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Logik-1
Einführung in diemathematische Logik
Ein Crashkurs über die Grundlagenwichtiger Logiken und Beweiskalküle
Uwe Bubeck13. Juli 2000
Proseminar „Maschinelles Beweisen“ SS 2000
Logik-2
Einleitung und Motivation
Einführung in die mathematische Logik
Logik-3
Motivation
„Logik ist der Anfang aller Weisheit“Mr. Spock
• Umgangssprache: Unschärfen, Mehrdeutigkeiten→ ungeeignet zur exakten Wissensrepräsentation
• Korrektheit logischer Ableitungen führt zuglaubwürdigen neuen Erkenntnissen→ Problem der korrekten Modellierung
Logik-4
Einschränkungen
„Logik ist die Hygiene, deren sich der Mathematikerbedient, um seine Gedanken gesund und kräftig zuerhalten“Hermann Weyl
• Hilfsmittel der Mathematik versus praktisches Werkzeug– Notation nicht für automatische Beweissysteme konzipiert
– Tatsächliche Beweisführung häufig schwierig
• Einschränkungen für maschinelle Handhabbarkeit
→ Unentscheidbarkeit und Unvollständigkeit
Logik-5
Historischer Überblick• Aristoteles (384 - 322 v. Chr.): Syllogismus
„Jeder Grieche ist ein Mensch Jeder Mensch ist sterblich-> Jeder Grieche ist sterblich“
• Boole (1815-1864): Aussagenlogik als Algebra• Frege (1848-1929): Prädikatenlogik• Russel (1872-1970): Antinomien, Typisierung• Church (1903-1995): Lambda-Kalkül• Gödel (1906-1978): Unentscheidbarkeit• Gentzen (1909-1945): Sequenzenkalkül• 1954-58: Erste maschinelle Beweise• 1963ff: Unifikation und Resolution• 1970ff: Prolog• 1985ff: Beweisen in nichtklassischen Logiken
Logik-6
Logische Grundlagen
Einführung in die mathematische Logik
Logik-7
Syntax formaler Systeme
• Besonderheit der Implikationfalsch � wahr und falsch � falsch per Definition
• Strukturelle InduktionBeispiel: sind φ und ψ Formeln, dann auch (φ ∧ ψ)
Phase abgelaufen Keine Autos mehr Fußgängertaste
Umschalten
∨
∧
¬
�
Disjunktion
Konjunktion
Negation
Implikation
• Beispiel: Syntaxbaum
Logik-8
Axiome und Inferenzregeln• Axiome: Menge grundlegender Sätze als wahr vorgegeben
• Angabe über AxiomschemataBeispiel: Gesetz der ausgeschlossenen Mitte
φ ∨ ¬φ
Für φ kann eine beliebige Formel eingesetzt werden→ Metasprache ≠ Objektsprache
• Schemata auch für Inferenz- und AbleitungsregelnBekanntes Beispiel: Modus Ponens
ψψφφ �,
Logik-9
Beweise und Modelle
Einführung in die mathematische Logik
Logik-10
Beweise
• Beweise sind syntaktischeUmformungen → Mechanisierbarkeit
• Problem: Auswahl derBeweisschritte
Beweis: Eine Folge von Formeln φ1.. φn mit der zubeweisenden Zielformel φn = ψ und einer Menge Γ vonVoraussetzungen. Für jedes φi muß gelten:•φi ist ein Axiom oder•φi ist in den Annahmen Γ enthalten oder•φi ist eine Ableitung aus vorangegangenen Beweisschritten.
