaltet. Grundsatzlich geht es bei der Warmeintegration darum, die Entropieproduktion und damit den Exergieverlust beim Transfer von Warme minimal zu gestalten [l]. Ein be- grenzender Parameter fur ein Warmeubertrager-Netzwerk ist die minimale Temperaturdifferenz fur die Warmeuber- tragung. Sie hat einen typischen Wert von (AT)min = 10 K und ist in gewissen Grenzen wahlbarl).

Fur stationare Prozesse hat sich fur die Auffin- dung der optimalen Warmeintegration die Pinch-Technik etabliert [Z] . Deutlich unbefriedigender ist der Stand des Wissens fur Batch-Prozesse. Die mogliche Warmeriickge- winnung wird hier nicht nur durch die thermodynamischen Eigenschaften der Stoffstrome, also ihre Temperaturen und Warmekapazitaten, sondern auch durch die Variable Zeit eingeschrankt. Bei Abwesenheit von Warmespeichern kann ein heiRer Strom nur dann Warme an einen kalten Strom abgeben, wenn die angestrebten Temperaturande- rungen in beiden Stoffstromen im gleichen Zeitintervall ab- laufen sollen.

Auch fur Batch-Prozesse laRt sich die Pinch- Technik anwenden. Die Temperaturintervalle der Warme- kaskade werden dabei in den einzelnen Zeitintervallen be- trachtet. Auch hier lassen sich die thermodynamisch opti- malen Energieziele leicht ermitteln. Die Entwicklung eines Warmeubertrager-Netzwerkes gestaltet sich aber sehr um- standlich. Es entsteht aus der Superposition der fur die ein-

* Dip1.-Ing. 5. UHLENBRUCKund Dip1.-Ing. R . V O G E L , Fachgebiet Thermodynamik, Gerhard Mercator Universitat Duisburg, Prof. Dr.-Ing. K . L U C A S . Institut fur Umwelttechnologie und Umweltanalytik. LotharstraRe, D-47057 Duis- burg.

1) Eine Zusammenstellung der Formelzeichen befindet sich am SchluR des Beitrags.

daR jeder Stoffstrom nur einmal verschaltet werden soll, er- gibt sich ein Netzwerk, das die intern ubertragbare Warme maximiert.

Die Netzwerkentwicklung nach OMNIUM ist at- traktiv einfach, der Grad der Warmeruckgewinnung bleibt allerdings hinter den thermodynamischen Moglichkeiten zuriick. Zur Abschatzung der statistischen Qualitat des Ver- fahrens wurden unter Einsatz eines Zufallsgenerators heiRe und kalte Stoffstrome in vorgegebener Anzahl rnit gleichma- Riger Verteilung in normierten Temperatur-, Warmekapazi- tatsstrom- und Zeitintervallen generiert. Fur 1000 unter- schiedliche Batch-Prozesse mit je funf kalten und heiRen Stromen wurde ein durchschnittlicher Gutegrad, definiert als intern ubertragene Warme bezogen auf die optimalen Energieziele, von 74.7 % ermittelt. Dabei schwankten die Gutegrade fur die einzelnen Prozesse zwischen 35 % und nahe 100 %. Von den 1000 generierten Prozessen erreichten lediglich 340 Prozesse einen Gutegrad uber 80 %, von denen 88 Prozesse einen Gutegrad uber 90 % hatten [4].

Angesichts der praktischen Attraktivitat des OMNIUM-Verfahrens stellt sich die Frage, ob es nicht in bezug auf seinen Gutegrad systematisch verbessert werden kann. Eine solche Technik wird im folgenden entwickelt und auf einen BeispielprozeR angewandt.

2 Der betrachtete Batch-ProzeS Es wird ein chemischer GrundprozeB betrachtet, bei dem ein Rohstoff zunachst als Zulauf ZL einer Rektifiziersaule zuge- fuhrt und in ein Zwischenprodukt ZP am Kopf und ein Sumpfprodukt SP am FUR getrennt, das Zwischenprodukt nach Hinzufugen von Zusatzstoffen in einem Reaktor R einer chemischen Umwandlung unterzogen und das Pro- dukt P schlieRlich in einen Tank abgefiihrt wird. Abb. 1 zeigt das VerfahrensflieRbild, Abb. 2 die Zeitstruktur. Auf der Zeitachse mit einem zunachst beliebigen Nullpunkt laufen nacheinander die folgenden Prozesse ab. Im Zeitintervall von 1 Stunde bis 4 Stunden wird Tank A entleert, der Roh- stoff dabei von 40 "C auf 95 "C erwarmt und rnit dieser Tem- peratur als Zulauf in die Rektifizierkolonne eingegeben. Zu Beginn dieses Zeitintervalls wird die FuBheizung der Ko- lonne bei 110°C und die Kopfkuhlung der Kolonne bei 80 "C gestartet.

Eine halbe Stunde nach Anfahren der Kolonne beginnt die Entnahme des Kopfprodukts, das in einen der doppelt ausgefuhrten Tanks B geleitet wird, und des Sumpf- produkts, das von 110°C auf 40°C abgekuhlt wird. Die Ko- lonne ist nach 3 Stunden entleert. Sie ist daher 3.5 Stunden in Betrieb und wird dann fur 1,5 Stunden auRer Betrieb ge- mrnmen. Nachdem Tank B zum Zeitpunkt 4,5 h mit dem KoPfProdukt gefullt ist, werden in einem halbstundigen Pro- zefi ohm Warmetransfer Zusatzstoffe beigemischt, wobei