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Albrecht v. Graefes Arch. ]din. exp. Ophthal. 177, 157--165 (1969) Eine einfache Methode fiir das Registrieren des Augenpulses* H. B]~TTEL}I]~II~ II. Augen]dinik (Vorstand: Prof. Dr. J. BSe•) der UniversitEt Wien Eingegangen am 14. Dezember 1968 A Simple Method/or the Registration o/the Ocular Pulse Summary. A brief survey is given on the methods generally used for the regi- stration of the ocular pulse wave. After a repetition of TtIIEL'S demands concerning a correct proceeding in registering the ocular pressure and volume pulse a report is given on a simple method for the recording of the pulse wave of the eye by means of the plethysmograph of Elema-SchSnander and a modified pulse receptor chamber. The device and the respective results are described and critically reviewed. Zusammen/assung. Nach einem kurzen Oberblick fiber die zur Registration des Augenpulses angewandten Verfahren und einem Hinweis auf die yon THIEL auf- gestellten Postulate nach einer korrekten Vorgehensweise beim Abnehmen und Aufzeichnen des ocul~ren Druck- bzw. Volumenpnlses wird fiber ein einfaches MeBverfahren berichtet: Mit dem Plethysmographen EMT 510 cder Firma Elema- Sch6nander sind, nach entsprechender 3/[odifikation der Pulsabnahmekammer, exakt eichbare und gut reproduzierbare Angenpulskurven zu erhalten. Mel~anord- hung und Ergebnisse werden beschrieben und kritisch besprochen. Das Aufzeichnen des Augenpulses ist nicht nur ftir das Messen oeul/~rer Durchblutungsgr6Ben, sondern auch ffir das Erkennen yon ZirkulationsstSrungen im Carotisbereich yon Interesse. Die sieh aus den Pulskurven ergebenden AussagemSglichkeiten aber sind durch die Art der jeweiligen Verfahren der Pulsabnahme determiniert. W/~hrend Plethysmogramme -- mit gewissen Einschr/~nkungen -- fiber das Aus- maB des Blutstromes in den intraocularen Gef~13en informieren, ver- raitteln sphygmographische Verfahren in erster Linie Auskfinfte fiber den Zustand der Carotisstrombahn: Sic sagen nichts fiber die intraoculare Durchblutung aus, tragen jedoch zur Diagnose der obliterierenden Pro- zesse der Carotiden und zur geurteflung der Gef/~gwandelastizitgt bei. Es ist das besondere Verdienst Tm~Ls, die Grundlagen der Registration des Augenpulses erkannt und klar dargestellt zu haben. TI~I~L unter- scheide~ strikt zwischen Methoden zur Abnahme des ocul~ren Druck- * Auszugsweise vorgetragen in der Sitzung der Ophthalmologischen Gesell- schaft in Wien am 9.12. 68.

Eine einfache Methode für das Registrieren des Augenpulses

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Page 1: Eine einfache Methode für das Registrieren des Augenpulses

Albrecht v. Graefes Arch. ]din. exp. Ophthal. 177, 157--165 (1969)

Eine einfache Methode fiir das Registrieren des Augenpulses*

H. B]~TTEL}I]~II~

II. Augen]dinik (Vorstand: Prof. Dr. J. BSe•) der UniversitEt Wien

Eingegangen am 14. Dezember 1968

A Simple Method/or the Registration o/the Ocular Pulse

Summary. A brief survey is given on the methods generally used for the regi- stration of the ocular pulse wave. After a repetition of TtIIEL'S demands concerning a correct proceeding in registering the ocular pressure and volume pulse a report is given on a simple method for the recording of the pulse wave of the eye by means of the plethysmograph of Elema-SchSnander and a modified pulse receptor chamber. The device and the respective results are described and critically reviewed.

Zusammen/assung. Nach einem kurzen Oberblick fiber die zur Registration des Augenpulses angewandten Verfahren und einem Hinweis auf die yon THIEL auf- gestellten Postulate nach einer korrekten Vorgehensweise beim Abnehmen und Aufzeichnen des ocul~ren Druck- bzw. Volumenpnlses wird fiber ein einfaches MeBverfahren berichtet: Mit dem Plethysmographen EMT 510 cder Firma Elema- Sch6nander sind, nach entsprechender 3/[odifikation der Pulsabnahmekammer, exakt eichbare und gut reproduzierbare Angenpulskurven zu erhalten. Mel~anord- hung und Ergebnisse werden beschrieben und kritisch besprochen.

