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Ein Semester in Neapel via PROMOS: Erfahrungsbericht Das PROMOS - Stipendium hat es mir erlaubt, ein Semester in Neapel zu verbringen und dort an der Università LʼOrientale zu studieren. Die Orientale ist eine der vier Universitäten in Neapel und eine der ersten in Europa, die sich auf das Studium asiatischer Sprachen und Kultur spezialisiert haben. Auf ihre lange Geschichte ist man stolz und die Universität genießt nach wie vor einen guten Ruf für ihr breitgefächertes Angebot an Studiengängen, die sich auf Asien, den Nahen Osten und Afrika beziehen. Ich lief im dortigen International Office als “freemover” und konnte somit aus dem gesamten Kursangebot der Universität frei wählen, eine Möglichkeit, die ich schon vorher als Erasmusstudentin in Venedig schätzen gelernt hatte und die ich in Neapel noch besser auszuschöpfen versucht habe. Gleiches gilt für die Stadt als einzigartigem Wohnort für ein paar Monate. International Office/Erste Orientierung/Die Universität Das International Office der Orientale liegt zentral auf der Marina Nuova, gegenüber dem Hafen im 9. Stock des sogenannten Palazzo Mediterraneo, einem der zahlreichen, über die Stadt verteilten Gebäude der Universität. Es empfiehlt sich, das International Office möglichst früh am Tag aufzusuchen, oder etwas zu lesen mitzubringen, denn die sieben Mitarbeiter des Büros sind, besonders zu Beginn eines Semesters, voll ausgelastet und nicht nur mit Austauschstudenten befasst. Die Orientale unterhält ein großes Angebot an internationaler Mobilität, in und vor dem Büro herrscht großer Andrang und Verwirrung, ein erster Gang hierher gibt sicher auch einen guten ersten Eindruck von Neapolitanischer Lebensweise: es geht laut zu und jeder muss selbst sehen, dass er an die Reihe kommt, vordrängeln, schummeln und schubsen gilt nicht als wirklich unhöflich, mit übergroßer Zurückhaltung bekommt man als Neuling erstmal keinen Fuß in die Tür. Die Anmeldung selbst war sehr unkompliziert, obwohl die Zuständige in diesem Fall wenig mit “Promos” und “Freemover” anfangen konnte, hat sie meine Erklärung als glaubhaft befunden und sehr freundlich und ohne große Umstände entsprechende Papiere zusammengesucht, von Hand ein bißchen umgeschrieben und mir einen Studentenausweis für Erasmusstudenten ausgehändigt. Ich bin mir nicht sicher, ob das ein korrektes Vorgehen war, aber ich hatte fortan freien Zugang zu Bibliotheken, Mensa und Internetresourcen. Der Studentenausweis selbst hat mir große Freude bereitet und gibt ebenfalls einen kleinen Eindruck davon, wie in Neapel vieles improvisiert wirkt und dabei offiziell sein soll. Eine dunkelgrüne Pappkarte in DIN A - 5 Format, von Hand ausgeschnitten und beschriftet, persönlich unterschrieben und mit dem Passbild versehen, welches eigentlich auf die zuvor eingeschickte Freemover-Bewerbung geklebt war. Dieser Ausweis war altmodisch und unhandlich, aber hat seinen Zweck bestens erfüllt. Ebenfalls im International Office wurde mir eine Professorin als Beratungsperson zugeteilt, ein Informationspaket über Standorte und Schwerpunkte der jeweiligen Departements, außerdem ein Rucksack als Willkommensgeschenk (welchen zu benutzen in Neapel allerdings weniger empfehlenswert ist, weil es Diebstahl erleichtert). Die Abmeldung am Ende des Semesters verlief ebenfalls reibungslos.

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Ein Semester in Neapel via PROMOS: Erfahrungsbericht

Das PROMOS - Stipendium hat es mir erlaubt, ein Semester in Neapel zu verbringen und dort an der Università LʼOrientale zu studieren.Die Orientale ist eine der vier Universitäten in Neapel und eine der ersten in Europa, die sich auf das Studium asiatischer Sprachen und Kultur spezialisiert haben. Auf ihre lange Geschichte ist man stolz und die Universität genießt nach wie vor einen guten Ruf für ihr breitgefächertes Angebot an Studiengängen, die sich auf Asien, den Nahen Osten und Afrika beziehen.

