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Eine gute Versicherung erkennt man am Kleingedruckten. Telefon 0180 2 153456 www.bruderhilfe.de 6 ct je Anruf aus dem Festnetz. Anrufe aus Mobilfunk- netzen können zu abweichenden Preisen führen. Notfallseelsorge Von der Initiative zur Institution notfallseelsorge_end.qxd:Layout-SeiteMK 24.04.09 10:58 Seite 1

Eine gute Versicherung erkennt man am Kleingedruckten. · schiedliche Namen. So wie die Na-men können auch die Strukturen vari-ieren. Einige Rufbereitschaften sind zu-dem nicht-christlich

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Page 1: Eine gute Versicherung erkennt man am Kleingedruckten. · schiedliche Namen. So wie die Na-men können auch die Strukturen vari-ieren. Einige Rufbereitschaften sind zu-dem nicht-christlich

Eine gute Versicherung erkenntman am Kleingedruckten.

Telefon 0180 2 153456www.bruderhilfe.de6 ct je Anruf aus dem Festnetz. Anrufe aus Mobilfunk-netzen können zu abweichenden Preisen führen.

Notfallseelsorge

Von der Initiative zur Institution

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Grußwort

Die Kirche der Zukunft ist eine Kirche an den Lebenswegen der Menschen. Diesgilt selbstverständlich auch in Notfällen und Krisensituationen. Hier hilft dieNotfallseelsorge als „Erste Hilfe für die Seele“ mit verlässlicher Präsenz undBegleitung, sie hilft auf der Suche nach Wegen, Gefühlen Ausdruck zu geben, siehilft durch Zuhören, durch Beten und Bezeugen, sie hilft auch durch das Angebotvon Riten des Abschieds und der Trauer, oftmals allein durch ihre stille Anwesenheit.

Notfallseelsorge ist als organisierter Bereitschaftsdienst der Kirchen zur Selbstver-ständlichkeit geworden. Wir danken allen Seelsorgerinnen und Seelsorgern, diesich dieser Aufgabe neben ihrem Dienst in der Gemeinde stellen und vor Ort fastüberall in ökumenischer Verbundenheit den Menschen als zuverlässige Lebensbe-gleiter nahe sind.

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Inhalt

Impressum

Grußwort 3Vorwort 4Zur Geschichte der Notfallseelsorge 5Notfallseelsorge in Deutschland 7Die Arbeitsfelder der Notfallseelsorge 10Zum Profil der Notfallseelsorge 13Qualität & Kompetenz in der Seelsorge in Notfällen 15Das Netzwerk der Notfallseelsorge 17Von der Initiative zur Institution – ein Ausblick 19Anhang: 21

21Hamburger Thesen 2007 24Wichtige Adressen 27

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Geleitwort des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirchein Deutschland und des Vorsitzenden der DeutschenBischofskonferenz

Herausgeber: Die Akademie Bruderhilfe- Pax- Familienfürsorge in Zusammenar-beit mit Konferenz Evangelische Notfallseelsorge in der EKD und Zusammenkunft der Diozesänbeauftragten für Notfallseelsorge

Redaktionsteam: Günter Lehner, Sebastian Berghaus, Kurt Grüntzner, Ulrich KellerOPraem, Ralf Radix

V.i.S.d.P.: Ralf RadixGestaltung &Herstellung: Medien Kommunikation, UnnaHerausgabe: 2009

Bischof Dr. Wolfgang Huber

Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland

Erzbischof Dr. Robert Zollitsch

Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

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Zur Geschichte der Notfallseelsorge

Der Auftrag zur Seelsorge in Notfällenhat sich jedoch im Lauf der Zeit immermehr konkretisiert und spezialisiert. Sä-kulare Initiativen und Institutionen grif-fen das Anliegen verstärkt auf undprägten es auf ihre je eigene Weise.

Ein eindeutiges ‘Gründungsdatum’ derNotfallseelsorge in Deutschland lässtsich nicht benennen. Sie begann mitvielen Geschichten an vielen Orten –z.B. wenn ein Pfarrer gleichzeitig in derFeuerwehr oder im Rettungsdienst ver-wurzelt war.

Erste konkrete Schritte hin zur heutigenNotfallseelsorge leitete man nach derFlutkatastrophe in Hamburg 1962 ein.Die beiden Volkskirchen veröffentlich-ten die Broschüre „Kirchliches Handelnbei Unglücksfällen und Katastrophen“.Aber die Zeit war noch nicht reif füreine klare Ausprägung einer eigenenNotfallseelsorge; vielleicht auch, weilder Nachkriegsgeneration ein andererUmgang mit seelischen Belastungenzugemutet, bzw. abverlangt wurde.

In den 1980er und 90er Jahren folgtendann, unabhängig voneinander, meh-re kirchliche Initiativen, die zur Grün-dung von Notfallseelsorgesystemenführten. Einige dieser Initiativen ver-standen ihre Arbeit als grundpastoraleAufgabe der Gemeindeseelsorge, wo-

hingegen andere sich klar als Katego-rialseelsorge etablieren wollten. BeideSichtweisen bestehen bis heute.

Aus der Gesellschaft heraus, aberauch seitens der Feuerwehren undRettungsdienste, wurde den Kirchenfachliche Kompetenz und auch Zustän-digkeit zugesprochen. Auch auf lan-deskirchlicher, bzw. diözesaner Ebenewurden die Initiativen zur Notfallseel-

sorge zunehmend wahr- und ernstge-nommen, systematisiert, strukturiert unddurch offizielle kirchliche Beauftragun-gen vor Ort errichtet.

Ursprünglich wurde die Notfallseelsor-ge als selbstverständlicher Teil der Ge-meindearbeit verstanden. Nach der

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Vorwort

Seit mehr als 20 Jahren steht die Notfallseelsorge Menschen in akuten Notsitua-tionen bei: unmittelbar, überkonfessionell und professionell. Aus einer anfänglichvon Einzelpersonen getragenen Initiative hat sich eine seelsorgliche Institutiongeformt, die heute aus unserer Gesellschaft nicht mehr fortzudenken ist.

In den Anfängen gab es in Deutschland keine verfügbare Literatur zu diesem jun-gen Arbeitsfeld der Kirchen. Erst nach der bundesweiten Ausbreitung derNotfallseelsorge und ihrer strukturellen Konsolidierung in den späten 1990er-Jahren wurden erste Abhandlungen geschrieben, und inzwischen sind auch meh-rere ausführliche Fachbücher zur Notfallseelsorge erhältlich.

Kleine Zwischenschritte waren die kompakten Arbeitshilfen, die erstmals im Jahr1997 mit dem Titel „Notfallseelsorge – eine Handreichung: Grundlegendes –Modelle – Fortbildung – Erfahrungen“ herausgegen wurden. Bereits im Jahr 1999war eine zweite erweiterte Auflage notwendig, und im Jahr 2006 erschien dieFolgepublikation.

Neue Arbeitsfelder, wie das der Notfallseelsorge, entwickeln sich gerade in denAnfangszeiten rasant: Während sich die Konferenz Evangelische Notfallseelsorgemit den „Kasseler Thesen“ im Jahr 1997 erstmals auf die von allen getragenengemeinsamen Grundlagen der Notfallseelsorgedienste verständigte, trug manbereits zehn Jahre später mit den „Hamburger Thesen“ den WeiterentwicklungenRechnung. Auch in der katholischen Kirche liegt ein erster Text zum theologischenSelbstverständnis der Notfallseelsorge vor.

