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Einige Bemerkungen zu den Einfangquerschnitten langsamer und schneller Neutronen bei schwereren Elementen Von Lise Neitner Die Einfangquerschnitte langsamer Keutronen sind im Laufe der letzten Jahre iiir eine Anzahl verschiedener Elemente genessen worden. Von Bor 10 und Li 6 abgesehen wurden bei leichten Elementen sehr kleine Absorptionsquerschnitte erhalten. So gibt Volzl) fur Beryllium einen Einfangquerschnitt u = 3 * cni2 an und in einer neueren Untersuchung fanden Muehlhouse und Goldhaberl), daB Be, 0, F und Si Absorptionsquerschnitte u < 10-28 cm* besitzen. Bei diesen lcichten Elementen erklart sich das Auftreteii so kleiner Einfangquerschnitte - ader richtiger so kleiner Wirkungsquerschnitte fur (n 7)-Prozesse - aus dem groBen Abstand der Kernniveaus. Auffallender ist das Vorkommen kleiner Absorptionsquerschnitte fur langsame Neutronen bei so schweren Elementen wie Blei und Wismut, fur die Maurer und Ramma) Einfangquerschnitte von der GroBenordnung cm2 gefunden haben, wobei die GroBe der Wirkungsquerschnitte aus Aktivitatsmessungen gewonnen wurde. Muehlhouse und Goldha ber, die direkte Absorptionsmessungen aus- fiihrten, geben in guter Ubereinstimmung mit Maurer und Ramm fur Ri einen Wert < 10-26 cm* an. Maurer und Ramm betonten auch, daB Pb und Bi unver- langsanite Li + D-Neutronen in relativ erheblicher Zahl anlagern. Zur Erklarung der kleinen Einfangquerschnitte fur langsame Neutronen ziehen die deutschen Forscher zwei Moglichkeiten in Betracht : Entwedcr nimmt die Dichte der Kernniveaus in der Hohe der Neutronenbindungsenergie nach anfang- lichem Ansteigen mit der Maeenzahl A am Ende des periodischen Systems wieder ab, was allerdings wie die Verfasser betonen, einen Widerspruch mit dem Bohr- schen Tropfchenmodellbedeuten wurde, da dieses ein allmahliches ungefahres Kon- stantwerden der Niveauabstande erwarten 1aBt. Denn fur eine gegebene Anre- gungsenergie sinken zwar die Niveaubestande mit wachsendem A, aber gleich- zeitig nimmt die Bindungsenergie rnit steigendcm A ab. Indessen sollten sich d a m Eleniente in der Nahe von Pb, wie Au oder Hg ahnlich verhalten, was nicht der Fall ist. Oder - so schliel3en Maurer und Ramm - es existieren Spinauswahlregeln, die das Auftreten der kleinen Einfangquerschnitte bedingen. Bi hat den Spin und tritt beim EinfangprozeB des Bleies (Pb208) als Endkern, beim Einfang- prozel3 des Wismuts als Anfangskern auf. Der GesamtprozeB rnuB daher in beiden Pallen rnit einer erheblichen Xnderung des Gesamtimpulsmomentes verkniipft sein, da sowohl PbM* als Poalo den Spin Null haben, eine hderung, die nicht 1) H. Volz, Z. Physik 141, 201 (1943). 2) C. 0. Muelhouse and M. Goldhaber, Physic. Rev. 70, 65 (1946). 3) 13’. Maurer und W. Ramm, 2. Pbysik 119, 6W2 (1942).

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Einige Bemerkungen zu den Einfangquerschnitten langsamer und schneller Neutronen bei schwereren Elementen

Von L i s e N e i t n e r

Die Einfangquerschnitte langsamer Keutronen sind im Laufe der letzten Jahre iiir eine Anzahl verschiedener Elemente genessen worden. Von B o r 10 und L i 6 abgesehen wurden bei leichten Elementen sehr kleine Absorptionsquerschnitte erhalten. So gibt Volzl) fur Beryllium einen Einfangquerschnitt u = 3 * cni2 a n und in einer neueren Untersuchung fanden Mueh lhouse und G o l d h a b e r l ) , daB Be, 0, F und Si Absorptionsquerschnitte u < 10-28 cm* besitzen. Bei diesen lcichten Elementen erklart sich das Auftreteii so kleiner Einfangquerschnitte - ader richtiger so kleiner Wirkungsquerschnitte fur (n 7)-Prozesse - aus dem groBen Abstand der Kernniveaus.

