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=7, AUGUST z938 KLINISCHE WOCHENSCH ~ned. Tidskr. 9, 723 (1935). -- G. CozlJ~i, KongreBzbl. inn. Med. 88, 2o9 (I937). -- H. E~aHOFF, Quantitative Hamoglobinbestimmun- gen und Erythrocy~enuntersuchungen. Uppsala Universitets Aarsskrift 1937. -- G. O. HARNAPP U. E. t~6BIUS, Pflfigers Arch. 236, 26I (1935). -- S. JORGENSEN 1I. E. grARBURG, Hospitalstidende '69, 837 (I926). -- H. L. K~LI~, Z. kiln. 5{ed. ~27, 132 (1934). -- E. KINK, Acta med. scand. (S~ockh.) 95, 8o (1938). -- R. KRaalS, Dtsch. reed. V~%chr.I933, 1855. -- G. LEP~L, Dtsch. Arch. Min. Med. I8o, 341 (1937). -- H. LvcI<~En u. F. TILG~n, Z. exper. Med. "99, 126 (1936). -- E. MOGgNS~N, Diskussionseinlage. Ugeskr. Laeg. (d~in.) xoo, I9 (1938). -- A. PIj~Xn, zit. nach S. JOnGENS~N Xl. E. g~ARBURG. -- W. SCttMIDT-LANGli: 11. S. SCHR;EC;K, Mfinch, reed. Wschr. I937, 886. -- T. YovN~, zit. nach S. JORC~ENS~NU. ~E. WAR~VRO. EIN NEUER EXTRAKTIONSAPPARAT FOR SCHWER LOSLICHE SUBSTANZEN. "Von Dr. med. habil. H. A. HEINSEN. Aus der Medizinischen- und NervenkIinik der Universitat GieBen (Direktor: Prof. REINWEIN). Zur Extraktion yon w~sserigen L6sungen chemischer Sub- stanzen durch spezifisch leichtere Extraktionsmittet, wie J~ther, Aceton usw., sind eine ganze Reihe yon Apparaturen angegeben worden, yon denen sich einige Ms besonders leistungsf~ihig und brauchbar erwiesen haben. Diese Apparate haben das gemeinsame Prinzip, das L6sungsmittel in der zu extrahierenden Fliissigkeit m6gtichst rein zu verteilen nnd mit ihr m6gtichst lange und ausgiebig in Bertthrung zu bringen. Von der Grfindlichkeit und Dauer dieser Durchmischung h~ngt die IntensitXt der Extraktion ab. ]3esonders bew~hrt haben sich u. a. der Extraktionsapparat nach KVTSC~IEI~-STgvOEL sowie die sog. Perforatoren yon P~vSXtTZ und SCI~6BEL. 2Bauart und Prinzip dieser Apparaturen werden als bekannt vorausgesetzt. Auf sie und die weiterhin noch im Handel befindlichen verschiedensten Typen und Modelle soll hier nicht n~her eingegangen werden. Wenn somit zun~ichst keine Veranlassung bestand, die Reihe dieser Apparate um einen weiteren zu vermehren, so .ergab sich im Verlauf eigener physiologisch-chemischer Unter- suchungen yon biologischen Fliissigkeiten aus einer gewissen Vnzul~inglichkeit der verschiedenen Typen doch die Not- wendigkeit dazu. Bei der Extraktion yon Substanzen, die beispielsweise in fl~ther sehr schwer 16slich waren, land sich n~mlich, dab mit den meisten Apparaten eine quantitative Extraktion nur sehr schwer oder iiberhaup• nicht zu erreichen ~ecar. Die Ursache hierftir ist in einer ungentigenden Durch- mischung yon L6sungsmitteI und zu extrahierender L6sung zu suchen, die teils auf eine zu geringe Tropfengr6Be des L6sungsmittels, teils auf einen zu schnellen Durchtritt des L6sungsmittels dutch die zu extrahierende Fliissigkeit zurtickzuft~hren ist. Das ist besonders beim Kutscher- Steudelschen Apparat der Fall, bei dem sich relativ groBe Tropfen des L6sungsmi~els in relativ kurzer Zeit um eine 'Spirale durch die Extraktionsfliissigkeit winden. Eine be- deutend bessere Durchmischung ergeben die sog. Perforatoren, bei denen der ~ther dutch eine Glasfilterplatte in feinste Tr6pfchen verteitt wird. Ffir geringe Fltissigkeitsmengen (25~5o ccm w~isserige Phase) haben jedoch die im Handel ~oefindlichen Perforatoren den Nachteil, dab sie ziemlich un- handlich und wegen des festen Einbaues des Filterplatten- .systems in dell Extraktionsraum schlecht zu reinigen and zu ffiillen sind. AuBerdem