Das Selbstverständnis der Notfallseelsorge, vor allem auch im Netzwerk derRettungsdienste, sowie die Aufgaben und Rahmenparameter haben sich gewan-delt. Insgesamt gesehen gibt es also Anlässe und Stoff genug für die Herausgabeder vorliegenden aktuellen Handreichung zur Notfallseelsorge. Neben derDarstellung aktueller Entwicklungen wird aber auch der Blick auf die geschichtli-che Entstehung der Notfallseelsorge sowie auf zukünftige Entwicklungen gerich-tet. Die Schrift wendet sich sowohl an die Aktiven in der Notfallseelsorge als auchan interessierte Außenstehende.

Die Akademie der BRUDERHILFE- PAX- FAMILIENFÜRSORGE, den Versicherernim Raum der Kirchen, unterstützt gerne und nachhaltig diese Arbeit. Den Leserinnenund Lesern dieser Publikation wünschen wir viel Freude und Gottes Segen bei ihrerwichtigen Arbeit.

Günter Lehner

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Zum Anlass dieser Handreichung Von der Initiative zur Institution

w In der Akademie der Bruderhilfe wurden 1997 die Kassler Thesen verabschiedet.

Seelsorge in Notfällen ist so alt, wie die Kirche selbst, denn die Sorge um denMenschen in Not galt immer schon als Aufgabe, derer sich kein Gläubiger ent-ziehen soll. Die „Werke der Barmherzigkeit“ geben davon Zeugnis.

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Notfallseelsorge in Deutschland

Wer heute notfallseelsorglichen Bei-stand sucht, kann diesen direkt überdie Notfallzentralen anfordern. Dortsind entsprechende Rufbereitschaftenfest installiert, die für schnelle und un-komplizierte Hilfe Sorge tragen.

Ganz einheitlich präsentiert sich dasSystem allerdings noch nicht: Die Ruf-bereitschaften tragen je nach Träger,Organisationsform und Herkunft unter-schiedliche Namen. So wie die Na-men können auch die Strukturen vari-ieren. Einige Rufbereitschaften sind zu-dem nicht-christlich organisiert, den-noch arbeiten hier oft auch Geistlicheals Notfallseelsorgerinnen und -seel-sorger mit.

Doch ganz gleich, wie die Rufbereit-schaften organisiert sein mögen: Allengemein ist, dass die Notfallseelsorgevor Ort in ökumenischer Verantwor-tung wahr genommen wird. Evange-lische und katholische Seelsorgerinnenund Seelsorger arbeiten zum Wohl derzu Betreuenden intensiv und vertrau-ensvoll zusammen.

Sichergestellt wird dies vor allem durchdie Beauftragten für die Nofallseelsor-ge, die von Kirchenkreisen, Kirchenbe-

zirken oder Dekanaten beider Konfes-sionen ernannt werden. Diese koordi-nieren den jeweiligen Dienst in ihrenBereichen

Die gleiche Struktur findet sich aufüberregionaler Ebene: Die Landeskir-chen in der Evangelischen Kirche inDeutschland (EKD) und die Bistümerder Deutschen Bischofskonferenz(DBK) haben ebenfalls Beauftragteernannt. Die evangelischen sind in der„Konferenz Evangelische Notfallseel-sorge“ (KEN), die katholischen in der„Zusammenkunft der Diözesanbeauf-tragten für die Notfallseelsorge“ orga-nisiert.

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Zur Geschichte der Notfallseelsorge

Ausdünnung kirchlicher Strukturen unddurch den gesellschaftlichen Wandelmussten Strukturen ausgebildet wer-den, die die Erreichbarkeit der Seelsor-ge und qualitative Standards gewähr-leisteten.

Ein wichtiger Schritt zur Konsolidierungauf Bundesebene waren die „KasselerThesen“, die 1997 einen ökumenischenKonsens im Verständnis der Notfall-seelsorge festschrieben. Als Fortschrei-bung der „Kasseler Thesen“ verab-schiedete die Konferenz EvangelischeNotfallseelsorge am 12.09.2007 dieso genannten „Hamburger Thesen“.

Seitens der evangelischen Kircheschlossen sich die landeskirchlichenBeauftragten zur „Konferenz Evangeli-sche Notfallseelsorge (KEN)“ zusam-men. Auf katholischer Seite treffen sichdie Beauftragten zur „Konferenz derBeauftragten für die Notfallseelsorgein den (Erz)Diözesen Deutschlands“.Beide Gremien arbeiten selbstver-ständlich untereinander vernetzt.

Seit 1998 findet jährlich der „Bundes-kongress Notfallseelsorge und Krisen-intervention“ statt. Er hat sich als Forum

für Fort- und Weiterbildung, für Aus-tausch und Kontaktpflege fest etabliert.

Notfallseelsorge hat sich aus verschie-den Strängen entwickelt, die sich bisheute nur locker zusammenfassen las-sen. Diese sind auch heute noch starkvom Charisma ihrer Gründerpersön-lichkeiten und Entstehungssituationengeprägt.

Manche Initiativen verstanden sich alseine Art verlängerter Arm der Gemein-deseelsorge und kümmerten sichhauptsächlich um direkt Betroffene undHinterbliebene. Andere Initiativen ha-ben ihr Augenmerk verstärkt auf dieSorge um Einsatzkräfte gerichtet. Da-raus hat sich im Lauf der Zeit ein ganzeigener Bereich der Seelsorge in No-tfällen herauskristallisiert, der unterdem Begriff „Seelsorge in Feuerwehrund Rettungsdienst“ firmiert.

Notfallseelsorge bewährt sich Tag fürTag. Ihre stille, zuverlässige Arbeit ge-rät in der Regel nur bei Großeinsätzenwie in Ramstein, Eschede oder Win-nenden ins Licht der Öffentlichkeit.

P. Ulrich Keller OPraem

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w Der Bundeskongress - wie hier 2008 - zählt mittlerweile zu den festen Einrichtungen der Notfallseelsorge

Flächendeckende Hilfe in Notsituationen

Notfallseelsorge in Deutschland präsentiert sich heute als gut organisiertes, flä-chendeckendes System, das Menschen in seelischen Notlagen professionelleBegleitung und Betreuung anbietet.

w Wer in Not gerät, findet heute flächendeckend und schnell notfallseelsorgerischen Beistand

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Notfallseelsorge in Deutschland

Beide Gremien kooperieren miteinan-der und treffen beispielsweise gemein-same Vereinbarungen zu Inhalten undStandards der Notfallseelsorge inDeutschland.

Die Notfallseelsorge in Deutschlandumfasst drei voneinander getrennteDienste, die eigenständig handeln.Diese Aufteilung hat zwei wesentlicheGründe. Zum einen können so einfa-cher und effizienter Qualitätsstandardssichergestellt werden. Zum anderenvereinfacht dies die Zusammenarbeitund Grundorganisation mit ebenfallsim Bereich Psychosoziale Notfallver-sorgung (PSNV) tätigen Institutionen.Die drei Dienste sind:

•NotfallseelsorgeDarunter versteht man die seelsorgli-che Begleitung von Betroffenen in derAkutphase nach einem tragischen Er-eignis. Die Arbeitsfelder der Notfall-seelsorge werden auf den Seiten 10-12 näher vorgestellt.

•FeuerwehrseelsorgeDies ist ein seelsorgliches Angebot fürEinsatzkräfte der Feuerwehren. Es be-zieht sich sowohl auf deren Alltags-leben als auch auf die Begleitung imDienst. Für diese Aufgabe werden imEinvernehmen von Kirchen und Feu-erwehren geeignete Personen berufen.

