4
157 ~ KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. i6. JAHRGANG. Nr. 45 6. NOVEMBERx937 fiberschnitten haben, so dab eine Kl~irung, durch welche Ver- i~nderung es zu eiller Histidinausscheidullg gekommen ist, sehwierig ist. Im Falle G.M. bestanden sehr starke monat- liche 1Regelblutullgell, so dab immerhin die M6glichkeit eiller An~imie oder hormonaler Ver~inderungen im Sinne eines per- sistierenden Follikels besteht. Jedoch verbleiben sieher 2 F~lle, die gar keinen Anhalt bieten und ffir deren Histidin- ausscheidung wir keine fal3bare Erkl~irung haben. Demgegenfiber haben wir alldererseits unter allen ullter- suehten Depressionszustltnden 2 gefunden, die keinen post- riven Histidinbefund zeigten. Es sind dieses beides M~nner, bet denen ein ausgesprochenes melancholisches Zustandsbild bestand llnd die auch anamnestisch vorfibergehellde Depres- sionszust~inde zugaben. Die Depression des letzteren war klinisch bereits im Stadium des Abldingens, so dab hier ein Fehlen des Histidillbefundes erkl~rlich w~ire. Immerhin be- stehen doch, wie man aus den letzten Angaben folgern mul3, gewisse I~berg~inge und Unklarheiten, die noch eiller lliiheren Untersuchung bedtirfen. Fassen wir zum SchluB unsere Untersuchllngsergebnisse noeh einmal zusammen, so ergibt sich aber doch das Bild, dab im m. S. das AuJtrete~ yon Histidin im Harn zu beob- achten ist. Ein sorgJ(~ltiger Ausschlufl einer organischen Er- krankung erwegst sich abet als nStig, da, wie aus den obigell Zahlen hervorgeht, die Histidinausscheidullg auch bei einer Reihe meist schwerer organischer Erkrankungen zu beob- achten ist. Es besteht dabei die M6gliehkeit bzw. es ist sehr wahrscheilllich, dab die st~rkere oder schw/~chere Mitbeteili- gullg der Leber im Krallkheitsbild auch bet den organischen Erkrankungen eine /Rolle spielt. Die rein psychotischen Zu- standsbilder sind, wenn sie mit einer Histidinausscheidung ein- gehen, ]ast immer melancholisch ge]grbt und stellen echte endogene Depressionen dar. Da die Umsetzung des Histidins in der Leber vor sich geht und das Auftreten yon tlistidin im Ham eine St6rung dieses Geschehens darstellt, so m uB man Iolgern, dab auch beim m. S. eille St6rung oder zumindest eine Nnderung der Leberfunktionen eilltritt. Diese Ansicht wird sicher durch die oben dargelegten Ergebnisse gestfitzt. Wir haben auch unsere Therapie an der Klinik auf diese Gesiehtspunkte eingestellt. In einer kfirzlieh erschienenen Ver- 6Ifentlichung yon STEFAN, HXNSEL und COPPERS wurde im 1Rahmen einer Sonderabhandlung auf die eillzelllen Daten dieser yon DE CRINIS empfohlenell Therapie nliher eingegangen. Es handelt sich, kurz wiederholt, um Decholininjekfiollen und Darmblider zur F6rderllng der Lebersekretion und um Leber- diathermie zur F6rderullg der Durchblutungsgr6Be. Aller- dings wenden wit diese Therapie vorliiufig nur auf die als elldogene Depressionen anzusprechenden Krankheitsbilder an, da sie die reinste Form des m. S. ist. Unsere Erfolge sind un- bedingt als gut zu bezeichnen. N~iheres bitten wir in der ent- sprechenden Arbeit llachzulesen. Es set betont, dab diese Therapie ilur Aussieht auf Erfolg hat, wenn die Beteiligung der Leber feststeht. Daffir sind uns die Untersuchungen auf die Histidinauscheidung eill wichtiger Hinweis ulld bedeuten uns dariiber hillaus, dab beim melancholischen Symptomen- komplex, wie auch sehon durch andere Ulltersuchungen Unter- baut, das Geschehen in der Leber llnd dessen Xnderung eine urs~ichliche Rolle spielt. Literatur : ABDERHALDEN, H. EINBECK, Hoppe-Seylers Z. 62, 322 (19o9). -- ABDERHALDEN, I-I. EINBECK, J. SCHMIDT, Hoppe- Seylers Z. 68, 395 (191o). -- AEMSTEOIqG U. WALI~ER, Biochemic. J. 26, 143 (1932). -- BRAI~DSCH, Zbl. Gyn~k. x935, 23o 5. --DE CRINIS, Ferrnentforsch. I, 334 (1916). -- ]~DLBACIIERU. KRAUS, HoI~pe- Seylers Z. x95, 267 (1931). -- EDLBACHER, Hoppe-Seylers Z. ~57, lO6 (1926). -- F~NGELAND, Hoppe-Seylers Z. 57, 49 (1918). -- FORTH U. H. MAJER, Biochem. Z. 264, 142 (1933)- -- KAPELLER-ADLEE, Biochem. Z. 264, 13I (1933). -- KAPELLER-ADLERu. F. I'IAAS, Biocheml Z. 280, 232 (1935)-- KAPELLER-ADLEE n. KOHUT, Biochem. Z. 272, 341 (I934). -- KAPELLER-ADLER, Wien. klin. Wschr. x934 I, 168. -- I{IYOKAWA, Hoppe-Seylers Z. 2I 4, 38 (1933). -- KOTAKE U. IZONlSHI, t{oppe-Seylers Z. I22, 23~ (1922). -- I~EINWEIN, Dtsch. Arch. klin. Med. 44, 37 (1924) -- Handbuch der Geisteskrankheiten 6, 2 (1928). -- REINWEIN n. THIELMANN, Arch. f. exper. Path. xo3, Ix5 (1924). -- STERN, Zbl. GynXk. 1935, 39- -- WEISS, Klin. Wschr. 1934, 1579. -- WUTH, Ulltersuchungen fiber die k6rperlichen St6rungen bet Geisteskranken. Berlin 192~. EINE NEUE SEROREAKTION- SERUM- GOLDSOLREAKTION.* Von Prof. Dr. RICHARD BAUER, Vorstand der Abteilung. Aus der II. Medizinischen Abteilung des KrankenhausesWieden in Wien. Die vor welligen Jahren yon T.~KATA-JEZLER angegebene Seroreaktion verdankt ihre besondere Verbreitung dem Um- stande, dab sie besonders bet Leberkrankheiten positiv ge- funden wurde und so yon mancher Seite sogar als beste Leber- funktionsprfi~ung bezeichnet wurde. Bezfiglich des Mechallis- mus dieser Reakfion nahm mall an, dab eli1 Quecksilber- doppelsalz in alkalischer L6sung yon den Albuminen des Serums vor der Flockung bewahrt wird, w~hrend die Globu- line die Flockung begfinstigen. Daraus ergab sich scholl die Wahrscheinlichkeit, dab die positive l%aktioll auf einer Glo- bulillvermehrung des Serums beruht. Die reichlich durch- geffihrtell quallfitativell Globulinbestimmullgell des Serums schienen auch in diesem Sinlle zu sprechen. Mit zunehmender Kontrolle der Globulinverh~ltnisse zeigte sich aber, dab diese Globulinvermehrung bet Takata-positiven Seris wohl h~ufig besteht, es fanden sich aber relativ viele F~lle, bet denen trotz Globulinvermehrung die Flockung ausblieb. Positive Flockullg ohlle Globulinvermehrung falld sich se]tell. Diese Erscheinungen warell zun~chst unerkl~rbar, ffihrten aber in der Folge vielfach zu der Anllahme, dab die Takata-Reaktion fiberhaupt yon der Globulilllvermehrllng nicbt abh~llgig set. Verschiedelle Aut0rell haben verschiedene Substanzell ffir das Auftreten der Flockullg verantwortlich gemacht, uuter anderell SCI~INDEL 1 niedrige Fetts~uren. Aber keine dieser Annahmei1 konllte der Kritik standhalten. TAI~ATA 2 selbst mil3t der Glo- bulinvermehrullg groge Bedeutullg zu, h~lt aber irn fibrigell den Mechanismus seiller Reaktion vorlXufig ffir unklar. Diese Situation veraulaBte reich, nach ether Seroreaktioll zu suchen, welche sicher llur yon dell Globulillverh~ltllissell resp. ihrer Vermehrullg abh~ngig ist. Ich habe zu diesem Zwecke die MgC12-Beaktion3 angegebell, welche darauf beruht, dab beim Erhitzen der Sera mit MgCl~-L6sung die Albumille gel6st blei- bell, w~hrend die Flockung der Globulille nicht verMndert wird. Die klinischen Resultate dieser R. Bauerschen Probe deckten sich so ziemlich mit denen der Takata-Reaktion; sie ist lediglich ein wenig empfindlicher und ergibt durchschllitt- lich 1% mehr positive Resultate. Aus dieser Parallelit~t k6nnte man schlieBen, dab die Takata-Reaktion ebenso wie die Bauersche Probe lediglich ein Indicat0r ffir den Albumin- Globulill-Quotienten sind und positiv werden, wenn dieser Quotient sich dem Werte yon I nXhert oder ullter diesen sinkt. Merkwfirdigerweise haben sich aber allch bei der R. Bauerschen Probe dieselben Unstimmigkeiten wie bet der Takata-Probe gezeigt. Auch hier findell sich Sera, die trotz betr~chtlicher Globulinvermehrung keine Flockung ergeben. Xu sind daher zu der Allnahme gelangt, dab entweder unsere quantitativen Globulillanalysen die wahrell Verh~ltnisse des nativen Serums llicht genau widerspiegeln oder aber, dab in dem Serum Substallzen enthaltell sind, welche tier Flockung des Globulins entgegellwirken. Es ist begreiflich, dab unter diesen Verh~ltnissell das Suchen nach ether neuell 1Reaktion, deren Mechanismus m6glichst durchsichtig ist, gerechtfertigt war. Diese Grfinde sind es allch, welche uns in tier Chemie veranlassell, zum Nachweis einer Substanz mehrere Proben heranzuziehen; so wurde ja yon mir die Probe auf alimentfire Galaktosurie dadnrch entdeckt, dab zwischen G~rungsprobe, Redukti011 und Polarisation sich Ullstimmigkeiten ergaben, die gerade ~tir die Galaktose charakteristisch sind. ~hllliche Grfillde habell bet dem Nachweis der Lues zur Allstellllng roll Flockungsreaktionen nebell der IZomplementbindungsreak- tion geffihrt. Beim Suchen nach ether solchen Reaktion kamen UllS Versuche in Erinnerung, die in meinem Laboratorillm yon WEINTRAIJB ulld PRESSER 4 in bezug auf die G oldsolreak- tion im Liquor allsgeffihr• wurden. Auch bier dachte mall ur- sprfillglich darall, dab die Liquor-Goldsol-reaktion bet Para- lyse ulld Tabes durch besondere luische Reaktionsk6rper be- * Siehe Sitzungsber. d. Ges. f. innere Med. in Wien, ~4. Juni I937.

