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170 EIN NEUER TIJPFELNACHWEIS F[JR FERRIZYANID. Von ERNST STORFER. (Aus dem I. Chemischen Laboratorium der Universit~it Wien.) (Eingelangt am 7. Februar 1935.) Das yon B. I~ATHKE 1 hergestellte Trithioharnstoffcuprochlorid [Cu Thi3]C1, Thi (Thioharnstoff) ~ SC/NH'~ \NH2 ist nieht nut als eines der wenigen stabilen Komplexsalze des einwertigen Kupfers interessant, sondern zeigt auch eine Reihe bemerkenswerter Eigenschaften, die sonst nur bei Kol- loiden auftreten. So bemerkt man bei dieser gut kristal- lisierenden Verbindung in w~isseriger LSsung z. B. einen ab- normalen Leitfiihigkeitsanstieg bei zunehmender Verd~innung, so- wie Alterungserscheinungen, die durch Leitf~ihigkeits- und Visko- sit~tsmessungen erkenntlieh werden "~. Gelegentlich einer Unter- suchung tiber die F~illbarkeit von LSsungen des Trithioharnstoff- cuprochlorides durch Elektrolyte und Uberpriifung der Wertig- keitsregel wurden Beobachtungen gemacht, die auch ana]ytisch ver- wertbar sin& Sieht man von der Einwirkung fixer Alkalien ab, die Kupfer- sulfiirbildung bewirken, so erzeugen andere Elektrolyte farblose Niederschl~ige. Lediglich das rote Blutlaugensalz bildet eine Aus- nahme; auf Zusatz einer LSsung yon Kaliumferrizyanid entsteht 1 B. 17, 300 (1884). Vgl. aneh A. ROSENHEIM und W. LOEWENSTAMM, Ztschr. anorg. Chem. 34, 63 (1903), ferner V. KOHLSCHOTTER, B. 36, 1152 (1903). 2 Vgl. hierzu Dissertation E. STORrER, Wien 1932, sowie Monatsh. Chem. 65, 21 (1934).

Ein neuer Tüpfelnachweis für Ferrizyanid

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Page 1: Ein neuer Tüpfelnachweis für Ferrizyanid

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EIN NEUER TIJPFELNACHWEIS F[JR FERRIZYANID.

Von

ERNST STORFER. (Aus dem I. Chemischen Laboratorium der Universit~it Wien.)

(Eingelangt am 7. Februar 1935.)

Das yon B. I~ATHKE 1 hergestellte Trithioharnstoffcuprochlorid

[Cu Thi3]C1, Thi (Thioharnstoff) ~ SC/NH'~ \NH2

ist nieht nut als eines der wenigen stabilen Komplexsalze des einwertigen Kupfers interessant, sondern zeigt auch eine Reihe bemerkenswerter Eigenschaften, die sonst nur bei Kol- loiden auftreten. So bemerkt man bei dieser gut kristal- lisierenden Verbindung in w~isseriger LSsung z. B. einen ab- normalen Leitfiihigkeitsanstieg bei zunehmender Verd~innung, so- wie Alterungserscheinungen, die durch Leitf~ihigkeits- und Visko- sit~tsmessungen erkenntlieh werden "~. Gelegentlich einer Unter- suchung tiber die F~illbarkeit von LSsungen des Trithioharnstoff- cuprochlorides durch Elektrolyte und Uberpriifung der Wertig- keitsregel wurden Beobachtungen gemacht, die auch ana]ytisch ver- wertbar sin&

Sieht man von der Einwirkung fixer Alkalien ab, die Kupfer- sulfiirbildung bewirken, so erzeugen andere Elektrolyte farblose Niederschl~ige. Lediglich das rote Blutlaugensalz bildet eine Aus- nahme; auf Zusatz einer LSsung yon Kaliumferrizyanid entsteht

1 B. 17, 300 (1884). Vgl. aneh A. ROSENHEIM und W. LOEWENSTAMM, Ztschr. anorg. Chem. 34, 63 (1903), ferner V. KOHLSCHOTTER, B. 36, 1152 (1903).