•EinsatznachsorgeAufgrund ihrer Erfahrung in der Not-fallseelsorge und zusätzlicher Qualifi-kationen können Seelsorgerinnen und

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Notfallseelsorge in Deutschland

Seelsorger auch im Bereich Einsatz-nachsorge für andere Organisationenwie Hilfsorganisationen oder Feuer-wehren tätig werden.

Wie andere Institutionen, Organisati-onen und Vereine im sozialen Sektor,arbeitet auch die Notfallseelsorge zu-nehmend mit qualifizierten Ehrenamt-lichen. Es handelt sich bei diesen Mit-arbeitenden um hoch qualifizierte Per-sonen, die in der Regel – beruflichoder ehrenamtlich – in angrenzendenBereichen gearbeitet haben. Als Ein-gangsvoraussetzung für eine Ausbil-dung in der Notfallseelsorge kommenunter anderem Erfahrungen oder Vor-wissen in Psychologie, Medizin, Po-lizei, Beratungsstellen, Telefonseelsor-ge oder Hospiz in Frage.

Der hohe Qualitätsstandard der Not-fallseelsorge wäre ohne eine qualifi-

zierte Grundausbildung und konse-quente Fortbildung undenkbar. Aus-wahl und Durchführung von Semina-ren sowie die fachliche Begleitungaller Mitarbeitenden durch erfahreneNotfallseelsorgerinnen und -seelsorgerin einem Notfallseelsorge-Team bietendie Basis für eine gute Arbeit allerTeammitglieder. Dabei ist es nahezuselbstverständlich, dass Bezugswissen-schaften wie Psychologie, Medizinoder Sozialwissenschaften zur Quali-fizierung hinzugezogen werden.

Die Notfallseelsorge in Deutschlandentwickelt sich ständig weiter. Dabeigeht es nicht nur um Optimierung vonStrukturen, sondern auch um die Ak-tualisierung von Inhalten: Als Dienst amMenschen muss sich die Notfallseel-sorge den sich wandelnden Heraus-forderungen unserer Zeit stellen. Dasssie dabei auf einem guten Weg ist,steht wohl außer Frage.

Ralf Radix

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w Die Notfallseelsorge wird über die örtlichen Leitstellen von Feuerwehr und Rettungsdienst alarmiert

w Hilfestellung zur Bewältigung von Trauer ist eine zentrale Aufgabe der Notfallseelsorge

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Die Arbeitsfelder der Notfallseelsorge

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Die Arbeitsfelder der Notfallseelsorge

„Schuld“ kommt bei Suiziden schnellzur Sprache. Ob man etwas hätte mer-ken können? Ob man es hätte verhin-dern können? Antworten wird auch dieNotfallseelsorge in dieser Situationnicht geben können. Aber die Fragenschon einmal behutsam bedacht zuhaben – das hilft, dass sie nicht dasganze Leben bedrücken.

… auf deutschen Straßenkommen immer noch ca. 5000Menschen pro Jahr ums Leben. Über400.000 werden verletzt. Dass hierSeelsorge gerufen wird, ist neu. Hierfürbrauchen Pfarrerinnen und Pfarrer einebesondere Vorbereitung. Zum einen istdas eine Einführung in das „Verhaltenan der Einsatzstelle“. Aber auch der

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Sie lag so ruhig in ihremBettchen …Die Ursachen für den plötzlichenKindstod sind weithin unklar. Auch derSeelsorger hat hier keine einfacheAntwort. Die Frage nach dem Warumwird bohrender, der Trost schwieriger.Und doch ist es gut für Eltern, in dieserSituation nicht allein zu sein. Auchwenn die Polizei kommt und das Babyuntersuchen und sogar mitnehmenmuss. Die Notfallseelsorge kann nochbleiben und helfen, das Chaos derGefühle mit zu tragen und vielleicht einwenig zu ordnen.

Der Papa kommt nicht wieder ...Dies gehört wahrscheinlich zu denschwierigsten Aufgaben der Notfall-seelsorge: eine Todesnachricht zuüberbringen. Denn die Überbringerlösen mit ihrer Nachricht den schlim-men Schmerz aus und erleben dieersten Reaktionen der Seele.

Das Überbringen der Todesnachrichtist rechtlich gesehen Sache der Polizei.Notfallseelsorge bietet hier ihre Hilfean. Sie kann vor allem nach der schlim-men Nachricht bei den Menschen blei-ben und dafür sorgen, dass sie auchweiterhin nicht allein bleiben.

Die Tür zum Dachboden standweit offen …… als ob sie wollte, dass man sie baldfände. Der zwölfjährige Sohn hat siedann gefunden. Das Bild wird er seinLeben lang wohl nicht verlieren. DieBeine der Mutter nur einige Zentimeterüber dem Boden schwebend. Ihr Kopfschräg in der Schlinge.

Notfallseelsorge ist das Bemühen, sichungeachtet der Kirchenzugehörigkeit– nach dem Vorbild des „Barmherzi-gen Samariters“ – dem in Not gerate-nen Menschen als Nächster zu erwei-sen. Solche Situationen sind:

Opa ist tot ...„Wie jeden Morgen saßen wir beimKaffee zusammen“, erzählt die alteFrau. „Ich bin nur mal kurz zum Brief-kasten gegangen, um ihm die Zeitungzu holen, die er morgens immer so ger-ne gelesen hat. Die wird er nun nichtmehr lesen“, sagt sie. Eine Träne tropftauf die Titelseite.

Solche Situationen haben Pfarrerinnenund Pfarrer auch vor dem Aufkommender Notfallseelsorge häufig erlebt.Was sich geändert hat ist: Heute wer-den sie häufig vom Notarzt gerufen.Denn der ist zuerst da. Wenn heute‚unter deutschen Dächern’ ein Menschstirbt, ist der erste Reflex: Notarzt rufen!Manchmal kann er auch Leben retten.Gott sei Dank. Häufig aber auch nicht.Gott sei es geklagt.

Für diese Klage und für den Beistand indiesen ersten schweren Minuten ist dieNotfallseelsorge da. Im Idealfallkommt gleich der Ortspfarrer. Denn oftkennt er die betroffenen Menschen –

auch wenn sie keine Kirchenmitgliedersind. Zu den runden Geburtstagen kamer zu Besuch. Vielleicht hat er auchschon die Goldene Hochzeit ausge-richtet. Und er ist es auch, der nun denOpa beerdigen wird.

Darum gilt in der Regel, dass die alar-mierte Notfallseelsorge zuerst ver-sucht, den Ortspfarrer, die Ortspfar-rerin zu erreichen. Seelsorgliche Be-gleitung unterscheidet sich darin vonKrisenintervention. Die betroffenenMenschen werden in ihren sozialen Be-zügen begleitet und betreut. Das endetauch nicht mit der Beerdigung.

In der akuten Situation tut der Pfarrerdas, was Seelsorge schon immer getanhat: den trauernden Menschen beiste-hen. Sich ihren Fragen stellen, warumGott das zulässt. Ihre Klage zulassenund ermöglichen. Keinen billigen, aberin der Zusage Gottes begründetenTrost zusprechen. Den Abschied er-möglichen und gestalten, um dadurchHoffnung zu wecken und Wege in dieZukunft zu eröffnen.

Dreiviertel aller „Einsätze“ der Notfall-seelsorge sind solche „innerhäuslichenNotfälle“. Das Bereitschaftssystem derNotfallseelsorge sorgt dafür, dass Kir-che da sein kann, wenn sie gewollt ist.

