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Einfuhrung
Diskrete dynamische Systeme beschreiben Prozesse, die sich in regelmaßigen Zeitabstandennach einer festen, zeitunabhangigen Regel fortentwickeln. Mathematisch wird dies durch wie-derholte Anwendung einer festen Selbstabbildung auf einem mathematischen Objekt X model-liert.Ein wichtiger Aspekt ist das Verhalten einzelner Punkte oder Teilmengen von X im zeitlichenLimes. Ruckkehrverhalten (Periodizitat) und Mittelungsprozesse (Ergodizitat) spielen dabeieine besondere Rolle.Dynamische Systeme kommen in vielen mathematischen Gebieten vor. Neben Analysis, Sto-chastik, Geometrie und Zahlentheorie sind dies mathematische Physik, Finanzmathematik, Nu-merik und Optimierung.In der Zahlentheorie bewies im Jahre 1975 Endre Szemeredi1 das folgende Ergebnis, das 1936von Erdos und Turan vermutet wurde: Ist S ⊂ N eine Teilmenge asymptotisch positiver Dichte,gilt also lim supk→∞
|(S∩[0,k])|k+1
> 0, so enthalt S arithmetische Progressionen beliebiger Lange.Eine arithmetische Progression der Lange k ist dabei eine Menge von naturlichen Zahlen derForm {m,m + s,m + 2s, . . . ,m + ks}, wobei s > 0.Hillel Furstenberg erkannte im Jahre 1977 einen engen Zusammenhang von Szemeredis Satzmit der Theorie der dynamischen Systeme und stellte einen alternativen Beweis von SzemeredisSatz vor.Ziel unserer Fruhlingsschule ist es, diesen Zusammenhang zu erforschen. Ein Vorlaufer desSatzes von Szemeredi ist der Satz von van der Waerden (1927): Zerlegt man die Menge dernaturlichen Zahlen in endlich viele disjunkte Teilmengen, so enthalt mindestens eine dieserTeilmengen arithmetische Progressionen beliebiger Lange. Im ersten Teil der Fruhlingsschulewerden wir dieses Resultat aus einem Rekurrenzprinzip fur topologische dynamische Systemeherleiten, bevor wir im zweiten Teil mit Hilfe ergodentheoretischer Betrachtungen den Satz vonSzemeredi fur arithmetische Progressionen der Lange 2 (Satz von Roth) beweisen.
1Szemeredis Arbeiten, die im Jahre 2012 mit dem Abelpreis geehrt wurden, werden aufhttp://www.abelprize.no/c54147/binfil/download.php?tid=54060 in einer schonen Ubersichtsarbeitdargestellt.
Ablauf
Die Fruhlingsschule beginnt am Montag, den 23. Marz 2015, vor dem Mittagessen und endetam Freitag, den 27. Marz 2015, nach dem Mittagessen.Die Vortrage 2 bis 14 werden von den Teilnehmern gehalten. Jeder Vortrag dauert 60 Minutenmit anschließender Diskussion. Es ist wichtig, dass die Vortrage vor Ort an der Tafel oderauf Overheadfolien entwickelt werden. Insbesondere sollen keine vorgeschriebenen Folien oderdergleichen in Einsatz kommen.An einem Abend wird eine Einfuhrung in den gemeinsamen Elitestudiengang TopMath derUniversitat Augsburg und der TU Munchen angeboten.Mittwoch Nachmittag ist fur einen gemeinsamen Ausflug vorgesehen.
Seminarort
Das Kloster Frauenworth liegt auf der Fraueninsel im Chiemsee im Voralpenland. Tagsuberist die Fraueninsel, die nur 12 Hektar umfasst, ein beliebtes Ausflugsziel. Am Abend ist sieein idyllischer und beschaulicher Ort, der zu Spaziergangen, gemeinsamen Gesprachsrunden,ruhigem Arbeiten oder Entspannen einladt. Die Unterbringung erfolgt in Zweibettzimmern, dieVerpflegung in der Gaststatte
”Klosterwirt“ vor Ort.
Seminarleitung
Prof. Dr. Bernhard Hanke
Nach einem Mathematikstudium in Munchen, Cambridge und Bonn hatBernhard Hanke im Jahre 1999 an der LMU Munchen im Gebiet der alge-braischen Topologie promoviert. Wahrend seiner Zeit als wissenschaftlicherAssistent an der LMU Munchen unternahm er langere Forschungsaufent-halte an der University of Notre Dame, der University of Chicago, derUniversitat Gottingen und der TU Berlin. Im Jahre 2009 wurde er aufeine Professur an die TU Munchen berufen, von wo er im Sommer 2010auf den Lehrstuhl fur Differentialgeometrie an die Universitat Augsburgwechselte.Bernhard Hanke ist aktiv im Elitestudiengang TopMath der UniversitatAugsburg und der TU Munchen engagiert.
