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Philosophische Fakultät Institut für Philosophie, Lehrstuhl für Theoretische Philosophie, Dr. Holm Bräuer Einführung in die Theoretische Philosophie SS 2011 1

Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

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Page 1: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Philosophische Fakultät Institut für Philosophie, Lehrstuhl für Theoretische Philosophie, Dr. Holm Bräuer

Einführung in die Theoretische Philosophie

SS 2011

1

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Methodenlehre Wissenschaftstheorie

Klausurschwerpunkte

indirekter Beweis, Vagheit, Paradoxie, Konsistenz, Petitio Principii

D-N-Modell, H-D-Modell, Rabenparadoxon, Falsifikationismus

Sprachphilosophie

Naive Sichtweise Russels

Metaphysik und Ontologie

Naive Sichtweise, RusselsKennzeichnungstheorie, Sender-Empfänger-Modell, Verifikationstheorie

Identität, Realismus, Nominalismus, Ereignisse

Erkenntnistheorie

Traditionelle Wissenskonzeption, Gettier Kontextualismus

Philosophie des Geistes

Descartes Argumente für den Gettier, Kontextualismus, Wittgensteins Bildtheorie, Definition der Rechtfertigung, Rechtfertigungstrilemma

gDualismus, Epiphänomenalismus, Funktionalismus, anomaler Monismus (Supervenienz)

Es ist nicht gestattet, das Vorlesungsskript für die Klausur zu verwenden!Fragenverteilung: Methodenlehre (2); Spachphilosophie (3); Erkenntnistheorie (3); Wissenschaftstheorie (3); Metaphysik (3); Philosophie des Geistes (3) Gesamt: 17 Fragen

2SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Wissenschaftstheorie (3); Metaphysik (3); Philosophie des Geistes (3) Gesamt: 17 Fragen (rund 5 min pro Frage)

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Z it d O tZeit und OrtMi, 13.07.2011, 1. DS (7:30-9:00), HS ABS 02 (Lehramtsbachelor) und HS ABS 03 (Rest).

BelehrungBelehrungDiese Klausur ist eine Prüfungsleistung! Abschreiben, die Verwendung nicht zugelassener Hilfsmittel sowie das absichtliche Stören der Klausur werden als Täuschungsversuch aufgefasst. Die Klausur gilt in diesem Falle als „nicht bestanden“. Unterschreiben Sie bitte die Belehrung in der Kopfzeile!Es dürfen nur die Studenten geprüft werden die auf den Notenlisten aufgeführt sind d h diejenigen die Es dürfen nur die Studenten geprüft werden, die auf den Notenlisten aufgeführt sind, d.h. diejenigen, die sich beim Prüfungsamt angemeldet haben. (Gilt nur für Bachelorstudenten.)

Abgabe der KlausurgVermerken Sie auf jedem Blatt ihren Namen und versuchen Sie, falls möglich, Ihre Blätter zusammenzuheften.Bitte quittieren Sie (zu Ihrer eigenen Sicherheit) die Abgabe durch Ihre Unterschrift auf den Notenlisten.Halten Sie ein Ausweisdokument bei der Abgabe bereit. Wir sind verpflichtet, dem Prüfungsamt diejenigen Studenten melden die sich nicht ausweisen konnten!Studenten melden, die sich nicht ausweisen konnten!

Veröffentlichung der NotenDie Noten finden Sie in etwa 14 Tagen auf meiner Homepage. Ich darf die Noten aus Gründen des Die Noten finden Sie in etwa 14 Tagen auf meiner Homepage. Ich darf die Noten aus Gründen des Datenschutzes weder unter Ihrem Namen, noch unter Ihrer Matrikelnummer veröffentlichen. Tragen Sie daher bitte Ihre Prüfungs-ID in den Kopfzeilen der Klausur ein. Falls Sie diese nicht kennen, dann denken Sie sich eine siebenstellige Zahl aus und merken sich diese!

3SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 4: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Vorlesung

Dr. Holm Bräuer

Mi (3) [11:10 – 12:40] ABS 03Mi (3) [11:10 12:40] ABS 03

R BZW A 416Raum: BZW A 416Sprechstunde: Mi, 13:00 – 14:00Tel.: 0351-463-32257Email: [email protected]

http://tu-dresden.de/die_tu_dresden/fakultaeten/philosophische_fakultaet/iph/thph/braeuer/index_html

4SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 5: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Tutorien

Do (2) [09:20 – 10:50] ABS 03nach Bedarf: Do (1) [07:30 – 09:00] ABS 02nach Bedarf: Do (1) [07:30 09:00] ABS 02

Norbert Engemaier M.A.Raum: BZW A 425Raum: BZW A 425Sprechstunde: nach VereinbarungEmail: [email protected]

Mo (5) [14:50 – 16:20] ABS 01

Karsten Kleber M AKarsten Kleber M.A.Raum: BZW A 425Sprechstunde: nach VereinbarungEmail: Karsten Kleber@mailbox tu dresden de

5

Email: [email protected]

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 6: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Reader zur „Einführung in die Theoretische Philosophie“Theoretische Philosophie

im Copyshop EMF (Zellescher Weg), Script #3im Copyshop EMF (Zellescher Weg), Script #3

Folien zur Vorlesung Einführung inFolien zur Vorlesung „Einführung in die Theoretische Philosophie“

auf meiner Homepage unter: Lehre

6SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 7: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

06.04.2011 Philosophische Begriffe und Argumente

3 0 20 S h h l h d / h13.04.2011 Sprachphilosophie – Bedeutung/ Bezugnahme

20.04.2011 Sprachphilosophie – Semantik/ Pragmatik

27.04.2011 Erkenntnistheorie – Wissen27.04.2011 Erkenntnistheorie Wissen

04.05.2011 Erkenntnistheorie – Wahrheit & Rechtfertigung

11.05.2011 dies academicus

18.05.2011 Wissenschaftstheorie – wiss. Erklärungen

25.05.2011 Wissenschaftstheorie – Bestätigung/ Theorien

01 06 2011 M t h ik & O t l i G db iff01.06.2011 Metaphysik & Ontologie – Grundbegriffe

08.06.2011 Metaphysik & Ontologie – Kategorien

15.06.2011 Pfingsten15.06.2011 Pfingsten

22.06.2011 Philosophie des Geistes – Dualismus

29.06.2011 Philosophie des Geistes – Physikalismus

06.07.2011 Ausfall

13.07.2011 Abschlussklausur

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Page 8: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

1 Philosophische Begriffe und Argumente1. Philosophische Begriffe und Argumente

a Was ist denn das: Philosophie?a. Was ist denn das: Philosophie?b. Grundbegriffe und Disziplinen der Philosophie

A t 1 K itik tc. Argumente 1: Kritikmusterd. Argumente 2: Werkzeugkasten

8SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 9: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

2 Sprachphilosophie2. Sprachphilosophie

a Bedeutung (Grundbegriff der Sprachphilosophie)a. Bedeutung (Grundbegriff der Sprachphilosophie)b. Bezugnahme

S tikc. Semantikd. Pragmatik

9SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 10: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

3 Erkenntnistheorie3. Erkenntnistheorie

a Wissen (Grundbegriff der Erkenntnistheorie)a. Wissen (Grundbegriff der Erkenntnistheorie)b. Was können wir wissen? (Skeptizismus)

W i t Wi ?c. Was ist Wissen?d. Was ist Wahrheit?

W i b t ht R htf ti ?e. Worin besteht Rechtfertigung?

10SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 11: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

4 Wissenschaftstheorie4. Wissenschaftstheorie

a Probleme und Ziele der Wissenschaftstheoriea. Probleme und Ziele der Wissenschaftstheorieb. Wissenschaftliche Erklärungen

Z B täti i h ftli h Th ic. Zur Bestätigung wissenschaftlicher Theoriend. Was ist eine wissenschaftliche Theorie?

11SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 12: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

5 Ontologie und Metaphysik5. Ontologie und Metaphysik

a Was ist Metaphysik?a. Was ist Metaphysik?b. Die Grundfrage der Ontologiec. Die Grundbegriffe der Ontologieg gd. Grundlagen der kategorialen Ontologie

12SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 13: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

6 Philosophie des Geistes6. Philosophie des Geistes

a Problembereiche der Philosophie des Geistesa. Problembereiche der Philosophie des Geistesb. Der Substanzdualismusc. Spielarten des Physikalismusp yd. Eliminativer Materialismuse. Die Naturalisierung des Geistesg

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Philosophische Fakultät Institut für Philosophie, Lehrstuhl für Theoretische Philosophie, Dr. Holm Bräuer

1. Philosophische Begriffe und Argumente

14

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Philosophie? Was ist denn das?

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Page 16: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ϕιλοσοϕια

ϕιλος = Freund / Liebhaber / Begehrenderϕιλος = Freund / Liebhaber / Begehrender

σοϕια = Weisheit / Wissen / Sachkundeϕ / /

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Page 17: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Jemand der philosophiert“ (ein Philosoph) ist also Jemand, der „philosophiert (ein Philosoph) ist also dem Worte nach

… jemand, der das Wissen liebt jemand der sich um Weisheit bemüht… jemand, der sich um Weisheit bemüht

… jemand, der sachkundige Urteile schätzt jemand der auf der Suche nach der Wahrheit ist… jemand, der auf der Suche nach der Wahrheit ist

17SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 18: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Sind wir alle schon Philosophen?Sind wir alle schon Philosophen?

Können wir nach Hause gehen?

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Das Staunen ist die Das Staunen ist die Einstellung eines Mannes, der die Weisheit wahrhaft liebt die Weisheit wahrhaft liebt, ja es gibt keinen anderen Anfang der Philosophie als Anfang der Philosophie als diesen. (Platon)

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Die Gedanken sind frei “„Die Gedanken sind frei.„Du sollst nicht töten.“Wahr ist was der Wirklichkeit entspricht “„Wahr ist, was der Wirklichkeit entspricht.“

„Eine gerechte Gesellschaft ist besser als eine ungerechte “ungerechte.„Ich heiße Holm Bräuer und habe zwei Hände.“Es gibt (k)einen Gott “„Es gibt (k)einen Gott.

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Page 21: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Philosophisches Denken zeichnet sich durch Philosophisches Denken zeichnet sich durch das Bemühen aus, das Nachdenken von seinen Voraussetzungen und Vorurteilen zu seinen Voraussetzungen und Vorurteilen zu befreien oder diese zumindest offen zu legen.

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Das Bewusstmachen solcher Vorurteile und Das Bewusstmachen solcher Vorurteile und Voraussetzungen – das fragwürdig werden des bisher fraglos Hingenommenen erzeugt des bisher fraglos Hingenommenen - erzeugt ein Staunen, das als der Beginn einer philosophischen Haltung angesehen werden philosophischen Haltung angesehen werden kann.

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Page 23: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Obwohl sich die Philosophie im Unterschied Obwohl sich die Philosophie im Unterschied zu den Spezialwissenschaften nicht durch einen begrenzten Gegenstandsbereicheinen begrenzten Gegenstandsbereichcharakterisieren lässt …

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Page 24: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

so sind es doch immer grundlegende… so sind es doch immer grundlegende(radikale) Fragen und Probleme, die in der Philosophie aufgeworfen werden und die sich Philosophie aufgeworfen werden und die sich in aller Regel nicht innerhalb der Spezialwissenschaften beantworten lassen.p

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Page 25: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Was ist gut“ und böse“? Gibt es das überhaupt?Was ist „gut und „böse ? Gibt es das überhaupt?Was ist gerecht?Gibt es einen Gott?Besitzt der Mensch eine (unsterbliche) Seele?Was ist der Sinn des Lebens?Wann dürfen Lebewesen getötet werden?Wann dürfen Lebewesen getötet werden?Welche Rechte und Pflichten habe ich als Mensch?Ist die Natur gesetzmäßig?E i ti t d i l b i kli h?Existiert das, was wir erleben, wirklich?Können wir gesicherte Erkenntnis besitzen?

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Page 26: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Disziplinen der Theoretischen PhilosophieDisziplinen der Theoretischen PhilosophieSprachphilosophie

Was ist Bedeutung?W h ißt d hli h A d ü k fü tWas heißt es, dass sprachliche Ausdrücke für etwasstehen?Ist das Sprechen ein Handeln?Ist das Sprechen ein Handeln?

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Page 27: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Disziplinen der Theoretischen PhilosophieDisziplinen der Theoretischen PhilosophieErkenntnistheorie

Was ist Erkenntnis?W i t W h h it?Was ist Wahrheit?Was heißt es, dass eine Behauptung gerechtfertigtist?ist?Können wir überhaupt etwas wissen? (Skeptizismus)

27SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 28: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Disziplinen der Theoretischen PhilosophieDisziplinen der Theoretischen PhilosophieWissenschaftstheorie

Was ist ein Gesetz?W h ißt i A d Th i Was heißt es, eine Aussage oder Theorie zu bestätigen?Was sind Erklärungen?Was sind Erklärungen?Was macht eine wissenschaftliche Theorie aus?

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Page 29: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Disziplinen der Theoretischen PhilosophieDisziplinen der Theoretischen PhilosophieOntologie und Metaphysik

Was gibt es überhaupt?W i t i Di i Ei h ft?Was ist ein Ding, was eine Eigenschaft?Gibt es Ereignisse?W i t Z it i t R ?Was ist Zeit, was ist Raum?Worin besteht Veränderung? Worin Dauer?

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Page 30: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Disziplinen der Theoretischen PhilosophieDisziplinen der Theoretischen PhilosophiePhilosophie des Geistes

Was ist Bewusstsein?W i t D k ?Was ist Denken?Ist eine neurophysiologische Erklärung des Geistes vollständig?vollständig?Gehört der Geist zur Natur?

30SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 31: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Disziplinen der Praktischen PhilosophieDisziplinen der Praktischen PhilosophiePhilosophische Anthropologie

Was ist der Mensch?W t h id t d M h d Was unterscheidet den Menschen von anderen Lebewesen?

31SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 32: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Disziplinen der Praktischen PhilosophieDisziplinen der Praktischen PhilosophieEthik

An welchen Normen und Werten sollen wir unser Handeln orientieren?Handeln orientieren?Was ist das Gute?Gibt es ein gutes Leben und worin besteht es?Gibt es ein gutes Leben und worin besteht es?

32SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 33: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Disziplinen der Praktischen PhilosophieDisziplinen der Praktischen PhilosophiePolitische Philosophie

Warum soll es überhaupt so etwas wie einen Staatgeben?geben?Woher leitet er seine Autorität ab?Welche Herrschaft darf als legitim gelten?Welche Herrschaft darf als legitim gelten?

33SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 34: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Disziplinen der Praktischen PhilosophieDisziplinen der Praktischen PhilosophieRechtsphilosophie

Ist das geltende Recht legitim und begründet?W l h P i i i h t f l ?Welchen Prinzipien hat es zu folgen?Gibt es überhaupt Recht und Unrecht?W i t G hti k it?Was ist Gerechtigkeit?

34SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 35: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Disziplinen der Praktischen PhilosophieDisziplinen der Praktischen PhilosophieSozialphilosophie

Wie sieht das richtige Zusammenleben der Individuen innerhalb einer Gesellschaft bzw der Individuen innerhalb einer Gesellschaft bzw. der Gesellschaften untereinander aus?

35SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 36: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Weitere DisziplinenWeitere DisziplinenGeschichtsphilosophie

Hat die Geschichte einen Sinn?W i b t ht F t h itt?Worin besteht Fortschritt?Wie kann man historische Ereignisse erklären?

36SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 37: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Weitere DisziplinenWeitere DisziplinenTechnikphilosophie

Ist es zulässig, alles technisch Machbare auch zu verwirklichen?verwirklichen?Darf man die Natur verändern wie man will?

37SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 38: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Weitere DisziplinenWeitere DisziplinenReligionsphilosophie

Gibt es religiöse Erfahrungen?W i t G tt?Was ist Gott?Was heißt es, an etwas zu glauben?Lä t i h i l h Gl b htf ti ?Lässt sich ein solcher Glaube rechtfertigen?

38SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 39: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Weitere DisziplinenWeitere DisziplinenÄsthetik

Was ist das Schöne?Gibt W h h it d E k t i i d K t?Gibt es Wahrheit oder Erkenntnis in der Kunst?Wodurch zeichnet sich ein Kunstwerk aus?

39SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 40: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Phil hi h L ikPhilosophische Logik

Was ist ein gültiges Argument?

40SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 41: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Anders als in Religionen Ideologien Anders als in Religionen, Ideologien, Weltanschauungen ist beim philosophischen Nachdenken allein die rationale, nachvollziehbare Nachdenken allein die rationale, nachvollziehbare Argumentation zulässig, um die zentralen Fragen der menschlichen Lebenspraxis (praktische Philosophie) und unseres Weltverständnisses (theoretische Philosophie) zu beantworten.

41SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 42: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Raten Losen Wahrsagerei Kaffeesatzlesen Raten, Losen, Wahrsagerei, Kaffeesatzlesen, Pendeln, Astrologie, Talkshows, Medien, Expertenmeinungen, Lehrer, Eltern, Autoritäten, Expertenmeinungen, Lehrer, Eltern, Autoritäten, Religiöse Glaubenssätze, Weltanschauungen, Ideologien, Meinungen des Gartennachbarn, Mehrheitsmeinungen, Mythologie, Märchen, Geschichten, Anekdoten

42SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 43: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wissenschaftliche empirische ForschungWissenschaftliche, empirische Forschung

Rationale ArgumentationRationale Argumentation

43SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 44: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Grundidee des antiken GriechenlandDie Grundidee des antiken Griechenland

Jemand, der „die Weisheit wahrhaft liebt“; jemand, der auf der , ; j ,Suche nach der Wahrheit ist, ist jemand, der versucht …

44SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 45: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

die grundlegenden zentralen Fragen der menschlichen … die grundlegenden, zentralen Fragen der menschlichen Lebenspraxis und unseres Weltverständnisses …

45SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 46: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

weitgehend ohne Vorurteile oder andere Voraussetzungen … weitgehend ohne Vorurteile oder andere Voraussetzungen zu beantworten, und zwar so, dass er …

46SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 47: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

sich dabei ausschließlich des Mittels der rationalen … sich dabei ausschließlich des Mittels der rationalen, vernünftigen, intersubjektiv nachvollziehbaren Argumentationbedient.

47SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 48: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Phil hi b d t tPhilosophieren bedeutet

immer

Arbeit mit ArgumentenArbeit mit Argumenten

48SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 49: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Philosophieren heißt:Philosophieren heißt:

1) grundlegende Fragen stellen;1) grundlegende Fragen stellen;2) unvoreingenommene Antworten auf diese Fragen

geben;geben;3) Argumente vorbringen, die diese Antworten

stützenstützen.

49SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 50: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein Philosoph beschäftigt sich mit philosophischen Ein Philosoph beschäftigt sich mit philosophischen Texten.

50SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 51: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Welche Textelemente sind bei der Lektüre Welche Textelemente sind bei der Lektüre (Analyse) eines philosophischen Textes vorrangig zu beachten?beachten?

51SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 52: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Fragen und Problemstellungeng g

Quelle der Forschung

52SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 53: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Thesen (Antworten)( )

Ziel der Forschung

53SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 54: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Definitionen und begriffliche gUnterscheidungen

methodische Hilfsmittelmethodische Hilfsmittel

54SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 55: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der „ideale“ Text

Frage

gefolgt von beantwortet

TheseMethodische Hilfsmittel(Präzision, Klarheit)

gefolgt von begründet

ArgumentArgument

55SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 56: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Falls ein philosophischer Text nicht ideal“ in diesem Falls ein philosophischer Text nicht „ideal in diesem Sinne (also leserunfreundlich) ist, dann behandeln Sie ihn trotzdem so, als handele es sich um einen Sie ihn trotzdem so, als handele es sich um einen „idealen“ Text!

56SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 57: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Falls die Fragestellung des Textes für Sie einschlägig Falls die Fragestellung des Textes für Sie einschlägig ist, dann besteht Ihre Aufgabe allein darin, die Argumente zu bewerten, die der Autor für seine Argumente zu bewerten, die der Autor für seine These ins Feld führt.

Bedienen Sie sich dabei der einschlägigen methodischen Hilfsmittel.

57SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 58: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Arbeit am Argumentg

58SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 59: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Was ist eigentlich ein Argument?Was ist eigentlich ein Argument?

59SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 60: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Inhaltlich:Inhaltlich:

Ein Argument ist die Stützung einer Überzeugung Ein Argument ist die Stützung einer Überzeugung (Aussage, These, Annahme etc.) durch Gründe.

60SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 61: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Formal:Formal:

Ein Argument besteht aus einer Reihe von AussagenEin Argument besteht aus einer Reihe von Aussagen.

61SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 62: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eine der Aussagen ist das wofür argumentiert wird: die These Eine der Aussagen ist das, wofür argumentiert wird: die These.

Technisch gesprochen handelt es sich um die:g p

Konklusion des Arguments.

Beispiel: Abtreibung ist moralisch unzulässigBeispiel: Abtreibung ist moralisch unzulässig.

62SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 63: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die anderen Aussagen bestehen in der Angabe dessen worauf Die anderen Aussagen bestehen in der Angabe dessen, worauf sich diese Konklusion als Voraussetzung stützt: die Gründe.

Technisch gesprochen handelt es sich um die:

Prämissen des ArgumentsPrämissen des Arguments.

Beispiel: Abtreibung ist Mord.Beispiel: Abtreibung ist Mord.Mord ist moralisch unzulässig.

63SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 64: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Abtreibung ist moralisch unzulässig weilAbtreibung ist moralisch unzulässig … weil …Mord moralisch unzulässig ist und Abtreibung Mord ist.

Prämisse Mord ist moralisch unzulässig.Prämisse Abtreibung ist Mord.

Konklusion Abtreibung ist moralisch unzulässigKonklusion Abtreibung ist moralisch unzulässig.

64SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 65: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein Argument lässt sich auf zweierlei Weise Ein Argument lässt sich auf zweierlei Weise bestreiten.

65SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 66: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Nachweis dass es kein formal gültiges Argument ist Nachweis, dass es kein formal gültiges Argument ist (formale Gültigkeit).

66SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 67: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Nachweis dass eine oder mehrere Prämissen falsch Nachweis, dass eine oder mehrere Prämissen falsch oder unzulässig sind (materiale Gültigkeit).

67SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 68: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wann ist ein Argument formal gültig?Wann ist ein Argument formal gültig?

68SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 69: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein Argument ist formal gültig genau dann wenn:Ein Argument ist formal gültig, genau dann wenn:

69SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 70: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

die in der Konklusion übermittelte Information in … die in der Konklusion übermittelte Information in der von den Prämissen übermittelten Information enthalten ist.enthalten ist.

70SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 71: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

die Konklusion von den Prämissen logisch … die Konklusion von den Prämissen logisch impliziert wird.

71SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 72: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

die Konklusion notwendigerweise wahr sein muss … die Konklusion notwendigerweise wahr sein muss, sofern die Prämissen wahr sind.

72SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 73: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

es ausgeschlossen ist dass die Prämissen wahr … es ausgeschlossen ist, dass die Prämissen wahr und die Konklusion falsch ist.

Falls die Prämissen falsch sind dann ?Falls die Prämissen falsch sind, dann …?

73SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 74: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Franz ist ein JunggeselleFranz ist ein Junggeselle.Junggesellen sind unverheiratet.also: Franz ist unverheiratetalso: Franz ist unverheiratet.

M d PModus Ponens p(gültig) wenn p, dann q

l also: q

74SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 75: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wenn Franz ein Junggeselle dann ist er Wenn Franz ein Junggeselle, dann ist er unverheiratet.Franz ist unverheiratetFranz ist unverheiratet.also: Franz ist ein Junggeselle.

„Umkehrschluss“: wenn p, dann q(ungültig) q(ungültig) q

also: p

75SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 76: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wenn der Opponent alle Prämissen eines Arguments Wenn der Opponent alle Prämissen eines Arguments akzeptiert und das Argument formal gültig ist, dann ist er gezwungen, der Konklusion zuzustimmen.ist er gezwungen, der Konklusion zuzustimmen.

Warum?76

Warum?SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 77: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Falls der Opponent alle Prämissen eines Arguments Falls der Opponent alle Prämissen eines Arguments akzeptiert …

77SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 78: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Was Sie jetzt noch gegen ein Argument einwenden Was Sie jetzt noch gegen ein Argument einwenden können, ist die Wahrheit eine der Prämissen (einer der angegebenen Gründe) zu bezweifeln.

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Prämisse Abtreibung ist MordPrämisse Abtreibung ist Mord.Prämisse Mord ist moralisch unzulässig.

Konklusion Abtreibung ist moralisch unzulässig.

Ein Mord liegt vor wenn ein anderer Mensch vorsätzlich getötet Ein Mord liegt vor, wenn ein anderer Mensch vorsätzlich getötet wird. Ein 2 Wochen alter Fötus ist (noch) kein Mensch. Folglich ist Abtreibung (die vorsätzliche Tötung eines Fötus) kein Mord.

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Bei einem indirekten Beweis wird eine Aussage Bei einem indirekten Beweis wird eine Aussage argumentativ gestützt, indem gezeigt wird, dass aus ihrer Negation entweder ein logischer Widerspruch ihrer Negation entweder ein logischer Widerspruch oder ein Widerspruch zu einer bereits anerkannten These folgt.

Man nennt dieses Argumentschema auch reductioad absurdum.

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Wir wollen zeigen dass nicht alle Menschen Griechen sindWir wollen zeigen, dass nicht alle Menschen Griechen sind.

Annahme: Alle Menschen sind Griechen. (Negation unserer Aussage)Anerkannte These: Cicero ist ein Mensch.Erste Konklusion: Cicero ist ein Grieche.

Anerkannte These: Cicero ist kein Grieche (sondern Römer).

Widerspruch: Cicero ist ein Grieche und ist kein GriecheWiderspruch: Cicero ist ein Grieche und ist kein Grieche.

Konklusion: Nicht alle Menschen sind Griechen.

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VagheitVagheit

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Page 83: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Scharfe BegriffeScharfe Begriffe

führen bei der Anwendung auf beliebige Objekte … führen bei der Anwendung auf beliebige Objekte –d.h. in jedem Anwendungskontext – immer zu eindeutigen Resultaten, d.h. sie sind entweder eindeutigen Resultaten, d.h. sie sind entweder eindeutig anwendbar oder eindeutig nicht anwendbar.

Beispiele: Wellenlänge, Ladung, logische Gültigkeit

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Page 84: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Vage BegriffeVage Begriffe

führen bei der Anwendung auf beliebige Objekte … führen bei der Anwendung auf beliebige Objekte nicht immer zu eindeutigen Resultaten, d.h. sie sind in einem Kontext auf ein Objekt anwendbar, in in einem Kontext auf ein Objekt anwendbar, in einem anderen jedoch nicht anwendbar.

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Beispiel: rotBeispiel: rot

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Page 86: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Anwendungskontexte

Biologie: menschliches Lebewesen

Mann mit einem x und y Chromosomensatz

Psychologie: menschliches Psychologie: menschliches Lebewesen mit typisch männlichen Wesenszügen (primäre und sekundäre Geschlechtsmerkmale)Geschlechtsmerkmale)

Soziologie: volljähriger Mensch mit Soziologie: volljähriger Mensch mit typisch männlichen Verhaltensweisen

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Page 87: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die meisten alltagssprachlichen Begriffe sind vageDie meisten alltagssprachlichen Begriffe sind vageBegriffe. Ein erheblicher Teil der wissenschaftlichenBegriffsbildung besteht darin, die verwendetenBegriffsbildung besteht darin, die verwendetenAusdrücke von Vagheit zu befreien.

Vage Begriffe sind für die Wissenschaft aber auchdie Philosophie von großem Nachteil.

Warum?

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Page 88: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

MehrdeutigkeitMehrdeutigkeit

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Page 89: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein eindeutiger Begriff wird immer nur in einem Ein eindeutiger Begriff wird immer nur in einem Sinn gebraucht.

Ein mehrdeutiger Begriff wird in unterschiedlichen Kontexten auf unterschiedliche Weise gebraucht.Kontexten auf unterschiedliche Weise gebraucht.

Was ist ein „Kontext“?

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Inklusion ( Mann“)Inklusion („Mann )

Disjunktivität („Bank“, „Hahn“)

P ti ll Üb h idPartielle Überschneidungen(„Spiel“)

90SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 91: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ÄquivokationÄquivokation

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Page 92: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eine Äquivokation liegt dann vor wenn ein Wort in Eine Äquivokation liegt dann vor, wenn ein Wort in verschiedenen Kontexten unterschiedlich gebraucht wird (auf Grund von Vagheit oder Mehrdeutigkeit).wird (auf Grund von Vagheit oder Mehrdeutigkeit).

92SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 93: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Alle Menschen sind sterblichAlle Menschen sind sterblich.Alle Griechen sind Menschen. Also: Alle Griechen sind sterblich.

Herakles ist ein Grieche.Also: Herakles ist sterblich.

Welches Wort wurde äquivok gebraucht?Handelt es sich um Vagheit oder Mehrdeutigkeit?

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Page 94: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

DefinitionenDefinitionen

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Page 95: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Um Vagheiten Mehrdeutigkeiten oder Um Vagheiten, Mehrdeutigkeiten oder Missverständnisse zu vermeiden, definierenPhilosophen ihre wichtigsten Begriffe.

d h l h b b h dWarum sind Philosophen bestrebt, Vagheiten und Mehrdeutigkeiten zu vermeiden?Was ist eine Definition?

95SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 96: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eine Definition stellt eine IdentitätsbeziehungEine Definition stellt eine Identitätsbeziehungzwischen einem zu definierenden Begriff (dem Definiendum) und einem oder mehreren anderen d f d ff (d f ) hdefinierenden Begriffen (dem Definiens) her.

96SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 97: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein Nephograph ist ein Gerät das die „Ein Nephograph ist ein Gerät, das die verschiedenen Arten und die Dichte der Bewölkung fotographisch aufzeichnet.“

Definiendum =def Definiens

Definiendum: NephographD fi i G ät d di hi d A t d Definiens: Gerät, das die verschiedenen Arten und die Dichte der Bewölkung fotographisch aufzeichnet

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Page 98: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

NominaldefinitionenNominaldefinitionen

sind konventionell eingeführte Abkürzungen … sind konventionell eingeführte Abkürzungen. Der zu definierende Begriff wird relativ willkürlich gewählt. Nominaldefinitionen sind notwendig wahr. (t b ti )(true by convention)

Ein Nephograph ist ein Gerät das die „Ein Nephograph ist ein Gerät, das die verschiedenen Arten und die Dichte der Bewölkung fotographisch aufzeichnet.“

98SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 99: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

RealdefinitionenRealdefinitionen

beruhen auf wesentlichen Zusammenhängen … beruhen auf wesentlichen Zusammenhängen. Der zu definierende Begriff besitzt schon vor der Definition bestimmte Anwendungsbedingungen,

l h d h di D fi iti t li it ht welche durch die Definition erst explizit gemacht werden sollen. Realdefinitionen können sich als falsch herausstellen. (true by the facts)( y )

„Gold ist ein chemisches Element mit der

99

Kernladungszahl 79.“SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 100: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Rekursive (induktive) DefinitionenRekursive (induktive) Definitionen

bestimmen einen Begriffs dadurch dass ein … bestimmen einen Begriffs dadurch, dass ein korrekter Anwendungsfall (Rekursionsanfang) aufgeführt und eine Regel (Rekursionsschritt) aufgeführt und eine Regel (Rekursionsschritt) festgelegt wird, durch die sich alle weiteren Anwendungsfälle bestimmen lassen.

100SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 101: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Menge der natürlichen ganzen ZahlenDie Menge der natürlichen, ganzen Zahlen

Rekursionsanfang: 0 ist eine natürliche ZahlRekursionsanfang: 0 ist eine natürliche Zahl.Rekursionsschritt: Wenn N eine natürliche Zahl ist so auch N+1ist, so auch N+1.Rekursionsabschluss: Nichts sonst ist eine natürliche Zahlnatürliche Zahl.

101SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 102: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ostensive (hinweisende) DefinitionenOstensive (hinweisende) Definitionen

sind keine Definitionen im strengen Sinne Man … sind keine Definitionen im strengen Sinne. Man versteht darunter die Erklärung eines Begriffs durch das hinweisende Aufzeigen seiner Anwendungsfälle.das hinweisende Aufzeigen seiner Anwendungsfälle.

Dies ist rot “ Das dort ist ein Apfel “„Dies ist rot. , „Das dort ist ein Apfel.

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Page 103: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

BegriffsexplikationenBegriffsexplikationen

greifen bestimmte für den jeweils verfolgten … greifen bestimmte – für den jeweils verfolgten Zweck – optimale Anwendungskontexte eines vagen oder mehrdeutigen Begriffs heraus. Diese oder mehrdeutigen Begriffs heraus. Diese Anwendungskontexte legen dann die Verwendung dieses Begriffs fest.

103SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 104: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Anwendungskontexte

Biologie: menschliches Lebewesen

Mann mit einem x und y Chromosomensatz

Psychologie: menschliches Psychologie: menschliches Lebewesen mit typisch männlichen Wesenszügen (primäre und sekundäre Geschlechtsmerkmale)Geschlechtsmerkmale)

Soziologie: volljähriger Mensch mit Soziologie: volljähriger Mensch mit typisch männlichen Verhaltensweisen

104SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 105: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein Mann ist ein (i) menschliches Lebewesen;Ein Mann1 ist ein (i) menschliches Lebewesen;(ii) mit einem x- und einem y-Chromosomensatz.

Ein Mann2 ist ein (i) menschliches Lebewesen;(ii) mit einem x- und einem y-( ) yChromosomensatz;(iii) das älter als 18 Jahre ist.

Ein Mann3 ist ein (i) menschliches Lebewesen;(ii) das älter als 18 Jahre ist;(iii) und typisch „männliche“ Wesenszüge aufweist.

Explikandum Explikat

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Page 106: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eigenschaften der BegriffsexplikationEigenschaften der Begriffsexplikation

Es handelt sich im Unterschied zu einer Definition Es handelt sich im Unterschied zu einer Definition um keine Identitätsbeziehung. Das Explikat ist teilweise verschieden vom Explikandum!teilweise verschieden vom Explikandum!

Eine Explikation kann nie wahr oder falsch sein Eine Explikation kann nie wahr oder falsch sein, sondern nur angemessen (adäquat) oder unangemessen (inadäquat).

106SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 107: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

AdäquatheitsbedingungenAdäquatheitsbedingungen

Explikandum und Explikat müssen ähnliche Explikandum und Explikat müssen ähnliche Anwendungsbedingungen besitzen

Explikat muss exakter als Explikandum seinExplikat muss exakter als Explikandum seinExplikat muss fruchtbarer seinExplikat muss einfacher seinExplikat muss einfacher sein

107SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 108: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Hilfsmittel

108SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 109: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Grundmuster von Analogien oder MetaphernDas Grundmuster von Analogien oder Metaphern ist die Proportionalanalogie:

a : b = c : d

Der Wert einer Analogie besteht darin, dass man bei Kenntnis von a b und c auf d schließen kannKenntnis von a, b und c auf d schließen kann.

109SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 110: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der menschliche Verstand (John Locke)Der menschliche Verstand (John Locke)

Der menschliche Verstand ist eine tabula rasa (eine Der menschliche Verstand ist eine tabula rasa (eine leere Tafel), auf die die Erfahrung ihren Bericht einschreibt.einschreibt.

leere Tafel : Kreidestriche = Verstand : Erfahrungenleere Tafel : Kreidestriche Verstand : Erfahrungen

110SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 111: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Seele und Staat (Platon)Seele und Staat (Platon)

Für Platon besteht die Seele aus einer lenkenden Für Platon besteht die Seele aus einer lenkenden Vernunft und den zu lenkenden Antrieben. Ganz ähnlich besteht ein Staat aus dem Volk und einer ähnlich besteht ein Staat aus dem Volk und einer lenkenden Vernunft (Herrscher).

Antriebe : Vernunft = Staatsvolk : Herrscher

111SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 112: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Philosophen machen sehr häufig Philosophen machen sehr häufig Gedankenexperimente. Sie beschreiben mit diesen erfundene, nicht wirkliche Situationen.

Welchen argumentativen Wert haben Gedankenexperimente?

112

Gedankenexperimente?SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 113: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Deus Malignus (René Descartes)Deus Malignus (René Descartes)

Es könnte sein, dass ein böser Gott (ein de s malign s) be i kt hat dass esdeus malignus) „bewirkt hat, dass es überhaupt keine Erde, keinen Himmel, kein ausgedehntes Ding, keine Gestalt, keine Größe keinen Ort gibt und dasskeine Größe, keinen Ort gibt, und dass dennoch dies alles genauso, wie es mir jetzt vorkommt, bloß da zu sein scheint.“(Meditationes de Prima Philosophia)(Meditationes de Prima Philosophia)

113SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 114: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Es ist möglich dass beides A und B zugleichEs ist möglich, dass beides – A und B – zugleichwahr ist:

(A) Ich mache Erfahrungen.(B) E ibt k i A ß lt “ ” d i h(B) Es gibt keine Außenwelt, “von” der ichErahrungen mache.

114SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 115: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Daraus folgt dass (a) es nicht notwendig wahr ist Daraus folgt, dass (a) es nicht notwendig wahr ist, dass meine Erfahrungen die Basis der Erkenntnis derWelt sind (Empirismus); und (b) der SkeptizismusWelt sind (Empirismus); und (b) der Skeptizismuseine konsistente Position ist.

115SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 116: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

AnschlussfragenAnschlussfragen

Gibt es ein sicheres Fundament unserer Erkenntnis? Gibt es ein sicheres Fundament unserer Erkenntnis? Gibt es Wahrheiten, die notwendig wahr sind?

116SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 117: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eigenschaften von GedankenexperimentenEigenschaften von Gedankenexperimenten

1) Prämissen und Konklusion haben einen 1) Prämissen und Konklusion haben einen kontrafaktischen Status: Wenn die Prämissen wahr wären, dann wäre die Konklusion wahr, falls es die b h i b Sit ti i kli h äbbeschriebene Situation wirklich gäbe.

2) Gedankenexperimente sprechen über Umstände 2) Gedankenexperimente sprechen über Umstände, die in möglichen Situationen vorliegen würden.

117SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 118: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eigenschaften von GedankenexperimentenEigenschaften von Gedankenexperimenten

3) Die ausbuchstabierten Möglichkeiten zeigen dass 3) Die ausbuchstabierten Möglichkeiten zeigen, dass gewisse Sachverhalte entweder notwendig oder nicht notwendig bestehen.

4) Gedankenexperimente decken notwendige Wahrheiten und Zusammenhänge auf oder ziehen Wahrheiten und Zusammenhänge auf oder ziehen diese in Zweifel, indem sie Umstände beschreiben, die möglich sind.

118SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 119: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Probleme mitProbleme mit Argumenteng

119SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 120: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Widersprüche und AntinomienWidersprüche und Antinomien

120SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 121: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ex falso quodlibetEx falso quodlibet

Aus einem widersprüchlichen System von Aussagen Aus einem widersprüchlichen System von Aussagen ist jede beliebige Aussage ableitbar. Es ist daher unbrauchbar.unbrauchbar.

Es regnet und es regnet nichtEs regnet und es regnet nicht.Also: Die Aktienkurse werden steigen.

121SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 122: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein Widerspruch ist eine Aussage der Form:Ein Widerspruch ist eine Aussage der Form:

A und nicht AA und nicht A.

122SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 123: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

InkonsistenzInkonsistenz

Eine Menge von Aussagen heißt inkonsistent wenn Eine Menge von Aussagen heißt inkonsistent, wenn sie einen Widerspruch enthält oder sich ein Widerspruch aus ihr ableiten lässt.Widerspruch aus ihr ableiten lässt.

123SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 124: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

AntinomieAntinomie

Bei einer Antinomie handelt es sich um einen Bei einer Antinomie handelt es sich um einen Widerspruch, bei der die beiden zueinander in Widerspruch stehenden Aussagen gleichermaßen gut Widerspruch stehenden Aussagen gleichermaßen gut begründet (bewiesen) sind.

124SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 125: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Antinomien des reinen Verstandes (Immanuel Kant)(Immanuel Kant)

125SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 126: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Natur von Raum und ZeitDie Natur von Raum und Zeit

A: Die Welt hat einen Anfang in der Zeit und ist A: „Die Welt hat einen Anfang in der Zeit, und ist dem Raum nach auch in Grenzen eingeschlossen.“

Nicht-A: „Die Welt hat keinen Anfang, und keine Grenzen im Raume, sondern ist, sowohl in Ansehung der Zeit als des Raumes unendlich “der Zeit, als des Raumes, unendlich.

126SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 127: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Teilbarkeit der MaterieDie Teilbarkeit der Materie

A: Eine jede zusammengesetzte Substanz in der A: „Eine jede zusammengesetzte Substanz in der Welt besteht aus einfachen Teilen, und es existiert überall nichts als das Einfache, oder das, was aus di t t i t “diesem zusammengesetzt ist.“

Nicht A: Kein zusammengesetztes Ding in der Welt Nicht-A: „Kein zusammengesetztes Ding in der Welt besteht aus einfachen Teilen, und es existiert überall nichts Einfaches in derselben.“

127SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 128: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kausalität kontra FreiheitKausalität kontra Freiheit

A: Die Kausalität nach Gesetzen der Natur ist nicht A: „Die Kausalität nach Gesetzen der Natur ist nicht die einzige, aus welcher die Erscheinungen der Welt insgesamt abgeleitet werden können. Es ist noch i K lität d h F ih it E klä eine Kausalität durch Freiheit zur Erklärung

derselben anzunehmen notwendig.“

Nicht-A: „Es ist keine Freiheit, sondern alles in der Welt geschieht lediglich nach Gesetzen der Natur.“

128SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 129: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Zufall kontra DeterminismusZufall kontra Determinismus

A: Zu der Welt gehört etwas das entweder als ihr A: „Zu der Welt gehört etwas, das, entweder als ihr Teil, oder ihre Ursache, ein schlechthin notwendiges Wesen ist.“

Nicht-A: „Es existiert überall kein schlechthin notwendiges Wesen weder in der Welt noch außer notwendiges Wesen, weder in der Welt, noch außer der Welt, als ihre Ursache.“

129SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 130: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

παράδοξονπαράδοξονParadoxParadoxieParadoxonParadoxon

130SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 131: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Als Paradoxie wird eine Aussage bezeichnet die Als Paradoxie wird eine Aussage bezeichnet, die mit Bezug zu einer Theorie wohlbegründet ist, aber einer landläufigen, weit verbreiteten Meinung einer landläufigen, weit verbreiteten Meinung widerspricht.

131SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 132: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

nicht-A… A …

Theorie landläufige Auffassung

WiderspruchA und nicht-AA und nicht A

Die Theorie lässt sich nicht mit der landläufigen Auffassung b b h d hl h

132

vereinbaren. Sie ist aber nicht intern widersprüchlich.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 133: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das RabenparadoxonDas Rabenparadoxon

133SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 134: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Annahmen der BestätigungstheorieAnnahmen der Bestätigungstheorie

(1) Ein Gesetz wird durch Beobachtung seiner (1) Ein Gesetz wird durch Beobachtung seiner Instanzen bestätigt.

(2) Die Bestätigung eines Gesetzes hängt nicht von dessen Formulierung ab.

134SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 135: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

GesetzmäßigkeitGesetzmäßigkeit„Alle Raben sind schwarz.“

Alternative Formulierung„Alle nicht-schwarzen Gegenstände sind keine Raben.“

135SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 136: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Schlussfolgerung aus der Landläufige AuffassungSchlussfolgerung aus der Bestätigungstheorie (A)

Landläufige Auffassung (nicht-A)

Das Gesetz „Alle Raben sind schwarz“ lässt sich durch die Sichtung von weißen K id ü k b ä i

Das Gesetz „Alle Raben sind schwarz“ lässt sich nicht durch die Sichtung von weißen K id ü k b ä iKreidestücken bestätigen.

… da es sich um nicht-

Kreidestücken bestätigen.

… denn sonst könnten wir auch schwarze Gegenstände handelt, die keine Raben sind.

Vogelkunde betreiben, ohne in den Regen hinaus zu müssen.

136SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 137: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Performative WidersprüchePerformative Widersprüche

137SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 138: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

entstehen manchmal wenn man eine auf sich … entstehen manchmal, wenn man eine auf sich selbst anwendbare Aussage negiert.

Dieser Satz ist falsch. („Paradox“ des Eubulides)Kann man diese Frage nur verneinen?“„Kann man diese Frage nur verneinen?

Ein Kreter: „Alle Kreter lügen.“

138SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 139: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Dilemma (griechisch δί-λημμα:Dilemma (griechisch δί λημμα: „zweigliedrige Annahme“, Plural: Dilemmas oder Dilemmata)Dilemmas oder Dilemmata)

139SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 140: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

auch Zwickmühle bezeichnet eine Situation die … auch Zwickmühle, bezeichnet eine Situation, die zwei Wahlmöglichkeiten bietet, welche jedoch beide zu einem unerwünschten Resultat führen

Auch der Zwang zu einer Auswahl zwischen zwei iti Mö li hk it k i Dil ipositiven Möglichkeiten kann ein Dilemma sein.

140SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 141: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

GefangenendilemmaGefangenendilemma

Ein Staatsanwalt schlägt zwei getrennt voneinander einsitzenden Untersuchungshäftlingen einen Handel vor. Ihnen wurde bereits eine Untersuchungshäftlingen einen Handel vor. Ihnen wurde bereits eine kleinere Straftat nachgewiesen, aber eine weitere wird ihnen vorgeworfen. Nun bestehen die folgenden Alternativen:

a) Schweigen beide, werden sie nur für die nachgewiesene Straftat bestraft (z.B. ein Jahr).b) Gesteht aber einer die bislang nicht nachweisbare Haupttat, so geht ) g p ger zur Belohnung straffrei aus, während der andere eine weitaus höhere Strafe erhält (z.B. 10 Jahre).c) Gestehen beide, dann erhalten beide eine hohe Strafe (z.B. fünf J h )

141

Jahre).

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 142: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

St f B h i t B t htStrafeA/B

B schweigt B gesteht

A schweigt 1/1 10/1

A gesteht 0/10 5/5

142SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 143: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Petitio Principii und Circulus VitiosusPetitio Principii und Circulus Vitiosus

143SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 144: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eine Petitio Principii [lateinisch: Forderung des Eine Petitio Principii [lateinisch: „Forderung des Beweisgrundes“]

… liegt vor, wenn zum Beweis eine selbst erst beweisbedürftige Aussage verwendet wird.

Annahme 1Annahme 2 p oblematisch / beg ünd ngsbedü ftigAnnahme 2 problematisch / begründungsbedürftig

begründete These

144

g

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 145: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das früher verzehrte Brot hat michDas früher verzehrte Brot hat mich ernährt …; folgt aber daraus, dass ein anderes Brot, zu anderer Zeit, mich ebenfalls e näh en m ss ? Diese Folgeebenfalls ernähren muss …? Diese Folge ist durchaus nicht notwendig; wenigstens muss man anerkennen, dass hier eine ... Schlussart besteht, die der Erklärung bedarf.(David Hume, Eine Untersuchung über (David Hume, Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand)

145SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 146: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Humes InduktionsproblemHumes Induktionsproblem

Ein Brot hat mich ernährtEin Brot hat mich ernährt.Gleichartige Gegenstände haben gleichartige WirkungenWirkungen.

Jedes (das nächste) Brot wird mich auch ernährenJedes (das nächste) Brot wird mich auch ernähren.

146SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 147: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein Sonderfall der Petitio Principii ist der CirculusEin Sonderfall der Petitio Principii ist der CirculusVitiosus (Zirkelschluss), bei dem die Konklusion schon in den Prämissen verwendet wird.

Annahme 1Annahme 2Annahme 2....

begründete These

147SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 148: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ScheinbehauptungenScheinbehauptungen

148SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 149: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

In meiner Armbanduhr sitzt ein Dämon Man kann„In meiner Armbanduhr sitzt ein Dämon. Man kann ihn nicht sehen oder auf sonstige Weise sinnlich wahrnehmen. Seine Entfernung würde die Funktionwahrnehmen. Seine Entfernung würde die Funktion der Uhr nicht beeinträchtigen. Es lässt sich kein Unterschied angeben zwischen einer Armbanduhr, in der ein Dämon sitzt, und einer solchen, in der keiner sitzt.“

149SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 150: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ScheinbehauptungenScheinbehauptungen

lassen sich weder verifizieren noch falsifizierenlassen sich weder verifizieren noch falsifizierensind nicht kritisierbart h it k i it B h t i stehen mit keinen weiteren Behauptungen in

Beziehung

Scheinbehauptungen können ohne Verlust aufgegeben werden

150

aufgegeben werden.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 151: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kritikmuster

151SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 152: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

WiderspruchWiderspruchZwei Annahmen widersprechen sich, d.h. sie haben die Form „A und nicht-A“.„

InkonsistenzAus den Annahmen einer Theorie oder eines Üb t lä t i h i Wid h Überzeugungssystems lässt sich ein Widerspruch ableiten.

152SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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ParadoxieParadoxieAus den Annahmen einer Theorie oder eines Überzeugungssystems folgen nicht hinnehmbare g g y goder kontraintuitive Konsequenzen.

DilemmaEine Situation besitzt zwei Wahlmöglichkeiten, welche aber beide zu nicht hinnehmbaren welche aber beide zu nicht hinnehmbaren Konsequenzen führen.

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Petitio PrincipiiPetitio PrincipiiBei der Begründung einer Aussage wird etwas vorausgesetzt, das selbst begründungsbedürftig ist.g , g g g

Circulus VitiosusBei der Begründung einer Aussage wird das vorausgesetzt, was bewiesen (begründet) werden sollsoll.

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ÄquivokationÄquivokationBei der Begründung einer Aussage wird mindestens einer der verwendeten Ausdrücke unsauber (vage ( goder mehrdeutig) gebraucht.

ScheinbehauptungEs wird etwas behauptet, das weder kritikfähig ist noch irgendwelche Konsequenzen besitztnoch irgendwelche Konsequenzen besitzt.

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Ziel der Philosophie Philosophischer

Hinterfragen des Unhinterfragten und kritische Prüfung von Argumenten

pHandwerkskasten

KritikmusterWiderspruchWiderspruchÄquivokationPetitio PrincipiiInfiniter Regress

Disziplinen der Philosophie

S h hil hi (B d t ) ScheinbehauptungParadoxie...

Sprachphilosophie (Bedeutung)

Wissenschaftstheorie (Gesetz, Erklärung)

Ethik (das gute Leben)

Wegbereiter/ HilfsmittelLogische AnalyseGedankenexperimentMetapher und Analogie

Ontologie (Sein, Existenz, Möglichkeit, ...)

Politische Philosophie (Staat)

Ästhetik (das Schöne) Metapher und AnalogieDefinition...

Ästhetik (das Schöne)

Religionsphilosophie (Gott)

...

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Philosophische Fakultät Institut für Philosophie, Lehrstuhl für Theoretische Philosophie, Dr. Holm Bräuer

2. Sprachphilosophie

157

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BedeutungBedeutung

natürliche / nichtsprachliche konventionelle / sprachlichenatürliche / nichtsprachliche konventionelle / sprachliche

Semiotik Sprecher-Bedeutung literale Bedeutung

Pragmatik Semantik

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Der dunkle Rauch am Himmel zeigt dass der Wald Der dunkle Rauch am Himmel zeigt, dass der Wald bereits brennt.

Ein teures Auto bedeutet einen hohen sozialen Status des Besitzers.Status des Besitzers.

Der unregelmäßige rosa Fleck auf der Karte Der unregelmäßige, rosa Fleck auf der Karte bezeichnet Deutschland, der blaue gleich daneben Frankreich.

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Gegenstände Ereignisse oder Handlungen können Gegenstände, Ereignisse oder Handlungen können als Zeichen für etwas anderes stehend interpretiert werden.werden.

SemiotikSemiotik

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Page 162: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Schnee ist weiß“ bedeutet dass Schnee weiß ist„Schnee ist weiß bedeutet, dass Schnee weiß ist.

Das Nomen Giraffe“ trifft auf Giraffen zuDas Nomen „Giraffe“ trifft auf Giraffen zu.

D N Th Li “ b i h t Th LiDer Name „Theo Lingens“ bezeichnet Theo Lingens.

162SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 163: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Ausdrücke einer Sprache besitzen eine literaleDie Ausdrücke einer Sprache besitzen eine literaleBedeutung, welche in verschiedenen Gebrauchssituationen konstant bleibt und Gebrauchssituationen konstant bleibt und unabhängig von bestimmten Sprechern und Hörern ist.

Semantik

163SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 164: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Molly sagt zu einem Kellner: Jetzt hätte ich gern ein Molly sagt zu einem Kellner: „Jetzt hätte ich gern ein Bier.“ Damit bittet sie ihn, ihr ein Bier zu bringen.

Molly sagt zu ihren Freunden in der Wüste: „Jetzt hätte ich gern ein Bier.“ Damit will sie ihnen hätte ich gern ein Bier. Damit will sie ihnen mitteilen, dass sie durstig ist.

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Sprache kann in sozial orientierten intentionalenSprache kann in sozial orientierten, intentionalen Sprech-Handlungen benutzt werden, um entweder gewisse Absichten und andere Einstellungen zum gewisse Absichten und andere Einstellungen zum Ausdruck zu bringen oder gewisse Reaktionen seitens der Hörer hervorzurufen.

Pragmatik

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Page 166: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Soziale BedeutungSoziale BedeutungWas wird mit einer Äußerung über die sozialen Umstände des Sprachgebrauchs kommuniziert?Umstände des Sprachgebrauchs kommuniziert?

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Page 167: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Affektive BedeutungAffektive BedeutungWas wird mit einer Äußerung über die Gefühle und Einstellungen des Sprechers kommuniziert?Einstellungen des Sprechers kommuniziert?

167SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 168: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Konnotative BedeutungKonnotative BedeutungWas wird mit den Worten einer Äußerung aufgrund der Beziehung dieser Worte zu einem anderen Sinn der Beziehung dieser Worte zu einem anderen Sinn nahegelegt? Was „schwingt“ in der Verwendung bestimmter Ausdrücke mit? (Pferd vs. Klepper)( pp )

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Page 169: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Thematische BedeutungThematische BedeutungWas wird mit einer Äußerung durch die Art und Weise wie sie in Bezug auf Reihenfolge der Worte Weise, wie sie in Bezug auf Reihenfolge der Worte und Emphase (Betonung) organisiert ist, mitgeteilt?

169SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 170: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bedeutung und VerstehenBedeutung und Verstehen

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Das Geheimnis der Auferstehung gibt ständig zu „Das Geheimnis der Auferstehung gibt ständig zu denken, ohne dass es ein befriedigendes Resultat gibt. Es ist verständlich, dass reine gibt. Es ist verständlich, dass reine Verstandesmenschen sich mit Verdruss abwenden.“

(aus einem evangelischen Kalenderblatt am Ostersonntag)

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Page 172: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein Sprecher des Deutschen versteht diese Sätze Ein Sprecher des Deutschen versteht diese Sätze und die meisten anderen Sätze seiner Sprache ohne weiteres; ohne genau diese Sätze je zuvor gehört weiteres; ohne genau diese Sätze je zuvor gehört oder gelesen zu haben.

172SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 173: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wie funktioniert das?Wie funktioniert das?

173SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 174: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Einige Zeichenreihen oder Geräuschsequenzen sind Einige Zeichenreihen oder Geräuschsequenzen sind bedeutungsvolle Sätze.

174SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 175: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wie kommt es dass eine Sequenz von Wie kommt es, dass eine Sequenz von physikalischen Objekten bedeutungsvoll ist?

175SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 176: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Jeder bedeutungsvolle Satz besitzt eine ganz Jeder bedeutungsvolle Satz besitzt eine ganz spezifische Bedeutung.

176SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 177: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Weshalb bedeutet ein Satz das was er bedeutet? Weshalb bedeutet ein Satz das, was er bedeutet? Und nichts anderes?

177SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Autor Thesen & ProblemeArgumente

BlablaBlablaBlabla

BlablaBlablaBlabla

BlablaBlablaBlabla

Problem-Stellung

Autor Thesen & Argumente

Probleme

Bl bl Bl blStellung????

gBlablaBlablaBlabla

BlablaBlablaBlabla

BlablaBlablaBlabla

Autor Thesen & Argumente

Probleme

Blabla BlablaBlablaBlablaBlabla

BlablaBlablaBlabla

BlablaBlablaBlabla

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Page 179: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Th i d B d tTheorien der Bedeutung und Bezugnahmeund Bezugnahme singulärer Ausdrückeg

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Page 180: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die naive SichtweiseDie naive Sichtweise

180SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 181: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der Name Theo Lingens“ steht für Theo LingensDer Name „Theo Lingens steht für Theo Lingens.

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Page 182: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Kennzeichnung die Bundeskanzlerin von Die Kennzeichnung „die Bundeskanzlerin von Deutschland“ steht für die Bundeskanzlerin von Deutschland.

182SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 183: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Nomen Hund“ bezieht sich auf HundeDas Nomen „Hund bezieht sich auf Hunde.

183SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 184: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der Satz Die Katze sitzt auf der Matte“ beschreibt Der Satz „Die Katze sitzt auf der Matte beschreibt eine Situation, in der eine Katze auf der Matte sitzt, indem sich „die Katze“ auf eine Katze, „die Matte“

f d f“ f d l dauf eine Matte und „sitzt-auf“ auf die Relation des Sitzens bezieht.

184SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 185: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Sprachliche Ausdrücke haben eine Bedeutung weil sie fürSprachliche Ausdrücke haben eine Bedeutung, weil sie für etwas stehen.

Die Dinge nd Sit ationen fü die sp achliche A sd ücke Die Dinge und Situationen, für die sprachliche Ausdrücke stehen (ihre Bezugnahme/ Referenz), ist deren Bedeutung.

Bedeutung: konventionelle Beziehung zwischen einem Ausdruck und dem, worauf er sich bezieht.

= Naive Sichtweise

185SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 186: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

186SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 187: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Nicht jeder Name steht für ein tatsächlichesNicht jeder Name steht für ein tatsächliches Ding.

„Sherlock Holmes“

… hat zwar eine Bedeutung, aber bezeichnet nichts.

187SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 188: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Nicht jedes Wort steht für einen GegenstandNicht jedes Wort steht für einen Gegenstand.

niemand“ sehr“ und“ das“ „niemand , „sehr , „und , „das , ...

Viele Ausdrücke der Sprache haben eine andere pFunktion als für einen Gegenstand zu stehen.

188SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 189: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Nicht jede Folge von Worten bedeutet etwasNicht jede Folge von Worten bedeutet etwas.

Theo Lingens Matte Katze grün “„Theo Lingens Matte Katze grün.

Sinnlose Folgen von Worten haben keine Bedeutung, g g,auch wenn sich die einzelnen Ausdrücke auf etwas beziehen.

189SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 190: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Worte die für denselben Gegenstand stehenWorte, die für denselben Gegenstand stehen, besitzen oft unterschiedliche Bedeutungen.

„die gegenwärtige Bundeskanzlerin“ vs.„Angela Merkel“

Die Ausdrücke beziehen sich zwar auf dieselbeP i d b i ht b d t l i h d d Person, sind aber nicht bedeutungsgleich, denn dann wäre Merkel notwendigerweise Bundeskanzlerin.

190SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 191: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Semantische RollenSemantische Rollen

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Page 192: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Singuläre TermeSinguläre Terme

Clemens Lauben er wir dort die Königin von Clemens Lauben, er, wir, dort, die Königin von England, der Eifelturm

Eigennamen, Pronomen, Kennzeichnungen

... beziehen sich auf einzelne Gegenstände oder Personen

192

Personen.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 193: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Generelle TermeGenerelle Terme

Hund rot fett Zwergkaninchen Liebe größer alsHund, rot, fett, Zwergkaninchen, Liebe, größer als

N V b Adj ktiNomen, Verben, Adjektive

b h ib d h kt i i G tä d ... beschreiben oder charakterisieren Gegenstände oder Personen. Sie bezeichnen Qualitäten (Eigenschaften) oder Relationen

193

(Eigenschaften) oder Relationen.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 194: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

FunktionsausdrückeFunktionsausdrücke

viele sehr und falls möglichviele, sehr, und, falls, möglich

Q t J kt Ad biQuantoren, Junktoren, Adverbien

h b i d ti h F kti... haben eine andere semantische Funktion.

194SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 195: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Theo Lingens ist groß “„Theo Lingens ist groß.

Die semantische Funktion des singulären Terms ist Die semantische Funktion des singulären Terms ist es, sich auf eine bestimmte Person zu beziehen, oder diese eine Person unter mehreren möglichen oder diese eine Person unter mehreren möglichen herauszugreifen.

195SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 196: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Theo Lingens ist groß “„Theo Lingens ist groß.

Die semantische Funktion des generellen Terms ist Die semantische Funktion des generellen Terms ist es, die herausgegriffene Person weiter zu charakterisieren oder zu beschreiben.charakterisieren oder zu beschreiben.

196SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 197: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Theo Lingens ist groß “„Theo Lingens ist groß.

Ein Satz ist genau dann wahr wenn der Ein Satz ist genau dann wahr, wenn der Gegenstand, auf den sich der singuläre Term bezieht, das Charakteristikum tatsächlich besitzt, bezieht, das Charakteristikum tatsächlich besitzt, welches durch den generellen Term beschriebenwird.

= korrigierte naive Sichtweise

197SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 198: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

VermutungVermutung

Für singuläre Terme gilt das ParadigmaFür singuläre Terme gilt das Paradigma

B d t B hBedeutung = Bezugnahme.

198SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 199: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Frege über Sinn und BedeutungFrege über Sinn und Bedeutung

199SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 200: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Gottlob Frege (1848 – 1925)g ( )

Frege ist als Begründer der modernen Logik in die Wissenschaftsgeschichte eingegangen. Sein Werk g g g ghatte auf die Entwicklung der Sprachphilosophie einen entscheidenden Einfluss.

Begriffsschrift (1879); Die Grundlagen der Arithmetik (1884); „Über Sinn und Bedeutung“ (1892); Grundgesetze der Arithmetik (1893/1903); Der Gedanke“ (1918)„Der Gedanke (1918)

200SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 201: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

SubstitutionsprinzipAustauschbarkeit salva veritateAustauschbarkeit salva veritate

201SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 202: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wenn wir einen Satz S haben der den singulären Wenn wir einen Satz S haben, der den singulären Term α enthält, dann ändert sich die Bedeutung von S nicht (Wahrheit bzw Falschheit) wenn wir αS nicht (Wahrheit bzw. Falschheit), wenn wir αdurch einen anderen singulären Term β ersetzen, falls dieser dieselbe Bedeutung besitztfalls dieser dieselbe Bedeutung besitzt.

202SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 203: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Schwester von John ist ÄrztinDie Schwester von John ist Ärztin.Die Tochter der Eltern von John ist Ärztin.

α = die Schwester von John

β = die Tochter von Johns Elternβ

Wenn der erste Satz wahr ist, so muss notwendigerweise auch d it h i d k h t B id b h ib der zweite wahr sein und umgekehrt. Beide beschreiben dieselbe Situation, da sich die Ausdrücke α und β auf dieselbe Person (auf Christa) beziehen.

203

( )

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 204: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

IdentitätssätzeIdentitätssätze

204SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 205: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der Abendstern ist der Morgenstern “„Der Abendstern ist der Morgenstern.

stellt eine astronomische Entdeckung dar und … stellt eine astronomische Entdeckung dar und ist kontingent wahr.

205SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 206: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der Morgenstern ist der Morgenstern “„Der Morgenstern ist der Morgenstern.

ist eine Tautologie und a priori wahr… ist eine Tautologie und a priori wahr.

206SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 207: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Falls die naive Sichteise korrekt wäre dann bedeuten beide Falls die naive Sichteise korrekt wäre, dann bedeuten beide Sätze dasselbe.

Der Abendstern ist der Morgenstern.

Der Morgenstern ist der Morgenstern.

207SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 208: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

GlaubenssätzeGlaubenssätze

208SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 209: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Sophia Loren glaubt dass Mark Twain Huckleberry„Sophia Loren glaubt, dass Mark Twain HuckleberryFinn geschrieben hat.“

Angenommen, Sophia Loren glaubt das tatsächlich. Dann ist dieser Satz wahr.Dann ist dieser Satz wahr.

209SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 210: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Sophia Loren glaubt dass Samuel Clemens „Sophia Loren glaubt, dass Samuel Clemens Huckleberry Finn geschrieben hat.

Angenommen, Sophia Loren kennt Samuel Clemens nur unter seinem Künstlernamen „Mark Twain“. nur unter seinem Künstlernamen „Mark Twain . Dann ist dieser Satz falsch.

210SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 211: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Falls die naive Sichtweise korrekt wäre bedeuten beide Sätze Falls die naive Sichtweise korrekt wäre, bedeuten beide Sätze dasselbe.

Sophia Loren glaubt, dass Mark Twain tot ist.

Sophia Loren glaubt, dass Samuel Clemens tot ist.

211SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 212: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Prämisse 1: Korrigierte naïve SichtweisePrämisse 1: Korrigierte naïve SichtweiseDie Bedeutung eines singulären Terms α ist das, worauf er sichbezieht.

Prämisse 2: plausible AnnahmeDie Namen „Mark Twain“ und „Samuel Clemens“ beziehen sich auf dasselbe.

Konklusion 1:Konklusion 1:Die Namen „Mark Twain“ und „Samuel Clemens“ bedeuten dasselbe.

212SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 213: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Prämisse 3: SubstitutionsprinzipPrämisse 3: SubstitutionsprinzipWenn wir einen Satz S haben, der den singulären Term α enthält, dann ändert sich die Bedeutung von S nicht, wenn wir α durch einen anderen singulären Term β ersetzen falls dieser dieselbe Bedeutung anderen singulären Term β ersetzen, falls dieser dieselbe Bedeutung besitzt.

K kl i 2 K kl i 1 d S b tit ti i iKonklusion 2: aus Konklusion 1 und SubstitutionsprinzipDie Sätze „Sophia Loren glaubt, dass Mark Twain tot ist.“ und „Sophia Loren glaubt, dass Samuel Clemens tot ist.“ bedeuten dasselbe.

213SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 214: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Prämisse 4: plausible AnnahmePrämisse 4: plausible AnnahmeWenn zwei Sätze dieselbe Bedeutung haben, dann kann es nicht sein, dass in derselben Situation der eine wahr und der andere falsch ist.

Prämisse 5: plausible AnnahmeEs kann sein, dass die Sätze „Sophia Loren glaubt, dass Mark Twain tot ist.“ und „Sophia Loren glaubt, dass Samuel Clemens tot ist.“ in derselben Situation verschiedene Wahrheitswerte besitzen.

Konklusion 3: aus Prämisse 4 und Prämisse 5Die Sätze „Sophia Loren glaubt, dass Mark Twain tot ist.“ und „Sophia Loren glaubt, dass Samuel Clemens tot ist.“ bedeuten nicht dasselbe.

214

Loren glaubt, dass Samuel Clemens tot ist. bedeuten nicht dasselbe.

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 215: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Konklusion 4: aus Konklusion 2 und Konklusion 3Konklusion 4: aus Konklusion 2 und Konklusion 3Die Sätze „Sophia Loren glaubt, dass Mark Twain tot ist.“ und „Sophia Loren glaubt, dass Samuel Clemens tot ist.“ bedeuten dasselbe &Di Sät S hi L l bt d M k T i t t i t “ d S hi Die Sätze „Sophia Loren glaubt, dass Mark Twain tot ist.“ und „Sophia Loren glaubt, dass Samuel Clemens tot ist.“ bedeuten nicht dasselbe. (A und nicht-A)

indirekter Beweis

Konklusion 5: aus Konklusion 1 und Konklusion 4Die Namen „Mark Twain“ und „Samuel Clemens“ bedeuten nicht dasselbe.

215

dasselbe.

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FazitFazitDie naïve Sichtweise kann nicht korrekt sein!

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Page 217: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bezugnahme scheint nicht alles zu sein wenn es um Bezugnahme scheint nicht alles zu sein, wenn es um die Bedeutung von singulären Termen geht.

Wir brauchen noch „feinkörnigere“ Bedeutungsträger, um z.B. zwischen informativen Bedeutungsträger, um z.B. zwischen informativen und trivialen Identitätssätzen oder zwischen unterschiedlichen Glaubenssätzen unterscheiden zu können!

217SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 218: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

BedeutungBedeutungGegenstand, auf den sich ein Name bezieht.Morgenstern“ und Abendstern“ beziehen sich beide auf „Morgenstern und „Abendstern beziehen sich beide auf

dasselbe: die Venus.

SinnWeise, auf die uns ein Gegenstand gegeben ist., g g g„Morgenstern“ beschreibt eine bestimmt Gegebenheitsweise der Venus; „Abendstern“ eine andere.

218SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 219: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ausdruck Vorstellung(subjektiv)

SinnF(Art des Gegebenseins

BedeutungF(objektiv)(subjektiv) (Art des Gegebenseins,

intersubjektiv)(objektiv)

Morgenstern {Stern, den ich gestern am Himmel gesehen habe}

[Stern, der morgens als letzter verlischt]

{Stern, der am Winter-morgen leuchtet}

Abendstern {Stern, den ich letzte Woche in Berlin gesehen habe}{Abbildung in einem Märchenbuch}

[Stern, der abends als erster erscheint]

Märchenbuch}

Satz Kombination von Vorstellungen

Gedanke Wahrheitswert: das Wahre / das Falsche

219SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Autor Sachbezug Begriffsbezug

übl. dt. Terminologie Bezugsgegenstand Bedeutung

J. S. Mill (1862) Denotation Konnotation

G. Frege (1892) Bedeutung Sinn

B Russell (1905) Denotation BedeutungB. Russell (1905) Denotation Bedeutung

R. Carnap (1947) Extension Intension

M. Black (1949) Referenz Sinn

W. V. Quine (1960) Referenz Bedeutung

220SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 221: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Russells KennzeichnungstheorieRussells Kennzeichnungstheorie

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Page 222: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bertrand Russell (1872 - 1970)( )

Russell gilt neben Frege als einer der Begründer der modernen Logik. Er arbeitete zu den Grundlagen der Mathematik und hatte auf die Entwicklung der modernen Mathematik und hatte auf die Entwicklung der modernen analytischen Philosophie großen Einfluss. In seinen späteren Jahren arbeitete er auf dem Gebiet der politischen und Sozialphilosophie.

Principles of Mathematics (1903); „On Denoting“ (1905); Principia Mathematica (1910-1913); „Knowledge byAcquaintance and Knowledge by Description“ (1910); The Phil h f L i l A i (1918)Philosophy of Logical Atomism (1918)

222SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 223: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Problem der Bezugnahme aufDas Problem der Bezugnahme auf nichtexistente Gegenstände

Der gegenwärtige König von Frankreich ist reich.

223SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 224: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Problem der negativen ExistenzsätzeDas Problem der negativen Existenzsätze

Der gegenwärtige König von Frankreich existiertDer gegenwärtige König von Frankreich existiert nicht.

224SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 225: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Freges IdentitätsrätselFreges Identitätsrätsel

Angela Merkel ist die gegenwärtige BundeskanzlerinAngela Merkel ist die gegenwärtige Bundeskanzlerin.

225SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 226: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das SubstitutionsproblemDas Substitutionsproblem

Hans glaubt dass der Autor derHans glaubt, dass der Autor der Wahlverwandtschaften ein Freund Schillers war.

Hans glaubt, dass der Gatte von Charlotte Vulpiusein Freund Schillers war.

226SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 227: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Russell versucht anders als Frege der eine neueRussell versucht – anders als Frege, der eine neueBedeutungsdimension (Sinn) einführt – die singulären Terme zu eliminieren.singulären Terme zu eliminieren.

Keine singulären Terme – keine Probleme mit derKeine singulären Terme keine Probleme mit derBezugnahme.

227SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 228: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der Autor der Wahlverwandtschaften war ein FreundDer Autor der Wahlverwandtschaften war ein Freund Schillers.

Dieser Satz besitzt – so Russell – eine (semantische) „Tiefenstruktur“, die aus einer Konjunktion von drei „Tiefenstruktur , die aus einer Konjunktion von drei Aussagen besteht, von denen keine einen bezugnehmenden Ausdruck enthält, der für Goethe steht.

228SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 229: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ExistenzbehauptungExistenzbehauptungEs gibt (mindestens) einen Autor der Wahlverwandtschaften.

EinzigkeitsbehauptungEs gibt höchstens einen Autor der Wahlverwandtschaften.

PrädikationJeder der die Wahlverwandtschaften schrieb war ein Freund Jeder, der die Wahlverwandtschaften schrieb, war ein Freund Schillers.

229SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 230: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Zusammengesetzt ergeben diese drei Aussagen:Zusammengesetzt ergeben diese drei Aussagen:

Es gibt einen und nur einen Autor derEs gibt einen und nur einen Autor der Wahlverwandtschaften und dieser war ein Freund Schillers.Schillers.

vergleiche:Der Autor der Wahlverwandtschaften war ein Freund Schillers.

230SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 231: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

FS(ιx(Aw(x))) ∃x(AW(x) ∧ ∀y((AW(y) → y = x) ∧ FS(x)))

231SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 232: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Problem der Bezugnahme aufDas Problem der Bezugnahme auf nichtexistente Gegenstände

Der gegenwärtige König von Frankreich ist reich.

Es gibt einen König von Frankreich und es gibt höchstens einen König von Frankreich und wer immer König von Frankreich ist ist reichimmer König von Frankreich ist, ist reich.

232SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 233: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Problem der negativen ExistenzsätzeDas Problem der negativen Existenzsätze

Der gegenwärtige König von Frankreich existiertDer gegenwärtige König von Frankreich existiert nicht.

Es ist nicht der Fall, dass folgendes gilt: es gibt einen und nur einen König von Frankreich.

233SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 234: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Freges IdentitätsrätselFreges Identitätsrätsel

Angela Merkel ist die gegenwärtige BundeskanzlerinAngela Merkel ist die gegenwärtige Bundeskanzlerin.

Es gibt eine Bundeskanzlerin und es gibt höchstens g geine Bundeskanzlerin und wer immer gegenwärtig Bundeskanzlerin ist, es ist Angela Merkel.

234SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 235: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das SubstitutionsproblemDas Substitutionsproblem

Hans glaubt, dass der Autor der Wahlverwandtschaften/ der Gatte von Christiane Vulpius ein Freund Schillers warChristiane Vulpius ein Freund Schillers war.

Hans glaubt das folgende:

Es gibt einen Autor der Wahlverwandtschaften und es gibt höchstens einen Autor der Wahlverwandtschaften und wer immer der Autor der Wahlverwandtschaften ist war ein Freund SchillersWahlverwandtschaften ist, war ein Freund Schillers.

Es gibt einen Gatten von Christiane Vulpius und es gibt höchstens einen Gatten von Christiane Vulpius und wer immer der Gatte von Christiane Vulpius war,

235

von Christiane Vulpius und wer immer der Gatte von Christiane Vulpius war, war ein Freund Schillers.

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 236: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

236SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 237: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Falschheit überzogen (Frege/Strawson)Falschheit überzogen (Frege/Strawson)

A: Der gegenwärtige König von Frankreich ist reich.B: Was sagst du da? Frankreich hat doch gar keinen König!

Falls es keinen gegenwärtigen König von Frankreich gibt, dann Falls es keinen gegenwärtigen König von Frankreich gibt, dann scheint die Äußerung intuitiv nicht falsch zu sein, sondern in einem gewissen Sinne unvollständig oder unangemessen. Wir würden eher sagen, es sei eine unvollständige, misslungene g , g , goder fehlgeschlagene Äußerung.

237SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 238: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

DomänenbeschränkungDomänenbeschränkung

Der Mann überquerte die StraßeDer Mann überquerte die Straße.

Es wäre übertrieben zu behaupten, dieser Satz sei p ,nur dann wahr, wenn es einen und nur einen Mann gibt. Dieser Satz kann vielmehr erfolgreich geäußert werden und wahr sein wenn der Hörer weiß werden und wahr sein, wenn der Hörer weiß, welcher Mann gemeint ist.

238SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 239: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Beschreibende und bezugnehmendeBeschreibende und bezugnehmende Kennzeichnungen (Donnellan 1966)

Der Mörder von Schmidt ist wahnsinnig.

… nehmen wir an, Müller habe Schmidt umgebracht.

239SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 240: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Situation 1: Wir finden eine übel zugerichtete Situation 1: Wir finden eine übel zugerichtete Leiche von Schmidt und wissen nicht wer dessen Mörder ist. Wir sagen:Mörder ist. Wir sagen:

Der Mörder von Schmidt ist wahnsinnig.Der Mörder von Schmidt ist wahnsinnig.

Die Kennzeichnung beschreibt denjenigen, wer immer das auch sein mag, der Schmidt umgebracht hat, d.h. hier: Müller!

240SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 241: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Situation 2: Wir befinden uns im Gerichtssaal und Situation 2: Wir befinden uns im Gerichtssaal und wir nehmen an, dass Jones der Mörder von Schmidt ist. (Was noch nicht bewiesen ist.) Jones benimmt ist. (Was noch nicht bewiesen ist.) Jones benimmt sich sehr merkwürdig. Wir sagen:

Der Mörder von Schmidt ist wahnsinnig.

Die Kennzeichnung bezieht sich auf Jones!

241SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 242: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein und dieselbe Kennzeichnung kann je nachEin und dieselbe Kennzeichnung kann je nachSituation entweder beschreibend oderbezugnehmend gebraucht werden.bezugnehmend gebraucht werden.

242SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 243: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Russells “Name Claim”Russells Name Claim

243SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 244: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bezugnahme auf nichtexistente GegenständeBezugnahme auf nichtexistente Gegenstände

Sherlock Holmes wohnt in der BakerstreetSherlock Holmes wohnt in der Bakerstreet.

244SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 245: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Negative ExistenzsätzeNegative Existenzsätze

Pegasus existiert nichtPegasus existiert nicht.

245SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 246: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Freges IdentitätsrätselFreges Identitätsrätsel

Mark Twain ist Samuel ClemensMark Twain ist Samuel Clemens.

Mark Twain ist Mark Twain.

246SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 247: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

SubstitutionsproblemSubstitutionsproblem

Sophia Loren glaubt dass Samuel ClemensSophia Loren glaubt, dass Samuel Clemens Huckleberry Finn schrieb.

Sophia Loren glaubt, dass Mark Twain HuckleberryFinn schrieb.

247SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 248: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Russell erweiterte seine Theorie auf Eigennamen Er Russell erweiterte seine Theorie auf Eigennamen. Er behauptete, dass Eigennamen Abkürzungen für Kennzeichnungen sind (name claim), die Kennzeichnungen sind (name claim), die wiederum – nach seiner Theorie der Kennzeichnungen – zugunsten von komplexen, quantifikationalen Strukturen eliminiert werden können.

248SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 249: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

249SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 250: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Abkürzungen wofür?Abkürzungen wofür?

Angela Merkel = die gegenwärtige BundeskanzlerinAngela Merkel = die gegenwärtige Bundeskanzlerin= die Vorsitzende der CDU= die Gewinnerin der Wahlen 2005... usw.

250SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 251: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Trivialität?Trivialität?

A l M k l di W hl 2005Angela Merkel gewann die Wahlen 2005.Angela Merkel = die Gewinnerin der Wahlen 2005

Es gibt eine und nur eine Gewinnerin der Wahlen 2005 l h di W hl 20052005, welche die Wahlen 2005 gewann.

251SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 252: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Schwankungen des Sinns?Schwankungen des Sinns?

Das was verschiedene Personen über den Träger Das, was verschiedene Personen über den Träger eines Eigennamens wissen, kann sich stark voneinander unterscheiden; ebenso das, was ein voneinander unterscheiden; ebenso das, was ein einzelner Sprecher zu verschiedenen Zeitpunkten über diesen weiß. Schwankt damit der Sinn eines Eigennamens von Sprecher zu Sprecher oder von Zeitpunkt zu Zeitpunkt?

252SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 253: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Gödel und SchmidtGödel und Schmidt

Annahme 1

Die meisten kennen Kurt Gödel als denjenigen, der das Unvollständigkeitstheorem bewies.Unvollständigkeitstheorem bewies.

Annahme 2 (imaginär)

Schmidt hat das Theorem bewiesen und Gödel hat es nur verbessert.

253SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 254: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Gödel bewies das Unvollständigkeitstheorem “„Gödel bewies das Unvollständigkeitstheorem.

Intuitiv: Der Satz sagt etwas Falsches von GödelIntuitiv: Der Satz sagt etwas Falsches von Gödel.

„Es gibt einen und nur einen, der das „ g ,Unvollständigkeitstheorem bewies, und dieser bewies das Unvollständigkeitstheorem.“

Russell: Der Satz ist trivial wahr und sagt etwas von Schmidt

254

von Schmidt.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 255: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Gödel bewies das Unvollständigkeitstheorem nicht “„Gödel bewies das Unvollständigkeitstheorem nicht.

Intuitiv: Der Satz sagt etwas Wahres von GödelIntuitiv: Der Satz sagt etwas Wahres von Gödel.

„Es gibt einen und nur einen, der das „ g ,Unvollständigkeitstheorem bewies, und dieser bewies das Unvollständigkeitstheorem nicht.“

Russell: Der Satz ist widersprüchlich und sagt etwas von Schmidt

255

etwas von Schmidt.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 256: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kripkes Theorie der rigidenDesignatorenDesignatoren

256SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 257: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Saul (Aaron) Kripke (*1940)Saul (Aaron) Kripke ( 1940)

Amerikanischer Logiker und Philosoph. Beschäftigt sich vorwiegend mit der Modallogik. Bekannt wurde g ger auch durch seine Arbeiten zur kausalen Theorie der Bezugnahme.

Naming and Necessity (1972); An Outline of a Naming and Necessity (1972); „An Outline of a Theory of Truth“ (1975); „Speaker Reference andSemantic Reference“ (1977); „A Puzzle AboutBelief“ (1979); Wittgenstein on Rules and Private Language (1984)Language (1984)

257SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 258: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Situation 1:Situation 1:

Das rote Rechteck ist kleiner als das grüne gRechteck.

wahr

Situation 2:

Das rote Rechteck ist kleiner als das grüne RechteckRechteck.

falsch

258SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 259: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Situation 1:Situation 1:

Alpha ist kleiner als Beta.

wahr

αβ wahrβ

α Situation 2:

Alpha ist kleiner als Beta.

α βwahr

259SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 260: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Mögliche WeltenMögliche Welten

260SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 261: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Stellen wir uns unsere aktuale Welt vor Wenn wir Stellen wir uns unsere aktuale Welt vor. Wenn wir über Dinge in dieser Welt sprechen, dann sprechen wir darüber, was tatsächlich passiert: „Merkel ist

d k l “ “ h bBundeskanzlerin.“, „Gras ist grün.“, „Ich bin jetzt wach.“ usw.

261SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 262: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Es hätte aber auch anders sein können Es hätte aber auch anders sein können …

262SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 263: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Merkel könnte die Wahlen verloren habenMerkel könnte die Wahlen verloren haben.Gras könnte auch rot sein.Ich könnte jetzt schlafen.

Es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten, wie unsere Welt aussehen könnte. Diese nennen wir mögliche Welten.g

Jede dieser möglichen Welten repräsentiert eine nichtaktuale, globale Möglichkeit wie die Welt (das gesamte Universum) sein globale Möglichkeit, wie die Welt (das gesamte Universum) sein könnte.

263SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 264: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Wahrheit eines Satzes hängt davon abDie Wahrheit eines Satzes hängt davon ab, welche Welt wir in Betracht ziehen.

„Merkel ist Bundeskanzlerin.“

… ist wahr in unserer Welt, aber in einer anderen möglichen Welt, in der die Wahlen anders ausgegangen wären ist dieser Satz falschausgegangen wären, ist dieser Satz falsch.

264SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 265: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Welt 1 Welt 2

Das rote Rechteck ist kleiner als das grüne Rechteck.

265SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 266: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kennzeichnungen sind schwache DesignatorenKennzeichnungen sind schwache Designatoren

Schwache Designatoren besitzen in verschiedenen Schwache Designatoren besitzen in verschiedenen Welten unterschiedliche Bezugsgegenstände.

266SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 267: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

αβ

αβ

Welt 1 Welt 2

Alpha ist kleiner als Beta.

267SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 268: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eigennamen sind rigide DesignatorenEigennamen sind rigide Designatoren

Rigide Designatoren bezeichnen in jeder Welt Rigide Designatoren bezeichnen in jeder Welt dasselbe Individuum (falls sie in der aktualen Welt eines bezeichnen).eines bezeichnen).

268SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 269: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kennzeichnungen sind meist schwache und Kennzeichnungen sind meist schwache und Eigennamen rigide Designatoren.

Daher können Eigennamen nicht äquivalent mit Kennzeichnungen sein. (kontra Russell)Kennzeichnungen sein. (kontra Russell)

269SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 270: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Test auf RigiditätTest auf Rigidität

Es hätte sein können dass N nicht N gewesen istEs hätte sein können, dass N nicht N gewesen ist.

270SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 271: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bei Einsetzung von schwachen DesignatorenBei Einsetzung von schwachen Designatorenergibt das einen wahren Satz:

„Es hätte sein können, dass der berühmteste römische Redner nicht der berühmtesterömische Redner nicht der berühmteste römische Redner gewesen ist.“

271SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 272: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bei rigiden Designatoren ergibt das einen kaum Bei rigiden Designatoren ergibt das einen kaum verständlichen, seltsamen Satz:

Es hätte sein können, dass Cicero nicht Cicero gewesen ist.gewesen ist.

272SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 273: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

FazitFazitDie naïve Sichtweise scheint zumindest in Bezug auf Eigennamen korrekt zu sein!Eigennamen korrekt zu sein!

273SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 274: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die kausal-historische Theorie der BezugnahmeBezugnahme

274SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 275: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wie gelingt es uns eigentlich auf den Träger eines Wie gelingt es uns eigentlich, auf den Träger eines Namens Bezug zu nehmen, ohne dafür „identifizierende Beschreibungen“ zu benutzen?„identifizierende Beschreibungen zu benutzen?

275SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 276: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Sagen wir es wird jemand geboren ein Baby; seine Eltern„Sagen wir, es wird jemand geboren, ein Baby; seine Eltern rufen es mit einem bestimmten Namen. Sie reden mit Freunden über es. Andere Leute kommen mit ihnen zusammen. Durch e schiedene A ten de Rede i d de Name on Glied Gliedverschiedene Arten der Rede wird der Name von Glied zu Glied

verbreitet wie durch eine Kette. ... Eine bestimmte Kommunikationskette erreicht den Sprecher. Er referiert dann auf Feynman, obwohl er ihn nicht durch Beschreibungen, die auf ihn als einzigen zutreffen, identifizieren kann.“ (Kripke1981/1972 107))

276SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 277: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

John Steward MillJohn Steward Mill

Eigennamen bezeichnen ihren Eigennamen bezeichnen ihren Träger. Sie sind eine Art Etiketten, durch die Ausdrücke zu Individuen durch die Ausdrücke zu Individuen zugeordnet werden. (= naive Sichtweise)

277SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 278: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Gottlob FregeGottlob Frege

Eigennamen besitzen sowohl eine Eigennamen besitzen sowohl eine bezeichnende als auch eine beschreibende Funktion. beschreibende Funktion. (Bedeutung vs. Sinn)

278SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 279: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bertrand RussellBertrand Russell

Eigennamen stellen abgekürzte Eigennamen stellen abgekürzte Kennzeichnungen dar, die sich im Kontext eines Satzes eliminieren Kontext eines Satzes eliminieren lassen.

279SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 280: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

John SearleJohn Searle

Eigennamen stehen für Cluster Eigennamen stehen für Cluster von Beschreibungen, mit denen es uns gelingt, das gemeinte uns gelingt, das gemeinte Individuum zu identifizieren.

280SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 281: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Saul KripkeSaul Kripke

Eigennamen besitzen eine rigide Eigennamen besitzen eine rigide Bezugnahme. Die Zuordnung des Namens auf den entsprechenden Namens auf den entsprechenden Referenten basiert auf einer Kommunikationskette, die bis auf eine Taufe zurück reicht.

281SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 282: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Putnam über Ausdrücke fürnatürlichen Artennatürlichen Arten

282SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 283: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Hilary Putnam (*1926)Hilary Putnam ( 1926)

Putnam ist ein einflussreicher amerikanischer Philosoph, der vor allem bekannt ist wegen seiner p , gArbeiten auf den Gebieten der Wissenschaftstheorie, der Philosophie des Geistes und des Pragmatismus.

Philosophical Papers (1972-1983); „The Meaning of‚Meaning‘“ (1975); Reason, Truth, and History(1981); Representation and Reality (1988); Realism with a Human Face (1990)Realism with a Human Face (1990)

283SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 284: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Prädikate für natürliche ArtenPrädikate für natürliche Arten

allgemeine Nomen die für natürliche Substanzen … allgemeine Nomen, die für natürliche Substanzen oder Organismen wie Wasser, Kupfer, Tiger, Molybdän usw. stehen.Molybdän usw. stehen.

284SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 285: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

StereotypentheorieStereotypentheorie

nimmt an dass jeder Ausdruck für eine natürliche … nimmt an, dass jeder Ausdruck für eine natürliche Art mit einem deskriptiven Stereotyp assoziiert ist, anhand dessen die Gegenstände, die unter das ist, anhand dessen die Gegenstände, die unter das Prädikat fallen, identifiziert werden können.

285SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 286: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

WasserWasser= die klare, geschmacklose Flüssigkeit, die als Regen vom Himmel fällt und Seen und Flüsse füllt

Tiger der katzenähnliche schwarz orange gestreifte Fleischfresser = der katzenähnliche, schwarz-orange gestreifte Fleischfresser,

welcher einzeln durch die Wälder von Asien streift

Kupfer= das rotbraune, metallische Material, welches sich leicht erwärmen lässt relativ biegsam ist und den Strom leitet

286

erwärmen lässt, relativ biegsam ist und den Strom leitet

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 287: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Twin-Earth GedankenexperimentDas Twin Earth Gedankenexperiment

287SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 288: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Stellen wir uns vor es gäbe eine Doppelerde (TwinStellen wir uns vor, es gäbe eine Doppelerde (TwinEarth), die in allen Aspekten mit unserer wirklichen Erde identisch ist – insbesondere in Bezug auf die

h b h f ff d dsichtbaren Eigenschaften eines Stoffes, der dort Flüsse und Seen füllt, geruchsneutral und durchsichtig ist.durchsichtig ist.

288SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 289: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Stellen wir uns weiter vor dass dieser Stoff dort Stellen wir uns weiter vor, dass dieser Stoff dort nicht die Zusammensetzung von Wasser (H2O), sondern die Zusammensetzung XYZ hätte.

289SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 290: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Falls die Stereotypentheorie recht hätte dann Falls die Stereotypentheorie recht hätte, dann müssten wir diesen Stoff mit der Zusammensetzung XYZ auch „Wasser“ nennen.

290SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 291: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das tun wir nicht!Das tun wir nicht!

291SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 292: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der Wasserstereotyp kann nicht als identifizierend Der Wasserstereotyp kann nicht als identifizierend für den Ausdruck „Wasser“ angesehen werden.

292SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 293: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Was Wasser ist wird durch seine Zusammensetzung Was Wasser ist, wird durch seine Zusammensetzung (die chemische Struktur) festgelegt, nicht durch den Stereotyp.

Putnam

A h A d ü k fü tü li h A t i W “ Auch Ausdrücke für natürliche Arten wie „Wasser“, „Tiger“, „Molybdän“ usw. sind rigide Designatoren.

293SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 294: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Stellen wir uns nun vor dass es auf der Doppelerde Stellen wir uns nun vor, dass es auf der Doppelerde eine Molekül für Molekül identische Angela Merkel gibt. Nennen wir sie „Doppelmerkel“.

294SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 295: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Merkel und Doppelmerkel äußern nun im selben Merkel und Doppelmerkel äußern nun im selben Moment den Satz:

„Ich möchte ein Glas Wasser.“

295SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 296: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Worte aus Merkels und Doppelmerkels Mund Die Worte aus Merkels und Doppelmerkels Mund haben eine unterschiedliche Bedeutung.

296SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 297: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Merkel möchte H O (und nicht XYZ)Merkel möchte H2O (und nicht XYZ).

Doppelmerkel möchte XYZ (und nicht H2O)Doppelmerkel möchte XYZ (und nicht H2O).

297SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 298: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

D hD.h.

298SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 299: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Bedeutungen unserer Worte werden nicht Die Bedeutungen unserer Worte werden nicht festgelegt durch die Totalzustände unserer Gehirne.

299SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 300: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Auch nicht durch die Totalzustände unseresAuch nicht durch die Totalzustände unseres Körpers.

300SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 301: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Auch nicht durch die psychologischen Zustände Auch nicht durch die psychologischen Zustände, in denen wir uns befinden.

301SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 302: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wodurch dann?Wodurch dann?

302SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 303: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

„Meanings are not in the head.“ (Hilary Putnam)

303SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 304: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

SemantikSemantikBedeutungstheorieng

304SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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305SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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306SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 307: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

BedeutungstatsachenBedeutungstatsachen

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Page 308: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

BedeutungsgehaltBedeutungsgehalt

Unter der Menge der Tonfolgen und der Menge der Unter der Menge der Tonfolgen und der Menge der Zeichenreihen gibt es solche, die bedeutungsvoll sind, und solche die es nicht sind. Wie ist das zu

klä ? W l h Ei h ft i S t erklären? Welche Eigenschaften muss ein Satz aufweisen, damit er etwas bedeutet?

Der Mond scheint hell.Brt xyz $3&?ß JJJ.

308

t y $3& ß JJJ

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 309: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

SynonymieSynonymie

Oft gibt es mehrere Ausdrücke die dieselbe Oft gibt es mehrere Ausdrücke, die dieselbe Bedeutung besitzen. Aber, worin gleichen sie sich? Was ist ihr gemeinsames Merkmal?

Der Erpel balzt.D E t ä h b l tDas Entenmännchen balzt.

309SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 310: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

AmbiguitätAmbiguität

Es gibt auch Ausdrücke die mehr als eine Es gibt auch Ausdrücke, die mehr als eine Bedeutung besitzen. Wann ist dies der Fall? Wie kann man entscheiden, wann welcher Ausdruck

l h B d t b it t?welche Bedeutung besitzt?

Maria erkennt ihre Bank an dem blauen Quadrat Maria erkennt ihre Bank an dem blauen Quadrat. Horst ist ein Esel.

310SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 311: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

AnalytizitätAnalytizität

Manche Ausdrücke sind in anderen enthalten“ Manche Ausdrücke sind in anderen „enthalten . Sätze, die aus solchen Ausdrücken zusammengesetzt sind, sind wahr aufgrund der B d t d A d ü k d i Bedeutung der Ausdrücke, aus denen sie zusammengesetzt sind. D.h., wir brauchen kein Faktenwissen, um ihre Wahrheit oder Falschheit ,herauszufinden.

311

Junggesellen sind unverheiratete Männer.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 312: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

FolgebeziehungenFolgebeziehungen

Ein Satz kann aus einem oder mehreren anderen Ein Satz kann aus einem oder mehreren anderen Sätzen folgen. Welche Merkmale müssen die entsprechenden Sätze besitzen, damit einer aus dem

d f l t?anderen folgt?

Wenn es regnet dann ist die Straße nass Es regnet Wenn es regnet, dann ist die Straße nass. Es regnet. Also: Die Straße ist nass.

312SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 313: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

PräsuppositionenPräsuppositionen

Die Wahrheit mancher Sätze hat die Wahrheit eines Die Wahrheit mancher Sätze hat die Wahrheit eines oder mehrerer anderer Sätze zur Voraussetzung. Wie kann das erklärt werden?

Maria hat mit dem Rauchen aufgehört. M i h t ht>> Maria hat geraucht.

313SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 314: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kombination

Ausdruck X Ausdruck Y Ausdruck Z Ausdruck (XYZ)

Sprache

( )

B h / R ä t ti / Abbild / D t tiBezugnahme / Repräsentation / Abbildung / Denotation

Bedeutung von X Bedeutung von Y Bedeutung von Z Bedeutung von (XYZ)

Bedeutungen

Kombination

314SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 315: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Grundfragen der SemantikGrundfragen der Semantik

315SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 316: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Welche Aussage wird dazu getroffen was die Welche Aussage wird dazu getroffen, was die Bedeutungen sprachlicher Ausdrücke sind?Was sind die Bedeutungsobjekte?Was sind die Bedeutungsobjekte?

316SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Wie können anhand der Strukturen und Wie können anhand der Strukturen und Mechanismen, die für die unterstellten Bedeutungsobjekte maßgeblich sind, die genannten Bedeutungsobjekte maßgeblich sind, die genannten Bedeutungstatsachen erklärt werden?

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Welche Beziehungen bestehen zwischen der Welche Beziehungen bestehen zwischen der Bedeutung eines komplexen sprachlichen Ausdrucks (z. B. eines Satzes) und den Bedeutungen der Teile, (z. B. eines Satzes) und den Bedeutungen der Teile, aus denen er zusammengesetzt ist (z. B. der Worte, aus denen ein Satz aufgebaut ist)?

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Subjektive Vorstellungen und das Sender-Empfänger-ModellSender Empfänger Modell

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John Locke (1632 – 1704)John Locke (1632 1704)

Locke ist einer der wichtigsten Philosophen des sog. britischen Empirismus. Sein Hauptinteresse galt der britischen Empirismus. Sein Hauptinteresse galt der Erkenntnistheorie. Darüber hinaus hat er sich mit der politischen Philosophie und den Prinzipien der Bildung beschäftigt.

An Essay Concerning Human Understanding (1690)

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Wenn jemand auch eine Fülle verschiedener Gedanken hegt, ... so sind sie doch alle in seiner Brust verschlossen für andere so sind sie doch alle in seiner Brust verschlossen, für andere unsichtbar und verborgen: sie können auch nicht durch sich selbst kundgegeben werden. Da nun aber die Annehmlichkeiten

d V t il d G i h ft h i Mitt il d und Vorteile der Gemeinschaft ohne eine Mitteilung der Gedanken nicht zu erreichen sind, so musste der Mensch notwendig gewisse äußere, sinnlich wahrnehmbare Zeichen finden, mit deren Hilfe jene unsichtbaren Ideen, die seine Gedankenwelt ausmachen, anderen mitgeteilt werden könnten. Für diesen Zweck war ... nichts so gut geeignet wie jene g g g jartikulierten Laute, die der Mensch mit Leichtigkeit und Mannigfaltigkeit zu erzeugen imstande war. So wird es begreiflich, wie es dazu kam, daß gerade die Wörter ... als begreiflich, wie es dazu kam, daß gerade die Wörter ... als Zeichen für ihre Ideen verwendet wurden. ... Der Zweck der Wörter besteht also darin, sinnlich wahrnehmbare Kennzeichen der Ideen zu sein; die Ideen für die sie stehen machen ihre der Ideen zu sein; die Ideen, für die sie stehen, machen ihre eigentliche und unmittelbare Bedeutung aus.John Locke, Versuch über den menschlichen Verstand, 3. Buch

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Orientierung an den BedeutungstatsachenBedeutungstatsachen

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Ein sprachlicher Ausdruck (z B ein Satz als Ton-Ein sprachlicher Ausdruck (z.B. ein Satz als Ton-oder Zeichenfolge) ist dann bedeutungsvoll, wenn er mit einem „inhaltsvollen“ mentalen Zustand assoziiert ist.

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Page 325: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Zwei Ausdrücke sind dann synonym wenn sie mit Zwei Ausdrücke sind dann synonym, wenn sie mit derselben Idee/Vorstellung assoziiert sind.

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Page 326: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein Ausdruck ist ambig (mehrdeutig) wenn er mit Ein Ausdruck ist ambig (mehrdeutig), wenn er mit mehr als einer Vorstellung assoziiert ist.

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Ein Satz folgt aus einem anderen wenn die Ein Satz folgt aus einem anderen, wenn die Vorstellungen, die mit dem Folgesatz (Konklusion) verbunden sind, in den Vorstellungen enthalten sind, d d ( ) b d ddie mit dem ersten Satz (Prämisse) verbunden sind.

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ProblemeProbleme

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Die Theorie ist nicht gehaltvoll genug Um sie zu Die Theorie ist nicht gehaltvoll genug. Um sie zu präzisieren, müsste geklärt werden, was genau eine Idee bzw. eine Vorstellung ist.

Mentale Bilder sind als Bedeutungstatsachen i t h b t kt t l K t i ungeeignet; auch abstraktere mentale Konzepte wie

„Begriffe“ helfen nicht weiter, da es sich hierbei um ebenso unklare Gegenstände handelt.g

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Zu vielen Worten der Sprache besitzen wir Zu vielen Worten der Sprache besitzen wir überhaupt keine Vorstellungen („ist“, „nicht“, „als“, „Anbetracht“, „davon“ ...).

Viele Sätze sind kompliziert und lang. Es ist schwer l h k k t V t ll i h it zu sagen, welche konkrete Vorstellung sich mit

solchen Sätzen verbindet.

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Ideen und Vorstellungen sind subjektive Entitäten Ideen und Vorstellungen sind subjektive Entitäten und unterscheiden sich von Person zu Person. A’sVorstellung von einem Hund ist nicht B’s Vorstellung d b l h d“ f d lb b ddavon, obgleich „Hund“ für A dasselbe bedeuten sollte wie für B.

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Die primären Träger von Bedeutungen sind für Locke Die primären Träger von Bedeutungen sind für Locke die einzelnen Worte.

Was aber die Bedeutung von komplexen Ausdrücken ist und wie sie sich aus den Bedeutungen der Teile

ibt d üb t di Th i t i ergibt, darüber sagt diese Theorie so gut wie gar nichts aus.

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PropositionentheoriePropositionentheorie

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... when we understand the meaning of a sentence, somethingelse does happen in our mindes besides the mere hearing ofelse does happen in our mindes besides the mere hearing ofthe words of which the sentence is composed. You can easilysatisfy yourself of this by contrasting what happens when youh t hi h d d t d f h t hhear a sentence, which you do understand, from what happenswhen you do not understand ... in the first case, there occurs... another act of consciousness – an apprehension of theirmeaning, which is absent in the second case. And it is no lessplain that the apprehension of the meaning of one sentencewith one meaning, differs in some respect from theg, papprehension of another sentence with a different meaning ... There certainly are such things as the two different meaningsapprehended. And each of these two meanings is what I call a apprehended. And each of these two meanings is what I call a proposition.

G.E.Moore, Some Main Problems of Philosophy

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Vorstellungen/IdeenVorstellungen/Ideensprachunabhängige, subjektive Entitäten

Propositionenb t kt h bhä i bj kti E titätabstrakte, sprachunabhängige, objektive Entitäten

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Propositionen sind keine beobachtbaren Dinge Wir Propositionen sind keine beobachtbaren Dinge. Wir haben keinen unmittelbaren Zugang zu ihnen. Sie sind eine Art Werkzeug – ein theoretischer Begriff sind eine Art Werkzeug ein theoretischer Begriff wie „Neutrino“ in der Physik – welcher dazu dient, präzise Aussagen über den Phänomenbereich zu machen, mit dem sich eine Bedeutungstheorie befasst.

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G Frege (1848 1925) B Russell (1872 1970) G E Moore (1873 1958)G. Frege (1848-1925) B. Russell (1872-1970) G.E. Moore (1873-1958)

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Eigenschaften von PropositionenEigenschaften von Propositionen

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Page 339: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Propositionen sind (im Unterschied zu Ideen oder Propositionen sind (im Unterschied zu Ideen oder Vorstellungen) objektiv und spachunabhängig.

Sie sind weder räumlich noch zeitlich lokalisiert.

Sie können weder entstehen noch vergehen.

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Propositionen werden nicht nur als die Propositionen werden nicht nur als die Bedeutungen von Sätzen angesehen, sondern auch als die Inhalte mentaler Zustände.auch als die Inhalte mentaler Zustände.

Jones glaubt, dass Schnee weiß ist.Jones glaubt, dass Schnee weiß ist.

Jones steht in der Beziehung des Glaubens zu der Jones steht in der Beziehung des Glaubens zu der Proposition, dass Schnee weiß ist.

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Propositionen sind die fundamentalen Träger vonPropositionen sind die fundamentalen Träger von Wahrheit und Falschheit. Sie besitzen permanente Wahrheitswerte (d.h. sie sind bleibend permanente Wahrheitswerte (d.h. sie sind bleibend entweder wahr oder falsch).

Ein Satz ist wahr/falsch, weil die Proposition, die er zum Ausdruck bringt, wahr/falsch ist. Die Äußerung eines Satzes zu einer bestimmten Gelegenheit kann relativ zum Äußerungskontext verschiedene Propositionen zum Ausdruck bringen

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Propositionen zum Ausdruck bringen.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Propositionen besitzen eine interne Struktur; sie Propositionen besitzen eine interne Struktur; sie sind zusammengesetzt aus abstrakten begrifflichen Teilen.Teilen.

Nur vollständige Sätze drücken Propositionen aus; Nur vollständige Sätze drücken Propositionen aus; einzelne Worte hingegen drücken etwas aus, das Teil vieler verschiedener Propositionen ist: einen Begriff(concept).

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Page 343: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Propositionen sind primär gegenüber BegriffenPropositionen sind primär gegenüber Begriffen –ein Begriff kann aus Propositionen abgeleitet werden, durch die Rolle, die er in denjenigen werden, durch die Rolle, die er in denjenigen Propositionen spielt, in denen er vorkommt.

343SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 344: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Orientierung an den BedeutungstatsachenBedeutungstatsachen

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Page 345: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eine Laut-/Zeichenfolge besitzt eine Bedeutung Eine Laut-/Zeichenfolge besitzt eine Bedeutung, weil sie in einer Beziehung zu einem abstrakten Inhalt steht, d.h. eine Proposition zum Ausdruck bbringt.

345SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 346: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Zwei Sätze (derselben Sprache oder zweier Zwei Sätze (derselben Sprache oder zweier verschiedener Sprachen) sind synonym, wenn sie dieselbe Proposition ausdrücken.

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Page 347: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein Satz ist ambig (mehrdeutig) wenn er zwei oder Ein Satz ist ambig (mehrdeutig), wenn er zwei oder mehr verschiedene Propositionen ausdrücken kann.

347SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 348: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein Wort ist synonym mit einem anderen Wort Ein Wort ist synonym mit einem anderen Wort, wenn beide dieselbe Rolle in allen Propositionen spielen, in denen sie vorkommen.

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Page 349: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein Wort ist ambig (mehrdeutig) wenn es Ein Wort ist ambig (mehrdeutig), wenn es verschiedene Rollen in denjenigen Propositionen spielt, in denen es vorkommt.

349SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 350: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

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Page 351: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Einen Satz S zu verstehen heißt eine Proposition p Einen Satz S zu verstehen, heißt eine Proposition p zu erfassen und zu wissen, dass S die Proposition p ausdrückt.

Die Propositionentheorie kann uns nicht sagen, i d E f i P iti b t htworin das Erfassen einer Proposition besteht.

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Die Propositionen Theorie ist nicht explanatorisch Die Propositionen Theorie ist nicht explanatorisch.

Die Annahme dass ein Satz eine Proposition Die Annahme, dass ein Satz eine Proposition ausdrückt, scheint nur eine umständlichere Sprechweise dafür zu sein, dass der Satz Sprechweise dafür zu sein, dass der Satz bedeutungsvoll ist bzw. eine Bedeutung besitzt.

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Unsere sprachliche Aktivitäten sind meistens Unsere sprachliche Aktivitäten sind meistens Reaktionen auf sprachliche Aktivitäten anderer Menschen. Wir tun manchmal etwas aufgrund der Menschen. Wir tun manchmal etwas aufgrund der Überzeugungen, die wir besitzen. Das Sprachlernen vollzieht sich in einem intersubjektiven Rahmen, in dem wir handelnd aufeinander eingehen.

Propositionen spielen hierbei keine Rolle.

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Wittgensteins Gebrauchstheorie derBedeutungBedeutung

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Sprache zu gebrauchen besteht in einer Sprache zu gebrauchen besteht in einer hochkomplexen Form sozialen Verhaltens. Wir lernen, uns auf eine bestimmte Weise zu verhalten,

h h h d lwenn Menschen Geräusche machen, und lernen, welche Geräusche wir machen sollen, wenn wir uns in bestimmten Situationen befinden.in bestimmten Situationen befinden.

Sprachlernen besteht im Einüben von impliziten p pRegeln, die nicht explizit artikuliert werden müssen. Durch ständiges Üben lernen wir diesen zu folgen.

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Ludwig Wittgenstein (1889 – 1951)

Witt t i ilt l i d b d t d t Wittgenstein gilt als einer der bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts. In seinem Frühwerk (TLP) orientiert er sich an Frege und Russell und konzipiert eine ideale Sprache. In p pseinem Spätwerk (PU) revidiert Wittgenstein die meisten seiner Ansichten und legte den Grundstein für eine Gebrauchstheorie der Bedeutung.

Tractatus Logico-Philosophicus (1921), Philosophische Untersuchungen (1953)

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Denke nun an die Verwendung der Sprache: Ich g pschicke jemanden einkaufen. Ich gebe ihm einen Zettel, auf diesem stehen die Zeichen: „fünf rote Äpfel“. Er trägt den Zettel zum Kaufmann; der öffnet die Lade auf welcher das Zeichen Äpfel“ öffnet die Lade, auf welcher das Zeichen „Äpfel steht; dann sucht er in der Tabelle das Wort „rot“ auf und findet ihm gegenüber ein Farbmuster; nun sagt er die Reihe der Grundzahlwörter – ich nehme an, er weiß sie auswendig – bis zum Worte „fünf“ und bei jedem Zahlwort nimmt er einen Apfel aus der Lade, der die Farbe des Musters hat – So und ähnlich operiert man mit Musters hat. – So und ähnlich operiert man mit Worten. – „Wie weiß er aber, wo und wie er das Wort ‚rot’ nachschlagen soll und was er mit dem Wort ‚fünf’ anzufangen hat?“ – Nun, ich nehme an, er handelt, wie ich es beschrieben habe. Die Erklärungen haben irgendwo ein Ende. – Was ist aber die Bedeutung des Wortes „fünf“? – Von einer solchen war hier gar nicht die Rede; nur einer solchen war hier gar nicht die Rede; nur davon, wie das Wort „fünf“ gebraucht wird. Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, §1

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Page 358: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Bedeutung eines Ausdrucks zu kennen heißt zu Die Bedeutung eines Ausdrucks zu kennen, heißt zu wissen, wie dieser Ausdruck in verschiedenen kommunikativen Situationen verwendet wird.

Das Wesentliche der Sprache sind keine B d t tität (Id P iti ) Bedeutungsentitäten (Ideen, Propositionen), sondern konkrete Sprachspiele, in denen wir Ausdrücke verwenden, um mit ihnen gewissen , gHandlungen (Spielzüge) in einem konventionell geordneten sozialen Raum auszuführen.

358SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 359: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

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Page 360: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wittgensteins Bild von der Sprache als einem Wittgensteins Bild von der Sprache als einem Baustein in einer hoch-konventionalisierten, sozialen Praxis hat zum Paradigma solche Ausrufe wie Praxis hat zum Paradigma solche Ausrufe wie „Hallo.“, „Entschuldigung.“, „Danke.“, „Hör auf damit!“, „Hol den Stein dort!“ usw., welche fest eingebunden in solche sozialen Praktiken sind.

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Page 361: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Weite Bereiche unserer Sprache funktionieren Weite Bereiche unserer Sprache funktionieren jedoch nicht nach diesem Muster. Die meisten Sätze, die wir hören und verstehen, sind uns neu. Viele die wir hören und verstehen, sind uns neu. Viele Sätze sind lang und kompliziert und lassen sich keiner bestimmten Praxis zuordnen – und trotzdem verstehen wir sie.

361SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Unsere Fähigkeit neue komplizierte Sätze auch Unsere Fähigkeit, neue, komplizierte Sätze auch außerhalb jedes spezifischen Sprachspiels zu verstehen, kann kein Produkt unserer Kenntnis der verstehen, kann kein Produkt unserer Kenntnis der Konventionen sein, deren Bestandteil diese Sätze sind, denn für diese sind nie irgendwelche Konventionen aufgestellt worden.

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Page 363: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das reduktive Programm von GriceDas reduktive Programm von Grice

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Page 364: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Herbert Paul Grice (1913-1988)

Paul Grice ist bekannt geworden durch seine Arbeiten zur Sprachphilosophie. Er führte den Begriff der Sprecherbedeutung ein, „erfand“ die konversationalenImplikaturen (Pragmatik) und entwickelte eine intentionale Implikaturen (Pragmatik) und entwickelte eine intentionale Semantik. Als Resultat dieser Ideen wechselte das Interesse in der philosophischen Debatte zum Begriff der Bedeutung in den 70ern und 80ern von der linguistischen zur mentalen Repräsentation.zur mentalen Repräsentation.

„Logic and Conversation“ (1975); „Further Notes on Logicand Coversation“ (1978); Studies in the Way of Words(1989)(1989)

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Page 365: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eine Explikation der Satzbedeutung durch psychische Zustände

Erster Schritt

Rü kfüh d S t B d t f di S h B d tRückführung der Satz-Bedeutung auf die Sprecher-Bedeutung

Zweiter Schritt

Rückführung der Sprecher-Bedeutung auf einen Komplex psychischer Zustände

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Page 366: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Explikation der Satz-Bedeutung durch dieExplikation der Satz-Bedeutung durch die Sprecher-Bedeutung

S bedeutet, dass p gdw.

S normalerweise die Sprecher-Bedeutung besitzt, dass p.

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Page 367: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Rückführung der Sprecher-Bedeutung auf psychische ZuständeRückführung der Sprecher-Bedeutung auf psychische Zustände

Mit dem Äußern von S meint A, dass p, gdw. A mit dem Äußern Svon S

(1) beabsichtigt, dass H die Überzeugung erwirbt, dass p.(2) beabsichtigt, dass H A´s Absicht (1) erkennt.(3) beabsichtigt, dass H die Überzeugung, dass p, teilweise aufgrund von A´s Absicht in (1) erwirbt.aufgrund von A s Absicht in (1) erwirbt.

Reduktion der Sprecher-Bedeutung auf einen Komplex aus Intentionen (Absichten) Überzeugungen und anderen psychischen Zuständen

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(Absichten), Überzeugungen und anderen psychischen Zuständen.

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Page 368: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Keine AudienzKeine Audienz

Was ich einfach so vor mich hinsage (ohne die Was ich einfach so vor mich hinsage (ohne die Absicht, jemanden von etwas zu überzeugen) hat auch eine Bedeutung.

Ein Sprecher muss mindestens beabsichtigen, dass –falls jemand zuhörte dieser die entsprechende falls jemand zuhörte – dieser die entsprechende Überzeugung erwirbt, auch wenn im Moment niemand aktuell da ist, der mir zuhört. (modale

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Abschwächung)SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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PrüfungenPrüfungen

Manchmal (bei Prüfungen) meinen wir (als Manchmal (bei Prüfungen) meinen wir (als Studenten) etwas, wovon andere bereits überzeugt sind (Professoren).

H muss die Überzeugung erwerben, dass S überzeugt ist dass p (Abschwächung von 1)überzeugt ist, dass p. (Abschwächung von 1)

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Page 370: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

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Page 371: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Satz-Bedeutung beschränkt das was ein Die Satz-Bedeutung beschränkt das, was ein Sprecher mit einem Satz meinen kann. Wir können nicht einen beliebigen Satz benutzen, um damit

h d hetwas Bestimmtes zu meinen. Sätze scheinen daher schon vorgängig eine bestimmte Bedeutung zu besitzen.besitzen.

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Page 372: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die meisten bedeutungsvollen Sätze einer Sprache Die meisten bedeutungsvollen Sätze einer Sprache sind noch nie geäußert worden. Nie geäußerte Sätze besitzen aber keine Sprecherbedeutung.

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Page 373: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Sätze können nur einmal und in einem nichtliteralenSätze können nur einmal und in einem nichtliteralenSinne geäußert werden. Wie kann dann die Sprecher-Bedeutung die Satz-Bedeutung ddeterminieren?

373SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 374: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wenn man etwas beweist dann soll H von der Wenn man etwas beweist, dann soll H von der Konklusion des Beweises nicht aufgrund der Sprecherintentionen, sondern aufgrund der

d (d h f d hPrämissen des Beweises (d.h. aufgrund ihres Inhaltes) überzeugt sein.

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VerifikationstheorieVerifikationstheorie

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Page 376: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Rudolf Carnap (1891-1970) Otto Neurath (1882-1945) Alfred Jules Ayer (1910-1989)

Logischer Empirismus: Einflussreiche wissenschaftstheoretische Position, die ausgehend vom Wiener Kreis (Schlick, Neurath, Carnap, Reichenbach, Feigl u.a.) etwa zwischen 1930 und 1950 entwickelt wurde. Ziel war eine wissenschaftliche etwa zwischen 1930 und 1950 entwickelt wurde. Ziel war eine wissenschaftliche (moderne) Philosophie, die sich kritisch mit der traditionellen Philosophie auseinandersetzte, sich der Methoden der Logik bedient und wie der klassischen Empirismus die Bedeutung der Erfahrung bei der Erkenntnisgewinnung hervorhob

376SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

hervorhob.

Page 377: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

VerifikationsprinzipVerifikationsprinzip

Die Bedeutung eines Satzes liegt in den Die Bedeutung eines Satzes liegt in den Bedingungen seiner Verifikation.

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Page 378: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Verifikationsbedingungen werden diejenigen Verifikationsbedingungen werden diejenigen (möglichen) Erfahrungen genannt, die man machen würde, falls der betreffende Satz wahr wäre.würde, falls der betreffende Satz wahr wäre.

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Die Verifikationsbedingungen (die Bedeutung) Die Verifikationsbedingungen (die Bedeutung) eines Satzes zu kennen, heißt also zu wissen, welche Erfahrungen man haben müsste, wenn der Satz Erfahrungen man haben müsste, wenn der Satz wahr ist.

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Page 380: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bedeutung eines Satzes S =Bedeutung eines Satzes S =

Menge der sinnlichen Evidenzen die für SMenge der sinnlichen Evidenzen, die für S sprechen

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Page 381: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Verifikationsprinzip lokalisiert die Bedeutung in Das Verifikationsprinzip lokalisiert die Bedeutung in unserer Weise, wie wir etwas erkennen oder herausfinden.herausfinden.

Das Prinzip beinhaltet daher eine epistemischeDas Prinzip beinhaltet daher eine epistemische Theorie der Bedeutung.

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Page 382: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Problem der Analytischen SätzeDas Problem der Analytischen Sätze

Es gibt eine ganze Reihe von Sätzen die keinen Es gibt eine ganze Reihe von Sätzen, die keinen empirischen Inhalt besitzen und dennoch bedeutungsvoll sind.bedeutungsvoll sind.

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Page 383: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kein Junggeselle ist verheiratetKein Junggeselle ist verheiratet.Eine Geiß ist eine weibliche Ziege.Wenn es schneit dann schneit esWenn es schneit, dann schneit es.Fünf Stifte sind mehr als zwei Stifte.E t d t d t i htEntweder es regnet oder es regnet nicht.

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Page 384: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die logischen Empiristen behaupten dass sie wahrDie logischen Empiristen behaupten, dass sie wahr qua Konvention sind. Ihre Wahrheit wird garantiert durch die Bedeutungen der Worte, die sie enthalten.durch die Bedeutungen der Worte, die sie enthalten.

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Page 385: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Synthetische SätzeSynthetische Sätze(Naturwissenschaften)

Analytische Sätze(L ik M th tik)(Logik, Mathematik)

S th ti h Sät i iSynthetische Sätze a priori(Metaphysik)

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Page 386: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Empiristisches SinnkriteriumEmpiristisches Sinnkriterium

Falls ein Satz keine Verifikationsbedingungen besitzt Falls ein Satz keine Verifikationsbedingungen besitzt, dann ist dieser Satz sinnlos (bedeutungslos).

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Page 387: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die beiden „Dogmen“ des Logischen Empirismus

Verifikationstheorie der Bedeutung Unterscheidung zwischen analytischen und synthetischen Sätzen

Nur solche Sätze sind sinnvoll (besitzen eine Bedeutung), die sich an der E fah ng e ifi ie en lassen

Sätzen

Es gibt Sätze, die nur Sprachwissen Erfahrung verifizieren lassen.

g , pund kein Tatsachenwissen enthalten.

Naturwissenschaft spekulative Metaphysik Logik, Mathematik

synthetische Sätze mit synthetische Sätze ohne analytische Sätze

empirischem Gehalt empirischen Gehalt

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ProblemeProbleme

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Page 389: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wie können wir wissen ob ein Satz verifizierbar ist Wie können wir wissen, ob ein Satz verifizierbar ist, bevor wir wissen, was er bedeutet. Wenn wir wissen, was ein Satz bedeutet, dann ist er bedeutungsvoll, was ein Satz bedeutet, dann ist er bedeutungsvoll, ob er sich nun verifizieren lässt oder nicht.

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Page 390: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Verifikationsprinzip kann nur auf deskriptive Das Verifikationsprinzip kann nur auf deskriptive, tatsachenbehauptende Sätze angewandt werden.