Die wichtige Hilfe in einer plötzlichen Notlage

Notfallseelsorge ist „Grundbestandteil des Seelsorgeauftrags der Kirchen“. Sieist somit weniger ein Spezialgebiet der Seelsorge, als eher deren angemesse-ne Organisationsform, um Menschen beistehen zu können, die plötzlich in eineNotlage gekommen sind, die ihr Leben nachhaltig verändern wird.

w Notfallseelsorge lässt Menschen bei Todesfällen nicht allein.

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Zum Profil der Notfallseelsorge

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Die Arbeitsfelder der Notfallseelsorge

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Umgang mit Menschen in solchenExtremsituationen bedarf einer beson-deren Fortbildung. Für Pfarrerinnenund Pfarrer bedeutet sie eine „Fokus-sierung der vorhandenen seelsorgli-chen Ausbildung und beruflichen Er-fahrung“ auf diese besonderen, vonder gemeindlichen Praxis sich unter-scheidenden Situationen.

Am Unfallort leistet Notfallseelsorge,ebenso wie andere Hilfsangebote,menschlichen Beistand. Darüber hin-aus stehen ihr die in christlicherTradition begründeten „rituellen“ Be-wältigungsangebote zur Verfügung.Das sind insbesondere Gebet, Sal-bung und Aussegnung.

Im Ritus kommt das Unausprechlichesymbolisch zur Sprache, wird dieWürde des Opfers gewahrt, wird derTrost des Evangeliums weitergegeben,wird das Geschehen der Barmherzig-keit Gottes anvertraut.

Ein großer Schaden…ist es immer, wenn Menschen verletztwerden oder gar ums Leben kommen.Von ‘Großschadensereignissen’ sprichtman im Rettungswesen aber erst, wennmehrere Menschen davon betroffensind. Die seelsorgliche Arbeit an sichbleibt dabei die gleiche. Was sich beiGroßschadensereignissen ändert, istder Organisationsgrad.

Auch Notfallseelsorge muss sich – ge-meinsam mit den anderen Organisa-tionen am Geschehensort – organisie-ren. Die Funktion eines „LeitendenNotfallseelsorgers“ muss besetzt wer-den, und die dafür vorgesehenen Pfar-rerinnen und Pfarrer müssen dafür aus-gebildet werden. Sie bilden die Schnitt-stelle der Notfallseelsorge zur gesam-ten Rettungsorganisation. In den neuenKatastrophenschutzgesetzen ist dieNotfallseelsorge eingebunden. Auchbei Schadensereignissen im Auslandkann die Notfallseelsorge in enger Zu-sammenarbeit mit den Bundesbehör-den zum Einsatz kommen.

In all diesen Arbeitsfeldern versuchtSeelsorge – nach dem Vorbild des„Barmherzigen Samariters“ – sich denbetroffenen Menschen als derenNächster zu erweisen. Dies geschiehtim Beistand und mit menschlicher Zu-wendung. Angesichts des offensicht-lichen Unheils eröffnet Seelsorge dar-über hinaus den Horizont des von Gottzugesagten Heils, das auch im Tod kei-ne Grenze hat. Sie bereitet der Heilungdamit einen doppelten Weg.

Kurt Grützner

w Auch auf Deutschlands Straßen steht Notfallseel-sorge Betroffenen und Rettern bei

So wie der Samariter nicht erst nachHerkunft oder Religion des hilflos Da-liegenden fragt (vgl. Lk 10, 25-37),steht auch in der Seelsorge in Notfäl-len zu allererst der bedürftige Menschim Fokus der Aufmerksamkeit.

Die Konfrontation mit dem nahen oderplötzlichen Tod kennt keinen Unter-schied zwischen Konfession, Religion,Privat- oder Kassenpatienten, In- oderAusländern. Was zählt, ist die Person,von der Christen glauben, dass wir inihr Gottes Ebenbild erkennen können.

Kein Mensch ist gleich. Kein Menschreagiert gleich, daher gibt es auch kei-ne allgemeingültigen Musterlösungenfür die Begegnung mit Betroffenen.Seelsorger und Seelsorgerinnen sinddafür geschult, einfühlsam auf anderezuzugehen, dem Leid, dem Unsagba-ren nicht auszuweichen.

Aus der christlichen Tradition unsererKirchen sind feinsinnige Schätze ge-wachsen und bewahrt, die die Bot-schaft vom Leben selbst in der dichtenAtmosphäre des Leids, der Schuld, derTrost- und Hoffnungslosigkeit und so-

gar des Todes nahe zu bringen verste-hen.

Schweigen, Gesten des Mitfühlens,Gebet, Ritual, aber auch Aufklärungüber körperliche und seelische Reak-tionen versuchen, Perspektiven für denWeg zurück in den Alltag zu eröffnen.Gleichzeitig gilt es, behutsam den Blickfür ein tieferes Verständnis zu schärfen.

Dies eröffnet den Weg, im Laufe derZeit nach einer belastenden Erfahrung

Not und Tod kennen keine Konfession

Notfallseelsorge ist eine volkskirchliche Realität, denn auf unkomplizierte undselbstverständliche Weise arbeiten Notfallseelsorger und Notfallseelsorgerin-nen beider verfassten Kirchen Hand in Hand. Unabhängig von Weltanschau-ung oder Religionszugehörigkeit wenden sie sich den Menschen allein auf-grund ihrer Notlage und ihres Bedürfnisses zu.

w Notfallseelsorge schärft behutsam den Blick für ein tieferes Verständnis des Todes

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Qualität & Kompetenz in der Seelsorge in Notfällen

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Zum Profil der Notfallseelsorge

eine neue, tragende persönliche Le-bensperspektive zuzulassen und zu ei-nem postiven Leben zurückzufinden.

Gerade diese Schätze kirchlicher Tra-dition, verbunden mit dem eigenenVokabular, das sich für unser kirchli-ches Tun bewährt hat, prägen dieArbeit der Notfallseelsorge. Sie verlei-hen ihr eine spezifische Prägung in dermittlerweile selbstverständlich gewor-denen Kooperation mit anderen An-bietern psychosozialer Notfallversor-gung (PSNV).

In der Notfallseelsorge ist Kirche inunserer Gesellschaft präsent. Als An-gebot an alle Menschen ist unser Han-deln theologisch und auch humanwis-senschaftlich verantwortet. Daher ist esselbstverständlich, dass Notfallseelsor-ge die Erkenntnisse der Medizin undder Psychologie in ihre Arbeit inte-griert.

Für uns Christen gehört es zur innerstenSelbstverständlichkeit unseres Lebensund Glaubens, Menschen in Not bei-zustehen. Im Rückblick auf 2.000 Jah-re Christentum stellen wir fest, dass wirdieser Aufgabe auch stets gewachsenwaren und es immer noch sind.

Davon zeugt unter anderem das beein-druckende Netzwerk diakonischer undcaritativer Einrichtungen, die von denKirchen getragen werden und auf dieNotfallseelsorge zur weiteren Unter-stützung verweisen kann.

Mögen auch in den verschiedenenKirchen unterschiedliche Begrifflichkei-ten verwendet werden, die Notfall-seelsorge arbeitet von Anfang anselbstverständlich zusammen. Dieseökumenische Geschwisterlichkeit istzwar ein quantitativ kleines, aber qua-litativ umso größeres Zeichen.

P. Ulrich Keller OPraem

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w Die Notfallseelsorge zieht ihre Kraft aus der christlichen Botschaft

Die Fähigkeit, das Gegenüber diffe-renziert wahrzunehmen, bildet dieGrundlage. In der Begegnung mitMenschen in Notfällen gilt es, sichselbst, sein Gegenüber, den Kontextdes Geschehens, die Verhaltenswei-sen, die verbalen und nonverbalenReaktionen verantwortlich zu erkennenund einzuordnen.