Eine Neue Seroreaktion — Serum-Goldsolreaktion

Embed Size (px)

Citation preview

157 ~ K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . i6. J A H R G A N G . Nr. 45 6. NOVEMBER x937

fiberschnitten haben, so dab eine Kl~irung, durch welche Ver- i~nderung es zu eiller Histidinausscheidullg gekommen ist, sehwierig ist. Im Falle G.M. bestanden sehr starke monat- liche 1Regelblutullgell, so dab immerhin die M6glichkeit eiller An~imie oder hormonaler Ver~inderungen im Sinne eines per- sistierenden Follikels besteht. Jedoch verbleiben sieher 2 F~lle, die gar keinen Anhalt bieten und ffir deren Histidin- ausscheidung wir keine fal3bare Erkl~irung haben.

Demgegenfiber haben wir alldererseits unter allen ullter- suehten Depressionszustltnden 2 gefunden, die keinen post- riven Histidinbefund zeigten. Es sind dieses beides M~nner, bet denen ein ausgesprochenes melancholisches Zustandsbild bestand llnd die auch anamnestisch vorfibergehellde Depres- sionszust~inde zugaben. Die Depression des letzteren war klinisch bereits im Stadium des Abldingens, so dab hier ein Fehlen des Histidillbefundes erkl~rlich w~ire. Immerhin be- stehen doch, wie man aus den letzten Angaben folgern mul3, gewisse I~berg~inge und Unklarheiten, die noch eiller lliiheren Untersuchung bedtirfen.

Fassen wir zum SchluB unsere Untersuchllngsergebnisse noeh einmal zusammen, so ergibt sich aber doch das Bild, dab im m. S. das AuJtrete~ yon Histidin im Harn zu beob- achten ist. Ein sorgJ(~ltiger Ausschlufl einer organischen Er- krankung erwegst sich abet als nStig, da, wie aus den obigell Zahlen hervorgeht, die Histidinausscheidullg auch bei einer Reihe meist schwerer organischer Erkrankungen zu beob- achten ist. Es besteht dabei die M6gliehkeit bzw. es ist sehr wahrscheilllich, dab die st~rkere oder schw/~chere Mitbeteili- gullg der Leber im Krallkheitsbild auch bet den organischen Erkrankungen eine /Rolle spielt. Die rein psychotischen Zu- standsbilder sind, wenn sie mit einer Histidinausscheidung ein- gehen, ]ast immer melancholisch ge]grbt und stellen echte endogene Depressionen dar. Da die Umsetzung des Histidins in der Leber vor sich geht und das Auftreten yon t l is t idin im H a m eine St6rung dieses Geschehens darstellt, so m uB man Iolgern, dab auch beim m. S. eille St6rung oder zumindest eine Nnderung der Leberfunktionen eilltritt. Diese Ansicht wird sicher durch die oben dargelegten Ergebnisse gestfitzt.