Fragen, Behauptungen, Poetik, Witze oder Zeremonien besitzen keine Verifikationsbedingungen Zeremonien besitzen keine Verifikationsbedingungen und sind dennoch bedeutungsvoll.

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Viele Sätze gerade der Naturwissenschaften sind Sätze über Viele Sätze, gerade der Naturwissenschaften, sind Sätze über Entitäten, die sich nicht direkt beobachten lassen (Elektronen, psychische Zustände, Röntgenstrahlen usw.). Die empirischen E iden en die i fü solche Sät e haben können e st ecken Evidenzen, die wir für solche Sätze haben können, erstrecken sich auf gewisse Ausschläge von Messgeräten, auf beobachtbares Verhalten von Personen, auf Spuren in Nebelkammern, auf Muster in einer Kathodenstrahlröhre usw. Die Verifikationstheorie impliziert, dass wir mit solchen Sätzen nicht über Elektronen oder psychische Zustände, sondern über p yNebelkammern und das Verhalten von Personen sprechen. Das aber ist kontraintuitiv.

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Quines BedeutungsskeptizismusQuines Bedeutungsskeptizismus

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Willard Van Orman Quine(1908-2000)( )

Quine gilt als einer der einflussreichsten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Er ist als einer der Hauptvertreter der analytischen Philosophie und war als Schüler von Carnapanalytischen Philosophie und war als Schüler von Carnapeiner der wichtigsten Kritiker des Logischen Empirismus. Sein riesiges Lebenswerk umfasst die Gebiete der Logik, Wissenschaftstheorie, Sprachphilosophie und ErkenntnistheorieErkenntnistheorie.

„On What There Is“ (1948); „Two Dogmas of Empirism“ (1951); Word and Object (1960); „Ontological Relativity“ (1968)

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Synthetische Sätze: Die Bedeutung dieser Sätze Synthetische Sätze: Die Bedeutung dieser Sätze liegt allein in ihrem empirischen Inhalt, d.h. in ihren Verifikationsbedingungen, in den empirischen Verifikationsbedingungen, in den empirischen Evidenzen, die sich für sie vorbringen lassen.

Analytische Sätze: Die Bedeutung dieser Sätze ist rein konventionell. Sie besitzen keinen empirischen Inhalt. Sie sind wahr oder falsch aufgrund sprachlicher Konventionen.

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These 1These 1

Das Konzept eines analytischen Satzes lässt sich Das Konzept eines analytischen Satzes lässt sich nicht explizieren.

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Ein Wal ist ein SäugetierEin Wal ist ein Säugetier.

Analytisch oder nicht?Analytisch oder nicht?

Ei G iß i t i ibli h ZiEine Geiß ist eine weibliche Ziege.

A l ti h d i ht?Analytisch oder nicht?

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Warum?Warum?

Woher wissen wir das?Woher wissen wir das?

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Wal“ und Säugetier“ sind nicht synonym„Wal und „Säugetier sind nicht synonym.

Geiß“ und weibliche Ziege“ sind synonym„Geiß“ und „weibliche Ziege“ sind synonym.

Ei S t d F Ei A i t i B“ i t l ti h Ein Satz der Form „Ein A ist ein B“ ist analytisch, wenn „A“ und „B“ synonym sind.

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Wann sind zwei Ausdrücke synonym?Wann sind zwei Ausdrücke synonym?

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Die Ausdrücke Geiß“ und weibliche Ziege“ sind Die Ausdrücke „Geiß und „weibliche Ziege sind synonym, weil es notwendig ist, dass alles, was eine Geiß ist, eine weibliche Ziege ist und umgekehrt.Geiß ist, eine weibliche Ziege ist und umgekehrt.

Zwei Ausdrücke „A“ und „B“ sind synonym, wenn Zwei Ausdrücke „A und „B sind synonym, wenn folgendes gilt: Für jedes Individuum gilt notwendig: Wenn es A ist, dann ist B und umgekehrt.

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Welche Gründe sprechen dafür dass die Aussage Welche Gründe sprechen dafür, dass die Aussage „Alles, was eine Geiß ist, ist auch eine weibliche Ziege und umgekehrt“ notwendig wahr ist?Ziege und umgekehrt notwendig wahr ist?

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Der einzige Grund dafür scheint zu sein dass Jede Der einzige Grund dafür scheint zu sein, dass „Jede Geiß ist eine weibliche Ziege“ analytisch ist.

Der Umweg über die Synonymie hat uns zu einem Zirkel geführt!Zirkel geführt!

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These 2These 2

Es gibt keine absolute Unterscheidung zwischen Es gibt keine absolute Unterscheidung zwischen Sätzen, die konventionell sind und solchen, die empirisch sind!empirisch sind!

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Die Duhem-Quine These (Holistische Verifikationstheorie)Verifikationstheorie)

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Es gibt keine Sätze deren Bedeutung sich einzeln in Es gibt keine Sätze, deren Bedeutung sich einzeln in Bezug auf die Erfahrung bestimmen lässt.

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An der Erfahrung getestet wird nicht ein einzelner An der Erfahrung getestet wird nicht ein einzelner Satz, sondern eine Theorie als ganze.

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Bei einem empirischen Test steht (im Prinzip) jeder Bei einem empirischen Test steht (im Prinzip) jeder Satz einer Theorie zur Disposition. Kein einziger hat das Merkmal, dass er bei gegenläufiger Erfahrung

h f b d d fnicht aufgegeben werden darf.

E ibt k i l ti h Sät i b l t Si !Es gibt keine analytischen Sätze im absoluten Sinne!

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Page 408: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Jeder einzelne Satz kann wie immer der Test auch Jeder einzelne Satz kann, wie immer der Test auch ausfällt, beibehalten werden, wenn an anderen Stellen der Theorie (ausgleichende) Veränderungen

dvorgenommen werden.

E ibt k i th ti h Sät i b l t Es gibt keine synthetischen Sätze im absoluten Sinne!

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An welcher Stelle wir Veränderungen an einer An welcher Stelle wir Veränderungen an einer Theorie vornehmen, falls wir mit gegenläufigen Erfahrungen konfrontiert sind, wird durch

h ( f hhpragmatische Maximen (Einfachheit, Anschlussfähigkeit usw.) entschieden.

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Die Unbestimmtheit der ÜbersetzungDie Unbestimmtheit der Übersetzung

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bedeutet bedeutet ...

Haseunabgetrenntes Hasenteilzeitliches Stadium eines HasenExemplar der Hasenheit

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Page 413: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Welche der verschiedenen Hypothesen der Welche der verschiedenen Hypothesen der Sprachforscher wählt, hängt davon ab, wie er sein Übersetzungshandbuch aufbaut, d.h. wie er die

d d d k danderen Sätze und Ausdrücke der zu untersuchenden Sprache übersetzt.

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Page 414: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ganz egal wie viele empirische Daten der Forscher Ganz egal wie viele empirische Daten der Forscher sammelt, es gibt immer mehrere verschiedeneHandbücher, die gleich gut mit der Gesamtheit aller

b dDaten zusammenpassen, aber einen Satz der Fremdsprache mit verschiedenen Sätzen der eigenen Sprache übersetzt.Sprache übersetzt.

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Page 415: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der Begriff der Bedeutung muss als Der Begriff der Bedeutung muss als wissenschaftliches Konzept aufgegeben werden!

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Page 416: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wahrheitskonditionale SemantikWahrheitskonditionale Semantik

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Verifikationsbedingungen: diejenigen Evidenzen Verifikationsbedingungen: diejenigen Evidenzen, die für einen Satz sprechen.

Problem der Verwechslung von Evidenz und Problem der Verwechslung von Evidenz und Bedeutung

Wahrheitsbedingungen: diejenigen Tatsachen, unter denen ein Satz wahr ist.

Unabhängig von aktuellen oder möglichen Evidenzen bzw. Beobachtungen

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Die Bedeutung eines Satzes zu kennen heißt zu Die Bedeutung eines Satzes zu kennen, heißt zu wissen, wie die Welt beschaffen sein müsste, damit der Satz wahr (oder falsch) ist.der Satz wahr (oder falsch) ist.

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D. Lewis (1941-2001)R. Carnap (1891-1970)

„General Semantics“

(1970)

Meaning and Necessity

(1956)

D. Davidson (1917- 2003) R. Montague (1930-1971)

„English as a Formal

„Truth and Meaning“

(1967)

„Semantics for Natural

„ g

Language“ (1970)

„The Proper Treatment

of Quantification in

Languages“ (1968) Ordinary Englisch“ (1973)

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KompositionalitätsprinzipKompositionalitätsprinzip

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Da es keine klare Beschränkung der Anzahl sinnvoller Ausdrücke zu geben scheint, muss g ,eine funktionsfähige Theorie die Bedeutung jedes Ausdrucks auf der Grundlage ... einer endlichen Zahl von Merkmalen erklären. ... eine befriedigende Semantik [muss] erklären, welchen Beitrag wiederholbare Merkmale zur Bedeutung der Sätze leisten, in denen sie vorkommen.Donald Davidson, „Die Semantik natürlicher Sprachen“

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Page 422: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eine Bedeutungstheorie muss sich auf eine relativ Eine Bedeutungstheorie muss sich auf eine relativ kleine Anzahl bedeutungsvoller Ausdrücke (Worte) stützen, die als „Bedeutungsatome“ dienen und die stützen, die als „Bedeutungsatome dienen und die Basis der Theorie bilden.

… sonst könnten wir die Sprache nicht lernen.

422SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 423: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eine Bedeutungstheorie muss Regeln enthalten wie Eine Bedeutungstheorie muss Regeln enthalten, wie wir ausgehend von diesen basalen Ausdrücken die Bedeutung komplexer und im Prinzip unendlich Bedeutung komplexer und im Prinzip unendlich vieler Ausdrücke generieren können.

… sonst könnten wir diese nicht verstehen.

423SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 424: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

KompositionalitätsprinzipKompositionalitätsprinzip

Die Bedeutung eines Satzes (eines komplexen Die Bedeutung eines Satzes (eines komplexen Ausdrucks) ist eine Funktion der Bedeutungen der den Satz konstituierenden Worte (Ausdrücke) und den Satz konstituierenden Worte (Ausdrücke) und der Beziehungen, in denen sie zueinander stehen.

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Page 425: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Falls: γ (α β) dann: [[γ]] = f ([[α]] [[β]])Falls: γ (α, β), dann: [[γ]] = f ([[α]], [[β]]).

425SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 426: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eine ModellspracheEine Modellsprache

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Page 427: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Basale Ausdrücke (Atome)Basale Ausdrücke (Atome)

F“ ist ein Ausdruck und steht für alle die faul sind„F“ ist ein Ausdruck und steht für alle, die faul sind„G“ ist ein Ausdruck und steht für alle, die gut sind

“ i t i A d k d Alb t b t„a“ ist ein Ausdruck, der Albert benennt„b“ ist eine Ausdruck, der Berta benennt

427SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 428: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Projektionsregeln für atomare SätzeProjektionsregeln für atomare Sätze

Ein Subjekt Prädikat Satz der Form P(s)“ ist wahr Ein Subjekt-Prädikat-Satz der Form „P(s)“ ist wahr, gdw. das, was s benennt, ein Element der Menge der Klasse der Dinge ist, für die „P“ steht.Klasse der Dinge ist, für die „P steht.

428SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 429: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Projektionsregeln für komplexe SätzeProjektionsregeln für komplexe Sätze

Ein Satz der Form Nicht p“ ist wahr gdw der Satz Ein Satz der Form „Nicht p“ ist wahr, gdw. der Satz p nicht wahr ist.

Ein Satz der Form „p und q“ ist wahr, gdw. sowohl p als auch q wahr sindals auch q wahr sind.

429SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 430: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Regeln dieser (trivialen) Sprache erlauben es Die Regeln dieser (trivialen) Sprache erlauben es uns, die Wahrheitsbedingungen von unendlich langen und unendlich vielen Sätzen anzugeben,

d d l f d l b bindem wir die Regeln auf jede erlaubte Kombination der basalen Ausdrücke anwenden.

430SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 431: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

F(a)“ ist wahr gdw Albert faul ist„F(a) ist wahr, gdw. Albert faul ist.

F(a) und G(b)“ ist wahr gdw Albert faul ist und „F(a) und G(b) ist wahr, gdw. Albert faul ist und Berta gut ist.

„F(a) und nicht G(a) und F(b) und nicht G(b)“ ist wahr, gdw. Albert und Berta faul und nicht gut sindsind.

431SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 432: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wir haben eine kompositionaleWir haben eine kompositionaleBedeutungstheorie für eine sehr einfache Sprache entwickelt, die fähig ist, die Bedeutung von

d k b l b l d b l bAusdrücken beliebiger Komplexität und beliebiger Anzahl anzugeben!

… selbst von solchen, die noch nie jemand gebildet hat.

432SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 433: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wir brauchen zunächst ein Lexikon welches jedem Wir brauchen zunächst ein Lexikon, welches jedem basalen Ausdruck (Atom) der Sprache eine Denotation zuweist.

Welche Ausdrücke gibt es und was bedeuten sie?

433SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 434: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wir brauchen eine Syntax die uns sagt welche Wir brauchen eine Syntax, die uns sagt, welche Ausdruckssequenzen wohlgebildete Sätze der entsprechenden Sprache sind und welche nicht.

Wie sind komplexe Ausdrücke zusammengesetzt?

434SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 435: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Schließlich brauchen wir Projektionsregeln die Schließlich brauchen wir Projektionsregeln, die uns für jede Regel der Syntax sagen, wie wir aus der Bedeutung der Atome, die wir aus dem Lexikon k d d d k lkennen, die Bedeutung des neuen, komplexen Ausdrucks „berechnen“ können.

Wie lässt sich die Bedeutung komplexer Ausdrücke „berechnen“?„

435SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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natürliche Sprache⇑⇑

Annäherung an⇑

idealisierte formalisierte Spracheidealisierte, formalisierte Sprachemit einem Lexikon und einer eindeutigen Syntax

⇓S tikSemantik

a) Regeln der Denotation atomarer Ausdrückeb) Regeln der Berechnung der Denotation zusammengesetzter

A d ü kAusdrücke⇑

ModellAusschnitt der Welt in einer mengentheoretischen Formulierung

⇓Annäherung an

⇓Welt

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Page 437: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Natürliche SpracheNatürliche Sprache

⇓Übersetzung

Ausdrücke der natürlichen Sprache werden in AusdrückeAusdrücke der natürlichen Sprache werden in Ausdrückeder formalen Sprache übersetzt

⇓Sprache

⇓Interpretation

Sprachliche Ausdrücke werden in Modellen interpretiert⇓

Modell

RepräsentationModelle repräsentieren Ausschnitte der Welt

Welt

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Page 438: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wozu formale Sprachen?Wozu formale Sprachen?

438SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 439: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Formale Sprachen sind besonders übersichtlichFormale Sprachen sind besonders übersichtlich.Formale Sprachen sind syntaktisch eindeutig.In formalen Sprachen wird von Phänomenen abstrahiert, die für die Gülti k it S hl f l k i R ll i lGültigkeit von Schlussfolgerungen keine Rolle spielen.Durch die Verwendung einer formalen Sprache, können wir die natürliche Sprache als Metasprache verwenden, um über die formale S h l Obj kt h hSprache als Objektsprache zu sprechen.Die formalen Sprachen spielen eine wichtige Rolle in den symbolischen Wissenschaften. (Mathematik, Informatik, formale Linguistik, KI, formale Philosophie)Es existiert kein Beweissystem für natürliche Sprachen.

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Natürliche Sprache

Übersetzung in eine formale Sprache

Formale Sprache 1 Formale Sprache 2

Lexikon Lexikon

Formale Sprache 1 Formale Sprache 2

Semantik

Syntax

Semantik

Syntax

Interpretation in einem ModellSemantik Semantik

S 1Modell

Formale Sprache 1 -Ökonomie in Grammatik und Vokabukar:Einfache Syntax/Lexikon, wenige semantische RegelnAber: lange Ausdrücke, keine eindeutige Beziehung zur nat. Sprache

Formale Sprache 2 -Ökonomie im praktischen Ausdruck:kurze Ausdrücke, eindeutige Beziehung zur nat. SpracheAber: komplexe Syntax/Lexikon, viele semantische Regeln

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Page 441: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

441SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 442: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Deiktische AusdrückeDeiktische Ausdrücke

Viele Sätze der Sprache enthalten Ausdrücke deren Viele Sätze der Sprache enthalten Ausdrücke, deren Interpretation abhängig ist von der konkreten Äußerungssituation.

442SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 443: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ich bin jetzt hier “ ist wahr gdw ???„Ich bin jetzt hier. ist wahr, gdw. ???

Der Wahrheitswert dieses Satzes hängt vom Der Wahrheitswert dieses Satzes hängt vom Sprecher, von der Zeit und dem Ort der Äußerung ab.

Wir müssen Wahrheit auf Parameter (Zeit, Ort, Sprecher Auditorium usw ) relativierenSprecher, Auditorium usw.) relativieren.

443SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 444: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Intersektive und nicht intersektive AdjektiveIntersektive und nicht-intersektive Adjektive

Adjektive bilden mit Nomen komplexere Nomen Adjektive bilden mit Nomen komplexere Nomen, deren Bedeutung normalerweise als die Schnittmenge der Individuen, die unter das Nomen Schnittmenge der Individuen, die unter das Nomen fallen, und der Individuen, die unter das Adjektiv fallen, angesehen werden kann.

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Page 445: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein grauer Elefant“ ist etwas das grau und ein Elefant ist:Ein „grauer Elefant ist etwas, das grau und ein Elefant ist:

[[grauerAdj ElefantN]] = {x | grau (x)} ∩ {x | Elefant (x)}[[grauerAdj ElefantN]] {x | grau (x)} ∩ {x | Elefant (x)}

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Page 446: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Diese Regel trifft leider nicht immer zu Ein kleiner Diese Regel trifft leider nicht immer zu. Ein kleiner Elefant ist ist nicht etwas, das ein Elefant und klein ist, denn ein kleiner Elefant ist immer noch ein ist, denn ein kleiner Elefant ist immer noch ein großes Tier!

[[kleinerAdj ElefantN]] = {x | klein (x)} ∩ {x | Elefant (x)}

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Page 447: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Bedeutung mancher Adjektive wie groß“ Die Bedeutung mancher Adjektive wie „groß , „klein“, „schwer“, „hoch“ usw. ist kontextabhängig.

Wir müssen sie in Bezug auf ein weiteres Parameter K interpretieren.K interpretieren.

[[kleinerAdj ElefantN]] = ({x | klein (x)} ∩ {x | K [[kleinerAdj ElefantN]] ({x | klein (x)} ∩ {x | K (x)}) ∩ {x | Elefant (x)}

447SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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KoextensionalitätKoextensionalität

Wenn wir die Bedeutung von Prädikaten einfach als Wenn wir die Bedeutung von Prädikaten einfach als die Menge derjenigen Individuen auffassen, die unter das Prädikat fallen, dann haben zwei P ädik t di di lb M I di id Prädikate, die dieselbe Menge von Individuen denotieren, dieselbe Bedeutung.

448SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 449: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das ist nicht korrekt:Das ist nicht korrekt:

{x | Lebewesen-mit-Nieren (x)} ≠ {x | Lebewesen-mit-Herz (x)}{ | ( )} { | ( )}

„Fido ist ein Lebewesen mit Nieren.“„Fido ist ein Lebewesen mit Herz.“

Die Sätze sagen etwas unterschiedlichen über Fido aus!

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Nicht-wahrheitskonditionale Konnektive und OperatorenNicht wahrheitskonditionale Konnektive und Operatoren

Wir können komplexe Sätze aus atomaren Sätzen bilden, indem i sie mit e schiedenen Konnekto en e binden Eine indem wir sie mit verschiedenen Konnektoren verbinden. Eine Gruppe dieser Konnektoren („und“, „oder“, „falls“) heißen wahrheitskonditional, weil die Bedeutung des komplexen Satzes abhängig ist von den Wahrheitswerten der atomaren Satzes abhängig ist von den Wahrheitswerten der atomaren Sätze:

„Bill schläft und Maria ist wach“ ist wahr, gdw.„Bill schläft“ wahr ist und „Maria ist wach“ wahr ist.

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Andere Operatoren verhalten sich anders:Andere Operatoren verhalten sich anders:

Es ist möglich, dass Bill schläft “ ist wahr gdw „Es ist möglich, dass Bill schläft. ist wahr, gdw. „Bill schläft“ wahr/falsch/… ist.

Die Wahrheit des komplexen Satzes hängt nicht nur von der Wahrheit (oder Falschheit) des atomaren Satzes Bill schläft“ ab Es stellt sich somit die Frage Satzes „Bill schläft ab. Es stellt sich somit die Frage, wie man eine Projektionsregel für Sätze mit „möglich“ formulieren sollte.

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GlaubenssätzeGlaubenssätze

Wir können keine Projektionsregel für Glaubenssätze j gniederschreiben, wenn wir als Denotationen von Sätzen nur Wahrheitswerte zur Verfügung haben, denn alle wahren bzw. alle falschen Sätze haben dieselbe Denotation (nämlich „wahr“ alle falschen Sätze haben dieselbe Denotation (nämlich „wahr oder „falsch“):

„John glaubt, dass Elefanten groß sind“ ist wahr, gdw. …

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Page 453: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Problem der Koextensionalität stellt sich im Das Problem der Koextensionalität stellt sich im Kontext von Glaubenssätzen in einer verschärften Form:Form:

„John glaubt, dass Fido Nieren besitzt.“„John glaubt, dass Fido Nieren besitzt.„John glaubt, dass Fido ein Herz besitzt.“

453SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Eine einfache wahrheitskonditionale Semantik Eine einfache wahrheitskonditionale Semantik versteht Bedeutung als eine Korrespondenz zwischen Ausdrücken und den tatsächlich

l d hvorliegenden Tatsachen.

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Mögliche-Welten-SemantikMögliche Welten Semantik

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Mögliche WeltenMögliche Welten

Es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten wie Es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten, wie unsere Welt aussehen könnte. Diese Möglichkeiten nennen wir mögliche Welten. Jede dieser

ö li h W lt ä ti t i i ht kt l möglichen Welten repräsentiert eine nichtaktuale, globale Möglichkeit, wie die Welt (das gesamte Universum) sein könnte.)

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Die Wahrheit eines Satzes hängt davon ab welche Die Wahrheit eines Satzes hängt davon ab, welche Welt wir in Betracht ziehen. Der Satz

„Merkel ist Bundeskanzlerin.“

ist wahr in unserer Welt, aber in einer anderen möglichen Welt, in der die Wahlen anders ausgegangen sind ist dieser Satz falschausgegangen sind, ist dieser Satz falsch.

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Dies bringt uns zu einem neuen Verständnis von Dies bringt uns zu einem neuen Verständnis von Wahrheitsbedingungen:

Ein Satz ist wahr in manchen möglichen Welten (Situationen) und falsch in anderen.

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Wir können die Bedeutung eines Satzes einfach als Wir können die Bedeutung eines Satzes einfach als die Menge derjenigen möglichen Welten auffassen, in denen er wahr ist (wäre).

459SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Rudolf Carnap und Richard Montague haben der Rudolf Carnap und Richard Montague haben der wahrheitskonditionalen Semantik eine Interpretation in Bezug auf mögliche Welten gegeben und damit in Bezug auf mögliche Welten gegeben und damit gleichzeitig die Konzeption Freges, die Unterscheidung zwischen Sinn (Intension) und Bedeutung (Extension), weiterentwickelt.

Der Trick ist, die Intension eines Ausdrucks als eine Funktion von möglichen Welten in Extensionen darzustellen

460

darzustellen.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Ausdruck Intension Extension

Singulärer Term Individuenbegriffe (Funktion von IndividuenSingulärer Term Individuenbegriffe (Funktion vonmögl. Welten in Individuen)

Individuen

Genereller Term Eigenschaften (Funktion von mögl. Mengen vong ( gWelten in Mengen von Individuen)

gIndividuen

Satz Propositionen (Funktion von mögl.Welten in Wahrheitswerte)

Wahrheitswerte

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Page 462: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Bundeskanzlerin ist dickköpfig “„Die Bundeskanzlerin ist dickköpfig.

Wenn wir die Intension von die Bundeskanzlerin“ Wenn wir die Intension von „die Bundeskanzlerin“ und die Intension von „dickköpfig“ kennen, wissen wir, in welchen möglichen Welten der Satz wahr wir, in welchen möglichen Welten der Satz wahr (bzw. falsch) ist.Damit haben wir die entsprechende Funktion von pWelten in Wahrheitswerte, d.h. wir kennen die Proposition von „Die Bundeskanzlerin ist dickköpfig.“

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Die Denotation von„Die Bundeskanzlerin ist dickköpfig.“

WeltWelt1

Welt2 wahrW ltWelt3

Welt4

W lt f l hWelt5 falschWelt6

[[Die Bundeskanzlerin ist dickköpfig]] = {w2, w5, ...}

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KoextensionalitätKoextensionalität

Das Problem der Koextensionalität stellt sich für eine Das Problem der Koextensionalität stellt sich für eine Mögliche-Welten-Semantik nicht mehr, denn die Intensionen z.B. von „Lebewesen mit Nieren“ und L b it H “ i d hi d h „Lebewesen mit Herz“ sind verschieden, auch wenn

ihre Extension – die Menge der Lebewesen mit Nieren bzw. mit Herz – in unserer Welt (zufällig) ( g)identisch ist.

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Intersektive und nicht-intersektive AdjektiveIntersektive und nicht-intersektive Adjektive

Die Bedeutung von nicht-intersektiven Adjektiven lässt sich g jjetzt als eine Funktion von Intensionen in Intensionen angeben:

[[kleiner Elefant ]]: w (w {x | Elefant (x)})[[kleinerAdj ElefantN]]: w → (w → {x | Elefant (x)})

Diese Funktion nimmt die Intension von „Elefant“ und Diese Funktion nimmt die Intension von „Elefant und transformiert diese in eine modifizierte Intension, die nur die kleinen Elefanten herausgreift.

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Page 466: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Nicht wahrheitskonditionale OperatorenNicht-wahrheitskonditionale Operatoren

Die Wahrheitsbedingungen für Sätze mit nicht Die Wahrheitsbedingungen für Sätze mit nicht wahrheitsfunktionalen Operatoren lassen sich nun relativ einfach angeben:relativ einfach angeben:

Es ist möglich dass Bill schläft “ ist wahr in w gdw „Es ist möglich, dass Bill schläft. ist wahr in w, gdw. es eine Welt w gibt, so dass b ∈ {x | schläft (x)}

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GlaubenssätzeGlaubenssätze

Die Intension eines Satzes ist eine Proposition (d.h. eine Menge p ( gmöglicher Welten). Eine Projektionsregel für einen Glaubenssatz kann dann so formuliert werden, dass man sagt, er sei wahr, wenn das entsprechende Individuum in der er sei wahr, wenn das entsprechende Individuum in der Relation des Glaubens zu der entsprechenden Proposition steht:

„John glaubt, dass Bill schläft“ ist wahr, gdw. Glauben (j, {w | Bill schläft (w)})

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Das Problem der (logischen) AllwissenheitDas Problem der (logischen) Allwissenheit

Wenn Propositionen Mengen möglicher Welten sind, dann bede ten alle Sät e die not endig ah sind ( ie alle bedeuten alle Sätze, die notwendig wahr sind (wie alle mathematischen oder logischen Aussagen, analytischen Sätze etc.), dasselbe, denn sie sind alle in denselben möglichen Welten wahr (in allen) Das ist kontraintuitiv:Welten wahr (in allen). Das ist kontraintuitiv:

Zwei plus zwei ist vier.Die Quadratwurzel aus 81 ist neun.Junggesellen sind unverheiratete Männer.Morgen regnet es oder nicht

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Morgen regnet es oder nicht.

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insbesondere in Bezug auf Sätze des Glaubens:… insbesondere in Bezug auf Sätze des Glaubens:

John glaubt, dass zwei plus zwei vier ist.John glaubt, dass die Quadratwurzel aus 81 gleich neun ist.John glaubt, dass Junggesellen unverheiratete Männer sind.John glaubt, dass es morgen regnet oder nicht.John glaubt, dass es morgen regnet oder nicht.

Die Tatsache, dass John eine simple mathematische Wahrheit glaubt impliziert dass er von allen notwendigen Wahrheiten glaubt, impliziert, dass er von allen notwendigen Wahrheiten überzeugt – d.h. dass er in Bezug auf diese allwissend – ist.

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Was macht die Bedeutung eines Satzes aus?Was macht die Bedeutung eines Satzes aus?

470SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 471: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

LockeLocke

die privaten Ideen die wir anderen mit unseren ... die privaten Ideen, die wir anderen mit unseren Worten übermitteln

471SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 472: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Frege Russell MooreFrege, Russell, Moore

die abstrakte Proposition die durch den Satz zum … die abstrakte Proposition, die durch den Satz zum Ausdruck gebracht wird

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Page 473: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

WittgensteinWittgenstein

die impliziten Regeln unseres Sprachgebrauchs… die impliziten Regeln unseres Sprachgebrauchs

473SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 474: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

GriceGrice

die kommunikativen Absichten und … die kommunikativen Absichten und Überzeugungen des Sprechers

474SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 475: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Carnap Neurath AyerCarnap, Neurath, Ayer

die Erfahrungen die man machen würde falls der … die Erfahrungen, die man machen würde, falls der Satz wahr ist

475SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 476: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

QuineQuine

die pragmatischen Entscheidungen eines … die pragmatischen Entscheidungen eines Sprachforschers

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Page 477: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Carnap Montague Davidson LewisCarnap, Montague, Davidson, Lewis

die Bedingungen die vorliegen müssen wenn der … die Bedingungen, die vorliegen müssen, wenn der Satz wahr ist

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Page 478: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Carnap Montague LewisCarnap, Montague, Lewis

die Menge der möglichen Welten in denen der … die Menge der möglichen Welten, in denen der Satz wahr ist.

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Pragmatikg

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Ein Hörer H versteht einen Satz S genau dann wennEin Hörer H versteht einen Satz S genau dann, wenn …

… H die Gedanken rekonstruieren kann, die der Sprecher von S , pkodiert hat.

… H die Proposition erfasst, die durch S ausgedrückt wird. H weiß wie auf eine Äußerung von S reagiert werden muss… H weiß, wie auf eine Äußerung von S reagiert werden muss.

… H weiß, unter welchen Umständen S verifiziert werden kann.… H weiß, unter welchen Umständen S wahr wäre.… H weiß, unter welchen Umständen S wahr wäre.

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ABERABER

Hast du verstanden, was er da gesagt hat?, g g

Ja klar, aber mir ist noch unklar … wie er es gemeint hat!Ja klar, aber mir ist noch unklar … was er damit andeuten wollte!Ja klar, aber mir ist noch unklar … was er eigentlich von mir Ja klar, aber mir ist noch unklar … was er eigentlich von mir wollte!

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Page 482: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Was ist Pragmatik?Was ist Pragmatik?

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Page 483: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

If in an investigation explicit reference is made toIf in an investigation explicit reference is made tothe speaker, or to put in in more general terms, theuser of language, then we assign it to the field ofpragmatics.If we abstract from the user of language andIf we abstract from the user of language andanalyze only the expression and their designata, weare in the field of semantics.And, finally, if we abstract from the designata also

d l l h l i b hand analyze only the relations between theexpressions, we are in syntax.

Rudolf Carnap Foundations of Logic andRudolf Carnap, Foundations of Logic andMathematics

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Page 484: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Neuere AnsichtenNeuere Ansichten

Pragmatik = Studium der kontextabhängigen Bedeutung.(Jerry Katz: Propositional Structure and Illocutionary Force, 1977)

Pragmatik = Studium der nicht-wahrheitskonditionalen Bedeutung.g g(Gerald Gazdar: Pragmatics. Implicature, Presupposition and Logical Form, 1979)

Pragmatik = Umfassende Theorie des Sprachgebrauchs.(Herbert Clark: Using Language, 1996)

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Page 485: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Gegenstandsbereiche der PragmatikGegenstandsbereiche der Pragmatik

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Als am 10 Juli 1997 der damals amtierende Als am 10. Juli 1997 der damals amtierende Bundespräsident Roman Herzog von Jugendlichen in Kronach gefragt wurde, ob die Rechtschreibreform

k d ll hzurückgenommen werden sollte, antwortete er: Ich habe mich nie mit der Rechtschreibreform befasst. Ich befasse mich nur mit wichtigen Dingen.Ich befasse mich nur mit wichtigen Dingen.

Schwäbisches Tageblatt, 11.7.1997g ,

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Page 487: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Deixis: Um zu wissen dass sich ich“ auf Roman Herzog Deixis: Um zu wissen, dass sich „ich auf Roman Herzog bezieht, muss man wissen, dass die Äußerung von ihm stammt.

Implikat He og de tet an dass e die Rechtsch eib efo m Implikatur: Herzog deutet an, dass er die Rechtschreibreform für unwichtig hält.

Präsupposition: Herzog unterstellt, dass es eine Rechtschreibreform gegeben hat.

Sprechakt: Herzog stellt eine Behauptung auf.

487SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 488: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Theorien zur natürlichen Sprache

Syntax Semantik PragmatikSyntax ... Semantik ... Pragmatik

Theorien der Sprechakt- Implikaturen- Präsuppositions-p p ppDeixis theorie theorie theorie

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Page 489: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

DeixisKontextabhängige AusdrückeKontextabhängige Ausdrücke

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Page 490: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Es gibt Sätze die als solche einen Wahrheitswert Es gibt Sätze, die als solche einen Wahrheitswert erhalten können, ohne dass man weiß, wer sie wann wo usw. geäußert hat.wo usw. geäußert hat.

Um jedoch die meisten unserer Sätze zu Um jedoch die meisten unserer Sätze zu interpretieren, benötigen wir zusätzliche, kontextuelle Informationen. Diese Informationen bestehen aus einer klar begrenzten Menge von Werten.

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Page 491: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Hier ist es jetzt warmHier ist es jetzt warm.

+ Kontext (Sprecher Ort Zeit )+ Kontext (Sprecher, Ort, Zeit, ...)

Hi [ASB 3] i t j t t [20 4 2011 11 40] Hier [ASB 3] ist es jetzt [20.4.2011, 11:40] warm.

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Page 492: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

PersonaldeixisPersonaldeixis

betrifft die involvierten Partizipanten… betrifft die involvierten Partizipanten

I h h ff d h t d H d h lt !Ich hoffe, du hast den Herd ausgeschalten!

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Page 493: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

TemporaldeixisTemporaldeixis

betrifft Zeitpunke oder Zeitspannen… betrifft Zeitpunke oder Zeitspannen

Wi t ff i 10 Mi tWir treffen uns in 10 Minuten.Wir treffen uns jetzt.Wi t ff 11 10 M tWir treffen uns um 11:10 am Montag.Wir treffen uns nächsten Dienstag.Wi ff üb

493

Wir treffen uns übermorgen.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 494: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

TempusTempus

betrifft Zeitverhältnisse… betrifft Zeitverhältnisse

Es schneite, als wir ankamen.,Maria ist gekommen und Hans wird noch kommen.

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Page 495: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

LokaldeixisLokaldeixis

betrifft Ortsangaben… betrifft Ortsangaben

Der Bahnhof ist 1 km von hier entfernt.Das Buch liegt dort.Ich bin jetzt hier.j

495SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 496: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

TextdeixisTextdeixis

kommt mit Anaphern ins Spiel… kommt mit Anaphern ins Spiel

Ein Hund kam um die Ecke. Er fing an zu bellen.g

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Page 497: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ParametertheorieParametertheorie

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Page 498: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Richard Montague (1930-1971)Richard Montague (1930 1971)war ein amerikanischer Mathematiker, Logiker, Philosoph und Linguist und Klassiker der formalen Semantik natürlicher Sprachen.Montague hat neuere Entwicklungen der intensionalen Logik genutzt, um die logische Struktur natürlicher Sprachen offen zu legen.

“English as a Formal Language” (1970); “Universal grammar” (1970), “The proper treatment of quantification in ordinary English” (1974)quantification in ordinary English (1974)

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Page 499: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kontextuelle Informationen lassen sich in eine Kontextuelle Informationen lassen sich in eine semantische Theorie einbauen, wenn man annimmt, dass ein Satz nicht ohne weiteres wahr oder falsch dass ein Satz nicht ohne weiteres wahr oder falsch ist, sondern wahr oder falsch in Bezug zu einem sog. Index.

499SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 500: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein Index ist eine Folge von Parametern:Ein Index ist eine Folge von Parametern:

1. eine mögliche Weltg2. eine Zeit3. ein Ort4. ein Sprecher5. ein (oder mehrere) Hörer6 eine Sequenz demonstrierter Objekte6. eine Sequenz demonstrierter Objekte7. ein Diskurssegment8. eine Folge von Bewertungen für freie Variablen.

500SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 501: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

In diesem System sehen die Wahrheitsbedingungen In diesem System sehen die Wahrheitsbedingungen folgendermaßen aus:

„Ich bin jetzt wach“ ist wahr am Index <t, l, s, h, i, d, f>, gdw. s zu t wach ist.d, f>, gdw. s zu t wach ist.

501SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 502: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

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Page 503: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Viele Sätze sind auf eine unvorhersehbare“ Weise Viele Sätze sind auf eine „unvorhersehbare Weise kontextabhängig.

503SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 504: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Es ist HerbstEs ist Herbst.

Dieser Satz ist jetzt wahr in der nördlichen Dieser Satz ist jetzt wahr in der nördlichen Hemisphäre und falsch in der südlichen.

Wir müssen die Interpretation dieses Satzes zusätzlich auf Hemisphären relativieren!zusätzlich auf Hemisphären relativieren!

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Page 505: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Es ist 12:30 UhrEs ist 12:30 Uhr.

Die Wahrheit dieses Satz hängt von einer ZeitzoneDie Wahrheit dieses Satz hängt von einer Zeitzone ab.

Wir müssen die Interpretation dieses Satzes zusätzlich auf Zeitzonen relativieren!zusätzlich auf Zeitzonen relativieren!

505SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 506: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

John kam zur MensaJohn kam zur Mensa.John ging zur Mensa.

Diese beiden Sätze enthalten einen Gesichtspunkt“ Sie sind zwar unter denselben „Gesichtspunkt . Sie sind zwar unter denselben

Bedingungen wahr, aber im ersten befindet sich der Sprecher in der Mensa, im zweiten außerhalb dieser.p ,

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Page 507: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kaplans Charakter-TheorieKaplans Charakter Theorie

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Page 508: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

David Kaplan (*1933)David Kaplan ( 1933)

Kaplan ist ein einflussreicher amerikanischer Philosoph, der derzeit in Los Angeles lehrt. Er war der letzte Doktorand von Carnap und war Schüler von Montague und Alonzo Church. Seine wichtigsten Beiträge zur Philosophie liegen auf dem Gebiet der Semantik, insbesondere der Semantik von Glaubenssätzen sowie der Semantik von deiktischen Ausdrücken.

„Quantifying In“ (1968); „Dthat“ (1978); „Opacity“ (1986); „Demonstratives“ (1989)„Demonstratives (1989)

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Page 509: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wir können für das Problem mit deiktischen Wir können für das Problem mit deiktischen Ausdrücken die folgende allgemeine Beschreibung geben: Wenn wir einen kontextabhängigen Ausdruck geben: Wenn wir einen kontextabhängigen Ausdruck x haben, dann müssen wir, um ihn interpretieren zu können, eine Regel α kennen, welche diesem Ausdruck je nach Kontext C einen entsprechenden Bezugsgegenstand zuordnet.

α (x, C)

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BeispielBeispiel

„Ich bin jetzt wach“ ist wahr, gdw. α(ich, C) α(jetzt, C) wach ist.

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Page 511: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

David Kaplan konzipiert solche Regeln als Funktionen welche David Kaplan konzipiert solche Regeln als Funktionen, welche (mögliche) Kontexte als Argumente und Bedeutungen als Werte besitzen.

Er nennt sie den Charakter eines Ausdrucks.

Der Charakter eines Ausdrucks legt mit Bezug auf die relevanten kontextuellen Merkmale der Äußerungssituation die Bedeutung des Ausdrucks fest.

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Page 512: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Doppelte Bewertung

Kontext C1 Fred äußert „Ich bin ein Philosoph.“Kontext C2 Hans äußert „Ich bin ein Philosoph.“Welt w1 Fred ist Philosoph.Welt w1 Fred ist Philosoph.Welt w2 Hans ist Philosoph.

Charakter Ich bin ein Philosoph.

+C1 +C2

Intension Fred ist ein Philosoph. Hans ist ein Philosoph.

+w +w +w +w+w1 +w2 +w1 +w2

Extension wahr falsch falsch wahr

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Kaplans Theorie enthält eine Logik deiktischer Ausdrücke mit interessanten philosophischen Konsequenzeninteressanten philosophischen Konsequenzen.

Der Sprecher eines Satzes existiert in jeder Welt, in der der Satz geäußert wird daher sind die Sätze:Satz geäußert wird, daher sind die Sätze:

„Ich existiere.“„Ich bin jetzt hier.“

wahr in jeder Welt d h sie sind notwendig wahrwahr in jeder Welt, d.h. sie sind notwendig wahr.

Andererseits ist der Bedeutung dieser Sätze verschieden von K K Di B d d S i d h Kontext zu Kontext. Die Bedeutung des Satzes ist demnach kontingent.

Es gibt notwendig wahre Sätze, deren Bedeutung kontingentist!

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ist!

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Die Implikaturentheorie von GriceDie Implikaturentheorie von Grice

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[Herbert] Paul Grice (1913-1988)

Grice ist bekannt geworden durch seine Arbeiten zur Sprachphilosophie. Er führte den Begriff der Sprecherbedeutung ein, „erfand“ die p g ,konversationalen Implikaturen (Pragmatik) und entwickelte eine intentionale Semantik.

„Logic and Conversation“ (1975)´; „Further Notes on Logic and Coversation“ (1978); Studies in theWay of Words (1989)

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Was (literal) gesagt wird. Was mitgemeint (implikiert) ist.

Einige Sportler rauchen. Nicht alle Sportler rauchen.

Hans ist eine Intelligenzbestie. Hans ist ein Idiot. (Ironie)

(A: Kommst du zur Party?)B: Ich muss arbeiten.

(A: Kommst du zur Party?)B: Nein, ich komme nicht zur Party.

Sie gab ihm den Schlüssel und er öffnete dieTür.

Sie gab ihm den Schlüssel und danach öffneteer die Tür mit diesem Schlüssel.

(A: Ich möchte nächste Woche das Matterhornbesteigen.)B: Ihr Knie braucht Zeit zur Heilung.

A: Ich möchte nächste Woche das Matterhornbesteigen.B: Sie sollten damit noch warten.

Ich sah John um Mitternacht mit einer Frau Ich sah John um Mitternacht mit einer FrauIch sah John um Mitternacht mit einer Frau. Ich sah John um Mitternacht mit einer Frau,die mir nicht bekannt ist.

(A: Hat Hans eine Freundin?)B: Er ist oft in Berlin gewesen die letzten Tage.

(A: Hat Hans eine Freundin?)B: Er hat (möglicherweise) eine Freundin inBerlinBerlin.

Er war nicht gerade ein Held. Er war feige. (Litotes)

Hannah beleidigte John und John verzweifelte. Hannahs Beleidigung brachte John zurVerzweiflung

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Verzweiflung.

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ImplikaturtypenImplikaturtypen

Konventionelle Implikaturen sind kontextunabhängig und p g gBestandteile der konventionellen Bedeutung von bestimmten Ausdrücken.

Konversationale Implikaturen sind kontextabhängig und entstehen, weil die Konversationsteilnehmer bestimmten Konversationsmaximen folgen.

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Bill ist ein Engländer d.h. er ist mutig Bill ist ein Engländer aber mutigBill ist ein Engländer, d.h. er ist mutig. Bill ist ein Engländer aber mutig.

Bill ist ein Engländer .... und er ist mutig... und er ist mutig.

Bill ist ein Engländer Bill ist ein Engländer

literal gesagtliteral gesagtBill ist ein Engländer ... Bill ist ein Engländer ...... aufgrund dessen ist er mutig. ... trotz dessen ist er mutig.

implikiertimplikiert implikiertimplikiert

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Konversationale Implikaturen [Beispiel: Ironie]

[Es regnet in Stömen] A: Schönes Wetter heute!

Der Hörer weiß, dass das Wetter scheußlich ist und dass A das bemerkt haben muss.Es ist also offensichtlich, dass A etwas gesagt hat, was A für falsch hält. (Ironie)Der Hörer nimmt an, dass sich A kooperativ verhält, d.h. etwas Der Hörer nimmt an, dass sich A kooperativ verhält, d.h. etwas informatives sagen will.Der Hörer versucht demnach, die Aussage von A anders zu d tdeuten.Der Hörer schließt (implikiert), dass A ihm nahe legen wollte, dass heute Mistwetter herrscht.

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KooperationsprinzipKooperationsprinzip

Mache deinen Gesprächsbeitrag jeweils so wie es„Mache deinen Gesprächsbeitrag jeweils so, wie es von dem akzeptierten Zweck oder der akzeptierten Richtung des Gesprächs, an dem du teilnimmst,Richtung des Gesprächs, an dem du teilnimmst, gerade verlangt wird.“Paul Grice, „Logik und Konversation“, „ g

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Maximen der Quantität Maximen der Qualität

Sei so informativ wie nötig! Sage nichts, was du für falsch hältst!

Sei nicht informativer als nötig! Sage nichts, wofür dir angemessene Gründe fehlen!fehlen!

Maximen der Modalität Maxime der Relevanz

Vermeide Dunkelheit des Sei relevant!Ausdrucks!Vermeide Mehrdeutigkeit!Fasse dich kurz!Fasse dich kurz!Der Reihe nach!

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Page 522: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Konversationale ImplikaturenKonversationale Implikaturen

… sind nicht an Worte oder besondere sprachliche Konst ktionen geb ndenKonstruktionen gebunden;

… ergeben sich aus dem Zusammenspiel a) des Inhaltes des Ä

g p )geäußerten Satzes, b) dem Kontext der Äußerung sowie c) aus den Prinzipien der rationalen kooperativen Konversation;

… beruhen darauf, dass die Kommunikation eine regelgeleitete Aktivität ist, bei der bestimmte Prinzipien (Maximen) beachtet werden.

522

werden.

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 523: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wie kann man Implikaturen unter Ausnutzung der Wie kann man Implikaturen unter Ausnutzung der Konversationsmaximen „berechnen“?

Ve let ng de Ma imenVerletzung der Maximen

Ein Sprecher A verstößt offen gegen eine der Maximen, aber B p g g ,bezweifelt nicht, dass A dem allgemeinen Kooperationsprinzip Folge leistet. In diesem Fall hat B die Möglichkeit, die Maximen so auszubeuten, dass er einen Grund für das Verhalten von A findet (konstruiert).

523SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 524: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Gutachten: Sehr geehrte Damen und Herren, der Student X beherrscht die deutsche Sprache ausgezeichnet und nimmt an allen p gVeranstaltungen regelmäßig teil.

Der Leser bemerkt, dass das Gutachten nicht informativ ist. ,(Verletzung der Maxime der Quantität)

Der Leser nimmt an, dass sich der Gutachter kooperativ verhält. , p(Unterstellung, dass das Kooperationsprinzip in Geltung bleibt)

Der Leser versucht, die Aussage des Gutachters anders zu deuten. (Er , g (nimmt an, dass der Gutachter etwas anderes mitteilen wollte, und zwar so, dass auch die Maxime der Quantität in Geltung bleibt!)

Ein plausibler Grund dafür, dass der Gutachter nicht informativ war, bestünde darin, dass (a) alles, was man sonst über den Kandidaten sagen könnte, etwas Schlechtes wäre und (b) der Gutachter nichts Schlechtes über den Kandidaten sagen wollteSchlechtes über den Kandidaten sagen wollte.

Der Leser kann demnach schließen (implikieren), dass ihm der Gutachter nahe legen wollte dass der Student für den Job ungeeignet

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Gutachter nahe legen wollte, dass der Student für den Job ungeeignet ist.

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Partikulare vs. generalisierte konversationale ImplikaturenPartikulare vs. generalisierte konversationale Implikaturen

Für bestimmte Implikaturen muss man die Eigenschaften der Äußerungssituation kennen, für andere nicht.

Partikulare Implikaturen entstehen, weil der Kontext ein bestimmtes Merkmal besitzt.

Schönes Wetter heute!“ Gutachten„Schönes Wetter heute!“, Gutachten

Generalisierte Implikaturen beruhen nicht auf spezifischen Kontextmerkmalen.Kontextmerkmalen.

„Maria hat drei Katzen.“ (nämlich genau drei und nicht vier oder fünfzehn)„Hans trifft sich heute Abend mit einer Frau.“ (nicht mit

i F i M tt d S h t )

525

seiner Frau, seiner Mutter oder Schwester)

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 526: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

AblösbarkeitAblösbarkeit

Konversationale Implikaturen sind nicht an bestimmte Worte geb nden Sie hängen om Konte t nd den gebunden. Sie hängen vom Kontext und den Konversationsmaximen ab, nicht aber vom Gebrauch eines bestimmten Wortes.

Hans ist eine Intelligenzbestie!Hans ist ein Genie!Hans ist die Intelligenz in Person!

526SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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AufhebbarkeitAufhebbarkeit

Konversationale Implikaturen lassen sich „umgehen“ (löschen). Wenn eine Ä ße ng eine kon e sationale Implikat besit t Wenn eine Äußerung eine konversationale Implikatur besitzt, dann ergibt die Hinzufügung der Negation der Implikatur keinen Widerspruch.

Er war nicht gerade ein Held! Er war feige. (Litotes)

Er war nicht gerade ein Held! Aber feige war er nicht.

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PräsuppositionenPräsuppositionen

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Page 529: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wenn man also behauptet, so ist immer die Voraussetzung selbstverständlich dass die Voraussetzung selbstverständlich, dass die gebrauchten einfachen oder zusammengesetzten Eigennamen eine Bedeutung haben. Wenn man also behauptet, ‚Kepler starb im Elend‘, so ist dabei vorausgesetzt, dass der Name ‚Kepler‘ etwas bezeichne; aber darum ist doch im Sinne des Satzes Kepler starb im Elend‘ der Gedanke Satzes ‚Kepler starb im Elend der Gedanke, dass ‚Kepler‘ etwas bezeichne nicht enthalten.Gottlob Frege: „Über Sinn und Bedeutung“

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Satz: Kepler starb im ElendSatz: Kepler starb im Elend.Negierter Satz: Kepler starb nicht im Elend.

Präsupposition: Der Name „Kepler“ bezeichnet etwas.Negation: # Kepler gibt es nicht, und dieser starb im

Elend.

Präsuppositionen werden nicht mitbehauptet und können Präsuppositionen werden nicht mitbehauptet und können daher nicht negiert werden; sie sind statt dessen:

di fü di f l i h Ä ß i530

Bedingungen für die erfolgreiche Äußerung eines Satzes. SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 531: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Präsuppositionen und Russells KennzeichnungstheoriePräsuppositionen und Russells Kennzeichnungstheorie

Der gegenwärtige König von Frankreich ist reich.Es gibt einen und nur einen König von Frankreich und dieser ist reich.

Die Russell-Paraphrase enthält keine singulären Terme, weshalb die Probleme mit nicht-denotierenden Ausdrücken nicht mehr auftauchen.Das, was bei Frege eine Präsupposition genannt wird, erscheint bei Russell als eine logische Folgerung des Satzes. Der präsuppositionale Gehalt wird mitbehauptet.

531

präsuppositionale Gehalt wird mitbehauptet.

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 532: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Beobachtung Freges dass die Negation eines Satzes seine Die Beobachtung Freges, dass die Negation eines Satzes seine Präsuppositionen teilt, ersetzt Russell durch eine Ambiguität, die aus der unterschiedlichen „Reichweite“ (=Skopus) der Partikel „nicht“ resultiert.Partikel „nicht resultiert.

Der gegenwärtige König von Frankreich ist nicht reich.

Fall 1: Es ist nicht der Fall, dass es einen und nur einen gegenwärtigen König von Frankreich gibt, der reich ist. (Präsupposition wird getilgt)Fall 2: Es gibt einen und nur einen gegenwärtigen König von Frankreich und dieser ist nicht reich. (Präsupposition bleibt

532

erhalten)SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 533: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Peter F. Strawson (1919-2006)Peter F. Strawson (1919 2006)

Strawson ist ein britischer Philosoph, der die Methoden der analytischen Philosophie auf kl i h hil hi h P bl d t E klassische philoso-phische Probleme anwendet. Er kritisierte Russells Kennzeichnungs-theorie, entwickelte ein Konzept der deskriptiven Metaphysik und gilt als ein einflussreicher K iKantinterpret.

„On Referring“ (1950); Introduction to Logical Theory (1952); The Bounds of Sense (1966); Theory (1952); The Bounds of Sense (1966); Scepticism and Naturalism (1985)

533SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 534: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kritik an RussellKritik an Russell

Wenn eine Präsupposition nicht erfüllt ist, dann kann man mit pp ,dem Satz keine Behauptung machen. Russell kann die folgende Unterscheidung nicht mehr vornehmen:

Ich benutze einen Ausdruck, um auf einen Gegenstand Bezug zu nehmen.Ich behaupte, dass es ein Individuum gibt, welches gewisse Eigenschaften besitzt.

534SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 535: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die klassische (semantische) Definition einerDie klassische (semantische) Definition einer Präsupposition

Eine Aussage A präsupponiert eine Aussage B genau dann, wenn die Wahrheit von B eine notwendige dann, wenn die Wahrheit von B eine notwendige Bedingung für die Wahrheit oder Falschheit von A ist.

535SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 536: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Was sind eigentlich Präsuppositionen?Was sind eigentlich Präsuppositionen?

Die Beantwortung dieser Frage hat insbesondere in Die Beantwortung dieser Frage hat insbesondere in den 60ern bis zum Ende der 70er Jahre zu einer umfangreichen Debatte geführt, in der hauptsächlich

i P iti t t dzwei Positionen vertreten wurden.

536SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 537: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die semantische KonzeptionDie semantische Konzeption

Präsuppositionen sind wie die logischen Folgerungen Präsuppositionen sind wie die logischen Folgerungen ein Spezialfall der semantischen Implikationen eines Satzes.

537SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 538: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

A >> B (A präsupponiert B) gdwA >> B (A präsupponiert B), gdw.

A ╞ B (in jeder Interpretation, in der A wahr ist, ist B wahr) dund

¬A ╞ B (in jeder Interpretation, in der A falsch ist, ist B wahr)

Wenn wir uns an die Auffassung halten, dass es nur zwei Wahrheitswerte gibt, dann impliziert diese Definition die Ansicht von Frege und Strawson, dass ein Satz keinen Wahrheitswert besitzt, gwenn seine Präsuppositionen nicht erfüllt sind.

Mit dieser Definition lässt sich die klassische zweiwertige Logik nicht

538

Mit dieser Definition lässt sich die klassische zweiwertige Logik nicht halten!

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 539: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die pragmatischen KonzeptionDie pragmatischen Konzeption

Präsuppositionen sind Unterstellungen die ein Präsuppositionen sind Unterstellungen, die ein Sprecher mit einer Äußerung in einem speziellen Kontext macht.

539SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 540: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Sprechakttheoretische AnsätzeSprechakttheoretische Ansätze

Präsuppositionen werden als Bedingungen für den Präsuppositionen werden als Bedingungen für den akzeptablen Gebrauch eines Satzes thematisiert.

Fillmore, Langendoen & Savin

540SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 541: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Sprecherbasierte AnsätzeSprecherbasierte Ansätze

Präsuppositionen werden als diejenigen Annahmen Präsuppositionen werden als diejenigen Annahmen gekennzeichnet, die ein Sprecher in einem Diskurs als geteilte Hintergrundannahmen voraussetzen als geteilte Hintergrundannahmen voraussetzen kann.

Stalnaker, Soames

541SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 542: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Konversationale AnsätzeKonversationale Ansätze

Präsuppositionen werden als eine spezifische Form Präsuppositionen werden als eine spezifische Form konventioneller oder konversationaler Implikaturen angesehen.angesehen.

Sadock Karttunen & Peters KempsonSadock, Karttunen & Peters, Kempson

542SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 543: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

PräsuppositionsträgerPräsuppositionsträger

543SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 544: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

EigennamenEigennamen

Kepler starb (nicht) im ElendKepler starb (nicht) im Elend.>> Es gibt jemanden namens „Kepler“.

544SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 545: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

QuantorenQuantoren

(Nicht) Jedes der Kindes von John schläft(Nicht) Jedes der Kindes von John schläft.>> John hat Kinder.

545SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 546: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

AspektverbenAspektverben

John hat (nicht) aufgehört seine Großmutter zu John hat (nicht) aufgehört seine Großmutter zu schlagen.>> John hat seine Großmutter geschlagen>> John hat seine Großmutter geschlagen.

546SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 547: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

BetonungBetonung

Der FLEISCHER tötete die Gans (nicht)Der FLEISCHER tötete die Gans (nicht).>> Jemand tötete die Gans.

547SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 548: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

SpaltsätzeSpaltsätze

Es war (nicht) Barney der den Honig stahlEs war (nicht) Barney, der den Honig stahl.>> Jemand stahl den Honig.

548SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 549: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

PräsuppositionstestsPräsuppositionstests

549SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 550: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

NegationstestNegationstest

Peter bedauert, dass Hans gegangen ist.⇒ Jemand bedauert, dass Hans gegangen ist.>> Hans ist gegangen.

Peter bedauert nicht, dass Hans gegangen ist.=/⇒ Jemand bedauert, dass Hans gegangen ist.

H i t >> Hans ist gegangen.

Präsuppositionen sind diejenigen Folgerungen von Sätzen,

550

pp j g g g ,welche unter Negation erhalten bleiben.

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 551: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ModalitätstestModalitätstest

Peter bedauert, dass Hans gegangen ist.⇒ Jemand bedauert, dass Hans gegangen ist.>> Hans ist gegangen.

Vielleicht bedauert es Peter, dass Hans gegangen ist.=/⇒ Jemand bedauert, dass Hans gegangen ist.

H i t >> Hans ist gegangen.

Bei der Einbettung unter einen Modalitätsoperator bleibt die

551

g pPräsupposition erhalten, die Folgerung nicht.

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 552: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das ProjektionsproblemDas Projektionsproblem

552SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 553: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Was geschieht mit den Präsuppositionen eines Was geschieht mit den Präsuppositionen eines Satzes, wenn dieser in einem komplexeren Satz eingebettet ist?eingebettet ist?

Langendoen und Savin (1972)Langendoen und Savin (1972)

553SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 554: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Was sind die Präsuppositionen von (A A A )? Was sind die Präsuppositionen von (A1, A2, ..., An)?

Die kumulative Hypothese(A1, A2, ..., An) >> P(A1) & P(A2) & … & P(An)

A1 A2 A sind elementare SätzeA1, A2, ..., An sind elementare SätzeP(A1), P(A2), ..., P(An) sind die die Präsuppositionen von A1 bis An

(A1, A2, ..., An) ist ein komplexer Satz, der aus der Kombination von A A A gebildet worden ist

554

A1, A2, ..., An gebildet worden ist.

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 555: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

555SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 556: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Direkte RedeDirekte Rede

Hans sagte: Paul hat aufgehört seine Großmutter zu Hans sagte: „Paul hat aufgehört seine Großmutter zu schlagen“.

>/> Paul hat seine Großmutter geschlagen.

556SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 557: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Propositionale EinstellungenPropositionale Einstellungen

Hans glaubt dass Paul aufgehört hat seine Hans glaubt, dass Paul aufgehört hat, seine Großmutter zu schlagen.

>/> Paul hat seine Großmutter geschlagen.

557SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 558: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Aufhebung mittels direkter Verneinung derAufhebung mittels direkter Verneinung der Präsupposition eines negierten Satzes

Paul hat nicht aufgehört seine Großmutter zu schlagen, weil er sie nie geschlagen hat.schlagen, weil er sie nie geschlagen hat.

>/> Paul hat seine Großmutter geschlagen>/> Paul hat seine Großmutter geschlagen.

558SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 559: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

DisjunktionDisjunktion

Entweder hat Hans seine Großmutter nie Entweder hat Hans seine Großmutter nie geschlagen, oder er hat aufgehört, sie zu schlagen.

>/> Paul hat seine Großmutter geschlagen.

559SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 560: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

SprechakttheorieSprechakttheorie

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Page 561: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

John Langshaw Austin (1911-1960)

Austin gilt als einer der Begründer der sog. „Ordinary Language Philosophy“. Er beschäftigte sich intensiv mit dem Handlungsaspekt der Sprache (Sprechakte) sowie mit der Struktur von (Sprechakte), sowie mit der Struktur von Äußerungen über Sinneseindrücke. Seine beiden Hauptwerke basieren auf Skripten und Vorlesungen, die von seinen Schülern posthum veröffentlicht wurdenveröffentlicht wurden.