Grundregeln bestimmter Kommunika-tions- und Gesprächsführungsverfah-ren, aktives und empathisches Zuhörenin angemessener Balance von Näheund Distanz gehören zum Handwerks-zeug und zeichnen einen kompetentzu nennenden Seelsorger aus. Dazugehört neben dem Gespräch auch dasqualifizierte Schweigen, das den Ge-danken und Gefühlen angemessenenRaum ermöglicht. Traditionell wesen-haft für jede Form von Seelsorge istzudem die Verschwiegenheit überAnvertrautes.

Geistliche unterliegen darüber hinausdem kirchlich verantworteten Beichtge-heimnis und dem daraus hergeleitetenstaatlichen Zeugnisverweigerungsrecht.Seelsorge in Notfällen stellt eine Form

religiöser Kommunikation dar, die vonder persönlichen, glaubwürdigen undüberzeugenden Spiritualität der seel-sorgenden Person geprägt ist. Die ei-gene Weltanschauung und Religions-zugehörigkeit des Gegenübers wirddabei selbstverständlich geachtet.

Im ersten Petrusbrief schreibt der Ver-fasser: „Seid stets bereit, jedem Redeund Antwort zu stehen, der nach derHoffnung fragt, die euch erfüllt“ (1 Petr3, 15). Rede und Antwort kann nur der

Menschen und Situationen richtig wahrnehmen

In der Seelsorge in Notfällen gelten die Prinzipien Kooperation, Kollegialität,Gemeindebezogenheit und Ökumenizität. In den jeweils üblichen kirchlichenRegelausbildungen erwerben Seelsorgerinnen und Seelsorger solide Grund-kompetenzen, die durch theologische und spirituelle Studien und praktischeÜbungen kontinuierlich gefestigt und vertieft werden.

w Notfallseelsorge richtet den Blick auf den Men-schen und seine innere Not

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Qualität & Kompetenz in der Seelsorge in Notfällen

stehen, der auch auf solide theologi-sche Kompetenzen zurückgreifenkann. Biblische Inhalte, Texte theolo-gisch-spiritueller Tradition sich nicht nuranzueignen, sondern sie kritisch zu

reflektieren und sie in eine der jeweili-gen Situation angemessene und ver-ständliche Sprache zu bringen, zeich-net Seelsorge aus.

Notfallseelsorge ist nicht Therapie. Je-doch beziehen Seelsorgerinnen undSeelsorger auch die Erkenntnisse vonPsychologie und Psychotherapie mitein.

Die Fähigkeit, die vielfältigen Aspektevon Lebensdeutung in einer konkreten

Situation mit dem Gegenüber zu bear-beiten, seine Äußerungen aufzugreifenund einer weiterführenden Deutung zu-zuführen, ist ebenso unverzichtbar, wiedie rituelle Kompetenz des Seelsorgen-den.

Auf diese Grundkompetenzen baut dieNotfallseelsorge in ihren Fortbildun-gen auf. Berufliches Wissen und Erfah-rung werden auf die direkte Konfron-tation mit Tod und Leid in Einsätzen anunbekannten Orten fokussiert. Der Um-gang mit Menschen im Angesicht desungeschminkten Todes bildet den Mit-telpunkt der Seelsorge in Notfällen.

Ebenso wird Wert auf die Kompetenzgelegt, sich in Institutionen zu bewe-gen, mit denen die Notfallseelsorgekooperiert. Um sich kompetent in einenEinsatz einfügen zu können, bedarf esGrundkenntnissen der Strukturen undKompetenzen all derer, die vor OrtVerantwortung für ihren je eigenen Be-reich tragen, z.B. Rettungsorganisatio-nen, Feuerwehr und Polizei.

Für die Seelsorgenden gehört es zumStandard, sich geistlich, kollegial undselbstverständlich auch supervisorischbegleiten zu lassen. Die Kirchen kön-nen auf ein reiches Instrumentarium derfachlichen, sachlichen und geistlichenPrüfung zurückgreifen und so auf ihreeigene Weise die Qualität der seel-sorglichen Arbeit gewährleisten.

P. Ulrich Keller OPraem

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Das Netzwerk der Notfallseelsorge

w Qualifizierte Notfallseelsorge greift auf solide theologische Kompetenz zurück, um Krisen-situationen aufzubereiten

Die Vernetzungen innerhalb der Ein-satzstrukturen haben sich bewährt, seies zu den unterschiedlichen Rettungs-dienstorganisationen wie zum Beispieldem Arbeiter-Samariter-Bund, Deut-sches Rotes Kreuz, Johanniter-Unfall-Hilfe und Malteser Hilfsdienst, zu denFeuerwehren, zum Technisches Hilfs-werk, zur Polizei und zu kommunalen,Landes- und Bundesbehörden.

Gut funktionierende Netzwerke er-kennt man daran, dass man sich im Ein-

satz kennt, die gegenseitige Professio-nalität schätzen lernt und die Zusam-menarbeit als Hilfe und nicht alsKonkurrenz erfährt. Jeder hat seineAufgabe und Zuständigkeit. Alle Betei-ligten sind aufeinander angewiesenund können sich aufeinander verlas-sen. Das gibt Sicherheit. Dieses giltauch in der Zusammenarbeit mit ande-ren Anbietern der Psychosozialen Not-fallversorgung.

Und Notfallseelsorge braucht dieNetzwerke für danach – für die Betrof-fenen, deren Angehörige, für Einsatz-kräfte und für sich selbst, um nachhalti-

Gemeinsam handeln und helfen

Funktionierende Notfallseelsorge ist ohne gut funktionierende Kooperationenund Netzwerke nicht denkbar. Dies gilt sowohl für den Einsatz vor Ort als auchfür die Zeit danach.

w Im Ernstfall kommt es darauf an, dass sich die Notfallseelsorge mit den Rettungsdiensten sinnvoll vernetzt

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Von der Initiative zur Institution – ein Ausblick

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Das Netzwerk der Notfallseelsorge

ge Bewältigung des Erlebten zu er-möglichen.

Ganz praktisch: Ein 22jähriger jun-ger Mann stirbt bei einem Verkehrs-unfall. Die Todesnachricht wird durcheinen Polizeibeamten und einen Not-fallseelsorger überbracht. Vor Ortsind die Eltern, die 17-jährigeVerlobte und die älteren Geschwister.Gemeinsam gehen sie ins Kranken-haus, um sich vom Verstorbenen zuverabschieden. Für die Angehörigenbeginnt jetzt der lange Weg derTrauer. Wer kann da verlässlich undprofessionell begleiten?

Der Notfallseelsorger bietet den Hin-terbliebenen weitere Hilfe an: Für die17-jährige Verlobte besteht die Mög-lichkeit, dass eine Mitarbeiterin der Er-ziehungs- und Lebensberatungsstelleder Diakonie sie zu Hause besucht. Zuden verwaisten Eltern wird eineTrauerbegleiterin Kontakt aufnehmen.

Der Notfallseelsorger kann seinen Ein-satz jetzt guten Gewissens beenden.Was in den weiteren Begegnungendort geschieht, liegt nicht mehr in sei-nen Händen. Das Netzwerk trägt.

Ähnliches gilt, wenn jemand einenschweren Verkehrsunfall überlebt hat,für Hinterbliebene nach einem Suizidoder plötzlichen Kindstod, nach einemtödlichen Unfall in der Schule undauch, wenn jemand unerwartet in dereigenen Wohnung stirbt.