Dr. Markus Upmeier
Markus Upmeier promovierte 2013 an der Universitat Gottin-gen bei Thomas Schick im Bereich Topologie. Es folgte einJahr in Belgien als Stipendiat an der Universite Libre de Bru-xelles. Seit Oktober 2014 ist er an der Universitat Augsburgtatig.
Zielgruppe
Die Fruhlingsschule richtet sich an interessierte und motivierte Studierende der Mathematik imdritten Semester. Auch Studierende hoherer Semester sind herzlich willkommen.Die Veranstaltung ist ein moglicher Einstieg, aber keine Voraussetzung, fur die TopMath-Bewerbungsphase im Sommersemester 2015.Der Besuch der Fruhlingsschule kann an der Uni Augsburg und an der TU Munchen nachRucksprache als Proseminar oder Seminar anerkannt werden.
Voraussetzungen
Das Thema der Fruhlingsschule ist fortgeschritten und erfordert Engagement und Interesse.Fur die Mehrzahl der Vortrage ist der Stoff des Mathematikstudiums bis zum dritten Semesterausreichend. Neben linearer Algebra und Analysis werden Grundkenntnisse der Maßtheorie undin einigen Vortragen auch der Theorie der Hilbertraume (unitare Operatoren, Fourierzerlegungkomplexwertiger Funktionen auf dem Kreis) benotigt.Einige Vortrage sollten von Teilnehmern gehalten werden, die sich in der entsprechenden The-matik bereits besser auskennen. Darauf wird in der Vortragsbeschreibung hingewiesen.
Bewerbungsunterlagen und Finanzierung
Um einen reibungslosen Ablauf des Bewerbungsverfahrens und eine faire Behandlung aller Be-werber und eine sinnvolle Einteilung der Vortrage zu gewahrleisten bitten wir Sie, uns folgendeUnterlagen zukommen zu lassen:
• Das Anmeldeformular auf der letzten Seite dieses Dokuments,
• tabellarischer Lebenslauf,
• kurzes Motivationsschreiben (maximal eine Seite),
• Ubersicht der besuchten Lehrveranstaltungen mit Noten der entsprechenden Modulprufun-gen (soweit vorhanden),
• drei mogliche Vortragsthemen (in absteigender Praferenz, bitte auf Formular eintragen).
Abgabe der Unterlagen entweder als Email an [email protected]
oder
• fur Bewerber aus Augsburg: im Sekretariat B. Hanke (Buro L1-3019)
• fur Bewerber aus Munchen: im Briefkasten vor dem Buro MI 02.10.035
Bewerbungsschluss ist der 23. Januar 2015. Wir werden bis Anfang Februar die Einteilungder Vortrage vornehmen und entsprechende Ruckmeldung geben.Die Kosten fur Anreise, Ubernachtung und Verpflegung werden von TopMath uber-nommen. Die Anreise erfolgt mit offentlichen Verkehrsmitteln.
Vortragsthemen
Jeder Vortrag dauert 60 Minuten und soll auf Folie am Overheadprojektor bzw. an der Tafelgehalten werden. Die folgenden Inhaltsangaben sind lediglich Anhaltspunkte. Die genaue Kon-zeption der Vortrage bleibt den Studierenden uberlassen. Bei Ruckfragen melden Sie sich bittebei Markus Upmeier, [email protected].
Einfuhrung
1. (Bernhard Hanke) Einfuhrung
Grundlagen der topologischen Dynamik und der Satz von van der Waerden
2. (N.N.) Diskrete dynamische Systeme, Birkhoffscher Rekurrenzsatz
Dieser Vortrag stellt einige grundlegende Begriffe bereit. Es werden kompakte metrische Raume X
zusammen mit einer stetigen, nicht unbedingt invertierbaren, Selbstabbildung T : X → X betrachtet
([F], S. 19-20). Wichtige Beispiele sind die symbolische Dynamik, dabei insbesondere die Bernoullisy-
steme ([F], S. 6 Mitte - S. 7 Mitte) und Kroneckersysteme ([F], S. 20) mit dem wichtigen Beispiel des
Torus Tn = Rn/Zn. Beweis des Birkhoffschen Rekurrenzsatzes ([F], Theorem 1.1.) und Anwendung
auf symbolische Dynamik [F], Prop. 1.10.