Das Aufzeichnen des Augenpulses ist n icht nu r ftir das Messen oeul/~rer Durchblutungsgr6Ben, sondern auch ffir das E rkennen yon Zirkula t ionss tSrungen im Carotisbereich yon Interesse. Die sieh aus den Pu l skurven ergebenden AussagemSglichkeiten aber sind durch die Art der jeweiligen Verfahren der Pu l sabnahme determinier t . W/~hrend P le thysmogramme - - mi t gewissen Einschr/~nkungen - - fiber das Aus- maB des Bluts t romes in den in t raocularen Gef~13en informieren, ver- rai t te ln sphygmographische Verfahren in erster Linie Auskfinfte fiber den Zus tand der Carot iss t rombahn: Sic sagen nichts fiber die intraoculare Durchb lu tung aus, t ragen jedoch zur Diagnose der obl i ter ierenden Pro- zesse der Carotiden u n d zur geur tef lung der Gef/~gwandelastizitgt bei. Es ist das besondere Verdienst Tm~Ls, die Grundlagen der Regis t ra t ion des Augenpulses e rkann t u n d klar dargestell t zu haben. TI~I~L unter- scheide~ s t r ikt zwischen Methoden zur Abnahme des ocul~ren Druck-

* Auszugsweise vorgetragen in der Sitzung der Ophthalmologischen Gesell- schaft in Wien am 9.12. 68.

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und des oeulgren Volumenpulses. Beim Aufzeichnen des letzteren mit Hilfe plethysmographischer Verfahren wird das Auge selbst als Onko- me te rge f~ verwendet. Um die pulssynchronen Ffillungssehwankungen der intraoeularen Gef~13e unverfiilscht wiederzugeben, ist es naeh T~IEL erforderlich, die linearen Versehiebungen eines Teiles der elastischen Augenhfillen zu erfassen. T~IEL 15ste dieses sehwierige Problem auf sehr elegante Weise mittels seines Doppelspiege]plethysmographen. In- zwischen sind neue, mit elektrisehen Feldern arbeitende Verfahren angegeben worden, die den Vorteil haben, nicht mehr, wie etwa die Thielsehe Methode, von den physikalischen Eigensehaften der Bulbus- hfillen abh~ngig zu sein. Naeh wie vor aber ist THIELs Forderung, dan Me~vorgang isotonisch zu gestalten, ffir jedes plethysmographische Verfahren yon prinzipieller Bedeutung : Die Apparatur, die zur Abnahme des Volumenpulses verwendet wird, sollte m6glichst leicht sein, jedenfalls nicht mehr Ms 1 g wiegen. Um andererseits aueh dan oenl~ren Druckpuls korrekt abzunehmen und zu messen, mfissen die Gef~13wi~nde durch Druek yon auBen entspannt werden. Nur dann kann sieh die Druekwelle, die dutch das in den Me~bereich einstrSmende Blut ausgelSst wird, direkt auf das MMBger~t fortpflanzen. Es mul~ also der durch die Ab- nahmevorrichtung anf die Bulbushfillen ausgefibte Druek die Tension dos Auges so lange erh6hen, bis sic der Wandspannung der intraocularen Gef~[3e entsprieht. Dann erst wird die Druekpulswelle fiber den Augen- inhMt (GlaskSrper, Kammerwasser) dam dam Bulbus anfsitzenden Instrument mitgeteilt. Verfahren zur Registration des oeulitren Druek- pulses sind sphygmographisehe Methoden, sie solltenisometrisch arbeiten.

Den grunds~tzlichen Forderungen T~IIELs an eine korrekte Registra- tion dos oeuli~ren Druck- bzw. Volumenpulses warden nieht alle in der neueren Literatur mitgeteilten Verfahren gereeht. Einige yon ihnen, so vor allem die yon VAN B]~UNINGEN angegebene Methode, liefern besten- falls interpolierte Druek-Volumenpulskurven, die, bei aller Brauchbar- keit in der Diagnostik yon Carotisverschlfissen, niehts fiber die Durch- blutung des Auges aussagen k6nnen. Von den sphygmographisehen Verfahren seien erw/~hnt :

1. Methoden, die auf der Registration des cornealen Pulses beruhen, also im wesentliehen tonographisehe Apparaturen darstellen (VAN BEUNINGEN, UYEMURA).

