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Ein Rundgang durch das Parlament und seine Häuser Einblicke in Architektur, Kunst und Funktion der Bundestagsbauten

Ein Rundgang durch das Parlament und seine Häuser · Inhalt 4 Das Parlament der kurzen Wege 7 Das Reichstagsgebäude 10 Ein modernes Parlament im historischen Gebäude 14 Der Plenarsaal

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Ein Rundgang durch das Parlament und seine HäuserEinblicke in Architektur, Kunst und Funktion der Bundestagsbauten

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Ein Rundgang durch das Parlament und seine HäuserEinblicke in Architektur, Kunst und Funktion der Bundestagsbauten

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Inhalt

4 Das Parlament der kurzen Wege

7 Das Reichstagsgebäude

10 Ein modernes Parlament im historischen Gebäude 14 Der Plenarsaal 18 Die Besucherebene 20 Die Präsidialebene 22 Die Fraktionsebene 24 Die Glaskuppel

26 Wo sich Kunst und Geschichte begegnen

38 Spurensuche

52 Chronik des Reichstagsgebäudes

57 Das Paul-Löbe-Haus

60 Ein Motor der Republik 62 Das Gebäude 64 Die Ausschüsse 68 Die Abgeordneten 70 Besucherdienst und Öffentlichkeitsarbeit 72 Sprung über die Spree 73 Der Namensgeber des Paul-Löbe-Hauses

74 Wo sich Kunst und Politik begegnen

83 Das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus

86 Ein Haus des Wissens 88 Die Architektur 92 Dienstleistung mit kurzen Wegen

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94 Gebündeltes Wissen 96 Die Bibliothek 98 Quellen zur Geschichte 99 Die Namensgeberin des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses

100 Wo sich Kunst und Wissen vereinen

107 Das Jakob-Kaiser-Haus

110 Ein Haus aus acht Häusern 112 Das Grundkonzept 114 Ein Haus für die Vizepräsidenten und die Fraktionen 116 Transparenz und Offenheit 119 Der Namensgeber des Jakob-Kaiser-Hauses

120 Gespräche in der Beletage 124 Wo die Kunst das Eigene mit dem Gemeinsamen verbindet

135 Weitere Bundestagsgebäude

136 Die Ausläufer des Parlamentsviertels

141 Energie und Technik

142 Ökologie ganz großgeschrieben

147 Die Arbeit und Struktur des Bundestages auf einen Blick

148 Der Bundestag – ein Rede- und Arbeitsparlament

156 Die Liegenschaften des Bundestages

158 Besuchen Sie uns

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Das Parlament der kurzen Wege

Das Parlamentsviertel ist Berlins neue Mitte. Jedes Jahr besuchen Millionen Menschen aus der ganzen Welt das Reichstagsge-bäude und die anderen Bauten des Bundestages. Die offene und einladende Architektur des Viertels lässt unzäh lige Einblicke in die par lamentarische Demokratie zu. Hier geben meterhohe Glasfassaden den Blick frei auf die Arbeit des Parlaments. Hier können die Besucher den Abgeordneten in ih-ren Büros bei der Arbeit über die Schulter sehen. Ein ladend zeigt sich der Bundestag auch mit sei-nem vielfältigen Angebot für Besucher – allen voran steht natürlich der Besuch der gläsernen Kuppel des Reichstagsgebäudes.Über 600 Abgeordnete ar-beiten im Parlamentsvier-tel, rund 2.600 Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter

der Bundestagsverwaltung sowie etwa 5.000 Mitar-beiter der Fraktionen und der Abgeordneten unterstützen sie. Bei dem reibungslosen Ablauf der parlamentarischen Arbeit hilft eine ausgeklügelte Architektur. So sind die Gebäude durch ein Tunnel- und Gangsystem verbun-den, das für Abgeordnete und Mitarbeiter ein Par-lament der kurzen Wege schafft. Das Reichstagsgebäude im Zentrum des Parla-mentsviertels ist von allen Gebäuden aus schnell zu erreichen. Neben dem Ple narsaal beherbergt das historische Gebäude auch die Sitzungssäle der Fraktionen und die Präsidialebene. Ein großer Teil der par-lamentarischen Arbeit ­findet­im­Bundestag­in­den Ausschüssen statt. Sie sind mit ihren Sekre-tariaten im Paul-Löbe-Haus untergebracht.

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Markant erheben sich die sogenannten Rotunden an den Längsseiten des Gebäudes und geben den Blick frei ins Innere der Ausschusssäle. Wirkungsvoll zeigt das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus am östlichen Ufer der Spree seinen größ - ten Schatz, den großen Lesesaal der Parlaments-biblio thek, besonders im Abend licht. Das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus ist das Haus des Wissens, denn hier sind die Berei-che der Bundestagsver-waltung unter gebracht, die die Abge ordneten täglich mit Informationen versorgen. Zwei Fußgän-gerbrücken verbinden das Marie- Elisabeth-Lüders-Haus mit dem Paul-Löbe-Haus. Die beiden Häuser sind wiederum Teil einer Gebäudereihe, dem „Band des Bundes“, das die einst geteilte Stadt Berlin archi-tektonisch vereint. Nach

Westen hin schließen sich das Bundeskanzleramt und der Kanzlerpark an. Ein Haus aus acht Häusern erstreckt sich östlich des Reichstagsgebäudes: Fünf Architektenteams haben mit dem Jakob- Kaiser-Haus Raum für Abgeord-nete und Mitarbeiter des Bundestages geschaffen. Hier liegen die Büros der Fraktionen und der Vize-präsidenten. Einladend und offen zeigt sich das Jakob-Kaiser-Haus beson- ders auch vom Spreeufer. Vor einem der Außenhöfe installierte der israelische Künstler Dani Karavan Glasscheiben mit den 19 Grundrechtsartikeln des Grundgesetzes. So fällt der Blick vom Wort-kunstwerk ins Innere des Bundestagsneubaus, von der Kunst auf die Politik.Kunst und Politik be geg-nen sich im Parlaments-viertel vielerorts. Dafür sorgt seit Mitte der 1990er-

Jahre das Kunst-am-Bau-Programm des Bundesta-ges. Deutsche und inter-nationale Künstler sind mit zahlreichen Werken vertreten. Regelmäßige Führungen und auch der Kunst-Raum im Marie- Elisabeth-Lüders-Haus bieten den Besuchern des Parlaments viertels die Möglichkeit, Werke aus der Sammlung zu betrachten. Diese Broschüre bietet Einblicke in Politik und Geschichte, Kunst und Architektur des Parla-mentsviertels. Sie führt durch die Gebäude des Bundestages und ist Wegbegleiter und Nach-schlagewerk zugleich: Dem Besucher liefert sie vor Ort kompakte Infor-mationen, dem Leser umfassende Einblicke in eines der spannendsten, belebtesten und beliebtes-ten Viertel Berlins.

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((Platzhalter Bild))

ReichstagsgebäudeDas Reichstagsgebäude

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Reichstagsgebäude

1 Plenarsaal

2 Besuchertribüne

3 Pressetribüne

4 Pressefoyer auf der Fraktionsebene

5 Besucherhalle

6 Abgeordnetenlobby

7 Clubraum

8 Präsidialregistratur

9 Andachtsraum

10 Fraktionsvorstandssaal

11 Fraktionssitzungssaal

12 Foyer

13 Dachgartenrestaurant

14 Terrasse

15 Besucherplattform

16 Aussichtsplattform

17 Präsenzbibliothek

18 Innenhof

19 Fahrstühle

20 Treppenhaus

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Ein modernes Parlament im historischen Gebäude

Der Wunsch nach einem modernen Parlament im historischen Reichstagsgebäude hat die Um-gestaltung des Reichstagsgebäudes zum Sitz des Bundestages bestimmt. Der britische Architekt Norman Foster hat sich bei der Umsetzung konsequent daran gehalten.

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An der äußeren Gestalt des Reichstagsgebäudes, wie es zwischen 1884 und 1894 von dem Architek-ten Paul Wallot errichtet worden war, hat sich wenig geändert. Hinter den wuchtigen Formen aber sind Transparenz und Zweckmäßigkeit das oberste Gebot. Und modern ist das Gebäude auch in technischer Hinsicht: Seine Energieversorgung und andere Einrichtungen genügen höchsten Um-weltansprüchen (siehe S. 141 ff). Architektur, Funktionalität und Öko-logie bilden einen Drei-klang. Der Transparenz und Zweckmäßigkeit dient auch die klare Gliederung des Gebäudes in bestimm-te Ebenen oder Geschosse. Das Keller- und das Erd-geschoss umfassen Lager, die Haustechnik, Einrich-

tungen des Parlaments-sekretariats und Versor-gungsinstallationen. Auch die Räume der Bundes-tagsärztin­befinden­sich­hier. Darüber liegt die Plenarsaal ebene mit dem großen Sitzungssaal des Bundestages. Darauf folgt die Besucherebene, dann die Präsidialebene für den Parlamentspräsidenten, seine Mitarbeiter und die Verwaltungsspitze. Darüber dann liegen der Bereich für die Bundestagsfraktio-nen und die Dachterrasse mit der Kuppel.Jede Ebene hat an den Türen und anderen mar-kanten Flächen eine be-stimmte Kennfarbe erhal-ten, die der Orientierung und Übersichtlichkeit im ganzen Gebäude dient. Das Erdgeschoss ist in Orangegelb gehalten. Die Plenarsaalebene kenn-zeichnet ein starkes Blau, den Besucherbereich ein

dunkles Grün. Für die Präsidialebene ist ein Burgunderrot und für den Fraktionsbereich Grau gewählt worden.Die Baustoffe, die bei der Umgestaltung des Reichs-tagsgebäudes verwendet worden sind, tragen zur Trans parenz bei. Glas, Stahl, Sichtbeton und mattweißer oder beige-farbener Naturstein ver-leihen dem ganzen Haus trotz seiner massiven historischen Formen ein leichtes, oft silbriges Flair. Und auch hier gibt es kräftige Farben, zum Bei-spiel bei den Holzpanee-len und Anstrichen in Sitzungszimmern oder in der Cafeteria und im Bis tro des Abgeordneten-restaurants. Die Übersichtlichkeit und Zweckmäßigkeit des gan-zen Hauses kommt auch seinen Besuchern zugute.

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Am Besuchereingang des Reichstagsgebäudes, am Hauptportal an der West-seite, sind die große Frei-treppe hinauf und durch die mächtigen Säulen hin-durch nur ein paar Schritte nötig – und schon wird von der hohen Eingangs-halle aus hinter Glaswän-den das Herzstück des Parlaments sichtbar: der Plenarsaal. Hier, auf der Plenarsaalebene im ersten Stock, Kennfarbe Blau, be-ginnt der Kernbereich des Parlaments. Dieser Bereich ist den Abgeordneten, ihren Mitarbeitern und dem Parlamentspersonal vorbehalten. Die Parlamen-tarier und ihre Mit arbeiter, die Regierungsmitglieder und die Angehörigen der Bundestagsverwaltung er-reichen die Ebene durch das Ostportal und über die großen Treppen des Ost foyers, wo es genügend Vorfahrtsmöglichkeiten

gibt. Aus diesem Grund wird dieser Eingang auch bei Staatsbesuchen benutzt.Bis zum Plenarsaal ist es nicht weit. Wie ein Kranz umgeben ihn Räume und Einrichtungen, die für die Arbeit, vor allem an Debattentagen, nötig und nützlich sind. Das sind zunächst die Wandel-hallen sowie ein Lobby- und Clubraum für die oft wichtigen Gespräche am Rande, aber auch eine Präsenzbibliothek zum Nachschlagen von Daten und Fakten während der Debatten. Darüber hinaus gibt es einen kleinen Empfangsraum, Aufent-haltsräume für die Sit-zungspräsidenten und die Regierungsmitglieder, einen Raum zur Auszäh-lung der Stimmen bei na-mentlichen oder geheimen Abstimmungen, das Abge-ordnetenrestaurant mit Bistro und eine Cafeteria.

Auf der Südseite der ­Plenarsaalebene­befindet­sich auch ein überkonfes-sioneller Andachtsraum, in dem sich Abgeordnete zu christlichen Morgen-feiern an Sitzungstagen versammeln. Der An-dachtsraum wurde vom Düsseldorfer Künstler Günther Uecker gestaltet und hat eine stille, medi-tative Atmosphäre. Immer im Mittelpunkt aber steht der Saal für das Plenum. Er reicht prak-tisch durch das ganze Haus, bis zum Fuß der Glaskuppel auf dem Reichstagsbau, und ist von fast allen um ihn her-um gruppierten Stockwer-ken, aus den Licht höfen des Gebäudes und aus vielen anderen Blick-winkeln einsehbar. Hier befindet­sich­das­Zentrum­der parlamentarischen Demokratie.

Das Reichstags-gebäude gestern: Blick auf den Parlamentsbau mit der histori-schen Kuppel des Architekten Paul Wallot.

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Das Reichstags-gebäude heute: Die Glaskuppel des Architekten Norman Foster zählt zu den größten Publi-kumsmagneten der Stadt.

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Der Plenarsaal

sicht und keinen Weisu n-g en unterworfen, sondern regelt seine Angelegen-heiten selbst. Wenn der Bundestag das höchste demokratische Organ ist, so ist das Plenum seine ausschlaggebende Instanz. Das zeigt sich auch am Ablauf der Sitzungswo-chen, die donnerstags und freitags nach inten-siven Beratungen in den Gre mien, Fraktionen und Ausschüssen in den Sitzungen des Plenums münden, das die endgül-tigen Beschlüsse fasst. Der Rhyt h mus entspricht einer ge regelten Arbeits-abfolge. Außerdem gibt es im Plenum Fragestunden, Debattenstunden zu einem aktuellen Thema und Re-gierungsbefragungen nach der Zusammenkunft des Bundeskabinetts.

Herzstück des Reichstags-gebäudes ist der Plenar-saal mit seinen 1.200 Qua-dratmetern. Er reicht mit einer Höhe von 24 Metern praktisch durch das ganze Haus. Im Plenum fallen die end-gültigen Entscheidungen, vor allem über die Gesetze. Hier wird das Regierungs-oberhaupt gewählt. Hier kann es durch die Wahl eines Nachfolgers auch abgelöst werden. Und jenseits aller Tages arbeit und Fachthemen kommt im Plenum als „Forum der Nation“ auch immer wieder zur Sprache, was die Menschen allgemein bewegt. Im Plenum drückt sich vor allem auch aus, dass die Souveränität des Bun-destages nur von den Be-stimmungen des Grund-gesetzes begrenzt ist. Das Parlament ist keiner Auf-

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Herzstück des Parlaments: Der Plenarsaal ist von allen Etagen des Reichstags-gebäudes ein-sehbar.

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1 Der aktuelle Sitzungs-präsident wird vom Bundes tagspräsidenten und seinen Stellver tretern gestellt. Sie wechseln sich alle zwei Stunden ab.

2 Der Vorstand besteht aus dem Sitzungspräsidenten und zwei Schriftführern.

3 Die Plenarassisten ten un-terstützen den Sitzungs-präsidenten in tech-nischen Dingen, indem sie beispielsweise die Uhr für die Redezeit stellen und das Rednerpult vor-bereiten.

4 Der Direktor beim Deut-schen Bundestag und der Sitzungsdienst unterstüt-zen den Sitzungspräsi-denten bei inhaltlichen Fragen, beispielsweise zur Geschäftsordnung.

5 Der Wehrbeauftragte dient als Hilfsorgan des Parlaments bei der Kon-trolle der Streitkräfte und berichtet in regel - mäßigen Abständen.

6 Zwei Stenografen notie - ren die Rede beiträge der Abge ordneten. Einer wechselt alle fünf, der andere alle 30 Minuten.

7 Kameras übertragen die Plenardebatten live im Par laments fernsehen. Ein leuch tendes „F“ neben der Uhrzeit signalisiert, dass die Kameras laufen.

8 Auf zwei Medienwänden werden der aktuelle Punkt der Tagesordnung, der Redner und der fol-gende Tagesordnungs-punkt angezeigt.

9 Die Bundesratsbank.

10 Standmikrofone für Zwischenfragen.

11 Rednerpult.

CDU/ CSU311 Sitze

Der 18. Deutsche Bundestag (Stand: Mai 2014)

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Bundesregierung und Bundesrat

1 Bundeskanzlerin

Angela Merkel, CDU

2 Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Vizekanzler

Sigmar Gabriel, SPD

3 Bundesminister des Auswärtigen Frank-Walter Steinmeier, SPD

4 Bundesminister des Innern Thomas de Maizière, CDU

5 Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur

Alexander Dobrindt, CSU

6 Bundesminister der Finanzen Wolfgang Schäuble, CDU

7 Bundesministerin für Arbeit und Soziales

Andrea Nahles, SPD

8 Chef des Bundeskanzleramts, Bundesminister für besondere Aufgaben

Peter Altmaier, CDU

9 Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft

Christian Schmidt, CSU

10 Bundesministerin der Verteidigung Ursula von der Leyen, CDU

11 Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Manuela Schwesig, SPD

12 Bundesminister für Gesundheit

Hermann Gröhe, CDU

13 Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz

Heiko Maas, SPD

14 Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz Bau und Reaktorsicherheit

Barbara Hendricks, SPD

15 Bundesministerin für Bildung und Forschung

Johanna Wanka, CDU

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Staatsminister im Bundeskanzleramt

19 Regierungssprecher 20 Parlamentarische

Staatssekretäre Bundesminister für wirtschaftliche Zusammen-arbeit und Entwicklung

Gerd Müller, CSU

26 Präsident des Bundesrats (wechselt jährlich)

Die Linke64 Sitze

SPD193 Sitze

Bündnis 90 / Die Grünen63 Sitze

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Wenn man hier sitzt, fällt der Blick zuerst auf den großen Bundestagsadler. Auf zwei Medienwänden links und rechts von ihm werden der aktuelle Punkt der Tagesordnung, der Redner und der folgende Punkt der Tagesordnung angezeigt. Von den Besu-chern aus gesehen, stehen unterhalb des Adlers links die­Bundesflagge­und­rechts die Europafahne. Zu­seinen­Füßen­befinden­sich die etwas herausge-hobenen Plätze des Sit-zungsvorstands. Er setzt sich zusammen aus dem Präsidenten des Deutschen Bundestages oder einem der Vizepräsidenten und den beiden Schriftführern – das sind je ein Abge-ordneter aus den Regie-

Öffentlichkeit gehört zu einer parlamentarischen Demokratie. Alle wichti-gen Bundestagsdebatten werden von den Medien übertragen. Die Öffent-lichkeit sind vor allem aber auch die Besucher der Plenarsitzungen. Für sie ist im Reichstags-gebäude das Zwischen-geschoss über der Plenar-saalebene in der Kennfarbe Grün angelegt. Dort gibt es sechs im Halbkreis an-geordnete Tribünen mit insgesamt 400 Plätzen, die­auch­für­offizielle­Besucher und Gäste des Bundestages und für Journalisten bestimmt sind. In Stufen abfallend, sind diese Tribünen so weit in den Plenarsaal hineingezogen, dass alles wie zum Anfassen nahe erscheint – das Plenum ist so fast auf Tuchfühlung, als säßen die Zuschauer mitten im Saal.

Die Besucherebene

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Darauf folgen die Abge-ordneten der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen.Rechts daneben nehmen die Abgeordneten der SPD Platz, und ganz außen­rechts­befinden­sich die Plätze der Frak-tion Die Linke. Der Plenarsaal ist der Ort, an dem debattiert und entschieden wird, er ist das Zentrum des Parla-ments. Auf dem grün gekennzeichneten Zwi-schengeschoss für die Besucher, zu dem auch mehrere Vortrags- und Informationssäle gehören, ist man diesem Zentrum am nächsten.

Die beiden Stühle, die dem Präsidiumspodest am nächsten stehen, sind der Bundeskanzlerin und dem Bundesratspräsiden-ten vorbehalten. Zwischen Bundesrat und Sitzungs-präsidium hat schließlich der Wehrbeauftragte des Bundestages als Hilfsor-gan bei der parlamentari-schen Kontrolle der Bun-deswehr seinen Platz.Gegenüber­der­flachen,­nach innen gekrümmten Ellipse, die das Präsiden-tenpodest, die Regierungs- und die Bundesratsbank bilden,­befinden­sich­–­praktisch als andere Hälfte der Ellipse – die Abgeord-netensitze. Diese sind nach den Bundestagsfraktionen geordnet und beginnen, von den Besuchern aus gesehen, links mit den Plätzen für die Abgeord-neten der CDU/CSU.

rungs- und Oppositions-fraktionen. Auch die Parla ments beamten, die dem Prä sidenten bei der Sitzungsleitung zur Hand gehen, haben hier ihre Plätze. Davor stehen das Rednerpult und die Bank der Stenografen, die jedes Wort festhalten. Von den Besuchertribü-nen aus gesehen sind links vom Sitzungspräsi-denten die Plätze für die Bundeskanzlerin und die Bundesminister sowie ihre Mitarbeiter angeord-net und rechts die Plätze des Bundesrats, der Ver-tretung der Bundesländer.

Demokratie hautnah erle-ben: Die Besu-cher können den Abgeord-neten bei den Debatten im Plenarsaal über die Schulter schauen.

