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MAGAZIN HISTORISCHES RÄTSEL | Ein Leben im Beschleunigerlabor Sehr beschleunigt wirkt seine Ausbildung am Anfang nicht, eher im Gegenteil: Das Gymnasium besucht er zwei Jahre länger, weil die Uni- versität geschlossen hat – es ist Krieg. Er nutzt die Zeit für Elektronik- Basteleien und startet mit Verspätung ein Studium der technischen Physik in Delft. (Jahrzehnte später wird er bedauern, dass sein Physik- wissen dadurch „notwendigerweise etwas beschränkt gewesen“ und er dadurch „etwas amateurhaft“ sei.) Nach Abschluss des Studiums nimmt er eine Stelle in einem Forschungslabor von Philips an, um an der Entwicklung von Elektronenmikroskopen mitzuarbeiten. „Auch wenn es immer noch unwahr- scheinlich erscheint, dass die Dämp- fung in der Praxis nützlich wird, scheint es derzeit zumindest nütz- lich, eine quantitative Abschätzung des Effekts zu geben“, schreibt er in einer Fußnote seines Papers. Der erste Teil dieser Einschätzung soll sich als falsch erweisen: Die Idee wird zu einem durchschlagenden Erfolg, zunächst im Experiment, bald darauf auch in einem Beschleuniger- ring, der am CERN umgebaut wird, um Protonen mit Antiprotonen kolli- dieren zu lassen. Der Plan, damit genug Energie zu haben, um W- und Z-Bosonen erzeugen zu können, geht auf, und macht die beiden Leiter des Experi- mentes weltberühmt. Andreas Loos, Berlin Wer war der „amateur- hafte“ Teilchenkühler? Schreiben Sie die Lösung auf eine Postkarte an: Physik in unserer Zeit, Wiley-VCH, Boschstraße 12, 69469 Weinheim, oder schreiben Sie eine Email an: [email protected]. Absender nicht vergessen! Einsendeschluss ist der 15.12.2011. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Wir verlosen drei Exemplare des Buches 9 Millionen Fahrräder von Michael Groß. Lösung aus Heft 5/2011 Der Namensgeber des Uranus war Johann Elert Bode (19.1.1747 bis 23.11.1826). Gewinner aus Heft 4/2011 U. Ahlert, Göttingen P. Domanski, Freiberg B. Jongejans, Purmer. © 2011 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.phiuz.de 6/2011 (42) Phys. Unserer Zeit 307 1956 kommt endlich Bewegung in sein Leben: Er wechselt ans CERN, wo er bis zu seiner Pensionierung arbeiten wird. Hier entwickelt er zunächst ein magnetisches „Horn“, das die Intensität von Neutrinoströ- men steigern soll. Anschließend kon- zipiert er einen kleinen Speicherring für das CERN, um das magnetische Moment des Myons zu messen. „Das war eine unschätzbare Erfahrung; ich habe da nicht nur die Grundsätze des Beschleunigerdesigns gelernt, son- dern auch den Lebensstil und die Denkweise von experimentellen Hochenergie-Physikern“, erinnert er sich später. In einem Nachruf nennt der Guardian den zurückhaltenden und wortkargen Wissenschaftler einen „Ingenieur“, vermutlich, weil der kürzlich Verstorbene auch ein Bastler war, begeistert von Maschinen. Doch genauso ist er auch ein Theoretiker von Fleisch und Blut: Anfang der 1970er Jahre beginnt er eine Idee zu entwickeln, deren Realisierung er selbst für kaum möglich hält. In einem Ringbeschleuniger soll ein „Pick-Up“ den Impuls einiger Teil- chen im Teilchenstrom messen. Mit den Daten wird das Aussehen der Teilchenwolke im Phasenraum ab- geschätzt – und eine viertel Runde später wird die Teilchenwolke mit einem „Kicker“ wie eine Schafherde entsprechend zusammengestaucht. „Stochastische Kühlung“ wird dieses Verfahren getauft. Doch der Gesuchte muss von einem Kollegen zur Veröffentlichung seiner Kopfgeburt überredet werden. TREFFPUNKT TV | 20.11., 20.00 Uhr, Bayern alpha: Werner Heisenberg. Was die Welt im Innersten zusammenhält. Zum 110. Geburtstag des großen Physi- kers (Wdh. 25.11, 15 Uhr). 20.11., 21.15 Uhr, Bayerisches Fernsehen: Mit aller Macht ins All. Was nützt die bemannte Raum- fahrt? 2014 soll der deutsche Astro- naut Alexander Gerst für ein halbes Jahr zur ISS fliegen. Befürworter und Kritiker wie DPG-Präsident Wolfgang Sandner kommen zu Wort. 25.11., 14.02 Uhr, ZDF Info: Schrottchaos im Weltraum. Ausge- brannte Raketenteile, alte Satelliten und anderer im Weltraum verbliebe- ner Müll werden immer mehr zum Problem für die Raumfahrt. hitec be- sucht Wissenschaftler, die versuchen, diese Gefahr zu entschärfen. 2.12., 6.30 Uhr, Bayerisches Fernsehen: Hast du Töne. Musik ist eine besondere Form der Kom- munikation, die auf physikalischen Phänomenen beruht. Wie das Hören funktioniert, wird im Rahmen eines Open-Air-Konzerts der Gruppe Juli gezeigt. 2.12., 6.45 Uhr, Bayerisches Fernsehen: Saiten-Klänge. Jazz- geiger Valentin Gregor demonstriert, wie aus den Saitenschwingungen mithilfe des Korpus hörbare Töne entstehen, Geigenbauer Peter Grei- ner und Heinrich Dünnwald gewäh- ren einen Blick in ihre Werkstatt. Radiotipps 21.11., 8.30 Uhr, SWR2: SOFIA – mit dem Flugzeug zu den Ster- nen. Im Frühjahr wurde das Stratos- phären-Observatorium für Infrarotas- tronomie (SOFIA) in Betrieb genom- men. Ein 2,7-Meter-Teleskop an Bord eines umgebauten Jumbo-Jets ermög- licht in 13 Kilometer Höhe Beobach- tungen im fernen Infrarot. 25.11., 8.30 Uhr, SWR2: Emilie du Châtelet (1706–1749) – Europas erste Naturwissenschaftlerin. Bei- trag über die Marquise und zeitweili- ge Lebensgefährtin von Voltaire, die sich im 18. Jahrhundert mit Physik beschäftigte und damit für Aufsehen sorgte. Kurzfristige Programmänderungen der Sender sind möglich.