Axiom Axiom
Inferenz
Annahme
Inferenz
Zielformel
Beweisbaum
Logik-11
Interpretationen und Modelle
• Interpretationen häufig induktiv festgelegt
• Interpretation A ist Modell von φ, wenn φ in A wahr ist
• Interpretation als Beziehung zwischen Syntax und Semantik
• Interpretation als Zuordnung eines Wahrheitsgehaltes
Interpretation∀x:(∃y:(x+1=y)) „Natürliche Zahlen
sind unbeschränkt“
∀x:(∃y:(x+1=y))Grundmenge M
wahr
falsch
natürliche Zahlen
Primzahlen
Logik-12
Wichtige Systemeigenschaften• Entscheidbarkeit: algorithmisch entscheidbar,
ob eine beliebige Formel ein Satz ist→ Optimalsituation für automatisches Beweisen
• Semi-Entscheidbarkeit: Entscheidungsalgorithmusterminiert i. a. nur für Sätze oder unerfüllbare Formeln→ Reine Erfüllbarkeit nicht maschinell nachweisbar!
• Vollständigkeit: jede wahre Formel ist beweisbar• Korrektheit: jede beweisbare Formel ist wahr
Sätze unerfüllbareFormelnerfüllbareFormeln
Logik-13
Schematische Darstellung
Beschreibung innatürlicher Sprache
SyntaxFormale Sprache
Wahre Formeln Beweisbare Formeln
SemantikWahrheitsgehalt
KalkülAbleitung
Formalisierung
Vollständigkeit
Korrektheit
(Automatisches) Beweisen
Modellierung
Logik-14
Aussagenlogik
Einführung in die mathematische Logik
Logik-15
Aussagenlogik
• Verknüpfungen: Negation und ImplikationWeitere durch Makros (Abkürzungen) oder AbleitungsregelnBeispiel Disjunktion:
• Induktive Syntaxdefinition– Jedes Atom ist eine aussagenlogische Formel– Sind φ und ψ Formeln, dann auch (¬φ) und (φ�ψ)
• Ableitungsregel: Modus Ponens
• Axiomschemata: Hilbert-Kalkül– φ � (ψ�φ)– (φ�(ψ�ρ)) � ((φ�ψ)�(φ�ρ))– (¬(¬φ)) � φ
ψφψφ
ψφψφ
∨�¬
�¬∨ )()(
Logik-16
Aussagenlogische Beweise
• Interpretation über Wahrheitswerte� Vollständigkeit und Korrektheit� Entscheidbarkeit (betrachte Wahrheitstafeln)
• Möglichkeiten für (automatisches) Beweisen– beweistheoretisch (syntaktisch):
• Hilbert-Kalkül: Auswahl der Schritte schwierig• Sequenzenkalkül: gut mechanisierbar
– modelltheoretisch:• Wahrheitstafeln: nur für einfache Formeln• Resolution: oft sehr effizient; Vorverarbeitung
-+
+
Logik-17
Sequenzenkalkül
• Gentzen 1943. Ziel: intuitive Beweise→ verwendet vor allem Ableitungsregeln
• Beweis eines Satzes φ Sequenzenbaum mit Wurzel →φ
• Ableitungsregeln erzeugen Baum von der Wurzel aus.Blatt Γ→∆ wird Verzweigung mit n neuen Blättern Γi→∆i
• Beweis erfolgreich, wenn alle Äste abgeschlossen durchdas „aussagenlogische Axiom“:
Sequenzen: Ausdrücke Γ→∆ mit Bedeutung: VorbedingungenΓ ={Γ1∧...∧Γn} implizieren Nachbedingungen ∆={∆1∨... ∨ ∆n}
....11 Nnn
∆→Γ∆→Γ∆→Γ
.,,
Ax∆→Γ φφ
Logik-18
Sequenzenkalkül: Beispiel
• Folgeschritte oft vorausbestimmt oder wenige Alternativen→ Beweiser muß weniger Möglichkeiten durchprobieren
• Erweiterung auf Prädikatenlogik möglich
)()()()(RQPRQP
RQPRQP�∧���→�∧→��
)()(,),(
RQPRQPRQPRQP�∧→��
→��
RQPRQRQPR→�
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RPQP→��
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Logik-19
Prädikatenlogik
Einführung in die mathematische Logik
Logik-20
Prädikatenlogik• Prädikatenlogik ausdrucksstärker als Aussagenlogik
Beispiel: „wenn n ungerade ist, dann ist 2n gerade“– Unzureichend: Ausdruck der Form n_ungerade�2n_gerade– Mit Quantifizierung:∀n:(ungerade(n)�gerade(verdopple(n))
• Erweiterung der Aussagenlogik um– Quantifizierungen „für alle“ (∀) bzw. „es existiert ein“ (∃)– Konstanten (a,b,...)– Variable (x,y,...)– Funktionssymbole (f,g,...)– Prädikatsymbole (P,Q,...)