Wir haben auch unsere Therapie an der Klinik auf diese Gesiehtspunkte eingestellt. In einer kfirzlieh erschienenen Ver- 6Ifentlichung y o n S T E F A N , HXNSEL und COPPERS wurde im 1Rahmen einer Sonderabhandlung auf die eillzelllen Daten dieser yon DE CRINIS empfohlenell Therapie nliher eingegangen. Es handelt sich, kurz wiederholt, um Decholininjekfiollen und Darmblider zur F6rderllng der Lebersekretion und um Leber- diathermie zur F6rderullg der Durchblutungsgr6Be. Aller- dings wenden wit diese Therapie vorliiufig nur auf die als elldogene Depressionen anzusprechenden Krankheitsbilder an, da sie die reinste Form des m. S. ist. Unsere Erfolge sind un- bedingt als gut zu bezeichnen. N~iheres bi t ten wir in der ent- sprechenden Arbeit llachzulesen. Es set betont, dab diese Therapie ilur Aussieht auf Erfolg hat, wenn die Beteiligung der Leber feststeht. Daffir sind uns die Untersuchungen auf die Histidinauscheidung eill wichtiger Hinweis ulld bedeuten uns dariiber hillaus, dab beim melancholischen Symptomen- komplex, wie auch sehon durch andere Ulltersuchungen Unter- baut, das Geschehen in der Leber llnd dessen Xnderung eine urs~ichliche Rolle spielt.

Literatur : ABDERHALDEN, H . EINBECK, Hoppe-Seylers Z. 62, 322 (19o9). -- ABDERHALDEN, I-I. EINBECK, J. SCHMIDT, Hoppe- Seylers Z. 68, 395 (191o). -- AEMSTEOIqG U. WALI~ER, Biochemic. J. 26, 143 (1932). -- BRAI~DSCH, Zbl. Gyn~k. x935, 23o 5. - -DE CRINIS, Ferrnentforsch. I, 334 (1916). -- ]~DLBACIIER U. KRAUS, HoI~pe- Seylers Z. x95, 267 (1931). -- EDLBACHER, Hoppe-Seylers Z. ~57, lO6 (1926). - - F~NGELAND, Hoppe-Seylers Z. 57, 49 (1918). -- FORTH U. H. MAJER, Biochem. Z. 264, 142 (1933)- - - KAPELLER-ADLEE, Biochem. Z. 264, 13I (1933). -- KAPELLER-ADLER u. F. I ' IAAS, Biocheml Z. 280, 232 (1935)- - KAPELLER-ADLEE n . K O H U T , Biochem. Z. 272, 341 (I934). - - K A P E L L E R - A D L E R , Wien. klin. Wschr. x934 I, 168. -- I{IYOKAWA, Hoppe-Seylers Z. 2I 4, 38 (1933). - - KOTAKE U. IZONlSHI, t{oppe-Seylers Z. I22, 23 ~ (1922). -- I ~ E I N W E I N , Dtsch. Arch. klin. Med. 44, 37 (1924) -- Handbuch der Geisteskrankheiten 6, 2 (1928). -- REINWEIN n . T H I E L M A N N , Arch. f. exper. Path. xo3, Ix5 (1924). -- STERN, Zbl. GynXk. 1935, 39- -- W E I S S , Klin. Wschr. 1934, 1579. -- WUTH, Ulltersuchungen fiber die k6rperlichen St6rungen bet Geisteskranken. Berlin 192~.

E I N E N E U E S E R O R E A K T I O N - S E R U M -

G O L D S O L R E A K T I O N . *

Von

Prof. Dr. RICHARD BAUER, Vors tand der Abtei lung. Aus der II. Medizinischen Abteilung des Krankenhauses Wieden in Wien.

Die vor welligen Jahren yon T.~KATA-JEZLER angegebene Seroreaktion verdankt ihre besondere Verbreitung dem Um- stande, dab sie besonders bet Leberkrankheiten positiv ge- funden wurde und so yon mancher Seite sogar als beste Leber- funktionsprfi~ung bezeichnet wurde. Bezfiglich des Mechallis- mus dieser Reakfion nahm mall an, dab eli1 Quecksilber- doppelsalz in alkalischer L6sung yon den Albuminen des Serums vor der Flockung bewahrt wird, w~hrend die Globu- line die Flockung begfinstigen. Daraus ergab sich scholl die Wahrscheinlichkeit, dab die positive l%aktioll auf einer Glo- bulillvermehrung des Serums beruht. Die reichlich durch- geffihrtell quallfitativell Globulinbestimmullgell des Serums schienen auch in diesem Sinlle zu sprechen. Mit zunehmender Kontrolle der Globulinverh~ltnisse zeigte sich aber, dab diese Globulinvermehrung bet Takata-positiven Seris wohl h~ufig besteht, es fanden sich aber relativ viele F~lle, bet denen trotz Globulinvermehrung die Flockung ausblieb. Positive Flockullg ohlle Globulinvermehrung falld sich se]tell. Diese Erscheinungen warell zun~chst unerkl~rbar, ffihrten aber in der Folge vielfach zu der Anllahme, dab die Takata-Reaktion fiberhaupt yon der Globulilllvermehrllng nicbt abh~llgig set. Verschiedelle Aut0rell haben verschiedene Substanzell ffir d a s Auftreten der Flockullg verantwortlich gemacht, uuter anderell SCI~INDEL 1 niedrige Fetts~uren. Aber keine dieser Annahmei1 konllte der Krit ik standhalten. TAI~ATA 2 selbst mil3t der Glo- bulinvermehrullg groge Bedeutullg zu, h~lt aber irn fibrigell den Mechanismus seiller Reaktion vorlXufig ffir unklar. Diese Situation veraulaBte reich, nach ether Seroreaktioll zu suchen, welche sicher llur yon dell Globulillverh~ltllissell resp. ihrer Vermehrullg abh~ngig ist. Ich habe zu diesem Zwecke die MgC12-Beaktion3 angegebell, welche darauf beruht, dab beim Erhitzen der Sera mit MgCl~-L6sung die Albumille gel6st blei- bell, w~hrend die Flockung der Globulille nicht verMndert wird. Die klinischen Resultate dieser R. Bauerschen Probe deckten sich so ziemlich mit denen der Takata-Reakt ion; sie ist lediglich ein wenig empfindlicher und ergibt durchschllitt- lich 1% mehr positive Resultate. Aus dieser Parallelit~t k6nnte man schlieBen, dab die Takata-Reaktion ebenso wie die Bauersche Probe lediglich ein Indicat0r ffir den Albumin- Globulill-Quotienten sind und positiv werden, wenn dieser Quotient sich dem Werte yon I nXhert oder ullter diesen sinkt. Merkwfirdigerweise haben sich aber allch bei der R. Bauerschen Probe dieselben Unstimmigkeiten wie bet der Takata-Probe gezeigt. Auch hier findell sich Sera, die trotz betr~chtlicher Globulinvermehrung keine Flockung ergeben. Xu sind daher zu der Allnahme gelangt, dab entweder unsere quant i ta t iven Globulillanalysen die wahrell Verh~ltnisse des nat iven Serums llicht genau widerspiegeln oder aber, dab in dem Serum Substallzen enthaltell sind, welche tier Flockung des Globulins entgegellwirken. Es ist begreiflich, dab unter diesen Verh~ltnissell das Suchen nach ether neuell 1Reaktion, deren Mechanismus m6glichst durchsichtig ist, gerechtfertigt war. Diese Grfinde sind es allch, welche uns in tier Chemie veranlassell, zum Nachweis einer Substanz mehrere Proben heranzuziehen; so wurde ja yon mir die Probe auf alimentfire Galaktosurie dadnrch entdeckt, dab zwischen G~rungsprobe, Redukti011 und Polarisation sich Ullstimmigkeiten ergaben, die gerade ~tir die Galaktose charakteristisch sind. ~hllliche Grfillde habell bet dem Nachweis der Lues zur Allstellllng roll Flockungsreaktionen nebell der IZomplementbindungsreak- tion geffihrt. Beim Suchen nach ether solchen Reaktion kamen UllS Versuche in Erinnerung, die in meinem Laboratorillm yon WEINTRAIJB ulld PRESSER 4 in bezug auf die G oldsolreak- tion im Liquor allsgeffihr• wurden. Auch bier dachte mall ur- sprfillglich darall, dab die Liquor-Goldsol-reaktion bet Para- lyse ulld Tabes durch besondere luische Reaktionsk6rper be-

