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1 Einführung in die asiatische Tuschemalerei GERSTÄCKER - KREATIV KURS

Einführung in die asiatische Tuschemalereis/china1.pdf · GERSTÄCKER - KREATIV KURS 3 Die chinesische Malerei hat bereits lange vor unserer Zeitrechnung eine Maltheorie entwickelt,

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Einführung in die asiatische Tuschemalerei

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Die asiatische Kunst wirkt aufuns zunächst fremdartig wieeine exotische Blüte. Ganz be-sonders trifft dies für die Male-rei zu. Die asiatische Malereihat Ihren Ursprung in China. Siehat sich von hier aus nachKorea und Japan ausgebreitet.Sie ist eine harmonische, ja eineheitere Kunst.

Betrachten wir mit westlichenAugen ein chinesisches Bild,erkennen wir daran lediglich,was wir als „schön“ zu sehengewohnt sind, nicht jedoch, wasdie chinesische Malerei auszu-drücken vermag. Mit dieserEinführung möchten wir denVersuch unternehmen, sich miteinfachen Mitteln der asiatisch-en Malerei zu nähern.

Wie in jeder Kultur, ist auchdie chinesische Malerei derSpiegel jener ästhetischen Em-pfindungen, deren Ursprünge inder Magie, der Religion, in derPhilosophie und der Sprache zusuchen sind. In China kommtnoch hinzu, dass sich hier eineMaltechnik entwickelt hat, diesich von der westlichen ganzerheblich unterscheidet.

Weiterhin bilden die Mal-technik und die geistig-seelischeKonzeption eine Einheit. Die chi-nesische Malerei ist der Ver-such, eine Kunstform zu verwirk-lichen, mit der sich alles Denk-und Fühlbare des menschlichenGeistes mittels der natürlichenDinge ausdrücken läßt. Dienatürlichen Phänomene werdennur als Vehikel benützt, denn sieliefern die Symbole für das Hin-tergründige, das Nichtdarstell-bare in der Malerei. Diese Auf-fassung führt dazu, dass derMaler niemals vor der Naturmalt. Sein Ziel ist nicht ein„Abbild“ zu schaffen, sondernein „Bild“ - Dazu beobachtet eralle Dinge in der Natur sehrgenau, aber er meditiert überdas Gesehene daheim in sei-nem Atelier und malt nur dort.Das Ergebnis, das in seinemInneren umgesetzte, überdachte

und aussagefähige Bild, wirddanach oft spontan aufs Papiergetuscht: Es ist der „Abdruckseines Herzens“. Dabei bemühter sich um die Perfektion seinerTechnik, aber nicht der Kunstfer-tigkeit wegen, sondern weil sieein Teil seiner Malphilosphie ist,die von lächelnder Lebensweis-heit durchdrungen ist.

Mit dem Bild wird oft einebestimmte Aussage verbunden:ein Glückwunsch, eine persönli-che Anerkennung, Trost, politi-scher Widerstand, Anspielung-en auf historische Ereignisse,Weisheiten u.ä. Die zu übermit-telnde Botschaft wird über dienatürlichen Phänomene mittel-bar ausgedrückt, z. B. Kiefer -hohes Alter; Elstern - Eheglück;Enten - Treue; Fledermaus -Glück; Kranich , Reiher -Unsterblichkeit; Bambus -Lebensweisheit; Orchidee -Bescheidenheit; usw.

Es gibt tausende solcher Sym-bole, die miteinander kombiniertwerden, die sich zudem mit Auf-schriften auf den Bildern, wieGedichtzeilen, Bemerkungen,Anspielungen auf Literaturstellenergänzen lassen.

Der geistige Hintergrund derchinesischen Malerei ist im reli-giös- philosophischen Empfin-den der Chinesen zu suchen.Maßgebend ist die Lehre vomTao (sprich Dau) und die Lehredes Kung-Fu-Dse.