Auffallender ist das Vorkommen kleiner Absorptionsquerschnitte fur langsame Neutronen bei so schweren Elementen wie Blei und Wismut, fur die Maure r und Ramma) Einfangquerschnitte von der GroBenordnung cm2 gefunden haben, wobei die GroBe der Wirkungsquerschnitte aus Aktivitatsmessungen gewonnen wurde. Mueh lhouse und Go ldha be r , die direkte Absorptionsmessungen aus- fiihrten, geben in guter Ubereinstimmung mit Maure r und R a m m fur Ri einen Wert < 10-26 cm* an. Maure r und R a m m betonten auch, daB P b und Bi unver- langsanite Li + D-Neutronen in relativ erheblicher Zahl anlagern.

Zur Erklarung der kleinen Einfangquerschnitte fur langsame Neutronen ziehen die deutschen Forscher zwei Moglichkeiten in Betracht : Entwedcr nimmt die Dichte der Kernniveaus in der Hohe der Neutronenbindungsenergie nach anfang- lichem Ansteigen mit der Maeenzahl A am Ende des periodischen Systems wieder ab, was allerdings wie die Verfasser betonen, einen Widerspruch mit dem B o h r - schen Tropfchenmodell bedeuten wurde, da dieses ein allmahliches ungefahres Kon- stantwerden der Niveauabstande erwarten 1aBt. Denn fur eine gegebene Anre- gungsenergie sinken zwar die Niveaubestande mit wachsendem A , aber gleich- zeitig nimmt die Bindungsenergie rnit steigendcm A ab. Indessen sollten sich d a m Eleniente in der Nahe von Pb, wie Au oder Hg ahnlich verhalten, was nicht der Fall ist.

Oder - so schliel3en Maure r und R a m m - es existieren Spinauswahlregeln, die das Auftreten der kleinen Einfangquerschnitte bedingen. Bi hat den Spin und tri t t beim EinfangprozeB des Bleies (Pb208) als Endkern, beim Einfang- prozel3 des Wismuts als Anfangskern auf. Der GesamtprozeB rnuB daher in beiden Pallen rnit einer erheblichen Xnderung des Gesamtimpulsmomentes verkniipft sein, da sowohl PbM* als Poalo den Spin Null haben, eine h d e r u n g , die nicht

1) H. Volz , Z. Physik 141, 201 (1943). 2) C. 0. Muelhouse and M. Goldhaber, Physic. Rev. 70, 65 (1946). 3) 13’. Maurer und W. Ramm, 2. Pbysik 119, 6W2 (1942).

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den Beta-Ubergangen zugeschrieben werden kann, da diese maximal einfach ver- boten sind.

Ein Einfangen langsanier Neutronen kann nu!? mit einer Xnderung des Bahn- impulses d 1 = 0 erfolgen, n-eil sonst die Unsicherheit in der rauinlichen Lage des Keut,rons, also - klassisch betrachtet - der Stohbstand zwischen Xeutron und Kern erhclilich griiBer wird als der Kernradius. Sieht man voin Spin des Neu- trons ab, so muB der p r in i a r gcbildete Zwischenkern den gleichen Gesanitimpuls haben Fie der Anfangskern. Da jedoch der Zwischenkern hoch angeregt ist, kann er durch Emission von Ganiniastrahlen in verscliiedenen fibergiingeii in tiefere Energiezust,Siide gelangen, die ganz andere Impulsmomente besitzen konnen als tlcr Anfangskerii.

Fur Neutronen Ton mehreren 100 Kev oder groj3erer Energie kann - wcgen der \-id kleincren De Broglie-~VellenlBiige - auch e.in Einfangen mit Xnderung des Gewiitimpiilses stattfinden. Ob aber diese Tat,sache etwas mit dem Befund voii Maure r und Itamin zii tun hat., wonacli das Verhiiltnis der Absorptionsquer- schnitte fur schnelle iuid langsame Neutronen bei P b und Bi vie1 groBer ist alu h i Ap, das den Spin hat, scheiiit fraglich. Zur Erklarung dieses Befundcs ge- nugt ja schon dcr Unistand, daD Ag eirien groBenordiiiiiigsiiiaBig so verschiedenen Eiiif~Liigquerschnitt fur 1 ai igsanie Neutronen hat.

AuBerdem besitzt Indium, das auch den Kernspin 9,'* hat, einen sehr groBen Einfiingqiierschiiitt iiii thermischen Gebiet, der durch sein erstes sehr starkes Rc- sunanzniveau Lei 1,44 ev bedingt. ist.

