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Einführung in die STOFFCHEMIE VT LV 637.901 FASSUNG SS 2008 Begrüßung Vorstellung Gegenstand der Vorlesung: hat nichts mit Textilchemie zu tun obwohl es die gibt eigenes Institut an Uni Innsbruck vielmehr: Lehre von den chem. Elementen und ihren Verbindungen; bewusst keine Abgrenzung zur OC – ohnehin schwierig

Einführung in die STOFFCHEMIE VT LV 637.901 FASSUNG SS

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Einführung in die STOFFCHEMIE VTLV 637.901

FASSUNG SS 2008BegrüßungVorstellungGegenstand der Vorlesung: hat nichts mit Textilchemie

zu tun →obwohl es die gibt → eigenes Institut an Uni Innsbruck

vielmehr: Lehre von den chem. Elementenund ihren Verbindungen;bewusst keine Abgrenzung zurOC – ohnehin schwierig

Stoffumfang: theoretisch das PSE, praktisch….(relevante) Auswahl

Literatur: alle Lehr- und Handbücher der Anorganischen und Organischen Chemie; Chemie-Lexica

Durchführung: PP mit Download-FolienSchaustücken (Mustern), VersuchenRückmeldung: Tempo, Lautstärke,

Deutlichkeit, unbek. Begriffe

Ziel: Wissensvermittlung als AngebotNutzen für Studium, Beruf, Alltag

Wasserstoff

Gruppe: meist der 1. (s1-Elemente) zugeordnet Stellung im PSE: singulär Elemente: H (D, T) Gemeinsame Eigenschaften: Gase, VK in Wasser und KW-VerbindungenElement Eigenschaften: physikalische: F2 chemische: F3 Vorkommen Gewinnung/Darstellung Verwendung(en) Verbindungen Hydride Oxide, Basen, Säuren/Salze Halogenide Sonstige (wichtige) Verbindungen

Wasserstoff

Symbol Name (deutsch)

Namen (latein)

(griechisch)

Masse Fp. (K)

Kp. (K)

d (kg/m3)

H Wasserstoff hydrogenium 1,008 13,95 20,39 0,08* D Deuterium 2,014 18,65 23,67 0,17* T Tritium 3,016 25,04 0,18*

* in flüssigem Zustand!

Wasserstoffgas: 0,09 . 10-3 kg/m3

Moleküle: H2, D2, T2

Physikalische EigenschaftenWasserstoff ist farblos, geruchlos und geschmacklos, beiZimmertemperatur ein Gas mit der geringsten bekannten Gasdichte(14,4 mal leichter als Luft). Wasserstoff hat von allen Gasen dasgrößte Wärmeleitvermögen, die größte spezifische Wärme und die größte Diffusionsgeschwindigkeit.

Chemische Eigenschaften

Wasserstoff hat stark reduzierende Eigenschaften, Oxide der schwachelektropositiven Metalle wie Kupfer, Eisen, Zinn, Molybdän oder Wolfram werden in der Hitze zu den Metallen reduziert.

Wasserstoff kann auf stark elektropositive Elemente oxidierend wirken, Natrium wird z.B. unter Bildung von Na+ und H- oxidiert:

Na + 1/2 H2 → Na+ + H-

Wasserstoff vereinigt sich mit Sauerstoff zu Wasser. Die exothermeReaktion verläuft, wenn gezündet, explosionsartig.

Unter Wasserstoff im ~statu nascendi~ im Entstehungszustand, versteht man den bei bestimmten chemischen Reaktionen auftretendenWasserstoff im Augenblick der Entstehung.Er wirkt in diesem Augenblick wesentlich stärker reduzierend alsmolekularer Wasserstoff.Über den Zustand des Wasserstoffs im statu nascendi besteht heutenoch keine Klarheit.

Vorkommen

Wasserstoff ist im Weltall das häufigste aller Elemente. So besteht die Sonne zu etwa 57% aus Wasserstoff. Auf der Erde ist elementarer Wasserstoff nur in sehr geringenMengen, vorzugsweise in hohen Schichten der Atmosphäre und in einigen Vulkanabgasen vorhanden.In gebundener Form ist Wasserstoff in vielen häufig vorkommendenVerbindungen enthalten, vor allem in Wasser und den meistenorganischen Verbindungen (z.B. Kohlenwasserstoffen → Erdöl, Erdgas). In der Häufigkeit steht Wasserstoff mit etwa 0,9% Anteil an derErdkruste an 9. Stelle zwischen Mg und Ti.

Darstellung von WasserstoffMögliche Darstellungen im Labor: 1. durch Reaktion elektropositiver Metalle mit Wasser: Na + H2O → NaOH + H bzw. Na + H2O → Na+ + OH- + H↑ sehr heftige Reaktion! 2. durch Reaktion von heißem Wasserdampf mit Metallen Fe + H2O → FeO + H2 ↑ 3. aus Metallen und Säuren Zn + 2 HCl → ZnCl2 + H2 ↑ bzw. Zn + 2 H+ → Zn2+ + H2 ↑ 4. aus Metallen und Laugen 2 Al + 2 NaOH + 6 H2O → 2 Na[Al(OH)4] + 3 H2↑ 2 Al + 2 OH- + 6 H2O → 2 [Al(OH)4]

- + 3 H2↑ eine Reaktion, die sich selbst stark beschleunigt!! 5. durch Elektrolyse verdünnter Lösungen von Säuren oder Basen, wobei die an die Kathode gelangenden Wasserstoffionen reduziert werden: 2 [H3O]+ + 2 e → H2↑ + 2 H2O 6. Selten nur werden Hydride zur Darstellung des Wasserstoffes herangezogen, z.B.: CaH2 + 2 H2O → Ca(OH)2 + 2 H2 ↑ Die Reaktion wird gelegentlich zur Trocknung organ. LM verwendet!

Kippscher Apparat zur Entwicklung von Gasen durch

Reaktion eines festen Stoffes mit einer Flüssigkeit.

Hofmann’scher Zersetzungsapparat zur Elektrolyse1 Trichter/Vorratsgefäß 2 Glashahn

3 Glashahn 4 Anode (Pt)

5 Kathode (Pt) 6 Wasserstoff

7 Sauerstoff 8 Elektrolyt

9 Gleichstromquelle

Darstellung von Wasserstoff - 2Zur technischen Gewinnung: 1. aus heißem Koks und Wasserdampf zu "Wassergas" (Kaltblasen) C + H2O → CO + H2 ∆H = + 129,8 kJ/mol Zuerst wird Koks durch Überleiten von Luft erhitzt ("Heißblasen") C + 1/2 O2 → CO ∆H = - 106 kJ/mol C + O2 → CO2 ∆H = - 394 kJ/mol und sodann mit Wasserdampf in endothermer Reaktion umgesetzt. Das sogenannte "Wassergas" kann in exothermer Reaktion weiterreagieren: H2 + CO + H2O → CO2 + 2 H2 ∆H = - 42 kJ/mol Das entstehende Kohlendioxid wird durch Druckwäsche mit Wasser entfernt. 2. Thermische Zersetzung von Kohlenwasserstoffen (z.B. Methan) in Gegenwart von Ni-Katalysatoren ohne oder mit Beteiligung von Wasserdampf 3. Beim Reformieren, d.h. beim thermischen bzw. katalytischen Cracken von Erdöldestillaten entstehen als Nebenprodukt große Mengen Wasserstoff, die technisch genutzt werden. 4. Durch unvollständige Verbrennung von Methan mit Luft: 4 CH4 + 2 O2 → 4 CO + 8 H2

Technische Anwendungen von Wasserstoff(incl. Deuterium und Tritium)Synthesegas z.B.: a) NH3-Darstellung

b) HCl-DarstellungHydrierung: a) Petrol(eum)-Chemie;

Alkane-GewinnungEntschwefelung

b) Lebensmitteltechnologie;Fetthärtung

Reduktionsmittel: MetallurgieEnergieträger* für dezentrale Energiever-

sorgung und Fahrzeugantrieb**Fusions-BrennstoffAuftriebsmittel für Luftschiffe/Ballons

* Problem der Speicherung:

1. Druckspeicherung2. Flüssigtanks („Kryo-Wasserstoff“, <20,4K!)3. Metallhydrid-Speicher

** Verbrennungsmotor oder Brennstoffzelle + Elektromotor

Zu 1.: 10 l Druckbehälter 200 bar → 180 g ≡ ca. 0,7 l Benzin

Zu 2.: 10 l Kryo-Tank → 800 g ≡ ca. 3 l Benzin

Zu 3.: Hydridspeicher, Leergewicht 15,2 kg ≡ 3 l Benzin (5 M%)

Wasserstoffverbindungen (Hydride) Wasserstoff bildet mit fast allen Elementen binäre Verbindungen. Je nach der auftretenden Bindungsart kann man unterscheiden: 1. Kovalente Wasserstoffverbindungen („flüchtige“ Hydride) entstehen aus Nichtmetallen und zwar sowohl mit Elementen ähnlicher Elektronegativität (z.B. CH4, SiH4, B2H6 u. a.) als auch mit Elementen höherer Elektronegativität (z.B. HF, HI, NH3, H2O) usw. 2. lonenhydride ("salzartige" Hydride) werden mit elektropositiven Elementen gebildet, vor allem mit s1- und s2-Elementen, aber auch mit 4f- Elementen. 3. Einlagerungshydride ("metallartige" Hydride) werden mit zahlreichen Übergangselementen gebildet. Diese Hydride haben meist keine stöchiometrische Zusammen-setzung z.B. ZrH1,92 oder TaH0,76, sind nur im festen Zustand existenzfähig und zeigen metallische Leitfähigkeit. wobei diese Unterscheidung nicht exakt ist, sondern Übergängeexistieren.

p6-Elemente Edelgase

Symbol Name

(deutsch) Namen (latein)

(griechisch)

Masse Fp. (º C)

Kp. (º C)

d (kg/m3)

He Helium 4,00 -272,3 -268,6 0,18 Ne Neon 20,17 -248,7 -245,9 0,90 Ar Argon 39,95 -189,2 -185,7 1,78 Kr Krypton 83,80 -156,6 -152,3 3,73 Xe Xenon 131,30 -111,9 -107,1 5,89 Rn Radon (222) (-71) (-61,8) (9,73)

Die Elemente dieser Gruppe haben eine abgeschlossene Elektronenkon-figuration und sind chemisch sehr inaktiv. Die Wechselwirkungskräfte zwischen den Atomen sind sehr gering (van der Waalssche Kräfte). Edelgase sind daher einatomige Gase, Schmelz- und Siedepunkte liegen sehr tief, die Ionisierungsenergien sehr hoch.

