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(Aus der Genetisehen Abteilung des Kaiser Wilhelm-Instituts ffir I-]irnforsehung, Berlin.) EINE SOMATISCHE RUCK-GENOVARIATION BEI DROSOPHILA MELANOGASTER. Von N. W. TIMOF~EFF-I~ESSOVSKY. Mit 1 Textabbildung. (Eingegangen am 15. Dezember 1927.) Inhaltsiibersicht. Seite 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 2. Somatische Riick-Genovariation des Gens yellow .......... 247 3. Rtick-Genovariation (?) des Gcns peach . . . . . . . . . . . . . . 251 4. Zusammenfassung ........................ 252 5. Literaturverzeichnis ....................... 252 1. Einleitung. l~ber die erbliche Mutabilit~t der Drosophila melanogaster liegt, dank der Arbeiten der MogoA~schen Schule, schon ein auBerordentlich um- fangreiches und exaktes Material vor. Es ist schon die ungef~ihre, nor- male Frequenz der Genovariationen (--~ Mutationen) bei dieser Art be- kannt. ])as zurzeit vorliegende Material zeigt auch, dai] versehiedene C_~elleverschieden h~ufig der Genovariation unterliegen: es gibt Gene, bei denen schon sehr oft (25real un4 6fter) Genovariationen beobachtet wur- den und andererseits solche, die wiihrend der ganzen Zeit, seit der mit Drosophila gearbeitet wird, nur eine Genovariation ergaben. Auf Grund vorhandener Angaben fiber das erste Auftreten versehiedener Genovaria- tionen konnten auch die Stadien in der Keimbahn, in denen der Geno- ~r stattfindet, iestgestellt werden (C. B. BRIDGES 1919, H. J. MVLLER 1820). Es hat sich herausgestellt, dal] dig Gcnovariationen am h~tufigsten kurz vor der Reduktionsteilung entstehen; sie k6nnen aber auch in jiingeren Gencrationen der Geschlechtszellen und auch naeh der Befruchtung, in den Furchungszellen stattfinden. Im letzteren Fall ent- stehen mosaikartige Exemplare, bei denen nur die K6rperteile die Geno- variation manifestieren, die yon der Furchungszelle stammen, in der diese Genovariation entstanden ist. Solche FSlle werden ,,somatische Genovariationen (~- Mutationen)" genannt (H. J. MVLLE~ 1920, O. L. !Y~O~R 1923). W. Roux' Archly f. Entwicklungsmechanik Bd. 113. 17

Eine somatische Rück-Genovariation bei Drosophila melanogaster

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Page 1: Eine somatische Rück-Genovariation bei Drosophila melanogaster

(Aus der Genetisehen Abteilung des Kaiser Wilhelm-Instituts ffir I-]irnforsehung, Berlin.)

E INE SOMATISCHE RUCK-GENOVARIATION BEI DROSOPHILA MELANOGASTER.

Von

N. W. TIMOF~EFF-I~ESSOVSKY.

Mit 1 Textabbildung. (Eingegangen am 15. Dezember 1927.)

Inhaltsiibersicht. Seite 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 2. Somatische Riick-Genovariation des Gens yellow . . . . . . . . . . 247 3. Rtick-Genovariation (?) des Gcns peach . . . . . . . . . . . . . . 251 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 5. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252