Ich lief im dortigen International Office als “freemover” und konnte somit aus dem gesamten Kursangebot der Universität frei wählen, eine Möglichkeit, die ich schon vorher als Erasmusstudentin in Venedig schätzen gelernt hatte und die ich in Neapel noch besser auszuschöpfen versucht habe. Gleiches gilt für die Stadt als einzigartigem Wohnort für ein paar Monate.

International Office/Erste Orientierung/Die Universität

Das International Office der Orientale liegt zentral auf der Marina Nuova, gegenüber dem Hafen im 9. Stock des sogenannten Palazzo Mediterraneo, einem der zahlreichen, über die Stadt verteilten Gebäude der Universität.Es empfiehlt sich, das International Office möglichst früh am Tag aufzusuchen, oder etwas zu lesen mitzubringen, denn die sieben Mitarbeiter des Büros sind, besonders zu Beginn eines Semesters, voll ausgelastet und nicht nur mit Austauschstudenten befasst. Die Orientale unterhält ein großes Angebot an internationaler Mobilität, in und vor dem Büro herrscht großer Andrang und Verwirrung, ein erster Gang hierher gibt sicher auch einen guten ersten Eindruck von Neapolitanischer Lebensweise: es geht laut zu und jeder muss selbst sehen, dass er an die Reihe kommt, vordrängeln, schummeln und schubsen gilt nicht als wirklich unhöflich, mit übergroßer Zurückhaltung bekommt man als Neuling erstmal keinen Fuß in die Tür.

Die Anmeldung selbst war sehr unkompliziert, obwohl die Zuständige in diesem Fall wenig mit “Promos” und “Freemover” anfangen konnte, hat sie meine Erklärung als glaubhaft befunden und sehr freundlich und ohne große Umstände entsprechende Papiere zusammengesucht, von Hand ein bißchen umgeschrieben und mir einen Studentenausweis für Erasmusstudenten ausgehändigt. Ich bin mir nicht sicher, ob das ein korrektes Vorgehen war, aber ich hatte fortan freien Zugang zu Bibliotheken, Mensa und Internetresourcen. Der Studentenausweis selbst hat mir große Freude bereitet und gibt ebenfalls einen kleinen Eindruck davon, wie in Neapel vieles improvisiert wirkt und dabei offiziell sein soll. Eine dunkelgrüne Pappkarte in DIN A - 5 Format, von Hand ausgeschnitten und beschriftet, persönlich unterschrieben und mit dem Passbild versehen, welches eigentlich auf die zuvor eingeschickte Freemover-Bewerbung geklebt war. Dieser Ausweis war altmodisch und unhandlich, aber hat seinen Zweck bestens erfüllt.Ebenfalls im International Office wurde mir eine Professorin als Beratungsperson zugeteilt, ein Informationspaket über Standorte und Schwerpunkte der jeweiligen Departements, außerdem ein Rucksack als Willkommensgeschenk (welchen zu benutzen in Neapel allerdings weniger empfehlenswert ist, weil es Diebstahl erleichtert).Die Abmeldung am Ende des Semesters verlief ebenfalls reibungslos.

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Kommunikation zwischen Austauschstudenten, Partnerprogramme, Veranstaltungen oder dergleichen waren vom International Office aus nicht vorgesehen. Die Erasmusstudenten organisieren sich aber selbst, via Facebook. Wer Anschluss sucht dem würde empfehlen, nach diesen Facebook-Seiten Ausschau zu halten, ob man nun wirklich über Erasmus in Neapel studiert oder durch Promos, das dürfte kaum eine Rolle spielen und die sogenannte Erasmus-Stimmung ist etwas ganz Besonderes und erleichtert das Fremdsein sicher sein, vor allem wenn man zum ersten Mal im Ausland ist. Auch das Goethe Insitut ist sehr rege und bietet gelegentlich Veranstaltungen in Kooperation mit der Universität an. So konnte ich beispielsweise an einem sehr unterhaltsamen Tagesseminar zum Thema Vorurteile zwischen Italienern und Deutschen teilnehmen und habe dort Deutsche getroffen, die in anderen Zusammenhängen nach Neapel gekommen sind. Ich war selbst überrascht, wie angenehm es war, für einen Tag mal wieder in einem Raum voll Deutschsprachiger zu sein und ein Austausch über die jeweiligen Erfahrungen ist immer interessant und ermutigend.