Dort, wo das familiäre Netzwerk hilflosund überfordert ist oder ein sozialesUmfeld völlig fehlt, verweist die Not-fallseelsorge auf kirchliche und nicht-kirchliche Netzwerke. Das kann derGemeindepfarrer sein, die örtlichenLebens- und Erziehungsberatungsstel-len der Diakonie oder Caritas, die ver-schiedenen Trauergruppen von Hospi-zen, verwaisten Eltern oderAngehörigen nach einem Suizid, Fach-dienste wie das Jugend-, Sozial– oderGesundheitsamt, der Weiße Ring, Psy-chologen, Therapeuten, gegebenen-falls auch mal eine Schuldnerbera-tungsstelle.

Das Netzwerk Notfallseelsorge orien-tiert sich an den Betroffenen und hilftihnen, mit dem erlittenen Schweren zuleben. Dabei kann Gottes Zusprucherfahren werden. Das ist gute Seelsor-ge in Notfällen.

Thea Ilse

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• Jedes Team hat eine aktuelle Liste der regionalen Partner.

• Die Partner kennen sich und ihre Arbeitsweise möglichst persönlich.

• Gemeinsame Fortbildun-gen und kontinuierliche Netzwerktreffen werden durchgeführt.

• Übergaben finden zeitnah und verlässlich statt.

Merkmale gelebterNetzwerke

Auch in den kommenden Jahren wirdsich die Notfallseelsorge weiterentwi-ckeln. Vor allem folgende Bereichewerden weiterhin überdacht:

Schnittstellenproblematik:Rettungsdienste, Feuerwehren und Po-lizei finden in ihr einen verlässlichenPartner mit eigenständigem Profil, des-sen Kompetenz sie gern über das An-gebot der Notfallseelsorge hinaus ab-rufen würden, etwa zur Betreuung vonEinsatzkräften oder zur längerfristigenBetreuung Betroffener über die Akut-situation hinaus.

Verankerung in kirchlichenVerordnungen und Gesetzen:Das Thema Notfallseelsorge sollteEinzug in alle kirchlichen Ausbildungs-ordnungen halten und – wo nichtlängst geschehen – dienstrechtlich ein-heitlich geregelt werden.

Von der Notfallseelsorge gehen Impul-se aus, die für die Zukunft der Kircherelevant sind:

Missionarische Dimension notfall-seelsorglichen Handelns:Notfallseelsorgende wenden sichMenschen unabhängig von ihrer reli-giösen, moralischen oder ethischen

Orientierung und Zugehörigkeit zu.Entscheidend ist allein ihre Bedürftig-keit. An den Grenzen des Lebens wei-ten sie den Blick über die Grenzen hin-aus. Sie helfen dabei, Spuren des Le-bens wider den Augenschein zu erah-nen und für die Erfahrung des heilsa-men Wirkens Gottes im Alltag desLebens empfänglich zu werden.

Sensibilisierung der Gesellschaft:Kann Notfallseelsorge Lobby für be-dürftige Menschen sein, denen unsereGesellschaft kein passendes Angebot

Gemeinsam handeln und helfen

Inzwischen ist die Notfallseelsorge fester Bestandteil kirchlichen Handelns undunverzichtbar in der psychosozialen Notfallversorgung. Unterschiedliche Aus-prägungen in den einzelnen Landeskirchen und (Erz)Diözesen lassen erkennen,dass sie einst auf Initiative Einzelner entstand und noch immer darauf ange-wiesen ist.

w Die Sensibiliiserung der Gesellschaft ist ein grundsätzliches Ziel der Notfallseelsorge

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Von der Initiative zur Institution – ein Ausblick

und nicht einmal ein für sie erreichba-res soziales Netz vorhält?

Auswirkungen auch auf die geist-liche Kompetenz und Existenz derNotfallseelsorgenden selbst:Notfallseelsorgende setzen sich selbsthohen Belastungen aus und erfahrendabei auch die eigenen Grenzen. Siehalten auch eigene Schwäche und per-sönliches Scheitern aus. Nicht wenigeberichten anschließend von einer tie-feren existenziellen Verankerung vonPredigt, Seelsorge und Unterricht inGemeinde und Schule. Mancherortsentsteht dabei eine Art Gefahrenge-meinschaft, in der sich Berufszufrieden-heit und Lebensqualität nicht allein vonpersönlichen Leistungen und Erfolgen,sondern vom gegenseitigen Tragenspeisen.

Ökumenische Zusammenarbeitmit Vorbildcharakter:Konfessionelle Unterscheidungen ste-hen nicht im Vordergrund, sondern diegemeinsame Aufgabenstellung.

Immer mehr Menschen in unserer Ge-sellschaft werden auf das Angebot derNotfallseelsorge angewiesen sein,weil sie keine Bewältigungsstrategienfür Krisen und Katastrophen entwickelthaben und weil sie allein im Leben ste-hen. Es ist zu wünschen, dass von derArbeit der Notfallseelsorgenden auchein Impuls in die Gesellschaft hineinausgeht: dass Menschen sich von derNot ihrer Mitmenschen berühren las-sen, ihre Scheu überwinden und dannnach ihren Möglichkeiten tätig wer-den, ohne sich dabei von dem beirrenzu lassen, was sie als fremd empfin-den.

Der notwendige Prozess der Institutio-nalisierung der Notfallseelsorge lebtaber davon, dass Notfallseelsorgerin-nen und Notfallseelsorger die Initiativeergreifen und sich zusammen mit denOpfern von Unglücken und Katastro-phen auf die Suche nach Lebensmög-lichkeiten unter lebensfeindlichen Um-ständen begeben. Alle, die diesenschmerzhaften Prozess auf sich neh-men, verdienen höchsten Respekt.

In der Kirche der Zukunft, die eine Kir-che an den Lebenswegen der Men-schen ist, hat die Notfallseelsorge ei-nen unverzichtbaren, notwendigenPlatz.

Sebastian Berghaus

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Anhang

w Sich gegenseitig beizustehen –das ist für Not-fallseelsorger eine Selbstverständlichkeit

Notfallseelsorge ist Seelsorge an-gesichts der Konfrontation mitdem plötzlichen Tod

Notfallseelsorge ist ein seelsorglichesAngebot für Menschen, die in Momen-ten schwersten Leids und existentiellerKrisen mit dem nahen und plötzlichenTod konfrontiert sind.

Kirche möchte in der Notfallseelsorgeden Menschen in diesen extremen Le-benssituationen beistehen: Ihre Notfall-seelsorger sind bei den Menschen inihrer Not und ihrem Unglück, im Mo-ment der Todesahnung und wenn der

Tod noch nahe ist. Sie halten mit denMenschen das Schweigen aus, wennangesichts von Leid, Schuld und Ohn-macht jedes Wort versagt. Und sie ver-suchen, Trost und Hoffnung über denMoment des Leids und des Schmerzeshinaus zu geben und so Perspektivenfür den Weg zurück in den Alltag zueröffnen.

In ihrem Bemühen, in der extremenSituation des nahen und plötzlichenTodes „Botschafter des Lebens an derGrenze des Todes zu sein“, sind dieNotfallseelsorger2 getragen und moti-viert vom österlichen Mysterium:

Botschafter des Lebens an der Grenze des Todes

Anliegen dieses Textes ist es, das Proprium der Notfallseelsorge als kirchlichesAngebot innerhalb der anderen pastoralen Tätigkeitsfelder für die verschiede-nen Diskursebenen innerhalb und außerhalb der Kirche zu formulieren.

Das dient zum einen der theologischen Begründung und Darstellung dieses pas-toralen Feldes ebenso wie der Orientierung der Mitarbeitenden in diesemkirchlichen Angebot. Zum anderen soll es außerhalb des kirchlichen Rahmensdas Selbstverständnis der Notfallseelsorge für Kooperationspartner im Bereichder psychosozialen Unterstützungssysteme erkennbar und verlässlich machen.