Edelgase kommen in kleinen Konzentrationen (Ausnahme Argon!!) in der Luft vor (Tabelle). Helium tritt als Folge radioaktiver Zerfallsprozesse in verschiedenen Mineralen auf, vor allem auch in Erdgasvorkommen, speziell in Amerika (bis zu etwa 10%). Das als radioaktives Zwischenprodukt in verschiedenen Zerfallsreihen auftretende Radon (Rn) kommt vor allem in Mineralen, die Radium oder Uran enthalten, vor, in denen es in kleinsten Hohlräumen eingeschlossen ist. In der Luft tritt Rn nur in Spuren auf. Tabelle: Gehalt an Edelgasen in der Luft. EDELGAS Vol.-% in Luft

Helium

5,24 . 10-4

Neon

1,82 . 10-3

Argon

0,934

Krypton

1,14 . 10-3

Xenon

8,7 . 10-6

Radon

Spuren

Gewinnung (Isolierung) der Edelgase

→ aus Erdgas (He): Kondensation von Erdgas (LNG, LPG) liefert Roh-Helium (70 % He + 30 % N2)Reinigung mittels PSA

→ aus Luft (alle außer Rn): Nebenzweig der „kaltenLuftzerlegung“ (LINDE- Verfahren)

liefert 2 Fraktionen: 1. N2 + He, Ne2. O2 + Ar, Kr, Xe

weitere Auftrennung: Tieftemperatur-Destillation + PSA

PSA = Pressure Swing Adsorption (Druckwechsel-Adsorption)

Wechselspiel von Adsorption (tiefe Temperatur, hoherDruck) und Desorption (hohe Temperatur, geringerDruck) an Molekularsieben (Aktivkohle)Edelgase werden in der Reihenfolge ihrer Molmassendesorbiert.

Für Ar (Hauptprodukt) moderneres Verfahren:Tieftemperatur-Destillation der O2 – Fraktionliefert fast reines Ar mit sehr wenig O2Zusatz der stöchiometrischen Menge an H2Verbrennung und Wasserabscheidung

Eigenschaften und Verwendungen der Edelgase

Eigenschaften Anwendungen farb- und geruchlos, ungiftig unbrennbar, sehr reaktionsträge

ideale Schutzgase in Metallurgie und Schweiß-technik; inertes Trägergas (GC)

niedrige Siedepunkte (He, Ne) in flüssigem Zustand → Kühlmittel in Kryotechnik; supraleitende Magnet-wicklungen

geringe Löslichkeit in Blut (He) synthetische Taucherluft ionisierbar durch elektrische Entladungen

Leuchtstoffröhren LASER

geringe Wärmeleitfähigkeit Glühlampen geringe Dichte (He) Auftriebsmittel für Luftschiffe

und Ballone

Edelgas-Verbindungen 1962 wurde als erste Edelgasverbindung Xe[PtF6] beschrieben und so gut wie gleichzeitig zeigte sich, daß Fluor befähigt ist, mit Kr und Xe zu reagieren. Die Ionisierungsenergien nehmen mit steigender Ordnungszahl ab. Die Bildung von Fluoriden und Oxiden erscheint am aussichtsreichsten. Tabelle: Die wichtigsten Edelgasfluoride, -oxide und -oxidfluoride.

Edelgas

Oxid.-Zahl

Fluoride

Oxide

Oxidfluoride

KRYPTON

+II

KrF2

+IV

KrF4

XENON

+II

XeF2

+IV

XeF4

XeOF2

+VI

XeF6

XeO3

XeO2F2

XeOF4

+VIII

XeO4

XeO3F2

p5-Elemente Halogene/Salzbildner

Symbol Name

(deutsch) Namen (latein)

(griechisch)

Masse Fp. (º C)

Kp. (º C)

d (kg/m3)

F Fluor 19,00 -219,6 -188,1 1,70 Cl Chlor 35,45 -101,0 -34,6 3,21 Br Brom 79,90 -7,2 58,8 3120 I Iod 126,90 113,5 184,4 4930

At Astat (210) (300) (370)

Moleküle: F2, Cl2, Br2, I2, (In)

Als p5-EIemente stehen die Halogene im PSE direkt vor den Edelgasen. Sie zeigen große Neigung ein Elektron aufzunehmen (hohe Elektronenaffinität). Die dadurch entstehenden einfach negativ geladenen Halogenidionen F-, Cl-, Br- und I- (Fluorid-, Chlorid-, Bromid- und Iodidion) haben Edelgaskonfiguration; sie haben deutliche Donoreigenschaften und stellen die stabilsten Formen der Halogene dar.Auch in vielen kovalenten Verbindungen treten die Halogene in der Oxidationszahl -I auf; so in den HalogenwasserstoffverbindungenHX, deren thermische Stabilität mit steigender Ordnungszahl abnimmt, deren Säurestärke jedoch zunimmt.Die Normalpotentiale nehmen vom Fluoridion, welches edler als Gold ist, über das Chlorid-, Bromid- zum Iodidion ab. Dementsprechend ist elementares Fluor das stärkste Oxidationsmittel, aber auch die übrigen Halogene sind starke Oxidationsmittel.

Wichtigste Halogenrohstoffquellen sind: für Fluor: Flußspat CaF2, Kryolith Na3AlF6, Apatit Ca5 [(PO4)3(Cl, F)] für Chlor: Steinsalz NaCl (bergmännisch oder aus Meerwasser), Sylvin KCl, Carnallit KCl. MgCl2.6 H2O für Brom: findet sich meist als Begleiter des Chlors z. B. im Meerwasser und im Carnallit für Iod: im Ca(IO3)2 (bei der Chilesalpetergewinnung) und in Meeresalgen.

Darstellung / Gewinnung der Halogene

FLUOR: ausschließlich durch Elektrolyse geschmolzener KF/HF-Gemische bei 25-200 ºC und 15 V Zellen- Spannung Anoden (hier entwickelt sich F2): Graphit Elementares Fluor ist nicht nur sehr teuer sondern auch extrem gefährlich → Lieferung nur an besonders zertifizierte Labors! Gefäße zum Transport und zur Lagerung: Pb, Mg, Cu bei ca. 100 ºC von dichter Fluoridschicht bedeckt. Trotzdem ist reines, unverdünntes Fluor kaum im Handel → mischen mit Inertgas, ca. 20 % Fluorgehalt.

Darstellung / Gewinnung der Halogene

CHLOR: fast ausschließlich durch Elektrolyse wässriger NaCl-Lösungen; gleichzeitig werden Natronlauge (wässrige NaOH- Lösung) und Wasserstoff gewonnen Name daher: Chlor-Alkali-Elektrolyse Zellenspannung ca. 3 Volt Versand großteils als Flüssigchlor (sofern nicht direkt am Standort weiter verarbeitet) BROM: aus Bromidlösungen, die bei der Carnallit- Aufarbeitung und/oder bei der NaCl-Gewinnung anfallen durch Oxidation mit Chlor IOD: aus Iodidlösungen, die bei der NaCl-Gewinnung anfallen durch Oxidation mit Chlor; aus Iodatlösungen, die bei der Aufarbeitung von Chile-Salpeter anfallen durch Reduktion mit Schwefeldioxid

F L U O R V E R W E N D U N G1. Graphitfluoride (CF)n2. synthetischer Kryolith Na3AlF63. PTFE (Teflon®, Hostaflon®, u.a.)4. Membranen (Nafion®, Flemion®, u.a.)5. Freon(e), Frigen(e)6. Halone7. Uran-Isotopentrennung UF6

C H L O R V E R W E N D U N G

ORGANISCH-CHEM. PRODUKTE 25 %VINYLCHLORID-MONOMER 24 %ANORGANISCH-CHEM. PRODUKTE 15 %PAPIER UND ZELLSTOFF 14 %CHLORIERTE KOHLENWASSERSTOFFE 13 %WASSERBEHANDLUNG 5 %

BROMVERWENDUNG IODVERWENDUNG1. Treibstoff-Additive 1. Katalysatoren2. Pharmazie 2. Medizin (Schilddrüse)3. Fotografie 3. AgI zur Auslösung von4. Halone (allg. Flammschutz- Niederschlägen

mittel) (5. Zn/Br2-Akkumulatoren) 4. Reindarstellung von(6. Rauchgas-Entschwefelung) Metallen (van Arkel)

Halogenwasserstoffe und HalogenideIn Halogenwasserstoffen und Halogeniden liegen die Halogene in der Oxidationszahl -1 vor. Halogenwasserstoffeentstehen bei der direkten Reaktion mit dem entsprechen-den Halogen in exothermer Reaktion:

H2 + X2 → 2 HXwobei die entstehende Wärmemenge mit steigenderOrdnungszahl des Halogens stark abfällt.Die Reaktionen mit Fluor und Chlor verlaufen explosions-artig auch Brom reagiert spontan bei Zimmertemperatur. Die Reaktion zwischen H2 und I2 erfolgt nur bei Gegenwarteines Katalysators leicht, sie ist nach Verdampfen des Iodsleicht exotherm.