1. Einleitung.

l~ber die erbliche Mutabilit~t der Drosophila melanogaster liegt, dank der Arbei ten der MogoA~schen Schule, schon ein auBerordentlich um- fangreiches und exaktes Material vor. Es ist schon die ungef~ihre, nor- male Frequenz der Genovariationen (--~ Mutationen) bei dieser Art be- kannt . ])as zurzeit vorliegende Material zeigt auch, dai] versehiedene C_~elle verschieden h~ufig der Genovariat ion unterliegen: es gibt Gene, bei denen schon sehr oft (25real un4 6fter) Genovariationen beobachtet wur- den und andererseits solche, die wiihrend der ganzen Zeit, seit der mi t Drosophila gearbeitet wird, nur eine Genovariation ergaben. Auf Grund vorhandener Angaben fiber das erste Auftreten versehiedener Genovaria- t ionen konnten auch die Stadien in der Keimbahn, in denen der Geno- ~r stattfindet, iestgestellt werden (C. B. BRIDGES 1919, H. J . MVLLER 1820). Es ha t sich herausgestellt, dal] dig Gcnovariationen a m h~tufigsten kurz vor der Reduktionsteilung entstehen; sie k6nnen aber auch in jiingeren Gencrationen der Geschlechtszellen und auch naeh der Befruchtung, in den Furchungszellen stattfinden. I m letzteren Fall ent- stehen mosaikart ige Exemplare, bei denen nur die K6rperteile die Geno- var ia t ion manifestieren, die yon der Furchungszelle stammen, in der diese Genovariat ion ents tanden ist. Solche FSlle werden ,,somatische Genovariat ionen (~- Mutat ionen)" genannt (H. J. MVLLE~ 1920, O. L. !Y~O~R 1923).

W. Roux' Archly f. Entwicklungsmechanik Bd. 113. 17

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246 N. W. Timof~eff-Ressovsky:

Viel weniger ist fiber Riick-Genovaria~ionen bei Drosophila bekannt. Bis jetzt ist eigentlich sogar die ]?rage, ob Rfick-Genovariationcn( -~ Riickmutationen) rezessiver Gene wh'klich vorkommen, noch nicht end- gfiltig gel6st. Diese Frage hat bes t immt eine groBe Bedeutung Iiir die Ausarbeitung unserer theoretischen Vorstellungen fiber die stoffliche Na tur tier Gene. :Die Entseheidung dieser Frage wird aber d~dureh er- schwert, daft in den Fallen, wo in homozygoten Kul turen rezessiver Geno- variationen das Auftreten normaler Fliegen beobaehtet ~drd, hnmer irgendeine zuIal]ige Verui~reiifigung der Kul tu r vermute t werden kann.

W~hrend der Drosophila-Arbeiten der Mo~G.~Nsehen Sehule ~l l rde mehrere Mal das Auftreten normaler Fliegen in homozygoten Kul turen rezessiver Genovariationen beobaehtet (T. H. MORGA~r 1926). Da diese FSlle aber wahrscheinlieh nieht genfigend kontrolliert wurden, so 15ftt MORGA~r die Frage, ob es sieh bier wirklich um l~fiek-Genovariationen handelte, often. Von mir wurde bei Drosophila ]unebris eine Rtick-Geno- variat ion des rezessiven Gens radius incompletus besehrieben (N. W. TI- ~OFkEYF-RF, SSOVSK:f 1925). Ich nehme an, dab es sich in diesem Fall um eine wirkliehe Riick-GenovarJation und nich~ um irgendeine Ver- unreinigung der Kul tur handelte. Er kann abet auch, gewift, die Frage nieht absolut und endgiiltig 15sen, da, wie aueh in allen 5hnlichen F~I- ]en, die MSgliehkeit dceh besteht, dab es sich um irgendeinen, zwar sehr nnwahrseheinliehen, Zufall handelt, der mit einer t~ek-Genovar ia t ion niehts zu tun hat. Die Genovaria~ionen im Bar-Locus kommen nieht in Betracht, da es sieh bei ihnen um einen besonderen Spezialfall handelt , der anders erkl~rt wird (A. H. STV~TEWt~T 1925).

Es ist aber eine andere Reihe yon T~tsachen bekannt, die die prinzi- pielle MSglichkeit der Riick-Genov~riationen beweist.