2. Die 0scillometrie des Anges nach LESTE~, bei der eine Saugglocke fiber ein Flfissigkeitssystem mR einem ])ruckwandier verbunden ist. Ein ahlfliches Verfahren hat 1950 ZENATTI angegeben.

3. Die Ocuiosphygmographie nach Bu die sic]] yon den unter ]. erwahnten tonographischen Verfahren dutch den Umstand unter- scheidet, dal3 die corneale Pulswelle direkt auf einen piezoelektrischen Kristall fibertragen wird.

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Regis~rierung des Augenpulses 159

Als plethysmographische Verfahren wurden in den letzten Jahren empfohlen :

1. Die Dielektroplethysmographie (Sc~[L~GEL). 2. Die l~heocyclographie (KAzN]~LSON). 3. Die Oculorheographie (BETTELHEIM). Alle diese Methoden basieren auf dem Verwenden elektrischer Felder,

die pulssynchrone Ffillungsschwanknngen der Gefgge des MeBbereiches tri~gheitslos und amechanisch in elektrische Spannungsschwankungen umsetzen.

Eine Sonderstellung n immt die yon ttAGE~ inaugurierte Ophthalmo- dynamographie ein, die im wesentlichen als sphygmographisches Ver- fahren zu betrachten ist, allerdings praktisch als reine Orbita-Oscillo- graphie. Nach den eigenen Untersuchungen mit dieser Methode kann man n~mlich auch yon ,,leeren" Orbitae. i.e. beim Anophthalmus post- operatives, Oscillogramme ableiten, die sich hinsichtlich der Amplituden und der nach HAG~R ermittelten Ophthalmicadruckwerte nicht von denen der intakten kontralateralen Orbitae unterscheiden. Zu ghnlichen Ergebnissen war seinerzeit auch schon W]~GN~R mit einer i~hnlichen, yore Bliedungschen Verfahren abgeleiteten Apparatur gekommen. Die pulssynchronen Druck- und Ffillungsschwankungen der intraocularen GefiiBe haben also keinen nennenswerten Anteil am Entstehen des Orbita-Oscillogrammes.

Eigene Untersuchungen mit einem neuen einfachen plethysmographischen Verfahren

In letzter Zeit haben wir versucht, mit Hilfe des in der Diagnostik peripherer ZirknlationsstSrungen verwendeten Plethysmographen EMT 510 c der Firma Elema-SchSnander auch die Durchblutung des Auges zu untersuchen i. Vor allem war zu priifen, ob das Gers mit einer yon uns modifizierten Pulsabnahmekammer versehen, ffir das Messen ocul~rer ZirkulationsgrSi~en fiberhaupt geeignet w~re. Ferner muBte die Abnahme- vorrichtung, den Forderungen THIELs entsprechend, mSglichst leicht gehalten werden, was erhebliche mei~technische Schwierigkeiten be- reitete. Schliel~lich ergaben sich schon a priori einige Probleme prinzi- pieller Natur, vor allem im ttinblick auf die Interpretat ion der MeB- ergebnisse. Darauf soll in der Diskussion der bisher erhaltenen Befunde eingegangen werden.

Prinzip der Methode Durch das Eintreten der Pulswelle in das zu untersuchende Organ, im gegebenen

Fall das Auge, werden rhythmische (pulssynehrone) Volumenschwankungen aus-

1. Herrn Ing. ETELE yon der Fa. Siemens-Reiniger-Werke in Wien sei aueh an dieser Stelle herzlich ffir seine wertvolle Unterstfitzung bei den vorberei~enden Arbeiten gedankt.

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Abb. 1.