Ich bin von einer ganz anderen Beobachtung aus auf eine ahnliche Frape- stellling gekommen. Gelegentlich der Bestrahlung eines Niobpraparates, das 2o;b Tantal enthielt, mit unverlangsani.ten Li + D-X-eutronen (ED = 6 &Iev) ergah sich (bezngm auf die Gesamt,zahl der Ncut,ronen) der Einfangquerschnitt dieser Neutronen iiii Froze0 Ta181 (n y ) Tala2 als rund 500mal groDer als der Wirkungs- querwhnit,t fur den ProzeD NIPS (n, 2 n) Kb92. Dieses Ergebnis schien iiberraschend, denn nach tler von WeiDkopf und Ewing l ) entwickelten Theorie fur die Ausbeute an Iierrireaktionen sollte, wenn inan fur die Bildung von NbQ2 den aus den Mcs- suiigeii von Wiedenbecks) sich ergebenden Schwellenwert der Energie V O ~ 12 Mev verweiidct, clieser Wirkungsquerschnitt yon der (troflenordnung cm2 sein - Allerdings sind auch die 1-011 Weisskopf und Ewi ng fur (n 7)-Prozesse schneller Neutroiien nngegebenen Wirkuiigsquerscliiiitte gegeniiber den in den nach- strheiiden Versuchen gefundenen groBeiiordiiuiigsmaDig zu klein, aber die Verfasser weisen darauf hin, daB die berechneteii Eniissionswahrscheinlichkeiten fur Gamma- strahlen nur cine sehr rohe Schiitzung der in Betraclit kommenden GroBeliordnullg si nd .

Es h-onnte jedenfalls versucht werden, durch eine Messung der relativen Ejn- fangqnerschnitte fiir schnelle und langsaine Neutroiien von Ta'B1 zu entscheiden, ob sich der Tantalkern oder der Niobkern anornial verhalt.

Als die narhstehend beschriebenen Versuche im Jahr 1944 begonnen wurdeii, lageu nur aenige Angaben iiber die bei Bestrahlung mit schnellen und langsanicn Keutronen erzeugten Tantalisotope vor. In den Tabellen von Sea bo rg 6, ist die

4, V. F. Weisskopf and D. H. Ewing, Physic Rev. 57, 472 (1940). s, &I. L. Wiedenbeck, Physic. Rev. 70, 435 (1946;. 6, Glenn T. Seaborg, Table of Isotopes, 1. January 1944.

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Halbwertszeit fur Tala2 zu 97 Tagen und die maximale Energie der primaren Betastrahlen zu 0,98 Mev angegeben. Die Messungen an den1 tantalhaltigen Niob- praparat, die sich uber niehr als 500 Tage erstreckten, hatten dagegen Werte zwischen 113 und 118 Tage ergeben. AuBerdein wurde aus Absorptionsmessungen in Aluminium eine maximale Energie fur die Betastrahlen gefunden, die sehr nahe mit der fur NiobD2 ubereinstiinmte, was bei der Berechnung der oben angegebeneu relativen Einfangquerschnitte cine Korrektur eriibrigte. Es schien daher jeden- falls angezeigt, die Daten nochmals zu uberprufen.

Es wurden zwei Proben Tantalsaure, die von Hey1 in Berlin stammten und als ,,reinst" bezeichnet waren, unter identischen geometrischen Bedingungen mit unverlangsaniten, bzw. mit innerhalb 5 cm Paraffin verlangsamten Li + D-Neu- troiien einige Stunden lang bestrahlt und die zeitliche h d e r u n g der Aktivitat 230 Tage lang gemessen. Beide Praparate zeigten anfanglich einen schnellen Ab- fall, der einem Gemisch aus einer Aktivitat ron 9 & 1 Stunde Halbwertszeit und einer Aktivitat von 18 & 2 Minuten entaprach. Der Vergleich der Aktivitaten fur schnelle und langsame Neutronen (naturlich auf gleiche Taiitalmengen und gleiche Bestrahlungsdauer bezogen) ergab eine Schwachung bei Bestrahlung in Paraffin, um einen Faktor von rund 1,5 fur die 9-Stunden-Aktivitat und einen Faktor von rund 2 fur die 18-Minuten-Aktivitat. Der Unterschied in den beiden Faktoren riihrt vielleicht von der verschiedenen Energie der Betastrahlen her, da fur die Bestrahlung in Paraffin etwas dickere Schichten verwendet wurden, urn nicht zu geringe Aktivitaten zu erhalten. Da es sich aber bei der Analyse der Abfallskurven um Differenzbildungen an recht schwachen Aktivitaten handelte, kann der Unter- schied in den Faktoren auch innerhalb der Fchlergrenzen liegen.

Beide Aktivitaten, die zuerst von Olden berg bei Neutronenbestrahlung beob- achtet worden sind'), werden nur durch schnelle Neutronen erzeugt und sind den1 YrozeB Tala1 (n, 2 n) Tala0 zuzuordnen.