Zur Darstellung der Halogenwasserstoffe werden vielfachauch andere Methoden herangezogen z. B.:

CaF2 + H2SO4 → 2 HF↑ + CaSO4NaCl + H2SO4 → HCl↑ + NaHSO4

HBr und HI können nicht mit der oxidierenden Säure H2SO4aus den Salzen isoliert werden, da der entstehendeHalogenwasserstoff teilweise oxidiert wird.

Halogenwasserstoffe sind farblose Gase mit weitgehendkovalenter Bindung.Da HF durch Wasserstoffbrückenbindungen stark assoziiertist, ist sein Schmelz- und Siedepunkt höher als bei den anderen Halogenwasserstoffen.

In wäßriger Lösung fungieren die Halogenwasserstoffe alsSäuren, da sie Protonen an Wassermoleküle abgeben.

Mit abnehmender Bindungsenergie und zunehmenderBindungslänge steigt die Acidität von HF zu HI.

Fluorwasserstoffsäure (Flußsäure) ist in Wasser nur einemittelstarke Säure; sie ätzt Glas:SiO2 + 4 HF→ SiF4↑ + 2 H2Ound kann daher nicht in Glasflaschen aufbewahrt werden. Bei Hautkontakt verursacht sie gefährliche Verätzungen!!

Chlorwasserstofsäure(Salzsäure): Die normalekonzentrierte Säure des Handels ist etwa 38 %ig; dasazeotrope Gemisch enthält 20 % HCI (Kp. 110 ºC). Salzsäureist eine starke Säure und hat technische Bedeutung. Sie wirdtechnisch aus Chlor und Wasserstoff hergestellt, tritt aberauch als Nebenprodukt bei organischen Chlorierungen in großen Mengen auf.

Brom- und besonders Iodwasserstoff sind in wäßrigerLösung starke Säuren und starke Reduktionsmittel. HI-Lösungen sind infolge dieser Reduktionswirkung oftmalsdurch ausgeschiedenes Iod braun gefarbt.

Die Salze der Halogenwasserstoffe heißen Halogenide, imeinzelnen Fluoride, Chloride, Bromide und Iodide. Fast alleElemente bilden Halogenide. Das Halogen ist immer derelektronegativere Partner, allerdings ist die Bindungspolaritätweit abgestuft und geht von in Ionengittern kristallisierendenSalzen (z.B. CsF bis zu weitgehend kovalent gebautenVerbindungen PI3 u. a.).

Rot hervorgehoben sind Oxide und Säuren (gilt auch für deren Salze), die praktische (technische) Bedeutung erlangt haben.

CHLOR BROM IOD

Oxid.Zahl Oxid Säure Oxid Säure Oxid Säure + I Cl2O HClO Br2O HBrO ------ HIO + III Cl2O3 HClO2 ----- ------ ------ ------ + IV ClO2 ------ BrO2 ------ I2O4 ------ + V ------ HClO3 ------ HBrO3 I2O5 HIO3 + VII Cl2O7 HClO4 ------ HBrO4 ------ HIO4

Interhalogenverbindungen vom Typ AB.

(I2)Iod

IBr(Br2)Brom

IClBrCl(Cl2)Chlor

(IF)BrFClF(F2)Fluor

IodBromChlorFluor

.Interhalogenverbindungen der Typen AB3-, AB5- und AB7.

IF7

IF5BrF5ClF5

ICl3IF3BrF3ClF3

Polyiodidez.B. I3- - Ionen in der Analytik; "Iodlösung"Polybromideim Zink/Brom-Akkumulator; bis Br7- bzw. Br11

-

POLYHALOGENIDE Xn- = [X-.X2.X2…]

Pseudohalogene und PseudohalogenideEinige anorganische Atomgruppen haben Ähnlichkeit mit Halogenen, ihre Anionen mit Halogenidionen. z.B.: (CN)2 Dicyan….CN- Cyanid……HCN „Blausäure“

p4-Elemente Chalkogene/Erzbildner

Symbol Name

(deutsch) Namen (latein)

(griechisch)

Masse Fp. (K)

Kp. (K)

d (kg/m3)

O Sauerstoff oxygenium 16,0 -218,4 -183 1,43 S Schwefel 32,1 112,8 444,6 2070

Se Selen 79,0 217 685 4790 Te Tellur 127,6 449,5 990 6240 Po Polonium (210)

Moleküle: O2 (O3), S8, Se8(rot), Sen(grau), Ten

Entsprechend der Elektronenkonfiguration s2p4 gehen die Elemente der 16. Gruppe durch Aufnahme von zwei Elektronen in die Edelgaskonfiguration über, die Oxidations-zahl - II ist daher bevorzugt.Daneben treten positive Oxidationszahlen auf, von denen +IV und +VI bei allen Elementen außer Sauerstoff beständig sind. Wie bei Hauptgruppenelementen üblich, sinkt die Beständigkeit der höchsten Oxidationszahl (+VI) mit steigender Ordnungszahl, wodurch die +VI-Verbindungen mit steigender Ordnungszahl des p4-Elementes stärker oxidierend wirken.Entsprechend der Ionengröße nimmt der Säurecharakter mit der Oxidationszahl zu und mit steigender Ordnungszahl ab.

Sauerstoff hat, wie die meisten Elemente der ersten Achterperiode eine Sonderstellung, hervorgerufen durch das Fehlen von d-Orbitalen und die vom Schwefel stark verschiede-ne Elektronegativität (O→ S, Diff. = 1; S→ Po, Diff. = 0.5)und Ionisierungsenergie.

Sauerstoff tritt auf Grund seiner hohen Elektronegativität (3,5) fast nur in der Oxidationszahl - II auf ( - I in H2O2), lediglich mit Fluor (EN = 4,0) vermag er positive Oxidationszahlen zu erreichen.

Verbindungen mit positiven Oxidationszahlen der Atome sind weitgehend kovalent.

EIGENSCHAFTEN DER ELEMENTESauerstoff reagiert mit den meisten Elementen zu den entsprechenden Oxiden, ist also ein starkes Oxidationsmittel. Diese Oxidationsvorgänge sind von größter Wichtigkeit für den Energiegewinn (Verbrennungsmotore, Wärmegewinnung, Kraftwerke), speziell auch für Mensch und Tier (Atmung).Sauerstoff in konzentrierter Form wirkt infolge seiner hohen Oxidationsfähigkeit zerstörend auf organisches Gewebe (Lunge) ein. Bereits 0,75 bar O2-Partialdruck und längere Inkorporationsdauer können Schäden hervorrufen. Flüssiger Sauerstoff wird u.a. als Oxidationsmittel für Raketentreibstoffe (Hydrazin, Kohlenwasserstoffe oder Wasserstoff) oder als Sprengstoff (Oxyliquit-Sprengstoff) benutzt.

Die Dissoziationsenergie des O2-Moleküls beträgt 489 kJ/mol. Das Sauerstoffmolekül kann durch Energie (elektrische Entladungen, Siemens‘scher Ozonisator, UV-Licht) in Atome zerlegt werden, die äußerst reaktiv und kurzlebig sind. Bei der Rekombination entsteht neben O2 auch:

Ozon, O3:Das Molekül O3 ist gewinkelt gebaut ( etwa 117º), zusätzlich zu den σ-Bindungen treten pπ-pπ-Bindungsanteile auf (aus den senkrecht zur Molekülebene stehenden p-Orbitalen); die Bindungsordnung beträgt 1,3.

Ozon ist ein sehr starkes Oxidationsmittel; es reizt die Schleimhäute. Organische Substanzen, wie Gummi, Farbstoffe, werden schnell zerstört, ebenso Mikroorganismen (desinfizierende Wirkung). In der Natur tritt Ozon in hohen Luftschichten (UV-Strahlung) auf, der Ozongehalt der Luft in Bodennähe ist äußerst gering. In konzentrierter Form ist Ozonsehr explosiv.

Schwefel besteht aus ringförmigen S8-Molekülen, in zwei Ebenen sind je vier S-Atome angeordnet. Schwefelmoleküle existieren außer in S8-Ringen auch in Ringen anderer Größe.

Schwefel (S8) ist gelb, in Wasser unlöslich, in CS2 und (NH4)2S gut löslich. Mit vielen Nichtmetallen, z.B. Sauerstoff, Halogenen und vielen Metallen reagiert er beim Erhitzen.