2 Vgl. hierzu Dissertation E. STORrER, Wien 1932, sowie Monatsh. Chem. 65, 21 (1934).

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ein (rot)violetter Niederschlag 3. Bei kleinen Mengen Ferrizyanid ist die F~rbung zart taubengrau und deuttich erkennbar. Makro- skopisch zeigt die Niederschlagsbildung beim Zusammengieften einer Trithioharnstoffeuprochlorid- und einer Ferrizyan-Ionen ent- haltenden LSsung folgendes Bild: Aus konzentrierten LSsungen beider Komponenten f/~llt ein dunkelrotvioletter Niederschlag. Liegt eine der Komponenten oder beide in grSl~erer Verd~innung vor, dann entsteht ein zart taubengrauer Niederschlag. Unter dem Mikroskop zeigen beide F~llungen deutlich amorphe Struktur, besonders der helle Niederschlag hat ein schaum/ihnliches Aus- sehen. Die gebildete Verbindung ist unlSslich in Wasser, Alkohol, verdiinnter Salzs/~ure und organischen L~sungsmitteIn.

Nach den Analysenwerten der isolierten Substanz handelt es sich am die Bildung der Verbindung:

[Cu Thi3]3 [Fe(CN)6] . 2 H-~O.

Die entsprechende Ferrozyanverbindung des KupferkomplexsaP zes dfirfte die Zusammensetzung

[Cu Thi3]4 [ F e ( C N ) , ] . 2 H~O besitzen.

Die Flockungsversuehe zur Ermittlung der Sehwellenwerte und der Zonenbreite (Uberprfifung der ~rertigkeitsregel, ,,Chlorersetz- barkeit"), sowie die Analyse obiger Verbindungen werden an einem anderen Orte zusammenfassend verSffentlicht ~.

Man kann die Bildung der farbigen Niedersehl~ge aus Trithio- harnstoffcuproehlorid- und Ferrizyanidt(isungen zum Nachweis yon Ferrizyan-Ionen verwenden. Besonders g~instig ist die Erkennung kleiner Substanzmengen bei der Ausf~ihrung des Nachweises in Form einer Tfipfelreakt[on auf Papier, wobei auch eine eventuelle l~eduktion des Ferrizyanids dureh die Cellulose des P~eagenz- papieres keineswegs stSrt 5, Bringt man auf ein mit Trithioharn- stoffeuproehlorid impr/~gniertes Papier einen Tropfen, der auf

3 Farbige BodenkSrper entstehen z. B. auch bei der F/~llung dureh Nitro- prussidnatrium, Hexanitritokobaltisaures Kalium und Kaliumchromrhodanid; auf das Vorliegen dieser Verbindungen ist aber bei normalen Analysen kaum zu achten.

4 Siehe Fuf~note 2. Vgl. F. FEIGL, Qualitative Analyse mit Hilfe von Tiipfelreaktionen. II. Aufl.

Leipzig 1935; S. 297.

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172 Ernst Storfer:

Ferrizyanid zu pr~ifenden LSsung, so erh~lt man je nach der Ferri- zyanidmenge einen rotvioletten bis taubengrauen Fleck, der sieh auf der weil~en Unterlage durch eine scharfe Abgrenzung deutlich abhebt. Es zeigt sich daher in diesem Falle ganz besonders gut; der Vorteil der Durchfiihrung von Tropfenreaktionen auf Papier 6.

Der Nachweis des Ferrizyanids neben Ferrozyanid ist bekannt- lieh ziemlich schwierig und es war bisher lediglich durch die Ben- zidinreaktion auf Ferrizyanid nach Fixierung des Ferrozyanids ats Bleisalz ein eindeutiger Nachwe[s mSglich 7. Die nachstehend beschriebene Reaktion gestattet noch eine Erkennung kleinerer Ferrizyanidmengen als der Nachweis mit Benzidin.