How To Do Things With Words (1962); Sense andSensibilia (1962)( )

561SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 562: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der Handlungsaspekt der SpracheDer Handlungsaspekt der Sprache

[Beim Pokern] Ich verdopple.[Im Standesamt] Hiermit ernenne ich sie zu Mann und Frau.[Bei einer Taufe] Hiermit nenne ich dieses Schiff Queen Victoria.

Diese Sätze liefern keine Beschreibung meines Tuns, sondern sind Handlungen die in einem Verdoppeln des Einsatzes beim sind Handlungen, die in einem Verdoppeln des Einsatzes beim Pokern, in einer Heirat oder einer Schiffstaufe bestehen. Niemand könnte im Anschluss an die jeweiligen Äußerungen „Das ist falsch!“ sagen.

562

„Das ist falsch! sagen.

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 563: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Performative SätzePerformative Sätze

… werden verwendet, um eine Handlung zu vollziehen. Sie können nicht wahr oder falsch sein, sondern höchstens – wie Handlungen –nicht wahr oder falsch sein, sondern höchstens wie Handlungen gelingen oder misslingen.

Deskriptive SätzeDeskriptive Sätze

… werden verwendet, um eine beschreibende Aussage machen, die wahr oder falsch sein kann.wahr oder falsch sein kann.

563SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 564: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Geglücktheitsbedingungen/ Gelingensbedingungen fürGeglücktheitsbedingungen/ Gelingensbedingungen für Sprechakte

Es muss eine konventionelle Regel geben, nach der der Sprechakt vollzogen wird.Die Umstände und Personen müssen angemessen seinDie Umstände und Personen müssen angemessen sein.Die Regel muss korrekt und vollständig ausgeführt werden.Oft müssen die beteiligten Personen entsprechende Gedanken, g pGefühle oder Absichten besitzen, und falls ein Anschlussverhalten gefordert wird, dann müssen die relevanten Personen dies ausführen.

564

Personen dies ausführen.

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 565: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Regeln die unsere Sprechakte leiten sind in den meisten Die Regeln, die unsere Sprechakte leiten, sind in den meisten Fällen nur implizit in unserer sozialen Praxis verankert.

Nur selten gibt es explizite Niederschriften oder Anweisungen zum Vollzug bestimmter Sprechakte, wie etwa in institutionellen Praktiken wie einer Heirat oder einer Taufe oder institutionellen Praktiken wie einer Heirat oder einer Taufe oder in den Regelwerken von Kartenspielen etc.

565SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 566: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Struktur eines SprechaktesDie Struktur eines Sprechaktes

566SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 567: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Lokutionärer Akt: die Bedeutung oder der Inhalt einer Lokutionärer Akt: die Bedeutung oder der Inhalt einer Äußerung (Lokution entspricht in etwa dem Begriff der Proposition)

Illokutionärer Akt: der Handlungsaspekt oder –typ eines Sprechaktes (Befehl, Angebot, Bitte, Versprechen etc.)Sprechaktes (Befehl, Angebot, Bitte, Versprechen etc.)

Perlokutionärer Akt: die Folgen eines Sprechaktes (die Tatsachen, die dadurch, dass ein Sprechakt eine Handlung ist, geschaffen oder verändert werden)

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Page 568: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die meisten Sprechakte können so vollzogen werden dass sie Die meisten Sprechakte können so vollzogen werden, dass sie nicht nur einen Sprechakt zum Ausdruck bringen, sondern diesen auch explizit beschreiben:

Ich werde hier sein. Ich verspreche, dass ich hier sein werde.Du musst dich setzen! Ich befehle dir hiermit, dich zu setzen.Du musst dich setzen! Ich befehle dir hiermit, dich zu setzen.Ich war dumm. Ich gebe zu, dass ich dumm war.

568SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 569: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Explizite performative Äußerungen enthalten ein Explizite performative Äußerungen enthalten ein handlungsanzeigendes Verb wie versprechen oder zugeben (jeweils in der ersten Person Indikativ Präsens) sowie manchmal auch weitere Indikatoren wie das Adverb hiermit. Solche Ausdrücke nennt Austin Indikatoren wie das Adverb hiermit. Solche Ausdrücke nennt Austin illokutionäre Indikatoren:

Ich gebe hiermit zu dass ich es getan habeIch gebe hiermit zu, dass ich es getan habe.

Im Gegensatz dazu stehen Äußerungen, die indirekt oder implizit performativ sind.

Ich hab´s getan.

569

g

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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John R. Searle (*1932)

John Searle wurde bekannt durch seine Arbeiten zur Sprechakttheorie, zur Philosophie des Geistes sowie zur Sozialphilosophie. Er arbeitet auf vielfältigen Gebieten und Sozialphilosophie. Er arbeitet auf vielfältigen Gebieten und gilt heute als einer der wichtigsten philosophischen Autoren.

Speech Acts (1969); Expression and Meaning (1979); Speech Acts (1969); Expression and Meaning (1979); „Minds, Brains, and Programs“ (1980); Intentionality(1983); The Rediscovery of Mind (1992); The Constructionof Social Reality (1997)

570SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 571: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Klassifikation von SprechaktenKlassifikation von Sprechakten

571SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 572: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

S h kt Z k A i ht hi hSprechakt Zweck Anpassungsrichtung psychischerZustand

Deklarative institutionelle Welt-an-Wort ?Routinen

Repräsentative Festlegung auf dieWahrheit

Wort-an-Welt Glaube/Wissen

Direktive Hörer soll etwas tun Welt-an-Wort Wunsch

Kommissive Festlegung auf eineHandlung

Welt-an-Wort Absicht

Expressive Ausdrücken einer ? variabelExpressive Ausdrücken einerEinstellung

? variabel

572SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 573: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Deklarative (taufen heiraten kündigen )Deklarative (taufen, heiraten, kündigen, ...)

Deklarative Sprechakte sind sprachliche Routineformeln, die in de Regel an die E isten on Instit tionen geb nden sindder Regel an die Existenz von Institutionen gebunden sind.

Hiermit kündige ich zum 31.07.2005.gDer Angeklagte ist schuldig.

573SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 574: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Repräsentative (behaupten feststellen berichten )Repräsentative (behaupten, feststellen, berichten, ...)

Repräsentative Sprechakte legen den Sprecher darauf fest, dass de a sged ückte p opositionale Inhalt de Ä ße ng ah dass der ausgedrückte propositionale Inhalt der Äußerung wahr ist.

Die Erde ist flach.Ein neuer Bürgermeister wurde gewählt.

574SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 575: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Direktive (befehlen auffordern bitten )Direktive (befehlen, auffordern, bitten, ...)

Direktive Sprechakte haben den Zweck, dass der Sprecher e s cht den Hö e da b ingen et as t nversucht, den Hörer dazu zu bringen etwas zu tun.

Einen Kaffe, schwarz mit etwas Zucker bitte!,Nicht betreten!

575SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 576: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kommissive (versprechen ankündigen drohen )Kommissive (versprechen, ankündigen, drohen, ...)

Kommissive Sprechakte haben die Funktion, den Sprecher auf p , peine zukünftige Handlung festzulegen.

Ich bin gleich zurückIch bin gleich zurück.Ich verspreche, das nicht wieder zu tun.

576SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 577: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Expressive (danken gratulieren sich entschuldigen )Expressive (danken, gratulieren, sich entschuldigen, ...)

Expressive Sprechakte haben die Funktion, zu einem p p ,Sachverhalt eine Einstellung zum Ausdruck zu bringen.

Es tut mir sehr leidEs tut mir sehr leid.Danke für das Kompliment.

577SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 578: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

GelingensbedingungenGelingensbedingungen

578SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 579: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bitte tue A!Bitte tue A!

EinleitungsbedingungenEinleitungsbedingungen

D S h l bt d d Hö A t kDer Sprecher glaubt, dass der Hörer A tun kann.Es ist nicht offensichtlich, dass der Hörer A tun würde ohne darum gebeten zu werdenwürde, ohne darum gebeten zu werden.

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Bitte tue A!Bitte tue A!

Bedingung des propositionalen GehaltsBedingung des propositionalen Gehalts

D Hö i d A tDer Hörer wird A tun.

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Page 581: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bitte tue A!Bitte tue A!

AufrichtigkeitsbedingungAufrichtigkeitsbedingung

D S h h t t t ä hli h d W h d d Der Sprecher hat tatsächlich den Wunsch, dass der Hörer A tut.

581SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 582: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bitte tue A!Bitte tue A!

Wesentliche BedingungWesentliche Bedingung

Di Ä ß d Bitt i t i V h d Hö Die Äußerung der Bitte ist ein Versuch, den Hörer dazu zu bringen, A zu tun.

582SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 583: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

BeispielDas geglückte VersprechenDas geglückte Versprechen

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Page 584: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Hiermit verspreche ich A zu tun “„Hiermit verspreche ich, A zu tun.

Wenn ein Sprecher S einen Satz T im Beisein eines Wenn ein Sprecher S einen Satz T im Beisein eines Hörers H äußert, dann verspricht er H, dass er A tun wird, gdw. die folgenden Bedingungen erfüllt sind:wird, gdw. die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

584SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 585: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

EinleitungsbedingungenEinleitungsbedingungen

generell: S und H sprechen die gleiche Sprache, sind nicht taub oder b t k d h d lt i h E hbetrunken und es handelt sich um Erwachsene.

spezifisch: Die Ausführung von A durch S ist für H positiver als die Unterlassung. # Ich verspreche dir, morgen Pilzsuppe zu kochen, obgleich ich weiß, dass du Pilze hasst.

spezifisch: Es ist nicht offensichtlich, dass S sowieso A ausführen würde. # Ich gehe jeden Tag zur Arbeit und verspreche, es morgen auch zu tun.

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Page 586: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bedingungen des propositionalen GehaltsBedingungen des propositionalen Gehalts

Mit der Äußerung von T drückt S die Proposition Mit der Äußerung von T drückt S die Proposition, dass p, aus.# Ich verspreche dir einen Klurks.

Indem S ausdrückt, dass p, sagt S eine zukünftige H dl A S Handlung A von S voraus.# Ich verspreche, dass ich gestern in Theater war.

586SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 587: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

AufrichtigkeitsbedingungAufrichtigkeitsbedingung

S beabsichtigt tatsächlich A zu tunS beabsichtigt tatsächlich, A zu tun.# Ich verspreche zu kommen, werde es aber nicht tun.

587SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 588: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wesentliche BedingungWesentliche Bedingung

Es liegt in der Absicht von S sich mit der Äußerung Es liegt in der Absicht von S, sich mit der Äußerung von T zur Ausführung von A zu verpflichten.# Ich verspreche den Kuchen zu backen habe aber # Ich verspreche, den Kuchen zu backen, habe aber nicht die Absicht es zu tun.

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Page 589: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

SonstigesSonstiges

S beabsichtigt dass H erkennt dass S mit der S beabsichtigt, dass H erkennt, dass S mit der Äußerung von T die Verpflichtung zur Ausführung von A übernimmt.von A übernimmt.

Ein Versprechen funktioniert nur wenn der Sprecher Ein Versprechen funktioniert nur, wenn der Sprecher denkt, dass der Hörer seine Äußerung überhaupt als ein Versprechen auffasst.

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Indirekte SprechakteIndirekte Sprechakte

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Ein indirekter Sprechakt liegt dann vor wenn in Ein indirekter Sprechakt liegt dann vor, wenn in einem nicht-neutralen Kontext auf das Vorliegen einer Illokution geschlossen wird, die von der im einer Illokution geschlossen wird, die von der im neutralen Kontext zu erwartenden Illokution abweicht.

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Page 592: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Äußerung ausgedrückterSprechakt

gemeinterSprechakt

Der Kleine hat in die Windeln geschissen. Deklarativ Aufforderung

Hier zieht es. Deklarativ Aufforderung

Kannst du mir das Salz reichen? Frage Bitte

Ist das denn realistisch? Frage Entgegnungg g g g

Verschwinde jetzt bitte aus dem Zimmer. Bitte Warnung

Ich verspreche dir dass du keinen Versprechen DrohungIch verspreche dir, dass du keinenNachtisch bekommst.

Versprechen Drohung

592SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Philosophische Fakultät Institut für Philosophie, Lehrstuhl für Theoretische Philosophie, Dr. Holm Bräuer

3. Erkenntnistheorie

593

Page 594: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

594SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 595: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wissen

praktisches Wissen propositionales Wissen Wissen, wie etwas ist(knowing how) (knowing that) (knowing how it is)

Fähigkeiten, Fertigkeiten theoretisch, Erkenntnisse Sinnesqualitäten, Eindrücke

Erkenntnistheorie Philosophie des Geistes

595SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Praktisches Wissen (Wissen wie)Praktisches Wissen (Wissen, wie)

Albert weiß wie man Posaune spieltAlbert weiß, wie man Posaune spielt.Hans und Maria wissen, wie man Fahrrad fährt.H l iß i Rüh i htHelena weiß, wie man Rührei macht.

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Praktisches Wissen besteht in einer praktischen Fertigkeit oder Praktisches Wissen besteht in einer praktischen Fertigkeit oder einem Können.

Es besitzt keinen „Inhalt“, d.h. es ist kein Wissen, dass sich etwas so-und-so verhält.

Wer weiß, wie man Fahrrad fährt, kann dieses Wissen nicht sprachlich ausdrücken, sondern nur dadurch zeigen, dass er Fahrrad fährt.

Dieser Typ von Wissen ist nicht Thema der Erkenntnistheorie

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Dieser Typ von Wissen ist nicht Thema der Erkenntnistheorie.

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Propositionales Wissen (Wissen dass)Propositionales Wissen (Wissen, dass)

Der Detektiv weiß dass der Gärtner der Mörder istDer Detektiv weiß, dass der Gärtner der Mörder ist.Maria wusste gestern nicht, dass heute schönes Wetter ist. Jetzt weiß sie es.Ich weiß, dass ich zwei Hände habe.

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Zuschreibungen des (theoretischen) Wissens haben Zuschreibungen des (theoretischen) Wissens haben die folgende Form:

S weiß, dass p.

wobei „S“ für eine bestimmte Person (oder irgendein Subjekt des Wissens) steht und „p“ für einen propositionalen Gehalt (den Inhalt des Satzes Der propositionalen Gehalt (den Inhalt des Satzes „Der Mörder ist der Gärtner.“ oder „Ich habe zwei Hände.“ usw.)

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Theoretisches Wissen ist immer ein Wissen das Theoretisches Wissen ist immer ein Wissen, das einen Inhalt hat. Man weiß, dass sich etwas so-und-so verhält.

Der Gegenstand der Erkenntnistheorie ist das iti l Wipropositionale Wissen.

Erkenntnis = propositionales WissenErkenntnis = propositionales Wissen

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Wissen wie etwas istWissen, wie etwas ist

Albert weiß wie eine Kiwi schmecktAlbert weiß, wie eine Kiwi schmeckt.Johanna weiß, wie es ist, wenn man einen Sonnenbrand hat.

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Gegen die Gleichsetzung des Wissens wie etwas ist“ mit dem Gegen die Gleichsetzung des „Wissens, wie etwas ist mit dem propositionalen Wissen sprechen zwei Argumente.

(1) A f die F age Wie ist es denn eine Ki i essen?“ gibt es (1) Auf die Frage „Wie ist es denn, eine Kiwi zu essen?“ gibt es keine befriedigende Antwort, die es Albert erübrigen würde, eine Kiwi zu kosten, um das zu wissen.

(2) Auch wenn man propositional von Kiwis alles weiß, weiß man dennoch nicht, wie eine Kiwi schmeckt, wenn man nie eine probiert hat. (Argument der Wissenslücke)

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Page 603: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bei dieser Art von Wissen handelt es sich weder um Bei dieser Art von Wissen handelt es sich weder um praktisches noch um propositionales Wissen.

Das Wissen, wie etwas ist, ist Gegenstand der Philosophie des Geistes (Qualiadebatte).

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Page 604: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

SkeptizismusSkeptizismusWas ist Wissen?Was ist Wahrheit?Worin besteht Rechtfertigung?Worin besteht Rechtfertigung?

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Skeptizismusp

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Philosophische Skepsis vs. AlltagsskepsisAlltagsskepsis

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Philosophische Skeptiker bestreiten oder bezweifeln Philosophische Skeptiker bestreiten oder bezweifeln, dass wir Wissen über die Welt haben oder haben können, aber:können, aber:

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Page 608: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Sie haben Gründe für ihren ZweifelSie haben Gründe für ihren Zweifel.

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Sie argumentieren für ihre Position und machen Sie argumentieren für ihre Position und machen dabei bewusst bestimmte Voraussetzungen.

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Sie erheben einen AllgemeinheitsanspruchSie erheben einen Allgemeinheitsanspruch.

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Der philosophische Skeptiker stellt die Möglichkeit Der philosophische Skeptiker stellt die Möglichkeit des Wissens über die Welt grundsätzlich in Frage.

Er argumentiert für diesen Zweifel, begründet diesen und ist sich der Voraussetzungen, die er dabei und ist sich der Voraussetzungen, die er dabei eingeht, durchaus bewusst.

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Irrtum und ZweifelIrrtum und Zweifel

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Page 613: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Irren ist menschlich!Irren ist menschlich!

Folgt aus der Tatsache dass ich mich manchmal Folgt aus der Tatsache, dass ich mich manchmal irre, die Möglichkeit, dass ich mich immer irre?

Vielleicht habe ich gar kein Wissen über die Welt um mich herum?

613SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 614: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bei der Feststellung dass wir uns manchmal irren Bei der Feststellung, dass wir uns manchmal irren, wird vorausgesetzt, dass man Irrtümer feststellenkann. Das aber setzt voraus, dass man sich nicht in

d h h kjeder Hinsicht täuschen kann.

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Page 615: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Feststellung eines Irrtums kann selber keinDie Feststellung eines Irrtums kann selber keinIrrtum sein, sonst wäre sie gerade nicht die Feststellung eines Irrtums.

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Wenn ich feststelle dass ich mich geirrt habe dann Wenn ich feststelle, dass ich mich geirrt habe, dann habe ich einen besonderen Grund, der gegen meine frühere Überzeugung spricht.

Gegen meine jetzige Überzeugung habe ich keinen ifi h G d I h h b k i G d i spezifischen Grund. Ich habe keinen Grund, sie

aufzugeben.

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Die Tatsache dass wir uns hin und wieder irren Die Tatsache, dass wir uns hin und wieder irren, sollte uns nicht beunruhigen und erst recht nicht zum Skeptiker werden lassen!

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Sekundäre QualitätenSekundäre Qualitäten

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Haben Gegenstände Farben?Haben Gegenstände Farben?

Wenn wir von den Farben sprechen, dann p ,geht es nur um die Wirkungen, die die Oberflächenstruktur eines Körpers unter bestimmten Umständen bestimmten Umständen (Lichtverhältnisse) für den menschlichen Betrachter hat.

John Locke

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Primäre Qualitäten: Eigenschaften die den Primäre Qualitäten: Eigenschaften, die den Gegenständen als solchen zukommen.

Sekundäre Qualitäten: Eigenschaften, die von unseren kognitiven und Wahrnehmungs-fähigkeitenunseren kognitiven und Wahrnehmungs fähigkeitenabhängig sind.

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Skeptische SchlussfolgerungSkeptische Schlussfolgerung

Wir nehmen die Welt nicht so wahr wie sie an sich Wir nehmen die Welt nicht so wahr, wie sie an sich beschaffen ist!

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Descartes´ TraumargumentDescartes Traumargument

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Prämisse: Wenn ich weiß dass ich jetzt eine

Rene Descartes

Prämisse: Wenn ich weiß, dass ich jetzt eine Vorlesung halte, dann weiß ich auch, dass ich jetzt nicht im Bett liege und bloß träume, dass ich eine nicht im Bett liege und bloß träume, dass ich eine Vorlesung halte.Prämisse: Ich weiß jetzt nicht, ob ich jetzt träume j , joder nicht.

modus tollens

Konklusion: Also weiß ich nicht, dass ich jetzt eine Vorlesung halte.

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Argument für die zweite Prämisse:Argument für die zweite Prämisse:

Prämisse: Um zu wissen, ob ich jetzt träume, müsste ich ein , j ,Kriterium besitzen, das es mir erlaubt, Traum von Wachheit zu unterscheiden.Prämisse: Ich kann kein solches Kriterium besitzen denn Prämisse: Ich kann kein solches Kriterium besitzen, denn immer wenn ich meine, ein brauchbares Kriterium anzuwenden, könnte es sein, dass ich bloß träume, dass ich ein brauchbares Kriterium anwende!Kriterium anwende!

Konklusion: Ich weiß jetzt nicht, ob ich träume oder wach bin!

modus tollens

624

Konklusion: Ich weiß jetzt nicht, ob ich träume oder wach bin!

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Descartes` AußenweltskepsisDescartes Außenweltskepsis

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HalluzinationenHalluzinationen

Wir alle wissen, dass Menschen unter bestimmten Umständen halluzinieren. Nach langer Arbeit an dieser Vorlesung sehe ich aus halluzinieren. Nach langer Arbeit an dieser Vorlesung sehe ich aus dem Fenster und erblicke einen rosa Elefanten auf der Straße. In Wirklichkeit ist kein Elefant in der Nähe. Auf der Straße ist nichts los.

In Fällen wie dem der Halluzination besteht die Täuschung darin, dass ich meine, dass meiner Vorstellung ein Gegenstand in der Welt (der rosa Elefant) entspricht.

Ich täusche mich aber nicht darin, dass ich meine, einen Elefanten zu sehen.

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Page 627: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wie kann ich wissen dass sich meine Vorstellungen Wie kann ich wissen, dass sich meine Vorstellungen auf etwas beziehen?

627SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 628: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ist es möglich dass ich nur meine Vorstellungen Ist es möglich, dass ich nur meine Vorstellungen besitze, denen „in Wirklichkeit“ nichts entspricht?

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Kann ich wirklich wissen dass es überhaupt eine Kann ich wirklich wissen, dass es überhaupt eine Welt jenseits oder außerhalb meiner Vorstellungen –eine Außenwelt – gibt?

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I am plagued by doubts What ifI am plagued by doubts. What ifeverything is an illusion andnothing exists? In that case, I definitely overpaid for my carpet.

Woody Allen: Selections from theAllen Notebooks

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Page 631: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Prämisse: Wenn ich etwas über irgendeinen Prämisse: Wenn ich etwas über irgendeinen Gegenstand der Außenwelt weiß, dann weiß ich auch, dass es eine Außenwelt gibt.auch, dass es eine Außenwelt gibt.Prämisse: Ich kann nicht wissen, dass es eine Außenwelt gibt.g

Konklusion: Ich kann über keinen Gegenstand der

modus tollens

gAußenwelt etwas wissen.

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Page 632: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wie das Traum-Argument endet auch das Außenwelt-Argument Wie das Traum-Argument endet auch das Außenwelt-Argument mit der Konklusion, dass ich kein empirisches Wissen über die Welt haben kann.

Das Außenwelt-Argument bestreitet eine der Voraussetzungen, welche beim Traum-Argument gemacht werden muss; dass es welche beim Traum Argument gemacht werden muss; dass es nämlich eine Außenwelt gibt.

Das Traum-Argument kann auch unter der Prämisse geführt werden, dass es eine Außenwelt gibt. Es handelt sich um zwei verschiedene Argumente.

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Page 633: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Putnam´s Gehirne im TankPutnam s Gehirne im Tank

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Page 634: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Stellen wir uns folgendes Szenario vor:

Hilary Putnam

Stellen wir uns folgendes Szenario vor:

Jemandem ist von einem übelwollenden Jemandem ist von einem übelwollenden Neurowissenschaftler das Gehirn entnommen worden.

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Page 635: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Um es am Leben zu erhalten hat dieser es in eine Um es am Leben zu erhalten, hat dieser es in eine Nährlösung gegeben. Die Nervenenden sind mit einem leistungsfähigen Computer verbunden

d d d h d d k dworden, der dem Gehirn den Eindruck erzeugt, dass alles wie immer und ganz normal sei.

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Page 636: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Gehirn hat also den Eindruck dass es von den Das Gehirn hat also den Eindruck, dass es von den vertrauten Gegenständen umgeben ist, während in Wirklichkeit dieser Eindruck nur von elektronischen

l h d d d hImpulsen ausgeht, die der Computer dem Gehirn sendet.

Es gibt kein Erlebnis, das der Computer dem Gehirn nicht „vorspielen“ kann.„ p

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Page 637: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Prämisse: Wenn ich irgendetwas über die Welt Prämisse: Wenn ich irgendetwas über die Welt weiß, dann weiß ich auch, dass ich kein Gehirn im Tank bin.Prämisse: Ich kann nicht wissen, ob ich ein Gehirn im Tank bin.

modus tollens

Konklusion: Ich kann nichts über die Welt wissen.

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Page 638: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Unsere epistemische SituationUnsere epistemische Situation

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Page 639: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die skeptischen Fragen sind Ausdruck des Versuchs Die skeptischen Fragen sind Ausdruck des Versuchs herauszufinden, ob wir uns überhaupt in einer epistemischen Situation befinden, die Wissen epistemischen Situation befinden, die Wissen möglich macht.

639SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 640: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der Skeptiker zeigt uns dass durchaus die Der Skeptiker zeigt uns, dass durchaus die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen ist, dass uns einige oder die meisten Aspekte unserer einige oder die meisten Aspekte unserer epistemischen Umgebung intransparent sind.

640SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 641: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein Träumer hat während er träumt nicht die Ein Träumer hat, während er träumt, nicht die Möglichkeit festzustellen, ob er träumt oder wach ist.

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Page 642: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wir haben keine (direkte) Möglichkeit festzustellen Wir haben keine (direkte) Möglichkeit festzustellen, ob unseren Vorstellungen tatsächlich Gegenstände entsprechen oder nicht, d.h. wir können die Existenz entsprechen oder nicht, d.h. wir können die Existenz der Außenwelt nur annehmen, nicht beweisen.

642SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 643: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wir haben keinen Grund zu der Annahme dass die Wir haben keinen Grund zu der Annahme, dass die Welt um uns herum so beschaffen ist, wie wir sie wahrnehmen, denn viele der Eigenschaften, die wir wahrnehmen, denn viele der Eigenschaften, die wir erkennen können, sind keine Eigenschaften der Dinge, sondern Eigenschaften, die von unserer sinnlichen und kognitiven Ausstattung abhängig sind.

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Page 644: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Was ist Wissen?

644SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 645: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Gestern wusste ich nicht wie heute das Wetter sein Gestern wusste ich nicht, wie heute das Wetter sein wird.

Heute weiß ich es.

645SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 646: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wir sind in der Lage Fälle des Wissens von Fällen Wir sind in der Lage, Fälle des Wissens von Fällen des Nicht-Wissens zu unterscheiden.

646SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 647: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wir können den Begriff des Wissens korrekt Wir können den Begriff des Wissens korrekt verwenden.

647SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 648: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wozu also diese Frage?Wozu also diese Frage?

Was ist das eigentlich für eine Frage?Was ist das eigentlich für eine Frage?

648SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 649: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

BegriffsanalyseNotwendige und hinreichendeBedingungenBedingungen

649SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 650: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

x ist ein Junggeselle gdw (1) x unverheiratet istx ist ein Junggeselle, gdw. (1) x unverheiratet ist(2) x männlich ist und(3) x die meisten Abende allein ( )verbringt.

Eine Bedingung ist nicht notwendigEine Bedingung ist nicht notwendig.

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Page 651: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Notwendige BedingungenNotwendige Bedingungen

sind diejenigen Bedingungen die für den … sind diejenigen Bedingungen, die für den fraglichen Begriff immer erfüllt sein müssen. (Von links nach rechts lesen!)links nach rechts lesen!)

Die dritte Bedingung ist nicht notwendig da es Die dritte Bedingung ist nicht notwendig, da es Junggesellen gibt, die die meisten Abende nicht allein verbringen (Partylöwen, die Single sind).

651SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 652: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

x ist ein Junggeselle gdw (1) x unverheiratet ist undx ist ein Junggeselle, gdw. (1) x unverheiratet ist und(2) x männlich ist.

Bedingungen sind zusammen nicht hinreichend.

652SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 653: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

HinreichendHinreichend

ist eine Menge von Bedingungen dann wenn sie … ist eine Menge von Bedingungen dann, wenn sie immer Fälle des fraglichen Begriffs sind. (Von rechts nach links lesen!)nach links lesen!)

Die beiden angeführten Merkmale sind zusammen Die beiden angeführten Merkmale sind zusammen nicht hinreichend, da es unverheiratete, männliche Wesen gibt, die keine Junggesellen sind (Knaben).

653SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 654: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

x ist ein Junggeselle gdw (1) x unverheiratet istx ist ein Junggeselle, gdw. (1) x unverheiratet ist(2) x männlich ist und(3) x im heiratsfähigem Alter ist.( ) g

Sind die Bedingungen im einzelnen notwendig und zusammen hinreichend um den fraglichen Begriff zu bestimmen?hinreichend, um den fraglichen Begriff zu bestimmen?

Falls ja, dann liegt eine korrekte Begriffsanalyse vor.Falls ja, dann liegt eine korrekte Begriffsanalyse vor.

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Page 655: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die traditionelle Konzeption des WissensWissens

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Page 656: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die für viele Jahrhunderte unbestrittene Definition Die für viele Jahrhunderte unbestrittene Definition des Wissens stammt aus der Antike, nämlich von Platon, und lautet:Platon, und lautet:

656SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 657: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wissen =Wissen =

wahre Irrtumwahre,gerechtfertigteM i

IrrtumZufall

Meinung Ignoranz

657SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 658: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

S weiß dass p gdw (1) S glaubt dass p;S weiß, dass p, gdw. (1) S glaubt, dass p;(2) p ist wahr;(3) S ist gerechtfertigt zu (3) S ist gerechtfertigt zu glauben, dass p.

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Page 659: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die erste Bedingung für Wissen verlangt das Haben Die erste Bedingung für Wissen verlangt das Haben einer Überzeugung. Wir lesen von links nach rechts:

Wenn S weiß, dass p, dann hat S die Überzeugung, dass p.

659SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Hans weiß dass Dresden südlich von Berlin liegt Hans weiß, dass Dresden südlich von Berlin liegt, aber er glaubt es nicht.

Wenn es möglich ist, dass dies wahr ist, dann wäre die erste Bedingung nicht notwendig.

Dies scheint nicht der Fall zu sein. Wissen ohne Überzeugung ist offenbar nicht möglichÜberzeugung ist offenbar nicht möglich.

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Page 661: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Haben einer Überzeugung entsprechenden Das Haben einer Überzeugung entsprechenden Inhalts ist eine notwendige Bedingung für Wissen!

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Page 662: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Überzeugungen allein sind nicht hinreichend für Überzeugungen allein sind nicht hinreichend für Wissen, denn Überzeugungen können wahr oder falsch sein. Und falsche Überzeugungen sind keine falsch sein. Und falsche Überzeugungen sind keine Fälle von Wissen!

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Page 663: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die zweite Bedingung für Wissen verlangt daher die Die zweite Bedingung für Wissen verlangt daher die Wahrheit der Überzeugung. Wir lesen wieder von links nach rechts:

Wenn S weiß, dass p, dann ist es wahr, dass p.

663SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 664: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Hans weiß dass Berlin südlich von Dresden liegtHans weiß, dass Berlin südlich von Dresden liegt.

Offenbar sind Falschheit und Wissen auch nicht Offenbar sind Falschheit und Wissen auch nicht miteinander vereinbar. Wenn etwas falsch ist, dann liegt kein Wissen vor.

664SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 665: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Auch die Wahrheit des Gewussten ist eine Auch die Wahrheit des Gewussten ist eine notwendige Bedingung für Wissen!

Wissen ist faktiv.

665SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 666: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ist das Haben einer wahren Überzeugung eineIst das Haben einer wahren Überzeugung einehinreichende Bedingung für Wissen?

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Hans bekommt ein Säckchen mit Murmeln Hans bekommt ein Säckchen mit Murmeln vorgesetzt. Er soll nun raten, wie viele Murmeln sich in dem Säckchen befinden. Nach einer Weile sagt er

“ d d k h ff b h„16“. Jetzt wird das Säckchen geöffnet, wobei sich herausstellt, dass es zufällig wirklich 16 Murmeln sind!sind!

Hans hatte also eine wahre Überzeugung über die g gAnzahl der Murmeln.

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Page 668: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wusste Hans wie viele Murmeln im Säckchen sind?Wusste Hans, wie viele Murmeln im Säckchen sind?

668SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 669: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Zufällig wahre Überzeugungen stellen kein Wissen Zufällig wahre Überzeugungen stellen kein Wissen dar.

Der Besitz einer wahren Überzeugung ist nicht hinreichend, um Wissen zu definieren.

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Page 670: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wir brauchen eine weitere notwendige Bedingung fürWir brauchen eine weitere notwendige Bedingung fürWissen.

Diese Bedingung muss es uns erlauben, zufälligwahre Überzeugungen von Wissen zu unterscheiden.wahre Überzeugungen von Wissen zu unterscheiden.

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Sokrates: die richtigen Vorstellungen sind eine schöne „Sokrates: ... die richtigen Vorstellungen sind eine schöne Sache, solange sie bleiben, und bewirken alles Gute; lange Zeit aber pflegen sie nicht zu bleiben, sondern gehen davon aus der Seele des Menschen so dass sie doch nicht iel e t sind bis Seele des Menschen, so dass sie doch nicht viel wert sind, bis man sie bindet durch Aufweisen ihrer Begründung. ... Nachdem sie aber gebunden werden, werden sie zuerst Erkenntnisse und dann auch bleibend. Und deshalb nun ist Erkenntnis höher zu schätzen als die richtige Vorstellung, und es unterscheidet sich eben durch das Gebundensein die Erkenntnis von der richtigen gVorstellung.“

Platon: Menon 97e 98a

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Platon: Menon 97e-98a

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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S weiß dass p gdw (1) S glaubt dass p;S weiß, dass p, gdw. (1) S glaubt, dass p;(2) p ist wahr;(3) S ist gerechtfertigt zu (3) S ist gerechtfertigt zu glauben, dass p.

672SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 673: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Handelt es sich bei der Rechtfertigung um eine Handelt es sich bei der Rechtfertigung um eine notwendige Bedingung für Wissen? Wir lesen wieder von links nach rechts:von links nach rechts:

Wenn S weiß, dass p, dann ist S‘s Überzeugung, Wenn S weiß, dass p, dann ist S s Überzeugung, dass p, gerechtfertigt.

673SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 674: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die dritte Bedingung wäre nicht notwendig wennDie dritte Bedingung wäre nicht notwendig, wennder folgende Fall vorkommen könnte:

S weiß, dass p, besitzt aber keinerlei Rechtfertigungdafür zu glauben, dass p.dafür zu glauben, dass p.

674SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 675: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Was auch immer im Einzelnen unter Was auch immer im Einzelnen unter „Rechtfertigung“ zu verstehen ist, lässt sich nicht leicht beantworten.

Dennoch: Die traditionelle Konzeption des Wissens l h htf ti t M i lä t i h als wahrer, gerechtfertigter Meinung lässt sich an

vielen Beispielen belegen.

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Page 676: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Maria weiß nur dann dass die Bibliothek sonntags Maria weiß nur dann, dass die Bibliothek sonntags geöffnet ist, wenn sie Gründe hat, das anzunehmen.

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Page 677: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eine Frau weiß dass sie schwanger ist nicht schon Eine Frau weiß, dass sie schwanger ist nicht schon, wenn sie es ahnt (und es zufällig stimmt), sondern erst dann, wenn sie gewisse Evidenzen dafür hat.

677SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 678: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein Mathematiker weiß erst dann dass ein Ein Mathematiker weiß erst dann, dass ein mathematischer Satz wahr ist, wenn er ihn beweisen kann und nicht schon, wenn er das nur vermutet d l boder glaubt.

678SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 679: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Hans weiß nicht wie viele Murmeln im Säckchen Hans weiß nicht, wie viele Murmeln im Säckchen sind, wenn er es nur rät.

Er weiß es erst dann, wenn er seine Vermutung stützen und begründen kann; wenn er

t h d A h lt kt h tentsprechende Anhaltspunkte hat.

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Edmund Gettiers ProblemEdmund Gettiers Problem

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Edmund Gettier

Ist gerechtfertigte wahre Meinung Wissen?“ (1963)

Schmidt und Müller bewerben sich auf dieselbe Stelle Schmidt hat aus glaubhafter Quelle erfahren

„Ist gerechtfertigte, wahre Meinung Wissen? (1963)

Stelle. Schmidt hat aus glaubhafter Quelle erfahren, dass sich die Firma für Müller entscheiden wird. Außerdem hat er zufällig gesehen, dass Müller zehn Außerdem hat er zufällig gesehen, dass Müller zehn Münzen in seiner Hosentasche hat.

Diese Daten rechtfertigen seine Annahme:

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Müller wird die Stelle bekommenMüller wird die Stelle bekommen.Rechtfertigung: vertrauenswürdiger Informant

Müller hat zehn Münzen in seiner Hosentasche. Rechtfertigung: eigene WahrnehmungRechtfertigung: eigene Wahrnehmung

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Aus diesen beiden gerechtfertigten ÜberzeugungenAus diesen beiden gerechtfertigten Überzeugungenfolgt …

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Derjenige der die Stelle bekommen wird hat zehn Derjenige, der die Stelle bekommen wird, hat zehn Münzen in der Hosentasche.

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Nun ereignen sich für Schmidt zwei unerwartete Nun ereignen sich für Schmidt zwei unerwartete Zufälle. Er selbst hat auch genau zehn Münzen in seiner Hosentasche und er selbst, nicht Müller, seiner Hosentasche und er selbst, nicht Müller, bekommt trotz gegenteiliger Vorinformation die Stelle.

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Schmidt hat eine wahre ÜberzeugungSchmidt hat eine wahre Überzeugung.

Derjenige der die Stelle bekommen wird hat zehn „Derjenige, der die Stelle bekommen wird, hat zehn Münzen in seiner Hosentasche.“

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Seine Überzeugung ist zudem gerechtfertigtSeine Überzeugung ist zudem gerechtfertigt.

Glaubhafte Quelle eigene Wahrnehmung logisches Glaubhafte Quelle, eigene Wahrnehmung, logisches Schließen

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Schmidt hat eine wahre und gerechtfertigte Schmidt hat eine wahre und gerechtfertigte Überzeugung.

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Wusste Schmidt wirklich was er glaubte?Wusste Schmidt wirklich, was er glaubte?

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ZusatzbedingungenZusatzbedingungen

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Schmidts Rechtfertigung beruhte auf der falschen Schmidts Rechtfertigung beruhte auf der falschen Prämisse, dass Müller die Stelle bekommt. Vielleicht sollten wir einfach falsche Überzeugungen als sollten wir einfach falsche Überzeugungen als Rechtfertigungsgründe ausschließen?

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S weiß dass p gdw (1) S glaubt dass p;S weiß, dass p, gdw. (1) S glaubt, dass p;(2) p ist wahr;(3) S ist gerechtfertigt zu (3) S ist gerechtfertigt zu glauben, dass p.(4) die rechtfertigenden (4) die rechtfertigenden Überzeugungen wahr sind.

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Problem: Scheunen AttrappenProblem: Scheunen-Attrappen

Angenommen Henry sehe bei einem Ausflug eine Angenommen Henry sehe bei einem Ausflug eine Scheune. Er hat gute Augen und keinen Grund seiner Wahrnehmung zu misstrauen. Weiterhin ist seiner Wahrnehmung zu misstrauen. Weiterhin ist seine Wahrnehmung korrekt: es handelt sich tatsächlich um eine Scheune. Aufgrund dessen

Ükommt er zu der Überzeugung, dass vor ihm eine Scheune steht.

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Henry hat eine wahre Überzeugung und kann dieseHenry hat eine wahre Überzeugung und kann diesedurch eine Wahrnehmung rechtfertigen, die selbstkorrekt ist.korrekt ist.

Alle vier Bedingungen sind erfüllt.Alle vier Bedingungen sind erfüllt.

Weiss Henry dass vor ihm eine Scheune steht?Weiss Henry, dass vor ihm eine Scheune steht?

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Angenommen in der Gegend in der sich Henry Angenommen, in der Gegend, in der sich Henry gerade auhält, wird – ohne dass er das wüßte – einFilm gedreht. Daher stehen sehr viele Scheunen-Film gedreht. Daher stehen sehr viele ScheunenAttrappen herum, die den echten Scheunen zumVerwechseln ähnlich sehen.

Die von Henry gesehene Scheune ist zufällig eineder wenigen echten Scheunen.

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Page 696: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Intuitiv würden wir diesen Fall nicht als ein Fall von Intuitiv würden wir diesen Fall nicht als ein Fall von wirklichem Wissen betrachten, denn Henrys Wahrnehmung ist nur zufälligerweise korrekt.Wahrnehmung ist nur zufälligerweise korrekt.

Hätte er eine Scheunenattrape gesehen, hätte erHätte er eine Scheunenattrape gesehen, hätte erauch diese für eine Scheune gehalten.

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Der eben konstruierte Fall beruhte darauf dass die Der eben konstruierte Fall beruhte darauf, dass die rechtfertigenden Gründe zwar wahr, aber nur zufällig wahr sind.zufällig wahr sind.

Dies weist darauf hin, dass die vierte Bedingung Dies weist darauf hin, dass die vierte Bedingung noch zu schwach war.

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Ein nichtzufälliger wahrer Grund für eine Ein nichtzufälliger wahrer Grund für eine Überzeugung liegt offensichtlich dann vor, wenn dieser selbst gerechtfertigt ist:dieser selbst gerechtfertigt ist:

S weiß, dass p, gdw. (1), (2), (3) undS weiß, dass p, gdw. (1), (2), (3) und(4) die Rechtfertiger wahr und gerechtfertigt sind.g g

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Das führt leider in einen infiniten RegressDas führt leider in einen infiniten Regress.

Die vierte Bedingung hat dieselbe Struktur wie die Die vierte Bedingung hat dieselbe Struktur wie die ersten drei Bedingungen. Wir könnten nun fragen, wie es um die rechtfertigenden Überzeugungen der wie es um die rechtfertigenden Überzeugungen der rechtfertigenden Überzeugungen steht usw. Das Problem verschiebt sich statt gelöst zu werden!

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internalistische Konzepte externalistische Konzepteinternalistische Konzepte externalistische Konzepte

S weiß, dass p, gdw. S weiß, dass p, gdw.(1) S glaubt dass p; (1) S glaubt dass p;(1) S glaubt, dass p; (1) S glaubt, dass p;(2) p ist wahr; und (2) p ist wahr; und(3) S ist gerechtfertigt, p zu glauben. (3) ???(4) ???(4) ???

700SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Externalistische KonzepteExternalistische Konzepte …

halten Rechtfertigung nicht für eine notwendige halten Rechtfertigung nicht für eine notwendige Bedingung des Wissens. Sie suchen diese durch eine andere zu ersetzen.

Sie versuchen also die Voraussetzung des „nicht zufällig Wahrseins“ anders zu bestimmenzufällig Wahrseins anders zu bestimmen.

701SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 702: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die kausale Konzeption des WissensDie kausale Konzeption des Wissens

702SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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S weiß dass p gdw (1) S glaubt dass p;

Alvin I. Goldman

S weiß, dass p, gdw. (1) S glaubt, dass p;(2) p ist wahr; und(3) S´ Üb d (3) S s Überzeugung wurde durch die Tatsache, dass p, verursachtverursacht.

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WahrnehmungswissenWahrnehmungswissen

Nehmen wir wieder Schmidt Im ersten Fall hatte er Nehmen wir wieder Schmidt. Im ersten Fall hatte er die wahre Überzeugung, dass derjenige, der die Stelle bekommt, zehn Münzen in seiner Hosentasche Stelle bekommt, zehn Münzen in seiner Hosentasche hat. Diese jedoch wurde nicht von seinen Evidenzen verursacht, sondern beruhte auf einem logischenSchluss, den Schmidt aus seinen Evidenzen zog. Die dritte Bedingung der kausalen Konzeption ist demnach nicht erfüllt gewesen

704

demnach nicht erfüllt gewesen.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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ProblemeProbleme

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ZukunftZukunft

Ich kann wissen dass das Wasser im Teekessel Ich kann wissen, dass das Wasser im Teekessel kochen wird, wenn ich diesen auf eine heiße Herdplatte stelle.

Man kann Wissen über zukünftige Tatsachen haben. Zukünftige Tatsachen können aber keine Ursachen Zukünftige Tatsachen können aber keine Ursachen für gegenwärtige Überzeugungen sein.

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DevianzDevianz

Die Verursachung der Überzeugung muss von der „richtigen A t“ seinArt“ sein.

Luise ist an Masern erkrankt. Die Masern haben zu einer zusätzlichen allergischen Reaktion geführt, welche die Ursache für die kleinen roten Flecken ist, welche in Luise die Überzeugung verursachen, dass sie Masern hat.Zwar ist die Tatsache, dass Luise Masern hat, die Ursache für Luises Überzeugung, dass sie Masern hat, aber hier würden wir nicht von Wissen sprechen. Die allergische Reaktion und ihre

707

Masernerkrankung sind zwei unterschiedliche Phänomene.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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S weiß dass p gdw (1) (2) undS weiß, dass p, gdw. (1), (2) und(3) S´s Überzeugung mit der Tatsache, dass p, in , p,angemessener Weise kausal verbunden ist.

Was genau besagt die Bedingung, dass es sich um eine angemessene kausale Verbindung handelt?eine angemessene kausale Verbindung handelt?

708SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Negative Tatsachen?Negative Tatsachen?

Ich weiß dass es in der Sahara keine Eisberge gibtIch weiß, dass es in der Sahara keine Eisberge gibt.

Gibt h ti T t h “ (d Gibt es auch „negative Tatsachen“ (das Nichtvorhandensein von Eisbergen in der Sahara), die die Ursache für meine Überzeugung sein die die Ursache für meine Überzeugung sein können, dass es keine Eisberge in der Sahara gibt?

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Mathematisches Wissen?Mathematisches Wissen?

Ich weiß dass 7+5 12 istIch weiß, dass 7+5=12 ist.

W l h T t h kö t U h fü di Welche Tatsachen könnten Ursache für dieses Wissen sein?

710SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 711: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Modales Wissen?Modales Wissen?

Ich weiß dass die Straßen nass wären falls es Ich weiß, dass die Straßen nass wären, falls es geregnet hätte.

Es gibt keine modalen Tatsachen. Es hat nicht geregnet Dass es hätte regnen können kann also geregnet. Dass es hätte regnen können, kann also nicht Ursache meiner Überzeugung sein.

711SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 712: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die reliabilistische Konzeption des WissensWissens

712SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 713: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Frank P. Ramsey1903-1930

S weiß, dass p, gdw. (1) S glaubt, dass p;(2) p wahr ist; und

1903 1930

(2) p wahr ist; und(3) S auf eine verlässliche Art und Weise zu seiner Art und Weise zu seiner Überzeugung p gelangt ist.

713SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 714: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Schmidt ging im ersten Gettier Fall von der falschen Schmidt ging im ersten Gettier-Fall von der falschen Information aus, dass Müller die Stelle bekommt.

Falschinformationen stellen keine verlässliche Weise des Erwerbs für eine Überzeugung dar.des Erwerbs für eine Überzeugung dar.

714SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 715: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Im Scheunen Attrappen Fall benutzte Henry zufällig Im Scheunen-Attrappen-Fall benutzte Henry zufällig wahren Wahrnehmungen als Basis des Überzeugungserwerbs.Überzeugungserwerbs.

Wer sich auf nur zufällig wahre Wahrnehmungen Wer sich auf nur zufällig wahre Wahrnehmungen verlässt, kommt nur selten auf wahre Meinungen.

715SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 716: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wenn mir eine Wahrsagerin prophezeien würde Wenn mir eine Wahrsagerin prophezeien würde, dass ich den Hauptgewinn bei einer Tombola ziehe und dies tatsächlich geschieht, dann kann man nicht und dies tatsächlich geschieht, dann kann man nicht sagen, ich wusste, dass ich gewinnen werde.

Wahrsagerei stellt keinen verlässlichen Prozess des Überzeugungserwerbs dar.

716SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 717: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die dritte Bedingung verlangt dass die Überzeugung Die dritte Bedingung verlangt, dass die Überzeugung durch eine verlässliche Methode zustande gekommen ist.

Doch welche Methode ist verlässlich?

717SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 718: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eine verlässliche Methode des Meinungserwerbs zeichnet sich Eine verlässliche Methode des Meinungserwerbs zeichnet sich dadurch aus, dass die Wahrscheinlichkeit, mit dieser Methode zu einer wahren Überzeugung zu kommen, hoch (nahe 1) ist.

Anzahl der mit einer Methodeerworbenen wahren Meinungen

Anzahl der Anwendungen der Methode0 < < 1Anzahl der Anwendungen der Methode

718SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 719: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Verlässlichkeit ist graduell und die Grenze zwischen Verlässlichkeit ist graduell und die Grenze zwischen verlässlichen Methoden und unverlässlichen Methoden ist vage.Methoden ist vage.

Es wird immer Fälle geben, bei denen nicht klar ist, Es wird immer Fälle geben, bei denen nicht klar ist, ob man eine Methode verlässlich nennen sollte oder nicht.

719SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 720: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Verlässlichkeit einer Methode des Die Verlässlichkeit einer Methode des Meinungserwerbs ist relativ zu einem gegebenen Zweck.

720SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 721: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wahrnehmung ohne technische HilfsmittelWahrnehmung ohne technische Hilfsmittel

ist eine verlässliche Methode wenn man an … ist eine verlässliche Methode, wenn man an Informationen über mittelgroße Gegenstände in der näheren Umgebung interessiert ist (z.B. ob jetzt ein i Stü k K id i li t)ein Stück Kreide vor mir liegt).

ist keine verlässliche Methode wenn wir etwas zur … ist keine verlässliche Methode, wenn wir etwas zur Mikrostruktur eines Metalls oder über die Oberfläche eines entfernten Planeten wissen möchten.

721SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 722: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wahrnehmung unter Zuhilfenahme komplizierterWahrnehmung unter Zuhilfenahme komplizierter Instrumente

ist eine e lässliche Methode enn es sich m Gegenstände … ist eine verlässliche Methode, wenn es sich um Gegenstände handelt, die nur durch den Gebrauch eines technischen Instruments (Mikroskop, Teleskop) wahrnehmbar sind.

… ist unverlässlich, wenn wir etwas von den mittelgroßen Gegenständen in unserer Umgebung wissen wollen (das Stück Kreide z.B.) oder wenn das Instrument selbst unzuverlässig arbeitet.

722SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 723: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

WahrnehmungWahrnehmung

Reliabel in Bezug auf Wissen von mittelgroßen Reliabel in Bezug auf Wissen von mittelgroßen Gegenständen in unserer unmittelbaren HandlungsumgebungHandlungsumgebung

723SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 724: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

WahrsagereiWahrsagerei

Im Allgemeinen nicht reliabelIm Allgemeinen nicht reliabel

724SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 725: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Schlussfolgern aus wahren PrämissenSchlussfolgern aus wahren Prämissen

Immer reliabelImmer reliabel

725SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 726: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Schlussfolgern aus falschen PrämissenSchlussfolgern aus falschen Prämissen

Nicht reliabelNicht reliabel

726SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 727: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Raten/Münze werfenRaten/Münze werfen

Nicht reliabelNicht reliabel

727SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 728: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ExpertenwissenExpertenwissen

Reliabel in Bezug auf das entsprechende FachgebietReliabel in Bezug auf das entsprechende Fachgebiet

728SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 729: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

AlltagserfahrungAlltagserfahrung

Reliabel in Bezug auf die entsprechenden Reliabel in Bezug auf die entsprechenden Alltagsthemen

729SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 730: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

TräumenTräumen

Nicht reliabelNicht reliabel

730SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 731: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ZeugenbefragungZeugenbefragung

Reliabilität abhängig von Umständen Reliabilität abhängig von Umständen (Glaubwürdigkeit etc.)

731SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 732: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

732SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 733: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Unbestimmtheit der MethodeUnbestimmtheit der Methode

733SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 734: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

734SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 735: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Anna sieht ein Flugzeug in weiter Ferne vorbei Anna sieht ein Flugzeug in weiter Ferne vorbei fliegen.

Weiß sie, dass ein Flugzeug vorbei fliegt?

735SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 736: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Visuelle Wahrnehmung mit bloßen Augen“ ist für Visuelle Wahrnehmung mit „bloßen Augen ist für diesen Fall normalerweise nicht zuverlässig, da das fragliche Objekt zu weit entfernt ist.

736SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 737: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

AberAber …

In vorliegenden Fall bestanden besondere In vorliegenden Fall bestanden besondere Umstände: die Sicht war außergewöhnlich klar; Anna hatte gerade Augentropfen genommen, die die F i ht tä k A b d Fernsicht verstärken; Anna war besonders aufmerksam usw.

Alles in allem können wir daher von einem zuverlässigen Wissenserwerb sprechen.

737SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 738: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wie sollen wir die angewandte Methode korrekt Wie sollen wir die angewandte Methode korrekt beschreiben?

738SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 739: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Maximal: Einbeziehung aller besonderen UmständeMaximal: Einbeziehung aller besonderen Umstände.

Das führt im Extremfall zu sehr detaillierten Das führt im Extremfall zu sehr detaillierten Beschreibungen von Einzelfällen. Einzelfälle aber haben keine probabilistischen Eigenschaften, d.h. es k i ht t d b di dt kann nicht gesagt werden, ob die angewandte Methode zuverlässig war.

739SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 740: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Minimal: Weglassung aller DetailsMinimal: Weglassung aller Details

Das führt allerdings zu einem unbrauchbaren Das führt allerdings zu einem unbrauchbaren Verhältnis zwischen Reliabilität und Wissen, und dann zu falschen Zuschreibungen von Wissen bzw. Ni ht iNichtwissen.

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Page 741: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

KontextualismusKontextualismus

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Page 742: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bert ist Laien Meteorologe Am Freitag Bert ist Laien-Meteorologe. Am Freitag Nachmittag schließt er aus der Art der Wolken, dem Westwind und noch Wolken, dem Westwind und noch einigem Anderen mehr darauf, dass es am Samstag regnen wird. Und Bert hat Recht: Am Samstag fällt der erwartete Regen. Als Laien-Meteorologe hat Bert eine reliable Methode der eine reliable Methode der Wetterprognose entwickelt. Er weiß, dass es am Samstag regnen wird.

742

dass es a Sa stag eg e d

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 743: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Erna ist professionelle MeteorologinErna ist professionelle Meteorologin.Erna stellt genau dieselben Überlegungen wie Bert an. Sie hat aber Überlegungen wie Bert an. Sie hat aber noch nicht die aktuellen Wetterdaten durchgesehen und antwortet am Freitag Nachmittag auf die Frage, ob sie schon sagen kann, ob es am Samstag regnen wird korrekt dass sie das noch nichtwird, korrekt, dass sie das noch nicht wüsste, da sie die entsprechenden Informationen noch nicht hat.

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o at o e oc c t at

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 744: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein und dieselbe Methode liefert in Bezug auf Berts Ein und dieselbe Methode liefert in Bezug auf Berts und Ernas Kontext unterschiedliche Ergebnisse hinsichtlich der Frage, ob Bert oder Erna wissen, hinsichtlich der Frage, ob Bert oder Erna wissen, dass es am Samstag regnen wird.

Die Standards einer professionellen Wettervorhersage sind anspruchsvoller als die einer Laienvorhersage.

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Page 745: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

S weiß dass p gdw (1) S glaubt dass p;S weiß, dass p, gdw. (1) S glaubt, dass p;(2) p ist wahr; und(3) S die im gegebenen (3) S die im gegebenen Kontext einschlägigen Standards erfüllt.Standards erfüllt.

745SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 746: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wodurch wird bestimmt was die einschlägigen Wodurch wird bestimmt, was die einschlägigen Standards sind?

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Page 747: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

KonventionenKonventionen

Es gibt keine von uns unabhängige Tatsache die Es gibt keine von uns unabhängige Tatsache, die den Standard für Wissen festlegt. Vielmehr legen wir ihn konventionell fest. Es gibt zum einen ihn konventionell fest. Es gibt zum einen Konventionen, die die professionellen Meteorologen untereinander teilen, zum anderen Konventionen, die die meteorologischen Laien im Alltag miteinander teilen.

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Page 748: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Zuschreibungen von Wissen hängen von den Zuschreibungen von Wissen hängen von den zugrundeliegenden Standards ab.

Die Auswahl eines Standards hängt vom Kontext ab.

Standards werden durch (implizite) Konventionen festgelegtfestgelegt.

748SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 749: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Was legt den Kontext fest?Was legt den Kontext fest?

749SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 750: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Erna sitzt am Freitag über ihren meteorologischen Erna sitzt am Freitag über ihren meteorologischen Daten und schaut aus dem Fenster. Sie kommt aufgrund ihrer Beobachtungen zu der (wahren) aufgrund ihrer Beobachtungen zu der (wahren) Überzeugung, dass es am Samstag regnen wird. Diese Überzeugung stellt Wissen dar, wenn wir Erna als Laien-Meteorologin betrachten; sie stellt kein Wissen dar, wenn wir Erna als professionelle Meteorologin betrachtenMeteorologin betrachten.

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Page 751: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

In welchem Kontext befindet Erna sich gerade?In welchem Kontext befindet Erna sich gerade?

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Page 752: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wissen ist relativ zu einem Zuschreiber d h Wissen ist relativ zu einem Zuschreiber, d.h. derjenigen Person, die beurteilen muss, in welchem Kontext sich jemand befindet, wenn er eine Kontext sich jemand befindet, wenn er eine Überzeugung erwirbt.

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Page 753: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Was der entsprechende Kontext ist hängt nicht von Was der entsprechende Kontext ist, hängt nicht von objektiven Merkmalen der Welt ab, sondern ist betrachterrelativ bzw. perspektivengebunden.betrachterrelativ bzw. perspektivengebunden.

753SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 754: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Relativität des WissensbegriffsDie Relativität des Wissensbegriffs

754SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 755: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Unter welchen Bedingungen gilt eine wahreUnter welchen Bedingungen gilt eine wahre Überzeugung als Wissen?

755SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 756: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

VerlässlichkeitVerlässlichkeit

Die Beurteilung der Verlässlichkeit des Die Beurteilung der Verlässlichkeit des Meinungserwerbs hängt davon ab, wie detailliert wir die verwendeten Methoden beschreiben.die verwendeten Methoden beschreiben.

756SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 757: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

StandardsStandards

Die Zuschreibung von Wissen ist abhängig von den Die Zuschreibung von Wissen ist abhängig von den zugrundegelegten Standards. Welchen Standard wir wählen, hängt davon ab, in welchem Kontext wir wählen, hängt davon ab, in welchem Kontext wir den Wissenserwerb betrachten.

757SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 758: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

KontextKontext

Die Wahl des Kontexts ist nicht objektiv sondern Die Wahl des Kontexts ist nicht objektiv, sondern perspektivengebunden.

758SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 759: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Sollten wir den Versuch einer reduktiven Definition Sollten wir den Versuch einer reduktiven Definition des Wissensbegriffs ganz aufgeben?

759SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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760SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Was ist Wahrheit?

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ϕιλοσοϕιαϕιλοσοϕια

ϕιλος = Freund / Liebhaber / Begehrender

σοϕια = Weisheit / Wissen / Sachkunde

Jemand der philosophiert“ (ein Philosoph) ist also dem Worte nachJemand, der „philosophiert (ein Philosoph) ist also dem Worte nach

… jemand, der das Wissen liebt j d d i h Weisheit b üht… jemand, der sich um Weisheit bemüht

… jemand, der Gefallen an sachkundigen Urteilen hat… jemand, der auf der Suche nach der Wahrheit ist

Sind wir alle schon Philosophen? Können wir nach Hause gehen?

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ϕιλοσοϕιαϕιλοσοϕια

ϕιλος = Freund / Liebhaber / Begehrender

σοϕια = Weisheit / Wissen / Sachkunde

Jemand der philosophiert“ (ein Philosoph) ist also dem Worte nachJemand, der „philosophiert (ein Philosoph) ist also dem Worte nach

… jemand, der das Wissen liebt

… jemand, der sich um Weisheit bemüht… jemand, der Gefallen an sachkundigen Urteilen hat… jemand, der auf der Suche nach der Wahrheit istj ,

Sind wir alle schon Philosophen? Können wir nach Hause gehen?

763SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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ϕιλοσοϕιαϕ ϕ

ϕιλος = Freund / Liebhaber / Begehrender

σοϕια = Weisheit / Wissen / Sachkunde

Jemand, der „philosophiert“ (ein Philosoph) ist also dem Worte nach

… jemand, der das Wissen liebt… jemand, der sich um Weisheit bemühtj ,… jemand, der Gefallen an sachkundigen Urteilen hat

… jemand, der auf der Suche nach der Wahrheit ist

Sind wir alle schon Philosophen? Können wir nach Hause gehen?

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Eigenschaften der WahrheitEigenschaften der Wahrheit

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unstrittigunstrittig

Objektivität: Wahr Sein“ vs Für Wahr Halten“Objektivität: „Wahr-Sein“ vs. „Für-Wahr-Halten“

Z itl i k it W h h it h t k i G hi ht Zeitlosigkeit: Wahrheit hat keine Geschichte, Glauben und Wissen hingegen schon.

Wahrheit ist sprachunabhängig und sprachübergreifend: Übersetzung

766

sprachübergreifend: Übersetzung.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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strittigstrittig

Transzendenz (Realismus): Wahrheit ist Transzendenz (Realismus): Wahrheit ist unabhängig von Erkennbarkeit. Definition der Wahrheit ≠ Kriterium der WahrheitWahrheit ≠ Kriterium der Wahrheit

Immanenz (Anti-Realismus): Wahrheit und Immanenz (Anti Realismus): Wahrheit und Erkenntnis sind untrennbar miteinander verbunden. Definition der Wahrheit = Kriterium der Wahrheit

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Eine Definition der Wahrheit gibt an was es heißt Eine Definition der Wahrheit gibt an, was es heißt, „wahr“ zu sein, was Wahrheit ist.

Ein Kriterium der Wahrheit dient dazu zu entscheiden, ob etwas wahr ist oder nicht, d.h. dazu, entscheiden, ob etwas wahr ist oder nicht, d.h. dazu, herauszufinden, was wahr ist und was nicht.

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WahrheitsträgerWahrheitsträger

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Sprachliche WahrheitsträgerSprachliche Wahrheitsträger

Sätze (abstrakte sprachliche Formen)Sätze (abstrakte sprachliche Formen)Äußerungen (konkrete sprachliche Handlungen)

Problem: Wahrheit ist sprachübergreifend

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Psychische WahrheitsträgerPsychische Wahrheitsträger

Urteile (konkrete psychische Ereignisse)Urteile (konkrete psychische Ereignisse)Überzeugungen (konkrete psychische Zustände)

Problem: Wahrheit ist objektiv und zeitlos.

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Abstrakte WahrheitsträgerAbstrakte Wahrheitsträger

Propositionen (abstrakte semantische Objekte)Propositionen (abstrakte semantische Objekte)

Problem: Zugang zu abstrakten Entitäten?g g

772SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Wahrheitstheorien: Was ist Wahrheit?Wahrheitstheorien: Was ist Wahrheit?

Korrespondenztheorien (Realismus)Korrespondenztheorien (Realismus)Etwas ist wahr, wenn es mit der Welt übereinstimmt.

Epistemische Theorien (Antirealismus)Et i t h i h i E k t iEtwas ist wahr, wenn es sich um eine Erkenntnishandelt, die bestimmten Bedingungen genügt.

773SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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KorrespondenztheorieKorrespondenztheorie

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Etwas ist wahr wenn es mit der Welt im Einklang stehtEtwas ist wahr, wenn es mit der Welt im Einklang steht.

Eine Satz ist wahr, gdw. es eine Tatsache gibt, mit der er übereinstimmt.

Was heißt „Übereinstimmung“ mit einer Tatsache? Lässt sich diese Redeweise noch weiter präzisieren?

Bildtheorie (Wittgenstein) Semantische Theorie (Tarski)

775SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Wittgensteins Bildtheorie derWahrheitWahrheit

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Page 777: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wittgensteins BildtheorieWittgensteins Bildtheorie

These: Der Satz ist ein „Bild“ der Tatsache.

Semantische Bedingung: Die Teilelemente eines Satzes stehen für entsprechende Teilelemente der Tatsachen.

Bedingung der Strukturgleichheit: Die Teilelemente eines Satzes sind untereinander genauso angeordnet wie die Teilelemente der Tatsache.

„Die Katze sitzt auf der Matte.“

di K t

Teilelemente der Tatsache.

die Katze

sitzt auf

der Matte

777SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Probleme der BildtheorieProbleme der Bildtheorie

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UniversalienproblemUniversalienproblem

Es ist umstritten dass es neben Einzelgegenständen Es ist umstritten, dass es neben Einzelgegenständen wie Katzen und Matten auch Universalien wie Eigenschaften oder Relationen (wie der des Auf-Eigenschaften oder Relationen (wie der des Aufetwas-Sitzens) gibt.

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Das Problem fehlender korrespondierender TatsachenDas Problem fehlender korrespondierender Tatsachen

Negative, wahre Sätze: „Bello sitzt nicht auf der Matte.“Existenzsätze: „Es gibt eine Katze, die auf der Matte sitzt.“Kontrafaktische Sätze: „Bello könnte auf der Matte sitzen.“Probabilistische Sätze: „Höchstwahrscheinlich sitzt die Katze auf „der Matte.“Mathematische Sätze: „2+2=4.“

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Das Slingshot-ArgumentAlonzo Church(1903-1995)

K d th i Sät k di it Korrespondenztheorie: Sätze korrespondieren mit Tatsachen.

Synonymiebedingung: Wenn zwei Sätze dasselbe bedeuten, dann korrespondieren sie mit derselben Tatsache.

Bildtheorie: Auch die Teilausdrücke eines Satzes stehen für etwas in der Welt (für Teile von Tatsachen).( )

Extensionalitätsbedingung: Wenn man einen Teilausdruck i S t d h i d b tit i t d fü d lb eines Satzes durch einen anderen substituiert, der für dasselbe

steht, dann korrespondiert der Satz, der sich daraus ergibt, mit derselben Tatsache wie der ursprüngliche Satz.

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Scott ist der Autor von WaverlyScott ist der Autor von Waverly.Substitution

Scott ist der, der 29 Waverly-Novellen geschrieben hat.SynonymieSynonymie

Die Anzahl von Scotts Waverly-Novellen ist 29.Substitution

Die Anzahl der Verwaltungsbezirke in Utah ist 29Die Anzahl der Verwaltungsbezirke in Utah ist 29.Synonymie

Utah hat 29 Verwaltungsbezirke.

Fazit: Jeder dieser Sätze bringt dieselbe Tatsache zum Ausdruck!

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Tarskis semantische Theorie derWahrheitWahrheit

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Alfred Tarski (1901-1983)

Tarski ist ein polnisch-amerikanischer Logiker. Er gilt als der Begründer der formalen Semantik („Modelltheorie“). Seine Arbeiten zum Problem der Definition der Wahrheit waren bahnbrechend und hatten einen großen Einfluss auf die Philosophie.

„Der Wahrheitsbegriff in den formalisierten Sprachen“ (1936); The Semantic Conception ofSprachen (1936); „The Semantic Conception ofTruth and the Foundations of Semantics“ (1944)

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Page 785: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Etwas ist wahr wenn es mit der Welt imEtwas ist wahr, wenn es mit der Welt im Einklang steht.

Ein Satz ist (genau) dann wahr, wenn es sich so verhält, wie der Satz sagt.

„x“ ist wahr in L, gdw. p

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T-Sätze x“ ist wahr in L gdw pT-Sätze „x ist wahr in L, gdw. p

Tarski ist der Auffassung dass eine Theorie der Wahrheit so Tarski ist der Auffassung, dass eine Theorie der Wahrheit so beschaffen sein muss, dass sich aus dieser Theorie Sätze der obigen Form ableiten lassen müsse.

„Grass is green“ ist wahr im Englischen, gdw. Gras grün ist.

„Neapel liegt südlich von Rom“ ist wahr im Deutschen, gdw. Neapel südlich von Rom liegt.

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Problem: ParadoxienProblem: Paradoxien

787SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Ist Wahrheit für eine natürliche Sprache überhaupt definierbar?Ist Wahrheit für eine natürliche Sprache überhaupt definierbar?

(W) Der Satz W ist nicht wahr.( )

Wenn W wahr ist, dann verhält es sich so, wie W sagt, d.h. W ist nicht wahr Demzufolge ist W genau dann wahr wenn W ist nicht wahr. Demzufolge ist W genau dann wahr, wenn W nicht wahr ist, was zu einem Widerspruch in unserer Wahrheitsdefinition führt!!

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Page 789: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Natürliche Sprachen wie das Deutsche oder Natürliche Sprachen wie das Deutsche oder Englische enthalten die Möglichkeit solcher Widersprüche.Widersprüche.

Tarski zieht die Konsequenz, dass der Tarski zieht die Konsequenz, dass der Wahrheitsbegriff für eine natürliche Sprache nicht definiert werden kann, sondern nur für sog. formale Sprachen, die selbst keine semantischen Ausdrücke wie „wahr“ oder „falsch“ enthalten.

789SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Objekt- und MetaspracheObjekt- und Metasprache

(1) „Grass is green“ ist wahr im Englischen gdw. Gras grün ist.

Objektsprache Metasprache

Objektsprache: Sprache, zu der der Satz gehört, über dessen Wahrheit wir reden (in unserem Beispiel das Englische)

Metasprache bzw. Theoriesprache: Sprache, in der wir die Wahrheitsdefinition geben (in unserem Beispiel das Deutsche)

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Die Gefahr korrekter aber inadäquater T-SätzeDie Gefahr korrekter, aber inadäquater T Sätze

(T) „x“ ist wahr in LO p

(T-1) „Gras ist grün“ ist wahr im Deutschen Schnee weiß ist.

(T-1) ist zwar wahr, weil beide Seiten des Konditionals wahr sind, aber nicht adäquat!

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Page 792: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Konvention T (Adäquatheitskriterium)Konvention T (Adäquatheitskriterium)

Eine Wahrheitsdefinition für eine Sprache LOEine Wahrheitsdefinition für eine Sprache LOimpliziert alle korrekten Sätze des Schemas

(T) „x“ ist wahr in LO p

so dass x ein Satz der Objektsprache LO und p eine Übersetzung von x in die Theoriesprache (Metasprache) ist

792

(Metasprache) ist.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 793: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wie sieht denn nun eine Wahrheitsdefinition aus?Wie sieht denn nun eine Wahrheitsdefinition aus?

(T-2) „Gras ist grün“ ist wahr im Deutschen, gdw. Gras grün ist.

Dieser T-Satz stellt eine adäquate Definition der Wahrheit für den deutschen Satz „Gras ist grün“ dar, denn „Gras ist grün“ (p) ist eine deutschen Satz „Gras ist grün dar, denn „Gras ist grün (p) ist eine Übersetzung von „‘Gras ist grün‘“ (x).

Das ist aber noch nicht das was wir eigentlich haben wollen: eine Das ist aber noch nicht das, was wir eigentlich haben wollen: eine allgemeine Definition des Wahrheitsbegriffs für alle Sätze der untersuchten Sprache.

793SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 794: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wir können nur sagen daß jede Äquivalenz der Form (T) die Wir können nur sagen, daß jede Äquivalenz der Form (T), die wir nach Ersetzung von ‚p‘ durch eine partikuläre Aussage und von ‚x‘ durch den Namen dieser Aussage erhalten, als eine pa tielle Definition de Wah heit bet achtet e den kann die partielle Definition der Wahrheit betrachtet werden kann, die erklärt, worin die Wahrheit dieser einen individuellen Aussage besteht. Die allgemeine Definition muß in einem gewissen Sinne die logische Konjunktion all dieser partiellen Definitionen sein.

Alfred Tarski, Die semantische Definition der Wahrheit und die Grundlagen der Semantik

794SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 795: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Rekursive DefinitionenRekursive Definitionen

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Page 796: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

atomare Sätze (Rekusionsanfang)

Falls S ein Satz der Form „F(a)“ in L ist, dann ist S in L wahr, gdw. das Individuum, welches a denotiert, Element der Klasse von Individuen ist welche F denotierenvon Individuen ist, welche F denotieren.

komplexe Sätze (Rekursionsschritt)

Falls S ein Satz der Form „G und H“ in L ist, dann ist S in L wahr, gdw. G wahr ist und H wahr ist.wahr, gdw. G wahr ist und H wahr ist.Falls S ein Satz der Form „G oder H“ in L ist, dann ist S in L wahr, gdw. G wahr ist oder H wahr ist.Falls S ein Satz der Form Für alle x Fx“ in L ist dann ist S in L Falls S ein Satz der Form „Für alle x, Fx in L ist, dann ist S in L wahr, gdw. F(i) für alle Belegungen i für die Variable x wahr ist.

Abschluss (Rekursionsabschluss)Nichts sonst ist wahr in L.

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ZusammenfassungZusammenfassung

(1)Welche Form muss eine Theorie der Wahrheit haben?Si Sät d F T li fSie muss Sätze der Form T liefern.

(2) Unter welchen Bedingungen ist eine Definition von „ist wahr in L“ adäquat?S b ld di K ti T füllt i tSobald die Konvention T erfüllt ist.

(3) Wie kann man praktisch eine allgemeine Definition dieser Art liefern?Durch eine induktive Definition, in der zuerst die Wahrheitsbedingungen für die Basissätze einer Sprache und danach aufbauend für alle anderen, komplexen Sätze dieser Sprache formuliert werden

797

formuliert werden.

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 798: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Redundanztheorie der WahrheitDie Redundanztheorie der Wahrheit

798SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 799: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Redundanztheorie der Wahrheit behauptet dass das Wort

F.P. Ramsey W.V.O. Quine

Die Redundanztheorie der Wahrheit behauptet, dass das Wort„wahr“ bzw. der Begriff der Wahrheit überflüssig, weilredundant ist:

„Gras ist grün“ ist wahr Gras ist grün.

Berechtigt uns das T-Schema dazu, jeden Satz der Form „p“ ist wahr durch einen Satz der Form p zu ersetzen? Und heißt das nicht dass wir jederzeit statt zu sagen ein Satz sei wahr das nicht, dass wir jederzeit, statt zu sagen, ein Satz sei wahr, das Wörtchen wahr streichen und den Satz einfach behaupten können?

799SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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ProblemeProbleme

VerallgemeinerungenVerallgemeinerungen

Alles, was der Papst sagt, ist wahr., p g ,

Negationeng

Es ist nicht wahr, dass Gras rot ist.

800SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 801: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Epistemische WahrheitstheorienEpistemische Wahrheitstheorien

801SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 802: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der Antirealist behauptet gegen die realistische Der Antirealist behauptet gegen die realistische Auffassung der Wahrheit, dass Wahrheit untrennbar mir Erkenntnis verbunden ist.mir Erkenntnis verbunden ist.

Diese Grundidee hat mehrere Ausformulierungen Diese Grundidee hat mehrere Ausformulierungen gefunden.

802SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 803: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Rationale Akzeptierbarkeit

Charles SandersPeirce

(1839-1914)Rationale Akzeptierbarkeit

Eine Proposition ist wahr, gdw. sie unter idealen oder optimalen Bedingungen von einer vollständig rationalen Person akzeptiertBedingungen von einer vollständig rationalen Person akzeptiert werden würde.

Wahr ist demzufolge das, was vollständig vernünftige Menschen nach Wahr ist demzufolge das, was vollständig vernünftige Menschen nach ausreichender Nachforschung für wahr halten.

Wahrheit übersteigt die Perspektive rationaler Personen grundsätzlich nicht.g p g

Wahrheit ist eine immanente Eigenschaft unserer sprachlichen Praxis.

803SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 804: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

804SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 805: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

IdealisierungenIdealisierungen

Da wir keine vollständig rationalen Personen sind und die Beding ngen a ch niemals ideal sind ist es f aglich ob i je Bedingungen auch niemals ideal sind, ist es fraglich, ob wir je herausfinden können, was eine vollständig rationale Person unter idealen Bedingungen akzeptieren würde.

Da wir dies aber herausfinden müssten, um den epistemisch verstandenen Wahrheitsbegriff überhaupt anwenden zu können, ist auch mehr als fraglich, ob wir den Wahrheitsbegriff überhaupt anwenden können.

805

Wir können ihn aber anwenden.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 806: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

AkzeptanzAkzeptanz

Wann kann man eine Überzeugung akzeptieren? Wenn sie a thentisch geä ße t de übe e gend ist on eine authentisch geäußert wurde … überzeugend ist … von einer Person mit fachlicher Autorität vorgebracht worden ist? Offensichtlich kann man etwas aus unterschiedlichen Gründen akzeptierenakzeptieren.

Der relevante Begriff der Akzeptanz hier muss lauten: Etwas als wahr akzeptieren.

Damit wird aber die gegebene Definition zirkulär.

806

Damit wird aber die gegebene Definition zirkulär.

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 807: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

RationalitätRationalität

Wann nennt man eine Person rational?

Wenn sie in ihrem Denken und Handeln Prinzipien folgt, die Wahrheit erhalten bzw. zur Wahrheit führen. Man kann also den Begriff der Rationalität nicht explizieren, ohne dabei den Begriff der Wahrheit zu verwenden.

Wieder droht ein Zirkel.

807SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 808: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

KonsenstheorieJürgen Habermas Karl Otto Apel

Konsenstheorie

Der Konsenstheorie zufolge ist wahr genau das, worauf sich alle einigen können:einigen können:

Eine Proposition ist wahr, gdw. sie unter idealen und optimalen Bedingungen für alle Mitglieder einer SprechergemeinschaftBedingungen für alle Mitglieder einer Sprechergemeinschaftrational akzeptierbar ist.

808SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 809: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

Die Probleme mit den Idealisierungen sowie der Bestimmung von Akzeptanz und Rationalität stellen sich hier erneut.

Zusätzlich fragt sich, warum Wahrheit eine soziale Zusätzlich fragt sich, warum Wahrheit eine soziale Angelegenheit sein soll. Bestätigt Konsens nicht bestenfalls manchmal (und bestimmt nicht immer) eine Wahrheit, anstatt sie allererst zu begründen?g

809SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 810: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Holismus/ KohärenztheorienB. Blanshard O. Neurath D. Davidson

Holismus/ Kohärenztheorien

Wenn wir uns fragen, ob ein Satz oder eine Überzeugung wahr g , g gist, haben wir dann nicht immer nur andere Sätze oder Überzeugungen, auf die wir uns dabei stützen können?

810SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 811: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der holistischen Position zufolge ist Wahrheit ein Merkmal dass Der holistischen Position zufolge ist Wahrheit ein Merkmal, dass nicht einem einzelnen Satz, sondern einem ganzen System von Sätzen zukommt.

Aber unter welchen Umständen?

ÜEine Überzeugung ist wahr, gdw. sie ein Element in einem kohärenten System von Überzeugungen ist.

811SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 812: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

KohärenzKohärenz

(1) Die Überzeugungen müssen logisch konsistent und dürfen nicht ide sp üchlich seinnicht widersprüchlich sein.

(2) Die Überzeugungen müssen untereinander in einem ( ) g gSchlussfolgerungs-, Rechtfertigungs- und Erklärungszusammenhang stehen.

812SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 813: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

813SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 814: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

AlternativsystemeAlternativsysteme

Zu jedem kohärenten System von Überzeugungen Zu jedem kohärenten System von Überzeugungen gibt es mindestens ein anderes, ebenfalls kohärentes System von Überzeugungen derart, dass beide S t i h iti l i h hli ßSysteme sich gegenseitig logisch ausschließen.

814SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 815: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

AlternativsystemeAlternativsysteme

Man kann kohärente Märchen erzählen Man kann Man kann kohärente Märchen erzählen. Man kann überhaupt irgendein beliebiges kohärentes System von Überzeugungen konstruieren, das nichts mit

Wi kli hk it i h b unserer Wirklichkeit gemein haben muss.

815SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 816: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

HolismusHolismus

Eine Überzeugung allein kann gemäß der Eine Überzeugung allein kann gemäß der Kohärenztheorie weder wahr noch falsch sein; sie muss immer in Bezug auf ein System von Üb f ih W h h it/F l hh it Überzeugungen auf ihre Wahrheit/Falschheit beurteilt werden.

Das ist eine kontraintuitive These.

816SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 817: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

DefinitionszirkelDefinitionszirkel

Wie kann man erklären was mit logischer Wie kann man erklären, was mit logischer Konsistenz, Schlussfolgerung oder Erklärunggemeint ist, ohne dabei schon den Begriff der W h h it i A h h ?Wahrheit in Anspruch zu nehmen?

Das ist zirkulärDas ist zirkulär.

817SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 818: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Theorie der rationalen Akzeptierbarkeit

Eine Proposition ist wahr, gdw. sie unter idealen oder optimalen Bedingungen von einer vollständig rationalen Person akzeptiert Bedingungen von einer vollständig rationalen Person akzeptiert werden würde.

Konsenstheorie

Eine Proposition ist wahr, gdw. sie unter idealen oder optimalen Bedingungen für alle Mitglieder einer Sprechergemeinschaft rational akzeptierbar ist.p

Holismus/ Kohärenztheorie

Eine Überzeugung ist wahr, gdw. sie ein Element in einem kohärenten System von Überzeugungen ist

818

kohärenten System von Überzeugungen ist.

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 819: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Worin bestehtWorin bestehtRechtfertigung?g g

819SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 820: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die fallibilistische Auffassung derDie fallibilistische Auffassung der Rechtfertigung

Rechtfertigung ist ein Mittel, um wahre Überzeugungen zu erzielen.

Rechtfertigung ist damit definiert als:

… ein geeignetes Mittel zur Erzielung wahrer Überzeugungen… ein geeignetes Mittel zur Erzielung wahrer Überzeugungen

820SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 821: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Gute oder geeignete Mittel müssen nicht erfolgsgarantierend Gute oder geeignete Mittel müssen nicht erfolgsgarantierend sein. Es genügt, wenn sie den Erfolg wahrscheinlich machen. Die Definition der Rechtfertigung schließt daher deren Fehlba keit nd Anfechtba keit nicht a s!Fehlbarkeit und Anfechtbarkeit nicht aus!

Es gibt Überzeugungen, die gerechtfertigt und trotzdemEs gibt Überzeugungen, die gerechtfertigt und trotzdem falsch sind!

ÜEs gibt Überzeugungen, die ungerechtfertigt und trotzdem wahr sind!

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Page 822: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eigenschaften der RechtfertigungEigenschaften der Rechtfertigung

822SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 823: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ZeitrelativitätZeitrelativität

Jede Rechtfertigung für eine Überzeugung kann Jede Rechtfertigung für eine Überzeugung kann durch den Erwerb zusätzlicher Informationen zu einem späteren Zeitpunkt aufgehoben werden.

823SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 824: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

PersonenrelativitätPersonenrelativität

Zwei Personen können zwar dieselbe Überzeugung Zwei Personen können zwar dieselbe Überzeugung besitzen, es ist aber nicht (noch nicht einmal meistens) so, dass beider Überzeugung l i h ß htf ti t i t!gleichermaßen gerechtfertigt ist!

824SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 825: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Rechtfertigung ist evaluativRechtfertigung ist evaluativ

Gerechtfertigt ist jemand wenn er gute Gründe für Gerechtfertigt ist jemand, wenn er gute Gründe für seine Überzeugungen besitzt.

825SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 826: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Rechtfertigung ist graduellRechtfertigung ist graduell

Jemand kann für seine Meinung schwache oder Jemand kann für seine Meinung schwache oder starke Gründe haben, er kann diese durch zusätzliche Belege verstärken oder abschwächen.

826SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 827: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Definition der RechtfertigungDefinition der Rechtfertigung

827SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 828: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eine Person S ist gerechtfertigt zu glauben, dass p, gdw.(1) S Gründe für seine Meinung hat;(1) S Gründe für seine Meinung hat;(2) die Gründe seine Meinung stützen;(3) die Gründe adäquat sind.

(1) Die Rechtfertigung einer Überzeugung setzt voraus dass es

William P. Alston

(1) Die Rechtfertigung einer Überzeugung setzt voraus, dass es „Rechtfertiger“ für diese Überzeugung, d. h. Gründe für sie gibt.

(2) Die Gründe müssen Gründe für die zu rechtfertigende (2) Die Gründe müssen Gründe für die zu rechtfertigende Überzeugung sein. Überzeugungen und Gründe dürfen in keinem beliebigen Verhältnis zueinander stehen, d.h. die Gründe müssen die Überzeugung tatsächlich stützenÜberzeugung tatsächlich stützen.

(3) Gründe können eine Überzeugung nur dann rechtfertigen, wenn es i ht bl ß i d l h G ü d fü di M i d nicht bloß irgendwelche Gründe für die Meinung, sondern nur wenn es

gute Gründe sind.

828SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 829: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Unter welchen Umständen stützenUnter welchen Umständen stützen bestimmte Gründe eine bestimmte Meinung?Meinung?

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Irene glaubt dass es draußen regnet Sie hört den Regen auf Irene glaubt, dass es draußen regnet. Sie hört den Regen auf das Vordach ihrer Veranda tropfen. Sie hätte damit einen exzellenten (adäquaten) Grund für ihre Meinung.

Allerdings ist Irene unaufmerksam. Sie ist abgelenkt. Sie glaubt, dass es regnet, weil sie es in der lokalen Wettervorhersage gehört hat Die Wettervorhersage aber ist in Wettervorhersage gehört hat. Die Wettervorhersage aber ist in ihren Breiten normalerweise sehr unzuverlässig und kommt daher nicht als adäquater Grund für ihre Meinung infrage.

Ist Irenes Meinung gerechtfertigt?

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Wettervorhersage Regen auf VordachWettervorhersage Regen auf Vordach

Es regnet!

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Irene hat eine Überzeugung und einen adäquaten Grund für diese: ihre Wahrnehmung der Grund für diese: ihre Wahrnehmung der Regentropfen auf dem Verandadach.

Der Grund stützt auch ihre Meinung. Das Hören von Regengeräuschen ist ein guter Indikator für die b ff d Übbetreffende Überzeugung.

Irene hat jedoch ihre Überzeugung nicht weil sie Irene hat jedoch ihre Überzeugung nicht, weil sie diesen guten Grund hat, sondern weil sie die Wettervorhersage gehört hat, die ein schlechter g g ,Grund für ihre Überzeugung ist.

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Damit eine Meinung gerechtfertigt ist muss man für Damit eine Meinung gerechtfertigt ist, muss man für diese Meinung nicht nur gute und stützende Gründe haben.

Man muss selbst Grund zu der Annahme haben, dass di G ü d di M i tütdiese Gründe die Meinung stützen.

Man muss beides (richtig) miteinander in Verbindung Man muss beides (richtig) miteinander in Verbindung bringen!

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Die Bedingungen sind nicht hinreichend. Was ist zu tun? Müssen wir die zweite Bedingung weiter einschränken um Fälle Müssen wir die zweite Bedingung weiter einschränken, um Fälle wie den von Irene auszuschließen?

Eine Person S ist gerechtfertigt zu glauben, dass p, gdw.(1) S Gründe für seine Meinung hat;(2) di G ü d i M i tüt(2) die Gründe seine Meinung stützen;(3) die Gründe adäquat sind;und(4) S gerechtfertigt ist zu glauben, dass die(4) S gerechtfertigt ist zu glauben, dass die

Stützungsbeziehung besteht.

Diese Definition ist entweder zirkulär („gerechtfertigt“ im Definiens) oder führt in einen infiniten Regress von sich aufstufenden Rechtfertigungen (wann ist S gerechtfertigt, zu aufstufenden Rechtfertigungen (wann ist S gerechtfertigt, zu glauben, dass p? usw.).

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Die kausale Analyse der Stützungsbeziehung

A.I.Goldman W.P. Alston

Die kausale Analyse der Stützungsbeziehung

Wir bemerken dass Ernies Auto nicht vor dem Haus Wir bemerken, dass Ernies Auto nicht vor dem Haus steht; dass das Licht in seiner Wohnung aus ist usw. Wir schließen daraus, dass Ernie nicht zuhause ist, ohne überhaupt daran zu denken, welche Überzeugungen wir haben und ob die eine die andere stütztandere stützt.Dennoch können wir in unserer Auffassung gerechtfertigt sein

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gerechtfertigt sein.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Das Haben gerechtfertigter Überzeugungen setzt keine Das Haben gerechtfertigter Überzeugungen setzt keine Metaüberzeugungen sowie deren Beziehungen untereinander voraus. Da aber dennoch eine „Verbindung“ zwischenRechtfe tige nd Ge echtfe tigtem bestehen m ss liegt Rechtfertiger und Gerechtfertigtem bestehen muss, liegt folgende alternative Erklärung nahe:

Eine Person S ist gerechtfertigt zu glauben, dass p, gdw.(1) S Gründe für seine Meinung hat;(2) die Gründe seine Meinung stützen;(3) die Gründe adäquat sind; und(4) die Gründe die Überzeugung verursachen

836

(4) die Gründe die Überzeugung verursachen.

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Externalismus Internalismus

Die Rechtfertigung muss einer Person selbst nicht kognitiv

Rechtfertigung setzt kognitive Zugänglichkeit vorausPerson selbst nicht kognitiv

zugänglich sein.

Eine Überzeugung kann

Zugänglichkeit voraus.

Eine Überzeugung ist nur dann gerechtfertigt, wenn man sie Eine Überzeugung kann

gerechtfertigt sein, ohne dass die Person die Überzeugung rechtfertigen bzw. begründen kann.

gerechtfertigt, wenn man sie tatsächlich rechtfertigen bzw. begründen kann.

Epistemische Rechte ohne episte-mische Pflichten sind möglich.

Keine epistemischen Rechte ohne epistemische Pflichten.

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Welche Gründe sind adäquat (angemessen, gut)?(angemessen, gut)?

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Page 839: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein Kommissar ist mit der U h i M df llUntersuchung eines Mordfalls beschäftigt. Er glaubt, dass der Koch den Grafen umgebracht hatKoch den Grafen umgebracht hat. Die Begründung dieser Annahme liegt für ihn darin, dass es nur drei g ,weitere mögliche Täter gibt, nämlich den Fahrer, den Butler

d d Gä t d ll d iund den Gärtner, dass alle drei handfeste Alibis haben und dass kein Zweifel daran bestehen kannkein Zweifel daran bestehen kann, dass der Graf tatsächlich umgebracht worden ist und nicht gSelbstmord beging oder eines natürlichen Todes starb.

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Sind diese Gründe gute Gründe für die Überzeugung dass der Sind diese Gründe gute Gründe für die Überzeugung, dass der Koch den Grafen umgebracht hat?

Ist die Annahme, dass es nur drei weitere mögliche Täter gibt, gerechtfertigt?Ist die Annahme dass die Alibis der anderen wasserdicht sind Ist die Annahme, dass die Alibis der anderen wasserdicht sind, selbst wasserdicht?Sind die Annahmen, dass der Koch kein gutes Alibi hat und der Graf tatsächlich umgebracht worden ist, gut begründet?

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Das RechtfertigungstrilemmaDas Rechtfertigungstrilemma

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Eine gerechtfertigte Überzeugung setzt voraus, dass es für diese Überzeugung einen Grund G1 gibt:Überzeugung einen Grund G1 gibt:

Überzeugung Grund1

Ob dieser Grund auch adäquat ist, hängt davon ab, ob er sich selbst wieder rechtfertigen lässt:

Grund1 Grund2

Entscheidend ist, dass Ü ⇒ G1 nur dann gilt, wenn G1 ⇒ G2

ÜÜberzeugung Grund1 Grund2

Welche Implikationen hat das?

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Infiniter RegressInfiniter Regress

Ü G1 G2 G3Ü G1 G2 G3 ...

Ein infiniter Regress von Gründen ist inakzeptabel, g p ,weil Menschen endliche Wesen sind und keine unendliche Anzahl von Überzeugungen haben könnenkönnen.

843SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Dogmatischer AbbruchDogmatischer Abbruch

Ü G1 G2 G3Ü G1 G2 G3

Ein letzter Grund (ein Regress-Stopper) kann nur ( g pp )wieder eine Überzeugung sein und es ist dogmatisch, an einer bestimmten Stelle mit dem Begründen aufzuhörenBegründen aufzuhören.

844SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Circulus VitiosusCirculus Vitiosus

Ü G1 G2 G3 ÜÜ G1 G2 G3 Ü

Der Begründungszirkel führt zu einer sich selbst g gbegründenden Meinung und macht das Rechtfertigen überflüssig.

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Page 846: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wann ist ein Grund gut?Wann ist ein Grund gut?

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FundamentalismusFundamentalismus

Es gibt ausgezeichnete Typen von Überzeugungen (Regress-Es gibt ausgezeichnete Typen von Überzeugungen (RegressStopper), die keiner weiteren Begründung bedürfen.

„Dogmen sind nicht immer schlecht.“

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KohärentismusKohärentismus

Ein Rechtfertigungszirkel kann vermieden werden, wenn wir Ein Rechtfertigungszirkel kann vermieden werden, wenn wir unsere Überzeugungen und ihre Gründe vor dem Hintergrund eines ganzen Systems von Überzeugungen – vor dem Hintergrund einer Theorie – betrachtenHintergrund einer Theorie – betrachten.

„Ein Rechtfertigungszirkel ist nicht immer schlecht.“g g

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KontextualismusKontextualismus

Es gibt keinen wirklichen infiniten Regress des Es gibt keinen wirklichen infiniten Regress des Rechtfertigens. In der Praxis hängt es vom Kontext und unseren Konventionen ab, welche Gründe wir für adäquat haltenhalten.

„Es gibt zwar theoretisch einen infiniten Regress, aber nicht g gfaktisch.“

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Argumente für den FundamentalismusFundamentalismus

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GewissheitsargumentGewissheitsargument

Wissen und Rechtfertigung erfordern Unfehlbarkeit. Unfehlba keit ist n möglich enn es basale Mein ngen gibtUnfehlbarkeit ist nur möglich, wenn es basale Meinungen gibt.

Für Wissen ist keine starke Infallibilität erforderlich. Rechtfertigung erfordert nur Wahrscheinlichkeit der Wahrheit.

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RegressargumentRegressargument

Da es Rechtfertigung wirklich gibt und diese weder durch einen Zi kel noch d ch einen infiniten Reg ess möglich ä e m ss Zirkel, noch durch einen infiniten Regress möglich wäre, muss es basale Meinungen geben.

Es könnte sein, dass wir im Alltag die Rechtfertigung an irgendeiner Stelle tatsächlich abbrechen und nicht weiterfragen. g gWir müssen dabei zu keinen basalen Meinungen gelangen.

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IsolationsargumentIsolationsargument

Wir besitzen empirisches Wissen. Nur wenn es unmittelbar d ch die E fah ng ge echtfe tigte basale Mein ngen gibt durch die Erfahrung gerechtfertigte, basale Meinungen gibt, kann man dieses überhaupt erlangen.

Meinungen über empirische Tatsachen sind zwar basal, aber nicht unrevidierbar oder infallibel.

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Typen des FundamentalismusTypen des Fundamentalismus

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Intuitionistischer FundamentalismusIntuitionistischer Fundamentalismus

Die Basis der Rechtfertigung bilden selbstevidente Meinungen, die nmittelba einle chtend nd nicht sinn oll an eifelba die unmittelbar einleuchtend und nicht sinnvoll anzweifelbar sind.

Die Wissenschaftsgeschichte liefert jede Menge Beispielmaterial dafür, dass auch scheinbar selbstevidente Meinungen widerlegt , g gworden sind. (Beispiel: Bewegung der Sonne um die Erde)

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Doxastischer FundamentalismusDoxastischer Fundamentalismus

Die Basis der Rechtfertigung bilden Meinungen über die eigenen mentalen Z ständementalen Zustände.

Lernen wir nicht zuerst, über die Welt zu urteilen, und dann erst über unser Erleben der Welt?Überzeugungen über die eigenen mentalen Zustände allein Überzeugungen über die eigenen mentalen Zustände allein können keine Überzeugungen über etwas anderes (die Welt) rechtfertigen. Es entsteht ein „Außenwelt-Problem“.

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Empiristischer FundamentalimusEmpiristischer Fundamentalimus

Die Rechtfertigung hat ihr Fundament im „Gegebenen“, d.h. den nmittelba en E fah ngen die i machenden unmittelbaren Erfahrungen, die wir machen.

Das „Gegebene“ ist keine Überzeugung, sondern eine Art unmittelbares Erlebnis.Ein Erlebnis als solches aber kann nichts rechtfertigen denn Ein Erlebnis als solches aber kann nichts rechtfertigen, denn nur die Überzeugungen, die ich mir aufgrund dieses Erlebnisses bilde, können Gründe für Meinungen sein.

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KohärentismusKohärentismus

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Die wichtigste Alternative zum Fundamentalismus besteht darin, Rechtfertigungsbeziehungen zwischen allen Überzeugungen eines Überzeugungssystems anzunehmen und die Möglichkeit eines Fundaments anzunehmen und die Möglichkeit eines Fundaments der Rechtfertigung zurückzuweisen.

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Wie Schiffer sind wir, die ihr Schiff f ff S b ü auf offener See umbauen müssen,

ohne es jemals in einem Dock zerlegen und aus besten zerlegen und aus besten Bestandteilen neu errichten zu können.

Otto Neurath, 1932/33, /

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Eigenschaften der KohärenzEigenschaften der Kohärenz

logische Konsistenz (Widerspruchsfreiheit)g ( p )

inferentielle Beziehungen (Prämissen – Konklusionen)

explanatorische Beziehungen (Annahme – Begründung)

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ProblemeProbleme

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Der RelativismuseinwandDer Relativismuseinwand

Wer es ernst meint mit der Kohärenz als alleiniges Kriterium „Wer es ernst meint mit der Kohärenz als alleiniges Kriterium der Wahrheit, muss beliebig erdichtete Märchen für ebenso wahr halten wie einen historischen Bericht oder Sätze in einem L h b h d Ch i di Mä h t f d Lehrbuch der Chemie, wenn nur die Märchen so gut erfunden sind, dass nirgends ein Widerspruch auftritt.“

Moritz Schlick, 1934

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Der IsolationseinwandDer Isolationseinwand

Die anderen können nicht etwa einwenden dass dieses „Die anderen können ... nicht etwa einwenden, dass dieses Verfahren den Beobachtungen widerstreite, denn nach der Kohärenzlehre kommt es auf irgendwelche ‚Beobachtungen‘ gar i ht d ll i f di V t ä li hk it d A “nicht an, sondern allein auf die Verträglichkeit der Aussagen.“

Moritz Schlick, 1934Moritz Schlick, 1934

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Page 865: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Konsistenz und KomplexitätKonsistenz und Komplexität

Konsistenz ist eine zu starke Eigenschaft da bereits durch eine Konsistenz ist eine zu starke Eigenschaft, da bereits durch eine einzige Inkonsistenz im Meinungssystem die Kohärenz des Gesamtsystems gestört werden kann. In der Regel sind die

i t l d i hh lti Wi t d meisten realen und reichhaltigen Wissenssysteme oder Datenbanken irgendwo inkonsistent.

Die Kohärenz eines umfangreichen Meinungssystems ist eine so komplexe Eigenschaft, dass wir sie in der Regel gar nicht erfassen geschweige denn beweisen können

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erfassen, geschweige denn beweisen können.

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Ausweg: negativer“ KohärentismusAusweg: „negativer Kohärentismus

Kohärenz ist keine Quelle der RechtfertigungKohärenz ist keine Quelle der Rechtfertigung.

Ab I k hä i t i G d R i i d Aber Inkohärenz ist ein Grund zur Revision oder Korrektur von ehemals gerechtfertigten Meinungen.

866SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 867: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

KontextualismusKontextualismus

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Page 868: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ob ein Grund eine Überzeugung rechtfertigt und wie

Keith DeRose

Ob ein Grund eine Überzeugung rechtfertigt und wie stark diese Rechtfertigung ist, hängt vom Kontext ab und variiert mit dem Kontext.

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Page 869: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Was ein Grund ist und wie gut ein Grund ist variiert mitWas ein Grund ist und wie gut ein Grund ist, variiert mit dem Kontext.

Kurt ist Hobby Archäologe und findet einen alten Krug Mehrere Kurt ist Hobby-Archäologe und findet einen alten Krug. Mehrere Anzeichen sprechen dafür, dass es sich um einen spätmittelalterlichen Krug handelt und Kurts Handbuch bestätigt diesen Eindruck. Kurt hat gute Gründe für die Annahme, dass es sich um einen g ,spätmittelalterlichen Krug handelt. In seiner Situation gibt es keine besseren Gründe.Maria ist professionelle Archäologin. Für sie sind Kurts Gründe allenfalls Indizien, aber um zu einer begründeten Meinung gelangen, muss sie einige raffinierte Methoden anwenden. Kurts Indizien zählen für sie nicht. Sie sind inadäquat. Ihre Standards der Begründung sind in dieser Situation viel höher

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in dieser Situation viel höher.

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 870: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wer von einem Kontext in einen anderen wechselt kannWer von einem Kontext in einen anderen wechselt, kann plötzlich Rechtfertigung erwerben oder verlieren.

A ch fü Ma ia sind K ts Indi ien enn sie im U la b ist nd Auch für Maria sind Kurts Indizien, wenn sie im Urlaub ist und den Krug findet, sehr gute Gründe für die Annahme, dass er spätmittelalterlich ist. Sobald sie wieder auf Arbeit ist, verliert sie diese Rechtfertigungsie diese Rechtfertigung.

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Page 871: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Gründe sind nicht absolut gut oder schlechtGründe sind nicht absolut gut oder schlecht.

Ein Argument gegen die Kugelform der Erde war, dass die Antipoden a f de je eils ande en Seite des Glob s mit dem Antipoden auf der jeweils anderen Seite des Globus mit dem Kopf nach unten hängen würden.

Dies ist nur solange ein gutes Argument, wie es die von uns heute akzeptierte Gravitationstheorie und Astronomie nicht gibt.

Die Güte eines Grundes bemisst sich daher auch nach den jeweils zur Verfügung stehenden Hintergrundwissen.

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jeweils zur Verfügung stehenden Hintergrundwissen.

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Philosophische Fakultät Institut für Philosophie, Lehrstuhl für Theoretische Philosophie, Dr. Holm Bräuer

4. Wissenschaftstheorie

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Page 874: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Erkenntnistheorie vs. WissenschaftstheorieWissenschaftstheorie

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Page 875: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Wissenschaftstheorie nähert sich dem Die Wissenschaftstheorie nähert sich dem komplexen Phänomen Wissenschaft auf eine besondere Weise. Sie fragt nach der

Wissenschaft als Erkenntnis

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Page 876: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Wissenschaftstheorie muss sich wie die Die Wissenschaftstheorie muss sich wie die Erkenntnistheorie mit dem Problem auseinandersetzen, worin der Wahrheitsnachweis d d ( h f l h )oder eine Begründung (wissenschaftlichen)

Erkenntnis besteht. Insofern ist die WissenschaftstheorieWissenschaftstheorie

ein spezieller Zweig der Erkenntnistheoriep g

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Page 877: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Was als Erkenntnis und Wissen gilt wird heute Was als Erkenntnis und Wissen gilt, wird heute hauptsächlich in den Wissenschaften entschieden. Die Auseinandersetzung mit diesen Grundbegriffen k d h h h d ll l dkommt daher nicht ohne eine detaillierte Analyse der Begründungspraxis der Wissenschaften aus. So ist die Wissenschaftstheorie auchdie Wissenschaftstheorie auch

eine Erbin der Erkenntnistheorie

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ErkenntnistheorieErkenntnistheorie

Wissenschaftstheorie

spezielle WT allgemeine WT Naturphilosophie

Bi l i B iff F ih iBiologie Begriffe FreiheitPhysik Theorien DeterminismusGeschichte Erklärungen Raum & ZeitgMathematik Evidenzen Geist/KörperPsychologie Prognosen Materie... ... ....

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Page 879: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Aspekte und Probleme wissenschaftlicherAspekte und Probleme wissenschaftlicher Erklärungen

Aspekte und Probleme der Bestätigung wissenschaftlicher Theorien

Was sind wissenschaftliche Theorien?Was sind wissenschaftliche Theorien?

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Aspekte und Probleme i h ftli hwissenschaftlicher

Erklärungeng

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Page 881: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das charakteristische Ziel der Wissenschaft ist dieDas charakteristische Ziel der Wissenschaft ist die Angabe systematischer und zuverlässig untermauerter Erklärungen. (Ernest Nagel)untermauerter Erklärungen. (Ernest Nagel)

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Page 882: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Was ist überhaupt eine wissenschaftlicheWas ist überhaupt eine wissenschaftliche Erklärung?

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Page 883: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Welche Struktur hat sie?Welche Struktur hat sie?

883SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Wann gilt eine Erklärung als zuverlässigWann gilt eine Erklärung als „zuverlässig untermauert“?

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Erklärungen sind Antworten auf Warum-FragenWarum Fragen

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Frage

Warum erscheint das Licht entfernterGalaxien in einer Rotverschiebung?

--- beantwortet ----

Weil sich das Universum ausdehnt und die entfernten Galaxien sich von uns wegbewegenentfernten Galaxien sich von uns wegbewegen.

AntwortAntwort

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Explanandum

Das Licht entfernter Galaxien erscheint in einer Rotverschiebung.

--- erklärt (unterstützt, beweist, legt nahe ...) ----

Das Universum dehnt sich aus und die entfernten Galaxien bewegen sich von uns weg.Galaxien bewegen sich von uns weg.

ExplanansExplanans

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ArgumenteArgumente

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Beweis Rechtfertigung

Prämissen q Gründe qr rs s

-------------beweisen---------------- ----------stützen/rechtfertigen-----------

Konklusion p Überzeugung p

q, r, s enthalten (logisch) p q, r, s sind Gründe für p

klä ä iErklärung Bestätigung

Explanans q Evidenzen qr rs s

-------------erklären----------------- ----------stützen/bestätigen------------

Explanandum p Gesetz p

q, r, s erklären p q, r, s bestätigen p

889

q, , p q, , g p

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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C.G. Hempel: Zur Logik wissenschaftlicher Erklärungenwissenschaftlicher Erklärungen

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Carl Gustav Hempel (1905-1997)

Vertreter des Logischen Empirismus. Zu seinen Lehrern gehörte Rudolf Carnap; er war mit Hans Reichbach und Paul Oppenheim befreundet – alles füh d Wi h ft th tik i Z it führende Wissenschaftstheoretiker seiner Zeit. Seine wichtigsten Beiträge stammen aus den Gebieten der wissenschaftlichen Erklärungen und der Theorie der Bestätigung.

„A Purely Syntactical Definition of Confirmation“ (1943); „Studies in the Logic of Confirmation“ (1945); „Studies in the Logic of Explanation“ (1948); Aspects of Scientific Explanation (1965); Philosophy of Natural Science (1966)

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Page 892: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das deduktiv-nomologische ModellDas deduktiv nomologische Modell(D-N-Schema; Hempel-Oppenheim-Schema; Covering Law Modell)Covering Law Modell)

892SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 893: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein Eiskunstläufer rotiert sehr langsam um seine Ein Eiskunstläufer rotiert sehr langsam um seine eigene Achse.

Plötzlich zieht er die Arme eng an seinen Körper und beginnt sehr schnell zu drehen.beginnt sehr schnell zu drehen.

Wie lässt sich dieses Phänomen erklären?Wie lässt sich dieses Phänomen erklären?

893SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 894: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

1 Der Drehimpuls eines Körpers ist das Produkt aus träger 1. Der Drehimpuls eines Körpers ist das Produkt aus träger Masse und Winkelgeschwindigkeit und bleibt ohne Einwirkungen einer äußeren Kraft konstant.2. Der Eiskunstläufer erfährt keine Einwirkung einer äußeren Kraft.3. Wenn der Eiskunstläufer seine Arme eng an seinen Köper 3. Wenn der Eiskunstläufer seine Arme eng an seinen Köper anlegt, dann reduziert er seine träge Masse.4. Der Eiskunstläufer legt die Arme eng an seinen Körper an.

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erklären zusammenerklären zusammen …

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Der Eiskunstläufers dreht sich schnellerDer Eiskunstläufers dreht sich schneller.

896SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 897: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Explanandum ist die Konklusion eines Das Explanandum ist die Konklusion eines Arguments.

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Page 898: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Explananssätze bilden die Prämissen des Die Explananssätze bilden die Prämissen des Arguments.

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Page 899: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die erste Prämisse besteht aus der Anführung eines Die erste Prämisse besteht aus der Anführung eines Naturgesetzes (Impulserhaltungssatz).

899SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 900: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die weiteren Prämissen bilden die RandbedingungenDie weiteren Prämissen bilden die Randbedingungen.

900SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 901: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Argument ist logisch valide d h die Konklusion Das Argument ist logisch valide, d.h. die Konklusion folgt aus den Prämissen.

901SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 902: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Struktur einer wissenschaftlichenErklärungErklärung

902SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 903: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

(1) Allgemeines Gesetz(1) Allgemeines GesetzFalls Ereignisse Typs A, des Typs B, ... und des Typs N eintreten, dann wird ein Ereignis des Typs X eintreten.

(2) Initial-/RandbedingungenEs treten die Ereignisse a des Typs A, b des Typs B, ... und n g yp , yp ,des Typs N ein.

(3) Erklärtes Ereignis(3) Erklärtes EreignisEreignis x des Typs X tritt ein.

903SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 904: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

L1, ..., Ln

C1, ..., Cn

E

Im D-N-Modell einer Erklärung wird das Im D-N-Modell einer Erklärung wird das Explanandum E als logisch valide Konklusion eines Arguments dargestellt, deren Prämissen

(a) eine oder mehrere korrekte Verallgemeinerungen (N t t L L ) d(Naturgesetze L1 ... Ln) und

(b) die entsprechenden Rand oder (b) die entsprechenden Rand- oder Initialbedingungen (C1 ... Cn) enthalten.

904SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 905: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

AdäquatheitsbedingungenAdäquatheitsbedingungen

905SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 906: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

(1) Das Explanandum muss eine logische (1) Das Explanandum muss eine logische Konsequenz des Explanans sein, d.h. die Erklärung muss die Form eines logisch gültigen, deduktiven muss die Form eines logisch gültigen, deduktiven Arguments besitzen.

906SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 907: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

(2) Das Explanans muss mindestens ein allgemeines (2) Das Explanans muss mindestens ein allgemeines Gesetz enthalten, das eine wesentliche Rolle in der Erklärung spielt, d.h. das Argument darf nach Erklärung spielt, d.h. das Argument darf nach Weglassen des allgemeinen Gesetzes nicht mehr logisch gültig sein.

907SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 908: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

(3) Das Explanans muss empirischen Gehalt (3) Das Explanans muss empirischen Gehalt besitzen, d.h. es muss sich im Prinzip empirisch testen lassen.testen lassen.

908SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 909: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

(4) Die Explanans Sätze müssen wahr sein(4) Die Explanans-Sätze müssen wahr sein.

wahre vs potentielle Erklärungenwahre vs. potentielle Erklärungen

909SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 910: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Was ist ein Naturgesetz?Was ist ein Naturgesetz?

910SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 911: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Gesetz? Ja oder Nein?

1. In jedem 2. Keine Signale können geschlossenen System bleibt die Summe der Energie erhalten

schneller als Lichtgeschwindigkeit übertragen werdenEnergie erhalten. übertragen werden.

3. Jeder Apfel in meinem Kühlschrank ist rot.

4. Keine Maus wiegt mehr als eine Tonne.

911SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 912: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Es handelt sich um wahre Verallgemeinerungen Es handelt sich um wahre Verallgemeinerungen.

Sie besitzen die Form Alle A sind B“ (1&3) bzw Sie besitzen die Form „Alle A sind B“ (1&3) bzw. „Kein A ist B“ (2&4).

Trotzdem unterscheiden sich 1) und 2) wesentlich von 3) und 4)von 3) und 4).

Wie?912

Wie?SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 913: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Gesetze unterstützen kontrafaktische Schlüsse Sie gelten“ Gesetze unterstützen kontrafaktische Schlüsse. Sie „gelten auch für Fälle, die momentan nicht vorliegen:

„Wenn sich dieser Apfel, den ich jetzt in meiner Hand halte, in meinem Kühlschrank befände, dann wäre er rot.“

„Wenn dieser Elefant da drüben eine Maus wäre, dann würde er nicht mehr als eine Tonne wiegen.“

913SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 914: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Gesetze unterstützen modale Sätze über Gesetze unterstützen modale Sätze über physikalische Notwendigkeiten und Möglichkeiten:

„Es ist (physikalisch) notwendig, dass alle Äpfel in meinem Kühlschrank rot sind.“meinem Kühlschrank rot sind.

Es ist (physikalisch) unmöglich dass eine Maus „Es ist (physikalisch) unmöglich, dass eine Maus mehr als eine Tonne wiegt.“

914SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 915: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kontrafaktisches KriteriumKontrafaktisches Kriterium

Frage: Warum könnte ein Apfel in meinem Frage: Warum könnte ein Apfel in meinem Kühlschrank grün sein?

Antwort: Weil es gegen keine physikalischen Gesetzmäßigkeiten verstößtGesetzmäßigkeiten verstößt.

915SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 916: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Modales KriteriumModales Kriterium

Frage: Warum ist es physikalisch möglich dass Frage: Warum ist es physikalisch möglich, dass nicht alle Äpfel in meinem Kühlschrank rot sind?

Antwort: Weil es gegen keine physikalische Gesetzmäßigkeit verstößtGesetzmäßigkeit verstößt.

916SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 917: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Frage welche modalen Sätze als möglich und Die Frage, welche modalen Sätze als möglich und notwendig erachtet werden und welche kontrafaktischen Schlüsse zulässig sind, hängt kontrafaktischen Schlüsse zulässig sind, hängt davon ab, welche Regelmäßigkeiten als physikalische Gesetze angesehen werden und umgekehrt.

Die Unterscheidungskriterien sind zirkulär!

917SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 918: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Probleme des D-N ModellsProbleme des D N Modells

918SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 919: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der Fahnenmast und sein SchattenDer Fahnenmast und sein Schatten

Auf einem ebenen Boden steht ein Fahnenmast von 4 m Höhe Auf einem ebenen Boden steht ein Fahnenmast von 4 m Höhe. Die Sonne scheint aus einem Winkel von 60°. Der Mast wirft einen Schatten von 4,4 m.

Wenn wir fragen, warum der Schatten diese Länge hat, dann lässt sich das ganz einfach mit ein wenig Trigonometrie lässt sich das ganz einfach mit ein wenig Trigonometrie (deduktiv) herleiten. Das Ergebnis ist eine D-N-Erklärung der Schattenlänge.

919SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 920: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wir könnten durch Ausnutzung desselben Schemas und genau Wir könnten durch Ausnutzung desselben Schemas und genau derselben Gesetze erklären:1) warum der Schatten 4,4 m lang ist (Trigonometrie, Höhe des Mastes, Sonnenwinkel);2) warum der Mast 4 m hoch ist (Trigonometrie, Länge des Schattens, Sonnenwinkel);Schattens, Sonnenwinkel);3) warum die Sonne in einem Winkel von 60° zur Erde steht (Trigonometrie, Schattenlänge, Höhe des Mastes).

920SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 921: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Erklärungen sind asymmetrischErklärungen sind asymmetrisch

Wenn A B erklärt dann kann B nicht A erklärenWenn A B erklärt, dann kann B nicht A erklären.

921SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 922: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Barometer und der SturmDas Barometer und der Sturm

Wenn das Barometer schnell fällt dann können wir Wenn das Barometer schnell fällt, dann können wir einen Sturm vorhersagen. Dennoch erklärt das Fallen des Barometers das Auftreten des Sturmes Fallen des Barometers das Auftreten des Sturmes nicht, denn das Fallen des atmosphärischen Druckes ist sowohl verantwortlich für das Fallen des Barometers wie auch des Aufkommens eines Sturmes.

922SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 923: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wenn zwei Wirkungen eine gemeinsame Ursache Wenn zwei Wirkungen eine gemeinsame Ursache besitzen (Sturm und Fallen des Barometers), können wir nicht die eine Wirkung durch die andere wir nicht die eine Wirkung durch die andere erklären.

923SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 924: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

SonnenfinsternisSonnenfinsternis

Vom jetzigen Stand der Sonne sowie einer Anzahl von Gesetzen j güber die Planetenbewegungen können Astronomen eine zukünftige Sonnenfinsternis vorhersagen. Aufgrund eben derselben Daten und Gesetze lassen sich aber auch derselben Daten und Gesetze lassen sich aber auch vorangehende Sonnenfinsternisse „voraussagen“.

Während wir jedoch die zukünftige Sonnenfinsternis aufgrund gegenwärtiger Daten wirklich als eine Voraussage / Erklärung behandeln, würden wir eine vergangene Sonnenfinsternis nicht

924

auf den jetzigen Stand der Sonne zurückführen.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Wir führen keine gegenwärtigen oder zukünftigen Wir führen keine gegenwärtigen oder zukünftigen Bedingungen an, wenn wir vergangene Ereignisse erklären.erklären.

925SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 926: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Antibabypille für den Mann?Antibabypille für den Mann?

Ein Mann erklärt die Tatsache, dass er nicht schwanger wurde, , g ,indem er behauptet, dass er regelmäßig die Antibabypille seiner Frau genommen habe und dass Männer, die Antibabypillen nehmen, nicht schwanger werden.nehmen, nicht schwanger werden.

Das Erklärmuster hat die Form einer D-N-Erklärung, zitiert aber irrelevante Sachverhalte.

926SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 927: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Adäquatheitsbedingungen für D N Erklärungen Die Adäquatheitsbedingungen für D-N-Erklärungen sind zu schwach (sie verlangen zu wenig).

927SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 928: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der TintenfleckDer Tintenfleck

Auf einem Teppich in der Nähe des Schreibtisches befindet sich ppein schwarzer Fleck. Wie kann das erklärt werden? Nun, gestern stand auf dem Rand des Schreibtisches ein offenes Tintenfass, der Professor hat sich versehentlich am Schreibtisch Tintenfass, der Professor hat sich versehentlich am Schreibtisch gestoßen, worauf das Fass herunterfiel.

Obwohl diese Erklärung keine allgemeinen Gesetzmäßigkeiten enthält, gilt sie dennoch als erfolgreiche Erklärung.

928SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 929: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Adäquatheitsbedingungen sind nicht nur zu Die Adäquatheitsbedingungen sind nicht nur zu schwach, sondern auch zu stark (sie verlangen zu viel).viel).

929SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 930: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das induktiv-statistische ModellDas induktiv statistische Modell

930SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 931: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Fast jede Streptokokken-Infektion kann durch Penicillin geheilt werden.Jane hatte eine Streptokokken-InfektionJane hatte eine Streptokokken Infektion.Jane erhielt Penicillin.-----------------------erklären------------------------------- [r]Jane wurde geheiltJane wurde geheilt.

I D N E klä b t ht i h d P ä i d d In D-N-Erklärungen besteht zwischen den Prämissen und der Konklusion der Erklärung eine logische Folgebeziehung.

In I-S-Erklärungen wird die Konklusion durch die Prämissen nur als wahrscheinlich dargestellt. Diese Beziehung des Stützens kann verschieden stark sein ([r] ist ein Parameter Stützens kann verschieden stark sein ([r] ist ein Parameter dieser Stärke).

931SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 932: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Deduktion ist erosionsbeständig; Induktion nicht!Deduktion ist erosionsbeständig; Induktion nicht!

Universelle Gesetze gelten für alle Individuen, unabhängig von g , g gweiteren Merkmalen. Wenn gilt, dass alle A B sind, dann gilt auch, dass alle Dinge, die A und C sind, ebenfalls B sind.

Für statistische Gesetze gilt das nicht. Auch wenn fast alle Menschen, die jetzt leben (A), auch in fünf Jahren noch leben (B), heißt das nicht, dass fast alle Menschen, die jetzt leben (A) und sich im fortgeschrittenen Stadium einer Krebserkrankung befinden (C), auch in fünf Jahren noch leben (B).

932SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 933: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bedingung der maximalen SpezifitätBedingung der maximalen Spezifität

I S Erklärungen müssen immer alles jeweils zur I-S-Erklärungen müssen immer alles jeweils zur Verfügung stehende Wissen beinhalten, da Zusatzinformationen zur Erosion des Zusatzinformationen zur Erosion des Zusammenhanges führen können.

Was passiert mit der obigen Erklärung, wenn wir erfahren, dass Jane eine penicillin-resistente Streptokokken-Infektion hatte?

933SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 934: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

934SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 935: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

25 % der Opfer unbehandelter Syphilis bekommen 25 % der Opfer unbehandelter Syphilis bekommen Paresis.Schmidt hatte eine unbehandelte SyphilisSchmidt hatte eine unbehandelte Syphilis.---------------erklären----------------------------[.25]Schmidt bekommt ParesisSchmidt bekommt Paresis.

935SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 936: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

95 % der Opfer unbehandelter Syphilis die ein P95 % der Opfer unbehandelter Syphilis, die ein P-Merkmal besitzen, bekommen Paresis.Schmidt hatte eine unbehandelte SyphilisSchmidt hatte eine unbehandelte Syphilis.Schmidt hatte das P-Merkmal.---------------erklären----------------------------[ 95]---------------erklären----------------------------[.95]Schmidt bekommt Paresis.

936SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 937: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Alle Opfer unbehandelter Syphilis die ein P Merkmal Alle Opfer unbehandelter Syphilis, die ein P-Merkmal und ein Q-Merkmal besitzen, bekommen Paresis.Schmidt hatte eine unbehandelte SyphilisSchmidt hatte eine unbehandelte Syphilis.Schmidt hatte das P-Merkmal.Schmidt hatte das Q-MerkmalSchmidt hatte das Q-Merkmal.

Schmidt bekommt ParesisSchmidt bekommt Paresis.

937SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 938: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Determinismus?

... ist die Doktrin, dass alles, was in unserem Universum passiert, vollständig durch vorangehende Bedingungen (allgemeine Gesetze und Randbedingungen) determiniert ist.

Falls diese Doktrin wahr wäre, dann wäre jedes Ereignis im Prinzip deduktiv erklärbar j g pund jede I-S-Erklärung wäre eine unvollständige D-N-Erklärung. I-S-Erklärungen ließen sich dann auf D-N-Erklärungen reduzieren und wären kein eigenständiger Erklärtypus (was nicht heißt, dass sie in der Praxis nutzlos wären).

Ist der Determinismus wahr?Gibt es Erklärungen die irreduzibel statistisch sind?

938

Gibt es Erklärungen die irreduzibel statistisch sind?

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 939: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Syphilis und ParesisSyphilis und Paresis

Paresis ist eine höhere Form von Syphilis die mit Paresis ist eine höhere Form von Syphilis, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 25% auftritt, wenn die Syphilis unbehandelt bleibt.

Nehmen wir an, Schmidt hat Paresis und wir fragen: warum? Eine korrekte Antwort wäre: weil er an einer warum? Eine korrekte Antwort wäre: weil er an einer unbehandelten Syphilis litt.

939SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 940: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

(1)(1)

Unbehandelte Syphilis führt zu ParesisUnbehandelte Syphilis führt zu Paresis.Schmidt hatte eine unbehandelte Syphilis.----------------erklären---------------------[.25][ ]Schmidt hat Paresis.

940SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 941: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

(2)(2)

Unbehandelte Syphilis führt nicht zu ParesisUnbehandelte Syphilis führt nicht zu Paresis.Schmidt hatte eine unbehandelte Syphilis.----------------erklären---------------------[.75][ ]Schmidt hat keine Paresis.

941SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 942: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Während die induktive Stützung für die Konklusion Während die induktive Stützung für die Konklusion in (2) viel höher als für die in (1) ist, scheint (2) keine akzeptable Erklärung zu sein. (1) dagegen

h f l hscheint erfolgreich zu sein.

Wi k d i ?Wie kann das sein?

942SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 943: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Psychotherapie für Bruce BrownPsychotherapie für Bruce Brown

Bruce Brown leider unter einem neurotischen Bruce Brown leider unter einem neurotischen Symptom. Er geht zu einer Psychotherapie und das Symptom verschwindet.

Können wir dies erklären, indem wir darauf hinweisen dass die meisten Menschen mit diesem hinweisen, dass die meisten Menschen mit diesem Symptom nach einer Psychotherapie gesunden?

943SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 944: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Nein! denn falls viele Menschen mit diesem Nein! denn falls viele Menschen mit diesem Symptom spontan, d.h. unabhängig von einer Behandlung gesunden, dann ist die Erklärung nicht llegitim.

Ei h h W h h i li hk it i t i htEine hohe Wahrscheinlichkeit ist nicht hinreichend für eine gelungene Erklärung.

944SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 945: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Nein! denn selbst dann wenn die Rate der Nein! denn selbst dann, wenn die Rate der Menschen, die nach einer Behandlung gesunden, sehr gering ist, wäre die Erklärung korrekt, falls die

h dl ß l hRate mit Behandlung größer wäre als ohne.

Ei h h W h h i li hk it i t i htEine hohe Wahrscheinlichkeit ist nicht notwendig für eine gelungene Erklärung.

945SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 946: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wir müssen herausfinden ob die Behandlung Wir müssen herausfinden, ob die Behandlung irgendeinen nachweisbaren Einfluss auf die Genesung von einem bestimmten Symptom hat, d.h.

d l d i lwir müssen die relevanten von den irrelevantenEinflüssen unterscheiden.

Nur die relevanten Einflüsse machen eine Erklärung erfolgreich!g

946SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 947: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Hauptproblem des I-S-Modells besteht darin Das Hauptproblem des I-S-Modells besteht darin, dass nicht die Wahrscheinlichkeit sondern die statistische Relevanz der ausschlaggebende Faktor b h d d k kl hbei nichtdeduktiven Erklärungen zu sein scheint.

P h th i B BPsychotherapie von Bruce BrownSyphilis-Paresis-Beispiel

947SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 948: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Statistische RelevanzStatistische Relevanz

948SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 949: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Betrachten wir Bruce Brown Er ist ein Mitglied der Gruppe von Betrachten wir Bruce Brown. Er ist ein Mitglied der Gruppe von Menschen, die an einem neurotischen Syndrom leiden. Innerhalb dieser Gruppe gibt es eine gewisse Wahrscheinlichkeit W, von diesem Syndrom spontan – d.h. Wahrscheinlichkeit W, von diesem Syndrom spontan d.h. ohne Psychotherapie – zu genesen:

/W = G/X

G A hl d t G dG: Anzahl der spontan GenesendenX: Anzahl der Gesamtgruppe

949SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 950: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Für die Gesamtzahl der Genesenden welche auch diejenigen Für die Gesamtzahl der Genesenden, welche auch diejenigen einschließt, welche mit Psychotherapie behandelt wurden, können wir eine andere Wahrscheinlichkeit annehmen:

W = G+P/X

G: Anzahl der spontan GenesendenP: Anzahl der mit Psychotherapie GenesendenP: Anzahl der mit Psychotherapie GenesendenX: Anzahl der Gesamtgruppe

950SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 951: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Psychotherapie ist positiv relevant für die Die Psychotherapie ist positiv relevant für die Genesung, falls:

W(G/X) < W(G+P/X)

Psychotherapie erhöht die Aussichten auf Heilung

951SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 952: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Psychotherapie ist negativ relevant für die Die Psychotherapie ist negativ relevant für die Genesung, falls:

W(G/X) > W(G+P/X)

Psychotherapie verringert die Aussichten auf Heilung

952SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 953: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Psychotherapie ist irrelevant für die Genesung Die Psychotherapie ist irrelevant für die Genesung, falls:

W(G/X) = W(G+P/X)

Psychotherapie hat keinen Einfluss auf die Heilung, weder negativ noch positiv.

953SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 954: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Fazit:Fazit:

Es gibt keine Aussage über die Höhe der relevanten Es gibt keine Aussage über die Höhe der relevanten Wahrscheinlichkeiten. Sie müssen sich nur von anderen Wahrscheinlichkeiten in relevanten Hi i ht t h idHinsichten unterscheiden.

954SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 955: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kausale RelevanzKausale Relevanz

955SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 956: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kausale Beziehungen sind asymmetrisch Kausale Beziehungen sind asymmetrisch (Fahnenmastbeispiel).

956SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 957: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Ursache ist immer der relevante Faktor in Bezug Die Ursache ist immer der relevante Faktor in Bezug auf die Wirkung (Antibabypille).

957SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 958: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wir können Vermutungen zu den Ursachen eines Wir können Vermutungen zu den Ursachen eines bestimmten Ereignisses haben, ohne ein genaues Gesetz zu kennen, das beide miteinander verbindet Gesetz zu kennen, das beide miteinander verbindet (Tintenfleck).

958SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 959: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Psychotherapie erklärt die Genesung von einem Die Psychotherapie erklärt die Genesung von einem psychischen Symptom dann, wenn sie diese (zumindest zum Teil) verursacht hat. (Bruce Brown)(zumindest zum Teil) verursacht hat. (Bruce Brown)

959SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 960: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Syphilis ist die Ursache von Paresis auch wenn nicht Syphilis ist die Ursache von Paresis, auch wenn nicht jeder mit Syphilis an Paresis erkrankt. (Schmidt)

960SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 961: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Kritik am KausalbegriffDie Kritik am Kausalbegriff

961SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 962: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

David Hume (1711-1776)

Hume gilt als einer der wichtigsten Vertreter des klassischen, Britischen Empirismus. Er vertrat eine Philosophie des gesunden Menschenverstandes und p gwendete sich gegen die traditionelle Metaphysik, die er als Quelle des Irrtums ablehnte. In der Wissenschaftstheorie haben vor allem seine kritischen Ausführungen zur Kausalität und gInduktion eine durchschlagende Wirkung gehabt.

A Treatise of Human Nature (1739/40); An EnquiryConce ning H man Unde standing (1748) AnConcerning Human Understanding (1748); An Enquiry Concerning the Principles of Moral (1751); Dialogues Concerning Natural Religion (1779)

962SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 963: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Stellen wir uns vor wir beobachten zwei Stellen wir uns vor, wir beobachten zwei Billardkugeln. Die eine ist blau und stößt die andere, welche rot ist, an. Danach bleibt die blaue Kugel welche rot ist, an. Danach bleibt die blaue Kugel stehen und die rote bewegt sich in einer bestimmten Richtung fort. Wir könnten dies so erklären, dass wir sagen, der Anstoß der blauen Kugel in einem bestimmten Winkel war die Ursache der Bewegung der roten Kugelder roten Kugel.

963SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 964: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Aber: Was können wir tatsächlich beobachten?Aber: Was können wir tatsächlich beobachten?

temporale Asymmetrie zwischen Ursache und • temporale Asymmetrie zwischen Ursache und Wirkung.• raum-zeitliche Nähe zwischen Ursache und • raum-zeitliche Nähe zwischen Ursache und Wirkung.• konstante (wiederholbare) Verbindung zwischen konstante (wiederholbare) Verbindung zwischen beiden.

964SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 965: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Diese drei Arten von Evidenzen zeigen nicht dassDiese drei Arten von Evidenzen zeigen nicht, dasseine kausale Verbindung zwischen den Ereignissenbesteht, sondern allenfalls, dass bei allen unserenbesteht, sondern allenfalls, dass bei allen unserenBeobachtungen es so war, dass das eine Ereignisdem anderen folgt.

Welchen Fehlschluss haben wir begangen?

965SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 966: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Einer der Gründe warum die gängigen Modelle Einer der Gründe, warum die gängigen Modelle wissenschaftlicher Erklärung sich nicht auf Kausalität berufen, hat mit diesem skeptischen Kausalität berufen, hat mit diesem skeptischen Problem zu tun, für das es keine adäquate Lösung gibt.

966SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 967: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die schwache Interpretation von KausalitätDie schwache Interpretation von Kausalität

Kausalität besteht in einer wiederholbaren Folge von Kausalität besteht in einer wiederholbaren Folge von Ereignissen.

967SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 968: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Folge: kausale Erklärungen bilden eine Teilklasse der D-N-Folge: kausale Erklärungen bilden eine Teilklasse der D-N-Erklärungen:

Für alle E1, E2: Falls E1 eintritt, dann tritt auch E2 ein. (gesetzmäßige Verallgemeinerung/Regelmäßigkeit)(gesetzmäßige Verallgemeinerung/Regelmäßigkeit)E1 ist eingetreten. (Randbedingung)

E2 ist eingetreten (Konklusion)

968SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 969: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das deduktiv-nomologischeModell

Das induktiv-statistische ModellModell

Ein Ereignis/ Phänomen wird erklärt, indem es als Konklusion eines gültigen

Ein Ereignis/ Phänomen wird erklärt, indem es als Konklusion eines

d ll dg g

Arguments dargestellt wird. Das Ereignis folgt logisch aus einem oder mehreren allgemeingültigen Naturgesetzen und den dazugehörigen Anfangsbedingungen.

Arguments dargestellt wird. Das Ereignis wird mit Wahrscheinlichkeit r aus einem statistischen Zusammenhang und den g g g g g

Es gilt universal: P ⊃ Q

dazugehörigen Anfangsbedingungen induktiv abgeleitet.

Mit Wahrscheinlichkeit r gilt: P ⊃ QP

Q

Mit Wahrscheinlichkeit r gilt: P ⊃ QP

[r]Q

Unvollständiges Wissen?

Zeitliche/ kausale AsymmetrieKausal irrelevante Faktoren

Q

Maximale SpezifitätStatistisch irrelevante Faktoren

Kausale Relevanz?

969

Kausale Relevanz?

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Statistische Relevanz?

Page 970: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Zur Pragmatik von ErklärungenZur Pragmatik von Erklärungen

970SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 971: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

EmphaseEmphase

Warum aß Adam den Apfel?Warum aß Adam den Apfel?Warum aß Adam den Apfel?Warum aß Adam den Apfel?p

971SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 972: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Obwohl es immer dieselben Worte sind handelt es Obwohl es immer dieselben Worte sind, handelt es sich um drei verschiedene Fragen, die verschiedene Erklärungen verlangen.

Das kann gezeigt werden, indem wir uns die K t tkl h di fü di j ili Kontrastklassen ansehen, die für die jeweilige Frage entscheidend sind.

972SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 973: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Warum aß Adam den Apfel?Warum aß Adam den Apfel?

Warum hat Adam einen Apfel und nicht eine Banane Warum hat Adam einen Apfel und nicht eine Banane, einen Joghurt usw. gegessen?

Kontrastklasse:

{Apfel, Banane, Joghurt, Bratwurst, ...}

973SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 974: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Warum aß Adam den Apfel?Warum aß Adam den Apfel?

Warum hat Adam und nicht Eva eine Ziege oder der Warum hat Adam und nicht Eva, eine Ziege oder der Hirte den Apfel gegessen?

Kontrastklasse:

{Adam, Eva, Ziege, Hirte, ...}

974SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 975: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Warum aß Adam den Apfel?Warum aß Adam den Apfel?

Warum hat Adam den Apfel gegessen und nicht Warum hat Adam den Apfel gegessen und nicht weggeworfen oder irgendwo versteckt?

Kontrastklasse:

{essen, wegwerfen, verstecken, ...}

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Page 976: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wenn wir nicht wissen wonach gefragt wird werden Wenn wir nicht wissen, wonach gefragt wird, werden wir nicht wissen, was eine erfolgreiche Erklärung ist.

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Page 977: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

VorwissenVorwissen

Eine Erklärung ist nicht erfolgreich wenn sie Eine Erklärung ist nicht erfolgreich, wenn sie Tatsachen enthält, die der entsprechenden Hörerschaft schon hinreichend bekannt sind.Hörerschaft schon hinreichend bekannt sind.

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Page 978: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Warum dreht sich der Eiskunstläufer schneller?Warum dreht sich der Eiskunstläufer schneller?

Weil der Drehimpuls eines Körpers das Produkt aus Weil der Drehimpuls eines Körpers das Produkt aus träger Masse und Winkelgeschwindigkeit ist und dieser ohne Einwirkungen einer äußeren Kraft dieser ohne Einwirkungen einer äußeren Kraft konstant bleibt, der Eiskunstläufer keine Einwirkung einer äußeren Kraft erfährt, weil er, wenn er seine Arme eng an seinen Köper anlegt, seine träge Masse reduziert und er die Arme eng an seinen Körper anlegt

978

anlegt.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Situation 1: Wir sehen den EiskunstläuferSituation 1: Wir sehen den Eiskunstläufer.

Wir wollen wissen, welche Gesetze seine Bewegungen erklären., g g

Situation 2: Wir sehen ihn nicht, kennen aber die Gesetze der RotationskraftRotationskraft.

Wir wollen wissen, was gerade passiert, d.h. ob er die Arme Wir wollen wissen, was gerade passiert, d.h. ob er die Arme anlegt oder nicht.

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Page 980: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wir müssen zwischen dem idealenWir müssen zwischen dem idealen explanatorischen Text und der explanativen Information unterscheiden!Information unterscheiden!

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Page 981: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der ideale Text einer Erklärung enthält alle Der ideale Text einer Erklärung enthält alle Tatsachen und alle Gesetze, die für das jeweilige Explanandum relevant sind. In den meisten Fällen Explanandum relevant sind. In den meisten Fällen wird ein solcher idealer Text unheimlich komplex und lang sein.

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Page 982: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Entscheidend ist dass in aktualen Situationen nur Entscheidend ist, dass in aktualen Situationen nur bestimmte Portionen dieses idealen Textes erwähnt werden, nämlich die, die für die entsprechende werden, nämlich die, die für die entsprechende Absicht und das Frageinteresse benötigt werden. Wenn wir Wissen vermitteln und damit einen Aspekt des idealen Textes einer Erklärung liefern, dann unterbreiten wir die explanativen Informationen.

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Page 983: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Bitte nach einer Erklärungen ist nie eine Bitte Die Bitte nach einer Erklärungen ist nie eine Bitte um den idealen Text, sondern immer eine Bitte um explanatorische Informationen.explanatorische Informationen.

Worin diese Informationen bestehen, das variiert mit Worin diese Informationen bestehen, das variiert mit unserem Vorwissen, unseren Frageinteressen (Emphasis) und dem Kontext, in welchem nach der entsprechenden Information gesucht wird.

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Page 984: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

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Page 985: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Z B tätiZur Bestätigung wissenschaftlicherwissenschaftlicher Theorien

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Welt Explanans (a) Allgemeine Gesetzmäßigkeiten(im Idealfall: Theorie)

(b) Randbedingungen/ Hilfshypothesen

Explanandum Das, was die Theorie erklären bzw. voraussagen soll.

Wie müssen Explanans und Explanandumaufeinander bezogen sein, damit man voneiner Erklärung sprechen kann?

In welchem Verhältnis müssen dasExplanans und die Welt stehen, damitdas Explanans empirisch signifikantund wahr ist?

Das Explanans einer Erklärung enthält sowohl allgemeine Gesetze als auch Sätze über das Gegebensein spezifischer Sachverhalte (Randbedingungen)

und wahr ist?

Sätze über das Gegebensein spezifischer Sachverhalte (Randbedingungen).

Wie lassen sich allgemeine Gesetze (Theorien) bestätigen (verifizieren)?

986SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 987: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wie lassen sich generelle Sätze (Theorien) Wie lassen sich generelle Sätze (Theorien) bestätigen, deren Wahrheit wir nicht direkt durch Beobachtung feststellen können?Beobachtung feststellen können?

987SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 988: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die H-D MethodeDie H D Methode

988SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 989: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eine Hypothese wird durch ihre beobachtbarenEine Hypothese wird durch ihre beobachtbaren Konsequenzen bestätigt bzw. widerlegt.

Wenn die beobachtbaren Konsequenzen eintreffen, dann gilt eine Hypothese als (teilweise) bestätigt;

t l id l tsonst als widerlegt.

989SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Boyles Gasgesetz P x V = const. (bei T = const.)Boyles Gasgesetz P x V const. (bei T const.)

Der Druck eines Gases ist bei konstanter Temperaturumgekehrt proportional zu seinem Volumen (Hypothese)umgekehrt proportional zu seinem Volumen. (Hypothese)

Das Anfangsvolumen des beobachteten Gases ist 1 cbm.De Anfangsd ck ist 1 atmDer Anfangsdruck ist 1 atm.Der Druck wird auf 2 atm erhöht.Die Temperatur bleibt konstant. (Randbedingungen)

Das Volumen verringert sich auf 0,5 cbm.(beobachtbare Konsequenz)

990SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 991: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

TestschemaTestschema

H (Hypothese)H (Hypothese)A (beobachtbare Randbedingungen)

K (beobachtbare Konsequenz)

991SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 992: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Problem: Temperaturen und Drücke lassen sich nicht Problem: Temperaturen und Drücke lassen sich nicht direkt beobachten. Wir brauchen Thermometer, Druckmesser, eine zuverlässige Gaskammer usw.

Jedes reale H-D-Modell benötigt weitere Hilf h th di di B b htb k it“ Hilfshypothesen, die die „Beobachtbarkeit“ von Anfangsbedingungen und Konsequenz betreffen.

992SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 993: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Erweitertes TestschemaErweitertes Testschema

H (Hypothese)H (Hypothese) A (beobachtbare Randbedingungen)HH (Hilfshypothesen)( yp )

K (beobachtbare Konsequenz) ( q )

993SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 994: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Problem derAlternativhypothesenAlternativhypothesen

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Page 995: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Jede beliebige (aber endliche) Anzahl von Jede beliebige (aber endliche) Anzahl von Testpunkten lässt viele verschiedene Kurven zu, die durch die Testpunkte gleich gut bestätigt werden durch die Testpunkte gleich gut bestätigt werden würden!

995SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 996: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Immer wenn ein beobachtbares Resultat eines H DImmer wenn ein beobachtbares Resultat eines H-D-Tests eine gegebene Hypothese bestätigt, bestätigt dieser Test ebenso unendlich viele andere dieser Test ebenso unendlich viele andere Hypothesen, die mit der gegebenen Hypothese inkompatibel sind.

996SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 997: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wie können wir sicher sein dass ein Test als Wie können wir sicher sein, dass ein Test als Bestätigung für eine bestimmte Hypothese gilt, wenn dieser Test viele weitere, inkompatible wenn dieser Test viele weitere, inkompatible Hypothesen bestätigen würde?

997SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 998: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Problem der statistischenHypothesenHypothesen

998SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 999: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Angenommen wir möchten die Hypothese testen dass der Angenommen, wir möchten die Hypothese testen, dass der Gang zur Psychotherapie die Wahrscheinlichkeit der Genesung von einem bestimmten neurotischen Syndrom erhöht.

Angenommen, Bruce Brown leidet an diesem Syndrom, er geht zur Psychotherapie (Randbedingungen) und er gesundet zur Psychotherapie (Randbedingungen) und er gesundet (beobachtbare Konsequenz).

Bestätigt oder widerlegt dies die Hypothese?

Ausnahmen bestätigen die Regel!

999SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Ausnahmen bestätigen die Regel!

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Aus einer statistischen Hypothese kann man nicht Aus einer statistischen Hypothese kann man nicht ableiten, was tatsächlich passieren wird.

Statistische Gesetzmäßigkeiten lassen sich in einem H-D-Modell nicht testen!H D Modell nicht testen!

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Page 1001: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das RabenparadoxonDas Rabenparadoxon

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Page 1002: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Hypothesen werden durch positive InstanzenHypothesen werden durch positive Instanzen bestätigt. (H-D-Modell)

Wenn wir schwarze Raben beobachten, dann neigen wir dazu, die Hypothese "Alle Raben sind schwarz" l b täti t hals bestätigt anzusehen.

Wenn wir nur wenige schwarze Raben beobachten, gilt dies als eine schwache Bestätigung; werden gilt dies als eine schwache Bestätigung; werden dagegen Tausende oder Millionen schwarzer Raben beobachtet, gilt dies als eine starke Bestätigung.

1002SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1003: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Bestätigung einer Hypothese hängt nichtDie Bestätigung einer Hypothese hängt nicht von ihrer Formulierung ab. (Äquivalenzbedingung)

Hypothesen können auf verschiedene Arten f li t d Z i l i h ä i l t formuliert werden. Zwei logisch äquivalente Formulierungen einer Hypothese werden sind genau unter denselben Bedingungen wahr/falsch und g g /werden daher durch exakt dieselben Objekte bestätigt bzw. widerlegt.

1003SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1004: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

KontrapositionKontraposition

(P ⊃ Q) ↔ (¬Q ⊃ ¬P)(P ⊃ Q) ↔ (¬Q ⊃ ¬P)

Eine Aussage der Form P ⊃ Q ist logisch äquivalent g Q g qmit einer Aussage der Form (¬Q ⊃ ¬P). Beide Aussagen sind unter genau denselben Umständen wahr (bzw falsch)wahr (bzw. falsch).

1004SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1005: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

HypotheseHypotheseAlle Raben sind schwarz

KontrapositionAlle nichtschwarzen Dinge sind keine Raben

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Page 1006: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ÄquivalenzbedingungÄquivalenzbedingung

Die Hypothese „Alle Raben sind schwarz“ und die Die Hypothese „Alle Raben sind schwarz und die Hypothese „Alle nichtschwarzen Dinge sind keine Raben“ werden durch dieselben Daten bestätigt.

1006SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1007: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

H D ModellH-D ModellHypothesen werden durch ihre positiven Instanzen bestätigtbestätigt.

Nicht-schwarze Objekte die keine Raben sind Nicht-schwarze Objekte, die keine Raben sind, bestätigen die Hypothese "Alle Raben sind schwarz".

1007SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1008: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bunte Kühe rote Autos und weiße Kreidestücke Bunte Kühe, rote Autos und weiße Kreidestücke bestätigen die Hypothese, dass alle Raben schwarz sind!sind!

„Wir müssen nicht in den Regen hinaus, um „Wir müssen nicht in den Regen hinaus, um Vogelkunde zu betreiben.“

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Page 1009: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ReaktionenReaktionen

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Page 1010: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Carl G Hempel nahm an dass hier kein Paradox sondern Carl G. Hempel nahm an, dass hier kein Paradox, sondern eine psychologische Fehleinschätzung vorliegt und die Beobachtung von runden Bällen oder hohen Türmen tatsächlich die H pothese "Alle Raben sind sch a " (sch ach) bestätigtdie Hypothese "Alle Raben sind schwarz" (schwach) bestätigt.

Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Raben schwarz sind wird Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Raben schwarz sind wird durch die Beobachtung von nicht-schwarzen Nicht-Raben leicht erhöht.

Jede Beobachtung, die einer Allaussage nicht widerspricht, bestätigt sie.

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Page 1011: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Karl Popper vertrat die Ansicht dass es für Hypothesen gar Karl Popper vertrat die Ansicht, dass es für Hypothesen gar keine Bestätigung gibt. Er ließ nur die Falsifikation von Hypothesen zu. All unser Bestreben muss es sein, Hypothesen d ch negati e Beispiele Fall b ingen d h falsifi ie endurch negative Beispiele zu Fall zu bringen, d.h. zu falsifizieren.

Bewährungsgrad: Je häufiger Falsifikationsversuche Bewährungsgrad: Je häufiger Falsifikationsversuche scheitern, desto stärker hat sich eine Theorie bewährt.

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Page 1012: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

J L Mackie versuchte das Raben-Paradox mit J. L. Mackie versuchte das Raben-Paradox mit wahrscheinlichkeits-theoretischen Überlegungen zu überwinden.

Die Wahrscheinlichkeit für ein beliebiges Objekt ein schwarzer Rabe zu sein ist bei weitem geringer als ein nicht-schwarzerRabe zu sein ist bei weitem geringer als ein nicht schwarzer Nicht-Rabe zu sein. Deshalb bestätigt die Beobachtung eines schwarzen Raben die Hypothese stärker als die Beobachtung von nicht-schwarzen Nicht-Rabenvon nicht-schwarzen Nicht-Raben.

1012SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1013: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

W V O Quine versucht Hempels Paradox aufzulösen indem W. V. O. Quine versucht Hempels Paradox aufzulösen, indem er die Bestätigung einschränkt. Er schlägt vor, nur die Beobachtungen als Bestätigung anzusehen, wo die Objekte natü liche A ten (nat al kinds) sindnatürliche Arten (natural kinds) sind.

Natürliche Arten kommen in wissenschaftlichen, z.B. Natürliche Arten kommen in wissenschaftlichen, z.B. biologischen Gesetzen vor. Ausdrücke wie "Nicht-Raben" jedoch handeln nicht von natürlichen Arten und daher sind Hypothesen in denen von Dingen wie Nicht-Raben“ die Rede Hypothesen, in denen von Dingen wie „Nicht-Raben die Rede ist, keine Naturgesetze, für die es eine Bestätigung geben könnte.

1013SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1014: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Goodmans neues Rätsel der InduktionGoodmans neues Rätsel der Induktion

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Page 1015: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Nelson Goodman (1906-1998)Nelson Goodman (1906 1998)

Goodman ist ein führender Vertreter der analytischen Philosophie in den Vereinigten Staaten. Er arbeitete zu erkenntnistheoretischen wissenschaftstheoretischen erkenntnistheoretischen, wissenschaftstheoretischen, sprachphilosophischen und ästhetischen Themenstellungen.

The Structure of Appearance (1951); Fact, Fiction, andForecast (1955); Languages of Art (1968); Ways ofWorldmaking (1976)

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Page 1016: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Juli 2011 Juli 2011grün grot

Wir definieren das Prädikat grot welches eine

Juli 2011 Juli 2011

Wir definieren das Prädikat grot, welches eine Eigenschaft bezeichnen soll, die ein Ding besitzt, wenn es vor Juli 2011 grün ist und danach rot.

1016SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1017: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Jetzt untersuchen wir dir folgenden beiden Hypothesen:Juli 2011 Juli 2011

grün grot

Jetzt untersuchen wir dir folgenden beiden Hypothesen:

Alle Smaragde sind grün. Alle Smaragde sind grot.

Beide Hypothesen werden bis Juli 2011 durch genau dieselbenEvidenzen gestützt.g

Das Auffinden grüner Smaragde bestätigt beide Hypothesengleichermaßen; das Auffinden andersfarbiger Smaragde würdegleichermaßen; das Auffinden andersfarbiger Smaragde würdebeide gleichermaßen widerlegen! Alle bisher gefundenenSmaragde waren grün bzw. grot.

1017SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1018: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Beide Hypothesen werden exakt gleich gut Beide Hypothesen werden exakt gleich gut bestätigt, ganz egal wie viele Testfälle wir heranziehen!heranziehen!

1018SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1019: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Dennoch sind grün“ und grot“ zwei inkompatible Juli 2011 Juli 2011

grün grot

Dennoch sind „grün und „grot zwei inkompatible Prädikate. Ein Ding kann nicht zugleich sowohl grün als auch grot sein!

Ein im August 2011 gefundenes grünes Ding ist ü i t i t tgrün; ein grotes ist rot.

Beiden Hypothesen liefern unterschiedliche Beiden Hypothesen liefern unterschiedliche Voraussagen: Es können nicht beide zugleich wahr sein!

1019SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1020: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

FazitFazit

Zu jeder Hypothese gibt es eine Vielzahl mit dieserZu jeder Hypothese gibt es eine Vielzahl mit dieserinkompatibler Hypothesen, die sich durch einebeliebige endliche Datenmenge gleich gut bestätigenbeliebige endliche Datenmenge gleich gut bestätigenlassen.

1020SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1021: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Lässt sich Goodmans Paradox lösen indem wir Lässt sich Goodmans Paradox lösen, indem wir verlangen, dass in unseren Hypothesen nur einfachePrädikate (wie „grün“) und keine komplexen, Prädikate (wie „grün ) und keine komplexen, zusammengesetzten Prädikate (wie „grot“) verwendet werden?

1021SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1022: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

grotgrot

blün

grün (vor Juli 2011 grot danach blün)

Wir können grün“ unter Zuhilfenahme eines

grün (vor Juli 2011 grot, danach blün)Juli 2011

Wir können „grün unter Zuhilfenahme eines weiteren Prädikates, nämlich „blün“ definieren. Ein Gegenstand sei blün, wenn er vor Juli 2011 blau und Gegenstand sei blün, wenn er vor Juli 2011 blau und danach grün ist.

Damit lässt sich das nun komplexe Prädikat „grün“ definieren als eine Eigenschaft, die ein Gegenstand dann besitzt, wenn er vor Juli 2011 grot und danach blün ist.

1022SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1023: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

FazitFazit

Welches Prädikat komplex und welches einfach ist Welches Prädikat komplex und welches einfach ist, hängt davon ab, wo wir beginnen! Wir können den Fall auch so konstruieren, dass „grün“ komplex und Fall auch so konstruieren, dass „grün komplex und „grot“ einfach ist.

1023SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1024: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Goodmans pragmatische Lösung: entrenchment (Verankerung)entrenchment (Verankerung)

1024SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1025: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wir benutzen das Prädikat grün und nicht das Wir benutzen das Prädikat grün und nicht das Prädikat grot in unseren wissenschaftlichen Hypothesen, weil grün in unsere wissenschaftliche Hypothesen, weil grün in unsere wissenschaftliche Praxis tiefer verankert ist als grot.

Aber prinzipiell hätten wir es auch anders machen können.

1025SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1026: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

EntrenchmentEntrenchment

Ein Begriff P ist zu einem Zeitpunkt t tiefer verankertEin Begriff P ist zu einem Zeitpunkt t tiefer verankertals ein Begriff Q genau dann, wenn P in der Zeit vor t häufiger verwendet wurde als Q.t häufiger verwendet wurde als Q.

Plausibel?1026

Plausibel?SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1027: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ZusammefassungZusammefassung

Das H D Modell der Bestätigung wissenschaftlicher Das H-D-Modell der Bestätigung wissenschaftlicher Hypothesen ist unzureichend, um die Bestätigungs-Beziehung angemessen zu charakterisieren!Beziehung angemessen zu charakterisieren!

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Poppers FalsifikationismusPoppers Falsifikationismus

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Page 1029: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Karl [Raimund] Popper(1902-1994)(1902-1994)

Popper gilt als einer der einflussreichsten Autoren auf den Gebieten der Wissenschaftstheorie sowie der politischen Philosophie E k itisie te den Logischen Empi ism s nd Philosophie. Er kritisierte den Logischen Empirismus und dessen Sichtweise der wissenschaftlichen Methode. In die politische Theorie ist er als wichtiger Kritiker des Marxismus eingegangen. Popper wurde 1965 von der Queen Elizabeth II geadelt.Queen Elizabeth II geadelt.

Logik der Forschung (1934); The Open Society and ItsEnemies (1945); Conjectures and Refutations (1965); Objective Knowledge (1972); The Self and Its Brain (1977)Objective Knowledge (1972); The Self and Its Brain (1977)

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Page 1030: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Deduktion vs. InduktionDeduktion vs. Induktion

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Page 1031: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

d k i (d d k i ) I d k i (i d k i A )Deduktion (deduktive Argumente)

Alle Menschen sind sterblich.Sokrates ist ein Mensch

Induktion (induktive Argumente)

Dieser beobachtete Rabe ist schwarz.Jener beobachtete Rabe ist schwarzSokrates ist ein Mensch.

Also: Sokrates ist sterblich.

D d kti A t i d

Jener beobachtete Rabe ist schwarz.

Also: Alle Raben sind schwarz.

I d kti A t i dDeduktive Argument sind:

nicht erkenntniserweiternd: Wir lernen nichts dazu, wenn wir eine Konklusion i h

Induktive Argumente sind:

erkenntniserweiternd: Wir lernen etwas neues hinzu.

ziehen.

notwendig wahrheitserhaltend: Wenn die Prämissen wahr sind, dann muss die K kl i b f ll h i

nicht notwendig wahrheitserhaltend: Ein induktives Argument kann trotz wahrer Prämissen eine falsche Konklusion besitzen.

Konklusion ebenfalls wahr sein.

erosionsbeständig: Die Hinzufügung neuer Prämissen verändern nicht die Gültigkeit i d d kti A t

nicht erosionsbeständig: Neue Prämissen unterminieren die Gültigkeit eines induktiven Arguments.

eines deduktiven Arguments.

absolut: Die Gültigkeit eines deduktiven Arguments kennt keine Grade.

graduell: Die Prämissen können die Konklusion in unterschiedlicher Stärke stützen.

1031SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1032: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das klassische Bild:Hypothesenbildung und BestätigungHypothesenbildung und Bestätigung

1032SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1033: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wissenschaftliche Hypothesenbildung(Entdeckungszusammenhang)

Bestätigung wiss. Hypothesen(Rechtfertigungszusammenhang)( g g)

Dieser beobachtete Rabe ist schwarz. (Beobacht.)Jener beobachtete Rabe ist schwarz. (Beobacht.)Also: Alle Raben sind schwarz (Hypothese)

( g g g)

Alle Raben sind schwarz. (Hypothese)Dies ist ein Rabe. (Randbedingung)Also: Er ist schwarz (beobachtbare Konsequenz)Also: Alle Raben sind schwarz. (Hypothese)

Das Aufstellen allgemeiner Hypothesen geschieht über induktive Verallge-

i di B b ht

Also: Er ist schwarz. (beobachtbare Konsequenz)

Hypothesen werden anhand ihrer beobachtbaren Konsequenzen (graduell) b täti tmeinerungen, die unsere Beobachtungen

„zusammenfassen“.

Hypothesenbildung beruht auf

bestätigt.

Bestätigung beruht auf akkumulierter Beobachtung.yp g

akkumulativer Beobachtung.

Humes Induktionsskepsis: Es gibt keinerlei Rechtfertigung für induktive

g

Goodmans neues Rätsel der Induktion: Jede Bestätigung einer Hypothese gilt immer zugleich als eine Bestätigung vieler anderer keinerlei Rechtfertigung für induktive

Schlüsse.

Das Problem der alternativen

zugleich als eine Bestätigung vieler anderer inkompatibler Hypothesen.

Hempels Rabenparadox: Hypothesen Hypothesen: Ein und dieselben Beobachtungen rechtfertigen eine Vielzahl inkompatibler Hypothesen.

scheinen sich auch durch irrelevante Beobachtungen stützen zu lassen.

1033SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1034: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Poppers Falsifikationismus: Vermutungen und WiderlegungenVermutungen und Widerlegungen

1034SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1035: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wissenschaftliche Hypothesenbildung

Bestätigung wiss. Hypothesen(Rechtfertigungszusammenhang)Hypothesenbildung

(Entdeckungszusammenhang)

Wissenschaft beginnt nie mit

(Rechtfertigungszusammenhang)

Beobachtungen können zwar nie die Wahrheit wissenschaftlicher Hypothesen Wissenschaft beginnt nie mit

Beobachtungen (induktiv), sondern immer mit Vermutungen (deduktiv).

Wahrheit wissenschaftlicher Hypothesen begründen (Verifikation), wohl aber ihre Falschheit (Falsifikation). Die Beobachtung eines schwarzen Schwans falsifiziert die Hypothese ein für alle

The work of the scientist consists in putting forward and testing theories. The initial stage, the act of

falsifiziert die Hypothese ein für alle mal, dass alle Schwäne weiß sind.

Poppers Bild: Der Wissenschaftler conceiving or inventing a theory, seems to me neither to call for logicalanalysis nor to be susceptible of it. The question how it happens that a

stellt Vermutungen auf und versucht diese durch Experimente und Beobachtungen zu widerlegen. Wenn eine Vermutung eine Reihe von Tests The question how it happens that a

new idea occurs to a man ... may beof great interest to empiricalpsychology; but it is irrelevant to the

gerfolgreich überstanden hat, dann kann sie vorläufig akzeptiert werden. Eine Theorie, ein Gesetz oder eine wissenschaftliche Hypothese sind nie

logical analysis of scientificknowledge.(Popper, Logic of Inquiry)

ypmit Gewissheit wahr. Sie können sich bei der nächsten Testgelegenheit als falsch herausstellen.

1035SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1036: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Keplers Entdeckung der elliptischen Bahn der PlanetenKeplers Entdeckung der elliptischen Bahn der PlanetenEin Beispiel

Kepler entdeckte, dass sich der Mars in einer elliptischen Bahn um die Sonne bewegt. Wie hat er das gemacht?

Kepler ging davon aus, dass der Orbit der Planeten die Sonne statt die Erde ist. Außerdem vermutete er, dass die Bewegung der Planeten entweder zirkulär oder zusammengesetzt aus gwenigen zirkulären Bewegungen ist.

Er bildete nacheinander drei Hypothesen

1036

Er bildete nacheinander drei Hypothesen.

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1037: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

1 Der Orbit des Mars ist ein Kreis um ein Zentrum C welches 1. Der Orbit des Mars ist ein Kreis um ein Zentrum C, welches sich ein wenig von der Sonne entfernt befindet.

2 De O bit des Ma s set t sich a s ei K eisen sammen 2. Der Orbit des Mars setzt sich aus zwei Kreisen zusammen, deren zusammengesetzte Form eiförmig ist, wobei das spitze Ende den sonnennächsten Punkt des Mars bildet.

3. Der Orbit des Mars ist eine Ellipse mit der Sonne in einem der Zentren.

1037SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1038: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Jede der Hypothesen die Kepler nacheinander aufgestellt hat Jede der Hypothesen, die Kepler nacheinander aufgestellt hat, hat er sorgfältig mit den empirischen Daten verglichen.

Die e sten beiden Ve m t ngen m sste e a fg nd ih e Die ersten beiden Vermutungen musste er aufgrund ihrer Nichtübereinstimmung mit den verfügbaren Daten verwerfen; nur die dritte Hypothese widerstand allen ihm verfügbaren Kenntnissen über die Bewegung des MarsKenntnissen über die Bewegung des Mars.

Diese ist als das Keplersche Gesetz in die Wissenschaftsgeschichte eingegangen.

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Kepler hat zunächst einfache Vermutungen angestelltKepler hat zunächst einfache Vermutungen angestellt.

Er hat dann die daraus folgenden Konsequenzen mit dem beobachteten Daten e glichenbeobachteten Daten verglichen.

Er hat schließlich diejenigen Hypothesen verworfen, deren j g yp ,Konsequenzen nicht mit den beobachteten Daten im Einklang standen.

Hypothesenbildung ist kreativ.Hypothesentesten ist falsifikatorisch.

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ProblemeProbleme

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Stellen wir uns vor eine Theorie T sei zu einem Zeitpunkt t1Stellen wir uns vor, eine Theorie T sei zu einem Zeitpunkt t1von einem Wissenschaftler (Dr. E) aufgestellt worden.

Z t gibt es noch keine E iden en fü T so dass es sich m Zu t1 gibt es noch keine Evidenzen für T, so dass es sich um eine reine Vermutung handelt.

Zwischen t1 und t2 jedoch haben Dr. E und seine Kollegen gezeigt, dass sich mit T eine ganze Reihe von Beobachtungen erklären lassen. Außerdem haben sie T einer ganzen Reihe experimenteller Tests unterzogen, von denen sich jeder einzelne als Erfolg herausgestellt hat.

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IntuitionIntuition

Für T hat es zu t1 keine Rechtfertigung durch Für T hat es zu t1 keine Rechtfertigung durch Evidenzen gegeben, aber zu t2 liegen starke empirische Evidenzen für T vor, die uns

htf ti T l i t Th i i d rechtfertigen, T als eine gute Theorie in der Wissenschaftspraxis weiter zu verwenden.

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Aus Poppers These dass es nur Widerlegungen aber Aus Poppers These, dass es nur Widerlegungen, aber keine Bestätigung für eine wissenschaftliche Theorie geben kann, folgt, dass T zu t1 eine ebenso

b d llunbestätigte Vermutung darstellt wie zu t2.

D i t k t i t itiDas ist kontraintuitiv.

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Wir müssen zeigen können wie wissenschaftliche Vermutungen Wir müssen zeigen können, wie wissenschaftliche Vermutungen durch Evidenzen, die sie bestätigen, gerechtfertigt werden können.

Bewährungsgrad einer Theorie: Je häufiger eine Theorie dem Versuch der Widerlegung widerstanden hat, desto höher ist ihr BewährungsgradBewährungsgrad.

Der Begriff des Bewährungsgrades entspricht genau unserem alten Begriff der (graduellen) Bestätigung einer Theorie (Hypothese), wodurch wir uns genau die Probleme wieder einhandeln, die Popper vermeiden wollte!

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All R b i d h E ibt iß R b

Die Asymmetrie zwischen All- und Existenzaussagen

Alle Raben sind schwarz.

Diese Aussage lässt sich durch die Beobacht ng on sch a en Raben n

Es gibt weiße Raben.

Diese Aussage lässt sich durch die Beobacht ng on sch a en Raben n Beobachtung von schwarzen Raben nur

graduell (induktiv) bestätigen.

Sie lässt sich jedoch durch die

Beobachtung von schwarzen Raben nur graduell (induktiv) falsifizieren.

Sie lässt sich jedoch durch die Sie lässt sich jedoch durch die Beobachtung eines einzigen nichtschwarzen Raben absolut (deduktiv) falsifizieren.

Sie lässt sich jedoch durch die Beobachtung eines einzigen weißen Rabens absolut (deduktiv) verifizieren.

Dies ist ein weißer Rabe.Nicht alle Raben sind schwarz.

Dies ist ein weißer Rabe.Es gibt weiße Raben.g

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Es gibt keinen intrinsischen Zusammenhang zwischen Es gibt keinen intrinsischen Zusammenhang zwischen Verifikation/Bestätigung und induktiven (graduellen) Argumenten bzw. Falsifikation/Widerlegung und deduktiven (absol ten) A g menten(absoluten) Argumenten.

Ob sich eine Hypothese absolut oder nur graduell Ob sich eine Hypothese absolut oder nur graduell bestätigen/falsifizieren lässt, hängt von ihrer logischen Form und nicht von der angewandten Methode ab.

Verifikation und Falsifikation sitzen im selben Boot!

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Duhems HolismusDuhems Holismus

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Pierre [Maurice M.] Duhem (1861-1916)

Duhem war ein bedeutender Physiker und Mathematiker, der an der Universität von Bordeaux theoretische Physik lehrte. Auf dem Gebiet der Wissenschaftstheorie lieferte es sich einen heftigen Disput mit Poincaré Seine sich einen heftigen Disput mit Poincaré. Seine bedeutendste Entdeckung, nämlich dass bei der empirischen Bestätigung einer Hypothese stets ein Gefüge weiterer Annahmen vorausgesetzt werden muss, ist als Duhem-Quine These in die Geschichte eingegangen.Duhem Quine These in die Geschichte eingegangen.

The Aim and Structure of Physical Theory (1904/05); The Value of Science (1904/05); Physics of a Believer (1905); To Save the Phaenomena (1908)To Save the Phaenomena (1908)

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Page 1049: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ist es überhaupt möglich eine Hypothese durchIst es überhaupt möglich, eine Hypothese durchwiderstreitende Beobachtungen zu falsifizieren?

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H-D-Testmodell (H & A & A & A ) → OH-D-Testmodell (H & A1 & A2 & A2) → O

H ... Hypothese, die überprüft werden sollA1, A2, A2 ... Zusatzannahmen und RandbedingungenO ... Beobachtungssatz

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Angenommen O tritt nicht ein Dann gilt nicht-O Angenommen, O tritt nicht ein. Dann gilt nicht-O und das impliziert:

nicht (H & A1 & A2 & A2)

… und das ist äquivalent mit:

(nicht H) oder (nicht A1) oder (nicht A2) oder(nicht A3)

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FazitFazit

Wir können aus dem Fehlschlagen eines empirischen Wir können aus dem Fehlschlagen eines empirischen Tests nur schließen, dass entweder unsere Hypothese oder eine oder mehrere Zusatzannahmen f l h i d W d di B b ht h di L ik falsch sind. Weder die Beobachtung, noch die Logik kann uns zeigen, welche der verschiedenen Annahmen wir verwerfen sollen!

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Page 1053: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kein Experiment ist in der Lage eine einzelne Kein Experiment ist in der Lage, eine einzelne Hypothese zu falsifizieren.

Was auf dem Prüfstand der Erfahrung steht, ist immer eine ganze Theorie, bzw. eine Theorie immer eine ganze Theorie, bzw. eine Theorie zusammen mit einem ganzen Netz von Zusatzannahmen.

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Wenn sich aus der Theorie zusammen mit den Wenn sich aus der Theorie zusammen mit den Zusatzannahmen empirische Konsequenzen ableiten lassen, die unseren Beobachtungen oder unseren lassen, die unseren Beobachtungen oder unseren experimentellen Tests widersprechen, dann steht es uns frei, an einer beliebigen Hypothese festzuhalten und die Theorie an einer anderen Stelle so zu verändern, dass sie wieder mit den empirischen Daten im Einklang stehtDaten im Einklang steht.

1054SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Poincarés KonventionalismusPoincarés Konventionalismus

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[Jules] Henry Poincaré (1854-1912)

P i é i t i b d t d M th tik Poincaré ist ein bedeutender Mathematiker, Physiker und Wissenschaftstheoretiker, welcher in Paris lehrte. Er interessierte sich für nicht-Euklidische Geometrie, entdeckte einen Vorläufer ,der speziellen Relativitätstheorie und formulierte wichtige Gesetze in der Chaostheorie. In wissenschaftstheoretischer Perspektive gilt er als Beg ünde des Kon entionalism sBegründer des Konventionalismus.

Science and Hypothesis (1902); The Value ofScience (1905); Science and Method (1908)Science (1905); Science and Method (1908)

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Welchen Status haben die Axiome derGeometrie?Geometrie?

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Page 1058: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kant betrachtete die Axiome der Euklidischen Kant betrachtete die Axiome der Euklidischen Geometrie als synthetische Urteile a priori (d.h. als Urteile, die vor aller Erfahrung liegen und l h l d d d l hk dgleichzeitig als die Bedingung der Möglichkeit der

räumlichen Erfahrung gelten).

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Hilbert und Lobachevsky haben die Geometrie Hilbert und Lobachevsky haben die Geometrie weiterentwickelt und gezeigt, dass sich alternative Geometrien entwickeln lassen, die dieselbe logische

d h h d kl d hund mathematische Legitimität wie die Euklidische Geometrie besitzen.

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Poincaré stellte verschiedene Geometrie-Poincaré stellte verschiedene Geometrie-Axiomensysteme und deren Anwendungen vor und bezeichnet sie als verschiedene „Sprachen“.

In der wissenschaftlichen Arbeit wählen das t i h S t l h b t “ geometrische System, welches am „bequemsten“

ist: „unsere Geometrie ist nicht wahr, sondern sie ist vorteilhaft“.

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Die geometrischen Axiome sind weder Die geometrischen Axiome sind ... weder synthetische Urteile a priori noch experimentelle Tatsachen. Es sind auf Übereinkommen beruhende

ll l hFestsetzungen; unter allen möglichen Festsetzungen wird unsere Wahl von experimentellen Tatsachen geleitet; aber sie bleibt frei und ist nur durch die geleitet; aber sie bleibt frei und ist nur durch die Notwendigkeit begrenzt, jeden Widerspruch zu vermeiden ... Mit anderen Worten: die geometrischen Axiome sind nur verkleidete geometrischen Axiome ... sind nur verkleidete Definitionen.(Poincaré, Science and Hypothesis)

1061

(Poincaré, Science and Hypothesis)

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Welchen Status habenwissenschaftliche Hypothesen?wissenschaftliche Hypothesen?

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Wenn wir ein mathematisches Gesetz finden Wenn wir ein mathematisches Gesetz finden möchten, das eine gegebene Serie von Beobachtungen beschreiben soll, dann interpolieren

bl h d f h bwir üblicherweise die einfachste Linie eines gegeben Graphen von Punkten. Diese Entscheidung beruht nicht „in der Natur der Sache“, sondern sie geschieht nicht „in der Natur der Sache , sondern sie geschieht rein konventionell.

Obwohl wissenschaftliche Theorien auf Erfahrung beruhen, so sind sie doch weder verifizier- noch falsifizierbar durch die Erfahrung allein!

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falsifizierbar durch die Erfahrung allein!SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Feyerabend: Anything goesFeyerabend: Anything goes

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Paul [Karl] Feyerabend (1924-1994)

Der österreichische Philosoph Paul Feyerabend beschäftigte sich vorwiegend mit der Wissenschaftstheorie, Erkenntnistheorie und den sozialen Folgen der Erkenntnistheorie und den sozialen Folgen der Wissenschaft. In seinem wichtigsten Werk (Wider den Methodenzwang) behauptete er, dass der Wissenschaftsfortschritt hauptsächlich durch Irrtümer, Irrationalitäten und abgelehnte Theorien zustande Irrationalitäten und abgelehnte Theorien zustande gekommen ist.

Wider den Methodenzwang (1974); Science in Free Society(1978); Wissenschaft als Kunst (1984)(1978); Wissenschaft als Kunst (1984)

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Der Gedanke die Wissenschaft könne und sollte nach festen und Der Gedanke, die Wissenschaft könne und sollte nach festen und allgemeinen Regeln betrieben werden, ist sowohl wirklichkeitsfern als auch schädlich. Er ist wirklichkeitsfern, weil er sich die Fähigkeiten des Menschen und die Bedingungen ihrer Entwicklung zu einfach vorstellt. Menschen und die Bedingungen ihrer Entwicklung zu einfach vorstellt. Und er ist schädlich, weil der Versuch, die Regeln durchzusetzen, zur Erhöhung der fachlichen Fähigkeiten auf Kosten unserer Menschlichkeit führen muss. Außerdem ist der Gedanke für die Wissenschaft selbst von Nachteil, denn er vernachlässigt die komplizierten physikalischen und historischen Bedingungen des Fortschritts. ... Alle Methodologien haben ihre Grenzen, und die geinzige ‚Regel‘, die übrigbleibt, lautet ‚Anything goes‘.

Paul Feyerabend, Wider den Methodenzwang

1066

Paul Feyerabend, Wider den Methodenzwang

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VerifikationismusFalsifikationismusFalsifikationismus

HolismusKonventionalismus

Wenn die wissenschaftlichen Methodologien als

Konventionalismus

Wenn die wissenschaftlichen Methodologien als Regeln aufgefasst werden, die vorschreiben, wie sich ein Wissenschaftler in einer realistischen Situation ein Wissenschaftler in einer realistischen Situation entscheiden soll, dann sind diese nach Ansicht Feyerabends nicht nur wirklichkeitsfern, sondern schädlich.

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InkommensurabilitätInkommensurabilität

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Page 1069: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

In einigen Fällen können sich die Prinzipien zweier In einigen Fällen können sich die Prinzipien zweier rivalisierender Theorien so radikal voneinander unterscheiden, dass beide Theorien keine einzige

b h h bBeobachtungsaussage gemeinsam haben! Dann ist es nicht möglich, die beiden Theorien sinnvoll miteinander zu vergleichen. Sie sind daher miteinander zu vergleichen. Sie sind daher inkommensurabel.

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Klassische Mechanik: Physikalische Objekte besitzen eine Klassische Mechanik: Physikalische Objekte besitzen eine Form, eine Masse und ein Volumen und diese Eigenschaften können nur durch physikalische Wechselwirkungen verändert werden.werden.

Relativitätstheorie: Eigenschaften wie Form, Masse oder Volumen existieren nicht als solche Sie werden zu Relationen Volumen existieren nicht als solche. Sie werden zu Relationen zwischen physikalischen Objekten und einem Bezugsrahmen und können daher ohne eine physikalische Wechselwirkung verändert werden indem man von einem Bezugsrahmen zum verändert werden, indem man von einem Bezugsrahmen zum anderen wechselt.

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Page 1071: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Jeder Beobachtungsaussage über Gegenstände in Jeder Beobachtungsaussage über Gegenstände in der klassischen Mechanik kommt eine grundsätzlich andere Bedeutung zu als einer ähnlichen

b h h lb dBeobachtungsaussage innerhalb der Relativitätstheorie!

1071SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1072: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kuhns ParadigmenKuhns Paradigmen

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Thomas [Samuel] Kuhn (1922-1996)

Kuhn gilt als einer der wichtigsten amerikanischen Wissenschaftstheoretiker. Er lehrte in Berkeley und später am MIT Philosophie und später am MIT Philosophie und Wissenschaftsgeschichte. Sein wichtigstes Werk „Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“ schrieb er schon als Student in Havard. Er gilt als

d h k deiner der wichtigsten Kritiker des Falsifikationismus.

Th St t f S i tifi R l ti (1962)The Structure of Scientific Revolutions (1962)

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Page 1074: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der Grundzug von Kuhns Theorie ist die Betonung des Der Grundzug von Kuhns Theorie ist die Betonung des revolutionären Charakters wissenschaftlichen Fortschritts.

Eine Re ol tion in de Wissenschaft füh t endgültigen Eine Revolution in der Wissenschaft führt zur endgültigen Aufgabe eines wissenschaftlichen Paradigmas, welches durch ein anderes Paradigma, mit einer unvereinbaren (inkommensurablen) Struktur ersetzt wird(inkommensurablen) Struktur ersetzt wird.

Wissenschaftlicher Fortschritt ist disruptiv!

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Vor-Wissenschaft (keine Prinzipien, keine M th d )Methoden)

Normalwissenschaft (Prinzipien, Methoden, Schwierigkeiten)

Krise (Schwierigkeiten nehmen überhand)( g )

Revolution (neue Prinzipien, neue Methoden)Revolution (neue Prinzipien, neue Methoden)

Normalwissenschaft (neue Prinzipien neue Normalwissenschaft (neue Prinzipien, neue Methoden, neue Schwierigkeiten)

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Page 1076: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Paradigmen und NormalwissenschaftParadigmen und Normalwissenschaft

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Page 1077: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Probleme und Rätsel eines Paradigmas sind Die Probleme und Rätsel eines Paradigmas sind entweder theoretischer Natur (Beispiel: Berechnung der Planetenbewegungen) oder instrumenteller

( l l k hNatur (Beispiel: Präzisierung teleskopischer Betrachtungen).

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Page 1078: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Scheitern bei der Lösung paradigmatischer Das Scheitern bei der Lösung paradigmatischer Probleme wird als Scheitern des Wissenschaftlers und nicht als Scheitern des Paradigmas gewertet.

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Page 1079: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein Wissenschaftler steht dem Paradigma in Ein Wissenschaftler steht dem Paradigma, in welchem er arbeitet, unkritisch gegenüber.

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Page 1080: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Ausbildung eines Wissenschaftlers innerhalb Die Ausbildung eines Wissenschaftlers innerhalb eines Paradigmas besteht im Lösen von Standardproblemen, der Anwendung der Theorie auf

d d d f hStandardsituationen sowie dem Ausführen von Standardexperimenten, die ihn mit den Methoden und Techniken des Paradigmas vertraut machen.und Techniken des Paradigmas vertraut machen.

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Page 1081: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Probleme die sich einer Lösung widersetzen werden Probleme, die sich einer Lösung widersetzen, werden eher als Anomalien im Paradigma statt als Falsifikationen des Paradigmas betrachtet.

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Page 1082: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Krise und RevolutionKrise und Revolution

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Page 1083: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Zu einer Krise kommt es wenn Zu einer Krise kommt es, wenn …

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Page 1084: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

eine Anomalie die entscheidenden Grundlagen … eine Anomalie die entscheidenden Grundlagen eines Paradigmas bedroht.

1084SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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sich eine Anomalie in Bezug auf das soziale … sich eine Anomalie in Bezug auf das soziale Umfeld nicht länger bagatellisieren lässt.

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Page 1086: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

es zu viele Anomalien gibt oder die Zeitspanne … es zu viele Anomalien gibt oder die Zeitspanne ihrer Resistenz zu groß wird.

1086SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1087: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

sich ein ein rivalisierendes Paradigma einstellt… sich ein ein rivalisierendes Paradigma einstellt.

1087SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1088: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Paradigmen lösen sich nicht so voneinander ab dass das Die Paradigmen lösen sich nicht so voneinander ab, dass das eine die Anomalien des anderen löst.

Ein neues Paradigma bringt gewöhnlich ganz andere Fragestellungen mit sich. Die Problemstellungen des alten Paradigmas werden als obsolet oder müßig betrachtet.Paradigmas werden als obsolet oder müßig betrachtet.

Rivalisierende Paradigmen erachten unterschiedliche Fragen als legitim oder bedeutsam!

1088SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1089: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Inkommensurabilität von wissenschaftlichen Paradigmenwissenschaftlichen Paradigmen

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Page 1090: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Anhänger rivalisierender Paradigmen leben in verschiedenen Anhänger rivalisierender Paradigmen leben „in verschiedenen Welten“.

Weil die Fragen, Problemstellungen und überhaupt die Ansicht, was eigentlich die Phänomene sind, die die Theorie zu erklären hat, für zwei rivalisierende Paradigmen so extrem hat, für zwei rivalisierende Paradigmen so extrem unterschiedlich sind, kann es nach Kuhn kein logisches oder empirisches Argument geben, dass die Überlegenheit des einen über das andere Paradigma beweist und das darüber einen über das andere Paradigma beweist und das darüber hinaus einen vernunftgeleiteten Wissenschaftler zwingen könnte, den Wandel zu vollziehen.

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Wenn zwei Paradigmen keine wissenschaftlichen Wenn zwei Paradigmen keine wissenschaftlichen Standards miteinander teilen, dann gibt es keine gemeinsamen Voraussetzungen, vor welchen sich gemeinsamen Voraussetzungen, vor welchen sich stringente Argumentationen für und wider eine Theorie überhaupt entwickeln lassen.

Rivalisierende Paradigmen sind einander inkommensurabel!

1091SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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W i t i tli h iWas ist eigentlich eine wissenschaftlichewissenschaftliche Theorie?