Schmilzt man Schwefel (Fp: 119,25 ºC), so entsteht eine hellgelbe, leichtflüssige Schmelze. Bei längerem Verweilen im geschmolzenenZustand bilden sich aus den S8-Ringen auch Ringe anderer Ringgröße, sowohl kleinere (S6,S7) wie auch größere (Sn, n etwa bis 50). Der Erstarrungspunkt dieser Mischung liegt, wenn thermodynamisches Gleichgewicht erreicht ist, bei 115,2 ºC; er wird auch als ,,natürlicher" Schmelzpunkt bezeichnet. Ab etwa 160 ºC treten die zerbrochenen Ringe zu polymeren Ketten zusammen (Kettenlänge bis 106 S-Atome) wodurch die Schmelze zähflüssig und dunkel wird. Kühlt man eine solche Schmelze schnell ab, so bleibt der polymere Zustand erhalten (Einfrieren eines thermodynamisch instabilen Zustandes), und manerhält einen zähen, gummiartigen "plastischen Schwefel" der spiralig gewickelte Ketten enthält.Mit steigender Temperatur wird der polymere Zustand abgebaut (gekrackt), es entstehen verschiedene Bruchstücke, vorzugsweise wieder S8. Oberhalb des Siedepunktes (Kp. 444 ºC) liegen bei steigender Temperatur S7-, S6-, S5- usw. Einheiten vor, bis bei etwa 800 ºC S2-Moleküle auftreten, welche bei noch höherer Temperatur in atomaren Schwefel dissoziieren.

Selen tritt ähnlich dem Schwefel in mehreren Modifikationen auf, nämlich in zwei roten Se8-Modifikationen und einer grauen, metallähnlichen, welche spiralförmig angeordnete Se-Ketten enthält. Diese Modifikation zeigt schwache elektrische Leitfähigkeit, die durch Licht wesentlich verstärkt wird (Selenzellen).

Tellur bildet ein der grauen Se-Modifikation ähnliches Gitter (spiralige Ketten).

VORKOMMEN DER ELEMENTE

Sauerstoff ist das häufigste Element der Erdrinde und tritt elementar in LUFT, gebunden in WASSER und in vielen Verbindungen (SALZEN) z.B. Oxiden, Silicaten, Carbonaten, Sulfaten usw.) auf.

Reaktive Formen des Sauerstoffs können in biologischen Vorgängen und allgemein bei Oxidationen eine wesentliche Rolle spielen.Sauerstoff ist ein farbloses Gas und im flüssigen Zustand schwach blau gefärbt. In Wasser ist O2 besser löslich (!!!) als N2.

Schwefel kommt ebenfalls elementar vor, aber auch gebunden als H2S in Erdgas, als Sulfid (verschiedene Schwermetallsulfide: FeS, FeS2, PbS u.a.) und als Sulfat (Glaubersalz, Gips, u.a.).

Selen, Tellur: kommen als Schwefelbegleiter in sulfidischen Erzen (Kiese, Glanze, Blenden) vor.

REINDARSTELLUNG DER ELEMENTE

Sauerstoff1. (T) Fraktionierte Kondensation von Luft (LINDE),2. (T) Druckwechseladsorption (PSA),3. (T) Wasserelektrolyse 4. (T) Membrandiffusion5. (L) thermische Zersetzung von sauerstoffreichen

Verbindungen.

Große Schwefelmengen werden durch Ausschmelzen des elementar vorkommenden Schwefels aus großen Tiefen mit heißem Wasserdampf und Ausblasen mittels Preßluft gewonnen.Prinzipbild eines Bohrkopfes: nächstes BildDas Verfahren ist unter dem Namen Frash-Verfahren bekannt.

Großtechnisch von Bedeutung ist auch die Schwefelgewinnung aus Schwefelwasserstoff nach dem Claus-Verfahren (Reaktionen: übernächstes Bild).

Gewinnung von Selen und Tellur:

1. aus dem Anodenschlamm der elektrolytischen Cu-Raffination

2. aus Säurelösungen von Kiesabbränden (vor Elektrolyse) durch chemische Reduktion (z.B. SO2)(Reduktions-Gruppe!)

Hydride der p4-Gruppe

Hydride existieren von allen Elementen dieser Gruppe. Allerdingsnimmt, wie üblich, die Stabilität mit steigender Ordnungszahl des Elementes ab, so dass Polonium nur ein sehr instabiles PoH2bildet. Die Reduktionswirkung und die Säurestärke der Hydride steigen vom H2O zum Tellurwasserstoff stark an.Außer diesen einfachen Hydriden kennt man in dieser Gruppe Hydride mit Element-Element-Bindungen. Von Sauerstoff sind solche Hydride nur in beschränktem Umfang bekannt (H2O2), von Schwefel dagegen existieren eine große Anzahl kettenförmiger Polysulfane. Die Tendenz zur Ausbildung von kettenförmigen Hydriden ist bei Se und Te weniger ausgeprägt.

Besonders wichtig und von überragender Bedeutung in der Natur ist das Hydrid des Sauerstoffs, das WASSER(Wasserkreislauf in der Natur). Seine physikalisch-chemischen Eigenschaften und die sich daraus ergebenden Folgerungen bestimmen viele chemische Vorgänge.Ungewöhnlich sind beim Wasser u.a. der Siedepunkt und das Dichtemaximum bei 4 ºC. Diese Anomalien resultieren aus der starken Assoziation der Wassermoleküle und sind in der Natur von großer Bedeutung. Eis ist dadurch leichter als flüssiges Wasser und schwimmt auf diesem. Die Fauna und Flora der Seen und Meere kann unter der Eisdecke weiterleben. Auch die Tatsache, dass Eis unter Druck <0 ºC schmilzt, ist für die Gleitfähigkeit des Eises (Wasserfilm unter Schlittschuh, Gletscherbewegung) von Wichtigkeit.

Wasser, dessen Eigendissoziation und Lösevermögen für Salze bedeutend sind, kann als Lewis-Base fungieren (Hydratationvon Kationen) oder als Lewis-Säure (Hydratation von Anionen).Die Assoziation der Wassermoleküle führt zu größeren, locker zusammenhaltenden Molekülverbänden. Einzelne Wasser-moleküle stehen im dynamischen Gleichgewicht mit diesen Agglomeraten. Die regelmäßigen Strukturen sind meist locker gebaut und besitzen daher Hohlräume (man spricht vom Käfigmodell), in die verschiedene Moleküle eingeschlossen werden können. Die resultierenden Verbindungen nennt man Clathrate (Einschlussverbindungen), z. B. die ,,Gashydrate" Cl2.8 H2O und Xe · 5,75 H2O. Die Hydride der höheren Elemente zeigen die erwähnte Anomalie des Wassers nicht.

Wasserstoffperoxid, H2O2. Das Molekül des Wasserstoffperoxids enthält eine O-O-Brücke (Peroxo-Brücke).Welche Oxidationszahl haben die Sauerstoffatome in H2O2?H2O2 entsteht aus atomarem Wasserstoff mit molekularem Sauerstoff:2H + O2 → H2O2aus Peroxiden in der Kälte (L):BaO2 + H2SO4 → H2O2 + BaSO4↓oder durch Hydrolyse von (Ammonium)peroxodisulfat (L,T):S2O8

2- + 2 H2O → 2 HSO4- + H2O2

welches durch Elektrolyse von (Ammonium)hydrogensulfat an Platinanoden gebildet wird (T):2 HSO4

- → S2O82- + 2 e + 2 H+

2 H+ + 2 e → H2↑Ein modernes Verfahren basiert auf der katalytischen Reduktion von 2-Ethylanthrachinon durch Wasserstoff (T).

Wasserstoffperoxid ist eine farblose Flüssigkeit, die sich leicht zersetzt (abh. von der Konzentration):H2O2 → H2O + 1/2 O2↑ ∆H= - 96 kJ/molIn verdünnten Lösungen ist die Zerfallsgeschwindigkeit gering; sie wird durch Spuren von Metallsalzen, welche katalytisch wirken, erhöht. Konzentrierte Lösungen zersetzen sich in Glasgefäßen, sie werden daher in Kunststoffflaschen aufbewahrt. Hochkonzentriertes H2O2 ist eine ölige Flüssigkeit (starke Assoziation der Moleküle), die explosiv zerfallen kann (Kp. 150,2 ºC, Fp. -0,41 ºC). Eine 30%ige Lösung hat den Handelsnamen Perhydrol, eine 3%ige Lösung ist die übliche Handelsform (Bleich- und Desinfektionsmittel). 60-70%ige Lösungen dienen in der Industrie zur Herstellung von Perboraten, Percarbonaten, u.a..Zur Kontaktlinsenreinigung werden 0,6%ige Lösungenverwendet. Zur Stabilisierung sind meist Phosphorsäure oder Stannate zugesetzt.

H2O2 ist in Wasser eine schwache, zweibasige (zweiwertige) Säure, ihre Salze heißen Peroxide.