Der Buddhismus bildet seitdem 6. Jh. die dritte geistigeKraft, die die chinesische Ma-lerei stark beeinflußt hat. Des-halb gibt es in der chinesischenMalerei eine wichtige Regel:Malt man Berge 10 Fuß hoch,werden die Bäume 3 Fuß hochangeordnet, die Tiere 1 Fußhoch und die Menschen nur 1Zoll hoch gemalt.

Abb: „Der Rabe“. Schwarze Tusche auf„Wenzhou“-Papier.

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Die chinesische Malerei hatbereits lange vor unsererZeitrechnung eine Maltheorieentwickelt, deren Malregeln vonXie-He im 5. Jh. kanonisiert wur-den: Erstens: Das Bild muß mit Geistund Atmosphäre erfüllt sein.Zweitens: Die Pinsel- undTuscheherstellung soll vollkom-men sein; d.h. die intellektuellePinselführung und die gefühlsbe-tonte Tuscheverteilung auf demPapier sind unverzichtbareBeurteilungskriterien. Drittens: Naturdinge sind natür-lich darzustellen (weder natura-listisch exakt noch abstrakt, son-dern Unwesentliches weglas-sen). Viertens: Die Kompositions-regeln beachten; d.h. auf dieDrachenadern (UnsichtbareKompositionslinien) achten, Yin-Yang-Prinzip erhalten, Bildteilerichtig eröffnen und schließenusw.Fünftens: Sparsame Farbgebungund richtige Verteilung im Bild.Sechstens: Studieren der altenMeister, ferner deren Pinselduk-tus kopieren, nachvollziehenund verinnerlichen.

Alle sechs Regeln perfekt zubeherrschen ist sehr schwer. Zudiesen Regeln wurden nochweitere sechs Merkmale, denenein Bild standhalten mußte, undsechs qualitative Ansprüche anden Maler aufgestellt: Die Qualitätsmerkmale für dasBild sind: Erstens: In den wuchtigenPinselstrichen soll die kraftvolle,sichere Pinselführung erkennbarsein.Zweitens: In der deutlichenEinfachheit wird das Künstler-talent sichtbar. Drittens: Trotz der Feinheit undGeschicklichkeit des Malersmuß die Kraft zur Ausführungsichtbar sein.Viertens: Bei aller Originalität,sogar bis zum Punkt der Exzen-trizität, muß das Grundgesetzder Dinge (Natürlichkeit) einge-halten werden. Fünftens: Trotz Spärlichkeit derTusche sollen Farbnuancen ent-stehen. Sechstens: Auf der Flachheit derMalebene sollen Tiefe undRaum in Erscheinung treten.

Die chinesischeMaltheorie

Abb. rechts: „Der kleine Pfau“. SchwarzeTusche auf „Wenzhou“-Papier.

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Die sechs qualitativen Ansprüche an den Maler:

Erstens: Wenn man sich nichtvon allen gewöhnlichenLebensgewohnheiten befreit,besteht keine Hoffnung Kulturoder Bildung zu erhalten.Zweitens: Wer die Schlichtheitdes Geistes aufgegeben hat,sollte nicht malen. Drittens: Wer den Luxus liebt,sollte nicht malen. Fünftens: Wer dem allgemeinenGeschmack huldigt, sollte nichtmalen. Sechstens: Wer zu niederen,schmutzigen Gedanken fähigist, sollte nicht malen.

Die sechsqualitativenAnsprüche

An diese Regeln haben sich allegroßen chinesischen Malergehalten. Was an chinesischerMalerei aus der Vergangenheitauf uns zugekommen ist, ist dieKunst der Hof-Beamten, speziellder Literaten-Beamten. Siewaren eine kleine Oberschicht,eine Elite, die an kaiserlichenAkademien ausgebildet wurde.Diese Beamten malten in ihrerFreizeit aus Liebhaberei undVergnügen, jedoch niemals fürGeld. Ihre Bilder verschenktensie an Freunde oder Kunst-liebhaber. Wer für Geld malte,trieb Prostitution!