1092SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1093: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Problem theoretischer TermeDas Problem theoretischer Terme

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Page 1094: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Problem der Bestätigung einer HypotheseDas Problem der Bestätigung einer Hypothesekommt dadurch zustande, dass wissenschaftliche Hypothesen über ihre stützenden Belege Hypothesen über ihre stützenden Belege hinausgehen.

Eine Hypothese wie „Alle Raben sind schwarz“ kann falsch sein, obwohl jeder bisher beobachtete Rabe schwarz war.

1094SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1095: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Theorien gehen gewöhnlich noch viel weitgehender Theorien gehen gewöhnlich noch viel weitgehender über ihre Belege hinaus. Sie berufen sich auf ungewöhnliche und in vielerlei Hinsicht ungewöhnliche und in vielerlei Hinsicht unbeobachtbare Entitäten, wie Neutrinos, Kräfte, Felder, Triebe oder Motive.

Hier stellen sich nicht nur Probleme der Realität der eingeführten Entitäten, sondern auch Fragen hinsichtlich der empirischen Signifikanz der von einer Theorie postulierten Gegenstände

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einer Theorie postulierten Gegenstände.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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In welchem Verhältnis stehen die theoretischen In welchem Verhältnis stehen die theoretischen Gegenstände, welche eine Theorie postuliert, zu den experimentellen Daten, die sie stützen bzw. experimentellen Daten, die sie stützen bzw. widerlegen?

1096SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1097: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der klassische AnsatzDer klassische Ansatz

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Page 1098: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eine wissenschaftliche Theorie ist eine Menge von Sätzen,

Rudolf Carnap(1891-1970)

die in einer Sprache mit spezifischem Vokabular und klarangegebener Struktur formuliert sind.

Theoretische Prinzipienmathematisch formulierte Axiomeder Theorie

Theoretische TermeGrundbegriffe der Theorie, diesich nicht auf Beobachtbares

Beispiel: P x V = const. beziehenBeispiel: kinetische Energie,Positron

KorrespondenzregelnVerfahren der Messung dereinzelnen Symbole Beobachtungsterme

Beispiel: p sei der Druck aneinem Druckmessgerät

Ausdrücke, die einenempirischen Gehalt besitzenBeispiel: ist rot, wiegt 3 Tonnen

1098SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1099: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Theorien sind dem klassichen (syntaktischen) Ansatz Theorien sind dem klassichen (syntaktischen) Ansatz zufolge uninterpretierte Mengen von Sätzen, die in bestimmten mathematischen oder logischen in bestimmten mathematischen oder logischen Beziehungen zueinander stehen.

1099SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1100: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Theorien enthalten außerdem Theorien enthalten außerdem Korrespondenzregeln, durch welche den theoretischen Termen in den Prinzipien der Theorie theoretischen Termen in den Prinzipien der Theorie eine beobachtungsbezogene (oder messbare) Bedeutung verliehen wird. Erst dadurch wird den Theorien empirischer Gehalt verliehen.

1100SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1101: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Operationalismus: Ein theoretischer Term ist Operationalismus: Ein theoretischer Term ist synonym mit der „Menge von Operationen“, durch die er bestimmt oder gemessen wird.die er bestimmt oder gemessen wird.

1101SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1102: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eine Theorie im klassischen Sinn ist eine Menge von Eine Theorie im klassischen Sinn ist eine Menge von Sätzen, denen durch Korrespondenzregeln einempirischer Gehalt verliehen wird.empirischer Gehalt verliehen wird.

1102SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1103: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Verdienste der klassischen PositionVerdienste der klassischen Position

1103SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1104: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Klärung des Unterschieds zwischen Klärung des Unterschieds zwischen …

Theorie als solcheTheorie als solche

Anwendungsbereich einer Theorieg

1104SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1105: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Erklärung wie theoretische Terme ( Kraft“ Feld“ Erklärung, wie theoretische Terme („Kraft , „Feld , „das Unbewusste“ usw.) empirische Signifikanzerlangen können

Korrespondenzregeln bauen eine Brücke zwischen th ti h P i i i d F kt d theoretischen Prinzipien und Fakten der Beobachtung.

1105SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1106: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Anwendung des hypothetisch-deduktivenAnwendung des hypothetisch-deduktiven Modells der Bestätigung

1106SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1107: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Unterscheidung zwischen Entdeckungs- und Unterscheidung zwischen Entdeckungs- und Bestätigungsdimension

Worauf es ankommt, ist die begriffliche Struktur der Theorie und die Verfahren, mit deren Hilfe man sie

f di P b t ll kauf die Probe stellen kann.

1107SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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ProblemeProbleme

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Die grundlegende Schwierigkeit der klassischen Die grundlegende Schwierigkeit der klassischen Auffassung liegt in der Überzeugung, beobachtungsbezogene Daten seien das Urgestein beobachtungsbezogene Daten seien das Urgestein für Theorien. Jede Theorie sei zu prüfen, ob sie die beobachtungsbezogenen Daten angemessen wiedergibt.

Das ist eine zu naive Auffassung.

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Was als die Daten einer Theorie gilt das hängt von Was als die Daten einer Theorie gilt, das hängt von den Theorien im Hintergrund ab.

Ohne Theorien gibt es in der Wissenschaft gar keine Beobachtungen.

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Beobachtungsaussagen können nur so genau sein Beobachtungsaussagen können nur so genau sein, wie das begriffliche Gerüst der Sprache (Theorie), das sie verwenden. In der Physik beispielsweise ist d ff f “ d k lder Begriff „Kraft“ ein präziser Ausdruck, weil er eine zentrale Rolle in der Newtonschen Mechanik spielt; in der Alltagssprache ist der Begriff „Kraft“ ungenau, in der Alltagssprache ist der Begriff „Kraft ungenau, weil unsere Alltagstheorien mannigfaltig und ungenau sind.

Präzise formulierte Theorien sind Voraussetzung für präzise Voraussagen

1111

Voraussetzung für präzise Voraussagen.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Jede Beobachtungsaussage ist fehlbar Um die Jede Beobachtungsaussage ist fehlbar. Um die Wahrheit einer Beobachtungsaussage (wie „Dies ist ein Stück Kreide.“) nachzuweisen, muss man sich

f d h h dauf eine oder mehrere Theorien stützen; und je zuverlässiger die Gültigkeit nachgewiesen werden soll, desto umfassender muss das herangezogene soll, desto umfassender muss das herangezogene theoretische Wissen sein.

Beobachtungsaussagen sind ebenso fehlbar wie die Theorien, derer sie bedürfen.

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Der semantische AnsatzDer semantische Ansatz

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Bas van Fraassen*1941

Der Grundbegriff des semantischen Ansatzes ist nicht der einer Der Grundbegriff des semantischen Ansatzes ist nicht der einer Menge von Sätzen, sondern der eines Modells.

Ein theoretisches Modell postuliert eine Menge von Gegenständen, deren Eigenschaften und Verhalten durch spezifische Gesetze wiedergegeben wird.spezifische Gesetze wiedergegeben wird.

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Ein Newtonsches Teilchensystem ist ein Modell Ein Newtonsches Teilchensystem ist ein Modell mit Teilchen als Massepunkten, das die drei Newtonschen Bewegungsgesetze erfüllt.Newtonschen Bewegungsgesetze erfüllt.

Das Molekularmodell des Gases ist ein Modell, in Das Molekularmodell des Gases ist ein Modell, in dem die Moleküle durch elastische Kugeln wiedergegeben werden, die in einem abgeschlossenen Raum Masse und Bewegung haben und den Grundgesetzen der statistischen Mechanik unterliegen

1115

unterliegen.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Ein Modell ist eine idealisierte Wiedergabe eines Ein Modell ist eine idealisierte Wiedergabe eines realen, physikalischen Systems.

Für ein Modell kann es verschiedene sprachliche Formulierungen geben.Formulierungen geben.

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Isomorphie (Strukturgleichheit)

Nach der semantischen Auffassung bestehen Theorien aus Modellen sowie aus der empirischen Hypothese, dass die Modelle die Welt in bestimmten Hinsichten annähernd wiedergeben. Insofern diese Wiedergabe gelingt – insoweit das Modell den Daten angemessen ist – besitzt die Theorie erstens ein Erklärvermögen und kann zweitens durch die Daten gestützt werden.

Modell M

Id li i t G tä d

Physikalische Struktur P

R l G tä d

Isomorphie

• Idealisierte Gegenstände• Beziehungen zwischendiesen Gegenständen• Gesetze die das Verhalten

• Reale Gegenstände• beobachtete Beziehungenzwischen diesen Gegenständen• beobachtetes Verhalten dieser

Erklärung

B täti• Gesetze, die das Verhaltendieser Gegenständebestimmen

• beobachtetes Verhalten dieserGegenstände

Bestätigung

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Der syntaktische Ansatz Der semantische AnsatzDer syntaktische Ansatz Der semantische Ansatz

Fundamental sind die uninterpretiertenSätze der Theorie

Fundamental sind die Modelle, diedurch die Theorie spezifiziert werdenSätze der Theorie. durch die Theorie spezifiziert werden.

Eine Theorie gilt als bestätigt, wenn Eine Theorie gilt als bestätigt, wenng g ,sich aus deren Prinzipien mittels derKorrespondenzregeln empirischeKonsequenzen ableiten lassen.

g g ,das durch Sätze der Theoriebeschriebene Modell isomorph zueinem realen, physikalischenSystem istSystem ist.

Wissenschaftler „konstruieren“ eineabstrakte Wissenschaftssprache,aus der sich mittels weiterer Regelnbeobachtbare Konsequenzen ableiten

Wissenschaftler „konstruieren“ideale, abstrakte Modelle für realeZusammenhänge in der Welt(empirische Systeme)beobachtbare Konsequenzen ableiten

lassen.(empirische Systeme).

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Philosophische Fakultät Institut für Philosophie, Lehrstuhl für Theoretische Philosophie, Dr. Holm Bräuer

5. Metaphysik

1119

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1120SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Metaphysik? Was ist das eigentlichMetaphysik? Was ist das eigentlich …

1121SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1122: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wie die Metaphysik zu ihrem Namenkam …kam …

1122SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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MetaphysikMetaphysik

τα μετα τα ϕυσικα

„dasjenige, was nach der Physik kommt“

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Aristoteles (384-322 v. Chr.)

Aristoteles gehört zu den berühmtesten und einflussreichsten Philosophen der griechischen Antike. Er studierte 20 Jahre an Platons Akademie,

t l St d t ät h l L h S ät zuerst als Student, später auch als Lehrer. Später ging er nach Makedonien, wo er Lehrer von Alexander des Großen war. Als Alexander König wurde, kehrte Aristoteles nach Athen zurück und

d h l h h l dgründete seine eigene Philosophenschule, das Lykeion.

Organon; Physik; Metaphysik; NikomachischeOrganon; Physik; Metaphysik; Nikomachische Ethik; Politik

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Die vierzehn Bücher der Metaphysik des Aristoteles Die vierzehn Bücher der Metaphysik des Aristoteles stellen kein einheitliches Werk dar.

1125SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Erstes BuchErstes Buch

Metaphysik Wissenschaft der ersten und obersten Metaphysik = Wissenschaft der ersten und obersten Ursachen oder Prinzipien

1126SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Zweites BuchZweites Buch

Metaphysik Erforschung der WahrheitMetaphysik = Erforschung der Wahrheit

1127SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Sechstes BuchSechstes Buch

Metaphysik Wissenschaft des Seienden als Metaphysik = Wissenschaft des Seienden als Seiendem

1128SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Sechstes und zwölftes BuchSechstes und zwölftes Buch

Metaphysik philosophische Gotteslehre Metaphysik = philosophische Gotteslehre („Theologie“)

1129SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Substanzbücher (Bücher 7 bis 9)Substanzbücher (Bücher 7 bis 9)

Metaphysik Lehre von den ersten Prinzipien der Metaphysik = Lehre von den ersten Prinzipien der wahrnehmbaren und veränderlichen Substanzen

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Wissenschaft vom Seienden als SeiendemWissenschaft vom Seienden als Seiendem

Seiendes in seinen Attributen Seiendes als solchesSeiendes in seinen Attributen Seiendes als solches

Akzidenzien Substanzen(existieren als Hinzukommendes“) (existieren als solche)(existieren als „Hinzukommendes ) (existieren als solche)

veränderliche, wahrnehmbare unveränderliche, göttlicheSubstanz Substanz

Ontologie Theologie

erste Ursachen und Prinzipien erste Ursachen und Prinzipien derder veränderlichen Welt unveränderlichen Substanz

1131SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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metaphysica generalis

allgemeine Ontologie

metaphysica specialisJohann Micraelius(1597-1658)

theologia rationalis(Philosophische Theologie)

cosmologia rationalis(Philosophische Kosmologie)

Christian Wolff(1679-1754)

psychologia rationalis(Philosophische Psychologie)

(1679 1754)

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Page 1133: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Grundfrage der OntologieDie Grundfrage der Ontologie

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Interessant am Problem der Ontologie istseine Einfachheit. Es kann mit drei deutschenWorten beschrieben werden: „Was gibt es?“Mehr noch, es kann mit einem einzigen Wortbeantwortet werden: „alles“ – und jederwürde diese Antwort als wahr akzeptieren.Doch damit ist noch nicht mehr gesagt alsdass es gibt, was es gibt. Die Möglichkeitverschiedener Auffassungen über einzelneFälle bleibt bestehen und damit hat dann dasProblem auch Jahrhunderte überlebt.

(W.V.O. Quine, „On what there is“)

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Page 1135: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Was gibt es?Was gibt es?

Erfassen eines Begriffs Was ist Bedeutung?W i t Wi ?

Erfassen eines Begriffs durch eine reduktive Definition.Was ist Wissen?

Was ist eine Erklärung?

Definition.(philosophische Analyse)

usw.

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Page 1136: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Lässt sich die Frage nach demLässt sich die Frage nach dem,was es gibt, auch durch eine philosophischeAnalyse beantworten?Analyse beantworten?

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Page 1137: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Was bedeutet es dass etwas existiert?Was bedeutet es, dass etwas existiert?

Was bedeutet es, dass etwas existiert?

1137SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1138: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Grundbegriffe der allgemeinen Ontologie

ExistenzExistenzModalitätIdentität

Was bedeutet es, dass etwas existiert?

Grundlagen der kategorialen Ontologie

DingeEigenschaften

Was bedeutet es dass etwas existiert?SachverhalteEreignisse

Was bedeutet es, dass etwas existiert?

1138SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1139: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Grundbegriffe derGrundbegriffe der allgemeinen Ontologieg g

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Page 1140: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

„Was bedeutet es, dass etwas existiert?“

S k t i t “„Sokrates ist.“existentielle Verwendung{x | x = Sokrates} ≠ ∅

„Sokrates ist ein Mensch.“prädikative VerwendungSokrates ∈ {x | x ist ein Mensch}

seinSokrates ∈ {x | x ist ein Mensch}

„Cicero ist Tullius.“IdentitätIdentitätCicero = Tullius

Ein Mensch ist ein Säugetier “„Ein Mensch ist ein Säugetier.inklusive Verwendung{x | x ist ein Mensch} ⊆ {y | y ist ein Säugetier}

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„Was bedeutet es, dass etwas existiert?“

„Sokrates ist.“existenzielle VerwendungIn der Menge aller, die es gibt, existierteiner, der mit Sokrates identisch ist.

„Sokrates ist ein Mensch.“prädikative VerwendungS k t i t i El t d M d M h

seinSokrates ist ein Element der Menge der Menschen.

„Cicero ist Tullius.“Id i äIdentitätCicero ist identisch mit Tullius.

Ei M h i t i Sä ti “„Ein Mensch ist ein Säugetier.“inklusive VerwendungDie Menge der Menschen ist Teilmenge derMenge der Säugetiere

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Menge der Säugetiere.

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Welche Bedeutung hat das PrädikatWelche Bedeutung hat das Prädikat“existieren”?Was bedeutet es, dass etwas ‘existiert’?Was bedeutet es, dass etwas existiert ?

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Page 1143: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kant: Existenz ist keine EigenschaftKant: Existenz ist keine Eigenschaft

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Page 1144: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wenn ich also ein Ding, durch welche und wie viel P ädik t i h ill d k k t d d h d Prädikate ich will … denke, so kommt dadurch, dass ich noch hinzusetze, dieses Ding ist, nicht das mindeste zu dem Dinge hinzu. … Denke ich mir sogar in einem Ding alle Realität außer einer, so sogar in einem Ding alle Realität außer einer, so kommt dadurch, dass ich sage, ein solches mangelhaftes Ding existiert, die fehlende Realität nicht hinzu, sondern es existiert gerade mit d lb M l b h ft t l i h d ht demselben Mangel behaftet, als ich es gedacht habe, sonst würde etwas anderes, als ich dachte, existieren.

Kant, Kritik der reinen Vernunft

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Page 1145: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Frege, Russell: Existenz als eineEigenschaft höherer OrdnungEigenschaft höherer Ordnung

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Page 1146: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eigenschaften 2 OrdnungEigenschaften 2. Ordnung

Dieser Stuhl ist rot.Dieser Stuhl ist rot.„Rot“ ist eine Eigenschaft 1. Ordnung (Eigenschaft von einem Ding.)

Rot ist eine Farbe.„Farbe“ ist eine Eigenschaft 2. Ordnung(Eigenschaft einer Eigenschaft bzw. Klasse.)

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Page 1147: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eine Eigenschaft 2 Ordnung kann nicht auf Eine Eigenschaft 2. Ordnung kann nicht auf Gegenstände angewendet werden!

# Dieser Stuhl ist eine Farbe.

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Page 1148: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Rot ist eine FarbeRot ist eine Farbe.Die Menge der Farben enthält das Element ROT.

Elefanten existieren.Die Menge der Elefanten besitzt mindestens ein gElement.

1148SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1149: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Zwerge existieren nichtZwerge existieren nicht.Die Menge der Zwerge besitzt kein Element (ist die leere Menge).g )

Pegasus existiert nicht.Die Menge der … ist leer???

Pegasus ist ein ‚Gegenstand‘!

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Carnap, Quine: Existenzquantor und sprachliches Bezugssystemsprachliches Bezugssystem

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Page 1151: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Elefanten existierenElefanten existieren.⇒ Es gibt mindestens ein x, so dass x Elefant ist.

∃x [Elefant (x)]⇒ ∃x [Elefant (x)]

∃ E i t t∃ … Existenzquantorx … gebundene Variable[ ] Sk[...] … Skopus

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Page 1152: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der Quantifikationsbereich [d h die Domäne von Der Quantifikationsbereich [d.h. die Domäne von Gegenständen, die die Variable als Wert annehmen darf] ist abhängig von einer Sprache oder Theorie.darf] ist abhängig von einer Sprache oder Theorie.

FazitFazitDie Antwort auf die Frage nach dem, was es gibt, kann nur relativ zu einem Bezugsrahmen oder einem gSprachsystem beantwortet werden.

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Page 1153: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kenny: Existenz und AktualitätKenny: Existenz und Aktualität

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Dinosaurier existieren nicht mehr obwohl es früher Anthony Kenny

Dinosaurier existieren nicht mehr, obwohl es früher welche gab.

Es gibt zwar Tote, aber die Menschen, die sie mal waren, existieren nicht mehr.waren, existieren nicht mehr.

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Aktualität kann einzelnen Dingen wie ein Prädikat Aktualität kann einzelnen Dingen wie ein Prädikat erster Stufe sowohl zu- als auch abgesprochen werden.werden.

Etwas kann beginnen zu existieren, noch immer Etwas kann beginnen zu existieren, noch immer existieren oder nicht mehr existieren.

1155SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1156: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die alethischen ModalitätenDie alethischen Modalitäten

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Alethisch“ kommt von dem griechischen Wort „Alethisch kommt von dem griechischen Wort „aletheia“und bedeutet „die Wahrheit betreffend“.

Alethische Modalitäten sind daher allgemeine Bestimmungen, in denen die Wahrheit einer Aussage Bestimmungen, in denen die Wahrheit einer Aussage bewertet wird.

Eine Aussage ist z.B. notwendig wahr, wenn es nicht sein kann, dass sie falsch ist.

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Page 1158: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Aussagen in denen die Ausdrücke möglich“ Aussagen, in denen die Ausdrücke „möglich , „notwendig“ usw. vorkommen, nennt man Modalaussagen.Modalaussagen.

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Page 1159: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Etwas ist notwendig wenn es nicht möglich ist dass es nicht Etwas ist notwendig, wenn es nicht möglich ist, dass es nicht existiert.

Etwas ist kontingent, wenn es möglich ist, dass es nicht existiert.

Etwas ist möglich, wenn es möglich ist, dass es existiert.

Etwas ist unmöglich, wenn es nicht möglich ist, dass es existiert.

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Die epistemische Interpretation deralethischen Modalitätenalethischen Modalitäten

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Page 1161: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ontologisch notwendig möglichontologisch notwendig möglichepistemisch a priori a posteriori

Beispiel: 2+2=4 Alle Schwäne sind weiß.

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Page 1162: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Nur zu verteidigen wenn jede notwendig Nur zu verteidigen, wenn jede notwendig wahre Aussage eine Aussage ist, die a priori wahr ist; und wenn jede möglich wahre wahr ist; und wenn jede möglich wahre Aussage eine Aussage ist, die a posteriori wahr ist.

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Kripke über notwendige Sätze aKripke über notwendige Sätze a posteriori und kontingente Sätze a prioripriori

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Page 1164: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Goldbachs VermutungGoldbachs VermutungGoldbachs Vermutung besagt, dass jede gerade Zahl, die größer als zwei ist, die Summe von zwei , g ,Primzahlen sein muss.

Wenn diese Vermutung wahr ist, dann handelt es sich um eine notwendige Wahrheit; wenn sie falsch ist dann ist sie notwendig falschist, dann ist sie notwendig falsch.

Wir wissen nicht, ob sie wahr oder falsch ist.

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sse c t, ob s e a ode a sc st

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Page 1165: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Urmeter in ParisDas Urmeter in Paris

In Paris liegt ein Stab dessen Länge als Standard In Paris liegt ein Stab, dessen Länge als Standard für das Meter dient. Es ist kontingent, dass gerade dieser Stab einen Meter lang ist!

Allerdings ist dieser Stab in Paris auch notwendig einen Meter lang da wir dies ja festgelegt und das einen Meter lang, da wir dies ja festgelegt und das Urmeter als Standard für die Längenmessung benutzen.

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Alethische Modalitäten und möglicheWeltenWelten

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Es ist notwendig Es ist möglich Es ist unmöglichEs ist notwendig, Es ist möglich, Es ist unmöglich,dass S. dass S. dass S.

w1 w1 w1

w2 wahr w2 wahr w2 wahrw3 w3 w3w3 w3 w3

w4 falsch w4 falsch w4 falschw5 w5 w5

... ... ...

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Existieren alternative mögliche Welten tatsächlich?Existieren alternative mögliche Welten tatsächlich?

RealismusRealismusAndere möglichen Welten existieren tatsächlich und sind genauso real wie unsere Welt.

AktualismusNur unsere Welt und die Individuen, die in unserer Welt aktual sind, existieren.

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David Lewis´ realistische DeutungDavid Lewis realistische Deutung

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David Lewis (1941-2001)

Lewis gilt als einer der wichtigsten amerikanischen Philosophen, der auf fast llen Gebieten de theo eti hen Philo ophie allen Gebieten der theoretischen Philosophie

arbeitete und wichtige Beiträge lieferte. Am einflussreichsten waren vielleicht seine Arbeiten zum Begriff der möglichen Welten.Arbeiten zum Begriff der möglichen Welten.

Convention. A Philosophical Study (1969); „General Semantics“ (1970); Counterfactuals (1973); „Adverbs ofQuantification“ (1975); How to Define Theoretical Terms“ Quantification (1975); „How to Define Theoretical Terms (1978); „Scorekeeping in a Language Game“ (1979); „Attitudes De Dicto and De Se“ (1979); On the Plurality ofWorlds (1986)

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Die realistische Interpretation möglicher Welten Die realistische Interpretation möglicher Welten setzt eine Pluralität von Universen voraus, die genau so real sind, wie der Kosmos, in dem wir l b l l d l h l d f dleben. Unsere Welt ist lediglich Teil der umfassenden Realität aller Kosmen

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Page 1172: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die anderen Welten können wir wegen der raum-Die anderen Welten können wir wegen der raum-zeitlichen und der kausalen Trennung von unserer Welt nicht erreichen. Es ist sinnlos nach

l h l h d k l b dräumlichen, zeitlichen oder kausalen Verbindungen zwischen den Individuen der verschiedenen Welten zu fragen.zu fragen.

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Page 1173: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Es gibt keine Transwelt-Identität sondern nur Es gibt keine Transwelt-Identität, sondern nur Welt-gebundene Individuen, die ähnliche Gegenstücke (counterfactuals) in anderen Welten bbesitzen.

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Page 1174: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Es gibt keinen ontologischen Vorrang einer Welt Es gibt keinen ontologischen Vorrang einer Welt gegenüber irgendeiner anderen.

Die „aktuale“ Welt ist daher nicht unbedingt unsere, sondern diejenige, in der der Ausdruck „aktual“

d ä ß t i dgerade geäußert wird.

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Page 1175: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

EigenschaftEigenschaftEine Eigenschaft P ist eine Funktion, die jeder möglichen Welt die Menge von Individuen zuordnet möglichen Welt die Menge von Individuen zuordnet, auf die P zutrifft.

Essentielle EigenschaftEin Individuum x hat eine Eigenschaft P notwendig Ein Individuum x hat eine Eigenschaft P notwendig genau dann, wenn in jeder möglichen Welt, in der es ein Gegenstück y zu x gibt, y P besitzt.

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PropositionPropositionDie Proposition, die ein Satz S ausdrückt, ist die Menge der möglichen Welten in denen S wahr istMenge der möglichen Welten, in denen S wahr ist.

NotwendigkeitNotwendigkeitEin Satz S ist notwendig, wenn er in allen möglichen Welten wahr istWelten wahr ist.

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Alvin Plantingas aktualistischeDeutungDeutung

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Alvin Plantinga

Die aktualistische Sicht auf mögliche Welten wird u.a. von Alvin Plantinga vertreten. Er lehrt an der Universität von Notre Dame (Indiana) und ist vor Universität von Notre Dame (Indiana) und ist vor allem durch seine religionsphilosophischen wie auch seine ontologischen Arbeiten bekannt geworden.

ld d ldb d d d l “ ( )„Transworld Identity or Worldbound Individuals“ (1973); The Nature of Necessity (1974); „Actualism and PossibleWorlds“ (1976); „How to be an Anti-Realist“ (1982); „TwoConcepts of Modality. Modal Realism and Modal Reductionism“ (1987)Reductionism (1987)

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Page 1179: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Mögliche Welten sind maximale kohärenteMögliche Welten sind maximale, kohärente, mögliche Tatsachen, d.h. abstrakte Entitäten, die realisiert sein können oder nicht.realisiert sein können oder nicht.

Nur eine einzige dieser möglichen maximalen Nur eine einzige dieser möglichen maximalen Tatsachen besteht: unsere aktuale Welt, nichts sonst.

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Existenz eines Gegenstandes x in einer Welt w ist Existenz eines Gegenstandes x in einer Welt w ist keine echte Präsenz in einer Welt, sondern sie wird kontrafaktisch behauptet:kontrafaktisch behauptet:

Würde die Welt w aktual sein, dann würde x Würde die Welt w aktual sein, dann würde x existieren.

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Page 1181: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein Aktualist nimmt an dass die Rede von ein und Ein Aktualist nimmt an, dass die Rede von ein und demselben Individuum in verschiedenen Welten sinnvoll ist.sinnvoll ist.

Wenn wir also behaupten, dass Merkel auch Wenn wir also behaupten, dass Merkel auch Philosophin sein könnte, dann sagen wir etwas über die aktuale Merkel aus und nicht über irgendein ähnliches Gegenstück von Merkel in einer anderen Welt (Transwelt-Identität).

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IdentitätIdentität

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Page 1183: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

In der Logik wird der Begriff der Existenz oft über In der Logik wird der Begriff der Existenz oft über den Begriff der Identität eingeführt:

a existiert =def

Es gibt mindestens ein x, so dass gilt: x = a.

1183SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1184: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Formen der IdentitätFormen der Identität

numerische vs. qualitative Identität (Selbigkeit vs. Gleichheit)q ( g )

notwendige vs. kontingente Identität

absolute vs. relative Identität

synchrone vs. diachrone Identität

1184SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1185: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eigenschaften der IndentitätEigenschaften der Indentität

1185SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1186: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Reflexivität x = xReflexivität x = xSymmetrie x = y → y = xTransitivität x y & y z x zTransitivität x = y & y = z → x = z

L ib i ´ G t ∀F [F( ) F( )]Leibniz Gesetz x = y ↔ ∀F [F(x) ↔ F(y)]

1186SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1187: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Gottfried Wilhelm Leibniz1646-1716

Leibniz´ Gesetz x = y ↔ ∀F [F(x) ↔ F(y)]Leibniz Gesetz x = y ↔ ∀F [F(x) ↔ F(y)]

Ununterscheidbarkeit des Identischenx = y → ∀F [F(x) ↔ F(y)]Falls x mit y identisch ist, dann stimmt x mit allen Eigenschaften von y übereinEigenschaften von y überein.

Identität des UnunterscheidbarenIdentität des Ununterscheidbaren∀F [F(x) ↔ F(y)] → x = yFalls x in allen Eigenschaften mit y übereinstimmt, dann ist x d h

1187

identisch mit y.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1188: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Identitätsbedingungen als Mittel zurIdentitätsbedingungen als Mittel zurKlärung ontologischerFragestellungenFragestellungen

„No entity without identity.“ W.V. Quine

1188SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1189: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

BündeltheorienBündeltheorien

Id i ä d U h idbIdentität des Ununterscheidbaren

∀F [F(a) ↔ F(b)] → a = b

1189SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1190: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Essentialismus (Substanzentheorie)Essentialismus (Substanzentheorie)

S b K i iSubstanz-Kriterium

∀Fe [Fe(a) ↔ Fe(b)] → a = b

1190SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1191: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

HaecceitasHaecceitas

H i K i iHaecceitas-Kriterium

h h h∀Fhaec [Fhaec(a) ↔ Fhaec(b)] → a = b

1191SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1192: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bare Partikulars (Substrattheorie)Bare Partikulars (Substrattheorie)

S b K i iSubstrat-Kriterium

∃z [S(z, a) & S(z, b)] → a = b

1192SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1193: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Raum Zeit RegionenRaum-Zeit-Regionen

L K i iLemmon Kriterium

(xa, ya, za, ta) = (xb, yb, zb, tb) → a = b

1193SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1194: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Diachrone IdentitätDiachrone Identität

1194SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1195: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Fall 1Fall 1

Stellen wir uns ein Schiff aus Holz vor und nennen es S zu t1. Stellen wir uns ein Schiff aus Holz vor und nennen es S zu t1. Nun werden die Teile von S im Laufe der Zeit alle durch neue Teile ersetzt bis zu einem Zeitpunkt t2, zu dem das Schiff vollständig aus ersetzten Teilen besteht Nennen wir dieses vollständig aus ersetzten Teilen besteht. Nennen wir dieses Schiff zum Zeitpunkt t2 entsprechend Sneu.

Frage: Ist S identisch mit Sneu?

1195SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1196: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Fall 2Fall 2

Stellen wir uns nun vor, die alten Teile des Schiffes S werden Stellen wir uns nun vor, die alten Teile des Schiffes S werden jedes Mal in irgendein Lagerhaus gebracht, so dass, nachdem das ganze Schiff erneuert wurde, das alte Schiff aus den alten Teilen zum Zeitpunkt t woanders wieder aufgebaut werden Teilen zum Zeitpunkt t2 woanders wieder aufgebaut werden kann. Nennen wir nun das wiederaufgebaute Schiff Salt.

Frage: Ist S identisch mit Salt?

1196SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1197: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemProblem

Das restaurierte Schiff S und das wieder Das restaurierte Schiff Sneu und das wieder aufgebaute Schiff Salt sind zwei (numerisch) verschiedene Schiffe.verschiedene Schiffe.

Mit welchem ist S identisch?Mit welchem ist S identisch?

1197SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1198: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

EndurantismusS l

S SS

Salt

SSneu

Perdurantismus

tt2t0 t1

Perdurantismus

zeitliche Teilevon Salt

S ist zeitlicher Teil von Salt und zeitlicher Teil von Sneu

zeitliche Teilevon Sneu

tt2t0 t1

neu

1198SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1199: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

1199SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1200: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Kategoriale Ontologieg g

DiDingeEigenschaftenSachverhalteEreignisseg

1200SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1201: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Dinge und ihre EigenschaftenDinge und ihre Eigenschaften

1201SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1202: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Dinge sind konkretDinge sind konkret.

räumlich und zeitlich lokalisierbar… räumlich und zeitlich lokalisierbar

1202SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1203: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Dinge sind den Sinnen zugänglichDinge sind den Sinnen zugänglich.

1203SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1204: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Dinge sind partikulärDinge sind partikulär.

1204SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1205: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Dinge verändern sichDinge verändern sich.

1205SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1206: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Dinge existieren nur kontingenterweiseDinge existieren nur kontingenterweise.

1206SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1207: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

UniversalienstreitUniversalienstreit

Dinge sind irreduzibel und ontologisch basal Dinge sind irreduzibel und ontologisch basal (Nominalismus)

Dinge sind komplex und ontologisch abgeleitet (Realismus)(Realismus)

1207SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1208: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

UniversalienstreitUniversalienstreit

1208SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1209: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der Tisch ist rotDer Tisch ist rot.Sokrates ist weise.Die Blume ist schönDie Blume ist schön.

Gibt b Ti h Bl d M h h Gibt es neben Tischen, Blumen und Menschen noch die Röte, die Weisheit oder die Schönheit?

Gibt es abstrakte, universale Entitäten?

1209SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1210: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Realismus Nominalismus Tropentheorie

Ja, es gibt universale Gegenstände.

Nein, es gibt keine universalen Entitäten.

Nein, es gibt keine universalen Entitäten.

ante rem in re Es gibt nur konkreten Einzeldinge, von denen gewisse

Eigenschaften sind ebenfalls konkret und gegenüber den g

Eigenschaften „ausgesagt“ werden.

g gEinzelgegenständen basal.

1210SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1211: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Universalienrealismus

1211SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1212: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

BündeltheorieBündeltheorie

Konkrete Einzelgegenstände sind Mengen (Bündel) Konkrete Einzelgegenstände sind Mengen (Bündel) von Eigenschaften, die in der Relation der Kopräsenzzueinander stehen.zueinander stehen.

Zwei Eigenschaften sind kopräsent, wenn sie an derselben Raumzeitstelle auftreten.

1212SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1213: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

BündeltheorieBündeltheorie

Zwei Dinge sind nur dann voneinander Zwei Dinge sind nur dann voneinander unterscheiden, wenn sie sich mindestens in einer Eigenschaft unterscheiden.Eigenschaft unterscheiden.

Völlige Übereinstimmung kopräsenter Eigenschaften Völlige Übereinstimmung kopräsenter Eigenschaften impliziert daher Identität der entsprechenden Gegenstände. (Identität des Ununterscheidbaren)

1213SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1214: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

EinschränkungEinschränkung

Zwei Einzeldinge lassen sich nur dann voneinander Zwei Einzeldinge lassen sich nur dann voneinander unterscheiden, wenn sie sich in mindestens einer intrinsischen Eigenschaft unterscheiden.intrinsischen Eigenschaft unterscheiden.

1214SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1215: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Probleme der BündeltheorieProbleme der Bündeltheorie

1215SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1216: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Max Blacks identische Kugeln

Die Bündeltheorie leidet unter der Schwierigkeit,dass nicht alle Autoren anerkennen, dass dasPrinzip der Identität des Ununterscheidbaren gültigPrinzip der Identität des Ununterscheidbaren gültigist.

Black Max: The Identity of Indiscernibles“ (1952)

1216SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Black, Max: „The Identity of Indiscernibles (1952)

Page 1217: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bare Particulars TheorieBare Particulars Theorie

Konkrete Einzeldinge sind Komplexe aus zwei Konkrete Einzeldinge sind Komplexe aus zwei Konstituenten:

(1) einem eigenschaftslosen Substrat (bare particular) undparticular) und

(2) einem Bündel von Eigenschaften, die diesem Substrat jeweils zukommen.

1217

Subst at je e s u o e

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1218: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein bare particular ist das was übrig bleibt wenn Ein bare particular ist das, was übrig bleibt, wenn man von allen Eigenschaften eines partikulären Dinges abstrahiert.Dinges abstrahiert.

1218SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1219: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein bare particular ist der Träger der Eigenschaften Ein bare particular ist der Träger der Eigenschaften eines konkreten Einzelgegenstandes.

1219SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1220: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ein bare particular ist der letzte Grund der Ein bare particular ist der letzte Grund der Identität eines Dinges und damit der Garant für die Verschiedenheit von anderen.Verschiedenheit von anderen.

1220SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1221: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Probleme der bare particulars TheorieProbleme der bare particulars Theorie

1221SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1222: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Infiniter RegressInfiniter Regress

Unter welchen Umständen handelt es sich um zwei Unter welchen Umständen handelt es sich um zwei und nicht um ein und denselben Träger? Braucht es nicht wiederum etwas, das die numerische nicht wiederum etwas, das die numerische Verschiedenheit der bare particulars begründet?

1222SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1223: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

WidersprüchlichkeitWidersprüchlichkeit

Einem eigenschaftslosen Substrat dürfte die Einem eigenschaftslosen Substrat dürfte die Eigenschaft „Träger von Eigenschaften zu sein“ nicht zukommen, doch diese Eigenschaft kommt ihm zukommen, doch diese Eigenschaft kommt ihm wesentlich zu.

1223SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1224: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

TropentheorieTropentheorie

Konkrete Einzelgegenstände sind Mengen (Bündel) Konkrete Einzelgegenstände sind Mengen (Bündel) kopräsenter Tropen.

Tropenabstract particularsabstract particularsCasesEigenschaftsinstanzen

1224

EigenschaftsinstanzenSS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1225: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Tropen sind konkret: sie existieren an ganz Tropen sind konkret: sie existieren an ganz bestimmten Stellen im Raum und in der Zeit. Keine zwei konkreten Eigenschaften können zur selben zwei konkreten Eigenschaften können zur selben Zeit an mehreren verschiedenen Orten vorkommen.

Ein konkreter Diamant ist z.B. eine Menge besonderer, konkreter Fälle von Härte, Durchsichtigkeit, Glanz, Kristallstruktur, Masse, Solidität, Temperatur usw.

1225SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1226: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Probleme der TropentheorieProbleme der Tropentheorie

1226SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1227: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ÄhnlichkeitÄhnlichkeit

Worauf ist die Ähnlichkeit zweier Gegenstände Worauf ist die Ähnlichkeit zweier Gegenstände zurückzuführen, wenn es keine Eigenschaften gibt, die diese begründen könnte?die diese begründen könnte?

1227SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1228: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

LokalisierungLokalisierung

Tropen sind als konkrete Entitäten nicht exklusiv Tropen sind als konkrete Entitäten nicht exklusiv. Die Farbe, das Gewicht und die Form einer einzelnen Erbse kommen alle an derselben Raumzeitstelle vor. Erbse kommen alle an derselben Raumzeitstelle vor. Es ist nicht leicht, dieser Idee einen präzisen Sinn abzugewinnen, der nicht kontraintuitiv ist.

1228SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1229: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ultraessentialismus vs AntiessentialismusUltraessentialismus vs. Antiessentialismus

Unseren Alltagsintuitionen zufolge kommen einem Unseren Alltagsintuitionen zufolge kommen einem Ding mache Eigenschaften wesentlich (essentiell) zu, während ihm andere nur zufällig (akzidentiell) während ihm andere nur zufällig (akzidentiell) zukommen.

1229SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1230: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bündeltheorien (inklusive Tropentheorie)Bündeltheorien (inklusive Tropentheorie)

Wenn Dinge Bündel von (abstrakten oder konkreten) Wenn Dinge Bündel von (abstrakten oder konkreten) Eigenschaften sind, dann kommt ihnen jede Eigenschaft wesentlich zu. Wenn sie eine ihrer Eigenschaft wesentlich zu. Wenn sie eine ihrer Eigenschaften nicht besitzen würden, wären sie ein anderer Gegenstand. Daher führt die Bündeltheorie zum Ultraessentialismus. Dieser schließt u.a. aus, dass es Veränderungen gibt.

1230SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1231: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Bare Particulars TheorienBare Particulars Theorien

Wenn der Grund für die Identität eines Dinges ein Wenn der Grund für die Identität eines Dinges ein bare particular ist, dann besitzt ein Ding keine Eigenschaften essentiell. Die bare particular Theorie Eigenschaften essentiell. Die bare particular Theorie führt daher zum Antiessentialismus. Der Antiessentialismus erweist sich ebenfalls als immun gegenüber Veränderungen.

1231SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1232: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Nominalismus

1232SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1233: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Warum gibt es keine Universalien?Warum gibt es keine Universalien?

1233SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1234: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Multiple ExemplifizierungMultiple Exemplifizierung

Kann ein und dieselbe Entität an verschiedenen Kann ein und dieselbe Entität an verschiedenen Orten und Zeiten gleichzeitig präsent sein?

Ist die Aussage „Die Röte ist 10 Meter von sich selbst entfernt “ sinnvoll?selbst entfernt. sinnvoll?

1234SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1235: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

IdentitätsbedingungenIdentitätsbedingungen

Die Frage wann zwei Eigenschaften E und EDie Frage, wann zwei Eigenschaften E1 und E2identisch sind, lässt sich nicht klar beantworten.

no entity without identity

1235SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1236: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ockham‘sches RasiermesserOckham sches Rasiermesser

Wenn zwei Theorien dieselbe explanative Stärke Wenn zwei Theorien dieselbe explanative Stärke besitzen, dann ist diejenige zu vorzuziehen, welche mit weniger irreduziblen Annahmen auskommt.mit weniger irreduziblen Annahmen auskommt.

1236SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1237: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Strikter NominalismusStrikter Nominalismus

Es ist eine basale irreduzible Tatsache der Welt Es ist eine basale, irreduzible Tatsache der Welt, dass verschiedene Gegenstände in ihren Eigenschaften übereinstimmen.Eigenschaften übereinstimmen.

Es muss keine besonderen universalen Entitäten Es muss keine besonderen universalen Entitäten geben, um diese Tatsache zu erklären!

1237SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1238: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Sokrates ist weise“ ist wahr genau dann wenn:„Sokrates ist weise ist wahr, genau dann wenn:

(i) Sokrates“ ein Individuum benennt und(i) „Sokrates“ ein Individuum benennt, und(ii) das von „Sokrates“ benannte Individuum eines

der Individuen ist auf welches den Ausdruck ist der Individuen ist, auf welches den Ausdruck „ist weise“ zutrifft.

1238SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1239: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Man muss nicht behaupten Sokrates sei weise Man muss nicht behaupten, Sokrates sei weise, wenn Sokrates die Eigenschaft der Weisheit besitzt. Statt dessen können wir behaupten, dass Sokrates Statt dessen können wir behaupten, dass Sokrates weise ist, wenn der Ausdruck „ist weise“ auf Sokrates zutrifft.

Das Zutreffen eines Ausdrucks auf einen konkreten Einzelgegenstand ist dann eine irreduzible, nicht weiter zu erklärende Tatsache.

1239SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1240: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Metalinguistischer NominalismusMetalinguistischer Nominalismus

Aussagen über abstrakte oder universale Aussagen über abstrakte oder universale Gegenstände sind implizit metalingustisch: sie sind versteckte Weisen, um über sprachliche sind versteckte Weisen, um über sprachliche Ausdrücke zu sprechen.

Roscelin, Abelard William von Ockham, Rudolf Carnap, Wilfrid Sellars

1240SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1241: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Metalinguistischer NominalismusMetalinguistischer Nominalismus

Sätze die scheinbar Aussagen über universale Sätze, die scheinbar Aussagen über universale Gegenstände beinhalten, werden als Sätze analysiert, in denen über allgemeine Ausdrücke analysiert, in denen über allgemeine Ausdrücke (über nomina) gesprochen wird.

1241SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1242: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Metalinguistischer NominalismusMetalinguistischer Nominalismus

Der Charakter der Allgemeinheit oder Universalität Der Charakter der Allgemeinheit oder Universalität kommt nicht besonderen Entitäten wie Eigenschaften zu; sie hat – so die Ansicht der Eigenschaften zu; sie hat so die Ansicht der metalinguistischen Nominalisten - ihre Wurzeln in der Sprache. Ausdrücke, nicht Entitäten, können universal sein, indem sie auf mehrere konkrete Dinge zutreffen können.

1242SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1243: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Konstruktiver NominalismusKonstruktiver Nominalismus

Idee: Prädikate wie „Röte“, „Tapferkeit“,, p ,„Schönheit“ usw. stehen nicht fürEigenschaften, sondern für …

Mengen konkreter Einzelgegenstände

“schwarz“ denotiert die Menge A = {1, 5, 8, 9, 10, 12, 13}“schön“ denotiert die Menge D = {4, 7, 8, 9, 11, 12, 13}

1243SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1244: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Konstruktiver NominalismusKonstruktiver Nominalismus

Wenn wir beispielsweise sagen, dass der p g ,Tisch schwarz ist, dann können wir das so rekonstruieren, dass wir damit sagen, dass ein spezieller Einzelgegenstand, ein spezieller Einzelgegenstand, beispielsweise hier die Nummer 8, ein Element der Menge der roten Gegenstände, also hier der Menge A ist Wir haben damit also hier der Menge A ist. Wir haben damit Eigenschaften auf Dinge und Mengen zurückgeführt.

1244SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1245: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Strikter NominalismusStrikter Nominalismus

Tapferkeit ist eine Tugend. Tapfere Menschen sind Tapferkeit ist eine Tugend. Tapfere Menschen sind tugendhaft.

Rot ist eine Farbe. Rote Dinge sind farbig.

Während Tapferkeit ist eine Tugend“ ein wahrer Satz ist ist Während „Tapferkeit ist eine Tugend ein wahrer Satz ist, ist die Aussage „Tapfere Menschen sind tugendhaft.“ falsch! Die Reformulierung bedeutet nicht dasselbe!

1245SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1246: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Metalinguistischer NominalismusMetalinguistischer Nominalismus

Tapferkeit ist eine Tugend. „Tapferkeit“ ist ein Tugend-Tapferkeit ist eine Tugend. „Tapferkeit ist ein TugendPrädikat.

Rot ist eine Farbe. „Rot“ ist ein Farb-Prädikat.

Problem: Ersatz nichtlinguistischer Universalien durch Problem: Ersatz nichtlinguistischer Universalien durch linguistische Universalien

1246SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1247: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Konstruktiver NominalismusKonstruktiver Nominalismus

Tapferkeit ist eine Tugend. Die Menge der Tugenden Tapferkeit ist eine Tugend. Die Menge der Tugenden enthält als Element die Menge der Tapferen.

Rot ist eine Farbe. Die Menge der Farben enthält als Element die M d t Menge der roten Gegenstände.

1247SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1248: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

KoextensionalitätKoextensionalität

Lebewesen mit Nieren Lebewesen mit HerzLebewesen mit Nieren Lebewesen mit Herz

w1 {a, b, c, d} w1 {a, b, c, d} w2 {a, b, c} w2 {a, b, c}w3 {c, d} w3 {a, b}w {a d} w {b c d}w4 {a, d} w4 {b, c, d}w5 {∅} w5 {∅}

1248SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1249: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

MengenzugehörigkeitMengenzugehörigkeit

Ein Gegenstand x gehört genau dann zur Menge M Ein Gegenstand x gehört genau dann zur Menge M, wenn er dem Gegenstand a ähnlich ist und a ein paradigmatischer Gegenstand für M ist, d.h. wenn er paradigmatischer Gegenstand für M ist, d.h. wenn er zu der von a konstituierten Ähnlichkeitsklasse gehört.

1249SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1250: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Realismus Bündeltheorie Bare Particulars Tropentheorie

Eigenschaften sind basal und abstrakt basal und abstrakt basal und konkret

Dinge sind Bündel kopräsenter Eigenschaften

Komplexe aus Bündeln von Eigenschaften und

Bündel kopräsenter Eigenschafteng g

einem Substrat als dem Träger derselben

g

Probleme Leibniz-Prinzip WidersprüchlichkeitInfiniter Regress

ÄhnlichkeitLokalisierungInfiniter Regress Lokalisierung

Essenzen? Ultraessentialismus Antiessentialismus Ultraessentialismus

Nominalismus Strikter Nominalismus

Metalinguistischer Nominalismus

Konstruktiver NominalismusNominalismus Nominalismus Nominalismus

Eigenschaften beruhen auf irreduziblen Tatsachen der Welt

haben einen meta-linguistischen Charakter

a) sind Mengenb) sind Funktionen

Di e i d b l d k k t b l d k k t b l d k k tDinge sind basal und konkret basal und konkret basal und konkret

Probleme Bezugnahme auf abstrakte Entitäten

Linguistische Universalien KoextensionalitätÄhnlichkeit

1250SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1251: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Sachverhalte

1251SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1252: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Was spricht für Sachverhalte?Was spricht für Sachverhalte?

1252SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1253: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Erfolglosigkeit von Nominalismus undDie Erfolglosigkeit von Nominalismus und Realismus

Weder die (realistische) Reduktion von Dingen auf Bündel von Eigenschaften, noch die Bündel von Eigenschaften, noch die (nominalistische) Elimination der Eigenschaften scheinen erfolgreich zu sein.

1253SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1254: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der unauflösbare Zusammenhang von DingenDer unauflösbare Zusammenhang von Dingen und Eigenschaften

„... wir nehmen Dinge, Eigenschaften und Beziehungen nie abgesondert und für sich wahr ..., Beziehungen nie abgesondert und für sich wahr ..., sondern immer nur im Zusammenhang von Sachverhalten.“ (Erwin Tegtmeier)

1254SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1255: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Wahrmacher PrinzipDas Wahrmacher-Prinzip(truth-maker principle)

Wenn der Satz „Dieser Tisch ist rot.“ wahr ist, dann muss der Sachverhalt des Rot-seins des Tisches muss der Sachverhalt des Rot-seins des Tisches existieren.

1255SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1256: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Sachverhalte sind konkrete, partikulare Entitäten, deren Konstituenten konkrete Entitäten (Dinge, konkrete ( g ,Eigenschaften) sind. (David Armstrong)

Sachverhalte sind abstrakte Entitäten deren Konstituenten Sachverhalte sind abstrakte Entitäten, deren Konstituenten konkrete und abstrakte Entitäten (Dinge, abstrakte Eigenschaften) sind. (Betrand Russell)

Sachverhalte sind abstrakte Entitäten, deren Konstituenten nur abstrakte Entitäten sind. (Gottlob Frege)

Sachverhalte sind ontologisch basal und nicht aus anderen Entitäten zusammengesetzt. Dinge oder Eigenschaften sind b k d h S h h lAbstraktionen aus und nicht Konstituenten von Sachverhalten.

(Francis Bradley)

1256SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1257: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Problem: IdentitätsbedingungenProblem: Identitätsbedingungen

1257SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1258: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Über jeden Gegenstand lassen sich endlos viele Über jeden Gegenstand lassen sich endlos viele wahre Aussagen treffen, z.B.:

Der Tisch ist rot.Er ist einen Meter hochEr ist einen Meter hoch.Er hat vier Beine.

Diese Sätze haben alle unterschiedliche Wahrmacher!

1258

Wahrmacher!SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Die Schwierigkeit anzugeben in wie viele Tatsachen Die Schwierigkeit anzugeben, in wie viele Tatsachen der Tisch tatsächlich involviert ist, lässt zu dem Schluss kommen, dass wir über keineSchluss kommen, dass wir über keine Identitätskriterien für Tatsachen verfügen.

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Ereignisseg

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Donald Davidson: Gibt es Ereignisse?Donald Davidson: Gibt es Ereignisse?

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Donald Davidson (1917 – 2003)

Davidson gilt als einer der prominentesten Vertreter der analytischen Philosophie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Seine Aufsätze auf den Gebieten der Semantik der Aufsätze auf den Gebieten der Semantik, der Erkenntnistheorie, der Philosophie des Geistes sowie der Ontologie waren sehr einflussreich. Davidsons großes Vorbild war W.V. Quine, an dessen Position er kritisch und konstruktiv dessen Position er kritisch und konstruktiv angeschlossen hat.

„The Logical Form of Action Sentences“ (1967); „The Logical Form of Action Sentences (1967); „Truth and Meaning“ (1967); „On Saying That“ (1968); „Events as Particulars“ (1970); „Mental Events“ (1970); „Radical Interpretation“ (1973); „A Coherence Theory of Truth and Knowledge“ (1983)

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Coherence Theory of Truth and Knowledge (1983)

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Doris singt. Doris singt.

Doris exemplifiziert die Eigenschaft des Singens.

Es gibt ein Ereignis, welches ein Singen und von Doris ist.

Singen (d)∃e (e ist ein Singen & e ist von Doris)

Doris singt bei Nacht laut in ihrem Doris singt bei Nacht laut in ihrem Wohnzimmer.

gWohnzimmer.

Es gibt ein Ereignis, welches ein Singen ist on Do is ist bei Nacht stattfindet „Doris“, „bei Nacht“, „laut“ und „in

Doris´ Wohnzimmer“ stehen in der vierstelligen Relation des Singens.

ist, von Doris ist, bei Nacht stattfindet, laut ist und in Doris` Wohnzimmer stattfindet.

Singen (d, nachts, laut, im WZ)∃e (e ist ein Singen & e ist von Doris & e ist bei Nacht & e ist laut & e ist im Wohnzimmer)

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Ereignisse sind Elemente von KausalbeziehungenEreignisse sind genau dann miteinander identisch, wenn sie dieselbe kausale Rolle besitzen. (D. Davidson)

Ereignisse sind Raum-Zeit-ZonenEreignisse sind genau dann miteinander identisch wenn sie Ereignisse sind genau dann miteinander identisch, wenn sie dieselbe Raumzeitstelle ausfüllen. (W.V.O. Quine)

E i i i d E lifik ti Ei h ftEreignisse sind Exemplifikationen von EigenschaftenEreignisse sind genau dann miteinander identisch, wenn sie denselben Träger besitzen, dieselbe Eigenschaft

fexemplifizieren und zur selben Zeit vorkommen. (J. Kim)

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Ereignisse als Elemente von KausalbeziehungenKausalbeziehungen

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IdentitätskriteriumIdentitätskriterium

Ereignisse sind dann und nur dann identisch wenn „Ereignisse sind dann und nur dann identisch, wenn sie genau dieselben Ursachen und Wirkungen haben“ (Donald Davidson)(Donald Davidson)

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ProblemeProbleme

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Ereignisse vs ZuständeEreignisse vs. Zustände

Akzeptiert man die kausale Rolle als Akzeptiert man die kausale Rolle als Identitätsbedingung für Ereignisse, so stellt sich die Frage, ob diese nicht auch in genauer Entsprechung Frage, ob diese nicht auch in genauer Entsprechung für Zustände gelten muss.

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ZirkularitätZirkularität

Die Identitätsbedingungen von Ereignissen nehmen Die Identitätsbedingungen von Ereignissen nehmen Bezug auf Ursachen und Wirkungen. Ursachen und Wirkungen von Ereignissen jedoch sind wiederum Wirkungen von Ereignissen jedoch sind wiederum Ereignisse.

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Ereignisse als Raum-Zeit-ZonenEreignisse als Raum Zeit Zonen

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Identitätskriterium (Lemmon Kriterium)Identitätskriterium (Lemmon-Kriterium)

we may identify events with space time zones“ „we may ... identify events with space-time-zones“ (E.J. Lemmon)

„... physical objects are well individuated, beingidentitical if and only if spatiotemporally identical “ identitical if and only if spatiotemporally identical. (W.V. Quine)

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ProblemeProbleme

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GrobkörnigkeitGrobkörnigkeit

Stellen wir uns eine Metallkugel vor, die sich während einer g ,bestimmten Zeitspanne erwärmt und gleichzeitig eine Drehung durchmacht.

Handelt es sich bei der Drehung und der Erwärmung trotz der Übereinstimmung aller zeitlichen und räumlichen Eigenschaften um zwei verschiedene Ereignisse oder um ein und dasselbe?

unterschiedliche Ursachen und Wirkungen; Ereignisse unterschiedlichen Typs

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Page 1274: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ereignisse alsEigenschaftsexemplifikationenEigenschaftsexemplifikationen

1274SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1275: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Jaegwon Kimg

Kim ist ein koreanisch-amerikanischer Philosoph, der derzeit an der Brown University lehrt. Er beschäftigt sich vor allem mit der Philosophie des Geistes der Ontologie vor allem mit der Philosophie des Geistes, der Ontologie sowie der Wissenschaftstheorie.

„Events and Their Descriptions“ (1969); „Events asProperty Exemplifications“ (1976); „PsychophysicalSupervenience“ (1982); „Mental Causation in a PhysicalWorld“ (1993); Supervenience and Mind (1993); Philosophy of Mind (1996); Mind in a Physical World (1998)

1275SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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IdentitätsbedingungIdentitätsbedingung

x = y & P = Q & t = t [x P t ] = [y Q t ]x = y & P = Q & t1 = t2 → [x, P, t1] = [y, Q, t2]

K i h N t ti [ P t]Kanonische Notation: [x, P, t]

d T ä x ... der Träger von eP ... die konstitutive Eigenschaft von e di Z i d V k

1276

t ... die Zeit des Vorkommens von eSS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1277: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

1277SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1278: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

FeinkörnigkeitFeinkörnigkeit

Sebastian spaziert gemütlich durch Bologna Wie Sebastian spaziert gemütlich durch Bologna. Wie viele Ereignisse finden statt?

Ereignis 1: Sebastians Spaziergang.Ereignis 2: Sebastians gemütlicher SpaziergangEreignis 2: Sebastians gemütlicher SpaziergangEreignis 3: Sebastians Spaziergang durch Bologna

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Nicht jeder Spaziergang ist ein gemütlicher Nicht jeder Spaziergang ist ein gemütlicher Spaziergang und nicht jeder gemütliche Spaziergang ist ein Spaziergang durch Bologna usw.ist ein Spaziergang durch Bologna usw.

Es handelt sich um verschiedene konstitutive Es handelt sich um verschiedene konstitutive Eigenschaften und damit um numerisch verschiedene partikuläre Ereignisse!

Das scheint kontraintuitiv

1279SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Philosophische Fakultät Institut für Philosophie, Lehrstuhl für Theoretische Philosophie, Dr. Holm Bräuer

6. Philosophie des Geistes

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1281SS 2011 Einführung in die Theoretische PhilosophieTod und Narr aus dem Großbaseler Totentanz(Kupferstichkopie von Matthäus Merian 1621)

Page 1282: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblembereicheProblembereiche

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OntologieOntologie

Körper Geist ProblemKörper-Geist-Problem

Wi h lt i h di t l Ei h ft d Wie verhalten sich die mentalen Eigenschaften des Menschen zu seinen physischen Eigenschaften? Lassen sich mentale auf physische Phänomene Lassen sich mentale auf physische Phänomene zurückführen? Kann man das Denken oder Fühlen naturwissenschaftlich erklären?

1283SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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ErkenntnistheorieErkenntnistheorie

Priorität der ersten PersonPriorität der ersten PersonProblem des Fremdpsychischen

Das Wissen über meine eigenen mentalen Zustände ist mir unmittelbar präsent Zu den mentalen ist mir unmittelbar präsent. Zu den mentalen Zuständen eines anderen jedoch habe ich nur einen indirekten Zugang.

1284

d e te uga g

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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WissenschaftstheorieWissenschaftstheorie

Problem der MethodologieProblem der MethodologieStatus psychophysischer Gesetze

Lassen sich geistige Phänomene als solche überhaupt wissenschaftlich untersuchen? Gibt es überhaupt wissenschaftlich untersuchen? Gibt es psychophysische Gesetze zwischen dem Verhalten und geistigen Prozessen?

1285

u d ge st ge o esse

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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SprachphilosophieSprachphilosophie

Problem der Bedeutung mentaler BegriffeProblem der Bedeutung mentaler Begriffe

B i h i h t l B iff f i t Beziehen sich mentale Begriffe auf unsere privaten Vorstellungen, Ideen oder Empfindungen? Aber wie könnte ich diese dann lernen?könnte ich diese dann lernen?

1286SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1287: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Leib-Seele Problem

1287SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1288: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Gibt es neben den physischen Dingen auch noch Gibt es neben den physischen Dingen auch noch immaterielle, geistige Entitäten, die die Träger mentaler Eigenschaften sind?mentaler Eigenschaften sind?

1288SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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DualistenDualisten

Ja es gibt immaterielle geistige SubstanzenJa, es gibt immaterielle, geistige SubstanzenDer Geist (die Seele) ist der Träger psychischer EigenschaftenEigenschaften.