* Siehe Sitzungsber. d. Ges. f. innere Med. in Wien, ~4. Juni I937.

6. NOVEMBER 1937 KLINISCHE WOCHENSCH

dingt set. WEINTRAUB und PRESSER konnten mit anderen nachweisen, dab die Goldsolflockung bet Metalues Init einem solchen KSrper nichts zu tun habe, sondern lediglieh auf dem eigentiimlichen Mischungsverh~ltnis zwischen Albuminen und Globulinen, resp. der Globulinvermehrung in den luischen Liquores beruhe. Die Flockung des Goldsols beruht darauf, dab dieses negative Sol dutch die negativen Ladungen des Albumins geschiitzt, dutch die positiven Ladungen des Glo- bulins aber geflockt wird. Es w~re naheliegend gewesen, diese Goldsolreaktion schon ve t der Takata- und Bauerschen Reak- tion fiir diese Zwecke zu verwenden. Wit haben nun die Gold- solreaktion des Liquor in sinngem&13er Weise auf das Serum tibertragen, ein Versuch, den schon WEINTRAUB und PRESSER gelegentlich zur Sttitze ihrer Annahmen bezfiglich der Liquor- reaktion unternommen haben. Doch bestand damals kein tnteresse ftir die Frage der Globulinvermehrung im Serum. Die Goldsolreaktion im Serum bedarf gewisser Kautelen. Das Serum mul3 entsprechend verdiinnt werden, um das Flockungs- opt imum der Globuline zn erreichen. Es spielt nieht nur der absolute EiweiBgehalt, der Albumin-Globulin-Quotient, das Verh~ltnis yon Euglobulin zu Pseudoglobulin, sondern auch der I{ochsalzgehalt des Mediums, der selbst wieder die .La- dungen beeinfluBt, eine betr~chtliche Rolle. Nach lallgwierigen Vorversuchen sind wir zu folgender Technik gelangt.

Das Serum wird mit o,2proz. KochsalzlSsung I : 400 verdfinnt, je 1/~ ecru dieser Verdt~nnung in die ersten 2 R6hrchen eingef~llt und mit dem Inhalt des 2. R6hrchens absteigende Verdfinnungen mit o,2proz. Kochsalzl6sung hergestellt, im ganzen io IR6hrchen. Zu ]edem R6hrchen werden 2X/zccm GoldsollSsung hillzugefiigt und gut umlgescht~ttelt. Die Goldsoll6sung mnB im durch- und auffallendem Licht Mar und rubillrot seth, die R6hrchei1 mfissen mechanisch mit destilliertem Wasser gereinigt, gespiilt und in der Hitze getrocknet werden. Der Versuch dar~ nicht allzulange stehen bleiben, da sonst die Goldniederschti~ge aus den R~Shrchen mechanisch nicht entfernt werden k6nnen. Die Ablesung geschieht nach 5- - io Minuten, das endgi~ltige Resulta% erschein~c nach etwa I2--15 Stunden.

Bet dieser Versuchsanordllung zeigen Normalsera nut ge- tinge Verfgrbung des Goldsols. Die ersten R6hrehen sind ]eieht blaurot, in der Mitte der Kurve zeigt sich etwas violett, die letzten R6hrchen sind wieder blaurot oder rot. Die posi- t ive Reaktion ist ghnlieh der Paralysereaktion im Liquor, indem die ersten R6hrchen WeiBflockung zeigen, die dann allm~thlich in BlauweiB, 131au his Violett und Rot ansteigen. Bet starker Reaktion kaun die Weil3flockung in alien R6hr- chert auftreten. Es ist Selbstverst~tndlich, dab zwischen den negativen und deutlich positiven Reaktionei1 auch ~'bergfillge bestehen, die bet einiger Erfahrung nnd insbesondere bet fort- laufender Untersuehung eines und desselben Falles, wie z. lB. eines Falles yon Icterus catarrhalis als schwach positiv gelten mtissen.

In diesen Fgllen geht die /~'grbung statt nur bis Violett bis zu Blau, z. B. im 2. his 6. bis 7. R0hrchen und endet im 7. bis io. in Blaurot oder Rot. Die 131aufgrbnng kann nach 12 Stunden teilweise in BlauweiB umschlagen.

Wir haben mit der neuen Reaktion bis jetzt I IO F~lle mit 197 Untersllehungen untersucht, wobei durchwegs auch Tal ia ta -und Magnesiumehloridreaktion allgestellt wurden und bet allen bemerkenswerten F~llen der Albumin-Globulin-Quo- t ient bestilnmt wurde. Zur Farbbest immung dient ein Kontroll- r6hrchen mit o,5 ecm o,2 proz. NaC1-LSsung + 2,5 ccm Goldsol- 16sung. Das Material gliedert sieh folgendermaBen:

49 F~lle verschiedenster Art, die nach den ~Rrfahrungen mit Takata-Magnesiumchlorid-Reaktion voraussichtlich nega- t iv bleiben sollten, blieben auch mit der Goldsolreaktion durchaus negativ. In dieser Gruppe sind enthalten zahlreiche F~lle yon abgeheilter Pneumonie, Grippe, verschiedenen Ver- giftungen, Magen- und Duodenalgeschwtiren, ferner abgeheilte F~.lle yon Angina tonsillaris und yon halbwegs normalen In- dividuen usw.

Als zweite Gruppe erwAhnt seien die verschiedenen Leber- erkrankungen: tJntersueht wurden im ganzen 6 FMle yon Cirrhose, davon waren 4 alkoholisehe Cirrhosen (3 autoptisch best/itigt), I chrouische subakute Atrophie der Leber und I chronische cholangitische Cirrhose. Die 4 F~lle yon alko-

RIFT. i6. JAHRGANG. Nr. 45 157I

holischen Cirrhosen, bet denen Takata, Magnesiumchlorid stark positiv waren, ergaben auch komplett positive Goldsol- reaktion, wobei die Weii3flockung sich auf 2--1o R6hrchen erstreckte. In einem Falle gab auch die Ascitesfliissigkeit kom- plett positives Resu l t a t Der eine Fall yon chronischer sub- akuter Atrophie gab_drei WeiSflocknngen und positive Takata und R. Bauer-Reaktion. Der eine Fall yon cholangitiseher Cirrhose bet einem Albumin-Globulin-Quotienten yon i blieb mit Goldsol negativ, w~hrend Takata-Magnesiumchlorid schwach positiv war.