Innerhalb des Unibetriebes empfand ich es als eher schwierig, Kontakte zu knüpfen. Mit vielen organisatorischen Fragen habe ich mich anfangs an meine Kommillitonen gerichtet, die auch immer sehr freundlich ausgeholfen haben. Auch die Dozenten waren durchgehend sehr herzlich und haben mich gerne an ihren Kursen teilnehmen lassen und zwischendurch auch mal nachgefragt, ob ich folgen kann. Als Austauschstudentin kann man ja aus dem Kursangebot frei wählen und da ich hauptsächlich Seminare aus Masterstudiengängen besucht habe, waren die Klassen dort sehr klein, was ich besonders angenehm fand, auch wenn es oft mehr mündliche Beteiligung mit sich bringt.Ich habe es sehr genossen, aus dem reichhaltigen Angebot an internationalen Philologien Seminare zu wählen und ganz bewusst ein paar Themen verfolgt, die ich so in Frankfurt nicht lernen würde, weil sie zwar in meinem Interessengebiet liegen, aber nicht im Studienplan vorgesehen sind. Die Orientale hat ein exzellentes Angebot an exotischen Philologien.

Die Bibliotheken sind fast alle folgendermaßen organsisiert: Die einzelnen Insitute unterhalten auch jeweils ihre eigenen Sammlungen, die jedoch nicht zum durchsehen zugänglich sind. Man sucht einen bestimmten Titel in der Datenbank und bestellt das Buch am Schalter. Lernen in der Bibliothek ist nicht vorgesehen, außer in der zentralen Bibliothek für Geisteswissenschaften an der Piazza Dante, dort gibt es ein paar Tische und einen ruhigen Innenhof, der zum lesen und schreiben einladen kann.

Die Stadt/Wohnen/Sprache

Neapel ist eine ganz besondere Stadt. Ich habe sieh vor drei Jahren zum ersten Mal kurz besucht und mich auf anhieb in sie verliebt. Nach bin ich in erster Linie wegen bestimmter Professoren gegangen, für Neapel war eher die Stadtatmosphäre ausschlaggebend. Ich wollte einen Gegensatz zu Venedig erleben, nach einem Semester im Norden dann ein Semester im Süden. Diese Rechnung ist mehr als aufgegangen. Norden und Süden des Landes unterscheiden sich sehr, diese Unterschiede sind ein andauerndes Reizthema innerhalb Italiens (die italienische Version von “Bienvenues chez les Chtis”: “Benvenuto al sud” beschreibt diese Außeinandersetzung auf humoristische Weise).

Neapel ist eine Stadt der extremen Gegensätze, wer sich für ein Studium dort entscheidet, weiß das bestimmt schon. Weil es mich aber doch mehr überrascht hat, als ich erwartet hätte, will ich es trotzdem unterstreichen.

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Neapel liegt wunderschön, eine Stadt am Meer, das ganze Zentrum ist UNESCO- Weltkulturerbe. Man kann tolle Ausflüge machen, nach Pompeji, auf den Vesuv oder in die umliegenden Küstenorte, auch die Inseln sind nur eine kurze Fährfahrt entfernt: Ischia, Capri...

Wer sich für Archäologie interessiert, kommt in dieser Stadt bestimmt mehr als in jeder anderen auf seine Kosten. Nicht nur ist das archäologische Museum das größte seiner Art in Europa, die ganze Stadt ist durchzogen von Ruinen (mancher Leute Badezimmerfenster geht auf ein antikes unterirdisches Amphitheater...) , Bauprojekte verzögern sich in hier auch deshalb, weil bei den Aushebungen so oft eine neue Ruine zum Vorschein kommt, die ganze Stadt ist untermauert von einer kompletten, antiken Stadt! Spezielle Führungen machen dieses unterirdische Labyrinth zugänglich, wer Angst vorm Dunkeln oder engen Gängen hat, sollte sich das nicht antun, alle anderen dürfen es auf keinen Fall verpassen! Das bunte Leben in den spanischen Vierteln ist ebenfalls eine Besonderheit der Stadt und ein persönlicher Favorit. Hier sollte man nach Dunkelwerden nicht mehr alleine unterwegs sein, aber in den Morgenstunden, wenn die Cornetto-Bäcker die Türen öffnen und die Hausfrauen aus ihren ebenerdigen Wohnungen kommen, um eine erste Zigarette zu rauchen und die Katzen zu füttern, das ist ein Stück sehr untouristisches Italien.