Problem: In welchen Verhältnis stehen die beiden Problem: In welchen Verhältnis stehen die beiden verschiedenen Entitäten?

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PhysikalistenPhysikalisten

Nein es gibt nur physische GegenständeNein, es gibt nur physische Gegenstände.Psychische Eigenschaften treffen auf physische Gegenstände zuGegenstände zu.

Problem: Wie lässt sich dann das Bewusstsein Problem: Wie lässt sich dann das Bewusstsein physikalisch erklären?

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Die charakteristischen Merkmale d M t l

und die Probleme der N t li i d G i tdes Mentalen

Empfindungen

Naturalisierung des Geistes

Qualitativer Erlebnischarakter

Empfindungen sind in erster Linie durch ihren phänomenalen Erlebnischarakter definiert, durch das, was man erlebt oder fühlt, wenn man eine Empfindung hat oder die Art wie es

Gehirnzustände hat man, aber man erlebt sie nicht. Wie soll es überhaupt möglich sein, dass es sich irgendwie anfühlt ein bestimmtes Wahrnehmungserlebnis (z B man eine Empfindung hat, oder die Art, wie es

ist, eine solche Empfindung zu haben.

Einstellungen

bestimmtes Wahrnehmungserlebnis (z.B. einer grünen Wiese) zu besitzen, wenn man dabei in einem bestimmten Gehirnzustand ist?

Einstellungen wie Überzeugungen, Wünsche, Erwartungen, Befürchtungen usw. zeichnen sich dadurch aus, dass sie auf etwas gerichtet

Intentionalität

Manche mentalen Zustände haben einen sind, dass sie einen Inhalt besitzen. repräsentationalen Inhalt bzw. sind auf ein

bestimmtes Objekt gerichtet. Wie aber ist es möglich, dass physische Zustände dieses Merkmal aufweisen?

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Substanz-Dualismus

Spielarten des Physikalismus

Semantischer PhysikalismusLogischer Behaviorismus IdentitätstheorieFunktionalismusAnomaler MonismusSupervenience-TheorieRepräsentationale Theorie des GeistesTheorie intentionaler SystemeEliminativer Materialismus

Die Naturalisierung des Geistes

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Page 1293: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Substanz-DualismusSubstanz Dualismus

1293SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1294: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Typische Annahmen (insbesondere derTypische Annahmen (insbesondere der christlich-abendländischen Kultur) …

1294SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1295: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der Mensch besteht aus einem materiellen Körper Der Mensch besteht aus einem materiellen Körper und einer immateriellen Seele.

1295SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1296: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Seele macht das eigentliche Selbst des Die Seele macht das eigentliche Selbst des Menschen aus.

1296SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1297: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Körper und Seele sind nur während des Lebens eines Körper und Seele sind nur während des Lebens eines Menschen miteinander verbunden. Nach dem Tode löst sich die Seele vom Körper ab.löst sich die Seele vom Körper ab.

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Page 1298: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Seele benötigt für ihre Existenz keinen Körper Die Seele benötigt für ihre Existenz keinen Körper. Sie kann auch ohne diesen, für sich selbst existieren.existieren.

1298SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1299: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Während der Körper vergänglich ist ist die Seele Während der Körper vergänglich ist, ist die Seele unsterblich.

1299SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1300: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Platons Argumente für den Substanz-DualismusDualismus

1300SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Platon (427 v. Chr. – 348 v. Chr.)

Platon stammte aus vornehmer Familie. Unter dem Einfluss seines Lehrers Sokrates begann er sich, der Philosophie zuzuwenden und gründete um 386 gv.Chr. in Athen seine eigene Schule, die Akademie.Alle von Platon veröffentlichten Schriften sind überliefert. Seine Schriften sind mit Ausnahme der A l i (Di V t idi d S k t ) d i Apologie (Die Verteidigung des Sokrates) und einer Anzahl Briefen als Dialoge abgefasst.In fortgeschrittenem Alter reiste er nach Syrakus auf Sizilien (366 und 361) wo er den jungen auf Sizilien (366 und 361), wo er den jungen Tyrannen Dionysios II unterrichtete.

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Page 1302: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der Zyklus des Entstehens und VergehensDer Zyklus des Entstehens und Vergehens

Zu jedem Prozess der von A nach B führt muss es Zu jedem Prozess, der von A nach B führt, muss es einen Prozess geben, der umgekehrt von B nach A führt. Insbesondere muss es zum Prozess des St b d t h d P d Sterbens den entsprechenden Prozess des Wiederauflebens geben.

Die Seelen müssen sich nach dem Tod und vor dem Wiederaufleben irgendwo aufhalten.

1302SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1303: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ErinnerungErinnerung

Wir verfügen über Wissen das wir nur vor der Wir verfügen über Wissen, das wir nur vor der Geburt erworben haben können. Zu diesem Wissen gelangen wir dadurch, dass sich die Seele wieder d i tdaran erinnert.

Also muss die Seele schon vor der Geburt existiert Also muss die Seele schon vor der Geburt existiert haben.

1303SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1304: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Verwandtschaft von Seele und IdeenVerwandtschaft von Seele und Ideen

Während die Seele nach der Erkenntnis ewiger Ideen Während die Seele nach der Erkenntnis ewiger Ideen strebt, richtet sich der Körper auf die Welt der vergänglichen Dinge.

Es gibt also eine Verwandtschaft zwischen Körper und vergänglicher Welt und Seele und der Welt der und vergänglicher Welt und Seele und der Welt der unvergänglichen Ideen.

1304SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1305: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Seele als LebensprinzipSeele als Lebensprinzip

Die Seele verleiht allem wovon sie Besitz ergreift Die Seele verleiht allem, wovon sie Besitz ergreift, Leben. Wenn die Seele allem, dem sie innewohnt, Teilhabe am Leben verleiht und Teilhabe am Tod

hi d t d k i i ht lb t t i verhindert, dann kann sie nicht selbst etwas sein, dass vergänglich ist.

Also ist die Seele unsterblich.

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Page 1306: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Descartes: res cogitans und res extensaextensa

1306SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1307: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

René Descartes (1596 – 1650)

Descartes war Mathematiker und gilt als Gründer des neuzeitlichen Rationalismus. Da er in einer Zeit lebte als traditionelle Ideen hinterfragt wurden, suchte er nach einer Methode, mit der man zu wahrer und gesicherter Erkenntnis kommen konnte. Sein Problem und seine Methode des systematischen Zweifels hatten einen enormen Einfluss auf die nachfolgende Entwicklung der Philosophie, was ihn zu dem „Vater der Philosophie der Neuzeit“ machte.

Diskurs über die Methode (1637); Meditationen über dieDiskurs über die Methode (1637); Meditationen über die erste Philosophie (1641); Prinzipien der Philosophie (1644)

1307SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1308: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Descartes’ metaphysisches Argument für den Substanz-Dualismusfür den Substanz Dualismus

1308SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Zuerst: da ich weiß, dass alles, was ich klar und deutlich begreife von Gott in klar und deutlich begreife, von Gott in der Weise gemacht werden kann, wie ich es begreife, so reicht es aus, daß ich eine Sache ohne eine andere klar und deutlich Sache ohne eine andere klar und deutlich begreifen kann, damit ich sicher bin, daßdie eine von der anderen verschieden ist,

... da ich auf der anderen Seite eine klare und deutliche Idee von mir selbst habe, insofern ich ein denkendes, nicht habe, insofern ich ein denkendes, nicht ausgedehntes Ding bin, und auf der anderen Seite eine deutliche Idee vom Körper, insofern dieser nur ein p ,ausgedehntes nicht denkendes Ding ist, so ist, sage ich, gewiß, daß ich von meinem Körper wirklich verschieden bin und ohne ihn existieren kann.

René Descartes, Meditationen über die

1309SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

erste Philosophie

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(1) Alles was ich mir vorstellen kann ist möglich(1) Alles, was ich mir vorstellen kann, ist möglich.

(2) Ich kann mir vorstellen dass ich allein als (2) Ich kann mir vorstellen, dass ich allein als geistiges Wesen ohne einen Körper existiere.

(3) Ich kann mir Körper vorstellen, die ohne zu denken existierendenken existieren.

1310SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1311: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

KonklusionKonklusion

Es ist möglich dass Körper (res extensa) und Geist Es ist möglich, dass Körper (res extensa) und Geist (res cogitans) getrennt existieren (d.h. nicht identisch sind).identisch sind).

1311SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1312: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

(4) Für alle x und y: Wenn x und y identisch sind (4) Für alle x und y: Wenn x und y identisch sind, dann kann es nicht sein, dass sie verschieden sind; sie sind sie also notwendig identisch.sie sind sie also notwendig identisch.

1312SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1313: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

KonklusionKonklusion

Körper und Geist sind tatsächlich verschieden (auch Körper und Geist sind tatsächlich verschieden (auch wenn sie zufällig gerade nicht getrennt existieren).

1313SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1314: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Descartes’ naturphilosophischesDescartes naturphilosophischesArgument für den Substanz-DualismusDualismus

1314SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1315: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

... gäbe es .... Maschinen, die unseren Körpern ähnlich wären und unsere Körpern ähnlich wären und unsere Handlungen insoweit nachahmten, wie dies für Maschinen wahrscheinlich möglich ist, so hätten wir immer zwei möglich ist, so hätten wir immer zwei ganz sichere Mittel, um zu erkennen, daß sie keineswegs wahre Menschen sind. Erstens könnten sie nämlich niemals Worte oder andere Zeichen dadurch gebrauchen, daß sie sie zusammenstellen, wie wir es tun, um anderen unsere Gedanken mitzuteilen.

[Und zweitens:] Sollten diese Maschinen auch manches ebenso gut oder sogar besser verrichten als irgendeiner von uns so würden sie doch sogar besser verrichten als irgendeiner von uns, so würden sie doch zweifellos bei vielem anderen versagen, wodurch offen zutage tritt, daßsie nicht aus Einsicht handeln, sondern nur aufgrund der Einrichtung ihrer Organe. Denn die Vernunft ist ein Universalinstrument, das bei allen Organe. Denn die Vernunft ist ein Universalinstrument, das bei allen Gelegenheiten zu Diensten steht, während diese Organe für jede besondere Handlung einer besonderen Einrichtung bedürfen.

1315SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

René Descartes, Diskurs über die Methode

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(1) Der Gebrauch der Sprache sowie das autonome (1) Der Gebrauch der Sprache sowie das autonome Handeln bedürfen der Vernunft.

(2) Es ist nicht möglich, Maschinen zu konstruieren, die (wie der Mensch) eine Sprache verwenden die (wie der Mensch) eine Sprache verwenden können.

(3) Es ist nicht möglich, Maschinen zu konstruieren, die ebenso universale Fähigkeiten besitzen wie der

1316

Mensch.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1317: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

KonklusionKonklusion

Es ist nicht möglich Maschinen (Körper) zu Es ist nicht möglich, Maschinen (Körper) zu konstruieren, die Vernunft (Geist) besitzen.

1317SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1318: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

(4) Wenn Körper und Geist identisch sind dann (4) Wenn Körper und Geist identisch sind, dann wäre es möglich Maschinen zu konstruieren, die Vernunft besitzen.Vernunft besitzen.

1318SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1319: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

KonklusionKonklusion

Körper und Geist sind nicht identischKörper und Geist sind nicht identisch.

1319SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1320: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Positionen des DualismusPositionen des Dualismus

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Page 1321: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Interaktionistischer DualismusInteraktionistischer DualismusParallelismusOkkasionalismusEpiphänomenalismusEpiphänomenalismus

1321SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1322: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Interaktionistischer DualismusInteraktionistischer Dualismus

Körper und Geist stehen in einer kausalen Körper und Geist stehen in einer kausalen Wechselwirkung.

René DescartesJohn Eccles & Karl Popper

1322SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1323: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

1323SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1324: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wenn Körper und Geist kausal interagieren dann Wenn Körper und Geist kausal interagieren, dann muss es einen Ort der Interaktion zwischen Geist und Gehirn geben.und Gehirn geben.

Wo findet sie statt?Wo findet sie statt?Und wie genau geht das vor sich?

1324SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1325: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Descartes

Die Interaktion zwischen Körper und Geist findet in der Körper und Geist findet in der Zirbeldrüse statt. Die Nerven bestehen aus kleinen, bestehen aus kleinen, biegsamen Röhrchen, durch die sich die spiritus animalesbewegen. Der Geist kann dann die Zirbeldrüse so drehen, dass sich die aus ihr austretenden sich die aus ihr austretenden spiritus animales in die Nerven bewegen, die zu den bewegen, die zu den entsprechenden Muskeln und damit zu Körperbewegungen

1325

führen.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1326: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Eccles/ PopperEccles/ Popper

Die Interaktion findet im Liaisonhirn statt Der Geist Die Interaktion findet im Liaisonhirn statt. Der Geist kann kleine funktionelle Einheiten des Liaisonhirnsabtasten und damit die Aktivität des Liaisonhirnsabtasten und damit die Aktivität des Liaisonhirnsmodifizieren, was zu spezifischen Erregungsmustern und damit u.a. zu spezifischen Körperbewegungen führt.

1326SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1327: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Neurobiologische Untersuchungen haben bisher Neurobiologische Untersuchungen haben bisher nirgends einen Anhaltspunkt für das Wirken nicht-physiologischer Ursachen in unserem Gehirn physiologischer Ursachen in unserem Gehirn ergeben.

1327SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1328: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das kausale Eingreifen des Geistes in ein Das kausale Eingreifen des Geistes in ein physikalisches System würde auf jeden Fall eine Änderung des Energiezustandes dieses Systems Änderung des Energiezustandes dieses Systems implizieren und damit in Konflikt zum Energieerhaltungssatz stehen.

1328SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1329: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Geist vs GehirnGeist vs. Gehirn

Wie ist es zu erklären dass der Geist eines Wie ist es zu erklären, dass der Geist eines komplexen Gehirns bedarf? Entweder ist ein Großteil unseres Gehirns überflüssig, da in ihm Probleme unseres Gehirns überflüssig, da in ihm Probleme gelöst werden, die eigentlich in die Kompetenz des Geistes fallen, oder der Geist hat wenig oder gar nichts zu tun, da das meiste schon vom Gehirn erledigt wird.

1329SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1330: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Geist vs GehirnGeist vs. Gehirn

Wie kommt es dass mein Geist auf mein Gehirn und Wie kommt es, dass mein Geist auf mein Gehirn und auf kein anderes einwirken kann? Welche Relation könnte zwischen meinem Geist und meinem Gehirn könnte zwischen meinem Geist und meinem Gehirn bestehen, damit mein Geist auf mein Gehirn und nicht auf das Gehirn irgendeiner anderen Person einwirkt?

1330SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1331: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ParallelismusParallelismus

Körper und Geist sind kausal voneinander Körper und Geist sind kausal voneinander unabhängig. Es besteht aber eine ‚prästabilisierteHarmonie‘ zwischen beiden.

Gottfried Wilhelm Leibniz

1331SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1332: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

OkkasionalismusOkkasionalismus

Körper und Geist sind kausal voneinander Körper und Geist sind kausal voneinander unabhängig. Gott bringt jeweils anlässlich bestimmter Zustände im Körper bestimmte Z tä d i G i t h d k h tZustände im Geist hervor und umgekehrt.

Arnold GeulincxArnold GeulincxNicolas Malebranche

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EpiphänomenalismusEpiphänomenalismus

Zustände im Geist werden von Zuständen im Körper Zustände im Geist werden von Zuständen im Körper verursacht, aber nicht umgekehrt.

Julien Offray de la MettrieThomas Henry HuxleyFrank Jackson

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Der Geist ist kausal unwirksam!

Es scheint so, daß sich das Bewußtsein der Tiere zum Mechanismus ihrer Körper nur wie eine Begleiterscheinung Mechanismus ihrer Körper nur wie eine Begleiterscheinung seiner Arbeitsweise verhält und daß es genauso wenig eine Kraft hat, diese Arbeitsweise zu verändern, wie die D f f if di d F kti i d A t i b hi i Dampfpfeife, die das Funktionieren der Antriebsmaschine einer Dampflokomotive begleitet, einen Einfluss auf deren Arbeitsweise besitzt. Ihre Willensakte ... sind nichts weiter als eine Emotion, die physische Veränderungen anzeigt, diese Veränderungen aber nicht verursacht.T.H. Huxley, „On the Hypothesis that Animals are Automata“,

1334

T.H. Huxley, „On the Hypothesis that Animals are Automata , 1874SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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ProblemeProbleme

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Wie können physikalische Vorgänge im Gehirn Wie können physikalische Vorgänge im Gehirn Bewusstsein verursachen?

Mögliche Antwort

Mentale Eigenschaften sind emergenteEigenschaften des GehirnsEigenschaften des Gehirns.

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Page 1337: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Zombie ProblemZombie-Problem

Unser gesamtes Leben könnte genau so ablaufen Unser gesamtes Leben könnte genau so ablaufen, wie es jetzt abläuft, ohne dass wir je bewusste Erlebnisse, Überzeugungen oder Wünsche hätten.Erlebnisse, Überzeugungen oder Wünsche hätten.

Vielleicht sind SIE ja ein Zombie!Vielleicht sind SIE ja ein Zombie!Oder ICH?

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EigenschaftsdualismusEigenschaftsdualismus

Zwar sind physische Dinge (biologische Organismen) Zwar sind physische Dinge (biologische Organismen) Träger mentaler Eigenschaften, aber mentale Eigenschaften können nicht auf physikalische Ei h ft ü k füh t dEigenschaften zurückgeführt werden.

David ChalmersDavid Chalmers

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Spielarten des PhysikalismusSpielarten des Physikalismus

Semantischer PhysikalismusSemantischer PhysikalismusLogischer BehaviorismusIdentitätstheorieFunktionalismusFunktionalismusAnomaler Monismus und SupervenienceRepräsentationale Theorie des GeistesI t t liInstrumentalismusEliminativer Materialismus

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Semantischer PhysikalismusSemantischer Physikalismus

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VerifikationstheseVerifikationsthese

Der Gehalt (die Bedeutung) einer Aussage besteht in Der Gehalt (die Bedeutung) einer Aussage besteht in der Menge der Beobachtungen, die für sie sprechen.

1341SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1342: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Beobachtbar sind letzten Endes nur physikalische Beobachtbar sind letzten Endes nur physikalische Gegenstände bzw. physikalische Eigenschaften.

1342SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1343: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Also gibt es zu jedem bedeutungsvollen Satz einen Also gibt es zu jedem bedeutungsvollen Satz einen inhaltsgleichen Satz in physikalischer Sprache, nämlich den Satz, der sozusagen die nämlich den Satz, der sozusagen die Zusammenfassung aller Beobachtungssätze besteht, die aus ihm abgeleitet werden können.

1343SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1344: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Daher lassen sich alle Sätze über mentale Daher lassen sich alle Sätze über mentale Phänomene in Sätze über physikalische Phänomene umformulieren.umformulieren.

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RudolfCarnap

Carl G.Hempel

Im besonderen haben zwei verschieden formulierte

Carnap Hempel

Im besonderen haben zwei verschieden formulierte Aussagen dann und nur dann dieselbe Bedeutung oder denselben faktischen Inhalt, wenn sie unter denselben Bedingungen beide wahr bzw. beide falsch sind.

Carl Gustav Hempel: „The Logical Analysis ofP h l “Psychology“

1345SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1346: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Paul hat ZahnschmerzenPaul hat Zahnschmerzen.

Paul jammert und hält sich die Wange.Auf die Frage „Was hast du denn?“ antwortet Paul „Ich habe Zahnschmerzen.“Bei genauerer Untersuchung zeigt sich, dass einer von Pauls Zähnen kariös und der Nerv angegriffen ist.Pauls Blutdruck und Reaktionsfähigkeit sind in bestimmter Weise Pauls Blutdruck und Reaktionsfähigkeit sind in bestimmter Weise verändert.In Pauls Zentralnervensystem spielen sich bestimmte charakteristische Prozesse ab.

1346

Prozesse ab.

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Page 1347: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

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Zwar besteht zwischen Sätzen über mentale Zwar besteht zwischen Sätzen über mentale Phänomene und Sätzen über beobachtbares Verhalten ein enger Zusammenhang. Aber es ist Verhalten ein enger Zusammenhang. Aber es ist trotzdem nicht möglich, für Sätze über mentale Phänomene bedeutungsgleiche Sätze zu finden, in denen nur auf beobachtbares Verhalten Bezug genommen wird!

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Page 1349: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Angela möchte einen Schnaps trinken“„Angela möchte einen Schnaps trinkenWenn Angela zuhause ist und sich ein Schnaps im Kühlschrank befindet, holt sich Angela den Schnaps aus dem Kühlschrank.Wenn Angela im Restaurant ist, dann bestellt sich Angela einen Schnaps.Wenn man Angela einen Schnaps anbietet nimmt sie ihn sofort Wenn man Angela einen Schnaps anbietet, nimmt sie ihn sofort an. …

Problem: Angela holt sich einen Schnaps aus dem Kühlschrank, nur falls Angela auch glaubt, dass sich im Kühlschrank Schnaps befindet!

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Schnaps befindet!

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Angela glaubt dass im Kühlschrank Schnaps steht“„Angela glaubt, dass im Kühlschrank Schnaps stehtWenn Angela zuhause ist und ein Schnaps im Kühlschrank ist holt Angela sich den Schnaps aus Kühlschrank ist, holt Angela sich den Schnaps aus dem Kühlschrank.

Problem: Angela holt sich den Schnaps aus dem Kühlschrank, nur falls Angela einen Schnaps trinken , g pmöchte!

1350SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1351: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

WittgensteinsPrivatsprachenargumentPrivatsprachenargument

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Die normative Sicht auf BedeutungDie normative Sicht auf Bedeutung

Ein Ausdruck kann nur dann eine Bedeutung Ein Ausdruck kann nur dann eine Bedeutung besitzen, wenn es für seine Anwendung Korrektheitsstandards gibt, die uns sagen, wann

i d A d k i hti d d i htwir den Ausdruck richtig verwenden und wann nicht.

Den Ausdruck rot“ auf rote Dinge anzuwenden ist Den Ausdruck „rot auf rote Dinge anzuwenden, ist beispielsweise korrekt; ihn auf grüne oder blaue Dinge anzuwenden, dagegen inkorrekt.

1352SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1353: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das PrivatsprachenargumentDas Privatsprachenargument

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Stellen wir uns diesen Fall vor. Ich willüber das Wiederkehren einer gewissenüber das Wiederkehren einer gewissenEmpfindung ein Tagebuch führen. Dazuassoziiere ich sie mit dem Zeichen ‚E‘ undschreibe in einen Kalender zu jedem Tag,schreibe in einen Kalender zu jedem Tag,an dem ich die Empfindung habe, diesesZeichen.

– Ich will zuerst bemerken dass sich eine Definition des ZeichensIch will zuerst bemerken, dass sich eine Definition des Zeichensnicht aussprechen läßt. – Aber ich kann sie doch mir selbst als eineArt hinweisende Definition geben. ... ich spreche, oder schreibe dasZeichen, und dabei konzentriere ich meine Aufmerksamkeit auf diee c e , u d dabe o e t e e c e e u e sa e t au d eEmpfindung ... Eine Definition dient ... dazu, die Bedeutung einesZeichens festzulegen. – Nun, das geschieht eben durch dasKonzentrieren der Aufmerksamkeit; denn dadurch präge ich mir die; p gVerbindung des Zeichens mit der Empfindung ein. – ‚Ich präge siemir ein‘ kann doch nur heißen: dieser Vorgang bewirkt, daß ich michin Zukunft richtig an diese Verbindung erinnere. Aber in unseremFalle habe ich ja kein Kriterium für die Richtigkeit. Man möchte hiersagen: richtig ist, was immer mir als richtig erscheinen wird. Und dasheißt nur, daß hier von ‚richtig‘ nicht geredet werden kann.

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Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, § 258SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Annahme 1Annahme 1Die normative Sicht auf Bedeutung

Für die Anwendung eines Ausdrucks muss es öffentlich zugängliche Kriterien geben, da wir ansonsten keine Korrektheitsstandards bilden können, die uns sagen, wann der entsprechende Ausdruck richtig bzw falsch angewendet wirdAusdruck richtig bzw. falsch angewendet wird.

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Page 1356: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Annahme 2Annahme 2

Wenn sich mentale Ausdrücke auf private innere Wenn sich mentale Ausdrücke auf private, innere Phänomene beziehen, von denen nur die jeweilige Person selbst wissen kann, ob sie vorliegen oder i ht d äb fü di A d ü k k i nicht, dann gäbe es für diese Ausdrücke keine

Korrektheitsstandards und auch keine richtigen oder falschen Anwendungen.g

1356SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1357: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

KonklusionKonklusion

Mentale Ausdrücke können sich nicht auf private Mentale Ausdrücke können sich nicht auf private, innere Phänomene beziehen, von denen nur die jeweilige Person selbst wissen kann, ob sie

li d i htvorliegen oder nicht.

These von der Unmöglichkeit einer PrivatspracheThese von der Unmöglichkeit einer Privatsprache

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Logischer BehaviorismusLogischer Behaviorismus

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Gilbert Ryle (1900-1976)y ( )

Ryle gilt als einer der Hauptvertreter des logischen Behaviorismus. Ryle ist ein britischer Philosoph, der in Oxford lehrte Er hatte einen enormen Einfluss auf die Oxford lehrte. Er hatte einen enormen Einfluss auf die Entwicklung der analytischen Philosophie. Innerhalb der Sprachphilosophie gilt er neben Austin und dem späten Wittgenstein als ein Vertreter der Ordinary-Language-Philosophy Auf dem Gebiet der Philosophie des Geistes gilt Philosophy. Auf dem Gebiet der Philosophie des Geistes gilt er als einer der wichtigsten Kritiker des Dualismus.

„Systematically Misleading Expressions“ (1932); „ y y g p ( );„Categories“ (1938); The Concept of Mind (1949); Dilemmas (1954)

1359SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Methodischer Behaviorismus (Psychologie)Methodischer Behaviorismus (Psychologie)

In der Psychologie war der Behaviorismus als In der Psychologie war der Behaviorismus als Reaktion auf die methodischen Probleme der Introspektion entstanden (intersubjektive Üb üfb k it)Überprüfbarkeit).

Die Psychologie solle auf introspektive Berichte Die Psychologie solle auf introspektive Berichte verzichten und statt dessen das Verhalten mithilfe von Reiz-Reaktions-Mustern beschreiben.

1360SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1361: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Logischer Behaviorismus (Philosophie)Logischer Behaviorismus (Philosophie)

Parallel zu diesen methodischen Überlegungen entstand der philosophische Beha io ism s Diese ist d ch die Philosophie philosophische Behaviorismus. Dieser ist durch die Philosophie des Logischen Empirismus geprägt, der ganz generell unüberprüfbare Aussagen für sinnlos hält, und speziell natürlich auch solche über das mentale Innenleben qua Introspektion auch solche über das mentale Innenleben qua Introspektion.

Der logische Behaviorismus beschreibt keine Position zu den Methoden der Psychologie, sondern eine These zur Bedeutung mentaler Prädikate: Berichte über mentale Zustände sind nichts anderes als Verhaltensbeschreibungen.

1361SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Ich hoffe zu zeigen, dass [die offizielle Lehre] ganz und gar falsch ist, nicht nur in Einzelheiten, sondern grundsätzlich. ... Sie , gbesteht aus einem einzigen großen Irrtum, einem Irrtum ganz besonderer Art, nämlich einer Kategorienverwechslung. Sie stellt die g gTatsachen des Geisteslebens so dar, als gehörten sie zu einem bestimmten logischen Typ oder einer Kategorie ..., während sie in

kl hk d hWirklichkeit zu einer anderen gehören. Das Dogma ist daher ein philosophischer Mythos.

Gilbert Ryle, 1949

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Page 1363: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Rylesche Kategorien (Substitutionskriterium)Rylesche Kategorien (Substitutionskriterium)

Zwei Ausdrücke gehören zu derselben (Ryleschen) Zwei Ausdrücke gehören zu derselben (Ryleschen) Kategorie, wenn man den einen Ausdruck in allen Kontexten, in denen seine Verwendung sinnvoll ist, d h d d A d k t k d durch den anderen Ausdruck ersetzen kann und umgekehrt, ohne dass Unsinn entsteht.

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Page 1364: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

These des DualismusThese des Dualismus

Mentale Ausdrücke beziehen sich auf verborgene Mentale Ausdrücke beziehen sich auf verborgene Ereignisse im Inneren oder im Geist eines Menschen.

Es sind diese „inneren“, „privaten“ Ereignisse, die sein Verhalten verursachen.

1364SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1365: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

These des Logischer BehaviorismusThese des Logischer Behaviorismus

Mentale Ausdrücke werden verwendet um öffentlich Mentale Ausdrücke werden verwendet, um öffentlich beobachtbare Handlungen auf eine spezifische Weise zu charakterisieren und zu beschreiben.

Geistige Phänomene verursachen kein beobachtbares Verhaltenbeobachtbares Verhalten.

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Page 1366: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wann ist eine Handlung intelligent?Wann ist eine Handlung intelligent?

Dualist: Eine Handlung ist intelligent, wenn sie durch eine g g ,Überlegung verursacht wurde.

Behaviorist: Eine Handlung wird intelligent“ genannt wenn Behaviorist: Eine Handlung wird „intelligent“ genannt, wenn sie richtig und erfolgreich ausgeführt wird, und wenn der Handelnde fähig ist, in seinem Vorgehen Fehler zu entdecken und auszumerzen, Erfolge zu wiederholen und zu vergrößern etc.

1366SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1367: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wann ist eine Handlung willentlich?Wann ist eine Handlung willentlich?

Dualist: Eine Handlung ist willentlich, wenn sie durch einen g ,Willensakt verursacht wurde.

Behaviorist: Eine Handlung wird willentlich“ genannt wenn Behaviorist: Eine Handlung wird „willentlich“ genannt, wenn der Handelnde die Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, die Handlung richtig auszuführen und wenn er nicht durch äußere Umstände von der richtigen Ausführung der Handlung abgehalten wurde.

1367SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1368: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

IdentitätstheorieIdentitätstheorie

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Page 1369: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Semantischer PhysikalismusJ.J.C. SmartU.T. Place

Semantischer Physikalismus

Die Ausdrücke M“ und N“ sind synonym d h sie Die Ausdrücke „M und „N sind synonym, d.h. sie treffen mit begrifflicher Notwendigkeit auf dieselben Gegenstände zu.

Identitätstheorie

Mentale Zustände sind mit Gehirnzuständen a posteriori aber nicht begrifflich / logisch identisch

1369

posteriori, aber nicht begrifflich / logisch identisch.SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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IdentitätstheorieIdentitätstheorie

Die Ausdrücke M“ und N“ sind nomologischDie Ausdrücke „M“ und „N“ sind nomologischkoextensional, d.h. sie treffen mit naturgesetzlicher Notwendigkeit auf dieselben Gegenstände zu.Notwendigkeit auf dieselben Gegenstände zu.

1370SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1371: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Identisch aber nicht begrifflich identisch?Identisch, aber nicht begrifflich identisch?

1371SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1372: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Identität mentaler Zustände mit physikalischen Die Identität mentaler Zustände mit physikalischen Zuständen ist nicht eine Sache unserer Sprache.

Kontra: semantischer Physikalismus, Wittgenstein, Ryley

1372SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1373: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Identitäten die nomologisch und a posterioriIdentitäten, die nomologisch und a posteriori sind, müssen wir erst entdecken.

Wasser ist mit H2O identisch.Die Temperatur eines Gases ist identisch mit der Die Temperatur eines Gases ist identisch mit der mittleren kinetischen Energie der Moleküle des Gases.Blitze sind identisch mit elektrische Entladungen.

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Page 1374: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

VorteileVorteile

Die Identitätstheorie setzt nicht voraus dass jeder Die Identitätstheorie setzt nicht voraus, dass jeder mentale Ausdruck in physikalischer Sprache definiert werden kann.werden kann.

Die Identitätstheorie bietet eine einfache Lösung für Die Identitätstheorie bietet eine einfache Lösung für das Problem der kausalen Verursachung.

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ScheineinwändeScheineinwände

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Jeder so ungebildet er auch sein mag kann völlig Jeder, so ungebildet er auch sein mag, kann völlig problemlos über seine Nachbilder oder Schmerzen reden ...; trotzdem weiß er vielleicht nicht das reden ...; trotzdem weiß er vielleicht nicht das geringste über Neurophysiologie. ... Also können die Dinge, über die wir sprechen, wenn wir unsere Empfindungen beschreiben, keine Gehirnprozesse sein. (Smart 1959)

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Man kann sinnvollerweise von einer molekularen Man kann sinnvollerweise von einer molekularen Bewegung im Gehirn sagen, sie sei langsam oder schnell, gerade oder kreisförmig, aber es ist nicht schnell, gerade oder kreisförmig, aber es ist nicht sinnvoll, dies von der Erfahrung, etwas Gelbes zu sehen, zu sagen. (Smart 1959)

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Page 1378: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Empfindungen sind privat Gehirnprozesse sind Empfindungen sind privat, Gehirnprozesse sind öffentlich. Wenn ich aufrichtig sage ‚Ich sehe ein gelb-oranges Nachbild‘ und keinen sprachlichen gelb oranges Nachbild und keinen sprachlichen Fehler mache, dann kann ich mich nicht irren. Aber ich kann mich in Bezug auf einen Gehirnprozess irren. (Smart 1959)

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Die Multirealisierbarkeit mentalerZuständeZustände

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Ein bestimmter mentaler Zustand kann bei Ein bestimmter mentaler Zustand kann bei verschiedenen Personen mit unterschiedlichen neuronalen Zuständen korreliert sein.neuronalen Zuständen korreliert sein.

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Page 1381: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Korrelation zwischen mentalen und Die Korrelation zwischen mentalen und Gehirnzuständen kann sich im Laufe des Lebens dramatisch verändern.dramatisch verändern.

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Page 1382: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Neurophysiologie der meisten Tiere Die Neurophysiologie der meisten Tiere unterscheidet sich von der unsrigen stark.

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Page 1383: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Im Prinzip spricht nichts dagegen sich Gehirne Im Prinzip spricht nichts dagegen, sich Gehirne vorzustellen, die nicht aus Nervenzellen sondern z.B. aus Silizium-Chips bestehen.aus Silizium Chips bestehen.

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Page 1384: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Es ist mehr als unwahrscheinlich dass jedem Typ Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass jedem Typ eines mentalen Zustands genau ein Typ eines neurophysiologischen Zustands entspricht.neurophysiologischen Zustands entspricht.

1384SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1385: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

FazitFazit

Die Identitätstheorie setzt voraus dass es Die Identitätstheorie setzt voraus, dass es eindeutige naturgesetzliche Korrelationen zwischen mentalen Zuständen und Gehirnzuständen gibt.mentalen Zuständen und Gehirnzuständen gibt.

Aber: diese scheint es nicht zu geben!Aber: diese scheint es nicht zu geben!

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FunktionalismusFunktionalismus

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FunktionalismusNed Block Jerry Fodor Hilary Putnam

Funktionalismus

Mentale Zustände sind funktionale ZuständeMentale Zustände sind funktionale Zustände.

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ZZ1

Z1 Z2

Z

Z2

Z1

Z1

F nktionale Z stände sind Z stände eines

Z1

Funktionale Zustände sind Zustände eines Systems, die durch ihre kausale Rolle (also durch ihre Inputs und Outputs) charakterisiert werden p p )können.

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ProblemeProbleme

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Seltsame RealisierungenSeltsame Realisierungen

Es könnte Systeme geben die die gleiche Es könnte Systeme geben, die die gleiche funktionale Architektur wie bewusste Menschen aufweisen, von denen wir aber nicht sagen würden, d i i B t i hättdass sie ein Bewusstsein hätten.

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Page 1392: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

QualiaQualia

Der Funktionalismus kann die Qualia bzw Der Funktionalismus kann die Qualia bzw. Erlebnisgehalte der mentalen Zustände nicht erklären.

1392SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1393: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ExternalismusExternalismus

Gedanken sind nicht im Kopf“ (Putnam): Die „Gedanken sind nicht im Kopf (Putnam): Die interne funktionale Architektur der Gedanken „Die Ulme ist ein Baum“ und „Die Buche ist ein Baum“ k di l i h i D h i d di i kann die gleiche sein. Dennoch sind diese zwei Gedanken unterschiedliche Gedanken, weil sie sich auf Verschiedenes beziehen.

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Anomaler MonismusAnomaler Monismus

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Identitätstheorie

Jeder mentale Zustand (jedes mentale Ereignis) des Typs M ist mit einem neuronalen Zustand (Ereignis) des Typs N a posteriori identisch.

Anomaler Monimsus

Jeder mentale Zustand (jedes mentale Ereignis) ist mit einem physikalischen Zustand (Ereignis) –irgendeines Typs - a posteriori irgendeines Typs a posteriori identisch.

DonaldDavidson

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Page 1396: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Prinzip der Leib-Seele-InteraktionDas Prinzip der Leib-Seele-Interaktion

Mentale Ereignisse interagieren kausal mit physischen Ereignissen, sie können einander verursachenkönnen einander verursachen.

Diese Annahme hat eine hohe intuitive Plausibilität. Sie entspricht den Vorstellungen unseres AlltagsVorstellungen unseres Alltags.

Es scheint selbstverständlich zu sein, dass z.B. Angst (ein mentales Ereignis) eine Fluchtreaktion (ein physisches Ereignis) verursachen kann.eine Fluchtreaktion (ein physisches Ereignis) verursachen kann.

Umgekehrt verursacht beispielsweise ein Tritt gegen das Schienbein (ein physikalisches Ereignis) eine Schmerzempfindung (ein mentales Ereignis).

1396

p y g ) p g ( g )

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Der Gesetzescharakter von KausalitätDer Gesetzescharakter von Kausalität

Ereignisse, die einander verursachen, fallen unter ein striktes NaturgesetzNaturgesetz.

Seit der berühmten Kritik des Kausalbegriffs durch David Hume, wird von den meisten Autoren anerkannt dass die Rede von einer kausalen Beziehung nur meisten Autoren anerkannt, dass die Rede von einer kausalen Beziehung nur dann (teilweise) gerechtfertigt werden kann, wenn wir naturgesetzmäßige Verallgemeinerungen finden, die zwischen Ursache und Wirkung bestehen.

1397SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1398: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Anomalität des MentalenDie Anomalität des Mentalen

Es gibt keine strikten Naturgesetze über mentale Ereignisse.

Wir alle kennen zwar psychophysische Gesetzmäßigkeiten wie:

W j d H ü t d i t t “„Wenn jemand Hunger verspürt, dann isst er etwas.“„Wenn jemandem ins Schienbein getreten wurde, dann verspürt er Schmerz.“

Solche Gesetzmäßigkeiten haben aber immer nur einen eingeschränkten Charakter (d.h. sie lassen vielerlei Ausnahmen zu). Sie können nie strikte Naturgesetze wie etwa das Newtonsche Fallgesetz sein.

1398SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1399: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Leib Seele InteraktionLeib-Seele-Interaktion

1. Mentale Ereignisse interagieren kausal mit physischen Ereignissen, sie können einander verursachen.

Gesetzescharakter der KausalitätGesetzescharakter der Kausalität

2. Ereignisse, die einander verursachen, fallen unter ein striktes Naturgesetz.

Anomalität des Mentalen

3. Es gibt keine strikten Naturgesetze über mentale Ereignisse.

1399SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1400: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Leib Seele InteraktionLeib-Seele-Interaktion

1. Mentale Ereignisse interagieren kausal mit physischen Ereignissen, sie können einander verursachen.

1* Einzelne mentale Ereignisse interagieren als physische Ereignissekausal mit einzelnen physischen Ereignissen, sie können einander

Gesetzescharakter der Kausalität

p y g ,verursachen.

Gesetzescharakter der Kausalität

2. Ereignisse, die einander verursachen, fallen unter ein striktes Naturgesetz.

Anomalität des Mentalen

3. Es gibt keine strikten Naturgesetze über mentale Ereignisse.

1400SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

3* Es gibt keine strikten Naturgesetze über mentale Ereignistypen.

Page 1401: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

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Page 1402: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Ist eine Tokenidentität ohne eine Typenidentität Ist eine Tokenidentität ohne eine Typenidentität überhaupt verständlich?

1402SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1403: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Falls ein einzelnes physikalisches Ereignis n1 (Feuern von Neuronen im Bereich xyz) identisch mit einem einzelnen Neuronen im Bereich xyz) identisch mit einem einzelnen mentalen Ereignis m (spezifische Blauwahrnehmung) ist, dann fällt dieses einzelne physikalische Ereignis als solches auch

t i t l E i i t M (Bl h h )unter einem mentalen Ereignistyp M (Blauwahrnehmungen).

Anomalie: Es ist möglich, dass ein anderes physikalisches Anomalie: Es ist möglich, dass ein anderes physikalisches Ereignis n2, welches unter demselben physikalischen Typ N wie n1 fällt (Feuern von Neuronen im Bereich xyz), kein mentales Ereignis desselben Typus M (Blauwahrnehmung) realisiertEreignis desselben Typus M (Blauwahrnehmung) realisiert.

Daraus folgt: All diejenigen physikalischen Ereignisse n1 bis nn, g j g p y g 1 n,die M realisieren, dürfen keine physikalische Eigenschaft gemeinsam haben, denn sonst würden sie auch unter denselben physikalischen Typ N fallen, was wieder zur denselben physikalischen Typ N fallen, was wieder zur Typenidentität führt!

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(Zurück zur Identitätstheorie oder zum Funktionalismus)SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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SupervenienceSupervenience

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El Grecos „Blick auf Toledo“ ... und eine perfekte Fälschung

... die von mir beschriebene Position ... lässt sich mit der Auffassung vereinbaren, dass geistige Merkmale in gewissem Sinne von physischen Merkmalen abhängig sind oder über p y g gdiesen supervenieren. Eine derartige Supervenience ließe sich in dem Sinne auffassen, dass es keine zwei Ereignisse geben kann die in allen Hinsichten physisch gleich aber in einer kann, die in allen Hinsichten physisch gleich, aber in einer geistigen Hinsicht verschieden sind ... Supervenience dieser Art enthält nicht Reduzierbarbeit durch ein Gesetz oder eine Definition (Davidson Mental Events“ 1970)

1405

Definition. (Davidson, „Mental Events , 1970)

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1406: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Supervenienz (lat von super über“ zusätzlich“ Supervenienz (lat. von super „über , „zusätzlich und venire „kommen“)

Eine Klasse von Eigenschaften M superveniert genau dann über einer Klasse von Eigenschaften P, wenn

i ht ö li h i t M ä d h P ä des nicht möglich ist, M zu ändern, ohne P zu ändern.

Keine psychischen Unterschiede ohne physische Keine psychischen Unterschiede ohne physische Unterschiede.

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Page 1407: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die Repräsentationale Theorie des Geistes (RTG)Geistes (RTG)

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Jerry [Alan] Fodor (*1959)

Jerry Fodor, einer der einflussreichsten Autoren in der Philosophie des Geistes, hat ab etwa Mitte der 70er Jahre eine recht komplexe Theorie entwickelt, die sehr viel eine recht komplexe Theorie entwickelt, die sehr viel avancierter als der Funktionalismus oder der anomale Monismus ist und behauptet, deren Hauptprobleme lösen zu können. Seine Hauptthese besagt, dass das Denken ein Prozess ist, der viele Ähnlichkeiten mit der Ausführung Prozess ist, der viele Ähnlichkeiten mit der Ausführung eines Computerprogramms hat.

The Language of Thought (1975); The Modularity of Mind(1983); Psychosemantics The Problem of Meaning in the(1983); Psychosemantics. The Problem of Meaning in thePhilosophy of Mind (1987); A Theory of Content and Other Essays (1990)

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Page 1409: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Die zentralen Thesen der RTGDie zentralen Thesen der RTG

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Page 1410: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

(RT) Repräsentationsthese(RT) Repräsentationsthese

Jemand befindet sich genau dann in einem Jemand befindet sich genau dann in einem intentionalen psychischen Zustand des Typs A (Überzeugung, Wunsch, Absicht, …) mit dem Inhalt (Überzeugung, Wunsch, Absicht, …) mit dem Inhalt p, wenn er sich in einer funktionalen Relation RA zu einer mentalen Repräsentation r befindet, die die Bedeutung p hat.

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Überzeugungsspeicher Wünschespeicher Absichtenspeicher

r1 r2 r3

r4 r5r6 r7 r8

r9 r10

r11 r12 r13

r14 r15

RWRA

Jerry glaubt, dass Raben schwarz sind.

(i) r3 hat die Bedeutung [[Raben sind schwarz]].(ii) Jerry befindet sich in der Relation RÜ zu r3

( b fi d t i h i J Üb i h )

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(r3 befindet sich in Jerrys Überzeugungsspeicher)

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(LOT) These von der Sprache des Geistes(LOT) These von der Sprache des Geistes

Mentale Repräsentationen haben eine Mentale Repräsentationen haben eine syntaktische Struktur und eine Semantik.

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Page 1413: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

(CT) Computationsthese(CT) Computationsthese

Die Kausalbeziehungen zwischen intentionalen Die Kausalbeziehungen zwischen intentionalen Zuständen beruhen auf Symbolverarbeitungsprozessen über mentaleSymbolverarbeitungsprozessen über mentale Repräsentationen.

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Page 1414: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wer F(a) glaubt, glaubt auch ∃x F(x). Wenn jemand p und <wenn p, dann q> glaubt, dann glaubt er auch q.

(i) Suche im Überzeugungsspeicher eine Repräsentation der Form F(a).(ii) Überprüfe, ob sich eine Repräsentation der Form ∃x F(x) im Überzeugungsspeicher

(i) Suche im Überzeugungsspeicher eine Repräsentation der Form p.(ii) Überprüfe ob sich eine Repräsentation der Form ∃x F(x) im Überzeugungsspeicher

befindet.(iii) Falls ja, gehe zu (i).(iv) Falls nein, schreibe die Repräsentation ∃ F( ) i d Üb i h d

(ii) Überprüfe, ob sich eine Repräsentation der Form <wenn p, dann q> im Überzeugungsspeicher befindet.(iii) Falls nein, gehe zu (i).(i ) F ll j h ib di R ä t ti i ∃x F(x) in den Überzeugungsspeicher und

gehe dann zu (i).(iv) Falls ja, schreibe die Repräsentation q in den Überzeugungsspeicher und gehe dann zu (i).

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Page 1415: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Wenn jemand p erreichen will und glaubt, dass die Ausführung von h ein geeignetes Mittel zu ErreichungAusführung von h ein geeignetes Mittel zu Erreichung von p ist, und nicht glaubt, dass die Ausführung von h Folgen hat, die er nicht will, dann wird er normalerweise daran gehen, h auszuführen.daran gehen, h auszuführen.

(i) Wähle eine Repräsentation r aus dem Wunschspeicher aus und streiche sie aus dem Speicher.streiche sie aus dem Speicher.(ii) Bilde eine Liste aller in einer gegebenen Situation möglichen Handlungen und wähle aus dieser eine Handlung h aus und streiche sie aus der Liste.(iii) Prüfe, ob sich die mentale Repräsentation h → r im Überzeugungsspeicher befindet.(iv) Falls nein, gehe zu (ii) zurück.(v) Falls ja, prüfe ob sich eine Repräsentation h → r´ im Überzeugungsspeicher befindet.(vi) Falls ja, prüfe ob sich eine mentale Repräsentation ¬ r´ im Wunschspeicher befindet.(vi) Falls ja, gehe zu (ii) zurück.(vii) Falls nein, führe h aus.

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Page 1416: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

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Page 1417: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das chinesische Zimmer

„Stellen Sie sich vor, Sie wären in ein Zimmer eingesperrt, in dem mehrer Körbe mit Chinesischen Symbolen stehen. Und stellen Sie sich vor dass Sie (wie ich) kein Wort Chinesisch stellen Sie sich vor, dass Sie (wie ich) kein Wort Chinesisch verstehen, dass Ihnen allerdings ein auf Deutsch verfasstes Regelwerk für die Handhabung dieser Chinesischen Symbole gegeben worden wäre. Die Regeln geben rein formal ... an, g g g g ,was mit den Symbolen gemacht werden soll. Eine solche Regel mag lauten: ‚Nimm ein Kritzel-Kratzel-Zeichen aus Korb 1 und lege es neben ein Schnörkel-Schnarkel-Zeichen aus Korb 2 ‘ Nehmen wir nun an dass irgendwelche anderen aus Korb 2. Nehmen wir nun an, dass irgendwelche anderen Chinesischen Symbole in das Zimmer gereicht werden, und dass Ihnen noch zusätzliche Regeln dafür gegeben werden, welche Chinesischen Symbole jeweils aus dem Zimmer

J h R S lj

herauszureichen sind. Die hereingereichten Symbole werden von den Leuten draußen ‚Fragen‘ genannt, und die Symbole, die Sie dann aus dem Zimmer herausreichen, ‚Antworten‘ –aber dies geschieht ohne ihr Wissen Nehmen wir außerdem

John R. Searle

aber dies geschieht ohne ihr Wissen. Nehmen wir außerdem an, dass die Programme so trefflich und ihre Ausführung so brav ist, dass Ihre Antworten sich schon bald nicht mehr von denen eines chinesischen Muttersprachlers unterscheiden

1417

lassen.“ (John R. Searle, Geist, Gehirn und Wissenschaft, 1984)

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Explizite Repräsentationen?

„Der These [(CT)] zufolge sind mentale Prozesse kausale Abfolgen von Transformationen mentaler Repräsentationen. Daher müssen Vorkommnissen propositionaler Einstellungen Daher müssen Vorkommnissen propositionaler Einstellungen Vorkommnisse mentaler Repräsentationen entsprechen ... [sonst] ist die RTG schlicht falsch“ (Jerry Fodor, Psychosemantics, 1987)y , )

„In einem Gespräch mit dem Entwickler von Schachprogrammen hörte ich kürzlich die folgende Kritik an einem Konkurrenzprogramm: ‚Es glaubt, dass es seine Dame früh ins Spiel bringen muss‘. Damit wird dem Programm auf sehr nützliche und Vorhersagen ermöglichende Weise eine propositionale Einstellung

Daniel C. Dennett

ermöglichende Weise eine propositionale Einstellung zugeschrieben ... Aber auf keiner der vielen Ebenen, auf denen in diesem Programm etwas explizit repräsentiert wird, gibt es ein explizites Vorkommnis einer Repräsentation, die auch nur annähernd die gleiche Bedeutung hätte wie der Satz ‚Ich sollte meine Dame früh ins Spiel bringen‘.“ (Daniel C. Dennett, „A Cure for theCommon Code“ 1978)

1418

Common Code , 1978)

SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1419: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

InstrumentalismusInstrumentalismus

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Page 1420: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Daniel Dennett (*1942)

Dennett ist ein amerikanischer Philosoph und Direktor des Zentrums für Kognitionswissenschaften an der TuftsUniversity. Als Schüler von Gilbert Ryle beschäftigt sich Dennett hauptsächlich mit der Philosophie des Geistes und gilt heute als einer der führenden Vertreter dieser Disziplin.

Content and Consciousness (1969); Brainstorms. ( );Philosophical Essays on Mind and Psychology (1978); Elbow Room (1984); The Intentional Stance (1987); Consciousness Explained (1991); Kinds of Minds (1996); Brainchildren – Essays On Designing Minds (1998)

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Komplexe Systeme lassen sich verschieden Komplexe Systeme lassen sich verschieden beschreiben, und zwar durch die:

Physikalische Einstellung (physical stance)

Funktionale Einstellung (design stance)

Intentionale Einstellung (intentional stance)

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Page 1422: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Man sagt in einem solchen Fall Verhalten voraus „Man sagt in einem solchen Fall Verhalten voraus, indem man dem System den Besitz gewisser Informationen zuschreibt, von ihm annimmt, dass es

l l d d h d fvon gewissen Zielen geleitet wird, und sich dann auf der Grundlage dieser Zuschreibungen und Annahmen die vernünftigste und angemessenste Annahmen die vernünftigste und angemessenste Handlung überlegt.“

Dennett, Intentional Systems, 1971

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Page 1423: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Dennetts Instrumentalismus: Ein Wesen hat Dennetts Instrumentalismus: Ein Wesen hat dann intentionale Zustände, wenn sein Verhalten in einer intentionalen Einstellung vorhergesagt und

kl d kerklärt werden kann.

Tatsächliche Überzeugungen zu haben (to be a true believer) „Tatsächliche Überzeugungen zu haben (to be a true believer) heißt nicht anderes als ein intentionales System zu sein, ein System dessen Verhalten verlässlich und weitestgehend mit Hilfe der intentionalen Strategie vorausgesagt werden kann.“ Hilfe der intentionalen Strategie vorausgesagt werden kann. Dennett, „True Believers. The Intentional Strategy and Why itWorks“, 1981

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Page 1424: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

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Page 1425: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Der Spagat zwischen eliminativenMaterialismus und intentionalen Realismus

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Page 1426: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

(A) Es ist theoretisch möglich und empirisch wahrscheinlich (A) Es ist theoretisch möglich und empirisch wahrscheinlich, dass es weder in der neuronalen noch in der funktionalen Architektur des Gehirns Strukturen gibt, die den intentionalen Z ständen entsp echen mit de en Hilfe i a f de Zuständen entsprechen, mit deren Hilfe wir auf der intentionalen Ebene unser Verhalten voraussagen und erklären.

(B) Es ist sinnvoll und sogar unvermeidlich, an der intentionalen Strategie festzuhalten und intentionale Zustände in einem gewissen Sinne für real zu haltenin einem gewissen Sinne für real zu halten.

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Page 1427: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

InstrumentalismusInstrumentalismus

Wir verwenden die intentionale Strategie aus pragmatischen Wir verwenden die intentionale Strategie aus pragmatischen Gründen, wenn uns Verhaltenserklärungen und –voraussagen auf der funktionalen oder der physikalischen Ebene nicht zugänglich sind Wir sind uns aber bewusst dass die Annahme zugänglich sind. Wir sind uns aber bewusst, dass die Annahme, dass das Verhalten eines Menschen durch seine intentionalen Zustände hervorgerufen wird, nichts weiter als eine nützliche Fiktion ist denn wir wissen ja dass die wirklichen Ursachen Fiktion ist, denn wir wissen ja, dass die wirklichen Ursachen dieses Verhaltens auf der funktionalen und der physikalischen Ebene zu suchen sind.

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Eliminativer MaterialismusEliminativer Materialismus

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Steven StichPaul Churchland Patricia Churchland

S i tifi R li d th N hil h T d From Folk Psychology toCognitive Science: The Case Against Belief (1983)The Fragmentation of

Scientific Realism and thePlasticity of Mind (1979)A NeurocomputationalPerspective (1989)

Neurophilosophy. Toward a Unified Science of the Mind-Brain (1986)Brain-Wise. Studies in g

Reason (1990)Deconstructing the Mind(1996)

The Engine of Reason, theSeat of the Soul (1995)

Neurophilosophy (MIT Press, 2002)

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Das Theorieargument

(1) Die Alltagspsychologie hat den Status einer hat den Status einer Theorie und ist damit grundsätzlich falsifizierbar.g

Unser Glauben an mentale Zustände istgenauso eine falsche Theorie, wie dasgenauso eine falsche Theorie, wie dasgeozentrische Weltbild und wirdgenauso in der Wissenschafts-entwicklung abgeschafft werden.

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Page 1431: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Theorieargument

(2) Falls diese Theorie falsifiziert wäre könnte es falsifiziert wäre, könnte es sich herausstellen, dass sich die Begriffe der gAlltagspsychologie auf nichts beziehen.

Unser Glauben an mentale Zustände istgenauso eine falsche Theorie, wie dasgenauso eine falsche Theorie, wie dasgeozentrische Weltbild und wirdgenauso in der Wissenschafts-entwicklung abgeschafft werden.

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Page 1432: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Theorieargument

(3) Die Alltagspsychologie ist eine schlechte und eine ist eine schlechte und eine seit 2500 Jahren stagnierende Theorie.g

Unser Glauben an mentale Zustände istgenauso eine falsche Theorie, wie dasgenauso eine falsche Theorie, wie dasgeozentrische Weltbild und wirdgenauso in der Wissenschafts-entwicklung abgeschafft werden.

1432SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1433: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Theorieargument

(4) Die sich rasant entwickelnden entwickelnden Neurowissenschaften können schon jetzt jkognitive Fähigkeiten erklären, zu denen die Allt h l i k i Alltagspsychologie keinen Zugang hat. Unser Glauben an mentale Zustände ist

genauso eine falsche Theorie, wie dasgenauso eine falsche Theorie, wie dasgeozentrische Weltbild und wirdgenauso in der Wissenschafts-entwicklung abgeschafft werden.

1433SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1434: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Das Theorieargument

(5) Die Alltagspsychologie gehört abgeschafftgehört abgeschafft

Unser Glauben an mentale Zustände istgenauso eine falsche Theorie, wie dasgenauso eine falsche Theorie, wie dasgeozentrische Weltbild und wirdgenauso in der Wissenschafts-entwicklung abgeschafft werden.

1434SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1435: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

ProblemeProbleme

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Page 1436: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

Größter anzunehmender UnfallGrößter anzunehmender Unfall

Die Existenz von mentalen Zuständen ist zentral für Die Existenz von mentalen Zuständen ist zentral für unser gesamtes Weltbild, weshalb es enorm starker Argumente bedürfe, um deren Existenz erfolgreich

b t itzu bestreiten.

if commonsense psychology were to collapse „… if commonsense psychology were to collapse, that would be, beyond comparison, the greatestintellectual catastrophe in the history of our species

1436

...„ (Fodor 1987)SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

Page 1437: Einfuehrung in die Theoretische Philosophie SS 2011-3

InkohärenzeinwandInkohärenzeinwand

Da der Eliminativist seinen Thesen BedeutungDa der Eliminativist seinen Thesen Bedeutungzuspricht und sie für wahr und begründet hält, setzt er implizit das voraus, was er eigentlich bestreiten

ill t l Z tä dwill – mentale Zustände.

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QualiaQualia

Da Qualia allgemein als Eigenschaften von mentalen Da Qualia allgemein als Eigenschaften von mentalen Zuständen angesehen werden, ist ihre Existenz nicht mit dem Eliminativismus verträglich. EliminativeM t i li t l h d h h Q li b Di i t Materialisten lehnen daher auch Qualia ab. Dies ist problematisch, da die Existenz von Qualiavollkommen offensichtlich scheint.

1438SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Zusammenfassungg

1439SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

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Physikalismus Dualismus

Problem: Wie kann der Geist, trotz seiner materiellen Natur, nichtmaterielle Eigenschaften haben (Qualia, Intentionalität)?

BehaviorismusMentale Zustände sind lediglich Verhaltensbeschreibungen

Problem: Wie ist es möglich, dass Geist und Materie interagieren?

Interaktionistischer DualismusGeist und Materie interagieren kausal miteinander.g g

bzw. –dispositionen.Problem: Mentale Zustände lassen sich nicht auf Verhaltensbeschreibungen reduzieren.

Identitätstheorie

gProblem: Wie und wo können die beiden Substanzen interagieren?

Psychophysischer ParallelismusGeist und Materie interagieren nicht miteinander, sondern

Mentale Zustände sind a posteriori identisch mit neuronalen Zuständen.Problem: Mentaler Zustände können verschieden realisiert sein.

F k i li

Geist und Materie interagieren nicht miteinander, sondern laufen in einer von Gott geschaffenen Synchronizität ab.Problem: Gott als perfekter, anfänglicher Synchronisierer notwendig.

OkkasionalismusFunktionalismusMentale Zustände sind funktionale Zustände des „Gehirnautomaten“ und können unterschiedlich realisiert sein.Problem: Wie können die „funktionslosen“ Eigenschaften mentaler Zustände (Qualia) erklärt werden?

Geist und Materie interagieren nicht miteinander, sondern werden von Gott von Fall zu Fall aufeinander abgestimmt.Problem: Gott als perfekter, unablässiger Synchronisierer notwendig.

Supervenience-TheorieMentale Zustände basieren auf physikalischen Zuständen, lassen sich aber nicht aus diesen ableiten.Problem: unbefriedigend

EpiphänomenalismusZwar verursachen physische Phänomene mentale Phänomene, aber nicht umgekehrt.Problem: Wie und wo wirkt Materie auf den Geist ein? Widerspricht den Erhaltungsgesetzen der Physik.

Instrumentalismus/ MaterialismusMentale Zustände gibt es nicht.Problem: Die Leugnung des Phänomens löst unser Problem nicht und ist seinerseits nicht begründet.

IdealismusEs gibt nur geistige Phänomene.

Solipsismus

1440SS 2011 Einführung in die Theoretische Philosophie

SolipsismusAlles, was existiert, existiert nur in MEINEM Geist.