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Sitzungssaal. Darüber ­hinaus­befinden­sich­auf­dieser Ebene der Bera-tungsraum des Bundes-tagspräsidiums und andere Besprechungszimmer so-wie die Büros der engsten Mitarbeiter des Präsiden-ten und der Verwaltungs-spitze des Bundes tages. Nicht zuletzt dient die Präsidialebene auch der Repräsentation. Dafür gibt es unter anderem einen großen und einen kleinen Empfangssaal. Weitere Informationen zur Arbeit und Zusammenset-zung des Präsidiums und des­Ältestenrats­finden­sich auf Seite 154.

Über dem Besucherge-schoss­befindet­sich­die­Präsidialebene, Kennfarbe Burgunderrot. Hier wird die Bun des tagsarbeit in den Grenzen der end-gül tigen Entscheidungs-rechte, die das Parla ments -plenum auch in eigener Sache hat, gelenkt, organi-siert und voraus geplant. Hier­be­finden­sich­die­Räume des Präsidenten des Bundestages, des höchsten Repräsentanten des Parlaments. Hier hat auch der Ältestenrat als parlamentarisches Lenkungsorgan seinen

Die Präsidialebene

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Organisation und Repräsen-tation: Von der Präsidialebene fällt der Blick direkt in den Plenarsaal.

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Die CDU/CSU-Fraktion und die SPD-Fraktion beraten auf der Ostseite des Stockwerks, die Frak-tionen Die Linke und Bündnis 90 / Die Grünen auf der Westseite. Zu den Räumen der Fraktionen gehören auch die vier Ecktürme des Reichstags-gebäudes. Durch ihre quadratische und hohe Form haben diese Räume eine besonders markante Gestalt. An den Dienstagen der Sitzungswochen, wenn sich die Fraktionen versammeln, wird das ganze Stockwerk zum vorübergehenden Mittel-punkt des Parla ments-geschehens.Weitere Informationen zur Arbeit der Fraktionen finden­sich­ab­Seite­150.

Auch die Abgeordneten, die Ausschüsse und ande-re Gremien im Reichstags-gebäude unterzubringen, ist nicht möglich. Ihre Büros und Beratungsräume befinden­sich­in­den­drei­Parlamentsbauten, die in unmittelbarer Nähe ent-standen sind. Wohl aber haben die Fraktionen ihren festen Platz im Plenargebäude, im dritten Obergeschoss über der Präsidialebene. Das hat einen Grund: Als Zusam-menschlüsse aller Abge-ordneten einer Partei – oder wie im Falle der CDU/CSU verwandter Parteien – sind sie im par-lamentarischen Getriebe wichtige, oft ausschlagge-bende Schaltstellen. Ihre Versammlungssäle und Vorstandsräume gruppie-ren sich um eine ausge-dehnte Presselobby, die auch für große Empfänge genutzt werden kann.

Die Fraktionsebene

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Schaltstellen der parlamenta-rischen Arbeit: Die Versamm-lungssäle und Vorstandsräume der Fraktionen liegen im dritten Obergeschoss.

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Rampen führen zu einer Aussichtsplattform, von der aus man, wie auch von der Dachterrasse, einen Blick über ganz Berlin hat. Vom Kuppel-fuß aus kann man in den Plenarsaal hinuntersehen – ein weiterer Anziehungs-punkt.Aber ob nun durch diesen Einblick oder unmittelbar von den in den Plenarsaal tief hineinreichenden Zuschauertribünen: Hier wie dort gilt, dass sich der Bundestag im historischen Reichstagsgebäude allen Besuchern weit öffnet und auch auf diese Weise einlöst, was die großen Lettern im Giebel über dem Hauptportal an der Westseite versprechen: „Dem deutschen Volke“.

Die Fraktionsebene ist der letzte Arbeitsbereich im Reichstagsgebäude. Über der Fraktionsetage als oberstem Stockwerk befinden­sich­die­Dachter-rasse mit einem Restaurant für die Besucher und die große Glaskuppel, die zum Wahrzeichen des Bundes-tages geworden ist. Tags-über glänzt sie, nachts leuchtet sie über der Stadt.Weil sie kein geschlosse-nes Gebilde, sondern am unteren und oberen Rand offen ist, wirkt die Kuppel wie ein leichtes und lufti-ges Rund, wie eine schwe-bende Raumhülle. Der Spiegelkonus in ihrer Mit-te mit seinen besonderen technischen und ökologi-schen Funktionen (siehe S. 141 ff.) gibt ihr einen zusätzlichen Akzent. Vor allem aber ist die Kuppel ein Publikumsmagnet. Denn die beiden an ihrer Innenseite sanft anstei-genden oder abfallenden

Die Glaskuppel

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Wahrzeichen des Parlaments: Die Glaskuppel auf dem Reichs-tagsgebäude zieht jedes Jahr rund drei Millionen Besucher an.

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Mit seinem Kunst-am-Bau-Projekt hat der Bundestag Kunst und Politik vereint. Namhafte nationale und internationale Künstler haben sich bei der Ausgestaltung des Reichstags gebäudes von der Politik inspirieren lassen.

Wo sich Kunst und Geschichte begegnen

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der­deutschen­Bundesflag-ge. Das hochrechteckige Format und die spiegeln-den­Glasflächen­machen­deutlich, dass es sich nicht um die Abbildung einer Flagge handelt, son-dern um ein autonomes Farbkunstwerk. So ist es Gerhard Richter gelungen, mit sparsamen künstleri-schen Mitteln eine zu-rückhaltende und gerade dadurch überzeugende künstlerische Gestaltung zu­finden.­Die­großen,­ho-mogenen Farbfelder sind harmonisch auf die Aus-maße­der­Wandfläche­ab-gestimmt und bieten so in der riesigen Halle einen optischen Ruhepunkt und Raum für Assoziationen und­Reflexionen.

Zu Entwürfen aufgefordert wurden vor allem Künst-ler, die bereit waren, sich mit dem Ort und seiner Geschichte produktiv aus-einanderzusetzen.In der Westeingangshalle des Reichstagsgebäudes werden die Besucher von Arbeiten von Sigmar Polke und Gerhard Richter emp-fangen. Beide Künstler standen vor der schwieri-gen Aufgabe, jeweils über 30 Meter hohe Wände auszugestalten. Gerhard Richter hat ein Farbkunst-werk von 21 Metern Höhe und drei Metern Breite in den Farben Schwarz, Rot, Gold entworfen (S. 29). Die Farben wurden auf die Rückseite großer Glas-tafeln aufgetragen und er-innern – nicht ohne Hin-tersinn – an die Farben

Besucher des Reichstags-gebäudes können nicht nur die eindrucksvolle Architektur bewundern, sondern auch eine Reihe von Kunstwerken, die anerkannte in- und aus-ländische Künstlerinnen und Künstler für das Par-lamentsgebäude geschaf-fen haben – darunter als Reverenz an den ehema-ligen Vier-Mächte-Status von Berlin Werke von Künstlern aus den USA (Jenny Holzer), Frankreich (Christian Boltanski) und Russland (Grisha Bruskin). Großbritannien ist durch den Architekten Norman Foster vertreten.

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Für die Südeingangshalle greift Georg Baselitz in großformatigen Leinwand-gemälden Motive des Malers Caspar David Friedrich auf (S. 30). Wie viele seiner Bilder hat er auch diese auf den Kopf gestellt, um die formale Gestaltung der Kompositi-on in den Vordergrund zu stellen. Als Vorlage haben ihm Holzschnitte nach Caspar David Friedrichs Motiven „Die Frau am Abgrund“, „Melancholie“ und „Der schlafende Knabe am Grabe“ gedient.

Seine Arbeit verdichtet historisch-politische Aussagen auf mehreren Leuchtkästen in zweifa-cher Hinsicht: Zum einen nehmen die Leuchtfelder im Unterschied zur Arbeit Gerhard Richters einen relativ kleinen Raum ein. Zum anderen wird in ih-nen durch eine Technik, die­einer­Holografie­äh-nelt und der Vorliebe Sigmar Polkes zum Ex-perimentieren mit unge-wohnten Maltechniken entspricht, die optische Täuschung hervorgerufen, dass sich die einzelnen Bildmotive bewegen und übereinander verschieben.Auf diese Weise bezieht Polke inhaltlich und for-mal eine Gegenposition zu der ruhigen, eher sta-tisch wirkenden Arbeit von Gerhard Richter.

Sigmar Polke hingegen installierte an der gegen-überliegenden Wand der Westeingangshalle fünf Leuchtkästen mit heiter-ironischen Bildzitaten aus Politik und Geschichte, so unter anderem mit einer Darstellung des „Hammelsprungs“ oder mit einer verfremdeten Ansicht der „Germania“ des Niederwalddenkmals. Doch nicht nur Ironie bestimmt die Aussage von Polkes Werken. Der Künstler setzt sich auch mit dem Drahtseilakt in der Politik auseinander, mit den Kräftemessen zwischen Regierung und Opposition und nicht zu-letzt mit der Neigung zu „Traumtänzereien“, ver-sinnbildlicht in der blau umwölkten „Germania“.

Sigmar Polke Vor-Ort-Sein 1998/99Eingangshalle West

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Gerhard Richter Schwarz Rot Gold1998Eingangshalle West

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der Welt und von den anderen Menschen“ Aus-druck verleihen. Carl-friedrich Claus hat seine vom Mystizismus, von der Kabbala und von marxis ti-scher Philosophie gepräg-ten Gedankengänge auf Pergament oder Glastafeln notiert. Diese Schriftzüge verengen und überschnei-den sich fortlaufend zu Schriftgestalten. Auf Bild-tafeln übertragen, ragen die symbolhaften Zeichen in den Raum. So hat Carl-friedrich Claus einen ganz eigenen Weg zwischen Poesie, Philosophie, Mystik und Schriftkunst gefunden.

Carlfriedrich Claus, ein in der DDR in die innere Emigration gedrängter Künstler, ist mit seinem Aurora-Experimentalraum vertreten. Der Künstler hatte noch kurz vor sei-nem Tod die Ins tallation seiner Arbeiten bestimmen können. Er verstand sich selbst als überzeugter Kommunist. Aber im Gegensatz zum dogmati-schen Schulmarxismus beharrte er so entschieden auf einem mystisch ver-standenen, utopischen Charakter der Ideologie, dass er sich die Gegner-schaft des SED- Regimes zuzog. Mit dem Aurora-Raum, der das Morgen-dämmern der Utopie ver-künden soll, will er seiner Sehnsucht „nach der Auf-hebung des Entfremdet-seins von sich selbst, von

Das jeweilige Motiv wiederholt sich vielfach in einer bordürenartigen ­Einfassung­der­Mittelfigur.­Große Teile der Leinwand sind frei geblieben, die Farben wirken teilweise wie lasierend aufgebracht. So erscheinen die Gemälde von aquarellhafter Leich-tigkeit und behaupten sich durch diese Transparenz gegen die massiven Stein-quader der Architektur. Mit seinen Motiven und seiner Malweise schlägt Baselitz eine Brücke von der Gegenwart zur Romantik.

Georg Baselitz Friedrichs Melancholie 1998Eingangshalle Süd

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Carlfriedrich ClausAurora-Experi-mentalraum 1977/1993Wandelhalle Südwest

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bildnerische Gestaltung vorgenommen. Die Tafeln visualisieren die Wüsten im Heiligen Land als den Geburtsort jüdisch-christlicher Spiritualität. Tod und Auferstehung werden zu eindrucksvol-len sugges tiven Bildern verdichtet.Den Sitzungsraum für eines der wichtigsten par-lamentarischen Gremien, den Ältestenrat, hat der Stuttgarter Künstler Georg Karl Pfahler gestaltet. Mit einer geschickten optischen Täuschung in-szeniert, scheinen farbige

architektonischen Aus-drucksmitteln einen Raum zu gestalten, der zu Medi-tation und innerer Ein-kehr anregt. Durch den Einbau einer zur Seite hin offenen Zwischenwand vor den Fenstern führt Uecker das Licht indirekt in den Raum, der auf die-se Weise die mystische Aura einer frühmittelal-terlichen Krypta gewinnt. Er erhält seine Akzentuie-rung durch kraftvolle skulpturale Elemente wie den Altar aus sand-gestrahltem Granit, durch eigens entworfene Stühle und Bänke sowie durch sieben hohe Holzbildtafeln, die in leichter Schräge an die Wände gelehnt sind. Auf diesen Tafeln hat Uecker mit Nägeln, Farbe, Sand und Steinen eine

Die umfassendste künst-lerische Gestaltung im Reichstagsgebäude hat der Düsseldorfer Künstler Günther Uecker vorge-nommen. Er hatte die schwierige Aufgabe, ein zeitgemäßes sakrales Inte-rieur für den Andachts-raum zu entwerfen. Weni-ge Künstler dürften für diese Aufgabe so prädes-tiniert gewesen sein wie Günther Uecker, der sich schon in einer Reihe be-deutender Arbeiten mit Fragen der Gefährdung, der Hoffnung und der Rettung des Menschen beschäftigt hat. Ihm ist es gelungen, auf der Grund-lage theologischer Über-lieferungen mit sparsa-men bildnerischen und

Georg Karl PfahlerFarb-Raum- Objekt 1998/99Sitzungssaal des Ältestenrats

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Günther Uecker Andachtsraum 1998/99

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den Vier-Mächte-Status Berlins eingeladen wur-den, neue Werke für das Reichstagsgebäude zu schaffen. Neben Holzer repräsentieren der Archi-tekt Norman Foster Groß-britannien, Christian Boltanski Frankreich und Grisha Bruskin die Sow jetunion. Christian Boltanski hat für das Reichs tagsgebäude im Untergeschoss das „Archiv der Deutschen Ab geord-neten“ entworfen (S. 47). Kästen aus Metall sind mit den Namen der Abge-ordneten beschriftet, die von 1919 bis 1999, dem Jahr der Einweihung des umgebauten Reichstags-gebäudes, demokratisch in das deutsche Parla - ment gewählt wurden. Die Kästen sind in zwei länglichen Blöcken bis zur Decke so übereinander-gestapelt, dass zwischen ihnen ein schmaler Gang entsteht.

geordneten aus der Zeit von 1871 bis 1999 von unten nach oben ablaufen und dokumentiert so die Geschichte der par la men-tarischen Rede in Deutsch -land. Die Reden wurden von der Künstlerin ausge-wählt und zu Themenblö-cken zusammengestellt. Parlamentarische Zwi-schenrufe werden durch wiederholtes Aufblinken kenntlich gemacht. Die auf der Stele aufsteigen-den Parlamentsreden bilden symbolisch einen tragenden Pfeiler des Par-laments als des Hauses der politischen Rede.Die US-Amerikanerin Jenny Holzer ist eine von vier Künstlern, die im Hinblick auf die ehema-ligen Siegermächte des Zweiten Weltkriegs und

Rechtecke von den Wän-den herabzufallen und geradezu über die Holzpa-neele des Architekten hin-wegzutanzen. Souverän reagiert der Künstler auf die vorgegebenen stark-farbigen Holzpaneele und setzt ihnen ein durch-dachtes eigenes Farbkon-zept entgegen, das vom Gegen- und Miteinander-spielen der Farben, ihrer Überlagerung und Weiter-entwicklung lebt. Im Gegensatz zu der um-fassenden Weltschau von Carlfriedrich Claus wendet sich die amerikanische Künstlerin Jenny Holzer in bewusster Konzentra-tion der Geschichte des Reichstagsgebäudes zu. Sie lässt in der Nordein-gangshalle auf einer Stele digitale Leuchtschriftbän-der mit Reden von Reichs-tags- und Bundestagsab-

Bernhard Heisig Zeit und Leben 1998/99Bibliothek

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Jenny Holzer Installation für das Reichstags-gebäude1999Eingangshalle Nord

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Weitere Künstler, darunter Katharina Sieverding mit der Gedenkstätte für die verfolgten Reichstagsab-geordneten (S. 45), zeigen mit ihren Kunstwerken im Reichstagsgebäude einen lebendigen Querschnitt durch die deutsche und internationale Kunstszene. Entsprechende Werke schufen unter an derem Lutz Dammbeck, Hanne Darboven, Rupprecht Geiger, Gotthard Graubner, Bernhard Heisig (S. 34), Anselm Kiefer, Markus Lüpertz, Ulrich Rückriem, Emil Schumacher und Jürgen Böttcher (Strawal-de). Auch Werke weiterer Künst ler wurden ange-kauft. Nach einer spannenden und kontro versen Debatte im Plenum wurde im Jahr 2000 das Kunstprojekt

Im Clubraum ironisiert Grisha Bruskin in seinem Triptychon „Leben über alles“ ideologische My-then, insbesondere die „Skulptur-Manie“ Sowjet-russlands. 115 Einzelbil-der reihen sich aneinan-der, sie zeigen jeweils eine Person als weißlich-monochromer statuen-hafter Schemen, der erst durch seine farbigen Attri-bute als Einzelwesen er-kennbar wird – sei es als Kolchosbäuerin mit über-großen Feldfrüchten oder als russischer Soldat mit den Wappen von Bundes-republik und DDR.

„Der Bevölkerung“ von Hans Haacke für den nörd-lichen Innenhof rea lisiert. In einer sieben Meter brei-ten und 21 Meter langen, von Holzbohlen eingefass-ten Fläche ließ der Künst-ler in Neonlichtbuch-staben die Inschrift „Der Bevölkerung“ installieren. Der Schriftzug ist von allen Etagen aus zu lesen. Alle Abgeordneten sind ein geladen, aus ihren Wahlkreisen Erde nach Berlin zu bringen und um die Leuchtbuchstaben zu streuen. Eine Webkamera dokumentiert die Ver än-de rungen des frei wu-chernden Biotops (www.derbevoelkerung.de).

Hans Haacke, Der Bevölke-rung 1999/2000 Innenhof Nord

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Grisha Bruskin Leben über alles 1999Clubraum

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Am Reichstagsgebäude ist der Verlauf der jüngeren deutschen Geschichte besonders deutlich wahr-zunehmen. Die Spuren sind noch sichtbar, sie müssen nur gefunden und gelesen werden.

Spurensuche

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der Menge, die sich vor dem Reichstagsgebäude versammelt hatte, und rief die Republik aus: „Arbei-ter und Soldaten! Furcht-bar waren die vier Kriegs-jahre. Grauenhaft waren die Opfer, die das Volk an Gut und Blut hat bringen müssen. Der unglückselige Krieg ist zu Ende. Das Morden ist vorbei. Die Folgen des Kriegs, Not und Elend, werden noch viele Jahre lang auf uns

der Probleme aus; sie waren handlungsunfähig geworden. Die Folge war eine Revolution, die sich aus einer Revolte der Ma-trosen in Kiel entwickelte und die ihren Höhepunkt im November 1918 in Ber-lin fand. Es drohten zwei Entwicklungen: entweder eine ungezügelte Über-nahme der Macht durch einen Militärputsch oder ein Aufstand durch die äußerste Linke nach sow-jetrussischem Vorbild.Philipp Scheidemann, Fraktionsvorsitzender der SPD, sprach am 9. Novem-ber 1918 von einem der Westbalkone spontan zu

Der Westbalkon

Der Verlauf des Ersten Weltkriegs, die hohe Zahl der Opfer und die kata-strophale Ernährungssitua-tion ließen in der deut-schen Bevölkerung das Vertrauen in die kaiserli-che Regierung schwinden; sie verlor die Unterstüt-zung und damit die Legi-timität ihres Handelns. Die Mehrheit wollte nicht mehr unter den Bedingun-gen des Kaiserreichs le-ben, und von den Regie-renden ging keine Lösung

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Bis heute beschäftigt sich die Geschichtswissen-schaft mit dem genauen Hergang der Brandstif-tung.Ein Teil des Heizungs-gangs ist bei den Bauar-beiten heraus gesägt wor-den und steht nun in der Fußgängerunterführung vom Reichstagsgebäude zum Jakob-Kaiser-Haus. Hier soll an den Brand und an Marinus van der Lubbe erinnert werden, der die Brand stiftung zu-gegeben hatte und vom Reichsgericht als Brand-stifter durch ein nach-träglich erlassenes Gesetz zum Tode verurteilt wor-den war. Erst im Jahr 2008 wurde das Urteil aufge-hoben und van der Lubbe reha bilitiert.

Regierung Adolf Hitlers nutzte das Ereignis, um mit der Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat vom 28. Februar die Grundlagen des Rechts-staats zu vernichten. Mit dem Ermächtigungsgesetz, das der Reichstag am 23. März 1933 in der Berliner Kroll-Oper ver-abschiedete, wurde die parlamentarische Staats-form beseitigt und die Diktatur der National-sozialisten etabliert.Bei dem Umbau des Gebäudes in den 1990er-Jahren entdeckte man den Rohrleitungsgang, der früher unter der Stra-ße zum Palais des Reichs-tagspräsidenten geführt hatte. Nach dem Brand des Reichstagsgebäudes kam das Gerücht auf, die Brandstifter seien durch diesen Tunnel in das Ge-bäude geschickt worden.

lasten … Seid einig, treu und­pflichtbewusst!­Das­Alte und Morsche, die Monarchie, ist zusammen-gebrochen. Es lebe das Neue! Es lebe die deut-sche Republik!“ Es war ein gewagter Schritt, zu-mal wenig später Karl Liebknecht, der Führer der radikalen Sozialisten, vom Schloss (dem Sitz des Kaisers) die Räte -re publik verkündete und Scheidemann auch nicht sofort die Zustimmung seiner Parteifreunde fand. Aber der Weg zur parla-mentarischen Demokratie war damit vorgezeichnet.