Ein Leben im Beschleunigerlabor

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M AG A Z I N

H I S TO R I S C H E S R Ä T S E L |Ein Leben im BeschleunigerlaborSehr beschleunigt wirkt seine Ausbildung am Anfang nicht, eher imGegenteil: Das Gymnasium besucht er zwei Jahre länger, weil die Uni-versität geschlossen hat – es ist Krieg. Er nutzt die Zeit für Elektronik-Basteleien und startet mit Verspätung ein Studium der technischenPhysik in Delft. (Jahrzehnte später wird er bedauern, dass sein Physik-wissen dadurch „notwendigerweise etwas beschränkt gewesen“ und er dadurch „etwas amateurhaft“ sei.) Nach Abschluss des Studiumsnimmt er eine Stelle in einem Forschungslabor von Philips an, um ander Entwicklung von Elektronenmikroskopen mitzuarbeiten.

„Auch wenn es immer noch unwahr-scheinlich erscheint, dass die Dämp-fung in der Praxis nützlich wird,scheint es derzeit zumindest nütz-lich, eine quantitative Abschätzungdes Effekts zu geben“, schreibt er ineiner Fußnote seines Papers. Dererste Teil dieser Einschätzung sollsich als falsch erweisen: Die Ideewird zu einem durchschlagendenErfolg, zunächst im Experiment, balddarauf auch in einem Beschleuniger-ring, der am CERN umgebaut wird,um Protonen mit Antiprotonen kolli-dieren zu lassen. Der Plan, damitgenug Energie zu haben, um W- und

Z-Bosonen erzeugen zu können,geht auf, und macht diebeiden Leiter des Experi-mentes weltberühmt.

Andreas Loos,Berlin

Wer war der „amateur-hafte“ Teilchenkühler?Schreiben Sie die Lösungauf eine Postkarte an:Physik in unserer Zeit, Wiley-VCH,Boschstraße 12, 69469 Weinheim,oder schreiben Sie eine Email an:[email protected]. Absendernicht vergessen! Einsendeschluss istder 15.12.2011. Der Rechtsweg istausgeschlossen. Wir verlosen dreiExemplare des Buches 9 MillionenFahrräder von Michael Groß.

Lösung aus Heft 5/2011Der Namensgeber des Uranus warJohann Elert Bode (19.1.1747 bis23.11.1826).