ist die H6he der zu extrahierenden Fltissigkeitss~iule bei ihnen relativ niedrig gehalten, so dab bei der Extraktion kleiner Mengen die Durchtrittsdauer des ~L6sungsmittels sehr kurz ist. Sie sind weiterhin immer nur -ftir ei~ Extraktionsmittel yon bestimmtem spezifischen Ge- wicht eingerichtet, nicht ffir mehrere und verschiedene. Alle diese Nach~eile der verschiedenen Typen veranlaB~en reich, einen neuen Apparat zu konstruieren, der nach MSg- lichkeit die Vorziige der einzelnen Modelle in sich vereinigen -and seinen Zweck, ntimlich die quantitative Extralctio~ vo~ .schwer 15stiehe~ Substanzen mittels _~tlver in mSglichst k'urzer KNnische Wochenschnft, I7. jahrg. RIFT. 17. JAHRGANG. Nr. 35 122 5 Zeit, erftillen solKe. Die neue Apparatur stellt also letzten Endes eine Kombination verschiedener, bereits Ms brauchbar erprobter Modelle dar. Ihre Einzelheiten shad aus der nach- stehenden Zeichnung ersichtlich*. Der Apparat besteht aus einem Extraktionsgef~g (A) mit Kolben (B) und Kahler (U), die in ihrer Ausft~hrung dem Kutscher- Steudelschen Apparat ~ihnlich sind. In das Extraktionsgef~.g wird ein Glasrohr (7)1) eingesetz• das oben tricbterf6rmig erweitert ist und an seinem unferen Ende eine Ilache halbkugelige Sehale tr~gL die an der Oberseite mi~ einer Glasfilterplatte verschlossen ist. V~'ie bei den im Handel befindlichen Perforatoren gelangt das L6sungsmittel dutch diese Filterplatte in feinster tr0pienf6rmiger Verteilung in die zu extrahierende L6sung. Zur Extraktion stark salzhaltiger and damit spezifisch schwererer L6sungen kann ein langeres Glasrohrfilterplattensystem (D2) verwandt werden; ebenso k6nnen weitere Eins,itze verschiedener L~nge hergestellt werden, um mit dem gleichen Apparat Extraktion mittels L6sungsmittel verschiedenen spezifischen Gewichts durchzufl~hren. Das Extrak- tionsgef~iB (2t) wird hierbei durch ein Zwischenstfick (E) zwischen Kt~hler und eigentlichem Extraktionsraum verlkngert. Die Extraktion verl~uft in dieser Apparatur nach dem gleicheia Prinzip wie in den sonst fiblichen Apparaten: Der Kolben (B) wird mit dem L6sungsmiitel beschickt, das Ex- traktionsgef~g (A) mit der zu extrahierenden w~sserigen Flfissigkeit, deren It6he his zu einigen Zentimetern unter dem Ansatzrohr reichen soil. Dann wird das Filterplattensystem (D 1 oder D~} eingesetzt and der ExtTakh'onsraum mit oder ohne EinschMtung des Zwischenstiicks (E) mit dem Kfihler (C) verschlossen. Der Kolben taucht in heiBes Wasser oder be- findet sich auf einem Sand- oder Wasserbad. Das in ibm be- findliche LSsungsmittel destilliert ab, tritt dutch das Ansatz- rohr in das ExtraktionsgefiiB und ha dell Kfikler fiber, woes kondensiert. Yon dort tropft es in das Glasrohr-Filterplatten- system und steigt in feinster tr6pfchenf6rmiger Verteilung dutch die zu extrahierende wXsserige Phase, um dann durch das Ansatzrohr wieder in den Kolben zurfickzuflieBen. Infolge der Ieinsten Verteilung des L6sungsnnttels dutch die Filterplatte wird die Oberfl~che stark vergr6gert, was zu einer intensiveren Extraktion und evtl. Verkfirzung der Ex- traktionszeit gegenfiber dem Kutscher-Steudelschen Apparat ffihrt. Besonders wesentlich ist dies bei schwerl6shchen Sub- stanzen. AuBerdem wird dutch diese feinste Yerteilung ein gleichm~igiges Str6men der kleinen Tr6pfchen erzielt und da- mit Schaumbildung an der Oberfl~che und lVKtreiBen der w~sserigen Phase vermieden. * Die Apparatur wird yon der Firma Curt Witke~ Laboratoriumsbedarf Dusseldorf- Oberkassel, Sehanzenstr. 6/8 hergesteltt. 85