Der unterirdische Gang

Das Reichstagsgebäude wurde durch den Brand am 27. Februar 1933 in aller Welt bekannt. Die nationalsozialistische

Westbalkon: Philipp Scheide mann ruft vom Balkon des Reichstags-gebäudes die Republik aus, hier in einer nachträglichen Inszenierung aus den 1920er-Jahren.

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Wiederentdeckt: Teile des alten Rohrleitungs-gangs, der das Reichstagsge-bäude, das Reichstagsprä-sidentenpalais und das Heiz-werk miteinan-der verband.

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Um sicherzustellen, dass zumindest eine Fahne auf dem Dach den Sieg der Roten Armee verkündete, kämpften sich mehrere Gruppen mit Fahnen zu dem Gebäude vor. Nach der Eroberung brachten Soldaten die rote Fahne auf dem östlichen Haupt-gesims des Gebäudes an. Das berühmte Foto, das drei Soldaten beim An-bringen der roten Fahne neben dem Südostturm zeigt, wurde in den fol-genden Tagen nachgestellt und hat als Symbol für das Ende der nationalsozi-alistischen Herrschaft bis heute große Bedeutung.

Der Kampf um den Reichs-tag begann am 29. April 1945, am 2. Mai 1945 wurde das Gebäude end-gültig erobert. In den Tagen danach hinterließen viele sowjetische Soldaten ihren Namenszug oder eine Botschaft als Ausdruck des Sieges. Einige dieser Graffiti­sind­als­Spur­ der Geschichte erhalten.

Die rote Fahne auf dem Reichstag

In den Kämpfen um die Stadt hatten die sowjeti-schen Soldaten ein wir-kungsvolles Zeichen für die Markierung der er-oberten Ziele. Jedes Ziel bekam eine Nummer; war es erreicht, wurde dies durch eine rote Fahne signalisiert.

Die Graffiti der sowjetischen Soldaten

In der Zeit der national-sozialistischen Herrschaft blieb das Reichstagsge-bäude weitgehend unge-nutzt. Die Sowjetunion aber maß dem Gebäude als Symbol für den Beginn der nationalsozialisti-schen Diktatur große Be-deutung zu. Besonders die sowjetische Propaganda stellte in der Schlusspha-se des Zweiten Weltkriegs das Reichstagsgebäude als militärisches Ziel dar.

Ausdruck des Sieges: Nach der Eroberung des Reichstags-gebäudes hin-terlassen sowje-tische Soldaten Inschriften an den Wänden.

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Symbol für das Ende der nationalsozia-listischen Herr-schaft: Sowjeti-sche Soldaten hissen eine rote Fahne auf dem Berliner Reichs-tagsgebäude.

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drei Gedenkbücher aus, die das Schicksal zahlrei-cher Reichstagsabgeordne-ter würdigen. Im mittleren Buch wird mit kurzen Bio-grafien­der­120­ermorde-ten Mitglieder des Reichs-tags gedacht. Die beiden anderen Gedenkbücher er-innern an die Abgeordne-ten, die inhaftiert oder in die Emigration getrieben wurden.

Rückzugszone für die heutigen Abgeordneten konzipiert. Unaufdring-lich und doch unentrinn-bar werden sie an die Schicksale vieler ihrer Vorgänger erinnert. Am Kopfende erweckt das fünfteilige Fotogemälde mit dem Hintergrundmo-tiv der lodernden Sonnen-korona Assoziationen an den Reichstagsbrand und an die Wiedergeburt des demokratischen Deutsch-lands als „Phönix aus der Asche“. Vor dem Mahnmal liegen auf Holztischen

Gedenkstätte und Abgeordnetenlobby

Im umgestalteten Reichs-tagsgebäude hat die Künst-lerin Katharina Sieverding für die von 1933 bis 1945 verfolgten und ermorde-ten Mitglieder des Reichs-tags der Weimarer Repu-blik eine Gedenk stätte ge-staltet. Der eindrucksvolle Raum im Erdgeschoss des Gebäudes ist nicht als Trauer- und Mahnstätte, sondern als Ruhe- und

Rückzugszone: die Abgeord-netenlobby im Reichstags-gebäude.

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Katharina SieverdingDen von 1933 bis 1945 verfolgten, ermordeten und verfemten Mitgliedern des Reichstags der Weimarer Republik zum Gedenken1992Abgeordneten-lobby

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gewählt wurden. Die ros-tigen Kästen sind in zwei länglichen Blöcken bis zur Decke so übereinander gestapelt, dass zwischen ihnen ein schmaler Gang entsteht, der nur schwach durch Kohle fadenlampen erhellt ist. Jeder Abgeord-nete wird als historische Person­identifiziert,­der­der gleiche Erinnerungs-raum zukommt – egal, wie lange er Abgeordneter war. Von diesem Prinzip weicht Boltanski nur zwei Mal ab: Die Kästen der von den Nationalsozialisten ermordeten Abgeordneten sind mit einem schwarzen Streifen als „Opfer des Nationalsozialismus“ gekennzeichnet, und in der Mitte des Ganges weist eine schwarze Box auf die Jahre 1933 bis 1945 hin, in denen es kein demokra-tisch legitimiertes Parla-ment in Deutschland gab.

Bei neuen Forschungs-erkenntnissen kann das Mahnmal um weitere Tafeln ergänzt werden.Die scheinbare Unauffällig-keit des rund zehn Meter langen Kunstwerks ist gewollt: Das nationalso-zialistische Unheil soll als Katastrophe begriffen werden, die sich leise und unter Duldung zu vieler über Deutschland legte.

Archiv der deutschen Abgeordneten

Im Untergeschoss des Gebäudes hält der franzö-sische Künstler Christian Boltanski mit seinem „Archiv der deutschen Ab-geordneten“­biografische­Vergangenheit lebendig. Rund 5.000 Metallkästen sind mit den Namen der Abgeordneten beschriftet, die von 1919 bis zur Ein-weihung des umgebauten Reichstagsgebäudes im Jahr 1999 demokratisch

Mahnmal für die ermordete Abgeordnete

An der Südwestseite des Reichstagsgebäudes­befin-det sich das Mahnmal für die Reichstagsabgeordne-ten der Weimarer Repu-blik, die von den Natio-nalsozialisten ermordet wurden. Die Errichtung des Mahnmals geht auf das Engagement der Bür-gerinitiative Perspektive e. V. zurück. Das Kunst-werk aus 96 gebro chenen Tafeln aus Berliner Eisen-guss erinnert an die Grab-platten auf jüdischen Friedhöfen. An der Ober-kante der Ränder sind Namen, Daten und die Sterbeorte eingegossen: Buchenwald, Mauthausen, Ravensbrück, Bergen- Belsen, Berlin-Plötzensee, Theresienstadt ...

Dieter Appelt, Klaus W. Eisenlohr, Justus Müller, Christian Zwirner Mahnmal für die von den National- sozialisten ermordetenReichstags-abgeordnetender Weimarer Republik1992Südwestseite des Reichstags-gebäudes

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Christian Boltanski Archiv der deutschen Abgeordneten 1999Osteingang Untergeschoss

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Gedenkort gibt es am Spreeufer an der Nordseite des Reichstagsgebäudes. Zwischen Brandenburger Tor und Reichs tags ge-bäude ist der Mauerver-lauf mit einer Steinmar-kierung auf der Straße gekennzeichnet. Die Reihe der Neubauten für das Parlament und die Regie-rung überquert als „Band des Bundes“ die Spree: Die Architektur überwin-det die frühere Spaltung und symbolisiert das Zu-sammenwachsen der einst geteilten Stadt. Ein Teil der „Hinterlandsiche-rungsmauer“ blieb inner-halb des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses als mah-nendes Zeichen erhalten.

Die Mauer zwischen den Verwaltungsbezirken Mit-te und Tiergarten wurde zu einem der sensibelsten Orte der Welt. Ost und West standen sich hoch-gerüstet und misstrauisch beobachtend gegenüber. Jede Bewegung wurde kon-trolliert, jeder Fehler des einen konnte Fehlreaktio-nen des an deren auslösen. Nach der Öffnung der Grenze im November 1989 verschwand die Mauer auch hinter dem Reichs-tagsgebäude. Heute wird an mehreren Orten an sie erinnert: An der Westseite entstand ein Gedenkhain, der mit schlichten Kreu-zen an die Menschen er-innert, die bei der Flucht über die Mauer ihr Leben verloren; einen weiteren

Die Mauer

Das Reichstagsgebäude lag nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs an der Grenze zwischen Ost und West. Durch seine Lage war es auch ein Symbol der Spaltung Deutschlands, der Zerrissenheit der poli-tischen Verhältnisse und der Perspektivlosigkeit. In den 1960er-Jahren wur-de das Gebäude nach den Plänen des Architekten Paul Baumgarten wieder aufgebaut. Spätestens mit dem Bau der Mauer am 13. August 1961 geriet das Haus wegen seiner Lage in den Mittelpunkt vieler Auseinandersetzungen.

Gestern: Blick auf das Reichs-tagsgebäude mit der Berliner Mauer, 1989.

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Heute: Blick auf das Reichstags-gebäude 25 Jahre nach dem Mauer-fall; in der Mitte der Straße weist eine Steinmar-kierung den Mauerverlauf nach.

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schenk des pol nischen Parlaments an den Bun-destag. „Zur Erinnerung an den Kampf der ‚Soli dar-ność‘­für­Freiheit­und­ Demokratie und an den Beitrag Polens zur Wieder-vereinigung und für ein politisch geeintes Europa“ ist in Deutsch und Polnisch auf der Gedenktafel zu lesen.

Gedenken an Ungarns Grenzöffnung

An der Nordostecke des Reichstagsgebäudes erin-nert eine Gedenktafel an die Öffnung des Grenz-zauns an der ungarisch-österreichischen Grenze

durch die ungarische Re-gierung am 10. September 1989. Tausende Menschen aus­der­DDR­flüchteten­durch das erste Loch im Eisernen Vorhang und ließen da mit die gesamte Grenze zwischen Ost und West durch lässig werden. „Ein Zeichen der Freund-schaft zwischen dem un-garischen und deutschen Volke für ein vereintes Deutschland, für ein unab-hängiges Ungarn, für ein demokratisches Europa“ heißt es auf der Bronze-tafel in Deutsch und Unga-risch, die kurz nach der Einheit angebracht wurde.

Gedenken an die Solidarność

An der Nordseite des Reichstagsgebäudes er-innert ein Mauerstück der Danziger Werft, die 1980 Ausgangspunkt der Solidarność­war,­an­die­gleichnamige polnische Gewerkschaftsbewegung. Mit ihrem Kampf für de-mokratische Rechte leistete sie einen entscheidenden Beitrag zum Ende der Tei-lung Europas. Das Mauer-stück mit einer bronzenen Gedenktafel ist ein Ge-

Gedenken an Ungarns Grenz-öffnung: Bun-destagspräsi-dent Norbert Lammert (l.) und der unga-rische Staats-präsident Pál Schmitt (r.) besichtigen 2011 die Ge-denktafel am Reichstagsge-bäude.

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Gedenken an die­Solidarność: Das Mauerstück der Danziger Werft und die Gedenk tafel sind ein Geschenk des polnischen Parlaments.

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27. Februar 1933Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozia-listen unter Adolf Hitler wird der Reichstagsbrand zum Fanal für das Ende der parlamentarischen De-mokratie in Deutschland.

Mai 1945Die Schlacht um Berlin bringt das Ende des von den Nationalsozialisten entfesselten Zweiten Weltkriegs und ihrer Gewaltherrschaft; das Reichstags gebäude ist nur noch eine Ruine.

9. Juni 1884Grundsteinlegung für das Reichstagsgebäude nach dem Entwurf des Archi-tekten Paul Wallot.

9. November 1918Der sozialdemokratische Fraktions vorsitzende Philipp Scheidemann ruft nach dem Zusammen-bruch des Kaiserreichs am Ende des Ersten Welt-kriegs von einem Reichs-tagsbalkon die Republik aus.

Chronik des Reichstagsgebäudes

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20. Juni 1991Der Bundestag beschließt in Bonn, dass das Parla-ment und die Regierung ihren Sitz wieder in Ber-lin nehmen sollen. Die Umzugsentscheidung fällt mit knapper Mehrheit von 338 gegen 320 Stimmen.

Juli 1993Der Ältestenrat des Bun-destages entscheidet sich für die Umbauvorschläge des britischen Architekten Norman Foster.

4. Oktober 1990Am Tag nach der förmli-chen Wiedervereinigung versammeln sich die Abgeordneten im Reichs-tagsgebäude zur ersten Sitzung des gesamtdeut-schen Bundestages. Er besteht aus den Abgeord-neten des (Bonner) Bun-destages und 144 Mitglie-dern, die von der bisheri-gen Volkskammer der DDR in den Bundestag gewählt wurden. Die erste gesamt-deutsche Wahl zum Bun-destag­findet­am­2. Dezem-ber­1990­statt,­am­20. De-zember konstituiert sich das Parlament in Berlin.

13. August 1961Mit dem Bau der Berliner Mauer wird die deutsche Teilung zementiert. Bis zum Zusammenbruch des DDR-Regimes 1989 verläuft sie unmittelbar am Reichstagsgebäude. In den 1960er-Jahren wird das Reichstagsgebäude nach den Plänen des Ar-chitekten Paul Baumgarten in veränderter innenar-chitektonischer Form für parlamentarische Zwecke hergerichtet und beher-bergt die Ausstellung „Fragen an die deutsche Geschichte“.

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Oktober 2001 bis Dezember 2003, 2010Das Parlamentsviertel nimmt Gestalt an, die Parlamentsneubauten werden fertiggestellt: das Paul-Löbe-Haus (Oktober 2001), das Jakob-Kaiser-Haus (Dezember 2001) und das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus (Dezember 2003). 2010 wird mit dem östlichen Erweiterungs-bau des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses begonnen, der bis 2016 fertiggestellt sein soll.

Juni / Juli 1995Die Künstler Christo und Jeanne-Claude verhüllen das Reichstagsgebäude. Unmittelbar nach dem Abbau der Verhüllung beginnen die Umbau-arbeiten.

19. April 1999Der Bundestag übernimmt das umgebaute Reichs-tagsgebäude in Berlin. Der Architekt Norman Foster überreicht dem Bundes-tagspräsidenten Wolfgang Thierse den symbolischen Schlüssel für das Gebäu-de. Im Juli und August 1999 zieht der Bundestag von Bonn nach Berlin. Am 6. September beginnt die erste reguläre Sit-zungswoche im umgestal-teten Reichstagsgebäude, am Tag darauf feiert der Bundestag sein 50-jähri-ges Bestehen.

Juni 1994Der Ältestenrat beschließt nach kontroversen Diskus-sionen, dass das Reichs-tagsgebäude wieder eine Kuppel erhalten soll.

Mai 1995Der endgültige Entwurf des Architekten Norman Foster für die Dachgestal-tung des Reichstagsgebäu-des wird vorgestellt: eine gläserne Kuppel, die von innen begehbar sein wird.

1884: Kaiser Wilhelm I. legt den Grundstein für das Reichs-tags gebäude nach dem Ent-wurf des Archi-tekten Paul Wallot.

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1999: Der briti-sche Architekt Norman Foster (r.) überreicht dem Bundes -tags präsidenten Wolfgang Thierse den symboli-schen Schlüssel für das umgestal-tete Reichs tags-ge bäude.

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Das Paul-Löbe-Haus

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Paul-Löbe-Haus

1 Haupteingang mit Sicherheits-schleuse (Westeingang)

2 In den acht Rundtürmen befinden­sich­21­Sitzungssäle­für die Ausschüsse. Die Säle gehen über zwei Etagen.

3 In den acht Geschossen links und­rechts­der­Halle­befinden­sich unter anderem Abgeord-netenbüros.

4 Lichthöfe mit Kunstwerken

5 Bildschirm (höhenverstellbar)

6 Besuchergalerie

7 Dolmetscherkabinen

8 Besucherrestaurant

9 Abgeordnetenrestaurant

10 Treppenhaus

11 Hier anschließend verbinden Fußgängerbrücken das Paul-Löbe-Haus mit dem Marie- Elisabeth-Lüders-Haus. Auf Höhe der sechsten Etage befindet­sich­eine­Brücke­für­Abgeordnete und Bundes-tagsbeschäftigte, auf Höhe der ersten Etage eine allgemein zugängliche Brücke.

Europa- Rotunde

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Ein Motor der Republik

Nördlich des Reichstagsgebäudes liegt das Paul-Löbe-Haus. Es gehört zum „Band des Bundes“, einem architektonischen Gesamtkonzept, das die einst geteilte Stadt Berlin symbolisch verbindet.

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und den acht charakteris-tischen, gläsernen Zylin-dern wirkt wie ein kraft-voller und doch eleganter „Motor der Republik“.Bestimmt ist das rund 200 Meter lange und 102 Meter breite Paul- Löbe-Haus vor allem für drei Arbeitsbereiche des Bundestages: die Aus-schüsse, die Öffentlich-keitsarbeit und den Be sucherdienst. Diese Funktionen sind für ein modernes Parlament lebenswichtig. Denn ei-nerseits wird der größte Teil der Arbeit des Bun-des tages nicht im Plenum, sondern in den Fachaus-schüssen geleistet. Ande-rerseits will der Bundestag nicht auf eine möglichst große Öffentlichkeit ver-zichten. Demokratie und Transparenz bedingen sich, sind zwei Seiten einer Medaille.

Benannt nach dem letzten demokratischen Reichs-tagspräsidenten Paul Löbe (siehe S. 73) gehört der Parlamentsneubau zum „Band des Bundes“, das die beiden früher durch den Eisernen Vorhang ge-trennten Teile der Haupt-stadt über die Spree hin-weg verbindet. Das „Band des Bundes“ besteht aus dem Kanzleramt, dem Paul-Löbe-Haus und dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus auf einer Ost-West-Achse, die in etwa auf dem Durchmesser des großen Spreebogens liegt. Sie war als eine Spange zwischen dem Stadtteil Moabit im Westen und der historischen Friedrich- Wilhelm-Stadt im Osten gedacht. Das Projekt stellt „eine eigen willig kraftvolle städtebauliche Struktur vor, die einer mutigen

Selbstdarstellung des Staates gerecht wird und eine anspruchsvolle Vor-gabe für die weiteren Architekturwettbewerbe ergibt“, wie die Jury des städtebaulichen Wettbe-werbs in ihrer Entschei-dung 1993 erklärte. Der Münchner Architekt Stephan Braunfels hat mit dem Paul-Löbe-Haus und dem Marie-Elisabeth- Lüders-Haus die Hoffnun-gen erfüllt und den Auf-trag des Bauherrn ange-nommen. Die Gebäude sind durch zwei Brücken verbunden. Anders als beim Reichs-tagsgebäude, das ein modernes Parlament im historischen Gebäude be-herbergt, hat Braunfels mit dem Paul-Löbe-Haus losgelöst von den Vorga-ben der Geschichte eigene Akzente gesetzt: Der acht-geschos sige Neubau mit seinen jeweils fünf mar-kanten Seitenkämmen

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Das Gebäude

Transparenz beginnt be-reits an der Westseite, an der auch der Hauptein-gang liegt. Die große Flä-che ist komplett verglast und spiegelt das gegen-überliegende Kanzleramt in den Scheiben wider. Schon von Weitem wird dem Besucher signalisiert, dass er im Paul-Löbe-Haus willkommen ist. Am Abend ist der einladende Effekt noch größer. Dann ist die riesige­Glasfläche­von­in-nen beleuchtet, und die

rechts und links sym me-trisch aufsteigenden Innentreppen, die auch „Himmelsleitern“ genannt werden, entfalten ihre be-wusst installierte Skulptu-renwirkung. Einladende Offenheit bie-ten auch die 200 Meter langen und 23 Meter ho-hen Seitenfassaden, die durch jeweils fünf Seiten-flügel­mit­dazwischenlie-genden, begrünten Licht-höfen strukturiert werden. Ihre verglasten Seiten-wände sind ein Kontrast zum grauen Sichtbeton der Außenmauern.