H2O2 ist vorzugsweise ein Oxidationsmittel:H2O2 + 2 H+ + 2 e → 2 H2O Eº = +1,77 V

In Kombination mit starken Oxidationsmitteln kann H2O2 aber auch reduzierend wirken:H2O2 → 2 H+ +O2↑ + 2 e Eº = +0,68 V

HYDRIDE des SCHWEFELS

Schwefelwasserstoff, H2S, ist ein farbloses, sehr giftiges Gas (giftiger als HCN). Der intensive und unangenehme Geruch wird aber schon bei einer weit unter der gefährlichen Dosis liegenden Konzentration wahrnehmbar (Abstumpfung!).Das H2S-Molekül ist ähnlich wie Wasser gewinkelt gebaut, das Dipolmoment und die Dielektrizitätskonstante sind jedoch kleiner, die beim Wasser ausgeprägten Assoziationser-scheinungen fehlen weitgehend.In Wasser löst sich H2S leicht ( H2S-Wasser) und fungiert als schwache zweibasige Säure :

H2S + H2O → [H3O]+ + HS-

HS- + H2O → [H3O]+ + S2-

Die Salze mit starken Basen (Hydrogensulfide und Sulfide) reagieren daher alkalisch [Na2S, (NH4)2S] und werden durch Säuren leicht zersetzt.Schwerlösliche Metallsulfide haben wirtschaftliche Bedeutung als Erze (Kiese, Glanze, Blenden).H2S wird im Labor aus den Salzen mit Säuren dargestellt; die Salze entstehen bei der direkten Reaktion der meisten Metalle mit Schwefel:

FeS + 2 H+ → H2S↑ + Fe2+

In technischem Maßstab wird Schwefelwasserstoffbei der Entschwefelung von Erdgas und Erdöl(produkten) gewonnen. Weiterverarbeitungvorwiegend zu elementarem Schwefel (Claus-Prozess).

HYDRIDE des SCHWEFELS

Polysulfane, H2Sn, kettenförmige Molküle mit S-S-Bindungen; Eigenschaften variieren mit Kettenlänge

Salze: Polysulfide, z.B. FeS2, Pyrit, Schwefelkies

HYDRIDE von Selen und Tellur

H2Se, H2Te…….farblose, giftige, unangnehm riechende

Gase; unbeständiger als H2S

HalogenideHalogen-Sauerstoff-Verbindungen werden bei den Halogenen behandelt.Halogenide des Schwefels existieren in verschiedenen Oxidationsstufen und in einigen von den Polysulfanenabgeleiteten Verbindungen SnX2.Die Stabilität der Schwefel-Halogenbindung nimmt dabei vom Fluor zum Iod so stark ab, daß Schwefel-Iod-Verbindungensofort nach ihrer Bildung zerfallen; auch Schwefel-Brom-Verbindungen sind sehr zersetzlich.Wichtigste Vertreter:S-Fluoride: SF6..............spez. schweres Gas, farblos, nicht

entzündbar, fast so inert wie Stickstoffdient zur Füllung von (Schall-)Isolierglasfenstern

SF4...............farbloses Gas, sehr hydrolyse-empfindlich, Fluorierungsmittel

S-Chloride: SCl2, S2Cl2........Lösungsmittel für Schwefel, Kautschukvulkanisation.

Oxide und Sauerstoffsäuren des Schwefels

a) OXIDEDie wichtigsten Oxide des Schwefels sind SO2 und SO3

Schwefeldioxid, SO2, Technische Darstellung1. Verbrennung von Schwefel an der Luft:

1/8 S8 + O2 → SO2 ↑ ∆H = - 297 kJ/mol2. Erhitzen (Abrösten) von Sulfiden an der Luft:

PbS + 3/2 O2 → PbO + SO2 ↑

Weiters entsteht SO2 in großen Mengen bei der Verbrennung von schwefelhältigen fossilen Brennstoffen.

Labor-Darstellung:1. aus Hydrogensulfiten und Säure:

HSO3- + H+ → SO2↑ + H2O

Entstehung auch durch: 2. oxidatives Lösen von z.B. Metallen mit Schwefelsäure:

Cu + 2 H2SO4 → CuSO4 + 2 SO2↑ + 2 H2O

SO2 ist ein stechend riechendes, farbloses, nicht brennbares Gas (Fp. - 72,7 ºC, Kp. - 10 ºC), das Chlorophyll zerstört. SO2ist, speziell bei Gegenwart von Wasser, stark reduzierend, im wasserfreien Zustand ist es ein gutes Lösungsmittel.

Technische Anwendungen:1. Katalytische Oxidation zu SO3; Schwefelsäureherstellung2. Herstellung von Calcium-Hydrogensulfit (Aufschlussmittel für

Holz; Sulfit-Zellstoff Produktion)3. Desinfektion und Konservierung (Wein, Früchte,…)4. Technisches Reduktionsmittel (z.B. Chromat-Reduktion)

Schwefeltrioxid, SO3kann nicht durch Verbrennen von Schwefel an der Luft oder in Sauerstoff erhalten werden. Man erhält es durch Reaktion von SO2 mit Luft oder Sauerstoff nur in Gegenwart eines Katalysators:

SO2 + 1/2 O2 → SO3 ∆H = - 98 kJ/mol

Technisch wird diese Synthese im Zusammenhang mit der Darstellung der Schwefelsäure als "Kontaktverfahren" bei 400 bis 500 ºC mit Hilfe von Vanadium(V)-oxid als Katalysator durchgeführt, das als Sauerstoffüberträger dient.SO3 entsteht auch beim Erhitzen von rauchender Schwefelsäure, durch Reaktion von konzentrierter Schwefel-säure mit wasserentziehenden Mitteln (P4O10) oder beim Erhitzen von Hydrogensulfaten.

Das Molekül SO3 enthält ein Defizit an Elektronen, das formal als Elektronenlücke am Schwefel aufgefasst werden kann. In dieser Lewis-Säure-Formulierung kann es mit dem Sauerstoff eines weiteren SO3-Moleküls zusammentreten:Schwefeltrioxid tritt daher nur in der Gasphase (Kp. 44,8 ºC) monomer auf, sonst ist es entweder zu Ketten oder zu gewellten (SO3)3-Ringen assoziiert.

Im flüssigen Zustand liegen Ringe und Einzelmoleküle vor.

Technische Bedeutung: Schwefelsäure-Produktion

SAUERSTOFFSÄURENSchweflige Säure, H2SO3, ist in wasserfreiem Zustand nicht bekannt. Auch die wässrige Lösung von SO2 enthält so gut wie kein H2SO3, sondern neben gelöstem SO2 eine Reihe verschiedener Hydrate SO2 . x H2O und die Anionen SO3

2-, HSO3

- und S2O52-.

Existent sind zwei Reihen von Salzen, die Sulfite und die Hydrogensulfite; sie sind Salze einer mittelstarken Säure.Hydrogensulfite sind im festen Zustand nicht isolierbar, beim Eindampfen gehen sie aus wässriger Lösung in Disulfite über:

2 HSO3- → H2O + S2O5

2-

Wässrige Lösungen von SO2 und Sulfiten wirken stark reduzierend, wobei Schwefel in die Oxidationszahl +VI übergeht.Langsam erfolgt diese Reaktion bereits mit Luftsauerstoff:

2 SO32- + O2 → 2 SO4

2-

Nur gegenüber sehr starken Reduktionsmitteln (H im „Statu nascendi“, Zinn(II)- chlorid) wirkt schweflige Säure als Oxidationsmittel :

2 SnCl2 + SO32- + 2[H3O]+ + 4HCl →2 SnCl4 + S + H2O

Schwefelsäure, H2SO4, ist eines der wichtigsten Produkte der anorganischen Großindustrie. Sie kommt normalerweise als 98% ige konzentrierte Schwefelsäure in den Handel. Das azeotrope Gemisch mit Wasser liegt bei 98,3% mit einem Siedepunkt von 338 ºC.Reine (100%) Schwefelsäure ist eine ölige Flüssigkeit, Fp. 10,36 ºC, und wird durch Auflösen der berechneten Menge SO3in konz. H2SO4 hergestellt. Schwefelsäure mit einem Überschuss an SO3 heißt rauchende Schwefelsäure (Oleum).

Zur Darstellung geht man von SO2 aus, das im Kontaktverfahren in SO3 übergeführt und in konzentrierter Schwefelsäure gelöst wird: SO3 + H2SO4 → H2S2O7

H2S2O7 + H2O → 2 H2SO4Die dabei entstehende Dischwefelsäure (Pyroschwefelsäure) wird mit Wasser zu H2SO4 umgesetzt. Der Umweg ist erforderlich, da sich SO3 in Wasser schwer löst.

Die chemischen Eigenschaften der konz. H2SO4 lassen sich in drei wesentliche Wirkungen zusammenfassen:

a) Säurewirkung: H2SO4 ist eine zweibasige, sehr starke Säure, die in der ersten Stufe praktisch vollständig dissoziiert ist.Blei-, Strontium- und Bariumsulfat sind in Wasser kaum löslich, die meisten Metallsulfate sind in Wasser gut löslich.b) Oxidierende Wirkung: Konzentrierte H2SO4 wirkt als Oxidationsmittel:SO4

2- + 2 [H3O]+ + 2 e → SO32- + 3 H2O

So werden Kohle und Schwefel unter Reduktion der Schwefelsäure zu SO2 gelöst, auch edle Metalle wie Cu lösen sich in H2SO4 unter SO2-Bildung.

c) Wasserentziehende Wirkung: Konzentrierte Schwefelsäure zieht Wasser sehr stark an und wird daher als Trockenmittel verwendet (Gaswaschflaschen, Exsikkatoren). Vielen anorganischen und organischen Verbindungen kann Wasser entzogen werden. Beim Verdünnen mit H2O tritt eine sehr hohe Wärmetönung auf, es bilden sich Hydrate des Typs: H2SO4 . n H2O mit n = 1,2, 4,6,8. Es sollte daher nie Wasser in konzentrierte H2SO4gegossen werden, sondern die Schwefelsäure langsam und im dünnen Strahl, möglichst unter Kühlung in viel Wasser eingerührtwerden.