Ein Neuer Extraktionsapparat für Schwer Lösliche Substanzen

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=7, AUGUST z938 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

~ned. Tidskr. 9, 723 (1935). -- G. CozlJ~i, KongreBzbl. inn. Med. 88, 2o9 (I937). -- H. E~aHOFF, Quantitative Hamoglobinbestimmun- gen und Erythrocy~enuntersuchungen. Uppsala Universitets Aarsskrift 1937. -- G. O. H A R N A P P U. E. t~6BIUS, Pflfigers Arch. 236, 26I (1935). -- S. JORGENSEN 1I. E. grARBURG, Hospitalstidende '69, 837 (I926). -- H. L. K~LI~, Z. kiln. 5{ed. ~27, 132 (1934). -- E. KINK, Acta med. scand. (S~ockh.) 95, 8o (1938). -- R. KRaalS, Dtsch. reed. V~%chr. I933, 1855. -- G. LEP~L, Dtsch. Arch. Min. Med. I8o, 341 (1937). -- H. LvcI<~En u. F. TILG~n, Z. exper. Med. "99, 126 (1936). -- E. MOGgNS~N, Diskussionseinlage. Ugeskr. Laeg. (d~in.) xoo, I9 (1938). -- A. PIj~Xn, zit. nach S. JOnGENS~N Xl. E . g~ARBURG. - - W . SCttMIDT-LANGli: 11. S. SCHR;EC;K, Mfinch , reed. Wschr. I937, 886. -- T. YovN~, zit. nach S. JORC~ENS~N U. ~E. WAR~VRO.

EIN NEUER EXTRAKTIONSAPPARAT FOR SCHWER LOSLICHE SUBSTANZEN.

"Von

Dr. med. habi l . H. A. HEINSEN. Aus der Medizinischen- und NervenkIinik der Universitat GieBen

(Direktor: Prof. REINWEIN).

Zur Extraktion yon w~sserigen L6sungen chemischer Sub- s tanzen durch spezifisch leichtere Extraktionsmittet, wie J~ther, Aceton usw., sind eine ganze Reihe yon Apparaturen angegeben worden, yon denen sich einige Ms besonders leistungsf~ihig und brauchbar erwiesen haben. Diese Apparate haben das gemeinsame Prinzip, das L6sungsmittel in der zu extrahierenden Fliissigkeit m6gtichst rein zu verteilen nnd mit ihr m6gtichst lange und ausgiebig in Bertthrung zu bringen. Von der Grfindlichkeit und Dauer dieser Durchmischung h~ngt die IntensitXt der Extraktion ab. ]3esonders bew~hrt haben sich u. a. der Extrakt ionsapparat nach KVTSC~IEI~-STgvOEL sowie die sog. Perforatoren yon P~vSXtTZ und SCI~6BEL. 2Bauart und Prinzip dieser Apparaturen werden als bekannt vorausgesetzt. Auf sie und die weiterhin noch im Handel befindlichen verschiedensten Typen und Modelle soll hier nicht n~her eingegangen werden.