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Da die Büros der Abge-ordneten, die Sekretariate und die Sitzungssäle der Ausschüsse auf die Licht-höfe führen, haben nicht nur die Parlamentarier eine gute Aussicht, son-dern auch die Bürger von außen eine gute Einsicht in die Arbeit der Volks-vertreter. Einladend ist auch der Spreeplatz mit seinen Ufer plätzen – dort, wo das Paul-Löbe-Haus den

ar chi tektonischen Sprung über die Spree wagt, hi-nüber zum Marie-Elisabeth- Lüders-Haus mit der be-ein druckenden Freitreppe. Auch im Inneren des Paul-Löbe-Hauses mit seinen rund 1.000 Büros und den Sitzungssälen der Ausschüsse herrschen Transparenz und Offen-heit. Das ist vor allem der großen achtgeschossigen Halle mit ihrem glasge-deckten Rasterdach zu verdanken, die den Ge-bäudekomplex von West nach Ost durchzieht – eine Flaniermeile, von der die Blicke durch den ge-samten Komplex schwei-fen können, hinauf zu

den offenen Stockwerken mit ihren seitlichen Lauf-gängen und den reling-artigen Geländern, zu den Zuschauergalerien, den Brücken, die die Halle überqueren, und den 16 gläsernen Fahrstühlen. Im Westen und Osten öff-nen sich große Glasfassa-den, die eine faszinieren-de Aussicht bieten, zum einen auf das Kanzleramt, zum anderen – jenseits der Spree – auf die gläser-ne Bibliothek des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses.

Einladende Offenheit: der Westeingang des Paul-Löbe-Hauses.

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Das Paul-Löbe-Haus ist nicht nur ein beeindru-ckendes Gebäude, son-dern auch ein wertvolles Instrument der parlamen-tarischen Demokratie. Das wird besonders deutlich an seiner zen tralen Aufga-be: der Ausschussarbeit. Die Sitzungssäle der Aus-schüsse sind in den run-den Zylindertürmen zwei-geschossig angelegt. In den unteren Geschossen beraten die Abgeordneten, in den oberen können die Besucher auf Galerien das Geschehen beobachten, wenn ein Ausschuss öf-fentlich tagt.

Die Zahl der Ausschuss-mitglieder variiert in der 18. Wahlperiode von 14 bis 46: 14 Abgeordnete hat der Ausschuss für Wahl-prüfung, Immunität und Geschäftsordnung, 41 Ab-geordnete gehören den großen Ausschüssen an, darunter dem Ausschuss für Arbeit und Soziales, dem Haushaltsausschuss und dem Ausschuss für Verkehr und digitale Infra-struktur. Noch größer ist in der 18. Wahlperiode der Ausschuss für Wirt-schaft und Energie mit 46 Mitgliedern.

Die Ausschüsse

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Terminplanung und Sacharbeit zentriert und das dem Vorsitzenden und den Mitgliedern des Ausschusses zuarbeitet. Deshalb liegen die Büros des Sekretariats und des Ausschussvorsitzen-den dicht beieinander. Neben dem Sekretariat gibt es Besprechungs-räume sowie Büros für Mitarbeiter und die Regis-tratur. Zusammen umfasst der Raum bedarf beispiels-weise des Haushaltsaus-schusses eine ganze Etage eines­Kammflügels.­

„Sitzungssaal 2 400 – Haushaltsausschuss“ steht auf dem Schild an der Tür im zweiten Stock des Paul-Löbe-Hauses. Hinter der­Tür­befindet­sich­ein­runder, zweistöckiger Raum, der trotz seiner über 100 Sitzplätze fast intim wirkt: gedämpfter Teppichboden, im Innen-rund schwarz, außen blau, der warme Holzton des großen, runden Tisches, über dessen offener Mitte die absenkbare Präsentati-onstechnik hängt, an den Wänden Holzpaneele, an den Fenstern elektrisch gesteuerter Sonnenschutz.

Während auf der Galerie Platz für etwa 50 Besu-cher­ist,­finden­unten­im­eigentlichen Ausschuss-saal rund 80 Personen Platz. Die 41 Mitglieder des Haushaltsausschusses haben feste Plätze im Konferenzrund. In der Reihe dahinter stehen noch einmal 30 Stühle für die Vertreter des Finanzministeriums, des Rechnungshofs und der Länder. Als „Arbeitsparlamente im Kleinen“ benötigen die Ausschüsse eine eigene Infrastruktur. Dazu gehört an erster Stelle ein Sekre-tariat, in dem sich die gesamte Organisation,

Orte der parla-mentarischen Facharbeit: Die Ausschüsse des Bundesta-ges tagen in den Sitzungssälen im Paul-Löbe-Haus.

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Lage und Ausstattung der anderen Ausschüsse sind ähnlich. Nur die Zahl der Nebenräume variiert je nach Größe des Ausschus-ses. Aber überall verbin-det sich Funktionalität mit Offenheit – etwa durch die von der Arbeitsebene getrennten und um einen Stock erhöhten Besucher-galerien. Die Bürger sollen ihren Abgeor dneten bei der Gesetzesarbeit zu-schauen können, ohne sie bei der Arbeit zu stören.

Eine Sonderstellung hat der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Mit 34 Bundestagsabge-ordneten und 14 mit-wirkungsberechtigten deutschen Mitgliedern des Europäischen Parla-ments ist er nicht nur der größte Ausschuss, sondern kann als einziger Bundestagsausschuss Beschlüsse anstelle des Plenums fassen. Seine besondere Stellung hat dem Europaausschuss eine spezielle Lage be-schert: Als einziger Aus-schuss hat er seinen Sit-zungssaal nicht in einem der acht Zylindertürme, sondern im zweiten

und dritten Geschoss der großen Ostrotunde des Paul-Löbe-Hauses mit Blick auf die Spree. Der Europasaal ist mit 261 Quadratmetern er-heblich größer als die anderen Ausschusssäle. Zudem ist er mit seinen Dolmetscherkabinen und Technikräumen kongress-technisch perfekt ausge-stattet; verschiedene große öffentliche Anhörungen und internationale Kon-ferenzen­finden­hier­statt.­ Weitere Informationen über die Aufgaben und Arbeitsweise der Aus-schüsse­finden­sich­ab­Seite 149.

Sitzung des Europaaus-schusses: Mit 34 Bundestags-abgeordneten und 14 Mit-gliedern des Europäischen Par laments ist er der größte Ausschuss.

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Europa in Berlin: Auch der Sitzungssaal zeugt von der besonderen Stellung des Europaaus-schusses.

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Die Abgeordneten

Das Paul-Löbe-Haus ist nicht nur der Ort für die Ausschüsse des Bundes-tages, für Teile seiner Verwaltung, den Besu-cherdienst und die Öffent-lichkeitsarbeit. In ihm liegen auch Büros von Bundestagsabgeordneten der beiden großen Bundes-tagsfraktionen SPD und CDU/CSU. Wer von den zurzeit 631 Abgeordneten des Bundestages im Paul- Löbe-Haus, wer im Jakob- Kaiser-Haus und wer in den Quartieren Unter den Linden arbeitet,

das haben die Raumkom-missionen der Fraktionen unterei nander abgestimmt. Bemüht waren sie dabei, die Zugehörigkeit der Abgeordneten zu ihren Landesgruppen zu berück-sichtigen. Eine Rangfolge der Gebäude gibt es nicht. Das Büro eines Abgeord-neten im Paul-Löbe-Haus sieht so aus: drei Räume, jeder von ihnen 18 Qua-dratmeter groß, raumhohe Glaswände zur Außen-front, Blend- und Sonnen-schutz, Teppichboden in gedämpfter Farbe, Wasch-becken und Garderobe hinter rötlichen, ahornfur-nierten Wänden, Schreib-

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tische und Regale eben-falls im Ahornfurnier, zum Flur eine Mattglastür. Die drei Räume sind mit-einander verbunden. Insgesamt 54 Quadratme-ter für einen Abgeordne-ten – was auf den ersten Blick üppig erscheinen mag, ist in der Realität des Alltags alles andere als dies. Denn die Abge-ordneten arbeiten ja nicht allein: Sie beschäftigen wissenschaftliche Mitar-beiter, Sekretariatskräfte und­häufig­noch­Prakti-kanten oder studentische

Mitarbeiter. Sie alle sor-gen dafür, dass die Arbeit in den Büros der Abgeord-neten gut funktioniert. Und dort gibt es viel zu tun: Rund 20 Sitzungs-wochen gibt es im Jahr, in denen die Abgeordneten in Berlin arbeiten. Frakti-onssitzungen, Plenarsit-zungen, Ausschusssitzun-gen, Arbeitsgruppen- und Landesgruppentreffen nehmen einen Großteil der parlamentarischen Ar-beit ein. Pro Wahlperiode müssen die Abgeordneten über 14.000 Drucksachen lesen und beraten, sich in Themengebiete einar-beiten und mit anderen

Parlamentariern oder externen Sachverständi-gen beraten. Ortstermine müssen geplant und orga-nisiert, Pressetermine und Ter mine mit Besuchern und Verbandsvertretern vor bereitet werden – und all dies auf gerade einmal 54 Quadratmetern.Weitere Informationen über die Arbeit und Auf-gaben von Abgeordneten finden­sich­ab­Seite­147.

54 Quadratme-ter Demokratie: Drei modern ausgestattete Räume stehen jedem Abgeord-neten für seine Arbeit zur Ver-fügung.

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Diskussionen zwischen Abgeordneten und Besu-chern aus dem Wahlkreis statt. Und vom Besucher-restaurant in der zweiten Etage der Ostrotunde kön-nen Besucher einen Blick auf die Spree werfen. Die Öffentlichkeitsarbeit des Bundestages infor-miert mit Broschüren, DVDs und Ausstellungen beispielsweise darüber, wie die Abgeordneten im Plenum, in den Ausschüs-sen und im Wahlkreis arbeiten und wie Gesetze entstehen. Außerdem gibt es Informationen über die Geschichte des Bundes- tages und über die Archi-tektur und Kunst im Parlamentsviertel. Viele Informationen sind in mehrere Sprachen über-setzt. Darüber hinaus in-formiert der Bundestag mit einem Infomobil, einer Wanderausstellung und auf Messen auch im ganzen Land über seine Arbeit.

Zu einem demokratischen Parlament gehört die Öf-fentlichkeit. Deshalb wer-den die Öffentlichkeits-arbeit und die Betreuung der Besucher im Bundes-tag großgeschrieben. Im Paul-Löbe-Haus sind die Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter untergebracht, die sich darum kümmern. Gut 50 Räume sind für diese Aufgaben bestimmt. Jedes Jahr besuchen rund drei Millionen Menschen aus aller Welt das Reichs-tagsgebäude und die an-deren Parlamentsbauten. Der Besucherdienst steuert und betreut die Besucher-gruppen, die in Berlin Parlament und Politik kennenlernen wollen. Er bringt den Besuchergrup-pen die Arbeit des Bundes-tages und das politische System Deutschlands nahe. In den Seminarräumen im Erdgeschoss des Paul-Löbe-Hauses­finden­Seminare­zur parlamentarisch- politischen Bildung oder

Besucherdienst und Öffentlichkeitsarbeit

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Besuchergruppe im Paul-Löbe-Haus: Das Par-lamentsviertel zieht rund drei Millionen Menschen im Jahr an.

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Ufer zu Ufer für die Öffentlichkeit und von innen über eine Brücke von Haus zu Haus für Abgeor d nete und Mit-arbeiter auf der Höhe des sechsten Stocks. Dieser architektonische „Sprung über die Spree“ verbindet die einst ge-trennten Stadthälften Berlins nicht nur sym-bolisch, sondern auch physisch.

Das Paul-Löbe-Haus ist in das Konzept des „Par laments der kurzen Wege“ eingebettet. Im Tiefgeschoss führt ein breiter Fußgängertunnel vom Haus der Ausschüsse direkt in das Reichstags-gebäude. Schnell sind die Bundestagsbibliothek und das Parlamentsar -chiv im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus erreicht – über eine doppelstöckige Spree brücke mit einem unteren Übergang von

Sprung über die Spree

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Mit der Hand an der Glocke sorgt Reichs-tagspräsident Paul Löbe in der Sitzung des Reichstags am 6. Dezember 1930 für Ord-nung.

Der Namensgeber des Paul-Löbe-Hauses Der Sozialdemokrat Paul Löbe (1875 bis 1967) wird 1919 Mitglied der Weimarer Nationalversammlung, 1920 Mitglied des Deutschen Reichstags und Reichstagspräsident – ein Amt, aus dem ihn 1932 der Nationalsozialist Hermann Göring verdrängt. Als Redakteur des SPD-Zentralorgans „Vorwärts“ kommt er unter dem Vorwand, Parteigelder unterschlagen zu haben, für sechs Monate in Schutzhaft. Später hat er Kontakt zu der Widerstandsgruppe um Carl Friedrich Goerdeler und wird nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 erneut festgenommen. Nach Kriegsende wird Paul Löbe sofort wieder für die SPD und als Redakteur tätig und ist 1948/49 als Mitglied des Parlamen-tarischen Rates maßgeblich an der Gestaltung des Grundgesetzes beteiligt. Als Alterspräsident eröffnet er die konstituierende Sitzung des ersten Deut-schen Bundestages 1949. 1954 wird er zum Präsidenten des Kuratoriums Unteilbares Deutschland gewählt, dem er bis zu seinem Tod als Ehrenpräsi-dent angehört.

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Im Paul-Löbe-Haus, dem Haus der Ausschüsse, begegnen sich auch Kunst und Politik und gehen eine gelungene Verbindung ein.

Wo sich Kunst und Politik begegnen

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„Was war also das Leben? Es war Wärme, das Wär-meprodukt formerhalten-der Bestandlosigkeit, ein Fieber der Materie, von welchem der Prozess un-aufhörlicher Zersetzung und Wiederherstellung unhaltbar verwickelt, unhaltbar kunstreich auf-gebauter Eiweißmolekel begleitet war. Es war das Sein des eigentlich Nicht-sein-Könnenden, des nur in diesem verschränkten und­fiebrigen­Prozess­von­Zerfall und Erneuerung mit süß-schmerzlich- genauer Not auf dem Punkt des Seins Balancie-renden. Es war nicht ma-teriell, und es war nicht Geist. Es war etwas zwi-schen beidem – T. M.“Thomas Mann, „Der Zau-berberg“, Roman (1924)

François Morellet (S. 76) aufgenommen: Beginnend mit einem straff gespann-ten, rot leuchtenden Neon- band leiten von der Decke durchhängende Neonbän-der in den Farben Gelb, Grün und Blau immer weiter durch die Halle und setzen – vergleichbar mit den Aluminiumpanee-len auf der Westfassade – der klaren Gliederung der Halle ihren eigenen fröh-lich-bewegten Rhythmus entgegen. Der Längsstreckung der Halle folgt am Boden eine Installation des amerika-nischen Künstlers Joseph Kosuth: Wie kostbare In-tarsien sind Metallbuch-staben in die Steinplatten eingelassen und formen zwei Sätze. Auf der einen Seite steht ein Zitat von Thomas Mann, zur ande-ren Seite hin eines von Ricarda Huch:

Nähert man sich dem Paul-Löbe-Haus vom Bundeskanzleramt her, erkennt man hinter der durchgehenden Glasfas-sade im Bereich der Trep-penläufe die Gliederung der Westseite durch vier rautenförmige, großforma-tige Aluminiumpaneele, die „Berlin Panels“ des amerikanischen Künstlers Ellsworth Kelly (S. 63). Die Farb akzente dieser Paneele in Blau, Schwarz, Rot und Grün und ihre asymme trische Platzie-rung beschwören eine tänzerische, fast heitere Gelöstheit als Gegenspiel zur sonst strengen Gliede-rung der Fassade. Dieser tänzerische Rhyth-mus wird im Innern von den Neonlichtbändern des französischen Künstlers

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eines Redners oder eines Menschen, der nach ho-hen Zielen greift. Die Höfe des Paul-Löbe-Hauses sind den Turm-rotunden vorgelagert und für Spaziergänger von außen einsehbar. Einige dieser Höfe sind mit geo-metrisch geschnittenen Hecken nach Entwürfen des Architekten gestaltet. Für andere Höfe hingegen haben Künstler im Rah-men von Kunstwettbewer-ben Skulpturen entwor-fen, von denen einige in die Heckengestaltung integriert sind. So hat Jörg Herold auf der Nordseite einen Spiegel oberhalb eines Hofes ins-talliert, der einen Sonnen-strahl in den Hof lenkt und im Laufe des Tages über eine Vielzahl von Steinplatten laufen lässt, die in den Boden einge-

Joseph Kosuth lädt mit dieser Installation alle, die in der Hektik des par-lamentarischen Alltags die Halle durchqueren, dazu ein, immer wieder auch an den Sinn des Le-bens zu denken – ohne eine Antwort vorgeben zu wollen. Die Ostfassade akzentuie-ren zwei weithin grün leuchtende, je zehn Meter hohe Neonlichtskulpturen des Leipziger Künstlers Neo Rauch. Geschickt hat der Maler die geheimnis-volle Aura seiner Gemäl-de auf diese Skulpturen übertragen: Zwei Männer, jeweils in leicht abgewan-delter Haltung auf einer Leiter stehend, scheinen zu winken oder nach oben zu greifen. Ihre symbol-haften Gebärden lassen sich als Anspielung deu-ten auf die Kultur des demokratischen Gemein-wesens, auf die Gesten

„Denn was ist das Leben des Menschen? Wie Re-gentropfen, die vom Him-mel auf die Erde fallen, durchmessen wir unsere Spanne Zeit, vom Winde des Schicksals hin und her getrieben. Der Wind und das Schicksal haben ihre unabänderlichen Ge-setze, nach denen sie sich bewegen; aber was weiß der Tropfen davon, den sie vor sich her fegen? Er rauscht mit den anderen durch die Lüfte, bis er im Sande versickern kann. Aber der Himmel sammelt sie alle wieder an sich und gießt sie wieder aus, und sammelt und vergießt wieder und wieder immer dieselben und doch an-dere. – R. H.“Ricarda Huch, „Erinne-rungen von Ludolf Ursleu dem Jüngeren“, Roman (1893)

François MorelletHaute et basse tension 1999 bis 2001 Halle

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Neo RauchMann auf Leiter 2001Ostfassade

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Das Künstlerduo Twin Gabriel (Else Gabriel und Ulf Wrede) spielt mit der Frage nach der Formge-staltung von Büsten: Aus Teflon­haben­die­beiden­Künstler­zwei­Rundprofile­entworfen,­die­das­Profil­des Dichters Goethe und das eines Deutschen Schä-ferhunds als „Deutscher 1“ und „Deutscher 2“ zeigen. Erst im Schattenwurf wer-den­das­markante­Profil­des Dichters und das des Hundes erkennbar. Beide Skulpturen sind wie ele-gante Barockskulpturen spielerisch in die Hecken-gestaltung einbezogen und ironisieren Monumente bürgerlicher Heldenver-ehrung ebenso wie das ständige Bemühen um deutsche Selbstverge-wisserung.

aber auch Sackgassen oder geschlossene Kam-mern. Die Gitter greifen die frühere und die aktu-elle Bebauung des Ortes auf: die Grundrisse von inzwischen verschwunde-nen östlich gelegenen Mauerteilen, Bauten oder Hundezwingern der DDR-Grenztruppen und Teile vom Grundriss des Paul-Löbe-Hauses. Aber die Grundrisse sind nicht nebeneinander platziert, sondern ineinander ver-schränkt. So überlagern sich Gegenwart und Ver-gangenheit, die politische Entwicklung des Ortes wird greifbar und begreif-bar. Darüber hinaus wird mit der Figur eines Laby-rinths die Frage nach dem rechten Weg aufgeworfen – ein im po litischen Raum gleichermaßen spieleri-scher und doch ernsthaf-ter gedank licher Anstoß.

lassen sind – allerdings über sämtliche Platten erst im Laufe eines ganzen Jahres. Jede ist mit einem historischen Datum deut-scher Geschichte verse-hen, mit zentralen und bekannten Daten, aber auch mit weniger bekann-ten, die zusammen eine faszinierende Schau deut-scher Geschichtszusam-menhänge ergeben. Im anschließenden Hof hat Franka Hörnschemeyer aus gelben und roten Schalelementen, wie sie zum Gießen von Beton-wänden verwendet wer-den, ein Raumlabyrinth geschaffen. Es gibt Wege, die hinein- und hinaus-führen, Räume, die durch-quert werden können,

Jörg HeroldLichtschleife mit Datums-grenze2001nördlicher Hof

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Franka Hörnschemeyer BFD – bündig fluchtend­dicht­1998/2001nördlicher Hof

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diejenigen, die auf den Bänken in den „Seats of Power“ sitzen, nicht erkennbar, was in den ­„Spheres­of­Influence“­ unter ihnen geschieht und umgekehrt. Weitere 30 Künstler sind durch Installationen oder Ankäufe im Paul-Löbe-Haus vertreten. So ist durch das Engagement des Kunstbeirats das Paul-Löbe-Haus nicht nur ein Ort für die konzentrierte parlamentarische Arbeit der Ausschüsse des Bun destages geworden, sondern zugleich ein Ort der Begegnung von Kunst und Politik.