M. DEME~EC hat drei rezessive Gene bei Drosophila virilis besehrieber~ (M. DEMEsne 1926 a, 1926 b, 1927), die sehr hSufig zu dem normalert Typus zurfiekschlagen. Diese Gene bilden, gewift, eine Spezialgruppe, unterseheiden sieh s tark yon den anderen in ihrer Mutabilit~t und er- fordern eine eigene Untersuehung und ErklSrung. Allgemein aufgefaB~ zeigen abet diese Gene folgendes : durch Genovariation sind neue rezessive Gene entstanden; aus irgendwelchen Grfinden sind sie nicht stabil und kehren h~ufig zu der stabilen, nornmlen Form zuriick. Fiir uns is~ in diesem Fall wiehtig, dab dadurch die M6glichkeit des ,,Besehreitens des ]~iiekweges" ffir rezessive Genovaria~ionen gezeigt wird.

Einen anderen Beweis liefern die multiplen Allelomorphenreihen. ])us Gen white ist in einer normalen Kul tu r entstanden. I n einer white- Ku]tur entstand das Gen eosin. Ein anderes Mal ist dieselbe Genovariatior~ eosin in einer norma]en Kul tur entstanden ; eosin hat seinerseits clie Geno- variat ion white ergeben (T. I t . Mo~GA~ ~, C. B. B~])GES, A. I t . STUI~TE- ~ANT 1925). Dieses Beispiel allcin zcigt schon, dai.~ es sich, mindestens i~

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Eine somatische Riick-Genovariation bei Drosophila melanogaster. 247

diesem :Fall, bei der Ents tehung rezessiver Genovariationen nieht um irgendeinen grob-morphologischen Verlust handelt, der den ,,Rilckweg" ffir die Genovariation sehr unwahrscheinlich machcn wfirdo.

SchlieBlich sind einige F~ille bekannt, die am besten durch die An- nahme einer somatischen I~fick-Genovariation erkl~irt werden k6nnen. In einer vestigal-Kultur t r a t eine Fliege auf, bei der der rcchte Flfigcl normal war; in einer anderen Kul tu r (white) ist ein Mhnnchen aufge- treten, bei dem das rechte Auge white und das linke normal war (T. H. ~'[ORGAZq and C. ]3. BRIDGES 1919). O .L . I~[OHR hat einen vermutlichen G~mandromorphen beschrieben (Gynandromorph? 1365), bei dem viel- leicht eine somatische Genovariation des Gens ruby e zum normalen Typus s tat tgefunden ha t (0. L. MOHa 1922).

Somatische l~tick-Genovariationen kSnnen die Frage endgfiltig 15sen, da hier kein Zweifel wegen der MSglichkeit irgendeiner Verunrehligmlg der Kultur , entstehen karm. Leider sind die oben erwhhnten F/~lle nnr vor~bergehend besehrieben und nich~ genauer analysierb worden.

In dieser Arbeit wird eine somatische Riick-Genovariation des Gens yellow beschrieben, bei der ein Tell der Gesehlechtszellen das neuent- standene normale Gen auch enthielt. Es wurden schon frtiher mosaik- artige, durch somatische Genovariation entstandene Exemplare beschrie- ben, bei denen auch Bin Tell der Gesehleehtszellen die Genovariation ent- hiel~ (H. J . ~r 1920, O. L. MOI~R 1923). Solche F~ille sind besonders wertvoll, da sic eine genetische Priifung der somatiseh neuentstandenen Genovariation ermSglie .hen.

Es wird in dieser Arbeit auch ein anderer Fall erwghn~, in dem es sieh wahrscheinlich auch um eine Riiek-Genovariation des Gens peach handelt.

2. Somat isehe Ri ick-Genovar ia t ion des Gens yel low.

In einer homozygoten y c v v ]-Massenkultur 1 wurde ein Weibchen gefunden, bei dem ungefghr die tttilfte des K6rpers nieht yellow, sondern normal gefiirbt war.