OXIDE und SAUERSTOFFSÄUREN VON Se und Te+IV: SeO2: sublimierbares, farbloses Pulver; Kettenstruktur daher fest!

H2SeO3: selenige Säure (SeO2 + H2O)im Gegensatz zu H2SO3 auch in festem Zustand bekannt;sehr schwache Säure, stärker oxidierend als diese

TeO2: kristallisiert im Rutilgitter, in Wasser weitgehend unlöslich;bildet keine tellurige Säure, Tellurite sind bekannt

+VI: SeO3: sehr starkes Oxidationsmittel; kristallin, 8-gliedrige Ringe (tetramer)

farblos, hygroskopisch, mit Wasser SelensäureH2SeO4: Selensäure, der Schwefelsäure sehr ähnlich

schwächere Säure, aber stärker oxidierendDiselenate sind bekannt

TeO3: fest, gelb, praktisch unlöslich in WasserAnhydrid der Tellursäure, durch P4O10 aus dieser darstellbar

Te(OH)6: Tellursäure, amphoter, kann als zweibasige Säure reagierenwesentlich stärker oxidierend als Schwefelsäure.

p3-Elemente Stickstoffgruppe

Symbol Name

(deutsch) Namen (latein)

(griechisch)

Masse Fp. (K)

Kp. (K)

d (kg/m

3)

N Stickstoff nitrogenium 14,0 -209,9 -195,8 1,25 P Phosphor 31,0 44,1 280 1820

As Arsen 74,9 817 613 5730Sb Antimon stibium 121,8 630,5 1380 6691Bi Wismut bismutum 209,0 271,3 1560 9747

Moleküle: N2, P4(weiß), Pn(rot und schwarz), As4(gelb),

Asn(schwarz und grau), Sb -, Bi -

Die Elemente treten in ihren Verbindungen vor allem in den Oxidationszahlen +III und +V auf. Mit elektropositiveren Elementen, einschließlich Wasserstoff, existieren Verbindungen in denen negative Oxidationszahlen (-III,-II) vorliegen. Die Elemente treten in verschiedenen Modifikationen auf. Die Stabilität der "metallischen" Modifikation steigt vom Phosphor zum Bismut an, das nur mehr in metallischer Form vorkommt.Mit dem Metallcharakter steigt auch die Basizität der Hydroxide, die von starken Säuren (bei N und P) über amphoteren Charakter (As,Sb) zur ausgesprochenen Base (Bi) reicht. Die Tendenz zur Bildung kondensierter polymerer Oxid-hydrate (Polysäurenbildung) ist außer bei Stickstoff stark aus-geprägt. Kovalente Verbindungen mit der Koordinationszahl > 4 sind außer bei Stickstoff unter Beteiligung von d-Orbitalen möglich.

Die maximale Koordinationszahl steigt mit der Ordnungszahl an, sie beträgt z.B. gegenüber Sauerstoff drei bei Stickstoff (HNO3), vier bei Phosphor (H3PO4), und sechs bei Antimon (H6SbO6).Mit steigender Ordnungszahl steigt die Stabilität der Oxidationszahl +III, während +V instabiler wird. Dies ist deutlich im Oxidationsverhalten der Oxo-Säuren (Antimonsäure ist ein Oxidationsmittel, Phosphorsäure nicht) wie auch in der Stabilität der Halogenide zu sehen. Bismut bildet in der Oxidationszahl +V nur mehr ein leicht zerfallendes Fluorid BiF5 und schlecht definierte Sauerstoff-Verbindungen, die auch Bi (+III) enthalten.Die thermische Stabilität und die Basizität der Wasserstoffver-bindungen nimmt von NH3 zu BiH3 stark ab.

VORKOMMEN DER ELEMENTE

Stickstoff tritt elementar als Luftbestandteil (etwa 78 Vol-%) und in Form von Nitraten (Chilesalpeter NaNO3) sowie in organischen Stoffen in der Natur (Eiweiß u.a.) auf.

Phosphor kommt fast ausschließlich in Form von Phosphaten,z.B. Apatit, Phosphorit, vor.

As, Sb und Bi treten gelegentlich elementar auf, meist jedoch als Sulfide (Realgar As4S4, Auripigment As2S3, Arsenkies FeAsS; Grauspießglanz Sb2S3, Bismutglanz Bi2S3 u.a.) oder als Verwitterungsprodukte (Antimonblüte Sb2O3 und Bismutocker Bi2O3).

REINDARSTELLUNG DER ELEMENTE

Man erhält Stickstoff durch die fraktionierte Kondensation der Luft, durch Druckwechseladsorption oder durch Membrandiffusion von Luft. Außerdem kann Stickstoff nach dem Generatorgasverfahren hergestellt werden.

Weißer (farbloser) Phosphor entsteht bei der Kondensation von Phosphor-Dampf als weicher, weißlich durchscheinender Körper, der an der Luft, oftmals unter Feuererscheinung zu P4O10 oxidiert wird. Er wird daher unter Wasser aufbewahrt. Auch mit den meisten anderen Elementen erfolgt heftige Reaktion. In CS2 ist er leicht löslich, er ist destillierbar und sehr giftig.

Phosphor entsteht aus Calciumphosphat mit Quarzsand und Kohle bei 1400 ºC im Lichtbogenofen, wobei der Phosphor abdestilliert:

2 Ca3(PO4)2 + 6 SiO2 + 10 C→ 6 CaSiO3 + P4 + 10 CO

Weißer Phosphor besteht aus tetraedrischen P4-Molekülen. Eine solche Anordnung bedeutet eine starke Verzerrung der Bidungsrichtungen, d. h. ein gespanntes und damit instabiles Molekül, woraus die beschriebene Reaktivität resultiert.

Beim Erhitzen unter Luftabschluß und langsam schon durch Lichteinwirkung öffnet sich das P4-Tetraeder, und es erfolgt Umlagerung in eine stabilere Modifikation mit polymer angeordneten P-P-Bindungen, den roten Phosphor. Er zeigt wesentlich geringere Reaktivität, ist luftstabil, ungiftig und unlöslich in CS2.

Schwarzer Phosphor entsteht beim Erhitzen unter Druck (200ºC, 12000 bar) oder unter Verwendung von Quecksilber als Katalysator ohne Druck. Die Struktur zeigt eine Doppelschicht aus parallel gelagerten Ketten. Schwarzer Phosphor ist die thermodynamisch stabilste Form des Phosphors.

As, Sb und Bi lassen sich durch Reduktion der Oxide mit Kohle herstellen, sulfidische Erze werden meist vorher durch Erhitzen mit Luft ("Rösten") in die Oxide übergeführt:

2 As2O3 + 3 C→ 4 As + 3 CO2

Arsen entsteht auch durch thermische Zersetzung von Arsenkies

FeAsS→ FeS + As

Gelbes Arsen (As4-Molekül) hat eine Struktur analog der des weißen Phosphors, ist jedoch noch instabiler. Schon beim schwachen Erwärmen oder durch Lichteinwirkung entsteht graues Arsen (stabilste Modifikation).

Orthorhombisches Arsen entspricht dem schwarzen Phosphor und wird auch schwarzes Arsen genannt, es ist stabiler als gelbes Arsen.Rhomboedrisches Arsen (graues As) ist die stabilste und normal auftretende As-Modifikation (isotyp mit Sb und Bi).

Graues As ist metallisch glänzend, stahlgrau, spröde und von geringer Härte. Es verbrennt bei über 180 ºC zu As2O3 und ist in HNO3, H2SO4 und konz. heißen Alkalilaugen löslich.

Antimon tritt vorzugsweise ebenfalls in einer rhomboedrischen Modifikation auf (graues Antimon). Die Eigenschaften sind denen des grauen As sehr ähnlich. Gelbes Antimon und das aus Sb-Dampf bei der Kondensation entstehende schwarze, explosive Sb sind stark verunreinigte Formen.

Bismut tritt nur in der rhomboedrischen Modifikation auf; es hat ein rotstichiges silberweißes metallisches Aussehen; beim Schmelzen tritt, ähnlich wie bei Eis, Volumenkontraktion ein.