Jorge Pardo als Gesamt-kunstwerk mit deckenfül-lenden, farbigen Kristall-leuchten und eigens gestalteten Möbeln ent-worfen. Für das Besucher-restaurant hat Tobias Rehberger einen Bogen zwischen den Kulturen geschlagen, indem er klas-sische Designmöbel nach seiner Zeichnung von Handwerkern anderer Kulturen nachbauen ließ. Die britische Künstlerin Angela Bulloch wiederum verbindet Besucher und Abgeordnete in einer an-spielungsreichen Installa-tion: Wer sich vor dem Sitzungssaal des Europa-ausschusses auf eine der Bänke setzt, lässt durch elektrische Kontakte im Geschoss darunter auf der Ebene des Besucherres-taurants farbige Lampen aufleuchten.­Dabei­ist­für­

Auf andere Weise wirft der Leipziger Künstler Till Exit die Frage nach dem auf, was eine Skulptur ausmacht. Er hat vier Plexi-glas-Kuben geschaffen, die von innen erleuchtet werden. Strukturelemente im Innern der Kuben, unterschiedliche Ober-flächentexturen­und­der­halbtransparente Charak-ter der Würfel lassen komplexe Bildwirkungen entstehen, die zu Tag- und Nachtzeit ganz unter-schiedliche Ansichten der Skulpturen vermitteln. Auch die Restaurants im Paul-Löbe-Haus wurden von Künstlern gestaltet. So wurde das Abgeord-netenrestaurant von dem kubanischen Künstler

TobiasRehbergerohne Titel (worldwide)2002Besucher-restaurant

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Jorge Pardo untitled (restaurant)2002Abgeordneten-restaurant

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((Platzhalter Bild))

Das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus

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12 Zuschauertribüne

13 Anhörungssaal

14 Veranstaltungsfoyer

15 Besucherplattform

16 Bibliothek: Ausleihe, Benutzerkatalog, PC-Plätze, Leseplätze

17 Mauermahnmal

Skizze mit Blick in nordöstliche Richtung

Spree

Sitzungssaal Bibliotheksrotunde

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Marie-Elisabeth-Lüders-Haus

1 Eingang

2 Treppenhaus

3 Büros

4 große Halle

5 Eingang zum Mauermahnmal

6 Freitreppe

7 Bibliotheksrotunde

8 Fußgängerbrücke für Abgeordnete und Bundestags beschäftigte

9 allgemein zugängliche Brücke

10 Paul-Löbe-Haus

11 Turm

Luisenstraße

Luisenstraße (Anschluss Erweiterungsbau)

Skizze mit Blick in südwestliche Richtung

Erweiterungsbau

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Ein Haus des Wissens

Das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus ist mit der großen Bibliothek, dem Archiv und der Presse-dokumentation das Informations- und Dienst-leistungszentrum des Parlaments. Es bildet die städtebauliche und zugleich funktionale Ergänzung zum Paul-Löbe-Haus und vollendet das „Band des Bundes“.

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Gut zehn Jahre hat es ge-braucht von der städte-baulichen Entscheidung über die künftige Gestal-tung des Spreebogens bis zur Umsetzung. Der im Frühjahr 1993 unter 835 Arbeiten von einer Jury ausgelobte Entwurf von Axel Schultes und Charlotte Frank wird mit dem von Stephan Braun-fels entwor fenen Marie-Elisabeth-Lüders-Haus am östlichen Spreeufer im einstigen Ostteil der Stadt fertiggestellt. Eine Brücke zwischen dem Paul-Löbe-Haus und dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus schließt die Ver-bindung zwischen West und Ost. Der Architekt Stephan Braunfels nennt es den „Sprung über die Spree“.

Das Haus des Wissens setzt auch auf Öffentlich-keit: Der Spreeplatz am westlichen Ufer, der über eine lange, leicht geschwungene Treppe zur Spree hinunterführt, korrespondiert auf der Seite des Marie-Elisabeth- Lüders-Hauses mit einer sich nach oben weitenden Freitreppe. Vom Spree-platz aus hat man auch den besten Blick auf die gläserne Bibliothek des Hauses und auf die große, runde Öffnung in der Betonfassade, hinter der sich der Sitzungssaal für öffentliche Anhörungen befindet.Rund 600 Büros sind der-zeit im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus unterge-bracht. Sie liegen in den sogenannten Gebäude-kämmen, von denen zwei bislang nur halbe Kämme waren – eine bauliche Notwendigkeit, die den Plattenbauten geschuldet war, die ursprünglich auf

der westlichen Seite der Luisenstraße gestanden hatten. Inzwischen haben jedoch die Arbeiten am Erwei terungsbau des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses begonnen. Im ­Mittelpunkt­des­Ost­flü­-gels entsteht ein 36 Meter hoher Turm. Neben 300 neuen Büroräumen werden ein repräsenta-tiver Eingangsbereich an der Luisenstraße und ein Bistro mit zahlrei -chen Innen- und Außen-plätzen auf der Spreeseite des Hauses geschaffen. Bistro und Gebäude wer-den öffentlich zugänglich sein. Die Halle soll auch für öffentliche Veranstal-tungen zur Verfügung stehen und Platz für rund 1.200 Gäste bieten. Mitte 2016 soll das dann rund 44.000 Quadratmeter große Marie- Elisabeth-Lüders-Haus fertiggestellt sein.

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Der Block aus zwei über der Spree miteinander verbundenen Gebäuden fällt Betrachtern zuerst durch federleichte, weit herausragende Dachkon-struktionen auf. Mit ihren transparenten Kassetten-decken im Inneren der Gebäude erzeugen sie Leichtigkeit und verschaf-fen dem Gussbeton der Wände und Säulen durch das Spiel von Licht und Schatten wechselnde Strukturen.

Der Architekt Stephan Braunfels tritt mit seinen beiden Parlamentsbauten westlich und östlich der Spree nicht in den Wett-bewerb mit der wilhel-minischen Fassade des Reichstagsgebäudes. Statt-dessen präsentiert er das Paul-Löbe-Haus und das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus ohne Ornamente.

Die Architektur

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Der runde Lesesaal der Bibliothek­wird­flankiert­von vier Türmen, die die bibliothekswissenschaftli-chen Dienste wie Archive und Kataloge enthalten. Die Türme sind im Grund-riss quadratisch und rei-chen nicht bis zum Dach hinauf. So entsteht eine umlaufende Lichtfuge, die das Tageslicht hereinlässt und dem Haus eine ange-nehme Atmosphäre ver-leiht.

Das Innere des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses ist durch das Licht ge-prägt, das durch die Kas-settendecke in das Gebäu-de fällt und die klaren Formen in der Haupthalle immer wieder zu verän-dern scheint. Die mittig angeordnete, rechteckige Halle bildet eine trans parente West-Ost-Achse und ist in gro-ßer Höhe durch eine lange metal lene Schiene geteilt, in der Lautsprecher unter-gebracht sind. Auf einer umlaufenden Galerie kann man die Halle von allen Seiten betrachten. Immer wird man vom Herzstück des Hauses, der Bibliotheksrotunde am westlichen Ende der Halle, beeindruckt sein.

Die regelmäßige Kamm-struktur mit den Außen-höfen des Paul-Löbe- Hauses wird im Marie- Elisabeth-Lüders-Haus fortgesetzt. Die Glasfassa-den in den Höfen sowie die transparent-gläsernen Ost- und Westfassaden stehen in klarem Kontrast zur harten Schale des Sichtbetons, und mit ei-ner Traufhöhe von rund 23 Metern fügt sich auch dieser Bundestagsbau harmonisch in die Stadt-struktur ein.

Lichteinfall in der Haupthalle: Das Licht spielt mit den klaren Formen der Architektur.

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Unter dem 290 Quadrat-meter großen Raum liegt die beeindruckende Bramante-Treppe (S. 102), benannt nach dem ersten Architekten der Hochre-naissance, der 1503 auch zum ersten Architekten der neuen Peterskirche in Rom wurde. Aber auch andere Treppen im Haus sind Blickfang durch ihre Verspieltheit und Formen-vielfalt – die Trompeten-treppe an der Rotunde oder die „ Himmelsleiter“. Sie führt zur Galerie, die die große Halle umläuft.

saal. Aus den Tiefen des Hauses kommen über ein ausgeklügeltes Transport-system die Bücher aus den Magazinen.Beeindruckend ist auch der große Anhörungssaal mit seinem quadratischen Grundriss. Der Saal, in dem vor allem die Unter-suchungsausschüsse arbeiten, ist in zwei drei-geschossige Bereiche ge-gliedert. Von ihm aus geht der Blick über die Spree auf das Paul-Löbe-Haus, auf die doppelstöckige Brücke zwischen beiden Häusern und auf das Reichstags gebäude. Die Brücken, die das Paul- Löbe-Haus und das Marie- Elisabeth-Lüders-Haus miteinander verbinden, sind auch ein Symbol der Wiedervereinigung der geteilten Stadt.

Unter der Informations- und Beratungsebene des Rundbaus, durch dessen zwei große Fensterfronten der Blick über die Spree zum Reichstagsgebäude geht, ist in einem sonst leeren Raum ein Stück der Berliner Mauer erhalten. Das Teilstück der soge-nannten Hinterlandsiche-rungsmauer verweist auf die Geschichte des Ortes. Denn nach der Teilung Deutschlands und der Stadt Berlin verlief an dieser Stelle der Spree die Berliner Mauer.Über der Gedenkstätte sind fünf Ebenen ange-ordnet, darunter die Bera-tungsebene und der Lese-

Spreesprung: Zwei Brücken verbinden das Paul-Löbe-Haus mit dem Marie-Elisabeth- Lüders-Haus.

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Herzstück des Hauses: Die Bibliotheks-rotunde ist in fünf Ebenen gegliedert.

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Ein Anhörungssaal mit Galerie dient vor allem der Ausschussarbeit. Bü-ros und Besprechungsräu-me vervollständigen den Arbeitsort, an dem auch die Postdienste und die Reisestelle des Bundes-tages untergebracht sind. Post und Bahn sind mit kleinen Filialen ebenso präsent wie ein Reisebüro.

Benannt nach der libe-ralen Politikerin Marie- Elisabeth Lüders (siehe S. 99) beherbergt der 23 Meter hohe Bau das parlamentarische Ge-dächtnis. Man kann das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus auch als Haus des Wissens bezeichnen, denn es ist Heimstatt der Pressedo kumentation, der Parlamentsbibliothek, des Parlamentsarchivs, der Par lamentsdokumentation und von Teilen der Wis-senschaftlichen Dienste. Sie alle haben hier erst-mals seit ihrem Bestehen gemeinsam Platz unter einem Dach.

Dienstleistung mit kurzen Wegen

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Kurze Wege: Das Haus be-herbergt das Dienstleistungs-zentrum des Parlaments;Blick durch die große Halle vor dem Erwei-terungsbau.

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Das konventionelle Presse-archiv, das sogenannte Altarchiv, stellt rund 23 Millionen Presseaus-schnitte in Papierformat aus dem Zeitraum von 1949 bis 1999 bereit. Außerdem verfügt die Pressedokumentation über eine historische Zei-tungssammlung mit rund 4.700 Bänden und eine der größten Karikaturensamm-lungen in Deutschland. Der Auskunfts- und Re-chercheservice der Presse-dokumentation bearbeitet Dokumentations- und Rechercheaufträge für Abgeordnete, parlamen-tarische Gremien und Mit-arbeiter der Bundestags-verwaltung. Darüber hin-aus erstellt er Dossiers aus dem konventionellen und elektronischen Archiv. Im Lesesaal der Auskunft können die Nutzer rund 140 aktuelle deutsche und internationale Publika-tionen einsehen.

Das Parlament der kurzen Wege nutzen auch die Mitarbeiter der Pressedo-kumentation, die jeden Morgen Frühinformatio-nen zu allen Themen der Politik in einer elektroni-schen Pressemappe zu-sammenstellen und über das Intranet des Bundes-tages verbreiten. Im elektronischen Presse-archiv, das seit 1999 be-steht, werden täglich bis zu 600 Presseartikel aus rund 50 Zeitungen, Maga-zinen und Pressediensten des In- und Auslands er-fasst, mit Schlagworten versehen und für die Re-cherche im Intranet auf-bereitet.

Gebündeltes Wissen

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Parlamen-tarisches Gedächtnis: Das Marie- Elisabeth- Lüders-Haus ist der Wissens-speicher des Bundestages.

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Sichtbares Herzstück die-ser geistigen Reichtümer ist die Bibliotheksrotunde, gegliedert in fünf Ebenen, darunter eine Auskunfts- und Beratungs ebene, ein Lesesaal und eine Galerie. 22.000­Bände­finden­in­der Rotunde Platz. In den Untergeschossen des Hau-ses sind die Magazine untergebracht.In langen, sanft geschwun-genen­Schränken­befindet­sich der Kartenkatalog, auf dem der Bibliotheks-bestand bis 1986 regist-riert ist. Neben der Kata-logisierung, Archivierung und­Pflege­der­Bestände­bieten die Mitarbeiter der Bibliothek einen umfang-reichen Informations-service für das Parlament und übernehmen Materi-alrecherchen und Litera-turzusammenstellungen.

Die Bibliothek des Bun-destages gehört zu den größten Parlamentsbiblio-theken in der Welt. Weit über 1,4 Millionen Bände, circa 7.500 Periodika, Spezialsammlungen von Parlamentsmaterialien und Amtsdruckschriften sind in ihrem Besitz. Außer dem stellt sie ihren Nutzern zahlreiche elek-tronische Publikationen zur Verfügung, darunter mehr als 1.000 Zeit schrif-ten titel.1949, im Jahr der Einrich-tung, waren es 1.000 Bü-cher. Heute kommen jähr-lich rund 15.000 neue Bände hinzu. In Bonn waren die Bestände auf acht verschiedene Ge-bäude verteilt. Das Marie- Elisabeth-Lüders-Haus bündelt das gesammelte Wissen nun an einem Ort.

Die Bibliothek

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Runde Sache: Die Bibliotheks-rotunde fasst 22.000 Bände.

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Schriftgut des Bundes-tages, seiner Ausschüsse und Gremien, ein umfang-reiches Ton- und Bildar-chiv, Wahlkampfmaterial und­alle­stenografischen­Berichte sind für die Nutzer verfügbar. Exakte Register ermöglichen Re-cherchen in den Druck-sachen selbst nach unge-wöhnlichen Kriterien. Alle Daten sind elektro-nisch gespeichert und können online abgerufen werden.

Unschätzbaren Wert ha-ben auch die Bestände des Parlamentsarchivs und des Sach- und Sprechre-gisters, ohne die all die fachlichen Veröffentli-chungen kaum erschließ-bar wären. Beide bieten eine Fülle von Quellen zu der Geschichte des Bundestages und der Bun-desrepublik Deutschland.Alle verabschiedeten und nicht verabschiedeten Gesetze, Gutachten, Stel-lungnahmen, Entschei-dungen des Bundesverfas-sungsgerichts, sämtliches

Quellen zur Geschichte

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Alterspräsi-dentin Marie-Elisabeth Lüders eröffnet am 6. Oktober 1953 die kons-tituierende Sitzung des 2. Deutschen Bundestages.

Die Namensgeberin des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses Die liberale Politikerin Marie-Elisabeth Lüders (1878 bis 1966) gilt als eine der bedeutendsten Sozialpolitikerinnen und wichtigsten Vertreterinnen der Frauenbewegung in Deutschland. Als erste Frau in Deutschland wird sie 1912 im Fach Nationalökonomie promoviert; bis 1918 übt sie mehrere leitende Funktionen in der Sozial- und Frauenarbeit aus. 1919 wird sie Mitglied der Verfassunggebenden Nationalversammlung. 1920/21 und von 1921 bis 1930 ist sie Mitglied des Reichstags. 1933 belegen die National-sozialisten die streitbare Politikerin mit einem Berufs- und Publikations-verbot; 1937 muss sie für vier Monate in Einzelhaft. Von 1953 bis 1961 ge-hört sie für die FDP dem Deutschen Bundestag an, dessen konstituierende Sitzungen sie 1953 und 1957 als Alterspräsi dentin eröffnet.

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Im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, dem Wissens speicher des Parlaments, treten Kunst, Wissen und Politik in einen Dialog.

Wo sich Kunst und Wissen vereinen

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Nannucci hat einen Text entworfen, der anregt, die Gestaltungsmöglichkeiten politischen Handelns zu überdenken. Dieser Text schlägt auch einen Bogen zu den Zitaten von Thomas Mann und Ricarda Huch, die der amerikanische Künstler Joseph Kosuth im Hallenboden des Paul-Löbe-Hauses eingelassen hat (S. 75/76), zu der Leucht stelen-Installation von Jenny Holzer im Nordeingang des Reichs-tagsgebäudes mit den Reden der Abgeordneten (S. 34/35) und zu dem Text des Grund gesetzes auf den Glasscheiben von Dani Karavan unmittelbar gegenüber an der Ufer-promenade des Jakob- Kaiser-Hauses (S. 126/127).

beschreibt der Künstler zwei Möglichkeiten des Handelns in einer freiheit-lichen Staatsform und die sich daraus ergebende Spannung in einer Demo-kratie, nämlich die Frage nach der angemessenen Ausgewogenheit von Frei-heit und Gleichheit. Für eine solche Frage ist die Bibliothek der geeig-nete Platz, denn sie ist der Ort, an dem das Wissen um unsere Kultur zusam-mengetragen ist und als Verpflichtung­zu­ihrer­Wahrung und Mehrung erfahren wird. Die Mög-lichkeit und Herausforde-rung des Denkens, die nicht­abschließend­zu­fin-dende Antwort einer sol-chen­Reflexion­über­Frei-heit und Gleichheit wird bildhaft deutlich durch die umlaufende Kreisform der Sätze, bei der sich je-weils die Worte „Freiheit/Freiheit“ und „Gleichen/Gleichheit“ berühren.

Schon von außen ist durch die Glasfassade der Bibliotheksrotunde hin-durch die blau leuchten de Neoninstallation mit dem Titel „Blauer Ring“ des italienischen Künstlers Maurizio Nannucci sicht-bar. Das blaue Neon-schriftband im Lesesaal der Bibliothek läuft kreis-förmig über eine Länge von 80 Metern im Rund unterhalb der Decke. Ins-piriert durch einen Text von Hannah Arendt weist Nannucci durch die Anei-nanderreihung zweier Sätze auf das Spannungs-verhältnis zwischen den Grundrechten Freiheit und Gleichheit hin: „Frei-heit ist denkbar als Mög-lichkeit des Handelns un-ter Gleichen/Gleichheit ist denkbar als Möglichkeit des Handelns für die Frei-heit/“. Mit diesen Sätzen

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aus der geometrisierenden Architektursprache von Stephan Braunfels ein eigenes Spiel von Positiv- und Negativform, von Rund- und Eckform. Auf der Freitreppe, am Ufer der Spree gelegen, bildet eine Pferd-und- Reiter-Skulptur von Marino Marini, „Miracolo – L’ idea di un’immagine“, ein weithin sichtbares Symbol. Der drohende Sturz des Reiters und das sich aufbäumende Pferd verkörpern ein letz-tes Aufbäumen gegen die wachsende Inhumanität des Zeitalters und setzen ein sichtbares Zeichen der Selbstbehauptung des Menschen.

Über-Kreuz-Hängung von Neonbändern in den Far-ben Schwarz und Weiß fort. Die Münchner Künstlerin Julia Mangold wiederum verbindet mit ihren schlichten und auf das Elementare konzentrierten Formen den Innen- und Außenbereich des Hauses. Im­Innern­der­Halle­findet­sich ein großformatiges, schwarz eingefärbtes Rechteck als eine einfa-che, auf die Proportionen der Architektur bezogene geometrische Form. Sie ist als erhabene Form auf die Außenseite der Biblio-theksrotunde gesetzt, folgt also deren Rundung. Ein weiteres schwarz gefärb-tes Rechteck ist im Au ßen -bereich des Hauses als Vertiefung in der Fassade am oberen Ende der Frei-treppe auf einem Trage-pfeiler zu sehen. Geschickt entwickelt die Künstlerin

So fügen sich Grund-gesetz, Reden von Abge-ordneten, Textzeilen aus der deutschen Literatur und­eine­poli­tische­Refle-xion von Nannucci zu einem großen geistigen, alle Parlaments gebäude diesseits und jenseits der Spree verbindenden Appell zur Nachdenk-lichkeit.Von der Bibliotheksro-tunde aus gelangt man in die große zentrale Halle des Marie-Elisabeth- Lüders-Hauses. Der franzö-sische Künstler François Morellet hat bereits der Halle des Paul-Löbe- Hauses mit seiner Instal-lation „Haute et basse tension“ (S. 75/76) einen eigenen Rhythmus ver-liehen. Er setzt im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus diese Installation mit einer

Imi (Klaus Wolf) Knoebel Rot Gelb Weiß Blau 1–41997Veranstaltungs-foyer, Bramante- Treppe

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Julia Mangoldohne Titel2003Außenbereich Spreeufer

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Ein Raum für die Kunst

Auch der Kunst-Raum im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus ist ein Aus-druck des Kunstengage-ments des Bundestages. Hier werden Ausstel-lungen zeitgenössischer Kunst gezeigt, die einen Parlaments- und Politik-bezug aufweisen. Auch der neue Ausstel-lungsraum wird nach Ab-schluss der Bauarbeiten zum Erwei terungsbau des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses öffentlich zugäng-lich sein. Er wird über den Haupteingang zum Marie-Elisabeth- Lüders-Haus von der Luisenstraße aus zu er reichen sein.