Zur theologischen Orientierung der katholischen Notfallseelsorge1

1 Der folgende Text stützt sich auf die Ergebnisse zweier Studientagungen der Diöze sanbeauftragten fürNotfall seelsorge in den dt. Bistümern in den Jahren 2006 und 2007.2 Der Text verwendet der besseren Lesbarkeit wegen durchgehend nur die männliche Form derBezeichnungen. Die weibliche Bezeichnung ist audrücklich mit eingeschlossen.

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Anhang

Notfallseelsorge bei größerenSchadenslagen

5. Kirche lässt sich über die Notfall-seelsorge in Katastrophen und ande-ren Schadenslagen in die bestehen-den Konzepte der allgemeinen Ge-fahrenabwehr einbinden. Dies giltauch für Ausbildungen und Übun-gen.

6. Andere Systeme der Psychoso-zialen Notfallversorgung werden vonder Notfallseelsorge fachlich geach-tet.

Die Kirche legt jedoch Wert auf dieMöglichkeit, ihren Auftrag in dieserForm des Dienstes den Menschen an-zubieten.

Notfallseelsorge und Seelsorgefür Einsatzkräfte

7. Die Notfallseelsorge betreutÜberlebende, Augenzeugen undHinterbliebene.

Für die Betreuung und Nachsorge derEinsatzkräfte ist die entsprechende(kategoriale) Fachseelsorge zuständig(z.B. Seelsorge in Feuerwehr, Rettungs-dienst, Katastrophenschutz und Polizei-seelsorge).

07.01.2009

Matthias Gottschlich, P. Ulrich KellerOPraem, Andreas Müller-Cyran, Ludger,Pietruschka, Ulrich Slatosch

Uhr zu verlässig erreichbar. Die An -forderung dieses kirchlichen Diensteserfolgt über die örtlichen Not fallsys -teme (Polizei, Feuerwehr, Rettungs-dienst o.ä.).

Alle in der Pastoral hauptamtlichTätigen ha ben die Kompetenz und diegrundsätzliche Verpflich tung zur Be-treuung von Menschen angesichts desplötzlichen Todes.

Für die regelmäßige Bereitschaft und inbeson de ren Situationen wie z. B. beiKatastrophen und Groß schadens-lagen unters tützen speziell ausgebil-dete und beauftragte Notfallseelsor-ger dieses Netz kompetenter Hilfe.

4. Notfallseelsorge geschieht imAuftrag des Bischofs.

Dieses seelsorgliche An gebot wendetsich an alle Menschen.

Notfallseelsorge als Or ganisations -form dieses Angebotes wird in derRegel gemeinsam mit den Kir chen derACK verantwor tet und durch geführt.Diese Praxis konfessioneller Zusam -menarbeit hat sich bewährt.

Im Kontext der Psychosozialen Notfall-versor gung (PSNV) vernetzt sich Not-fallseel sorge mit den Struktu ren derGefahren abwehr.

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Anhang

• von Jesu Leiden, in dem er bis zum Äußersten geht und sein Leben in die Hände Gottes legt,

• von seinem Tod am Kreuz, der die Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit undGottverlassenheit jedes Todes radikal spürbar macht,

• von Christi Auferstehung, in der er durch Gottes Macht von den Totenerweckt und in Gottes Herrlichkeit erhöht wird

• und von der Zusage seiner bleibenden Nähe.

Ohnmacht, Schmerz und Leere desTodes haben nicht das letzte Wort, son-dern Gott will das Leben. Notfallseel-sorge will dies in der konkreten Situa-tion präsent machen. Jesus Christus hatdurch seinen Tod am Kreuz jeden Todüberwunden und in der Auferstehungdas Leben für alle wieder hergestellt.Gegen Katastrophen, Leid und Tra-gödien im Leben der Menschen gebenNotfallseelsorger der Hoffnung Raum,dass die Liebe Gottes den Tod ein fürallemal besiegt hat und dass das Lebender Menschen nicht in der Hoffnungs-und Aussichtslosigkeit des Todes endet.

Notfallseelsorge alsEinzelseelsorge

1. Notfallseelsorge geschieht pri-mär mit Einzelnen.

Sie ist ebenso integraler Bestandteilvon Trauerpastoral. In ihr verdichtensich die Dimensionen kirchlichen Han-delns örtlich und zeitlich, weil sie zu-

gleich immer Diakonia, Martyria undKoinonia ist und dies in vielen Fällenauch im Ritual als Liturgia darstellt.

Dort, wo Notfallseelsorge nicht kate-gorial organisiert ist, ist die Gemeinde-seelsorge die Trägerin der Notfallseel-sorge.

2. Notfallseelsorge ist ein zeitlichabgegrenzter Dienst in einer Krisen-situation angesichts des plötzlichenTodes oder seiner realen Möglichkeit

Ihre diakonale Dimension zeigt sichzunächst in der Präsenz und je nachWunsch der Betroffenen auch in derIntegration in die Strukturen der Ge-meindeseelsorge und anderer nach-sorgender Beratungs- und Hilfsange-bote kirchlicher und nichtkirchlicherTräger.

3. In der Notfallseelsorge ist Kirche in Gesellschaft präsent.

Als Angebot an alle Menschen mussdas Han deln bei und für Menschen,die vom plötzli chen Tod betroffen sind,humanwis senschaft lich verantwortbarsein. Deshalb werden die Schnittstellenzu den Strukturen von Notfall dienstenin der Gesell schaft (z. B. zu Rettungs -dienst, Feuerwehr und Poli zei) ge-pflegt.

Bestandteil des Selbstverständnissesvon Notfallseelsorge ist ihre Verläss -lichkeit. Weil die Kirche Menschen an-gesichts des plötzlichen Todes Näheund Trost anbietet, ist sie rund um die

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Anhang

Selbstverständnis

Menschen in Notfallsituationen beizu-stehen, ist unverzichtbarer Bestandteilchristlichen Glaubens. Notfallseelsor-ge ist eine Form dieses Beistands.

Sie ist damit ein Grundbestandteil desSeelsorgeauftrages der Kirchen undist in ihrem Grundsatz ökumenisch aus-gerichtet.

Notfallseelsorge richtet sich an alleMenschen und achtet das Recht aufSelbstbestimmung und die religiöseund weltanschauliche Orientierungder Betroffenen.

Die Seelsorge im Angesicht von Leidund Tod ist von jeher wesentlicherBestandteil des seelsorglichen Auf-trags der Kirchen. Dabei galt diechristliche Zuwendung für Menschen,die in existenziellen Krisen stehen, im-mer schon deren leiblichen und seeli-schen Nöten gleichermaßen. Die Not-fallseelsorge steht in dieser diakoni-schen Tradition und gehört zum seel-sorglichen Auftrag der Kirchen. Sieaktualisiert die christliche Tradition,allen Menschen in Not beizustehen.Dies geschieht unter den besonderenBedingungen und in den außerge-wöhnlichen Situationen eines Un-

Die Notfallseelsorge bietet Schutz-raum und Gestaltung für den Umgangmit dem Gefühl der Ohnmacht, dasFragen nach eigener und fremderSchuld, das Fragen nach dem Sinn desEreignisses und des Lebens überhaupt, religiöse Fragestellungen in Grenzsi-tuationen, den Umgang mit den Gefüh-len bei Trauer und Abschied, die Bear-beitung traumatischer Erlebnisse, daskollektive Betroffensein bei und denkollektiven Umgang mit Notfällen ins-besondere durch Trauer- und Gedächt-nisgottesdienste.