H . BETTELILIEIM :

y Eichpumpe PiezoeLektr. Krista[l

Hahn ~J- I / l

Augenpulskammer

Sehematisehe Darstellung der Mel~anordnung beim Plethysmographen EMT 510 c (Elema- SchSnander)

Abb. 2o Plethysmograph EMT 510c (Elema-SehSnander) mit Augenpulsabnahme- kammern nach eigenen Angaben

gel6st, die in der Pulsabnahmekammer Luftdruekschwankungen hervorrufen. Uber einen dicken Plastiksehlauch, dessen W~nde keine Eigenschwingungen dureh- ffihren, pflanzen sieh die Luftdruckschwankungen in einen Druckwandler fort, der sie in elektrische Spannungssignale umsetzt. Die Druckschwankungen buchten dabei eine Membran aus, deren Zentrum fiber einen Steg mit einem piezoelektrisehen Kristall verbunden ist. Wird dieser Kristallstreifen verbogen, so entsteht an seiner Oberfl/~ehe eine Spannung, die dem 5~aB der Verbiegung ann~hernd proportional ist. Die Spannung wird einem t~egistrierger~t zugefiihrt. Der Druckwandler besitzt eine pneumatische Eieheinrichtung, die eine Voinmen/~nderung yon 10 mm 3 er- zeugen kann, ferner einen Empfindlichkeitsw/~hler.

Aus den Abb. 1 und 2 sind die wesent l ichen E lemente der Appa ra tu r ersichNich.

Vorgehen beim Untersuchen des Auges Zun/~chst war es erforderlieh, die ffir das Untersuehen der K6rperacren (Finger,

Zehen) fibliehe Pulsabnahmekammer fiir den Gebraueh in der Augenheilktmde zu

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Registrierung des Augenpulses 161

modfizieren. Es w u r d e - in einer rein experimentellen---Anordnung in die untere Apertur der handelsiibliehen Pulskammer ein Plastikring (Lidsperrer) eingeklebt (s. Abb. 2). Wegen des zu hohen Gewichtes dieser Apparatur wurde eine nur 3 g wiegende kleine Pulskammer gebaut, die ebenfalls aus einem ringfSrmigen Plastik- lidsperrer besteht. Die obere Apertur desselben wurde dureh eine Plexiglasplabte mit eingesehliffenem Stopfen ffir den Schlauchanschlug zum Druekwandler ver- deekt.

Die Probanden wurden nach Anaesthesie mit 0,4% Novesintropfen zunEchst tonometriert, dalm in einen bequemen Untersuchungsstuhl gelegt. Um einen naeh aul]en luftdiehten AbsehluB der Pulsabnahmekammer zu erzielen, wurde die Im~en- seite des der Sklera aufsitzenden Plastikringes mit ?r bestriehen. Hierauf kormte die Pulsabnahmekammer meist ohne Sehwierigkei~en eingesetzt werden. Der PlastikseMaueh wurde dann entweder vom Untersucher einfaeh mit der Hand fixiert oder fiber einen Stirntrgger gelegt. Naeh Herstellen der pneumatisehen Ver- bindung zwischen Pulsabnahmekammer und Druckwandler wurden die ersten Pulsationen auf dem Schirm eines Oscflloskops beobaehtet. War die Kurve, wie fast immer, ruhig und regelm~Big, dann wurde sie mit einem EKG-Sehreiber (Mingograf 4-Kanal-Diisenschreiber der Firma Elema-Sch6nander) bei einer Papiergeschwindigkeit yon 10ram/see, einer Empfindlichkeitseinstellung yon 8 Einheiten am Plethysmographen und einer Empfindliehkeit yon 14--15 mm/Milli- volt am Registriergerit aufgezeiehnet. Nach jeweils etwa 20--30 Oseillationen wurde eine Volumen- und eine Millivol~eiehung durchgeffihrt und dann das andere Auge in gleieher Weise untersucht.

Bisherige Ergebnisse Abb. 3 zeigt eine mi t der oben geschflderten Abnahmevor r i ch tung

an einer jungen gesunden P r o b a n d i n gewonnene Augenpulskurve . Bei 12 gesunden Versuchspersonen zwischen 20 und 35 J a h r e n wurde bei der oben angegebenen Empf ind l ichke i te ins te l lung yon P l e t h y s m o g r a p h und I~egistrierger/~t eine durchschni t t l iche Amp] i tudenh6he yon 14 m m gefunden. W e t t e r m a n die A m p l i t u d e n durch Vergleich mi t dem Vo- lumeneichpuls aus, so ergibt sieh naeh einer einfachen Sehlugrechnung eine durchschni t t l iehe systol isehe Zunahme des ocul/~ren Blu tvo lumens yon fund 2 m m 3. Sei tendifferenzen zwischen den Pu l sampl i t uden beider Augen waren nur in 2 F/~llen nachweisbar , sie be t rugen jedoch nur 4 m m .