Natürlich gab es auch pro-fessionelle Maler, die für reicheKaufleute und Europäer malten.Mit zunehmendem abendländi-schem Einfluß wuchs die Zahlder Berufsmaler; heutzutagesind es tausende.

Abb. oben: „Die Amsel“. Blaue und schwarzeTusche auf „Toh“-Papier.

Abb. rechts: „Blumen im Wind“. Blaue undschwarze Tusche mit Aquarellfarben auf „Wenzhou“-Papier.

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Ausrüstung Die Malausrüstung eines chinesischen Malers bestehtaus verschiedenen Pinseln, einem trockenen Tusche-stück, einem Reibstein und Papier oder Seide. DieseDinge sind „die Schätze des Studierzimmers“. Hinzukommen noch farbige Tuschstücke oder Aquarellfar-ben, eine Filzunterlage, ein Papierbeschwerer, einMischteller für Tuscheabtönungen und Wassergefäßesowie Lappen zum Auswischen des Pinsels.

Malgrund

Als Malgrund wird Papierebenso gern benützt wie Seide.Für die „gong-bi“-Technik be-nötigt der Maler leicht bis starkgeleimte Papiere, damit die dün-nen Tuschelinien nicht auslau-fen, während in der „xie-yi“-Technik rohes Papier, d.h. ganzwenig oder gar nicht geleimtesPapier bevorzugt wird, um ma-lerische Effekte zu erzielen.Seide muß vor dem Bemalenzuerst mit einem Malgrundappretiert werden (DEKA-SilkMalgrund, Best.Nr. 41216).

Anfänger und Kalligraphenbenutzen sehr gerne das preis-werte „Wenzuou-Papier“ inRollen, das Gerstäcker in ver-schiedenen Größen anbietet(Katalogseite 60). Das Papierist auf einer 25 bzw. 10 MeterRolle und kann in individuelleBogenformate gerissen werden.Mittels eines Aufstriches mitWasser und Pinsel läßt sich dasPapier gut trennen.

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Die Tusche Das Tuschestück besteht bis zu80% aus Kiefern- oder Ölruß.Kiefernrußtusche erzeugt beimMalen einen bräunlichen Schim-mer, während Ölrußtusche bläu-lich-glänzend wirkt. Der Rußwird in langen Röhrenöfendurch langsames Abbrennenvon harzigen Kiefernzweigenoder Hanfölfackeln gewonnen,mit Tierleim aus Hirschhorn,Rindshaut oder Fischknochengeknetet, mit Tier- und Pflanzen-ölen parfümiert und langsam infaustgroßen Stücken vorgetrock-net. Nach dem Pressen in ge-schnitzten Holzformen und Be-malen der fertigen Tuschestückewerden diese nachgetrocknet;ein Vorgang, der drei Jahrelang in temperierten und klimati-sierten Räumen andauert. Inganz wertvollen Tuschestückenist eine echte Perle eingepreßt.

Der Reibstein dient zumanreiben des Tuschestückes mit-tels Wasser. Gute Reibsteinesind aus hochwertigem Schiefergeschnitten. „ Ma Tsu“ z.B. ist ein wertvoller Schieferstein, dermit Symbolen und Schrift viel-fach verziert ist.

Deren Reibflächen sind glattund erlauben ein Aufnehmender Farbe ohne Rückstände.Um die Tusche anzureiben wirdetwas Wasser in die Mulde desReibsteines gefüllt und einigeTropfen auf die Reibflächegeträufelt. Dann das Tusche-stück senkrecht zur Reibflächehalten und mit kreisenden Be-wegungen mit Wasser verrie-ben. Mit dem Tuschstück holtman solange Wasser aus derMulde, bis man eine tief-schwarze, ölige Tusche gewon-nen hat. Das Tuschestückanschließend gut abtrocknen!Sonst entsteht an der abgerie-benen Fläche Trockenspannungund die Kanten bröckeln aus. Istnach dem Malen Tusche übrig-geblieben, muß diese entferntund der Stein sauber gewa-schen und gut abgetrocknetwerden. Resttusche verdirbt denStein und die neuangeriebeneTusche wird körnig.