Gewinner aus Heft 4/2011U. Ahlert, GöttingenP. Domanski, FreibergB. Jongejans, Purmer.

© 2011 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.phiuz.de 6/2011 (42) Phys. Unserer Zeit 307

1956 kommt endlich Bewegung insein Leben: Er wechselt ans CERN,wo er bis zu seiner Pensionierungarbeiten wird. Hier entwickelt erzunächst ein magnetisches „Horn“,das die Intensität von Neutrinoströ-men steigern soll. Anschließend kon-zipiert er einen kleinen Speicherringfür das CERN, um das magnetischeMoment des Myons zu messen. „Daswar eine unschätzbare Erfahrung; ichhabe da nicht nur die Grundsätze desBeschleunigerdesigns gelernt, son-dern auch den Lebensstil und dieDenkweise von experimentellenHochenergie-Physikern“, erinnert ersich später.

In einem Nachruf nennt derGuardian den zurückhaltenden undwortkargen Wissenschaftler einen„Ingenieur“, vermutlich, weil derkürzlich Verstorbene auch ein Bastlerwar, begeistert von Maschinen. Dochgenauso ist er auch ein Theoretikervon Fleisch und Blut: Anfang der1970er Jahre beginnt er eine Idee zuentwickeln, deren Realisierung erselbst für kaum möglich hält. Ineinem Ringbeschleuniger soll ein„Pick-Up“ den Impuls einiger Teil-chen im Teilchenstrom messen. Mitden Daten wird das Aussehen derTeilchenwolke im Phasenraum ab-geschätzt – und eine viertel Rundespäter wird die Teilchenwolke miteinem „Kicker“ wie eine Schafherdeentsprechend zusammengestaucht.„Stochastische Kühlung“ wird diesesVerfahren getauft.

Doch der Gesuchte muss voneinem Kollegen zur Veröffentlichungseiner Kopfgeburt überredet werden.

T R E F F P U N K T T V |

20.11., 20.00 Uhr, Bayern alpha:Werner Heisenberg. Was die Weltim Innersten zusammenhält. Zum110. Geburtstag des großen Physi-kers (Wdh. 25.11, 15 Uhr).

20.11., 21.15 Uhr, BayerischesFernsehen: Mit aller Macht insAll. Was nützt die bemannte Raum-fahrt? 2014 soll der deutsche Astro-naut Alexander Gerst für ein halbesJahr zur ISS fliegen. Befürworter undKritiker wie DPG-Präsident WolfgangSandner kommen zu Wort.

25.11., 14.02 Uhr, ZDF Info:Schrottchaos im Weltraum. Ausge-brannte Raketenteile, alte Satellitenund anderer im Weltraum verbliebe-ner Müll werden immer mehr zumProblem für die Raumfahrt. hitec be-sucht Wissenschaftler, die versuchen,diese Gefahr zu entschärfen.

2.12., 6.30 Uhr, BayerischesFernsehen: Hast du Töne. Musikist eine besondere Form der Kom-munikation, die auf physikalischenPhänomenen beruht. Wie das Hörenfunktioniert, wird im Rahmen einesOpen-Air-Konzerts der Gruppe Juligezeigt.

2.12., 6.45 Uhr, BayerischesFernsehen: Saiten-Klänge. Jazz-geiger Valentin Gregor demonstriert,wie aus den Saitenschwingungenmithilfe des Korpus hörbare Töneentstehen, Geigenbauer Peter Grei-ner und Heinrich Dünnwald gewäh-ren einen Blick in ihre Werkstatt.

Radiotipps21.11., 8.30 Uhr, SWR2: SOFIA –mit dem Flugzeug zu den Ster-nen. Im Frühjahr wurde das Stratos-phären-Observatorium für Infrarotas-tronomie (SOFIA) in Betrieb genom-men. Ein 2,7-Meter-Teleskop an Bordeines umgebauten Jumbo-Jets ermög-licht in 13 Kilometer Höhe Beobach-tungen im fernen Infrarot.

25.11., 8.30 Uhr, SWR2: Emilie duChâtelet (1706–1749) – Europaserste Naturwissenschaftlerin. Bei-trag über die Marquise und zeitweili-ge Lebensgefährtin von Voltaire, diesich im 18. Jahrhundert mit Physikbeschäftigte und damit für Aufsehensorgte.

Kurzfristige Programmänderungender Sender sind möglich.