V on Icterus parenchymatosus wurden 7 F&lle untersueht. Davon waren komplet t positiv 2 F~tlle, wfitlrend mit Takata- Magnesiumchlorid nut I Fall positiv war. Dieser letztere be- traf eillen Fall yon Solvarsinikterns. In dem ersterell Falle yon schwerem parenchymat6sem Ikterus zeigte nut die stark positive Goldsolreaktion den schweren Parenchymschadeu all. /3emerkenswert ist, dab in diesem Falle der Albumin- Globulin-Quotient 4 : 6 betrug,

Ein Fall yon Icterus catarrhMis in voller Rekonvaleszenz ergab bet negativer Magnesinmchlorid- und Takata-Reaktion ein schwach positives l~esultat mit Goldsol.

F~lle yon VerschluBikterus verschiedeller Art wurden 8 un- tersucht; sie zeigten mit allen 3 Flockungsreaktionen durch- gehends negatives Resultat, t rotzdem der Albumin-Globulin- Quotient 6fters um I betrug.

Von Carcinomen wurden 8 FXtle nntersucht, darunter auch F~lle mit ausgedehnten Lebermetastasen. Bis auf eilleu Fall waren alle 3 Flockungsreaktionen negativ. In diesem einzigen Falle waren Takata- und Magnesiumchloridprobe schwach positiv, dagegen Goldsol stark positiv. In diesem Falle bestanden Knochenmetastasen bet Carcinoma mammae. Der Albumin-Globulin-Quotient betrug I.

Von Tuberkulosen hubert wir I8 F~lle ulltersucht; darunter waren 3 positive, und zwar I Fall mit Fungus des Kniegelenks und 2 F~!le mit Kavernen. Sehr bemerkenswert ist ein Fall mit tuberkuloseverdfi.chtigen Kniegelenksver~nderungen, bet dem die Goldsolreaktiou stark positiv war, wfihrend Takata- und Magensiumchloridprobe schwach positiv waren. Bet alien positiven F~llen waren die Globuline deutlich vermehrt.

Von luischen F~llen wurden 6 untersueht. In 3 davon war die Wassermanllsche Reaktion negativ, i n dreien positiv. 4 Fgdle waren mit den Flockungsproben negativ. In den 2 Wassermann-p0sitiven F~llen war das komplett positive Resultat der Flockungsreaktionen durch Leberver~llderullgen zu erklXren, und zwar durch Lues hepatis.

2 F~lle yon Basedow und I Fall yon Diabetes mellitus waren in allen Pr0ben negativ, ebenso 2 F~lle mit tlerzfehlern.

Ein besonderes Interesse.boten die folgenden 2 Fglle, vor allem durch das besonders stark positive Resultat der Goldsol- reaktion, indem nicht llur alle io R6hrchen WeiBflockung zeigten, sondern bet weiterer Verdiinnung lloch das 2o, ja das 3o. 1R6hrchen ebenso starke Reaktion zeigte.

Der eine Fall betlaf eine Pat. mit enormem Milztumor nnd einem Blutbefund, der am ehesten an aleuk~mische Lymphadenose erinnerte. Dieser Verdaeht wurde besti~rkt dutch das Resultat der Sternalpullktion. Da auch Takata- nnd Magnesiumchloridproben stark positiv waren und der Albumin-Globulin-Quotient I : 2 be- trug und die Leber etwas h~rter als normal war, h~tte man alle diese t3efunde anch im Sillne einer sple~omegalen Lebercirrhose deuten k6nnen, bet der ja anch Leukopenie und relative Lympho- cytose gefunden wird. Hier kam uns ein Befund zu Hilfe, den wir bisher nut beim Myelom erhoben hatten nnd der daher auf Kno- chenmarksver~tnderungen hillwies. Wit meinen das besonders hohe spezifische Gewicht des Blutsernms, welches in diesem Falle io37 betrug mit Gesamteiweil3gehalt yon Io,5%. Bekanntlich iw bet seltenen FXllen yon Leukamie der Bence-Jonessche EiweiBk6rper im Harn nachgewiesen und dieses Symptom auf die Knochenmarks- verXnderungen zurflekgefflhrt worden. In nnserem Falle bestand nnr geringste passagere Albuminurie ohne nachweisbarem t~ence- ]ones-t(6rper im Ham. Trotzdem konnfen wir aus der hochgradigen Hyperprotein~mie, aui die wir zun~chst durch die Flockungs- reaktion hingewiesen wurden, die sich aber andererseits trotz post- river Flockungsreaktionen bet den Cirrhosen nicht findet, die Diagnose auI aleuk~mische Lymphadenose mit leuk~.mischer Infiltration des l<nechenmarks stellen. Die Operation best~tigte die Diagnose, indem Milz und Leber leuk~mische YerAnderungen

I 5 7 2 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 16. J A H R G A N G . N r . 45 6. NOVEMBER I937

aufwiesen. Unseres Wissens ist es das erstemal, wo eine solche Diagnose durch den Nachweis der Hyperproteini~mie und das positive Resultat der Flockungsproben erm6glicht wurde.

Zwei ~ndere F~lle yon aleuk~miseher Lymphadenose mit be- tr~chtlicher Mitzschwellung zeigten weder Flockung noch hohes spezifisches Gewicht. Es entspricht dies der Erfahrung, dab auch die Bence-Jonessche Albuminurie bei Leuk~mie sehr selten ist. - - Noch interessanter war ein Fall mit fraglichem Mediastinaltumor, der sich r6ntgenologisch eher als suhsternale Struma deuten lieB. Augerdem bestand Ischia!gie. Hier waren Takata- und MgCI~- Reaktion stark positiv, die Goldsolreakfion zeigte WeiBflockung in lO--3o R6hrchen. Durch das besonders starke Resultat der Flok- kungsreaktionen wurden wir veranlaSt; das spezifische Gewicht des Serums zu bestimmen, welches lO39 betrug bei einer t{yperprotein- ~mie yon 12,5% und einem Albumin-Globulin-Quotienten yon I : 2,5. Dadurch war die Diagnose auf hochgradige Knochenmarks- ver~.nderungen gegeben, wie wir sie vor allem bei Myelom sehen. Es gelang uns auch, aus dem Harn, der 1--2% EiweiB enthielt, den ]3ence-Jones-K6rper durch Ammonsulfatflillung und nach- folgende Dialyse in 5promill. wAsseriger L6sung darzustellen. Auch die Knochenver~nderungen am SchXdel und Skelet sprachen Iflr Myelom. Trotzdem blieb noch ein Zweifel, ob nicht doch Tumor- metastasen im Knochen bestfinden. Gewil~heit f~r die Myelom- diagnose haben wir gewonnen durch eine unter R6ntgenkontrolle vorgenommene Sternalpunktion in der H6he der 2. Rippe, bei der nahezu eine Reinkultur yon Plasmamyelomzellen eihalten wurde. Die Sternalpunktion an der gewohnten Stelle in der H6he tier 4. Rippe hatte kein charakteristisches Resultat ergehen*.