Diese Fliege ist in der beigef/igten Abb. dargestellt. Das Weibchen ist ein sehr sch6nes bilaterales Mosaik, bei dem die reehte Hhlfte normal und die linke yellow gefarbt ist. I m Abdomen geht die Grenze genau in der l~fedianlinie, so dab die rechte, normal gef/irbte und die linke, yellow. Hali te gleieh, groB sind. Der Thorax ist auch in beinahe ganz gleiche normal- und yellow-H:glften verteilt. Alle reehten Beine sind normal, alle linken yellow; der reehte Fliigel ist normal gefarbt, der linke yellow; nur im Scutellum geht die Grenze ein wenig schr/ig, yon vorne - - rechts

1 y = yellow, gelbe KSrperfarbe; cv = crossveinless, Fehlen der Queradern; v = vermilion, Augenfarbe zinnober; ~ = forked, abnorme, geg~belte Borstcn. _4lie diese Gene sind rezessiv und liegen im X-Chromosom. Diese Kultur h~be ieh nach Weihnaehten 1926 yon tIerrn Dr. C. STE~ erhalten.

17"

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nach hinten ~ links. Am Kopfe geht die Grenze yon der Medianlinie vorn nach hinten links, so, dab der grSi~ere Tell des Kopfes normal ge- f~rbt ist. Die anderen Gene haben sich im ganzen KSrper der Fliege manifestiert : beide Augen sind vermilion, alle Borsten sind [orIced und beide Flfigel sind erossveinless.

Abb. 1. Weibchen aus einer homozygo ten y c v v f - K u l t u r , bei d e m die Unke KOrperh~lfte ye l l ow und die reeh te normal gef~irbt ist .

Nachdem dieses Weibchen gezeichnet war, wurde es mit einem y % v [- M~nnchen aus derselben Kul tu r gekreuzt. 4 Tage ha t das Paar im ersten Gl~schen gesessen; nachdem das Weibehen hier Eier abgelegt hat te , wurde das Paar in ein zweites Gl~schen iiberfiihrt, wo das Weibchen auch Eier ablegte, aber, wahrscheinlich schon im Laufe des zweiten Tages, im Fut te r er trunken ist. Von dieser Kreuzung wurden abet doch, aus den beiden Gl~schen 164 F1-Fliegen (79 ~ ~ und 85 ~ ) erhalten.

I n Tabelle 1 ist F t yon der Tabelle 1. 9y/Ycvvf • 3yc~vf.

Nr. der Kreuzung

187

9 9 yc~vfl c~vf

64 15

I c~vf

67 18

Kreuzung des mosaikart igen y / Y% v/-Weibchen mit dem y % v ]- M~nnchen angegeben. Neben den y % v [ sind, ungef~hr im Verh~lt- his 4 : 1, auch % v [-Weibchen und -M~rmchen erschienen. Das zeigt,

da~ ein Teil der Geschlechtszellen des mosaikartigen Weibchens s ta t t des Gens yellow den normalen Allelomorphen dieses Gens enthielt. Die y % v [ und c v v [ F1-Fliegen wurden untereinander in verschiedenen Kombinat ionen weiter gekreuzt.

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Auf Tabe l le 2 s ind die K r e u z u n g e n zwischen % v ] -Weibchen u n d -M/~nnchen aus iv1 der K r e u z u n g Nr . 187 (Tabel le 1) angefi ihrL Diese v ier K r e u z u n g e n e rgaben z u s a m m e n 204 c v v / - W e i b c h e n , 102 y e v v / -

M/tnnchen und 105cvv].M~nnchen. Tabelle 2. 9 9 c v v f • ~ ~c~,vf aus F~ Diese S p a l t u n g zeigt , d a b d ie c v v / - der Kreuzung Nr. 187. W e i b c h e n aus Fx der K r e u z u n g Nr . 187 (Tabel le 1) he t e rozygo t ffir Nr. der Kreuzungen yellow waren, dal~ aber die c v v / - M/~nnchen das Gen yellow gar n ich t 217 en th ie l ten . 219

Tabe l le 3 bring~ sechs Kreu- 220 zungen der CvV/-Weibchen aus F1 227 der K r e u z u n g Nr . 187 m i t y % v / - Total:

c~vf ycvv f ] c,,vf

52 26 24 73 36 45 41 22 17 38 18 19

204 102 105

M/~nnchen ebenfal ls aus F1 der Kxeuzung Nr . 187. Diese K r e u z u n g e n h a b e n z u s a m m e n 1 1 4 y % v]-~_~_, 120% v]-~_~_, 117 y e v v / - ~ u n d

Tabelle 3. $ ~_cvv f • (~ 3yc~v faus F, der

Kreuzung Nr. 187.