Die Spanischen Viertel gelten als eine der unsichersten Gegenden der Innenstadt und das führt leider zu einem Thema, das während dieses Semester mehr Gewicht haben würde, als ich vorher dachte. Die Beschreibungen in Reiseführern oder Internetblogs über Neapel sind bezeichnend. Da heißt es oft, dass die Vorurteile gegenüber der Stadt als mafiös, voller Diebe und Betrüger völlig überzogen sei. Neapel sei nicht unsicherer als jede andere europäische Großstadt und es gelten die gleichen Vernunftsmaßnahmen, wie überall sonst: man trage keine Kamera bei sich, keinen Schmuck, keine Uhr, möglichst keine Handtaschen oder Rucksäcke, lediglich Kleingeld. Nachts soll man die Straßen meiden und auch tagsüber nicht in ruhige Seitenstraßen gehen...

Ich wünschte, es wäre anders, aber nach diesem Semester kann ich alle Vorurteile gegenüber Neapel als krimineller Stadt nur bestätigen. Meine Zimmergenossin wurde zweimal innerhalb eines Monats überfallen, sie ist Italienerin, Studentin und hatte nicht mehr als 40 Euro zu geben. Als sie darum bat, man möge ihr doch wenigstens die Bücher lassen, hat man ihr ein Messer an den Hals gehalten. Sie hat Anzeige erstattet und die Verbrecherkartei eingesehen. Auf ihre Beschreibung trafen über 600 mögliche Täter zu, und das allein in unserem Quartier! Wir haben direkt im Zentrum gewohnt, einer touristischen und jederzeit belebten Gegend. Trotzdem konnten wir einmal das Haus nicht verlassen, weil vor dem Tor eine Gruppe Männer wartete, die schlicht auf uns wartete und daraus keinen Hehl gemacht hat. Die Polizei haben wir angerufen, aber die zieht sich nach zehn Uhr aus dem Stadtzentrum zurück und das ist kein Scherz. Sie kommt einfach nicht. Die Mafia regelt dann ihre Angelegenheiten alleine. Das mag lächerlich melodramatisch klingen, ist aber tatsächlich so. Jeder Student in Neapel hat eine handvoll Geschichten parat, wenn es um Begegnungen mit der Mafia geht. “Abgezogenwerden” gehört einfach dazu und die Geschichte meiner Zimmergenossin hat niemanden wirklich überrascht oder beeindruckt. Frauen gehen in Neapel nicht alleine zum Bankautomaten.

Und das letzte, weil gräßlichste Beispiel: an meinem Abreisetag in Neapel ist am Hafen (einem meiner Lieblingsorte, zum lesen, lernen und sonnenbaden!) ein amerikanischer Tourist von Bord eines Kreuzfahrtschiffes gegangen. Unklugerweise mit einer Rolex am Handgelenk. Noch bevor er den Hafen verlassen hat, wurde er überfallen und im Zuge des Überfalls erschlagen.