Schon in meil ler Arbe i t fiber die Magnes iumchlor id- F lockungsreak t ion ist erw~thllt worden, dab es sehr seltene F~ille gibt, die ohne nachweisbare klinische Erk ra l lkung oder noch nach Abhei len geringfiigiger, sonst hie zur F lockung ff ihrender E rk ranku l lgen deut l iche F lockung zeigen. Ill mei- her damai igen Arbe i t erwXhnte ich eillen solchen Fal l yon rheu- mat i scher Facial isparese bei e inem jungen M/~dchen.

Auch diesmal Ianden wir bei einer jugendlichen Pat. mit leichtem Rheumatismus eine deutlich positive Goldsolreaktion mit WeiB- flockung in 6 R6hrchen und komplett positiver Takata- und Ma- gnesiumchloridflockung bei einem Alhumin-Globulin-Quotienten yon 5 : 7, daneben bestand aliment~re Galaktosurie yon 6 g. Trotz genauester Nachforschungen konnten wir fiir diese Ph~nomene vorlXufig keine Erkl~rung linden.

Solche Pa t i en t en miissen, wie wir schon ill der Magnesium- chlor idarbe i t hervorgehobel l haben, genauestens befragt wer- den, ob sie n ich t jemals EiweiBinjekt ionen erha l ten haben. Wir haben uns nXmlich davon fiberzeugt, dab auf viele Jah re zurt ickliegende, auch einmalige Serumil l jekt ionel l geniigell k6nnen, n m solche Globu l inve rmehrung und F lockung zu be- wirken. E in solches ]3eispiel habei1 wir auch neuerdings bei einer Pa t i en t in m i t mul t ip ler SMerose beobachte t , die bei l legat iver Taka t a - ulld Magnes iumehlor idprobe posi t ive Gold- solreakt ion ergab bei e inem Albul la in-Globul i l l -Quot ienten yon 6 : 5 . Diese Pa t i en t in h a t t e kurz vorher in t raven6se Typhusvacc ine in jek t ionen erhal ten. E in 2. Fal l yon mll l t ip ler Sklerose war durchaus negat iv .

Aus dem eben Gesagten ergibt sich, dab die neue Goldsol- reak t ion in kl inischer Hi l ls icht eine wer tvo l le Erg~inzullg der Proben von BAUER und TAKATA darstel!t . Dies l~iBt sieh n ich t nur deswegen behanpten , weft die neue Reak t ion m a n c h m a l allein pos i t iv ist und so z. t~. allein einen Ic terus ca tar rha l i s oder Tuberkulose oder mal igne Knoche l lmetas tasen anzeigt, sondern weil die Flockul lgsproben nach TAKATA und 1R. BATJ~R i ibe rhanpt bei e inem und demselben Falle n ich t i m m e r kon- s tan te Resu l t a t e geben. So k6nnell bei for t laufender Un te r - suchung bald die eine, bald die andere Probe posi t iv werden, wie wir dies sehon fiir Cirrhose naehgewiesen haben. Un- bekann t war auch bisher, dab die Resu l t a t e verschieden wet , den, wenn wir das Serum auch nur I Tag oder lgnger stehell lassen. Es kann dann heu te T a k a t a negat iv , ]3auer posi t iv sein, w~ihrend morgen der umgekehr te Fal l e in t r i t t . Die kli- nischen Resu l t a t e lassen sich dahin zus lmmenfassen , dab die Goldsolreakt ion wohl im allgemeil len der Taka ta - und ]3auer- probe ganz ~ihnliche Resu l t a t e gibt. Posi t ive Resu l t a t e f inden wir vor al lem bei Leberkra l lkhei ten , und zwar besonders bei Lebereirrhose, ferner in e ine r re la t iv kleinen Zahl bei Ic terus parenchymatosus , abe t so gut wie llie bei VerschluBikterus.

* Vorgestellt yon U. STRASSER in Ges. f. inn. Med. in Wien, 24. Juni !937.