Stangentusche oderFlüssigtusche?

Es gibt für die fernöstlicheTuschmalerei zwei unter-schiedliche Sorten vonTusche. Das eine ist dieFlüssigtusche und das anderedie Stangentusche. Stangen-tusche muß man zusammenmit Wasser auf einem Rei-bestein aus Schiefer anmi-schen.

Es gibt blauschwarze undbraunschwarze Tusche, diebildgestalterisch eingesetztwird. Blaue Tusche ist qualita-tiv der braunen Tusche überle-gen. Braunschwarze Tuscheist matt-schwarz und wird inChina hauptsächlich für Stu-dienzwecke eingesetzt.

Stangentusche ist sehr emp-findlich und muß sorgsamgelagert werden. Den Reibe-stein sollte man gründlichunter fliesendem Wasser reini-gen.

Flüssige Tusche besitzt grö-bere Pigmente und saugt des-halb mehr Licht auf und wirkteinfach nur Schwarz. Es feh-len ihr die feinen Nuancen.Wenn Sie das Wesen derTuschmalerei kennen lernenwollen, sollten Sie die Tuscheselbst anreiben.

Anreiben der Tusche

Zur Herstellung der bestenTusche verwenden Sie dieStangentusche. Geben Sieeinige Tropfen Wasser aufden flachen Teil desReibesteines. Man nenntden flachen Teil des Steinesdas Land und den tiefen dasMeer. Tauchen Sie jetzt daseine Ende der Tuschestange senkrecht ins Wasser und führen Siegroße, reibende Kreisbewegungen auf dem Reibestein solangeaus, bis die Flüssigkeit eine volle, gleichmäßige Textur hat. Dannschieben Sie die dickflüssige Tusche ins Meer und geben wiederetwas Wasser auf das Land und wiederholen den Reibevorgang.So bereiten Sie im Meer das dunkelste Schwarz in hoherKonsistenz, von dem dann viele Tonabstufungen entwickelt wer-den können.

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Je nach Verwendungszweckbenützt man harte, mittelharteoder weiche Pinsel. RundePinsel gibt es vom 2 bis 20 mmDurchmesser oder mehr, flachePinsel bis 150 mm Breite. Mitharten Pinseln aus Wildhaarenmalt man in „gong-bi“-Technik(Umrandungstechnik), weichePinsel aus Schaf- und Ziegen-und Kaninchenhaar werden inder „xie-yl“-Technik (Flächen-technik) benützt. Flache Pinselnimmt der Berufmaler zumMalen von Bambusstämmenoder zum Anlegen großer farbi-ger Flächen. Die runden Pinselbesitzen infolge ihrer kranzför-migen, unterschiedlich langenHaaranordung ein großesSpeichervermögen.

Neue Pinsel sind geleimt. Vordem Malen müssen sie mit Was-ser sorgfältig aufgeweicht, aus-gewaschen und ausgedrücktwerden. Das Aufnehmen derTusche mit dem Pinsel geschiehtdurch Abrollen des Pinsels aufder Reibfläche oder Eintauchender Spitze in die Tuschemulde.Niemals auf dem Stein hin- undherwischen, sonst werden diePinselhaare zerstört!

Es gibt mehrere Arten, denPinsel beim Malen zu halten;die wichtigste ist die senkrechteHaltung, die für Umrißlinien undStrukturlinien oder einfarbigeflächenartige Pinselstriche ange-wendet, z. B. Bambusblätter,Orichideenblätter. Bei wechseln-dem Druck auf die Pinselspitzeentstehen dünnere oder dickereStriche.

Ist der Pinsel mit genügendnasser Tusche gefüllt, formt sichdie Pinselspitze von selbstnadelfein zu. Bei weniger nas-ser Füllung spreizt sich die Pin-selspitze etwas, und es entste-hen mehrere parallele Strichedicht nebeneinander. Die Mal-weise wird bei Ästen, Zweigen,Blütenstielen u. ä. verwendetund heißt „gebrochene Tusche“.