VERWENDUNG UND BEDEUTUNG DER ELEMENTEAs: mit Pb Flintenschrot

Sb: mit Pb HartbleiLetternmetall (+ Sn) Lagermetalle

mit Sn BritanniametallLagermetalle

Bi: mit Sn, Pb, Cd niedrig schmelzende Legierungen (Wood, Rose, Lipowitz)

für Klischeeherstellung (Ausdehnung beim Erstarren)Lagermetalle

HYDRIDEDie Stabilität der Wasserstoffverbindungen und ihre Basizität nimmt mit steigender Ordnungszahl stark ab.Die wichtigsten WASSERSTOFFVERBINDUNGEN DES STICKSTOFFSsind Ammoniak, Hydrazin und Stickstoffwasserstoffsäure. Ammoniak, NH3, ist ein stechend riechendes, farbloses Gas (Kp. -33,35 ºC, Fp. -77,7 ºC), es läßt sich an Luft entzünden, brennt aber allein nicht weiter.Es ist in Wasser löslich und hat die Eigenschaften einer Lewis-Base; NH3 lagert daher leicht Protonen und andere Lewis-Säuren an:NH3 + H3O+ → NH4

+ + H2ODas sp3-hybridisierte [NH4]+-Ion ist sehr stabil und den Alkalimetall-ionen ähnlich. Es bildet Salze, die beim Erhitzen dissoziieren, z.B.:NH4Cl → NH3 + HCl

Wasserfreies, flüssiges Ammoniak stellt ein Lösungsmittel dar, in dem, ähnlich wie bei Wasser, über Wasserstoffbrückenbindungen Assoziationen auftreten, die zu einem anomal hohen Siedepunkt führen. Es tritt ein dem Wasser ähnliches Dissoziationsgleichgewicht auf:2 NH3 → NH4

+ + NH2-

Ammoniumsalze wie Ammoniumbromid wirken daher in diesem System als Säure, Amide, z.B. Natriumamid, NaNH2, als Basen.

Wird in NH3 ein Wasserstoff-Atom durch die NH2-Gruppe ersetzt, so gelangt man zu Hydrazin, NH2-NH2. Der Stickstoff hat die Oxidationszahl -II. Hydrazin entsteht durch Oxidation von NH3mit unterchloriger Säure, wobei als Zwischenprodukt Chloraminauftritt.Ein modernes Darstellungsverfahren beruht auf der Oxidation von NH3 mit Chlor in Gegenwart von Ketonen.Hydrazin ist als Amin des Ammoniaks eine schwache zweisäurige Base.NH2-NH2 ist eine an der Luft rauchende Flüssigkeit (Fp. 1,4 ºC, Kp. 113,5 ºC), das Molekül ist ähnlich gebaut wie H2O2. Die freie Drehbarkeit um die N-N-Achse ist eingeschränkt. NH2-NH2brennt an der Luft unter hoher Wärmeentwicklung (Raketentreibstoff) und ist in Wasser löslich. Das Monohydrat ist stabiler als das freie Hydrazin. Wässrige Hydrazinlösung ist ein starkes Reduktionsmittel.

In der Stickstoffwasserstoffsäure, HN3, (Kp. 37 ºC), sind die 3 N-Atome linear angeordnet, der N-N-H-Winkel beträgt 110º, die größere Bindungslänge 124 pm.Wie aus den unterschiedlichen Bindungslängen ersichtlich, sind die Bindungsordnungen zwischen den Stickstoffatomen nicht gleich. Die kürzere Bindung (113 pm) hat eine höhere Bindungsordnung und ist fester. HN3 neigt zum explosiven Zerfall. Explosiv sind auch zahlreiche kovalent gebaute Schwermetallazide.Dagegen sind die ionisch gebauten Azide (z.B. Alkalimetallazide) stabil. Diese Stabilisierung dürfte durch die Symmetrie der Abstände zwischen den 3 Stickstoffatomen bedingt sein, da im Azidion die Bindungsabstände (115 pm) und damit die Bindungsordnungen gleich sind. ·Azide werden vorzugsweise mittels folgender Reaktionen dargestellt: 3 NaNH2 + NaNO3 → NaN3 + 3 NaOH + NH3

NaNH2 + N2O → NaN3 + H2O

HYDRIDE DES PHOSPHORS, ARSENS, ANTIMONS UND BISMUTS

Die Stabilität der gasförmigen Hydride PH3, AsH3, SbH3 und BiH3 nimmt, wie üblich mit steigender Ordnungszahl schnell ab.

BiH3 ist so unbeständig, dass es nur bei tiefen Temperaturen und nur in Spuren nachweisbar ist.

Alle haben pyramidenförmige Molekülstruktur und nur schwach basische Eigenschaften.

Phosphorwasserstoff (Phosphin) PH3 ist ein farbloses, charakteristisch riechendes Gas (Fp. -133,8 ºC, Kp. -87,7 ºC) das in Wasser wenig löslich ist. Phosphoniumsalze [PH4]+X-, sind wesentlich leichter zersetzlich als die entsprechenden Ammoniumsalze. Außer PH3 existiert noch Diphosphin P2H4 (an der Luft selbstentzündliches Gas), das als gelbe Flüssigkeit kondensiert und in PH3 und hochmolekulare, gelbe Phosphorwasserstoff-Verbindungen zerfällt. Auch längerkettige Phosphorwasser-stoffe sind bekannt.

Vom Arsen gibt es außer AsH3 auch ein Diarsin (As2H4), während beim Antimon nur SbH3 bekannt ist.

Die Darstellung der Hydride erfolgt:

1. aus den entsprechenden Phosphiden, Arseniden, Antimoniden usw. mit Säure; (Vorsicht! auch ungewollt beim Auflösen von Proben-material in nicht oxidierenden Säuren, z.B. Gusseisen in HCl!)

2. mit naszierendem Wasserstoff aus verschiedenen Verbindungen;(Vorsicht! auch bei Durchführung der MARSH - Probe!)

3. am einfachsten durch Reduktion der Halogenide mit komplexen Hydriden (Lithium-Aluminiumhydrid).

HALOGENIDEHalogenide des Stickstoffs haben die Zusammensetzung NX3 , bei den übrigen p3-Elementen sind neben ElX3 auch ElX5-Verbindungen bekannt. Die Tendenz zur Ausbildung von ElX5-Verbindungen nimmt vom Phosphor zum Bismut hin ab, es sind außer BiF5 keine BiX5-Verbindungen bekannt.Trihalogenide:Die Trihalogenide des Arsens und Antimons sind den Phosphortrihalogeniden sehr ähnlich. Man erhält sie aus den Elementen durch Reaktion mit Halogenen.Arsen(III)-chlorid steht mit arseniger Säure im Hydrolyse-gleichgewicht,AsCl3 + 3 H2O → H3AsO3 + 3 HCldas in konzentrierter Salzsäure nach links verschoben ist. AsCl3 ist daher aus stark saurer Lösung abdestillierbar (Kp. 130,2 ºC).

Pentahalogenide:entstehen im allgemeinen aus den Trihalogeniden durch Reaktion mit Halogenen, z.B.:PX3 + X2 → PX5Pentahalogenide des Phosphors hydrolysieren leicht zu Phosphorsäure und Halogenwasserstoff.Das bei der Hydrolyse von PCl5 als Zwischenprodukt auftretende POCl3 ist nur bei kontrollierter Wasserzugabe faßbar. Es ist eine farblose stark lichtbrechende Flüssigkeit (Kp. 108 ºC), die aus PCl5 durch vorsichtige Hydrolyse mit Stoffen erhalten wird, die dosiert Wasser abgeben, wie z.B. Oxalsäure oder Borsäure.PF5 + F- → [PF6]-Auch die meisten anderen Pentahalogenide sind befähigt mit Halogenid-Ionen Komplexe der KZ = 6 zu bilden z. B.: [AsCl6]-, [SbCl6]-, u.a.

SAUERSTOFFVERBINDUNGEN DES STICKSTOFFSStickstoff in den Oxidationszahlen + I bis + V bildet mit Sauerstoff eine Reihe von Oxiden, die wichtigsten davon sind:

Distickstoffmonoxid, N2O (Lachgas). Durch seine Verwendung als Anästhetikum bekanntes farbloses Gas, das bei der thermischen Zersetzung von Ammoniumnitrat entsteht.

Stickstoffmonoxid, NO, ist ein in Wasser schwerlösliches, farbloses Gas, das aus Stickstoff und Sauerstoff in endothermerReaktion entsteht:N2 + O2 → 2 NO ∆H = + 180,6 kJ/mol.Ähnlich wie N2O ist auch NO eine ,,endotherme" Verbindung, d. h. sie ist bei Raumtemperatur instabil und sollte auf Grund der Gleichgewichtslage in die Elemente zerfallen. Nur die sehr geringe Zerfallsgeschwindigkeit erlaubt die Existenz von NO; es ist metastabil.

Die Bildungsreaktion tritt aber nur bei sehr hoher Energiezufuhr ein, z.B. durch Blitze in Gewittern.Die "Luftverbrennung" war früher Ausgangsreaktion zur Darstellung der Salpetersäure.Die Reaktion erfordert aber einerseits sehr hohe Temperaturen, andererseits zerfällt NO beim Abkühlen sehr leicht wieder in seine Bestandteile; man muss daher das Reaktionsgemisch aus der heißen Zone schnell abkühlen ("Einfrieren" des Gleichgewichtes).Stickstoffmonoxid wird durch katalytische Verbrennung von Ammoniak (Ostwald-Verfahren) erhalten, indem Ammoniak, mit Luft gemischt, mit hoher Strömungsge-schwindigkeit bei 1000°C über ein Platinnetz (als Katalysator) geführt wird (Kontaktzeit etwa 1/1000 s).Charakteristisch für Stickstoffmonoxid ist die hohe Reaktionsgeschwindigkeit mit Sauerstoff, mit dem es spontan zu Stickstoffdioxid reagiert.