3. (N.N.) Uniforme Rekurrenz und homogene Mengen
Dieser Vortrag verfeinert den Rekurrenzbegriff zur sogenannten uniformen Rekurrenz. Definition syn-
detischer Mengen ([F], Def. 1.7. mit dem wichtigen Spezialfall G = N). Diskussion minimaler dynami-
scher Systeme und uniformer Rekurrenz ([F], S. 28 - 29 bis Theorem 1.16.). Diskussion von Bowen’s
Lemma und homogenen Mengen wie in [F], S. 41-44 Mitte.
4. (N.N.) Birkhoffscher Rekurrenzsatz fur kommutierende Transformationen, Satz von van derWaerden
Der Birkhoffsche Rekurrenzsatz wird mit den bisher erarbeiteten Methoden auf mehrere kommutie-
rende Transformationen ausgedehnt. Als erste zahlentheoretische Anwendung zeigen wir den Satz von
van der Waerden. Einfuhrende Bemerkungen wie in [F], S. 40. Beweis des Birkhoffschen Rekurrenz-
satzes fur kommutierende Transformationen ([F], S. 44 Mitte - S. 46 oben). Anwendung auf den Satz
von van der Waerden ([F], S. 9 Mitte - S. 10).
Dynamische Systeme auf Maßraumen und Werte ganzzahliger Polynome
5. (N.N.) Maßerhaltende Systeme, Rekurrenzsatz von Poincare
Hier werden die Grundlagen der Dynamik auf Maßraumen entwickelt und der fundamental wichtige
Rekurrenzsatz von Poincare vorgestellt. Definitionen wie in [F], S. 59 vor Def. 3.1. und [EW], Def.
2.1. Beispiele ([EW], Examples 2.2.-2.4, 2.8 und 2.9.). Beweis des Rekurrenzsatzes von Poincare ([F],
Theorem 3.2.). Ausblick ([EW], Exercise 2.2.1 und 2.2.2.).
6. (N.N.) Ergodizitat, Birkhoffscher Ergodensatz
Ergodizitiat wurde ursprunglich in der statistischen Physik betrachtet und beschreibt Mittelungspro-
zesse in dynamischen Systemen. Definition wie in [F], Def. 3.1. Beispiele ([EW], Prop. 2.15.-2.17.). Der
Birkhoffsche Ergodensatz ([F], Theorem 3.1.) soll wie in [KW], 291 - 293 Mitte, bewiesen werden.
7. (N.N) Hilfsmittel aus der Maßtheorie und Funktionalanalysis
In den nachsten Vortragen werden einige Hilfsmittel benotigt, die in den Grundvorlesungen nichtbehandelt werden. Dieser Vortrag erfordert entsprechendes Vorwissen, damit eine passende Auswahldes Stoffes gewahlt werden kann.
Behandelt werden sollen: Rieszscher Darstellungssatz fur positive, beschrankte und normierte Funk-
tionale auf C(X) fur einen kompakten metrischen Raum X: Derartige Funktionale stehen in einein-
deutiger Beziehung zu positven Wahrscheinlichkeitsmaßen auf der Borel-σ-Algebra von X (siehe [R1],
S. 40 ff. Beachte, dass nach [R], Theorem 2.18. alle beschrankten Borelmaße auf X regular sind). Satz
von Krein-Milman fur kompakte konvexe Teilmengen lokalkonvexer Raume (siehe [R2], S. 75 ff.).
8. (N.N.) Wahrscheinlichkeitsmaße auf kompakten metrischen Raumen, eindeutig-ergodischeSysteme
Es ist wichtig zu wissen, dass fur viele topologische dynamische Systeme invariante, und sogar ergodi-
sche Maße existieren. Ziel ist die Konstruktion invarianter Maße auf kompakten metrischen Raumen X
nach [F], S. 61 unten - S. 62, Prop. 3.4. Die Diskussion eindeutig-ergodischer Systeme erfolgt wie in [F],
S. 63 - 64 (bis einschließlich Prop. 3.7., aber ohne Def. 3.3. und Prop. 3.6). Bei diesen Konstruktionen
werden die Hilfsmittel aus dem vorangehenden Vortrag benotigt.
9. (N.N.) Gruppenerweiterungen, eindeutige Ergodizitat und Weylscher Satz zur Gleichvertei-lung
Hier wird der Begriff der ergodischen Systeme noch etwas weiter vertieft. Ziel ist der Satz von Weyl zur
Gleichverteilung von Werten von Polynomen auf den ganzen Zahlen. Dieser Vortrag richtet sich nach
der Darstellung in [F], S. 66 Mitte bis S. 69. Besonders interessant vom analytischen Standpunkt ist
der Beweis der Ergodizitat gewisser affiner Transformationen des Torus mittels Fourieranalysis ([F],
Prop. 3.1).