Bei ausgedehnter Metas tas ie rung in der Leber haben wir vor- l~ufig nur nega t ive 1Resultate erhal ten. Posi t ive Reak t ionen f inden sich ferner in e inem gerillgen Prozen tsa tz schwerster Tuberkulose. ~3ber jene F~lle, die mi t Taka ta - und Bauer - Reak t ion bei Anaemia perniciosa posif iv reagieren, haben wir noch keine Erfahrul lg , wohl aber fiber eiuzelne F~ille, wo die F lockungen nach EiweiBinjekt ionen posi t iv werden und tiber die ganz einzelnen, bisher ullerkl~irten F lockungen bei scheill- ba r gesullden jugendhchen Ind iv iduen . Mall h a t bekannt t ich nach diesen Er fah rungen die Taka t a - und Magnesiumchlor id- Reak t ion als charakte l i s t i sch fiir Lebe re rk rankung be t r ach te t und dort , wo eine solche klillisch l l icht ohne weiteres erkenn- bar ist, wie bei dell schweren Tuberkulosen, eine sekund~re Lebersch~digung, wie pa renchymat6se und fet t ige Degene- ra t ion angel lommen. Man h a t ferner daraus dell SchluB ge- zogen, dab die Leber einen maBgebellden Einflul3 auf das Ver- h~ltnis zwischen Albuminen und Globulil len austibe. Diese durchaus logisch erscheinellde Meinung wird aber erscht i t te r t durch unsere ]3efunde bei Erkra l lkungel l des ldnochenmarks . Die Flockul lgsreakt io l len sind gerade hier am st/ irksten, wie die yon mir beschr iebenen F~lle yon M g e l o m a beweisen ulld der obenerw~hnte Fal l voi1 leuk~imischer I l l f i l t ra t ion des Kl lochenmarks . Es bes teh t wohl bei diesen F~illen n ich t nur eine Verschiebung des Albnmin-Globul i l l -Quot ienten , sondern eille durch die Globul invermehrung hervorgerufene Hyper - protein~mie. Le tz te re kann aber n icht allein mal3gebend sein, well auch F~lle mi t no rma lem spezif ischem Gewicht des Serums, wie F~ille yon tKnochenmetastasen bei Carc inomen ulld F~lle yon • Knochene rk rankungen deut l iche F lockung ergeben. Da wi t insbesondere bei Myelomen keine sicheren Leberver~l lderul lgen l inden, so k6nnen die pos i t iven F lockungen nicht al lgemein als pa thognomische Zeichen ftir Lebe re rk rankungen gelten. Auch der prillzipielle Eillflul3 der Leber funk t ion auf dell Albumin-Globu l in -Quot ien ten wird dadurch fraglich, ja es gibt sogar Autoren, die dem Knochen- m a r k die f i ihrende Rolle beztiglich des ]31uteiweiBbildes zu- weisen. Aus rein chemischen Grfinden mtissen wi t alle Flok- kungsreak t ionen lediglich Ms Zeichen der re la t iven Globulin- ve rmehru l lg deuten, denn eine solche l~Bt sich ill der fiber- wiegendell Mehrzahl der F~lle l lachweisen, wie wi t dies in ullserer Magnes iumchlor idarbe i t genall belegt haben. Manche Auto ren behaupten , dab sie re la t iv h~ufig posi t ive F lockungs- reakt ionen beobach te t haben, obwohl die Globul ine n ich t v e r m e h r t warell . Gellaue Durchs ich t der L i t e ra tu r zeigt, dab diese F~lle ~ugers t sel ten sind, woftir auch unsere E r f a h r n n g spricht . Won Globul invermehrung sprechen wit, wenn die Globulil le mehr als 4 ~ % des GesamteiweiBes bet ragen. Un te r diesem Prozen tsa tz habel l wir keine F lockung beobachte t . Merkwtirdig und der Erklfixung bedt irf t ig ble ibt es nut, dab t ro tz Globu l invermehrung die F locknngen re la t iv hXufig aus- bleiben resp. dab z. ]3. bei e inem Albumin-Globul in -Quot ien- t en ro l l I die Resu l t a t e durchaus wechselnd sind, wobei z. t3. ceteris par ibus FMle yon Pa renchymik te rus viel eher zur F lockung lleigell als solche yon VerschluBikterus. Wi r mtissen vorl~iufig daran festhal ten, dab alle F lockungsreak t ionen zll- n~chst auf Globu l invermehrung beruhen. W e n n die F lockun- gen t ro tz Globu l invermehrung ansbleiben, gibt es mehrere Vermutunge l l : E n t w e d e r zeigen ullsere Globulinal lalysel l n ich t die wahren Verh~Itnisse an oder sind die Globuline bei den in Be t r ach t kommel lden Krankhe i t en i rgendwie ver~indert, so dab sie n icht so leicht zur F lockung zusammenbal len . ~;ine dr i t t e M6glichkeit , die speziell ftir die Goldsolreakt ion ill Be- t r ach t k/ime, w~ire, dab im Serum negat ive , insbesonders mehr - wer t ige I o n e n vo rhanden seien, die die posit ivell Ladullgel l des Globulins neutral is ieren und so die F, l l t ladung des nega- r iven Goldsols verhindern . Solche Goldsol-schtitzellde Fak- toren silld j a im Ul t r a f i l t r a t des Serums yon CHROMEYZXA 6 nachgewiesen worden, doch in so gerillger Konzen t ra t ion , dab sie bei den yon uns verwel lde ten Verdf innungen keinen EinfluB ausfiben k6nnell. Wir besitzen daher derzei t keine ausreichende Erkl~irung daffir, dab mi t der Ve rmehrung der Globuline im Serum nicht regelm~Big die F lockungsproben posi t iv werden.

Die neue, yon uns hier geschilderte Serum-Globul inreakt ion h a t uns fiber das }Klinisehe hinaus noch eine wer tvol le Er -

6. NOVEMBER 1937 K L I N 1 S C H E W O C H E N S C H

kenntnis gebrach t : Es ist bekannt , dab der t3ence-Jonessche Eiweil3k6rper bei Myelom, care inomat6sen und leuk~tmischen Knochenmarksver /~uderungen wohl im H a r n gefunden wurde, dab es aber niemals ge!ungen ist, diesen K6rper im Serum in gr6Berer Menge nachzuweisen. In jf ingster Zeit baben VIG~ATI und RAUC~IEN~ERGER ~ ohne s t r ik te Beweise gemeint , dal3 die Eiweig- resp. Globul invermehrung nur durch den Bence-Jonesschen B26rper im Serum bedingt sei. Wir glauben, nachgewiesen zu haben, dab dies n icht der Tall ist, soudern dab in diesen F~llen eine echte Hyperg lobul in~mie vorliegt .

Wi t hagen nAmlich den Bence-Jonesschen l (6rper du tch Ammonsul fa t f~ l lung und nachfolgende Dialyse aus dem er- w~thnten Myelomharn in 3 - -hp romi l l . L6sung dargestel l t , Mit einer so konzeut r ie r ten L6sung l~13t sich die Goldsolreaktion leicht anstellen, da ja be im Arbei ten mi t einer Serumverdf in- hung yon ~ : 4oo die Globuline noch viel mehr verdf innt sind. Diese 5 promill . Bence-Jones-L6sung gibt bei abste igenden Ver- df innungen keinerlei Ver~nderung der Goldsoll6sung. Der Bence-Jonessche Eiwei/3k6rper gibt also in den t (onzent ra- t ionen, in denen er im Serum v o r k o m m e n k6nnte, keine Gold- solflockung. Die bei den Knochenmarkse rk rankungen auf- t r e t enden F lockungen sind daher wirkl ich Globulinf lockungen und es gehen daher die Hyperpro te in~mien bei diesen Er - k rankungen m i t eehter Globul invermehrung einher.

L i t e r a t u r : ~ S C H I N D E L , Klin. Wschr. z934, 221. -- s TAKATA, Monographie. Xobe 1935 -- JEZL~R, Z. klin. IVied. H4, 739 (I93O). _ _ 8 RICHARD BAUER, Ned. Xlin. i934, 23o; I935, lO76. -- a WEIN- ~RAUB U. PRESSER, Z. Immun.forsch. 19~ 3. -- ~ R. BAUER, Med. Klin. I935, IO75. - - ~ Klin. Wsehr. I935, 580. -- ~ Xlin. Wschr. 1937 , 62.

(JBER DIE GUNSTIGE WIRKUNG DES DETOXINS BEI SCHWEREN LEBERREFRAKT~REN AN)~MIEN.

Von

~ . TOENNIESSEN u n d F. Bt~CKER. Aus der Inneren Abteilung des Stadtkrankenhauses Kassel

(Leitender Arzt: ProL Dr. E. TOENNIESSEN) .

Bei e inem Fal le yon hyperchromer , leberref rakt~rer An- ~tmie mi t F ieber und Mi lz tumor h a t t e der eine yon uns (T.) einen toxischen evtl . infekt i6sen Vorgang als Ursache der Nichtbee inf luBbarkei t der E r k r a n k u n g angenommen und des- ha lb De tox in angewendet . Da der Erfolg ein absolu t e inwand- freier war (s. Tal l I der folgenden Ausffihrungen), haben wir sp~terhin eine Reihe yon schweren An~tmien mi t De tox in behande l t und m6chten nun fiber unsere E r fah rungen be- r ichten.

2Fall1: Wilhelm R., 34 Jahre alt, WeiBbinder. Die Familien- anamnese bietet nichts Besonderes. Er selbst sei frtiher hie ernst- lich krank gewesen. Bei seiner Aufnahme ins Krankenhans gibt er an, dab er sich seit 4 Wochen immer sehr schlapp fiihle und sehr blab geworden sei. Der Appetit sei schlecht, Magenbeschwerden habe er hie gehabt. Nie 13rennen auf der Zunge.