B) AnlässeIndikationen für die Begleitung Betrof-fener durch die Notfallseelsorge sindin erster Linie:

• Tod im häuslichen Bereich• Überbringen von Todesnachrichten• Tod und schwere Verletzungen vonKindern

• Unfälle• Brände• Suizid• Gewaltverbrechen

Notfallseelsorge leistet ihren Dienststellvertretend für die Seelsorger undSeelsorgerinnen der Ortsgemeinden.Je nach Möglichkeit und Art des Ereig-nisses kann sie an die Gemeindeseel-sorge oder andere Hilfsangebote ver-mitteln.

Für die weitere seelsorgliche Beglei-tung nach dem unmittelbaren Einsatz-zeitraum verweist die Notfallseelsorgean Seelsorger und Seelsorgerinnen vor

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Anhang

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Evangelische Notfallseelsorge in DeutschlandAktualisierung der Kasseler Thesen von 1997

Hamburger Thesen 2007

glücks, in denen die klassischen seel-sorglichen Angebote und Strukturender Kirchen nicht oder erst verzögertgreifen. Notfallseelsorge ist somit eineunerlässliche, ergänzende Form kirch-licher Seelsorge.

Auftrag

Notfallseelsorge ist Zuspruch der Zu-wendung Gottes an den Menschen inNot. Sie wird konkret in der Präsenzdes Seelsorgers, der Seelsorgerin vorOrt und dem Angebot einer helfendenBegleitung in der Akutphase.

Notfallseelsorge geschieht in der Zu-wendung zu dem von Unheil betroffe-nen Menschen und im solidarischenAushalten seines Leides. Sie nutzt dieGrundlagen, Erkenntnisse und Metho-den der Theologie und Pastoralpsy-chologie sowie der Humanwissen-schaften.

Darüber hinaus eröffnet Notfallseel-sorge einen Raum für Spiritualität. ImAngebot von Gebet, Ritus und Segenwird sowohl der Trauer als auch derHoffnung Ausdruck verliehen und derBeginn von Heilung ermöglicht.

Ort. So bleibt die Notfallseelsorge inihrer Arbeit auf die Seelsorge in denGemeinden bezogen und wird vondieser solidarisch getragen.

Besondere Arbeitsfelder

C) Notfallseelsorge in besonderenLagenBei größeren Schadenslagen bis hinzu Katastrophen im In- und Auslandkann sich Notfallseelsorge an der Be-gleitung Betroffener beteiligen undlässt sich dabei in die örtlichen Kon-zepte zur Bewältigung der Schadens-lage einbinden.

Notfallseelsorge arbeitet auch in be-sonderen Lagen mit anderen Professio-nen im Rahmen der PsychosozialenNotfallversorgung (PSNV) zusammen.Mit entsprechender Qualifikation kön-nen Notfallseelsorger und Notfallseel-sorgerinnen hier auch Führungsauf-gaben übernehmen.

Nach Unglücksfällen im Ausland, vondenen deutsche Bürger und Bürgerin-nen betroffen sind, können Notfallseel-sorger und Notfallseelsorgerinnenauch dort zur Begleitung eingesetztwerden. Sie arbeiten mit den zuständi-gen Auslandspfarrern und -pfarrerin-nen sowie den örtlichen Stellen zusam-men.

D) Seelsorge in Feuerwehr, Ret-tungsdienst und KatastrophenschutzAus der seelsorglichen Begleitung beiNotfällen ergibt sich auch die seel-

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Die Kirchen benennen Beauftragte fürNotfallseelsorge auf ihren unterschied-lichen Organisationsebenen.

Die Landeskirchlich Beauftragten fürNotfallseelsorge sind in der „Konfe-renz Evangelische Notfallseelsorge“(KEN) organisiert.

F) QualifikationGrundlage notfallseelsorglichen Han-delns ist eine kirchlich verantworteteSeelsorgeausbildung, die durch fach-bezogene Fortbildungen ergänzt wird.

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen derNotfallseelsorge sind gehalten, sichnach erworbener Qualifikation in die-sem Arbeitsbereich ständig weiterzu-bilden und supervisorische Begleitungder eigenen Tätigkeit wahrzunehmen.

Aufgrund von erworbenen Qualifika-tionen in der Begleitung von Menschenin Notsituationen (z. B. durch Telefon-seelsorge, Hospizarbeit, psychologi-sche Ausbildung) können die Kirchenauch Menschen, die nicht zu derGruppe der hauptamtlichen Seelsor-ger und Seelsorgerinnen gehören, mitdem Dienst in der Notfallseelsorge undSeelsorge in Feuerwehr, Rettungsdienstund Katastrophenschutz betrauen.

Notfallseelsorge und Seelsorge in Feu-erwehr, Rettungsdienst und Katastro-phenschutz geschehen in engem Aus-tausch mit anderen wissenschaftlichenDisziplinen.

Hamburg, den 12. September 2007Konferenz Evangelische Notfallseelsorge

Konferenz Evangelische NotfallseelsorgeVors. Pfarrer Ralf RadixGedulderweg 6645549 SprockhövelTel.: 0 23 24 / 999 895E-Mail: [email protected]

Die Akademie Bruderhilfe- Pax- FamilienfürsorgeGeschäftsführung der KENGünter LehnerKölnische Straße 108-11234119 Kasselemail: [email protected]

Konferenz der Diözesanbeauftragten für Notfallseelsorge bei der Deutschen Bischofskonferenz Stefan Schohe Bonner Talweg 7753129 BonnTel.: 02 28 / 103 223E-Mail: [email protected]

Internetpräsenz der Notfallseelsorge in Deutschland:

www.notfallseelsorge.de

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Anhang

sorgliche Begleitung der Einsatzkräftein Feuerwehr, Rettungsdienst und Ka-tastrophenschutz.

Einsatzkräfte gehören bezüglich mög-licher seelischer Belastungen zu denBerufsgruppen, für die ein eigenesseelsorgliches einsatz-, berufs- und le-bensbegleitendes Angebot der Kir-chen vorhanden sein muss. Dazu sindgesonderte Qualifikationen, Ressour-cen und Beauftragungen erforderlich.

Bereiche der Seelsorge fürEinsatzkräfte sind z.B.:

• Präsenz auf den Wachen im alltäg-lichen Dienstbetrieb

• Gottesdienste und Amtshandlungen• Aus- und Fortbildung• Prävention und Einsatznachsorge• Beratung der Organisationen im Bereich PSNV

• Beratung der Einsatzleitung bei Einsätzen

• Unterstützung der Einsatzkräfte beigrößeren Einsätzen

Rahmenbedingungen

E) Organisation der NotfallseelsorgeDie Notfallseelsorge ist in örtlichenRufbereitschaften organisiert und in dieAlarmierungsstruktur von Polizei, Feu-erwehr und Rettungsdienst eingebun-den. Sie wird üblicherweise über derenzuständige Leitstellen alarmiert.

Notfallseelsorge vernetzt sich mitPSNV-Kräften anderer Organisationenund Institutionen vor Ort und überre-gional.

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Wichtige Adressen

Bildnachweis: Die Akademie Bruderhilfe- Pax- Familienfürsorge (S.5), Karl-HeinzSchanzmann (S.6), Medien Kommunikation, Unna (S.7), S.E. Janc (S.8), Florian Keller(S.9), Dierk Schäfer (S.11,16), Daniel Gebahrd (S.12), Wiesbadener Feuerwehrprotal(S.12), Briain farts (S. 17), dreamstime (S. 14,15,20), Pierre Vlcek (S. 19)

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