• Quantifizierungen erlaubt über– Variable (Prädikatenlogik erster Stufe)– Funktionen und Prädikate (zweite Stufe)
Logik-21
Prädikatenlogik: Syntax, Interpretation
• Induktive Definition wohlgeformter Formeln– Jede Variable ist ein Term– Ist f ein k-stelliges Funktionensymbol, und sind τ1,..., τk Terme,
dann ist auch f(τ1,..., τk) ein Term– Ist P ein k-stelliges Prädikatsymbol, und sind τ1,..., τk Terme,
dann ist P(τ1,..., τk) eine (atomare) Formel– Sei x Variable, und seien F und G Formeln. Dann sind auch ¬F,
(F∧G) und (F∨G) sowie ∃x:F und ∀x:F Formeln
• Interpretation prädikatenlogischer Formeln:– Grundmenge und passende Funktionen und Prädikate festlegen– Interpretationsprozeß verläuft gemäß Schachtelung der Formel– Quantoren: Elemente der Grundmenge überprüfen
Logik-22
Prädikatenlogik: Axiome, Inferenz
• Unterscheidung: gebundene und freie Variablen
• Zwei zusätzliche Axiome– (∀x:φ(x)) � φ[x/t]– φ[x/t] � (∃x: φ(x))
• Vorsicht: freie Variable dürfen dabei nicht gebunden werden
Beispiel „jede natürliche Zahl besitzt einen Nachfolger“:∀x:(∃y:(x+1=y)) wird zu der falschen Aussage ∃y:(y+1=y)„eine natürliche Zahl ist gleich ihrem Nachfolger“
• Außerdem Generalisierung als weitere Inferenzregel
ψφψφ
φψφψ
�∃�
∀��
))(:()(
))(:()(
xxv
xxv
Logik-23
AusblickZusammenfassung
Einführung in die mathematische Logik
Logik-24
Ausblick• Typisierte Prädikatenlogik
Beispiel:∀x:String(∃y:Integer(Länge(x)=y))→ vermeide sinnlose Einsetzungen: Effizienz
• Mehrwertige LogikEinführung zusätzlicher WahrheitswerteBeispiel: {falsch, undefiniert, wahr}
• Modale Aussagenlogik „notwendigerweise“, � „möglicherweise“Beispiel: Beschreibung intelligenter Agenten
• Temporale Aussagenlogik „immer“, � „irgendwann“Beispiel: Kommunikationsprotokolle
Logik-25
Zusammenfassung
• Logiken unterschiedlicher Ausdrucksstärke
• Mächtigkeit versus maschinelle Handhabbarkeit→ Sorgfältige Auswahl. Standard: Prädikatenlogik
• Prinzipielle Grenzen→ Entscheidbarkeit
• Verschiedene Beweisverfahren→ Zusammenhang Syntax und Interpretation
Logik-26
Definitionen-1
Formales System: System, welches über eine formaleSprache mit der Möglichkeit zur Deduktion (logischeFolgerung) verfügt. Logische und nichtlogische Komponente.
Axiome: Potentiell unendliche Menge grundlegender Sätze,die zu Beginn als wahr vorgegeben und in Beweisen oderDeduktionen benutzt werden.
Logik-27
Definitionen-2
Interpretation: Stellt die Beziehung zwischen Syntax derformalen Sprache und Semantik bezüglich der nichtlogischenSystemkomponente her. Syntaktisch korrekten Formeln wirddabei eine Aussage über ihren Wahrheitsgehalt zugeordnet(z.B. ein Wahrheitswert).
Modell: Sind sowohl die System-Axiome als auch dieFormel φ innerhalb einer Interpretation A wahr, so ist A einModell für φ, in Zeichen A|=φ.