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Ich schreibe diese Details deshalb dazu, weil ich selbst den Einfluss der Kriminalität unterschätzt habe, es beinflusst die Stimmung, wenn man nicht das Gefühl hat, sich sicher bewegen zu können.Der Müll ist selbstverständlich ein Thema für sich. Es ist schwer vermittelbar, wie das aussieht, wenn die Berge von Abfall anfangen, Kreuzungen zu blockieren. Manchmal zünden frustrierte Bürger die Berge nachts an. Bevor Berlusconi den Wahlkampf in Neapel unterstützen kam, wurde das Militär dazu herangezogen, den Müll zu beseitigen.Das generelle Chaos, der unfassbar verrückte Straßenverkehr, der schwierige Dialekt, die streunenden Hunde, kaputten Straßen etc., das ist alles Teil des Charmes von Neapel, einer sehr süditalienischen Stadt. Auch diese Dinge können einem zu viel werden, meine Besucher haben allesamt den Kopf geschüttelt, wenn sie froh waren, nach ein paar Tagen abzufahren und sich vorstellten, dass ich das ganze Semester dort bin. Auch diese Dinge seien erwähnt, denn wer Italien von Urlauben im Norden zu kennen glaubt, wird hier wirklich noch einmal ganz andere Facetten kennenlernen. Meistens habe ich es geliebt, das Geschrei und den Dreck, weil es so ungemein neapoletanisch ist, aber mitgenommen hat es mich manchmal auch. Und wer Italien garnicht kennt, oder vielleicht die Sprache nicht beherrscht, dem würde ich eine der vielen anderen reizvollen und weniger spröden Städte des Landes ans Herz legen.Ein paar praktische Hinweise am Schluss... was die Sprache betrifft: Natürlich ist Italienisch die offizielle Sprache, aber Napoletan ist nicht nur ein örtlicher Dialekt, es ist eine eigene Sprache! Wer in erster Linie der Sprachkenntnisse wegen kommt, sollte ebenfalls eher in den Norden gehen.Die Wohnungssuche war relativ einfach, auf www.bacheka.it sind zahlreiche Angebote zu finden, es ist natürlich hilfreich, wenn man schon vor Ort ist und zur Besichtigung vorbeikommen kann, aber auch aus der Ferne konnte ich gut mehrere Wohnoptionen organisieren und habe letztlich wieder sehr großes Glück mit meiner WG gehabt. Wir waren zu siebt, ich habe das Zimmer mit einer anderen jungen Frau geteilt (dies ist in Italien sehr üblich, es werden Schlafplätze in Zimmer vermietet, nicht gleich das ganze Zimmer für eine Person. Dies ist eine preiswerte Option, dabei aber nicht jedermanns Sache. Für die begrenzte Zeit fand ich es aber ganz unproblematisch). Ich war sehr froh, in einer WG und nicht allein zu wohnen, denn das meiste, was ich an süditalienischer Lebenskultur mitbekommen habe, war durch meine herzlichen Mitbewohner. Sie schlafen, essen und schreien von 12 Uhr mittags bis 4 Uhr morgens. Nie habe ich so viele Leute so leidenschaftlich und laut über Details der Essenszubereitung zanken gehört, viele Tränen wurden vergossen und es wurde viel geflucht. Die Wohnung lag, wie gesagt, mitten in der Altstadt, in einem Altbau mit unfassbar hohen Wänden, herrschaftlich- heruntergekommenem Treppenhaus und klapprigem Lift. Im Hinterhof standen Orangenbäume.

Das Leben in Neapel ist verhältnismäßig preiswert. Für mein Bett habe ich 180 Euro im Monat bezahlt. Essen wird hier größer geschrieben als irgendwo sonst, man kann exzellente Lebensmittel zu moderaten Preisen finden. Und die Pizza ist natürlich die weltbeste hier, überall wird sie günstig verkauft und fast immer schmeckt sie hervorragend.

Das Semester in Neapel war eine tolle Erfahrung, sehr vielseitig, lehrreich, unterhaltsam. Ich bin sehr froh und dankbar um diese Zeit, werde viel mitnehmen für mein Studium und das weitere Leben.

Nach einem Semester mit ERASMUS in Venedig und einem Semester mit PROMOS in Neapel habe ich in Siena die Sprachprüfung für Italienisch Stufe C2 abgelegt. Dies ist das höchste zu erreichende Zertifikatsniveau des europäischen Referenzrahmens und ich hatte mir dieses Zertifikat zum Ziel meines italienischen Jahres gesetzt.

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Ich empfand diese Prüfung als einen sehr würdigen Abschluss der ganzen Auslandserfahrung, auch weil sie die Erkenntnisbereichung aus diesen Monaten auf sehr greifbaren Weise vor Augen führt. In den ersten Wochen an der italienischen Uni habe ich kaum verstanden, was in den Vorlesungen gesagt wurde, am Ende bin ich befugt, Italienisch zu unterrichten, das ist ein tolles Erfolgserlebnis.