Nr. der ~ Kreuzungen

218 19 222 16 223 28 226 12 228 22 231 17

Total: 114

~ v f yc~vf c~vf

14 15 16 29 24 27 15 11 13 20 24 27 19 19 24

120 117 129

Tabelle 4. Syc~v f • (~ (~c~vf aus F1 der Kreuzung 187.

2"21 27 25 225 40 44 230 39 43 232 43 37 234 24 19 235 38 37

Total: 211 205

129 c v v / - ~ ~ ergeben. Diese S p a l t u n g beweis t wieder die H e t e roz ygo t i e de r c o v / - W e i b c h e n aus K r e u z u n g Nr . 187 fiir das Gen yellow.

Auf Tabe l le 4 s ind sechs K r e u z u n g e n der f ie v v / - W e i b c h e n m i t c v v ]- M/~nnchen aus F1 der K r e u z u n g Nr. 187 (Ta- belle 1) angeff ihr t . Sie e rgaben z u s a m m e n 2 1 1 % v/-~_~2 u n d 205 y c v v / - ~ .

Aul3erdem w u r d e n noch vier Kreuzungen der yellow (y % v / ) - W e i b c h e n u n d M/~nnchen aus Fx der K r e u z u n g Nr . 187 (Tabel le 1) mi t - e inander anges te l l t . Diese K r e u z u n g e n s ind in de r Tabe l le 5 angef i ihr t . Sie ergaben, wie zu e r w a r t e n war , nu r y % v / - F l i e g e n .

Al le oben angef t ih r ten K r e u z u n g e n zeigen fo lgendes : Bei dem b i l a t e r a l mosa ika r t i gen

Tabelle 5. ~. ~yc, ,v f • (~ (~ycvvf aus

F 1 der Kreuzung 187.

Nr. der Kreuzungen

216 224 229 233

Total:

'yc~vf

31 37 42 39 35 34 38 40

146 150

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250 N. W. Timof~eff-Ressovsky:

Weibchen enthielt auch ein Tell der Gesehlechtszellen die neuent- standene , ,normale" Genovariation. Deshalb war ein Tell ihrer Nach- kommenschaf t i n / :1 ph/inotypisch normal. ~Venn man annimmt, dab eine yon den beiden Gonaden des mosaikartigen Weibchens aus der Furehungszelle entstanden ist, in der die Riiek-Genovariat iot l auf- trat , so muB diese Gonade heterozygote (fiir das Gen yellow) Ge- sehleehtszellen enthalten haben (da wir wissen, dM3 bei Drosophila die Genovariationen heterozygot, d. h. in einem der beiden allelomorphen Chromosome, entstehen). Wenn man welter annimmt, dag beide Gona- den ungefiihr die gleiehe Zahl yon Eier liefern, so miigte bei diesem Weib- ehen etwa ein Viertel der Eier die neuentstandene R/ick-Genovariafion enthalten (da eine Gonade homozygote yellow-Geschlechtszellen und die andere heterozygote enthielt). Das tatsSehliche, in avl der Kreuzung Nr. 187 (Tabelle 1)o erhMtene Verh~tltnis der yellow- und Nieht-yellow- Fliegen weieht nieht allzu s tark ab (etwa ein Ffinftel Nicht-yellow-Flie- gen) yon dam, auf Grund obiger l~'berlegungen zu erwartendem. Eine solehe Annahme isg sehr wahrseheinlieh, da ein i~hnlieher Fall sehon friiher beobaehtet wurde. O. L. MOHR hat ein mosMkartiges M~tnnehen besehrieben, das durch eine somatische singed 3_Genovariation entstanden ist (0. L. MoHR 1923). Dieses MosMk-Mfinnchen war ebenso, wie das hier besehriebene Weibchen, nahezu exakt bilateral. Es erwies sich auch bei der Weiterzueht, dab bei diesem M~nnehen ein Tell der Geschleehtszellen das neuentstandene Gen 8na enthielt. Wir kSnnen also auch in unserem FM1 annehmen, da B wahrseheinlich in einem der beiden ersten Furehungs- kerne eine Riick-Genovariation des Gens yellow aufgetreten ist. Dadurch ist ein bilateral mosMkartiges Weibehen entstanden, bei dam die eine Gonade fiir diese l~iick-Genovariation heterozygot war. Deshalb ergab dieses ~Veibchen in -~1 der Kreuzung 187 etwa ein Fiinftel ph/inotypiseh normaler Weibchen und M/innchen. ~Veitere Kreuzungen dieser F1-Flie- gen best/itigen, dab die Nicht-yeUow-Weibchen heterozygot waren (Ta- belle 2 und 3), die yellow-Weibehen homozygot waren und keine ,,nor- rome" Eier produzierten (Tabelle 4 und 5) und dab die yellow- und Nicht- yelIow-Mgmmhen, wie zu erwarten, rein waren und aueh keine unerwar- teten Naehkommen erzeugten.