A u s f f i h r u n g :

Entspreehend dimensionierte Streifen Filtrierpapier (empfehlens- wert ist Filtrierpapier Schleicher und SehOll Nr. 604 oder 598 g) werden mit einer bei 70 o C ges~ttigten Trithioharnstoffcupro- ch]oridlSsung impr~gniert und zweckm~l~ig im Vakuum getrocknet. Es empfiehlt sich, die LSsung jeweils frisch herzustellen, weil die I(upferverbindung in wisseriger LSsung zersetzlich und gegen organische, Siure- und Basendimpfe sehr empfindlich ist, da diese ausfloekend wirken.

Auf das getrocknete Papier wird ein Tropfen der neu%ralen ProbelSsung aufgebracht. Sofern zur Pr~fung ein Sodaauszug vorliegt, ist dieser vorher genau zu neutralisieren. Naeh dem Aa- t~pfeln zeigt sich je nach der Konzentration der zu untersuchea- den LSsung an Ferrizyanid ein rot- bis grauvioletter, scharf urn- randeter Fleck.

Erfassungsgrenze: 0,6 7 Ferrizyan-Ion. @renzkonzentration: 1 : 67.000. Ist in der zu untersuchenden LSsung auch K4Fe(CN)6 vorhan-

den, so bemerkt man eine Rotf~rbung des Tfipfetfleckes. Man kann sogar durch Zusatz einer Spatelspitze festen Kaliumferrozyanids die Empfindlichkeit der Reaktion noch weiter steigern.

Erfassungsgrenze: 0,4 7 Ferrizyan-Ion. @renzkonzentration: 1: 100.000.

6 Vgl. F. FEIGL, 1. c. 7 Vgl. F. FEIGL, Qualitative Analyse mit Hilfe yon T~pfelreaktionen. 2. Aufl.

S. 300.

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Ein neuer Tfipfelnachweis ffir Ferrizyanid. 173

Auf diese Weise ist Kaliumferrizyanid noch neben der 100.000facher Menge (etwa e in Viertel der S~ttigungskonzentration bei Zimmertemperatur) des Ferrizyanids nachweisbar. H5here Konzentrationen von K~Fe(CN)6 stSren deshalb, weft dessen gelbe Farbe auf dem T~ipfelpapier die Reaktion fiberdeckt.

Frisch bereitete Mischungen von CNS'-Ion und Fe (CN)~ ' " - I en ergeben ebenfalls eine Rotf~rbung des Reagenspapieres. Doch l~l~t sich dieser Fleck hier im Gegensatz zu dem in Anwesenheit yon K~Fe(CN)8 erhaltenen durch einen Tropfen verdiinnter Schweflig- s~urelSsung entf~rben und es erscheint mit der angegebenen Emp- findliehkeit tier graublaue Fleck herr~ihrend vom Ferrizyan-Ion; xiach einiger Zeit t r i t t dann die Rotf~rbung wieder auf.

H e r s t e l l u n g d e s R e a g e n s .

Die Herstellung des Trithioharnstoffcuprochlorides erfolgt am besten nach B. R a t h k e s) durch portionsweise Zugabe yon 3 Mol 14upferchloriir zu einer auf 70 ° C erw~irmten, w~isserigen LSsung yen 1 Mol Thioharnstoff. Man r~ihrt bis zur fast vollst~indigen LSsung, filtriert vom ausgeschiedenen Schwefel ab und l~il~t iiber Nacht kristallisieren. Die Substanz scheidet sich oft in zen~i- meterlangen farblosen Kristallen yon starkem Lichtbrechungs- vermSgen aus, die sich aus warmem (nicht heit~em!) Wasser urn- kristallisieren lassen. F. P. ---~ 1720 C.

Es ist mir eine angenehme Pflicht, Herrn Dozent Dr. F. FEIGL fiir seine giitige Unterstiitzung und sein reges Interesse an der vorliegenden Arbeit meinen besten Dank auszusprechen.

~ 1. (t.