Als weitere Beispiele für die künst lerische Ausge-staltung des Hauses sind mit Imi Knoebel (S. 102), Sophie Calle, Eberhard Göschel, Nikolaus Lang, Paco Knöller, Bertram Kober, Rémy Markowitsch, Wieland Förster, Michael Morgner, Susan Turcot, Cornelia Schleime und Hans Vent bedeutende Künstler vertreten, von denen Werke angekauft wurden.

Unmittelbar neben der Freitreppe­befindet­sich­ein für die Öffentlichkeit zugänglicher Raum, in dem Teile der Mauer, die einst West und Ost an die-ser Stelle teilte, wieder aufgebaut sind. Ben Wagin hat diese Mauerteile gesi-chert und sie mit Jahres-zahlen und den bislang bekannten Todesopfern versehen. Der Architekt lässt sie dem ursprüngli-chen Verlauf der Mauer folgen, wodurch sich in dem runden Raum der Eindruck von Zerschnei-den und Zerteilen ver-stärkt.

Kunst und Politik: Der Kunst-Raum mit seinen Aus-stellungen zeit-genössischer Kunst wird öffentlich zu-gänglich sein.

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Ben Wagin Mauer- Mahnmal2003Spreeufer

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106106

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107 107

((Platzhalter Bild))

Das Jakob-Kaiser-Haus

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.

ErdgeschossHaus 1

Reichstagufer

Spree

Wilhelmstraße

8

9

12

2 13

14

3 10 11

4

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.

ErdgeschossHaus 1

9 Brücken über die Dorotheenstraße

10 Sitzungssaal

11 Cafeteria

12 Verbindungsgang Haus 1 bis 4

13 Restaurant

14 Reichstagspräsidenten palais, Sitz der Deutschen Parlamen-tarischen Gesellschaft

15 Reste des historischen Tunnels

16 Tunnel zum Reichstagsgebäude

17 Laufband

Jakob-Kaiser-Haus

1 Haus 1

2 Haus 2

3 Haus 3

4 Haus 4

5 Haus 5

6 Haus 6

7 Haus 7

8 Haus 8

Ebertstraße

Reichstagsgebäude

Dorotheenstraße

Ebertplatz

1

5

6

7

9

15

17

16

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Ein Haus aus acht Häusern

Östlich des Reichstagsgebäudes, zwischen dem Pariser Platz und der Spree, liegt das Jakob-Kaiser-Haus. Hier arbeiten rund 60 Prozent der Abgeord-neten und viele Mitarbeiter der Fraktionen.

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Als der Umzug von Bonn nach Berlin beschlossen war und klar wurde, dass das Parlament, seine Ab-geordneten und Mitarbei-ter neue Arbeitsräume in Berlin brauchten, entstand mit dem Jakob-Kaiser-Haus ein Gebäude, das vorhandene Architektur integriert, frühere Straßen-züge aufgreift und sich so in die Berliner Art des Bauens einpasst. Fünf Architektenteams wurden damit beauftragt, einen Gebäudekomplex zu entwerfen, der den ar-chitektonischen Anforde-

rungen des Parlaments ge-recht wird. Während der Kölner Architekt Thomas van den Valentyn vor allem mit der Restaurie-rung und dem Ausbau des Reichstagspräsidenten-palais (siehe S. 120 ff.) betraut war, berechneten vier weitere Architekten-teams (Busmann und Haberer, de Architekten Cie, von Gerkan, Marg und Partner sowie Schweger & Partner) aus den Vorgaben für Hof-größe und Büroanzahl, dass acht Häuser entstehen würden. Jedes Architek-turbüro entwickelte zwei Häuser. Schweger & Partner übernahmen die Häuser 1 und 2, Busmann und Haberer die Häuser 3 und 7, von Gerkan, Marg

und Partner die Häuser 4 und 8 und de Architekten Cie die Häuser 5 und 6. Die fünf Architekturbüros bildeten die Planungs-gesellschaft Dorotheen-blöcke Berlin mbH, die als Generalunternehmer alle Fäden in der Hand hatte. Ein Rundgang durch das Haus aus acht Häusern, das nach dem CDU-Poli-tiker Jakob Kaiser (siehe S. 119) benannt wurde, vermittelt, dass etwas Faszinierendes heraus-kommen kann, wenn fünf Architektenteams an verschiedenen Strängen ziehen – aber in eine Richtung und zu einem Punkt hin.

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Die innere Architektur macht Orientierung leicht. Nach Norden geben Öff-nungen immer wieder den Blick auf die Spree frei, Ost-West-Achsen gliedern die Häuser entlang der Innenhöfe und lassen eine einfache Zählung zu. Im Westen beginnt sie mit Haus 1, gefolgt von Haus 2, 3 und 4, das an der Wilhelmstraße im Osten abschließt. Entsprechend geht es im südlichen Block weiter: Haus 5 steht dem Tiergarten am nächsten, gefolgt von den Häusern 6, 7 und 8, das wiederum an der Wilhelmstraße endet. Zwischen den Häusern 2 und 6 sowie 4 und 8 verlaufen Brücken, an denen sich eine interne Erschließung über meh-rere Häuser und Etagen anschließt.

Zwei längere Gebäuderie-gel greifen auf beiden Sei-ten der Dorotheenstraße die historische Parzellen-struktur auf. Sie unter-scheiden sich von ihr durch größere Innenhöfe und Verbindungen unter-halb und oberhalb des Straßenniveaus und ma-chen­durch­große­Glasflä-chen die Möglichkeiten moderner Energie-Einspa-rung nutzbar. Auffallend ist dabei die Glasvorhang-fassade von Haus 5 und 6, die die Akustik und den Wärmedämmschutz ver-bessert. Die begrünte Dachanlage ist mit Foto-voltaikzellen ausgestattet. Die Berliner Traufhöhe von 22 Metern wurde für das Jakob-Kaiser-Haus nicht überschritten. Den-noch gibt es atemberau-bende Perspektiven aus verglasten Stockwerken in luftiger Höhe. Die Ver-glasung bringt das Prinzip der Transparenz architek-tonisch zum Ausdruck.

Das Grundkonzept

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Sichtachsen: Das Jakob- Kaiser-Haus bietet beein-druckende Perspektiven.

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Empfangsraum.Von der Dorotheenstraße aus ist ein Teil des Reichstags-präsidenten palais hinter der Glas öffnung zu sehen, rechts geht der Blick in die Häuser 2 bis 4, die als Einheit mit durchgehen-den Fluren, Stegen und Wegen erfahren werden. Links beginnt ein erster Bürotrakt: Hier haben neben den Parlaments-diensten, zu denen auch die Stenografen gehören, die Vizepräsidenten ihre Büros. Sie bilden zusam-men mit dem Präsidenten das Bundestagspräsidium. Die Vizepräsidenten und Stenografen haben die kürzesten Wege hinüber zum Reichstagsgebäude. Denn manchmal muss es schnell gehen.Mehr zu der Arbeit und den Aufgaben der Frakti-onen und des Präsidiums findet­sich­ab­Seite­150.

Die Arbeit im Bundestag wird maßgeblich von den Fraktionen bestimmt. Sie bilden Arbeitskreise und Arbeitsgruppen, die die Themen in den Ausschüs-sen begleiten und die Hal-tung der eigenen Fraktion vorbereiten. Deshalb ha-ben nicht nur die Abge-ordneten Mitarbeiter, son-dern auch die Fraktionen. Sie alle brauchen Büros. Rund die Hälfte davon ist im Jakob-Kaiser-Haus un-tergebracht. Die Fraktio-nen sind nicht in einzelne Häuser gezogen, sondern übernehmen ganze Stock-werke. So erstrecken sich die beiden großen Fraktio-nen mit ihren Büros fast durch alle acht Häuser. Haus 1 ist sozusagen das Entree auch für die be-nachbarten Häuser, die durch ihre unterschiedli-che Fassadengestaltung auffallen. Der erste Innen-hof unterstreicht durch weite Einblicke seine Funktion als zentraler

Ein Haus für die Vizepräsidenten und die Fraktionen

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Einblicke und Ausblicke: Die Architektur hebt die Gren-zen zwischen Innen und Außen auf.

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Damit ist einem Anliegen vieler Parlamentsreformer in der Architektur ent-sprochen worden: den Kern der eigentlichen Parlamentsarbeit trans-parenter werden zu las-sen. Denn mehr noch als im Redeparlament des Plenarsaals spielen sich die Alltagsgeschäfte im Arbeitsparlament der Ausschusssitzungen ab. Die beiden Sitzungssäle sind vor allem für En-quetekommissionen vor-gesehen, die tiefer und grundlegender in Zu-kunftsfragen eindringen, als dies im gewöhnlichen Tages geschäft möglich ist, und deren Experten-an hörungen in der Regel öffentlich sind. Die Sit-

Lange Hallen, die wie „Stadtfugen“ quer durch die Gebäude schneiden, lassen Licht bis hinunter ins erste Untergeschoss strahlen. Auf den ersten Blick sieht der Mitarbeiter in der ersten Etage von Haus 3, wer in der dritten Etage von Haus 4 den Flur entlanggeht. Möglicher-weise geht er gerade in ei-nen der beiden Sitzungs-säle, die hier die Archi-tektur­weiter­auflockern,­indem sie über zwei Eta-gen reichen. Unten tagen die Parlamentarier, darü-ber ist auf einer Besucher-tribüne Platz für die Öf-fentlichkeit.

Transparenz und Offenheit

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die Höhenunterschiede zwischen moderner und historischer Bürobau-weise wett. Das alte Trep-penhaus unterscheidet sich konsequent von den modernen Geländern. Wo die anderen Glas, Holz und Beton verwen-den, macht hier das alte Schmiedeeisen Staat. Auf der südlichen Seite des Jakob-Kaiser-Hauses sind die Fraktionen unter-gebracht. Auch die Bun-desregierung unterhält in den insgesamt 1.745 Büros Besprechungszimmer und Anlaufstellen. Die Unter-bringung ist jedoch nicht auf Dauer angelegt. Denn die Zimmerverteilung für die Abgeordneten,

Denn wenn die Fernseh-sender ihre Übertragun-gen aus dem Bundestag längst beendet haben, hat der Bürger weiterhin die Gelegenheit, auf www.bundestag.de „live“ dabei zu sein, wenn das Parla-ment über Themen ent-scheidet.Haus 4 und Haus 8 bilden in einheitlicher Außenge-staltung den Abschluss zur Wilhelmstraße. Trans-parenz und Öffentlichkeit kennzeichnen auch hier die Innenarchitektur: Die Bürotüren sind in die Gänge hineingezogen, so-dass durch seitliche Glas-schlitze schon sichtbar ist, dass hier gerade gearbeitet wird. Die gläserne Brücke führt auf die andere Seite der Dorotheenstraße. Von hier aus geht es in ein integriertes, altes Bankge-bäude. Elf Stufen machen

zungsräume dienen auch als Puffer für große An-hörungen der ständigen Ausschüsse. Der größere der beiden Sitzungssäle hat Dolmet-scherkabinen und fest installierte Kameras, die die Beratungen jederzeit live an Fernsehanstalten und an das Parlaments-fernsehen übertragen können. Das Parlaments-fernsehen liegt schräg gegenüber im Unterge-schoss von Haus 5 mit einem eigenen voll funk-tions fähigen Studio. So wird die parlamen ta ri sche Arbeit noch präsenter.

Auf Sendung: Im Unterge-schoss liegt ein voll funktions-fähiges Fernseh-studio.

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In Haus 5 wurde die „Kammer der Technik“ in-tegriert. Der Altbau ist im Innern vor allem durch die Holzvertäfelung direkt mit dem Neubau verbun-den. Äußerlich macht die Fassadengestaltung jedoch seine geschichtliche Eigen-ständigkeit deutlich. Die Symbiose von historischer Bausubstanz und moder-ner Erweiterung kommt an dieser Stelle vor allem durch das aufgebaute Dachgeschoss zum Aus-druck: in seiner Form am historischen Vorbild ori-entiert, in der Wahl von Stahl, Aluminium und Glas jedoch unmissver-ständlich auf modernem Kurs.

Die Gesamtkomposition spielt an dieser Stelle wie-der mit der faszinierenden Wirkung von Lufträumen: Sie reichen über mehrere Etagen und beziehen In-nenplätze mit ein. Gerade-zu spielerisch wirkt die Idee, die große Eingangs-halle in Haus 5 sinnvoll zu nutzen: mit einem nierenförmigen „Haus im Hof“, in dem zwei kleine Konferenzräume unterge-bracht sind. Die Vielseitig-keit des Ensembles lässt sich aus der unterschied-lichen Innenhofgestaltung ablesen. Mal überdacht, mal offen, mal als kleine Parkfläche,­mal­mit­einem­kleinen künstlichen See gestaltet. Ein paar Qua-dratmeter Erde sorgen da-für, dass hier auch Bäume in den Himmel wachsen können.

die Fraktionen und die Mitarbeiter hängt in jeder Wahlperiode von der Sitzverteilung ab. Wenn sich die Zusammenset-zung des Bundestages verändert, wirkt sich das auch auf das Jakob-Kaiser-Haus aus. Grundsätzlich haben sich alle Architekten an die Vorgabe von 18 Quadrat-metern je Büro gehalten. Doch überall wurde dar-auf geachtet, die Zusam-menstellung­fließend­zu­halten, auf neue Funktio-nen mit neuen Zuschnit-ten reagieren zu können, ohne dass umfangreiche Baueingriffe nötig werden.

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Der Namensgeber des Jakob-Kaiser-Hauses Schon früh schließt sich der Buchbinder Jakob Kaiser (1888 bis 1961) der Christlichen Ge werk schaftsbewegung an und geht in die Politik: 1912 wird er Mitglied der Zentrumspartei, und als Abgeordneter sitzt er im letzten frei gewählten Reichstag. 1934 schließt er sich dem Widerstand gegen die Nati-onalsozialisten an und verbringt wegen Verdachts der Vorbereitung zum Hochverrat 1938 mehrere Monate in Gestapohaft. Nur knapp entgeht er der Verhaftungswelle nach dem 20. Juli 1944: Als Einziger aus dem engeren Kreis des gewerkschaftlichen Widerstands in Berlin überlebt er. Nach Ende des Krieges ist er am Aufbau der CDU beteiligt und übernimmt den Vorsitz der Partei für Berlin und die sowjetische Besatzungszone. Weil er gegen die Gleichschaltungspolitik ist, enthebt ihn die sowjetische Militäradministration 1947 seines Amtes als Vorsitzender. Kaiser wirkt als Mitglied des Parlamen-tarischen Rates an der Entstehung des Grundgesetzes mit. Ab 1949 ist er Bundestagsabgeordneter und Bundesminister für Gesamtdeutsche Fragen.

Jakob Kaiser spricht 1946 auf dem 1. Exil-Parteitag der CDU im Berliner Titania-Palast.

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Nördlich des Jakob-Kaiser-Hauses liegt das ehe malige Reichstagspräsidentenpalais. Das vom Architekten Paul Wallot entworfene Gebäude dient heute der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft.

Gespräche in der Beletage

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bindungslinien zu frühe-ren Parlamentariern zu halten versucht, hat hier ihren Sitz. Im Mittelpunkt des Ge-bäudes stehen die Club-zimmer und Speiseräume im ersten Obergeschoss, der Beletage. Sie ist vom Erdgeschoss über ein im-posantes Marmortreppen-haus zu erreichen. Dort bietet das Palais mit dem großen Saal in Verbindung mit der Loggia den Rah-men auch für größere pro-tokollarische Anlässe.

der Anordnung von Auf-gängen, Fluren und Sa-lons blieb weitgehend unangetastet. Der Kölner Architekt Thomas van den Valentyn schloss das Haus architektonisch und funktionell an die spätere Bebauung an.Das 1994 unter Denkmal-schutz gestellte Palais beheimatet die Deutsche Parlamentarische Gesell-schaft, die sich der unge-zwungenen­Kontaktpflege­unter Abgeordneten und ihren Gästen verschrieben hat. Auch die Verei nigung der ehemaligen Mitglieder des Deutschen Bundesta-ges und des Europäischen Parlaments, die die Ver-

Das Gebäude der Deut-schen Parlamentarischen Gesellschaft kann man noch zum Jakob-Kaiser-Haus zählen. Es schließt sich innerlich wie äußer-lich an den Stil des Reichs-tagsgebäudes unmittelbar gegenüber an. Kein Zufall: Beide Gebäude entstan-den zwischen 1884 und 1903 nach den Plänen des Architekten Paul Wallot. Die Restaurierung zielte auf eine weitgehende Be-wahrung der historischen Bausubstanz. So wurde die Fassade wiederherge-stellt, und auch die über-lieferte Raumstruktur mit

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Reichstagsvorstand und Architekt großen Wert darauf, die nördliche, zur Spree gelegene Haupt-schauseite besonders ästhetisch zu gestalten. Sie ließen sich dabei auch nicht durch die preußi-schen Superrevisions-behörden beirren, die Einwände gegen den Saal-anbau und seine in den Garten führende hohe Freitreppe vorbrachten. Zum Jahresende 1903 war das Bauwerk vollendet, am 10. Januar 1904 über-gab die Bauabteilung des Reichsamts des Innern das Haus dem Reichstag. Die Eröffnung durch Präsident Franz Graf von Ballestrem fand am 3. Februar mit einem fest-lichen Abendessen im Kaisersaal statt, an dem auch Kaiser Wilhelm II. teilnahm.

gen für den Direktor beim Reichstag und für den Aufseher der Präsidenten-wohnung (Kastellan). Mit den Entwürfen und der Ausführung wurde der Baumeister des Reichs-tagsgebäudes, Paul Wallot, betraut. Im Frühjahr 1899 wurde das Bauprojekt um den repräsentativen, seitlich zurücktretenden Kaiser-saal erweitert, der Wil-helm I. gewidmet ist. Durch den Anbau, so die Begründung des Reichs-tagsvorstands, sollte die auf dem angrenzenden Grundstück stehende hässliche Brandmauer verdeckt werden. Die Westfassade des Palais hatte Paul Wallot mit Haupteingang, Erker und Kutscheneinfahrt gegen-über der reich durchge-gliederten Ostfassade des Reichstagsgebäudes bau-künstlerisch schlicht ge-halten. Hingegen legten

Ein Haus für den Reichstagspräsidenten

Nach der Reichsgründung 1871 war es zunächst nicht geplant, ein Palais für den Reichstagspräsi-denten zu errichten. Der Präsident sollte lediglich – und das wäre das einzi-ge materielle Vorrecht sei-nes Amtes gewesen – eine Wohnung auf Kosten des Reiches im neuen Reichs-tagsgebäude erhalten. Als sich in den Bauplänen je-doch kein Platz für eine Präsidentenwohnung mehr fand, musste ein separates Haus gebaut werden. Nach der Suche nach ei-nem geeigneten Standort und nach einer Projektie-rungs- und Bauzeit von 1897 bis 1904 entstand das Wohn- und Amtsge-bäude für den Präsidenten mit den Dienstwohnun-

Um 1900: das Wohn- und Amtsgebäude des Reichstags-präsidenten.

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Restauriert: Das frühere Palais für den Reichstagsprä-sidenten be-heimatet heute die Deutsche Parlamentari-sche Gesell-schaft sowie die Vereinigung der ehemaligen Mitglieder des Deutschen Bundestages und des Euro-päischen Parla-ments.

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Individuell und vielgestaltig sind die Kunstwerke im Haus aus acht Häusern – wie die Architektur und Politik im Jakob-Kaiser-Haus. Zugleich stehen sie für das Gemeinsame und das Verbindende.

Wo die Kunst das Eigene mit dem Gemeinsamen verbindet

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den Architekten Norman Foster gestaltet. Von der Halle des Untergeschosses aus gelangt man in Haus 2 zur Poststelle. Sie gibt einen Blick auf den vom Landschaftsarchitekten Gustav Lange gestalteten Innenhof frei: Wie in einem Urwald liegen Birken stämme und Find-linge am Boden verteilt, von dem junge Birken dem Licht entgegenstre-ben. Auf der Erdgeschoss-ebene sind sie von einem Wasserband umschlossen, das wie ein gleißender Silberrahmen das Bild der Birken umfasst.

achter verweisen auch auf die Bootsrennen zwischen Oxford und Cambridge, den Sinnbildern des demokratischen Wettbe-werbs unter Gleichen. So bewirkt der Rhythmus der starkfarbigen Boote nicht nur eine beschwingte Stimmung, er verbindet gleichzeitig Spiel und Sport und symbolisiert – im Haus der Fraktionen – die Lebendigkeit und Fairness des politischen Wettstreits. Die Wände des Unter-geschosses sind durch Gemälde von K. O. Götz, Bernard Schultze, Andreas Schulze, Max Uhlig, Peter Herrmann und Karl Horst Hödicke sowie durch eine Fotofolge des Leipziger Fotografen Matthias Hoch zum Reichstagsgebäude vor dem Umbau durch

In Haus 1 betritt der Be-sucher eine großräumige Halle. Die Künstlerin Christiane Möbus lässt vom Hallendach herab vier 17 Meter lange Renn achter in den Far -ben Gelb, Rot, Blau und Schwarz auf- und ab- schweben. Nach dem Zu-fallsprinzip folgt jedes Boot in der Auf- und Ab-wärtsbewegung einem ei-genen Rhythmus, sodass sich immer wieder neue Konstellationen der Boote zueinander ergeben. Die Öffnung des Hallenbo-dens zum Untergeschoss wirkt wie ein Bassin, bis zu dessen oberen Rand die Boote herabgelassen werden. Die vier Renn-

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Glasscheiben, auf deren Rückseite jeweils eine der Farben Blau, Rot, Grün oder Gelb gemalt ist. Je-weils vier Kreisscheiben sind, nach einem diagona-len Muster verteilt, bün-dig in die grauen Sicht-betonwände eingelassen. Das Auf und Ab der Scheiben, ihre Farbigkeit und ihre Kreisform setzen der durchlaufenden Wie-derholung rechtwinkliger Tür-­und­Wandflächen­die­heitere Leichtigkeit und Lebendigkeit von Bewe-gung und Farbe entgegen.