Alles spricht also dafiir, dab es sich hier tatsiichlich nm eine somati- sehe R/ick-Genovariation des Gens yellow handelt. Gegen die Annahme einer somatisehen Genovariation kSnnte man aber doch noah folgendes einwenden. Man kSnnte annehmen, dab eine somatische, dominante, mit yellow gekoppelte Genovariation ents tanden ist, die die Wirkung und Manifestierung des Gens yellow unterdriickt. U m diese Annahme zu priifen, wurden c v v/-~Veibehen und -M~nnehen aus der Kreuzung Nr. 220 (Tabelle 2) miteinander gekreuzt. Ein Tell dieser Kreuzungen ergab keine yellow-Fliegen (da etwa die H~lfte dere, , v ]-~2 ~ aus den

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Eine somatische Rfick -Gcnovariation bei Drosophila melanogaster. 251

:Kreuzungen der Tabelle 2 homozygo~ nieht-yellow war). So wurde also eine homozygote NiehVyeUow-Kul tur erzielt. Ein c v v / - W e i b e h e n aus dieser Kultur wurde mit einem normalen M/innchen aus einer ganz anderen Kultur gekreuzt. Drei hetcrozygote FrWeibchen aus dieser /Z_reuzung wurden wieder mit normalen M/innchen gekreuzt. Das Ile- sultat dieser Kreuzungen (Nr. 249, 250 und 254) ist auf Tabelle 6 an- gegeben (die drei Kreuzungen sind summiert). Wiire die Manifestierung des Gcns yellow durch einen dominanten, mit yellow gekoppelten Faktor unterdr/iekt, so mfil~ten in diesen Kreuzungen durch crossing-over yellow- M~tnnehen entstehen. Tabelle 6 zeigt, da~, obwohl die Zahl der F~-Flie-

Nr. dcr ]Lreuzungcn

249, 250

+ Tabelle6. ~ ~ x c ~ + -

y : % v /

u. 254

Total - @ -

g76 193

c~3 +

61

c~,vf I

56

c, v f

13 12

C I V

17

f c,,f v

21 2 1

gen genfigend groB ist und alle crossover-Klassen normale Verhfiltnisse zeigen, doehke ine inz igesye l low-Mf innchenau fge t re t en i s t . Die Ammhme eines dominanten Hemmungsfaktors f~llt weg. Da bei dem Auftreten des mosaikartigen Weibchen irgendeine Verunreinigung der Kultur nicht in Betraeht kommt, so kann man diesen Fall fiir einen absoluten :Beweis der Existenz yon Riiek-Genov~riationen halten.