Stickstoffdioxid, NO2. Das braun gefärbte, stark giftige Gas entsteht aus Stickstoffmonoxid mit elementarem Sauerstoff. Man erhält es im Laboratorium bei der thermischen Zersetzung von Nitraten und beim Lösen von Probenmaterial in salpetersäurehältigen Lösegemischen.NO2 kann Sauerstoff abgeben, wobei es in NO übergeht. Es wirkt daher als Oxidationsmittel. In Wasser wird es unter Disproportionierung zu Salpetersäure und salpetriger Säure hydrolysiert:+IV +III +V2 NO2 + H2O → HNO2 + HNO3Die gebildete HNO2 zerfällt sofort weiter.

SAUERSTOFFSÄUREN DES STICKSTOFFS

Salpetrige Säure, HNO2, ist in reiner Form nicht bekannt, sondern nur in verdünnter wässriger Lösung und bildet zahlreiche Salze, die Nitrite.Die schwache bis mittelstarke Säure zerfällt leicht unter Disproportionierung

+III +V +II3 HNO2 → HNO3 + H2O + 2 NO (s. Darstellung von Salpetersäure)Die Disproportionierungsreaktion zeigt, dass die salpetrige Säure sowohl Reduktionsmittel als auch Oxidationsmittel sein kann.

Salpetersäure, HNO3. Salpetersäure gehört zu den wichtigsten großtechnischen Produkten der anorganischen Grundstoffindustrie. Die normale konzentrierte Säure des Handels ist ein azeotropes Gemisch mit 69,2% HNO3 (Kp120,5 ºC).Zur Darstellung geht man heute fast ausschließlich von NO aus, das durch Ammoniakverbrennung (Ostwald-Verfahren) hergestellt wird.NO reagiert mit Sauerstoff zu Stickstoffdioxid, das mit Wasser weiter umgesetzt wird. Dabei erfolgt Disproportionierung in HNO3 und HNO2. Die entstehende salpetrige Säure zersetzt sich unter Bildung von HNO3 und NO (Disproportionierung). Das entstehende NO wird mit Luftsauerstoff wieder zu NO2 oxidiert, das wieder mit Wasser reagiert. Auf diese Weise ist es möglich, NO2 in Gegenwart von Luftsauerstoff und Wasser quantitativ in Salpetersäure umzusetzen.

100% ige Salpetersäure ist eine farblose Flüssigkeit, die bei -41 ºC zu schneeweißen Kristallen erstarrt (Kp 83 ºC), sie wird durch Vakuumdestillation mit Schwefelsäurezusatz (als wasserentziehendes Mittel) gewonnen. Löst man NO2in konzentrierter Salpetersäure, entsteht die gelb bis rot gefärbte "rauchende Salpetersäure". Sie ist ein besonders starkes Oxidationsmittel.In wässriger Lösung ist HNO3 als starke Säure fast vollständig dissoziiert.Die im allgemeinen leicht in Wasser löslichen Nitrate zersetzen sich beim Erhitzen unter Sauerstoffabgabe. Alkalinitrate bilden dabei Nitrite, Schwermetallnitrate reagieren zu Oxiden.Nitrate sind starke Oxidationsmittel; in der bekannten Schwarzpulver-Mischung (12,5% Schwefel, 12,5% Kohle und 75% Kalisalpeter, KNO3) wirkt das Nitrat als Sauerstofflieferant.

NH4NO3 kann sich explosiv zersetzen und findet als Sprengstoff-Komponente Anwendung. Salpetersäure reagiert als Oxidationsmittel: U, Hg und Ag werden gelöst, Au und Pt dagegen nicht. Einige unedle Metalle (Cr, Al) werden passiviert, d.h. sie werden mit einer zusammenhängenden Oxidhaut überzogen, so dass ein weiterer Angriff der Säure nicht erfolgen kann.Das Gemisch aus 3 Vol.-Teilen HCl und 1 Vol. Teil HNO3 heißt Königswasser, es zeigt besonders gute Lösungseigenschaften für Gold und Platinmetalle. Im Gemisch tritt freies Chlor auf.

Sauerstoffverbindungen des PhosphorsPhosphor(III)-oxid, P4O6, entsteht bei Oxidation von Phosphor mit der stöchiometrischen Menge Sauerstoff als wachsartige, farblose, sehr giftige Masse. (Struktur s. Zeichnung).Mit Wasser bildet sich die phosphorige Säure.Phosphor(V)-oxid, P4O10, entsteht beim Verbrennen von Phosphor unter reichlichem Sauerstoffzutritt. Es ist das normaleVerbrennungsprodukt des Phosphors an der Luft und stellt eine farblose, geruchlose Masse dar. Die Struktur leitet sich ebenfalls vom P4-Tetraeder ab, und zwar sind sechs Sauerstoffatome zwischen den Phosphoratomen und an jedem P-Atom ein weiteres Sauerstoffatom gebunden, so dass PO4-Tetraeder vorliegen.Wie alle verzweigten Phosphor-Sauerstoff-Strukturen ist auch P4O10 äußerst hydrolyseempfindlich. Bei der Hydrolyse entsteht über verschiedene Poly- und Metaphosphorsäuren schließlich H3PO4. P4O10 ist eines der stärksten wasserentziehendenMittel.

Orthophosphorsäure, H3PO4, Phosphor(V)-säure, entsteht bei der Hydrolyse von P4O10 oder aus Calciumphosphat mit Schwefelsäure:Ca3(PO4)2 + 2 H2SO4 → Ca(H2PO4)2 + 2 CaSO4

Ca(H2PO4)2 + H2SO4 →2 H3PO4 + CaSO4Die Umsetzung erfolgt großtechnisch zur Herstellung phosphathältiger Düngemittel nur bis zur Stufe des wasserlöslichen Calciumdihydrogenphosphats Ca(H2PO4)2(,,Superphosphat"). Ca3PO4 ist unlöslich und als Düngemittel ungeeignet.Erfolgt der Aufschluss mit H3PO4, so entsteht sog. Doppelsuperphosphat (ohne CaSO4-Beimengung).

Reine H3PO4 bildet durchsichtige Kristalle (Fp. 42.3 ºC), die sich in Wasser leicht lösen. Handelsüblich ist eine Phosphorsäure miteiner Konzentration von 85-90 % (ölige Flüssigkeit). H3PO4 ist eine dreibasige, mittelstarke Säure.Das [PO4]3--Ion ist tetraedrisch gebaut und enthält 4 gleichartig gebundene Sauerstoffatome.

Verwendung von H3PO41. Düngemittel2. Waschmittel-Phosphate3. Industriereiniger, Beizmittel4. Wasserbehandlung5. Tierfuttermittel6. Flammschutzmittel7. Lebensmittelzusatz (Säuerungsmittel E 338)

OXIDE UND SAUERSTOFFSÄUREN VON As, Sb UND BiArsen(III)-oxid As4O6, auch Arsenik („Hittrach“) genannt, entsteht beim Oxidieren (Abrösten) von Arseniden (z.B. Arsenkies, FeAsS) als sublimierbare, giftige, durchscheinende Masse (letale Dosis unter 0,1 g; es besteht aber die Möglichkeit der Gewöhnung eines Organismus an Arsenik bis zu einer Menge von 0,5 g).Arsen(III)-oxid löst sich in Wasser langsam unter Bildung der arsenigen Säure H3AsO3, einer dreibasigen Säure, die reduzierend (Bildung von Arsenat) oder oxidierend wirken kann (Bildung von As el.).Arsen(V)-oxid, As4O10, eine farblose, hygroskopische, durchscheinende Masse, läßt sich nicht durch Verbrennen von Arsen sondern nur durch Entwässern der Arsensäure darstellen. In Wasser bildet sich Arsensäure H3AsO4, eine dreibasige, mittel- starke Säure (schwächer als Orthophosphorsäure, aber stärker als die arsenige Säure). Zum Unterschied von Orthophosphorsäure ist Arsensäure ein starkes Oxidationsmittel (höhere Stabilität der Oxidationsstufe +III).

Die Antimonoxide sind den entsprechenden Arsenverbindungen weitgehend ähnlich.

Bismut(III)-oxid, Bi2O3, ist zum Unterschied von allen übrigen Oxiden ein ausgesprochen basisches Oxid. Es löst sich nur in Säuren, aus denen mit Basen Bi(OH)3 ausgefällt werden kann. Es ist gelb, in der Hitze rotbraun (Fp. 824 ºC) und tritt in mehreren Modifikationen auf.

BINÄRE VERBINDUNGEN DER p6-ELEMENTE

Element + N = NITRIDE (Vertreter: Hartstoffe → Sonderkeramik)+ P = PHOSPHIDE (Vertreter: Giftstoffe, mit Wasser →

PH3!)+ As, Sb = ARSENIDE, ANTIMONIDE (Vorkommen!)

As, Sb und Bi bilden entsprechend ihrer geringen Elektro-negativität stärker polare Sulfide. As und Sb bilden in den Oxidationszahlen +III und +V Sulfide, das Bismut nur Bi2S3 (s. Vorkommen!).Sb2S5 wird unter dem Namen "Goldschwefel" in der Kautschuk-verarbeitung (Pigment) und in der Zündholzherstellung (brennbarer Stoff) verwendet.