Wenn somit zun~ichst keine Veranlassung bestand, die Reihe dieser Apparate um einen weiteren zu vermehren, so .ergab sich im Verlauf eigener physiologisch-chemischer Unter- suchungen yon biologischen Fliissigkeiten aus einer gewissen Vnzul~inglichkeit der verschiedenen Typen doch die Not- wendigkeit dazu. Bei der Extraktion yon Substanzen, die beispielsweise in fl~ther sehr schwer 16slich waren, land sich n~mlich, dab mit den meisten Apparaten eine quanti tat ive Extraktion nur sehr schwer oder iiberhaup• nicht zu erreichen ~ecar. Die Ursache hierftir ist in einer ungentigenden Durch- mischung yon L6sungsmitteI und zu extrahierender L6sung zu suchen, die teils auf eine zu geringe Tropfengr6Be des L6sungsmittels, teils auf einen zu schnellen Durchtri t t des L6sungsmittels dutch die zu extrahierende Fliissigkeit zurtickzuft~hren ist. Das ist besonders beim Kutscher- Steudelschen Apparat der Fall, bei dem sich relativ groBe Tropfen des L6sungsmi~els in relativ kurzer Zeit um eine 'Spirale durch die Extraktionsfliissigkeit winden. Eine be- deutend bessere Durchmischung ergeben die sog. Perforatoren, bei denen der ~ther dutch eine Glasfilterplatte in feinste Tr6pfchen verteitt wird. Ffir geringe Fltissigkeitsmengen (25~5o ccm w~isserige Phase) haben jedoch die im Handel ~oefindlichen Perforatoren den Nachteil, dab sie ziemlich un- handlich und wegen des festen Einbaues des Filterplatten- .systems in dell Extrakt ionsraum schlecht zu reinigen and zu ffiillen sind. AuBerdem ist die H6he der zu extrahierenden Fltissigkeitss~iule bei ihnen relativ niedrig gehalten, so dab bei der Extraktion kleiner Mengen die Durchtrit tsdauer des ~L6sungsmittels sehr kurz ist. Sie sind weiterhin immer nur -ftir ei~ Extraktionsmittel yon best immtem spezifischen Ge- wicht eingerichtet, nicht ffir mehrere und verschiedene.

Alle diese Nach~eile der verschiedenen Typen veranlaB~en reich, einen neuen Apparat zu konstruieren, der nach MSg- lichkeit die Vorziige der einzelnen Modelle in sich vereinigen -and seinen Zweck, ntimlich die quantitative Extralctio~ vo~ .schwer 15stiehe~ Substanzen mittels _~tlver in mSglichst k'urzer

KNnische Wochenschnft, I7. jahrg.

R I F T . 17 . J A H R G A N G . Nr. 35 122 5

Zeit, erftillen solKe. Die neue Apparatur stellt also letzten Endes eine Kombination verschiedener, bereits Ms brauchbar erprobter Modelle dar. Ihre Einzelheiten shad aus der nach- stehenden Zeichnung ersichtlich*.

Der Apparat besteht aus einem Extraktionsgef~g (A) mit Kolben (B) und Kahler (U), die in ihrer Ausft~hrung dem Kutscher- Steudelschen Apparat ~ihnlich sind. In das Extraktionsgef~.g wird ein Glasrohr (7)1) eingesetz• das oben tricbterf6rmig erweitert ist und an seinem unferen Ende eine Ilache halbkugelige Sehale tr~gL die an der Oberseite mi~ einer Glasfilterplatte verschlossen ist. V~'ie bei den im Handel befindlichen Perforatoren gelangt das L6sungsmittel dutch diese Filterplatte in feinster tr0pienf6rmiger Verteilung in die zu extrahierende L6sung. Zur Extraktion stark salzhaltiger and damit spezifisch schwererer L6sungen kann ein langeres Glasrohrfilterplattensystem (D2) verwandt werden; ebenso k6nnen weitere Eins,itze verschiedener L~nge hergestellt werden, um mit dem gleichen Apparat Extraktion mittels L6sungsmittel verschiedenen spezifischen Gewichts durchzufl~hren. Das Extrak- tionsgef~iB (2t) wird hierbei durch ein Zwischenstfick (E) zwischen Kt~hler und eigentlichem Extraktionsraum verlkngert.

Die Extraktion verl~uft in dieser Apparatur nach dem gleicheia Prinzip wie in den sonst fiblichen Apparaten: Der Kolben (B) wird mit dem L6sungsmiitel beschickt, das Ex- traktionsgef~g (A) mit der zu extrahierenden w~sserigen Flfissigkeit, deren It6he his zu einigen Zentimetern unter dem Ansatzrohr reichen soil. Dann wird das Fil terplattensystem (D 1 oder D~} eingesetzt and der ExtTakh'onsraum mit oder ohne EinschMtung des Zwischenstiicks (E) mit dem Kfihler (C) verschlossen. Der Kolben taucht in heiBes Wasser oder be- findet sich auf einem Sand- oder Wasserbad. Das in ibm be- findliche LSsungsmittel destilliert ab, t r i t t dutch das Ansatz- rohr in das ExtraktionsgefiiB und ha dell Kfikler fiber, woes kondensiert. Yon dort tropft es in das Glasrohr-Filterplatten- system und steigt in feinster tr6pfchenf6rmiger Verteilung dutch die zu extrahierende wXsserige Phase, um dann durch das Ansatzrohr wieder in den Kolben zurfickzuflieBen.