Bei / i l teren P a t i e n t e n Init den Zeichen einer universel len Slderose bzw. Cerbralsklerose nahm die Ampl i tudenh6he deut l ich ab (Abb. 4). Besonders niedr ige A m p l i t u d e n wurden auch bei K r a n k e n mi t hSher- gradigen myopischen Dehnungsver / inderungen der A d e r h a u t gefunden (Abb. 5). Bei einer ger ingen Anzahl yon Pa t i en t en resp. gesunden Pro- banden war wegen s t a rken Blepharospasmus kein b rauchbares Ergebnis zu erhal ten. Bei ruh igem Verha l ten der Unte rsueh ten , d . h . bei gu te r F i x a t i o n und en t spann t e r L idmusku la tu r , gelang die Reg i s t r a t ion ver- wer tba re r Pu l sku rven stets . Mehrere dieser K u r v e n zeigten al lerdings ganz zarte , in die auf- oder abs te igenden Sehenkel der Osei l la t ionen ein- ges t reute Schwankungen, die wi t a m ehesten doeh mi t le ieh tem Fibr i l - l ieren der Mm. orbieulares oeuli erkl/ iren m6chten.

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162 H. BETTELHEIM :

Ve mV

b

Abb. 3a u. b. Augenpulskurven einer jungen, gesunden Probandin, registriert mit der im Text beschriebenen Vorrichtung. a l~egistriergeschwindigkeit 10 mm/sec, b gegistriergeschwindigkeit 50 ram/see, Ve Volumeneichung, mV Millivolteiehung

Ve mV

5" Abb. 4. Augenpulskurve eines Pagienten mit allgemeiner Gefgflsklerose

Ve mV

Abb. 5. Augenpulskurve einer jungen Prob~ndin mit ausgeprgg~n myopisehen Dehnungsveriinderungen der Aderheut. (t~efraktion - - 16,0 sph.)

a Ve mV

b ve mV

--r"--

Abb. 6a u. b. Augenpulskurven eines Patienten mit Glaucoma seeund, o.s, bei Rubeosis iridis, Thrombosis venae eentrMis retin~e, a Kurve des reehten Auges

(Tension 16 mm Hg); b Kurve des linken Auges (Tension 51 mm Hg)

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Zuletzt seien noeh Befunde erw~hnt, die bei Patienten mit angio- graphiseh verifizierten Carotisthrombosen erhoben werden konn~en. Bei 2 Kranken waren die Amplituden des homolateralen Augenpulses redu- ziert, bei einem dritten Kranken konnte kein Seitenunterschied nach- gewiesen werden, obwohl eine deutliche ophthalmodynamographisehe Seitendifferenz bestand.

Sehliel31ieh fanden sieh bei einem Patienten mi~ einer akuten sekun- d/~ren Drueksteigerung bei Zentralvenenthrombose (Tension 51 mm ttg, starke Kongestion des Auges, Rubeosis iridis) auf der Seite des Anfalls hShere Amplituden als auf der gesunden Gegenseite (Abb. 6). Auf die Interpretation dieser Befunde soll in der Diskussion der Ergebnisse eingegangen werden.

Diskussion

Die mit der oben besehriebenen Apparatur aufgezeichneten Puls- kurven sind typische Augenpulskurven. Die pulssynchronen Ffillungs- sehwankungen entspreehen einfachen arkadenfSrmigen Erhebungen ohne Nachsehwankungen oder sekund/~re Elevationen im absteigenden Kurvenschenkel. Ferner sind aueh atmungssynchrone Sehwankungen (Wellen 2. Ordnung) nachweisbar. Dieses Kurvenbfld ist yon den ersten entsprechenden in der Literatur mitgeteilten und abgebildeten Augen- pulsationen, die SCH~LTEX naeh direkter Manometrie des Auges regi- strieren konnte, wohl bekannt. Die erste prs Beschreibung der Augenpulskurve als charakteristischer Schwingungsform hat W~ss~Lu (1908) gegeben. W~ss~Lu war es, der den Untersehied gegeniiber dem profilierten, sekund/~re Elevationen aufweisenden Arterienpuls (Femo- rags-, Caro~ispuls) aufzeigge.