Hofbereich heraus entwi-ckeln sich unter diesen Glasplatten hindurch strahlenförmige Boden-strukturen, abwechselnd aus Vegetations- und Metallflächen.­Dieser formalen Gestal-tung entspricht die inhalt-liche Ausrichtung: Auf je-der der 19 Glasplatten ist eines der Grundrechte des Grundgesetzes in der Fas-sung aus dem Jahr 1949 zu lesen. Diese 19 Grund-rechtsartikel erinnern un-mittelbar an der Spree, die einst Ost- und West-Berlin trennte, an die schwierigen Jahre der Gründung der deutschen Demokratie in Bonn.Der Maler Ulrich Erben gestaltet das tagesbelich-tete Treppenhaus von Haus 3 mit kreisförmigen

Das Erscheinungsbild des Jakob-Kaiser-Hauses zur Spree hin wird von der Stadtraumgestaltung des israelischen Künstlers Dani Karavan bestimmt. Zwar muss der von ihm gestaltete Außenhof aus Sicherheitsgründen ge-genüber der Spreeprome-nade abgeschlossen sein. Doch hat der Künstler anstelle von Gittern oder Brüstungen meterhohe Glasplatten als Begren-zung gewählt, sodass we-nigstens optisch ein hohes Maß an Transparenz ge-währleistet ist. Aus dem

Ulrich Erben ohne Titel2001Treppenhaus des Hauses 3

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Dani Karavan Grundgesetz 49 1998/2003 Spreeprome nade

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schließend per Schiff zum Spreebogen gebracht. Nun schweben die schweren Steinteile von der Decke der Fluretagen herab und beschwören die Erinne-rung an die landschaftsge-staltende Kraft der großen Eiszeit. Im Erdgeschoss der Trep-penhäuser der Häuser 4 und 8 hat die Kölner Künstlerin Astrid Klein eine Installation aus Neon röhren geschaffen, die in auf- und absteigen-der Linie einem Treppen-lauf zu folgen scheinen. Auf den Neonröhren ent-

Zu beiden Seiten der Dorotheenstraße ist in den Flurfenstern der Häuser 4 und 8 jeweils eine Hälfte eines Findlings, in vier Teile geschnitten und auf vier Etagen verteilt, zu se-hen. Erst dem Blick von der Dorotheenstraße aus erschließt sich der Zusam-menhang aller Fragmente des Steines. Der Künstler sieht seine „performative Skulptur Augenstein“ als Ergebnis eines Prozesses, der in einem schwedi-schen Steinbruch mit der Entdeckung des Findlings begann. Von da reiste Matthias Jackisch mit dem Stein über Rügen nach Neuruppin. Dort wurde der Stein zerschnitten und bearbeitet und an-

Die Landschaftsarchitek-ten WES & Partner gestal-teten die Höfe der Häuser 4 und 8. Wassergefüllte Becken, umgeben von Kiefern und anderen Pflanzen,­von­illuminier-ten Glasfaserstangen und Findlingen, verleihen den Höfen die Atmosphäre japanischer Gärten. Bau-technisch erforderliche Abluftschächte sind ge-schickt in die Skulptur einer Treppe verwandelt. Die Treppenhäuser der beiden Häuser 4 und 8 verbindet eine Steinskulp-tur des Dresdener Künst-lers Matthias Jackisch.

Matthias Jackisch Augenstein 1998 bis 2001Treppenhaus der Häuser 4 und 8

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WES & Partner 2003 Hof des Hauses 4

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fen und spielt dabei mit der optischen Illusion von Räumlichkeit. Lili Fischer führt ihren „Grazienkon-gress“ (S. 132) vor und lässt Silhouetten von Nymphen und anderen ätherischen Wesen die Wand hinaufschweben. Ihre Arbeit ist eine Anleh-nung an Performances, in denen die Zuschauer zur Teilnahme am Grazienrei-gen aufgefordert werden und – hinter einem wei-ßen Vorhang als Schatten sichtbar – unter Anleitung der Künstlerin lernen, sich anmutig zu bewegen.

Wand vor der Wand – der weiß glasierten Brand-mauer des Altbaus gegen-über. Mit Licht und Schat-tenwirkung modelliert der Künstler eine zweckfreie Architektur, eine Kunst im Wechselspiel von Skulptur und Architektur. In den Häusern 5 und 6 haben die Künstler Lili Fischer und Hans Peter Adamski die alle Etagen durchlaufenden Licht-schächte als gestalterische Herausforderung empfun-den und aufgegriffen. Der einst zur Kölner Künstler-gemeinschaft „Mülheimer Freiheit“ gehörende Adamski lässt scheren-schnittartig in sich ge-drehte Bänder dynamisch quer über die Wand lau-

wickeln sich Zitate aus dem „Leviathan“ (1651) von Thomas Hobbes. In seiner politischen Philo-sophie hat Hobbes die Notwendigkeit vertragli-cher Regelungen zur Be-gründung und zum Erhalt einer Gemeinschaft darge-legt und sich mit den Vo-raussetzungen für Frieden und Gerechtigkeit in einer Gesellschaft auseinander-gesetzt. Für den Innenhof von Haus 7 hat der dänische Künstler Per Kirkeby eine Skulptur in Gestalt einer vier Etagen hohen Back-steinwand mit Fenster-durchbrüchen geschaffen. Sie steht – sozusagen als

Astrid Kleinohne Titel1997Treppenhaus der Häuser 4 und 8

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Per Kirkeby ohne Titel2000Innenhof des Hauses 7

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Weitere acht Künstler sind durch Ankäufe mit Wer-ken im Jakob-Kaiser-Haus vertreten. So unterschied-lich sich die Ar chitektur der einzelnen Häuser darstellt, so in dividuell und charakteristisch sind die künstlerischen Zu-griffe und Po si tionen aus-gefallen. Das Jakob-Kaiser-Haus als Haus der Fraktionen spiegelt also auch auf der künstlerischen Ebene die unterschiedlichen, sich aber stets ergänzen-den und belebenden po-litischen Positionen der Fraktionen sowie das Ge-meinsame und Eigentüm-liche der jeweiligen Posi-tionen der Künstler.

Die Skulpturen verleihen ihm ein menschliches Maß und machen den sonst unbelebten Raum durch die Irritation, die die senkrecht zur Wand in den Hof ragenden Skulpturen auslösen, für den Betrachter erfahrbar. Gormley verdeutlicht so sein soziales Anliegen, die Menschen durch seine Skulpturen wieder eine körperlich-räumliche Be-ziehung zu ihrer Umwelt gewinnen zu lassen. Der Eingang zu Haus 5 wird durch die leuchtend blauen Glasscheiben von Jürgen Klauke hervorge-hoben. Weiße Linien auf blauem Hintergrund zeichnen ein abstraktes Muster.

Den Hof von Haus 6 hat der englische Künstler Antony­Gormley­geflutet,­sodass nur noch ein Steg diagonal in den Hof hi-neinführt. An den Seiten-wänden des Hauses ragen im rechten Winkel zur Wand Gusseisenskulptu-ren menschlicher Figuren hervor, den Blick himmel-wärts gewandt, als ob sie die­Wände­hinauflaufen­wollten. Die Skulpturen spiegeln sich im Wasser. Durch diese Installation gewinnt der Innenhof ein eigentümliches Leben:

Lili Fischer Grazien-kongress 2002 Haus 6 und 7

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Antony GormleySteht und Fällt2001Hof des Hauses 6

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Weitere Bundestagsgebäude

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Die Ausläufer des Parlamentsviertels

Neben dem Reichstagsgebäude und den drei Bundestagsneubauten gibt es im Parlamentsviertel noch weitere markante Gebäude, von denen einige hier vorgestellt werden.

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Die Gebäude Unter den Linden 50 und 71

Die Adressen Unter den Linden 50 und Unter den Linden 71 gehören eben-falls zum Bundestag – Ausläufer des Parlaments-viertels gleich hinter dem Brandenburger Tor. Das Gebäude Unter den Linden 50 haben in den 1960er-Jahren die Archi-tekten Emil Leibold, Herbert Boos und Hanno Walther errichtet. Es war das Haus des Ministeri-ums für Außenhandel

der DDR. In den 1990er-Jahren haben die Archi-tektenbüros Brands, Kolbe und Wernik das Gebäude vollständig grundsaniert – nur die alte Stahlbeton- Skelett konstruktion blieb erhalten. Das Gebäude bietet Raum für die Büros von Bundestagsabgeord-neten. Zum Boulevard hin öffnet es sich mit zwei-geschossigen Ladenräu-men, die als Restaurants genutzt werden. Der Bau wirkt kühl- modernistisch und­fast­nur­beiläufig­ repräsentativ. Einzelne Stilelemente erinnern an den italienischen Neo-klassizismus.

Das Gebäude Unter den Linden 71, das das Minis-terium für Volksbildung der DDR beherbergte, ließ der Bundestag bereits Mitte der 1990er-Jahre von GehrmannConsult GmbH + Partner KG sanieren. Der Stahlbeton-Skelett bau von 1961, der mit industriell vorgefertig-ten Mon tage-Elementen eine nüchterne Rasterfas-sade erhielt, fügt sich nun in einem zurückhaltend neoklassizistischen Stil in den Boulevard ein.

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mitarbeiter. Sie wurde nach einem Wettbewerb vom Wiener Architekten Gustav Peichl entworfen. Die Kita liegt direkt an der Spree und erinnert ein wenig an ein elegant-verspieltes Schiff, das am „Band des Bundes“ ange-legt hat. Starke Farben, einfache geometrische Formen und verspielte Elemente greifen die fan-tasievolle Welt der Kinder im Gebäude auf. Gut sichtbar sind die Doppel-kugeln auf dem Dach – kleine Wohnhöhlen, in denen die Kinder mittags schlafen können.

untergebracht. Jetzt wird das Gebäude als Abge-ordnetenhaus genutzt. Es soll andere Parlaments-gebäude entlasten. Ein Fußgängertunnel, den die Ber liner Künstlerin Gunda Förster entworfen hat, verbindet das Gebäu-de Wilhelmstraße 65 mit dem Jakob-Kaiser-Haus. Er ermöglicht Abgeord-neten und Mitarbeitern kurze Wege zu den ande-ren Parlamentsgebäuden.

Eine Kindertagesstätte für den Bundestag

Nördlich des Paul-Löbe-Hauses liegt die 1999 fer-tiggestellte Kindertages-stätte (S. 134/135) für die Kinder der Bundestags-

Das Bürogebäude Wilhelmstraße 65

Das in den 1970er-Jahren entstandene Bürogebäude des Außenministeriums der DDR wurde grundsa-niert, damit der Bundes-tag es dauerhaft nutzen kann. Das Bürogebäude wurde nach der Planung von Lieb + Lieb Architek-ten vollständig entkernt und aufgestockt. Es erhielt eine gläserne Fassade und soll einer zentralen Kreuzung des Parlaments-viertels einen modernen Ausdruck verleihen. Be-reits in den 1990er-Jahren waren dort Büros der Bundestagsverwaltung

Grundsaniert: Blick in den Bundestags bau in der Wilhelm-straße 65.

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Entkernt und aufgestockt: das Bundestags-gebäude in der Wilhelm-straße 65.

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Energie und Technik

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Das Reichstagsgebäude und die umliegenden Bundestagsbauten sind ein Ökosystem für sich. Energiesparende und umweltschonende Technik nach dem neuesten Stand ist Trumpf.

Ökologie ganz großgeschrieben

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Nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kälte- Kopplung wird die bei der Stromerzeugung ent-stehende Abwärme zum Heizen und Kühlen der Parlamentsgebäude ge-nutzt. Im Ganzen können die Kraftwerke durch diese Technik mehr als 80 Prozent des gesamten Energiebedarfs liefern. Mehr noch: Nicht ge-brauchte Abwärme kann für die Kälte- Erzeugung in einer Absorptions-kältemaschine oder, zu-mal im Sommer, in Form von warmem Wasser in einer rund 300 Meter tief gelegenen Erdschicht ge-speichert und im Winter zurückgespeist werden. Ein weiterer wasserfüh-render Erdspeicher in rund 60 Meter Tiefe dient

Im Licht- und Abluft-trichter verborgen ist auch eine Wärmerückgewin-nungsanlage, die die in der Abluft vorhandene Energie für die Beheizung des Gebäudes nutzt. Schließlich dient die mehr als 300 Quadratmeter große Fotovoltaikanlage auf dem Süddach des Gebäudes als emissions-freie Stromquelle. Auch auf dem Paul-Löbe-Haus und dem Jakob-Kaiser-Haus­befinden­sich­ähn-liche Anlagen. Das Kernstück des Kon-zepts, Energie rationell und umweltschonend zu gewinnen und zu verwenden, sind die Blockheizkraftwerke des Parlamentsviertels. Der Brennstoff für ihre Moto-ren ist Biodiesel, der aus Raps gewonnen wird.

Das Reichstagsgebäude

Das trichterförmige Ge-bilde, das von der Kuppel des Reichstagsgebäudes in den Plenarsaal führt, lenkt mit seinen 360 Spie-geln blendfreies Tages-licht in den Saal, sodass weniger Strom für künst-liche Beleuchtung nötig ist. Um gekehrt transpor-tiert der Trichter die Ab-luft aus dem Plenum über die Kuppelöffnung ins Freie. Auch die Frischluft wird energiesparend durch große, schon im alten Reichstagsgebäude angelegte Schächte unter den Plenarsaal geführt und mit der erforderlichen Temperatur und Feuchtig-keit durch den Teppich in den Saal geleitet.

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weiterhin durch das Blockheizwerk und in Spitzenzeiten über das öffentliche Netz. Zur Technik gehört auch die Anbindung des Paul-Löbe-Hauses an das 500 Meter lange unter-irdische Erschließungs-system des Parlaments-viertels. Es verbindet das Reichstagsgebäude mit den drei Parlaments-bauten Paul-Löbe-Haus, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus und Jakob-Kaiser-Haus. Durch eine gemein-same Zu- und Ausfahrt können in diesem in Deutschland einmaligen Tunnelsystem sämtliche für den Parlamentsbetrieb notwendigen Materialien unterirdisch und damit entlastend für die ober-irdischen Straßen trans-portiert werden.

nutzt das Blockheizkraft-werk ausschließlich rege-nerierbare Primärenergien und gewährleistet durch das System der Kraft- Wärme-Kopplung gleich-zeitig eine verbesserte Wirtschaftlichkeit und ge-ringen Schadstoffausstoß. Um das vom Bundestag und der Bundesregierung vorgegebene Energiespar-konzept umzusetzen, ent wickelten die Technik-planer für das Paul-Löbe-Haus eine 3.230 Qua-dratmeter umfassende Fotovoltaikanlage, deren Solarmodule in die Archi-tektur des großen Raster-dachs integriert sind und zugleich als Verschattungs-elemente die direk te Son-neneinstrahlung dämpfen. Der von den Zellen foto-voltaisch erzeugte Strom kann jedoch nur einen Teilbedarf an Elektro-Energie decken; die Strom-grundversorgung erfolgt

der Einlagerung von Kälte aus Winterluft. Dieses Grundwasser wird im Sommer zur Gebäude-kühlung verwendet. Durch die Ausnutzung der Abwärme und den Verbund mit den Erdspei-chern sind die Blockheiz-kraftwerke­effizienter­als­andere Anlagen. Darüber hinaus wird durch das System einschließlich der anderen energiesparenden Techniken in den Bundes-tagsgebäuden auch der Ausstoß von Schadstoffen wesentlich verringert.

Das Paul-Löbe-Haus

Wie alle Parlamentsbau-ten ist auch das Paul-Löbe-Haus mit innovativer und umweltschonender Haus-technik ausgestattet. So

Licht und Luft: Der Trichter in der Kuppel des Reichstags-gebäudes lenkt Tageslicht inden Plenarsaal und transpor-tiert Abluft ins Freie.

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schoss. Darunter liegt das zweite Untergeschoss mit zentralen Versorgungswe-gen für den Lieferverkehr und einer Tiefgarage. Das Raumklima des Jakob-Kaiser-Hauses wird durch ausgeklügelte Energiespar-konzepte erzeugt. Durch die Glasvorbauten, die je nach Tageszeit und Standort jeweils neue, faszinierende Farbspiege-lungen ergeben, hält sich die zuzuführende Heiz-energie in engen Grenzen. Die Betonelemente sind im Kern von Wasser durch-flossen,­das­die­je­nach­Jahreszeit darin gespei-cherte Wärme oder Kälte nach Wunsch verteilen kann. Außerdem sind die 728.000 Kubikmeter Rauminhalt umfassenden Bauten an die Wärme- und Kältespeicher tief unter dem Vorplatz des Reichs-tags gebäudes und an die benachbarte Biodiesel- anlage angeschlossen.

von Absorptionskältema-schinen für die Kühlung der Gebäude genutzt. Durch die Kraft-Wärme-Kopplung decken die Abwärme der Blockheiz-kraftwerke und eine 300 Quadratmeter große Solarstromanlage auf dem Dach des Reichstagsge-bäudes rund 90 Prozent des Wärme- und Kältebe-darfs und über 80 Prozent des Strombedarfs des Parlamentsviertels.

Das Jakob-Kaiser-Haus

Das erste Untergeschoss im Jakob-Kaiser-Haus führt zum unterirdischen Verbindungstunnel ins Reichstagsgebäude und zu einer unterirdischen Passage unter der Doro-theenstraße hindurch zu den anderen Teilen des Jakob-Kaiser-Hauses. Alles ist hell, vom Glasdach in 26 Meter Höhe bis hi - nunter ins erste Unterge-

Das Marie-Elisabeth- Lüders-Haus

Von dem intelligenten Energiekonzept für die Bundestagsbauten­profi-tiert auch das Marie- Elisabeth-Lüders-Haus. Zwei Blockheizkraftwerke im Reichstagsgebäude und im Paul-Löbe-Haus liefern Strom und Wärme. Durch die Einbindung in dieses übergeordnete Technikverbundsystem der Parlamentsbauten ist auch im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus für eine Minimierung der Umwelt-belastung gesorgt. Eine ­effiziente­Wärmedämmung­und der Einsatz regene-rativer Energie quellen be-wirken eine nachhaltige Senkung des Energiever-brauchs. Das Solewasser unter dem Reichstags-gebäude speichert über-schüssige Abwärme für spätere Nutzung. Ein Teil der Abwärme der Motoren wird im Sommer mithilfe

Richtungswei-send: Versor-gungsleitungen für die energie-sparende und umweltscho-nende Technik des Parlaments-viertels.

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Die Arbeit und Struktur des Bundestages auf einen Blick

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Der Bundestag – ein Rede- und Arbeitsparlament

Als „Forum der Nation“ ist der Bundestag der Ort öffentlicher Debatten. Doch ein großer Teil der parlamentarischen­Arbeit­findet­in­den­Abgeord-netenbüros und in den Fraktions- und Ausschuss-sälen statt. Was dort geschieht, zeigt dieser kurze Überblick.

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Die Aufgaben des Bundestages

Der Bundestag ist die einzige Institution auf Bundesebene, deren Mit-glieder, die Abgeordneten, direkt vom Volk gewählt werden. Sie sind die Ver-treter des ganzen Volkes und werden in allgemei-ner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Nach dem Grundgesetz sind sie nicht an Aufträge und Weisungen gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. Eine der Hauptaufgaben des Bundestages ist die Gesetzgebung: Nur er kann auf Bundesebene die Gesetze verabschie-den, die für alle Men-schen in Deutschland verbindlich sind. Der Bundestag wählt außer-dem die Bundeskanzlerin. Damit geht das Regie-rungsoberhaupt direkt

aus dem Parlament her-vor. Auch bei der Wahl des Bundespräsidenten haben die Stimmen der Parlamen-tarier unmittelbares Ge-wicht. Darüber hinaus ist der Bundestag an der Be-setzung weiterer wichtiger Ämter beteiligt.Zu den klassischen Auf-gaben eines Parlaments in einem demokratischen Staat gehört die Kontrolle der Regierung. Das beginnt mit dem Haushaltsrecht des Bundestages, der im jährlichen Haushaltsge-setz die Einnahmen und Ausgaben des Staates fest-stellt. Die Bundesregierung muss den Bundestag darüber hinaus regelmäßig über ihre Pläne und Absichten informieren. Einzelne Abgeordnete und Fraktio-nen können schriftliche Fragen an die Regierung stellen, und in den Regie-rungsbefragungen und Fragestunden des Bundes-tages müssen Regierungs-

vertreter den Abgeordne-ten direkt auf ihre Fragen antworten. Eine weitere Kontroll-funktion gegenüber der Regierung übt der Bun-destag auch über den Wehrbeauftragten aus, der vom Bundestag mit der parlamentarischen Kon-trolle über die Streitkräfte beauftragt ist. Er infor-miert das Parlament über den Zustand der Bundes-wehr und geht Grund-rechtsverletzungen nach. Ein wichtiges Instrument der Kontrolle sind Unter-suchungsausschüsse, die eingerichtet werden können, um vermutliche Missstände aufzuklären.