3. Ri ick-Genovariat ion? des gens peach. In eincr homozygoten I I I pl-Massenkultur 1 wurde ein Miinnchen mit

,carlel-Augen gefunden. Da in dieser Kultur aul3er scuxlet noch peach

Tabello 7. 2 r~ h s t PP~s e~ x ~ % h s t s~ e't

lgxcuzung S t p P 8 8 e s r~ h 8 t 8 s e '~ r~ It 8 t pP 8~ e s ] r~r h 8 t ~ e s

431 31 38 40 34

vorhanden ist, so haben alle Fliegen eine eharakteristisehe orange Augcn- ~arbe. Reine scarlet-Augen k6nnen nur infolge irgendeiner Inaktivierung des Gens Teach auftretcn. Dieses scarlet-Mfinnchen wurde mit einem l I I pl-Weibchen ~us derselben Kul~ur gekreuzt. Auf Tabelle 7 ist das Itesult~t dieser Kreuzung angegeben. In F~ dieser Kreuzung waren 31 ~ und 40 d~c~ I I I pl; 38 ~ und 34 ~c~ batten 8carlet-Augen, wie

1 I I I pl ist eine Kultur, die sechs rezessive Gene des I IL Chromosoms ent- h/~lt: r~ = roughoid, h = hairy, st = scarlet, fop = peach, s s = spineless und ~s = Sooty.

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dcr Vatcr. Das ergibt eine 1 : 1-Spaltung. Diese Spaltung zeigt, d~g das scarlet-M~nnchen heterozygot fiir peach war.

Die einzige passende Erkli~rung der Entstehung dieses heterozygoten MSnnchens ist die Annahme einer giick-Genovariation des Gens peach. Als alternative Erkl~trung ist es sehr schwer, in diesem Fall irgendeine zuf~illige Verunreinigung der Kultur anzunehmen, da nur ein solches Mgimchen aufgetreten ist und da nur eines yon den sechs rezessiven allelomorphen Genenpaaren bei ihm heterozygot war. Nicht-peach I I Ip l - Fliegen waren im Laboratorium nicht vorhunden.

4. Zusammenfassung. 1. Es wird die Frage tiber das Vorkommen ~Ton Riick-Genov~riationen

( = Rfickmutatlonen) bei Drosophila an Hand der his jetzt bekannten Tatsachen besprochen.

2. Es wird ein bilateral mosaikartiges Weibchen beschrieben, das in einer homozygoten y c v v / -Ku l tu r ~ufgetreten ist. Die linke K6rper- h~lfte (mit den linken Beinen und dem linken Fliigel) war yellow und die rechte K6rperh~lfte (mit den rechten Beinen und dem rechten Fliigel) war normal gefiirbt. ~Iit einem y c v v/-M~innchen gekreuzt., ergab dicses mosMkartige Weibchen in F~: 64 ~ und 67 ~ yc~v] und 15 ~ und 18 ~ c v v / . Diesc Kreuzung zeigt, dab ein Tell der Geschlechts- ze]len dieses Weibchens auch das ~qicht-yellow-Gen erhMten haben. :Die Entstchung dieses Weibchens wird fo~gendermaBen erkl~rt: in einer der ersten Furchungsze]len ist eine Rfick-Genovari~tion des Gens yellow entstanden; die rechte K6rperhtilfte und die rechte Gon~de (oder der grSBte Tell dieser Gonade) sind dadurch heterozygot ffir y geworden. Deshalb war das Weibchen bilateral mosaikartig gef~irbt und ergab in F1 der oben erw~hnten Kreuzung in etw~ ein Fiinftel der Gesamtzahl ph~notypisch normale Fliegen. Es wird gezeigt, dM~ diese Annahme, die einzig m6gliche Erkl~rung gibe. Deshalb kunn man diesen Fall fiir eincn absoluten Beweis der Existenz yon Rfick-Genovariationen bei Drosophila hMten.

3. Es wird ein anderer Fall erw~hnt, der um besten durch die An- nahme einer I~iick-Genovariation des Gens peach erkl~irt werden kann.

5. Literaturverzeichnis. 1. Bridges, (~. B. (1919): The developmental stages at which mutations occur

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]~ine somatischc ~i ick .Genovar ia t icn bei Drosophila melanogaster. 2 5 3

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