Infolge der Ieinsten Verteilung des L6sungsnnttels dutch die Filterplatte wird die Oberfl~che stark vergr6gert, was zu einer intensiveren Extraktion und evtl. Verkfirzung der Ex- traktionszeit gegenfiber dem Kutscher-Steudelschen Apparat ffihrt. Besonders wesentlich ist dies bei schwerl6shchen Sub- stanzen. AuBerdem wird dutch diese feinste Yerteilung ein gleichm~igiges Str6men der kleinen Tr6pfchen erzielt und da- mi t Schaumbildung an der Oberfl~che und lVKtreiBen der w~sserigen Phase vermieden.

* Die Apparatur wird yon der Firma Curt Witke~ Laboratoriumsbedarf Dusseldorf- Oberkassel, Sehanzenstr. 6/8 hergesteltt.

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1226 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 17. J A H R G A N G . N r . 35 27. AUGUST i938,

Der A p p a r a t ist, besonders ilt seiner Ausf i ihrung fiir Meine Fl t i ss igkei t smengen (25-~5occm), anBerordent l ich handl ich , le icht zu ffillen a n d zu re in igen ltnd gew~hrle is te t du t ch die L~nge seines E x t r a k t i o n s r a u m s eine lange und grfindliche Durchmischung der L6snngen. Es kann ffir L6sungen ver - schiedenen spezifisehen Gewichts und fiir spezifisch le ichtere LSsungsmi t t e l der verschiedens ten Dieh te v e r w a n d t werden.

UNTER WELCHEN 0RTLICHEN UND ZEITLICHEN BEDINGUNGEN STEIGERT KORPERLICHE AN-

STRENGUNG DIE DISPOSITION ZU EPIDEMISCHER KINDERLAHME ?

Von

Dr. reed. FRIEDRICH WOLTER, Lelter des Hamburgischen Forschtmgsinstituts fur ~Epidetmologie.

I n dieser "Wschr. i938, 699 er6rter l t DE t/IJDD~R und G. A. PETERS:EN die F r a g e : S te iger t k6rper l iche Al ts t rengung die Dispos i t ion zu epidemischer I~2inderlXhme? Diese F rage i s t in unserer Zeit, in welcher die k6rper l iche Er t f i ch t ignng der Jugend im va te r i~ndischen In teresse planmABig durch- geff ihrt wird, uild in einer Zeitperiode, wo seit I92o die epi- demische K inde r l~hmung in wei ten Gebie ten der E r d e die vo rhe r r schende F o r m des epidemischen E rk rankens darstel l t , yon ganz auBerordent l icher Wicht igke i t .

Die Verfasser gehen d a v o n aus, dab diese F rage in der L i t e r a t u r bisher eine sehr verschiedene B e a n t w o r t u n g e r fahren ha t . "vV~hrend VV\aLL~REN schre ib t : , , Jede k6rper l iche und seelische D b e r a n s t r e n g u n g toni3 ve rmieden werden" , sag t IB~AI~I~: , ,DurchnS.ssung, Erk~l tung , D b e r a n s t r e n g u n g . . . s ind der E r k r a n k u n g in EinzelfXllen gelegent l ich vo range - gangen; abe t ob sie die EmpfAngl ichkei t ges te iger t haben , s t eh t dah in" , und GOEB~L k o m m t zu d e m SchluB, dab , ,Ab- kiihlnng, Durchn~ssung und 13beranstrengung ohne EinfluB i s t " . ~V~hrend die Ans ich ten der Au to ren fiber einelt Kausat- z u s a m m e n h a n g zwischen s ta rker k6rper l icher Ans t r engung und E r k r a n k e n an Pol iomyel i t i s also sehr versch ieden ist, k o m m e n die Verfasser zu d e m SchluB, dab die F rage zu be- j ahen und danach in Epidemieze i ten zweckm~gig auf diese Disposi t ionss te igerung zur epidemischen I ( inder l~hme durch k6rper l iche l~7beranstrengungen Rf ieks icht zu n e h m e n ist. Zu dieser SchluBfolgerung k o m m e n die Verfasser an t Grund der ]3eobachtung einer r ech t schweren tokalen Pol iomyel i t i s - endemie in e inem IXndlichelt Schu t in te rna t yon 13- - 19 j~thrigen Jugendl ichen , wetche schlagar t ig nach s ta rker k6rper l icher Anst rengul tg der Schiller (Tei lnahme an Sportfes ten) einsetzte .