Die schräge Pinselhaltung be-vorzugt man für die flächenhaf-te Malerei, besonders mit farb-lich abgestufter Tuschefüllungdes Pinsels. Diese Abstufungwird dadurch erreicht, weil nurdie Pinselspitze des feuchtenPinsels ganz wenig Tusche auf-nimmt und durch Hin- undHerwälzen des flachgehaltenenPinsels auf dem Mischteller dieTusche im Pinselhaar hochgetrie-ben wird. Infolge der damit ver-bundenen Verdünnung derTusche entsteht ein heller Grau-ton. Genauso wird ein zweitesMal mit der Spitze Tusche auf-genommen, diese aber - wegensteiler Pinselhaltung - nur bis zurhalben Pinsellänge hochge-wälzt. Mit einer dritten Tusche-aufnahme wird lediglich diePinselspitze gefüllt. Das Ergeb-nis ist ein Strich, der verschiede-ne Helligkeitsabstufungenbesitzt.

Auf gleiche Art können auchdrei unterschiedliche Bunttönegespeichert werden, ein Ver-fahren, welches im westlichenPinsel nicht möglich ist. DieseStrichform ist für junge Bambus-stämme, Laub alles Art, Vogel-gefieder, Tierfelle, Bergrücken,Stämme mit glatter Rinde, Fels-strukturen und Wolkenpartiengeeignet.

Derselbe Strich ist auch mitwenig feuchter Pinselfüllungüblich, aber dann arbeitet manmit schnellen, leichten Strichennur über die obersten rauhenStellen des Papiers hinweg, undes bleiben nur wenige Tusche-strukturen zurück. Diese Metho-de wird „fließendes Weiß“genannt und wird zur Darstel-lung alter Bambusstämme, Ast-werk, Felsen, Gebirgsmassenund Tierkörper genutzt.

Die Pinsel

Pinselhaltung

Schräge Haltung

Pinselhaltung

Senkrechte Haltung

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Pinselfüllung

Am Anfang werden Sie sich fra-gen, ob die Aufnahme des Pin-sels mit Tusche richtig ist. HolenSie die Farbe nicht so schnellvon der Palette, sondern gehenSie behutsam vor. Füllen Sieden ganzen Pinsel mit klaremWasser, Regulieren Sie dieFeuchtigkeit indem Sie dasWasser auf einem Tuch wiederabnehmen. Nehmen Sie dieTusche von der flachen Stelledes Steines und zwar nur soviel, daß der Pinsel nur aufeiner Seite und nur zu einemDrittel der Haarlänge dunkel ist.

2 Ziehen Sie eine Linie unddrücken Sie dabei die

Haare auf das Papier. DerPinselstrich wird dadurch breiter.1Beginnen Sie mit dem

spitzen Ende des Pinsels. 3 Durch Anheben derPinselspitze und seitliches

Abrollen wird der Pinselstrichwieder dünner

Pinselführung

Die Technik der Tuschmalereibesteht darin, wie man denPinsel führt und die Tuscheauf das Papier bringt. Sie ler-nen durch eine gute Pinselfü-lung und Pinselführung Punk-te, Linien und Flächen zugestalten und vielfälltigeTonabstufungen zu erzielen.Auch die Technik des „trocke-nen Pinsels“ (Abb: rechts) istmit den chinesischen Mal-pinseln möglich.

Qualitäten

Pinsel aus weißen Haaren stam-men von Ziegen. Braune Haarevon Pferd, Dachs, Bär, Wolf undReh. Je nach Härtegrad werdenHaare aus dem Sommer- oderWinterfell der Tiere verwendet.Für Anfän-ger sind härtereHaare empfehlenswert, wie z.B. der chinesische Malpinsel„Ran-chiku“ (Katalogseite 570,Best. Nr. 22930). Durch denetwas längeren und fülligerenPinselkopf hat er eine größereWasserauf-nahmefähigkeit.