Wie Gesetze entstehen

Gesetzentwürfe durchlau-fen im Bundestag in der Regel drei Beratungen (sogenannte Lesungen).

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Die Arbeit der Fraktionen

Wichtige Schaltstellen in der parlamentarischen Ar-beit sind die Fraktionen. Als Zusammenschlüsse aller Abgeordneten einer Partei – oder wie im Fall der CDU/CSU verwandter Parteien – bilden sie in ihrer Größe und Zusam-mensetzung das Ergebnis der Bundestagswahl ab. Mindestens fünf Prozent der Bundestagsmitglieder sind nötig, um eine Frak-tion bilden zu können. Fraktionen haben große Gestaltungsmöglichkeiten. Sie bereiten Entscheidun-gen des Bundestages vor und bilden dazu Arbeits-kreise und Arbeitsgrup-pen, die die Themen in den Ausschüssen be-gleiten. Gesetzentwürfe oder Anträge können bei-spielsweise nur von einer Fraktion oder einem Zu-

der Abgeordneten einge-bracht werden. Es darf dabei nur um Bestimmun-gen gehen, die in der zweiten Lesung verändert oder neu aufgenommen worden sind. Nach Schluss der dritten Lesung stimmt der Bundestag über den Gesetzentwurf ab. Nach der Annahme muss das Gesetz dem Bundesrat zugeleitet werden. Unter-schieden wird zwischen Zustimmungsgesetzen und Einspruchsgesetzen. Verweigert der Bundesrat seine Zustimmung bei Zustimmungsgesetzen, ist das Gesetzgebungs-vorhaben gescheitert. Bei Einspruchsgesetzen kann der Bundestag unter bestimmten Voraussetzun-gen einen Einspruch des Bundesrats auch über-stimmen.­Bei­Konflikten­zwischen Bundesrat und Bundestag hat der Ver-mittlungsausschuss die Aufgabe, einen Kompro-miss­zu­finden.

In der ersten Lesung debat-tieren die Abgeordneten über die politischen Ziele, die mit der Gesetzesvor-lage verbunden sind. An-schließend wird die Vor-lage zur Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Hier­findet­der­größte­Teil­der Gesetzesarbeit statt. In den Ausschüssen kon-zentrieren sich die Abge-ordneten auf ein Teilge-biet der Politik. Sie er-stellen mehrheitsfähige Beschlussvorlagen für das Plenum. Die Ausschuss-fassung des Gesetzent-wurfs wird im Plenum in der zweiten Lesung bera-ten. Jeder Abgeordnete kann in diesem Stadium der Beratungen weitere Änderungsanträge stellen. In der dritten Lesung kön-nen Änderungsanträge zu Gesetzentwürfen nur von einer Fraktion oder von mindestens fünf Prozent

Vom Entwurf zum Gesetz: Gesetz entwürfe können nur die Bundes re-gie rung, der Bundesrat oder Abgeordnete in Fraktionsstärke einbringen.

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Ja, Nein, Enthaltung: Der Hammelsprung ist eine beson-dere Form der Abstimmung.

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die Nacht und Freitag bis in­den­Nachmittag­finden­Plenarsitzungen statt.Nicht nur in den Sitzungs-wochen gehen zahlreiche Gesetzesvorlagen, Anfra-gen und Regierungsant-worten, Stellungnahmen, Reden und Berichte über die Tische der Abgeordne-ten. Über 14.000 Drucksa-chen sind das in einer Wahlperiode. Sie müssen gelesen, verarbeitet und in Arbeitsgruppen, Frak-tionen und Ausschüssen beraten werden, bis über viele von ihnen im Ple-num entschieden wird. Neben den festen Ter-minen in einer Sitzungs-woche haben die Abge-ordneten noch viele weitere­Verpflichtungen,­darunter Treffen der Par lamentariergruppen, Podiumsdiskussionen,

Ein dichtes Programm zu festen Terminen

Für einen reibungslosen Ablauf der parlamentari-schen Arbeit sorgen klar strukturierte Sitzungswo-chen mit festen Terminen. Etwa 20 Sitzungswochen gibt es im Jahr, zu denen die Abgeordneten nach Berlin kommen – an den Sitzungstagen gibt es eine Anwesenheitspflicht.­Zu Beginn der Sitzungs-woche kommen die Frak-tionsvorstände und die Fraktionen sowie die Lan-desgruppen, Arbeitskreise, Arbeitsgemeinschaften und Arbeitsgruppen zu-sammen. Dienstagnach-mittag­finden­die­Frakti-onssitzungen statt. Am Mittwoch tagen die Aus-schüsse, nachmittags be-ginnt eine Plenarsitzung mit Regierungsbefragung, Fragestunde und – bei Bedarf – einer Aktuellen Stunde. Donnerstag bis in

sammenschluss von min-destens fünf Prozent der Abgeordneten eingebracht werden. Bestimmte Frage-rechte wie Große und Kleine Anfragen, die Be-antragung einer nament-lichen Abstimmung oder einer Aktuellen Stunde sind ebenfalls nur den Fraktionen (oder einer fraktionsstarken Zahl von Parlamentariern) vorbe-halten. Nicht zuletzt be-stimmen die Fraktionen, wer wie lange im Plenum reden darf, nachdem das Plenum die vom Ältesten-rat vereinbarten Debat-tenthemen und -zeiten beschlossen hat. In der parlamentarischen Arbeit richtet sich vieles nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen, so auch die Besetzung der Ausschüsse und ihrer Vorsitze.

Gesetzent würfe, Beschluss - emp fehlungen, Anträge: Über 14.000 Druck-sachen fallen jede Wahl-periode an.

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Voller Termin-kalender: Neben den Plenarsit-zungen gibt es eine Vielzahl von Ausschuss-sitzungen, Landes- und Arbeitsgruppen-treffen und Fraktionssitzun-gen, an denen die Abgeordne-ten teilnehmen.

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Der Ältestenrat besteht aus den Präsidiumsmit-gliedern und 23 weiteren Mitgliedern, die von den Fraktionen nach ihrem Stärkeverhältnis benannt werden. An den Sitzun-gen des Ältestenrats nimmt außerdem ein Ver-treter der Bundesregie-rung teil. Der Ältestenrat ist das wichtigste Koor-dinationsgremium des Bundestages. Er beschließt über innere Angelegenhei-ten des Bundestages und legt die Termine der Sit-zungswochen, die Tages-ordnungen und Zeiten der Debatten fest. Darüber hinaus ist der Ältestenrat das Gremium, in dem alle für den Bundestag wichti-gen Fragen, beispielsweise im Verhältnis zur Bundes-regierung oder bei Kritik an Maßnahmen eines sit-zungsleitenden Präsiden-ten, angesprochen werden können.

Sitzungen, ruft die Tages-ordnungspunkte auf und erteilt den Rednern das Wort. Insgesamt sorgt der Präsident für die Einhaltung der parlamen-ta ri schen Ordnung wäh-rend der Sitzungen. Das Bundestagspräsidium und der Ältestenrat unter-stützen den Bundestags-präsidenten in seiner Arbeit. Im Präsidium ist jede Fraktion durch mindestens ein Mitglied vertreten. Es tritt in den Sitzungswochen regel-mäßig zusammen, um Angelegenheiten zu bera-ten, die die Leitung des Hauses betreffen. Dabei ist auch der Direktor beim Deutschen Bundestag anwesend, der die Ver-waltung des Bundestages leitet. Das Präsidium wirkt an Personalange-legenheiten der höheren Beamten und Angestellten der Bundestagsverwaltung und beim Abschluss wichtiger Verträge mit.

Pressetermine, Treffen mit Verbandsvertretern oder Besuchergruppen aus dem Wahlkreis. Die sitzungs-freie Zeit arbeiten die Ab-geordneten überwiegend in ihrem Wahlkreis.

Die Leitung und Koordination des Bundestages

An der Spitze des Parla-ments steht der Bundes-tagspräsident. Er reprä-sentiert den Bundestag und ist nach dem Bundes-präsidenten protokolla-risch der zweite Mann im Staat. Der Bundes-tagspräsident steht dem Bundestag vor, wahrt die Rechte des Parlaments, vertritt es nach außen und ist der Dienstherr aller Mitarbeiter der Bundes-tagsverwaltung. Er (oder einer seiner Stellvertreter)leitet die Plenarsitzungen, er öffnet und schließt die

Leitungsebene: Das Bundestags-präsidium kommt in jeder Sitzungswoche zusammen, um die Angelegen-heiten des Par-laments zu be-raten.

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Ort der öffent-lichen Debatte: der Plenarsaal im Reichstags-gebäude.

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Bundeskanzleramt

DeutscherDom

Bundespresse-konferenz,Pressehaus

FranzösischerDom

Gendarmenmarkt

ScheidemannstraßeDorotheenstraße

Dorotheenstraße

Dorotheenstraße

Mittelstraße Mittelstraße

Dorotheenstraße

Georgenstraße

Georgenstraße

Am Weidendamm

Reichsta

gufer

PariserPlatz

Unter den Linden

Unter den Linden

Unter den Linden

Unter den Linden

Unter den Linden

Wilh

elmstraße

Lu

isenstraße

Lu

isenstraße

Charitestraße

Sch

adow

straßeA

lbrechtstraße

Platz der Republik

Paul-Löbe-Allee

Willy-Brandt-Straße

Otto-von-Bismarck-Allee

Straße des 17. Juni

John-Foster-Dulles-Allee

Große Q

uerallee

Konrad

-Aden

auer-S

traße

Behrenstraße

Yitzhak-R

abin-Straße

Alt-Moabit Rahel-

Hirsch

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Kapelle-Ufer

Margarete-Steffin-Straße

Marienstraße

Reinhardtstraße

Reinhardtstraße

Schumannstraße

ReichstaguferReichstagufer

Schiffbauerdamm

Adele-Schreiber-Krieger-Str.

Ebertstraße

Hein

rich-von-Gagern-Str.

Neu

städtisch

e Kirch

straße

Fried

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Invalidenstraße

Straße des 17. Juni

Schiffbau

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Fried

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Plan

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Fried

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Un

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Behrenstraße

BehrenstraßeFried

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Ch

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Bebelp

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Markgrafen

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Hannah-Arendt-Straße

Französische Straße

Französische Straße

Mohrenstraße

Mauerstraße

Mau

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Glin

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Wilhelm

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Gertrud-K

olmar-Str.

Cora-B

erliner-Str.

Ebertstraße

Ebertstraße

Taubenstraße

Taubenstraße

Jägerstraße

Jägerstraße

Wilhelm

straße

Hannah-Arendt-Straße

Glin

kastraße

Planckstraße

Am Kupfergraben

Oberw

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Fried

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Tucholskystraße

Monbijoustraße

Johannisstraße

Ziegelstraße

Oranienburger Straße

Alexan

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Spree

Spree

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Tor

Hauptbahnhof

Hausvogteiplatz

Mohrenstraße

Bundestag

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Brandenburger Tor

Friedrichstraße

BrandenburgerTor

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Bundeskanzleramt

DeutscherDom

Bundespresse-konferenz,Pressehaus

FranzösischerDom

Gendarmenmarkt

ScheidemannstraßeDorotheenstraße

Dorotheenstraße

Dorotheenstraße

Mittelstraße Mittelstraße

Dorotheenstraße

Georgenstraße

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Am Weidendamm

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OranienburgerTor

Hauptbahnhof

Hausvogteiplatz

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Bundestag

FranzösischeStraße

Brandenburger Tor

Friedrichstraße

BrandenburgerTor

Die Liegenschaften des Bundestages

1 Plenarbereich Reichstags - gebäude, Platz der Republik 1

2 ehemaliges Reichs tags- präsidenten palais, Friedrich-Ebert-Platz 2

3 Bunsenstraße 2

4 Deutscher Dom, Am Gendarmenmarkt 1

5 Dorotheenstraße 88

6 Dorotheenstraße 93

7 Jakob-Kaiser-Haus, Dorotheenstraße 100 –101

8 Kindertagesstätte, Otto-von-Bismarck-Allee 2

9 Luisenstraße 17

10 Luisenstraße 35

11 Luisenstraße 32–34

12 Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Adele-Schreiber-Krieger- Straße 1

13 Neustädtische Kirchstraße 15

14 Paul-Löbe-Haus, Konrad-Adenauer-Straße 1

15 Schadowstraße 6

16 Schadowstraße 10 –11 Schadowhaus

17 Schadowstraße 12–13

18 Schiffbauerdamm 17

19 Unter den Linden 50

20 Unter den Linden 62 –68

21 Unter den Linden 71

22 Unter den Linden 74

23 Wilhelmstraße 60

24 Wilhelmstraße 65

25 UES Einfahrt /Ausfahrt, Adele-Schreibe-Krieger-Straße

Expressbus TXL

Metrobus

U-Bahn

S-Bahn

4

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Besuchen Sie uns

Für Besuchergruppen und Einzelbesucher, die den Deutschen Bundestag in Berlin besuchen möchten, stehen unter anderem folgende kostenlose An-gebote zur Verfügung:z ein Informationsvortrag an sitzungsfreien Tagen auf der Besuchertribüne des Plenarsaals über die Aufgaben, Arbeitsweise und Zusammensetzung des Bundestages sowie über die Geschichte und die Architektur des Reichstagsgebäudes, z ein einstündiger Besuch einer Plenarsitzung an Sitzungstagen,z ein Informationsbesuch an sitzungsfreien Tagen auf Einladung von Abge-ordneten,z ein Plenarbesuch auf Einladung von Abgeord-neten,

z Hausführungen durch das Reichstagsgebäude an sitzungsfreien Tagen mit Erläuterungen über die Aufgaben, Arbeits weise und Zusammensetzung des Bundestages sowie über die Geschichte und die Architektur des Reichs-tagsgebäudes,z Kunst- und Architektur-führungen an Wochenen-den und Feiertagen im Reichstagsgebäude, Jakob-Kaiser-Haus, Paul-Löbe-Haus oder Marie- Elisabeth-Lüders-Haus,z eine Hausführung für ausländische Besucher-gruppen, auf Anfrage in mehreren Sprachen,z eine spezielle Hausfüh-rung für Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren an den Kindertagen, z ein Planspiel „Parla men-tarische Demokratie spie-lerisch erfahren“ für Schüler ab der 10. Klasse.

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Für alle Angebote ist eine Anmeldung notwendig. Wer den Bundestag besu-chen möchte, kann mithil-fe der Online-Anmeldung auf www.bundestag.de/besuche eine Buchungs-anfrage an den Besucher-dienst senden oder sich per Post oder per Fax anmelden. Deutscher BundestagBesucherdienstPlatz der Republik 1 11011 BerlinFax: + 49 30 227-36436www.bundestag.de (Rubrik „Besuchen Sie uns“)Allgemeine Auskünfte er-teilt der Besucherdienst unter der Telefonnummer: + 49 30 227-32152

Dachterrasse und Kuppel des Reichstags gebäudes

Kuppel und Dachterrasse können kostenlos besich-tigt werden. Eine Besichti-gung ist jedoch nur mit vorheriger Anmeldung möglich. Für eine Termin-anfrage steht ein Online-Formular zur Verfügung, eine Anmeldung ist aber auch per Fax oder per Post möglich.Deutscher BundestagBesucherdienstPlatz der Republik 1 11011 BerlinFax: + 49 30 227-36436Öffnungszeiten:täglich von 8 bis 24 Uhr(letzter Einlass 22 Uhr)Das Dachgartenrestaurant ist täglich von 9 bis 16.30 Uhr und von 18.30 bis 24 Uhr geöffnet. Plätze können Sie telefonisch unter + 49 30 226-29933 oder per E-Mail an kaeferreservierung.berlin@ feinkost-kaefer.de reservieren.

Informationsmaterial

Informationsmaterial über den Bundestag können Sie auch telefonisch oder über das Internet bestellen:Deutscher BundestagÖffentlichkeitsarbeitPlatz der Republik 111011 BerlinTelefon: + 49 30 227-33300Fax: + 49 38204 [email protected]

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Impressum

Herausgeber: Deutscher Bundestag, Referat ÖffentlichkeitsarbeitKoordination: Herbert FleischhauerTexte: Kathrin Gerlof, Andreas Kaernbach, Carl-Christian Kaiser, Gregor Mayntz, Sönke Petersen, Georgia RauerRedaktion: Georgia Rauer, BerlinGestaltung:­Regelindis­Westphal­Grafik-Design / Berno Buff, Norbert Lauterbach, BerlinBundestagsadler: Urheber Prof. Ludwig Gies, Bearbeitung 2008 büro uebele, StuttgartFotos: Umschlagseiten, S. 25, S. 44 Deutscher Bundestag / Arndt Oehmichen; S. 6 / 7 DBT / Johannes Backes; S. 12 ullstein bild / Katharina Hoppe; S. 13, S. 41, S. 51, S. 66, S. 81, S. 152 DBT / Simone M. Neumann; S. 15, S. 29 (© Gerhard Richter, 2014), S. 33, S. 46, S. 93, S. 95 DBT / studio kohlmeier; S. 19, S. 144 DBT / Marcus Zumbansen; S. 21 DBT / _ideazione. / Sebastian Fischer; S. 23 DBT / Thomas Trutschel / photothek.net; S. 28 (© The Estate of Sigmar Polke, Cologne / VG Bild-Kunst, Bonn 2014), S. 32 DBT / Friedrich Rosenstiel; S. 30 (© Georg Baselitz, 2014), S. 34, S. 154 DBT / Sylvia Bohn; S. 31 (© VG Bild-Kunst, Bonn 2014), S. 35 (© VG Bild-Kunst, Bonn 2008), S. 36 (© VG Bild-Kunst), S. 37, S. 91 DBT / Stephan Klonk; S. 40 ullstein bild; S. 42, S. 56, S. 76, S. 153 DBT / Julia Kummerow; S. 43 ullstein bild / Voller Ernst / Jewgeni Chaldej; S. 45 (© VG Bild-Kunst, Bonn 2014) DBT / Werner Huthmacher; S. 47, S. 63, S. 80, S. 82, S. 103, S. 113, S. 128, S. 133 DBT / Jörg F. Müller; S. 48 Gerard Malie / AFP / Getty Images; S. 49, S. 151 DBT / Marc-Steffen Unger; S. 50, S. 141 DBT / Lichtblick / Achim Melde; S. 54 bpk / Ottomar Anschütz; S. 55 DBT / Referat PZ 1; S. 65, S. 150, S. 155 DBT / Werner Schüring; S. 67 DBT / Ute Grabowsky / photothek.net; S. 69 DBT / Anke Jacob; S. 71, S. 78, S. 89, S. 102, S. 117, S. 145 DBT / Jan Pauls; S. 73 ullstein bild / bpk / Erich Salomon; S. 77, S. 129 DBT / Stephan Erfurt; S. 79, S. 107, S. 115, S. 126, S. 127, S. 130, S. 131, S. 138, S. 139 DBT / Linus Lintner; S. 90, S. 104, S. 105, S. 132 DBT / Junophoto / Julia Nowak; S. 97 DBT / Katrin Neuhauser; S. 99 Presse- und Informationsamt der Bundesregierung / Simon Müller; S. 119 Süd deutsche Zeitung Photo; S. 122 Bildarchiv Foto Marburg; S. 123 DBT / Siegfried Büker; S. 134 DBT / Fritz Reiss; S. 146 DBT / Edgar Zippel Grafiken:­S.­8­/­9­KircherBurkhardt­GmbH;­S.­16­/­17­Michael­Ohnrich;­S.­58­/­59,­S.­84­/­85,­S. 108 / 109 Karl-Heinz Döring; S. 156 / 157 büro uebele visuelle kommunikation, Bearbeitung­von­­Regelindis­Westphal­Grafik-­DesignDruck: ProWachter GmbH, Bönnigheim

Stand: Mai 2014© Deutscher Bundestag, Berlin; alle Rechte vorbehalten.

Die Publikation wird vom Deutschen Bundestag im Rahmen der parlamentarischen Öffent- lich keitsarbeit herausgegeben. Sie ist nicht zum Verkauf bestimmt. Eine Verwendung für die eigene Öffentlichkeitsarbeit von Parteien, Fraktionen, Mandatsträgern oder Wahl bewerbern – insbesondere zum Zwecke der Wahl werbung – ist grundsätzlich unzulässig.

Die Publikation stellt keine rechtsverbindlichen Aussagen des Herausgebers dar; sie dient lediglich der Information und der Urteilsbildung.

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