Die Dars te l lung, welche die Verfasser volt ih ren sorgf~l- t igen, au Or t und Stelle durchgeff lhr ten E r h e b u n g e n geben, gew~hr t zugleich so viele Anha l t spunk t e ffir die Auffassung yon der 6rt l ich-zei t l ichelt Bed ing the i t der Seuehenents tehung , de ren B e d e u t s a m k e i t ich in me inen Arbe i t en fiber die epi- demische K inde r l~hmung x auch ffir diese Er sche inungs fo rm des epidemischen Erk rankens nachgewiesen babe, dab ich g lauben m6chte , dab ers t im Lich te dieser Anffassung die so bedeu t samen Schlugfolgerungen der Verfasser unse rem Ver- s t~ndnis nAhergebracht werden. Dabei wird v o r a l lem auch die F rage zu bean twor t en sein, ob eine solche Disposi t ions- s te igerung in Ep idemieze i t en fiberall eine solche B e d e u t u n g ha t , oder ob das n u t an gewissen Or ten der Fa l l ist, ui ld wo- d u t c h sich diese Or te yon ihrer freibleibendelt U m g e b u n g l tn terscheiden.

Bei solcber B e t r a c h t u n g haben wi t auszugehen volt den T a t - sachen des 6r t l ichen und zei t l ichen Ai l f t re tens dieser ]~ndemie.

Die El tdemie t r a t auf in d e m Orte N., welcher, wie es in d e m Ber ich te heil3t, i m Gebiete einer soeben erst e inse tzenden und in der Fo lge sehr ausgedehnten Pol iomyel i t i sep idemie liegt, und zwar im Jul i I937, en t sprechend der jahresze i t l ichen Rege lm~gigke i t de r Po l iomyeht i sep idemien . Die 20 E r - krankungsf~l le waren die ers ten E r k r a n k u n g e n in der ganzen Gegend und bl ieben die einzigen Po l iomye l i t i s e rk rankungen w~hrend des ganzen Jahres a m Orte.

Der kleine Ort N. mit 87o Einwohnern ist, wie es ferner heiBt, in ausgesprochen l~ndlicher Umgebung Silddeutschlands, etwas ab- seits groBer Verkehrswege gelegen. Betroffen zeigte sich nur das l~ndliche ~r das im Sommer 1937 insgesamt 127 Schil- ler beherbergte, welche in zwei r~umlich und betriebstechnisch ge- trennten, abet eng benachbarten Internaten I und I I untergebracht waren, und zwar die jilngeren etwa 20 Schiller im Alter yon IO his 12 Jahren im Internat I, die ilbrigen lO 7 Schiller im Alter yon 13 his 19 Jahren im Internat II. Die Endemic war und blgeb beschrdnkt au f das Internat I I , dessen Schiller nebelt dem Unterricht t~glich Sport aller Arten trieben und durchweg kbrperlich gut trainierte, leistungs- f~hige Jugendliche in bester Gesundheit waren. Vor dem Auftreten der ersten Erkrailkungsf~lle in dem allein betroffenen Internat I I Anfang Jul i waren weder in N. noch in der IO km entfernten Land- stadt, wo das erste Sportfest am 26. mid 27. VI. und das zweite am 4. VII . stattfand, noch auch in ihrer weiteren Umgebung Polio- myelitisfalle vorgekommen.

Auffallend ist die 6rtliche Beschrankung der Endemie auf das Internat II, welches die itlteren Schiller yore 13. bis 19. Jahre be- herbergte, im Gegensatz zu dem Verschontsein des zwar r~umllch ~nd betriebsteehniseh getrennten, aber eng benachbarten Internat I, in dem dm jfingeren Schiller yon lO--12 Jahren untergebraeht w&ren .

Die 20 ErkraaakungsfMle traten in dem Internat I I auf in der Zeit yon Anfang Juli bis 16. Jul i ; in dem ]3ericht wlrd hierzu be- merkt: ,,Diese charakteristische jahreszeitliche I3indung ist ja be- kannt." Sie stel]ten die ersten Erkrankungen in der ganzen Gegend dar ltnd blieben die einzigen Poliomyelitiserkrankungen des ganzen Jahres am Orte, und hSrten altf nach SchluB der Schule am 15. VII .