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Bambusmalerei

Wenn man in die chinesischeTuschmalerei eintauchen möch-te, sollte man mit einfachen Mo-tiven beginnen. Die einfachsteÜbung ist die Bambusmalerei.Auch ein Anfänger wird mit die-ser Übung sehr schnell einenBezug zwischen Farbe, Pinselund Papier herstellen können.

Bei der Bambusmalerei inTusche muß die Komposi-tion vier Dinge einbezie-hen: Stamm - Knoten -Zweige und Blätter.

KleineÜbung

Begonnen wird beim Stamm,wobei leere Stellen für dieKnoten ausgespart werden.Beim Anfeuchten des Pinselsmuß man zwischen dunkel undhell wählen, beim Aufsetzen desPinsels zwischen leicht undschwer. Mit kräftiger oder dün-ner Tusche, dicken oder dünnenPinselstrichen bringt man diegewünschten Effekte zum Aus-druck. Zweige werden ohneabzusetzen mit der Pinselspitzegemalt, die Blätter dagegen mitvollem Druck.

Die Knoten werden mit dunk-ler Tusche gemalt, wobei durchentsprechende Pinselstriche derEindruck der Rundung desStammes entsteht.

Abb. unten: Bambuszweige von Naomi Okamoto

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Der erste Versuch

2 KnotenFormen Sie die Pinselhaare spitzund füllen Sie die Pinselspitzemit Tusche. Halten Sie den Pin-sel senkrecht und drücken Siedie Pinselspitze aufs Papier; esentsteht eine Art Haken nachoben. Dann ziehen Sie den Pin-sel seitwärts und drücken ihnzum Abschluß nochmals aufsPapier. Nun lassen Sie ihn nachoben oder unten ausschwingenund im weißen Raum ausklin-gen.

4 BlätterTauchen Sie den Pinsel erst inWasser und danach in dieTusche. Halten Sie den Pinselsenkrecht und ziehen Sie ihn ineiner Armbewegung raschdurch, ohne bei dem erstenDruck stehenzubleiben, ausdem die Breite des Bambus-blattes entstanden ist.

3 ZweigeDie aus den Knoten wachsen-den Zweige malen Sie mit gerin-gerem Druck mit sehr trockenemPinsel.

1 BambusstammFüllen Sie den Pinsel mit Tuscheund setzen ihn mit seiner Breit-seite auf das Papier. Die Breitedes Bambusstammes hängt vonder Länge der Pinselhaare ab,die das Papier berühren. Dannschieben Sie den Pinsel nachoben - in der Richtung deswachsenden Bambus - undbeenden eine Wachstumsper-iode mit leichtem Druck. Somalen Sie einen nach der ande-ren. Wenn Sie den Pinsel nachoben schieben, verliert er aufden unteren Segmenten vielFeuchtigkeit, seine Haare fran-sen und bilden eine trockene,nur wenig gefärbte oder freieFläche. Mann kann dort denLichteinfall sehen. Diese Wir-kung läßt sich steuern, indemSie die Feuchtigkeit im Pinselsowie Druck und Geschwindig-keit bei seiner Führung ändern.

Die Beispiele Bambusmalerei wurdenaus dem Buch „Japanische Tuschmalereifür Einsteiger“ von Naomi Okamoto ausdem Augustus Verlag entnommen.Best.Nr. 94004. Weitere Fachbücherzum Thema im Katalog auf Seite 846.

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Die chinesische Tuschmalereigeht sehr sparsam mit Farbenum. Wie bereits erwähnt wer-den die Farben eher durch ver-schiedene Grauabstufungendargestellt. Dennoch ist dieFarbe keine Unbekannte inChina. Das Farbspektrum derTusche ist sehr eingeschränkt.Rot- und Blautöne, sowie Grünund Gelbtöne. In der Regelmischen chinesische Malerdiese Farben zu neuen Farben,die sie ebenfalls sehr spärlicheinsetzen. Erst in jüngster Zeit,wohl auch durch westliche Ein-flüsse angeregt, werden kräftigeFarben, ja bishin zur Deckmaler-ei eingesetzt. Da in der chinesi-schen Malerei das Weiß desPapiers eine große Rolle spielt,wird die weiße Farbe auch sehrspärlich eingesetzt. Dennochgibt es genügend jüngereBildbeispiele, die mit Deckfarbeausgearbeitet sind.