Bcfund: Starke I31~sse mit gelblichem Einschlag. Skleren leicht gelblich. Schleimhaut der Zunge etwas atrophisch und glatt. Lunge o .B . Am Herzen ein systolisches Ger~usch. Leber nieht palpabel, l~Iilz deutlieh ffihlbar, mit derbem Rand. Nervensystem o. t3. Fraktionierte Magenausheberung: Freie HC1 im Maximum 20, Gesamtacidit~t 4 o. Stuhl bei wiederholten Untersuchungen Irei yon Wurmeiern und Bandwurmgliedern (anch der Pat. hat solche hie bemerkt). Urin: Urobilinogen leicht vermehrt, Urobilin- und Bilirubinprobe negativ. Wassermann negativ. 131utstatus: H~mo- globin 30%, r o t e Blutk6rperchen 1,28 Millionen, weiBe 52oo; FXrbeindex t,25. 131utausstrich: Starke Poikilocytose, Aniso- cytose, Polychromasie, viele Megalocyten, Megaloblasten, Normo- blasten. Gr613enbestimmung der roten 131utk6rperehen war uns damals noeh nicht m6glieh. Segmentkernige 5 o, Stabk. 8, Eosino- phile 0,5, Lymphocyten 38, Monocyten 3,5%. Blntkultur: Kein Bakterienwachstum.

Verlau[: Die ersten Woehen subfebrile Temperaturen mit Tagesschwankungen yon 37,2--38,2 ~ Die Therapie und ihre Erfolge zeigt die Kurve. Man erkennt, dab trotz txglieher Ein- spritzung -con 2real 2 ccm Pern~myl, oraler Darreichung yon 2 Tabl. Arsacetin, 6 Pil. ferr. reduct., Salzs/~ure-Pepsin das I-IAmo- globin auf 25% f~llt. Die weitere Zugabe yon Ventr~mon t~tglieh I Tabl., sowie 2 Bluttrans~usionen yon je 400 cem k6nnen den

R I F T . ~6. J A H R G A N G . N r . 45 I 5 7 3

Abfall des Hgmoglobins auf 20% in der 8. Woche nicht aufhalten. Nun werden sgmtliche Arzneimittel abgesetzt und jeden 3. Tag 6 ccm Detoxin intramuskulgr gegeben, nnd zwar im ganzen 6 Ein- spritzungen. Der Erfolg war verblfiffend. Das Hgmoglobin steigt in dieser Zeit auf 44%. Die subfebrilen Temperaturen werden normal, das Allgemeinbefinden ist wesentlich besser geworden.

Zur Kontrolle, ob der Erfolg wirklich auf De~oxin zurfick- zuffihren war, setzten wir Detoxin ab und gaben wiederum Arsen- eisen, wie die Kurve zeigt, ohne Erfolg. Erst auf weitere seehs Detoxineinspritzungen ]eden 3. Tag steigt das H~moglobin au{ 60 %. Der Patient ffihlt sich so wohl, dab er seine Entlassung verlangt. Er erhMt yon seinem Hausarzt weitere Detoxineinspritzungen und stellt sich in der 25. Woche mit 75 % Iff~moglobin vor.

Ein Jahr sp~tter erscheint der Pat. wieder. Er hat ab und zu eine PernXmyl- u n d Detoxineinspritzung erhalten und dabei gearbeitet. Seit kurzer Zeit ffihlt er sich sehr elend. Das Blut enth~tlt nur noch lO% H~moglobin. In kombinierter Therapie yon Detoxin, PernAmyl, Eisen, Arsen und einer ]31uttransfusion geht das H~moglobin in 11 Woehen auf 53 %. Es ist dabei bemerkens- wert, dab das H~moglobin stehenbleibt, als versuchsweise an Stelle yon Detoxin Myjod gegeben wird.

Jetzt, nach 3 ]ahren, teilt uns tier I-Iansarzt mit, dab der Pat. die ganze Zeit roll arbeitsf~hig war. Das H~moglobin habe Schwan- kungen gezeigt, worauf Leber- und Detoxineinspritzungen gemacht wurden. Zur Zeit stehe das HXmoglobin bei 6o%.

80 [ [ I t i

ii ~ J ~

zo @

2o ~- 15f 2 3 q 5 6 7

7 K . . . . . . Z _ _ _

- -

- - i

3 10 II 12 /3 I~ 15 16 17 Wochen~

Epikrise: Bei dem 3r Pa t i en ten hande l te es sich u m eine makrocyt~tre, hype reh rome An,tmie v o m T y p der per- nizi6sen An~mie mi t le ieh tem Ikterus , ve rmehr t e r Urobi l ino- genausscheidung, Zungenatrophie , h a r t e m Milztumor. I m Magensaf t land sich jedoch freie Salzs~ture, ferner war die AnXmie gegen ausreichende Lebere inspr i tzungen, gegen Eisen, Arsen, Ven t r~mon sowie gegen Blu t t ransfus ionen refraktXr. Lebensre t t end wirk ten Einspr i tzungen yon Detox in und ver- halfen zu einer wei tgehenden Remission.

Eine Botr iocephalusan~mie, eine An~mie durch mal igne Tumoren , durch Lues, Blei (WeiBbinderl) lieB sich aus- schliel3en. Eine echfe pernizi6se An~mie w~re t ro tz freier Salzs~ure im Magen theore t i sch m6glich. 2 r

land, dab der Ant ipernie iosa-Stoff im Pylorus te i l des Magens und im D u o d e n u m gebi ldet wird. So erklXrt es sich, dab nach Magenresekt ion so sel ten pernizi6se AnXmie auf t r i t t , da im D u o d e n u m noch genfigend Casflescher F a k t o r gebi ldet wird. Anderersei ts is t es m6glich, dab eirie pernizihse An~mie ents teht , wenn die Sch le imhauta t roph ie ausschlieBlich die Pylorusregion und das D u o d e n u m bef~llt und den Fundus des Magens verschont .

Besser jedoch schein~ die vor l iegende E r k r a n k u n g zu den sel tenen F~llen zu passen, die WILKINSON und ISRAELS Unter dem N a m e u , ,Achrestische A n ~ m i e n " beschrieben haben. Es hande l t sich u m megalocyt~re An~mien mi t Neutropenie , die gleich der unsr igen leberref rakt~r waren und freie Salz- saute im Magen aufwiesen. Durch Blu t t ransfus ionen konnte das Leben verl~tngert werden, doch s ta rben 3 yon 4 Kranken . D i e A u t o r e n glaubten, dab zwar Castleseher Fak• gebildet , aber n ich t ausgenfi tzt werde (daher der Name).

Du tch diesen unzweife lhaf ten Erfo lg mi t De tox in ermut ig t , ve r sueh ten wir De tox in auch bei anderen schweren Blut - krankhei ten , zun~chst bei mehreren schweren F~llen von pernizi6ser A n ~ m i e .

Fall 2: Wilhelm/3., 54 Jahre alt, Ingenieur. Familienanamnese o .B . 1921 Gelbsucht mit Fieber ohne Sehmerzen. 1926--1933