10. (N.N.) Unitare Operatoren, ganzzahlige Polynome und Poincare-Folgen
In diesem Vortrag werden Methoden der Hilbertraumtheorie eingesetzt. Dabei spielt die Spektraltheo-
rie fur unitare Operatoren auf dem Hilbertraum der L2-Funktionen auf einem messbaren dynamischen
Systeme eine zentrale Rolle. Dieser Vortrag setzt einige Kenntnisse uber Spektralzerlegung unitarer
Operatoren auf Hilbertraumen voraus. Literatur: [F], S. 69 unten - 72 Mitte. Fur die Spektraltheorie
fur unitare Operatoren vgl. [R1], Theorem 12.23. Diese Ergebnisse konnen in der benotigten Form
ohne Beweis zitiert werden. Vergleiche auch [EW], Abschnitt 2.4.
11. (N.N.) Mengen positiver Dichte, Poincare-Sequenzen, Satz von Furstenberg-Sarkozy
Wir wenden unsere Methoden auf Teilmengen der naturlichen Zahlen mit positiver asymptotischerDichte an. Dies stellt den fundamentalen Zusammenhang zwischen Wahrscheinlichkeitstheorie undZahlentheorie her. Eine erstaunliche Folgerung ist der Satz von Furstenberg-Sarkozy uber die Losbar-keit gewisser diophantischer Gleichungen.
In diesem Vortrag wenden uns wieder der symbolischen Dynamik und insbesondere den Bernoulli-
Systemen zu. Statt positive asymptotische Dichte reicht fur uns die schwachere Eigenschaft der po-
sitiven oberen Banach-Dichte, siehe [F], Def. 3.7. Wichtig ist Lemma 3.17. Fur den Vortrag reicht es
aus, die Existenz des invarianten Maßes µ zu zeigen (zweite Halfte des Beweises). Auf die Umkehrung
(erster Teil des Beweises) braucht nur am Rande eingegangen zu werden. Direkte Folgerungen sind
[F], Theorem 3.18. und 3.19., wobei der Satz von Furstenberg-Sarkozy (Prop. 3.19. b)) besonders
hervorgehoben werden soll.
Der Satz von Szemeredi uber arithmetische Progressionen
12. (N.N.) Von Neumannscher Ergodensatz und generische Maße
Wir lernen eine alternative Beschreibung der Ergodizitat kennen, die unitare Operatoren auf Hilber-
traumen benutzt. Grundlage ist [F], S. 88 - S. 90 oben. Der Beweis des von Neumannschen Ergoden-
satzes kann wie in [EW], Abschnitt 2.5., gefuhrt werden. Dieser Vortrag setzt Grundkenntnisse in der
Theorie der Hilbertraume voraus.
13. Der Satz von Roth
Dies ist der (bereits hochgradig nichttriviale) Spezialfall des Theorems von Szemeredi fur arithmetische
Progressionen der Lange 2. Die Darstellung richtet sich nach [F], S. 90 - 95. Man beachte, dass das
in [F], Lemma 3.17., konstruierte invariante Maß nach dem Satz von Krein-Milman als ergodisch
angenommen werden kann (vgl. Vortrag 8).
14. Ausblick: Poincare-Rekurrenz fur kommutierende Transformationen, Satz von Szemeredi
Hier soll eine Zusammenfassung der wichtigsten Schritte fur den Beweis des Satzes von Szemeredi
nach Furstenberg gegeben werden. Wichtige Quellen sind [F] bis Abschnitt 7 und [EW]. Dieser Vortrag
setzt eine vertiefte Einarbeitung in den Stoff voraus. Fur den Vortrag muss eine geeignete Stoffauswahl
getroffen werden.
Kontakt und Ansprechpartner
Literatur
[EW] M.Einsiedler, Th. Ward, Ergodic Theory with a view towards Number Theory, Springer-Verlag, 2009.
[F] H. Furstenberg, Recurrence in Ergodic Theory and Combinatorial Number Theory, PrincetonUniversity Press, 1981.
[KW] Y. Katznelson, B. Weiss, A simple proof of some ergodic theorems, Israel Journal ofMathematics 42 (4), 1982.
[R1] W. Rudin, Functional Analysis, Second Edition, McGraw-Hill.
[R2] W. Rudin, Real and complex analysis, Third Edition, McGraw-Hill.
Alle Quellen sind sowohl an der TUM als auch an der Uni Augsburg in der Bibliothek verfugbar.