Zunaehst seien einige Einw/~nde gegen das eigene Verfahren erhoben. 1. Von einer eehten Plethysmographie des Auges darf solange nieht

gesprochen werden, als die Pulsabnahmekammer ein die Isotonie des MeBvorganges s~Srendes Gewieht aufweist. Wir sind bestrebt, eine ent- spreehend leiehte Kammer herstellen zu lassen.

2. Ferner darf nieht vergessen werden, dag bei der vor]iegenden MeB- anordnung das Auge selbst als Oncometergef/~B fungiert. Die Ergebnisse werden daher durch die physikalischen Eigensehaften der Bulbushiillen beeinfluBt, ein Nachtei], der bei plethysmographischen Verfahren, welehe auf dem Verwenden elektriseher Felder basieren, nieht gegeben ist.

So w~re es denkbar, dab bei erhShtem intraoeularem Druek die Volumensehwankungen der intraoeularen Gef/~Be wegen der ungen/igen- den Elastizi~/it der Bulbushfillen nur verf/~lseht wiedergegeben werden. Wir kSnnen heute mange]s an Erfahrung noeh nieht feststellen, ob die oben erw/thnten Befunde bei einem Patienten mit akuter sekundgrer Drueksteigerung - - hohe Amplituden bei erhShtem intraocularem

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D r u c k - - auf der Insuffizienz der gew/~hlten Mel~anordnung oder auf einem Regulationsmechanismus in den Augengef/~$en beruhen. Mit einwandfrei funktionierenden plethysmographischen Verfahren ist zumeist mit einer Abnahme der intraocularen Fiillungsschwankungen bei einem spontanen Anstieg des intraocularen Druckes zu rechnen (TmnL, SC~LEGEL, B~TTrLH~IM). SC~L~G~L retire abet auch einen Fall mit, bei dem ein Glaukomanfa11 mit erh6hten plethysmographischen Amplituden ein- herging.

3. Auch der Einflu$ der sog. Skleralrigidit~t auf das Mef3ergebnis unserer oben demonstrierten Methode zur l~egistration des Augenpulses wird noeh genauer zu prfifen sein. Aus den Untersuchungen yon SuzvxI und L~STE~ ist bekannt, da$ die in tier Systole eintretende Zunahme des ocularen Blutvolumens zu einer Vergr6$erung der eornealen Radius und damit zum Abflachen der Hornhaut ffihrt. Bei den auf dem tonographischen Prinzip arbeitenden Verfahren mag dieser Faktor ins Gewicht fallen, wahrscheinlich in h6herem MaSe als bei der eigenen Methode oder bei der Oeulo-Oseillometrie nach L~STEn.

4. Schlie$]ieh ist zu bedenken, da$ die im Rhythmus der Herzaktion auftretenden Augenpulsationen zumindest teilweise dutch Ffillungs- schwankungen der orbitalen, also extraocularer Gef/~$e bewirkt werden k6nnen. So treten naeh Bo~snonr und R~I~X aueh bei Gesunden pulsatorisehe Vor- und Riickw/~rtsbewegungen des ganzen Bulbus auf. Nach O G ~ dfirften die yon der Orbita her dem Auge mitgeteilten Pulsationen bei gesunden Probanden jedoeh nut gering sein. Bei Ver- wenden einer auf dem tonographisehen Prinzip funktionierenden Ab- nahmevorriehtung fiir den Augenpuls fiberschritten sie 2,07 ix niemals.

Fiir unser Verfahren dfirften sie wohl zu vernachl~ssigen sein. Die Vorteile des gesehilderten Vorgehens bei der Registration des

Augenpulses mit dem Plethysmographen EMT 510 c (Elema-Sch6nander) liegen in der leiehten Anwendbarkeit des Verfahrens, in der geringen Belastung des Patienten und in der M6glichkeit, exakt eichbare und damit gut vergleichbare Kurven zu gewinnen. Weitere Untersuchungen sollen zeigen, ob man, eventuell durch Kombinat ion mit der Jugularis- kompression, Itinweise auf das Ausmal~ der uvealen Durchblutung er- halten kann.

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Dr. H. BETT]~I~I]~nv~ II. Univ.-Augenklinik A-1090 Wien IX, AlserstraI~e 4