Von diesen 2o. Erkrankungen unter den lO 7 Insassen des Inter- nats I I waren 14 F~lle abortive F~lle und 6 Fklle mit L~bmnngen.

Von diesen 2o F~llen traten auf: I2 F~lle nach dem I. Sportfest am 26. and 27. VI., welches in der io km yon N. entfen~ten Land- stadt stattfand, 6 FMle nach dem 2. Sportfest am 4- vi i . , und 2 F~lle nach den sportlichen Veranstaltungen bei SchutschluB am 15. VII. Znsamrnen 20 Fklle.

Sehr bemerkenswert ist ferner, dab unter den 6 F/~llen mit L/ih- mnngen sieh der Fall Fe. befindet, welcher yon den Verfassern nicht mitgezi~hlt wird, well er an den sporttichen Veranstaltungen ilberhaupt nicht teilgenommen hatte. ~Er war Zimmergenosse de~ am 3- VII. erkrankten Fall 3 und erkrankte wie dieser ebenfalls mit L~hmungelt am to. VII. Zu diesem Fail wird bemerkt : , ,Er ha t te an Sportveranstaltungen nicht teitgenommen, weshalb er hier un- gez~hlt bleibt." Dazu ist yore lokalistischen Standpunkt zu sagen, dab er filr die Auffassung volt der 6rtlichen Bedingtheit der Krank- heir ein besonderes Interesse hat und bei der Atiologischen Unter- suchung ebensowenig auBer Betracht bleiben dart, wie jener andere Fall, der nach emnem Ausflug mit seinen l~ltern erkrankte und mit- gez~hlt ist (Fall U1.), obwohl er an den sportlichen Veranstaltnngen auch nicht teilgenommen hatte.

Won den 14 abortiven F/~lten war der Fall I a zwar beim ersten Sportfest gewesen, hat te abet an den ~Vettk~mpfen nicht teil- genommen. Er erhielt am 3. VII. , wo er sich schlapp filhlte, Besltch von seinen Eltern nnd machte mit diesen einen Ausflug nach einem nahen StAdtchen, wo er 3 Tage zu Bert lag mit Mattigkeit, ,,Genick- schmerzen" und Druckgefilhl im Ohr, und dann sich rasch erholte.

Alle 2o Erkrankten geh6rten zu den Io 7 Insassen des Internat I I , waren im Alter yon 1 3 - I 9 Jahren, waren durchweg k6rperlich gut trainierte, teistungsf~hige Jugendliche in bestem Gesundheits- zustande: 2 yon ihnen hatten an den sportHchen Veranstaltungen fiberhaupt nicht teilgenommlen (Fall 6 und U1.), 2 waren zwar beim Sportfest gewesen, hatten sich aber an den Wettk~mpfen nicht be- teiligt, ltnd 2 erkrankten am 16. VII. in ihrer Heimat nach den sportlichen Veranstaltungen bei dem SchulschluB am 15. VII.

Filr alle lO 7 Insassen des Internats I I aber gilt, dab sie neben dem Unterrieht ti~glich Sport aller Arten betrieben.

Nach Fes ts te l l i lng dieser Ta t sachen des 6r t l ichen uncl zei t t ichen Auf t re tens der t~ndelrde k o m m e n wi t nun zur E r - 5 r te rung der Erkl~rul tgsversuche.

Die Verfasser bezeichnen ihre B e t r a c h t u n g als ,,eine epi- demiologische B e o b a c h t u n g " und deu ten d a m i t selbst an, dab die B e a n t w o r t u n g ihrer Frage , ,,ob k6rper l iche Anstre l t - gung die Disposi t ion zu epidemischer Kinder lghme s te iger t " , eine Aufgabe der gp idemio log ie ist. In der t~pidemiologie aber s t ehen sie auf d e m Boden der zur Zeit vo rhe r r schenden bakter io logischen Forschnngsr ich tung , nach welcher alles Senchengeschehen resul t ie r t aus d e m Abwehrkampf , ill we lchem der menschl iche (nnd tierische) Organismlts den sog. pa thogenen Mikroorganismen bzw. d e m Virus gegent~bersteht, ultd in welchem es vo r a l lem auf die individneUe Widers tands - k ra f t ankommt , ob derOrganismus d iesenAbwehrkampf bes teht .