Farbe in derTuschemalerei

Für die farbige Tusche gilt dasgleiche wie für die schwarzeTusche. Sie muß erst angerie-ben werden und sollte aller-dings nur in starker Verdünnungverwendet werden.

Viele Künstler in China benut-zen auch sog. Aquarellfarben,die allerdings nicht mit den unsbekannten westlichen Farben zuvergleichen sind.

Ihre Pigmentierung ist höhereingestellt und sie lassen sichauf dem dünnen Papieren bes-ser handhaben als westlicheFabrikate. Sie fließen und blutenauf den saugfähigen Papierennicht so stark aus. Außerdemkönnen sie bedenkenlos mit derschwarzen Tusche vermischtwerden.

Gerstäcker bietet die original„Gansai“ - Aquarellfarben an.Sie sind von hoher Brillanz undLeuchtkraft. In China werden sievorwiegend zum Kolorieren vonTuschezeichnungen verwendet.Man kann diese Farben auchfür normale Aquarelle verwen-den und untereinander sehr gutmischen. Durch die großenNäpfchen ist eine gute Farbauf-nahme der Pinsel gewährleistet(Katalogseite 569, 12 FarbenBest. Nr. 30227, 24 FarbenBest.Nr. 30240).

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„Am Wasserfall“, 24 x 38 cm.Gemalt auf „Tenjin“ Papier mit„Gansai“-Aquarellfarben.

„Die Apfelblüte“, 28 x 38 cm. Gemalt auf „Wenzhou“ Papiermit „Gansai“-Aquarellfarbenund schwarzer Stangentusche.

„Der Fujijama“, 24 x 38 cm.Gemalt auf „Tenjin“ Papier mit„Gansai“-Aquarellfarben undschwarzer Stangentusche.

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Die klassische Malerei, wie siehier beschrieben wurde, wird imheutigen China und Japan wie-der gepflegt. Die berühmtenAkademien, die die altehrwürdi-gen Überlieferungen wiederlehren, stehen auch westlichenMalern offen. Besonders wirddie Amateurmalerei wiedergefördert, denn hier lernen diekünstlerisch Begabten die klassi-sche Malerei nicht nur als einedisziplinierte Form der Entspan-nung vom Berufsleben kennen,sondern auch als Schulung desVerständnisses für das Schöne.

Deshalb ist auch nicht zubefürchten, daß die traditionelleasiatische Malerei in Vergessen-heit geriete. Die Zahl ihrer Ver-ehrer wächst nicht nur in Chinaund Japan, sondern auch imWesten, ständig an. Geradehier in Europa empfindet mandie großartige Kombination derMaltechnik mit den geistigenGrundlagen als außerordent-liche Bereicherung des Lebens.

Abb. oben: „Magnolienblüte“.Grüne und blauschwarzeTusche. Abb. unten: „Goldkarpfen“Blaue und blauschwarzeStangentusche.

Für diese Einführung wurde ein Text von JoachimPenz verwendet, sowie Auszüge aus dem Buch„Japanische Tuschmalerei für Einsteiger“ vonNaomi Okamoto - Augustus Verlag. Wenn nicht anders angegeben, wurden sämtli-che Abbildungen von Franz-Josef Bettag ange-fertigt. Nachdruck, auch Auszugsweise, nur mitschriftlicher Genehmigung des Verlages undder Autoren. Sämtliche Motive stehen unterUrheberschutz. Alle veröffentlichten Tipps,Anwendungen und Empfehlungen beruhen aufden Erfahrungen oder Recherchen unserer Mit-arbeiter oder sonstiger Quellen. Daher könnenwir weder eine Garantie für das Gelingen beimNacharbeiten noch Schadensersatzansprüchegleich welcher Art anerkennen.