Fur Tale* wurde aus den Abfallskurven eine Halbwertszeit von 118 f 3 Tagen erhalten, Messungen der Absorption cler Betastrahlen in Aluminium ergaben unter Berucksichtigung, daB das verwendete Aluminiumzahlrohr eine Wandstarke von 0,l mm hatte, eine Reichweite von 0,23 & 0,03 g/cm2, was einer Energie von rund 0,6 Mev entspricht. Dieser Wert kann moglicherweise etwas zu hoch sein, weil das Tantal in relativ dicker Schicht vorlag (ca. 100 mg/cm2), so da13 in der Absorp- tionskurve fiir Aluminium die in dem viel schwereren Tantal avon der Gamma- strahlung erzeugten Sekundarelektronen (die Energien bis zu 1 Mev besitzen konnen) mitgemessen wurden. Dafiir spricht auch der von Ral l und Wilkinson8) in neuen Versuchen erhaltene kleinere Wert von 0,53 Nev, dem die viel genaueren Messungen in einem magnetischen Linsenspektrograph zugrunde liegen.

Um zu kontrollieren, ob das Verhaltnis der Aktivitaten fur schnelle und lang- same Neutronen bei Ta181 etwa erheblich groDer ist a h bei Sachbarelementen mit kleinerem Kernspin, wurden idcntische Versuche fur Ta und AU ausgefiihrt . Au hat sehr wahrscheinlich den Kernspin und besitzt nur ein einziges Resonanz- niveau fur langsame Neutronen bei 4,8 ev ".

') 0. Oldenberg, Physic. Rev. 68, 35 (1938). 8) Waldo Rall and Roger C . Wilkinson, Physic. Rev. 71, 321 (1947). D, W. W. Havens Jr., C . S. Wu, L. J. Rainwater and C. L. Bleaker, Physic. Rev.

51, 1G5 (1947).

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Ta hat nach neuesten Messungeiio) sein Hauptrcsoiiaiiziii\.eau bei 4,l ev und nuBerdein schwachere Ilesonanzen bei 13, 22 mid 37 ev. Das Haupt,resonanz- niveau ist rund fur die HBlfte des Einfangquerschnittes im Gebiet therrnischer Kcut,roncn verantwortlich.

Die Vcrsuchc aurden in der Weise ausgefiihrt, daB sowohl Ta als Au unter identischeii geoniet,rischen Bedingungen einmal durch 2 mm Cd allseitig geschiitzt iiiit uriverlangsamten Li + D-Neutronen und anderseit,s unt,er Festhaltung dcr gcoinetrischen Bedinguugen (naturlich ohne Cd) innerhalb 5 cni Paraffin bestrahlt und die erhaltenen Intensitaten durch Aktivitatsmessungen bestininit wurden. Fiir Au wurdc d i s Intensitatsverhiiltnis am den Ganiruastmhlrnessuiigeii genornnien , was den Vorteil hatt.e, daB unbeschadet der nicht ganz gleichen Dicke dcr beiden Goldblcchc (298 nig/cm2 bzw. 276 mg/cm2) die Unirechnung aus den1 Gesarnt- gewicht geniacht werdeu konnte. Pu'at,iirlich wurde der zeitliclie Abfall der beiden 13leche kontrolliert. Die Rurven ergahen (iiber 10 Tage gemessen) eine Halb- wertszeit yon 2,7 rf 0:2 Tage. Erst iiach 10 Tageii wurde fur das init schnelleii Neutroneli bestrahlte Praparat der EirifluB von Au1S6 merkbar. Fur dns Tant,al konnten iiur die Betastrahlen geiiiessen werden. l<s wurden diinne Schichteii von 14,4 bew. 17,2 mg/cni* in eineni Aluniiiiiuiii-Zahlrohr von nur 45 p Randstiirke initeinander verglichen. Die Messuiigen wurden in gewissen zeitlichen .4bst,anden wiederholt'und das Mit,tel (natiirlich auf gleiche Mengen bezogen) ails den erhaltenen Werten gebildet. I>er Hauptteil der bestrahlten Tantalproben wurde zur Messung dcs zeitlichen Abfalls verwendet,, der iiber 220 Tuge rerfolgt wurcle und fur die Halb- wertszeit von Tala2 den Wert 117 & 2 Tage ergab.

Das VerhHlt,nis der Aktivitaten fur die schnellen bzw. fur die in Paraffin ver- langsamten Neutronen erg& sich bei Au z u 0,075, bei Ta zu 0,24. Beriicksichtigt, inaii, daB unter den verwendet,eii 13estrahluiigsb~:dinguiigeii noch etwa 60% der schnellen Keut,roneii in Paraffin wirksani amen, so erhalt man fur die obigen Ver- lialtnisse bei Au den Wert 0,077 und bei Ta den Wert 0,26.

Das Verhalt~nis ist also in beiden Fallen von tlcrselben GroBenordnung, in Ta rund 3,4mal groBer als in Au.

Nach iieuen, sehr genauen Messungen dcr E,iifaiigquerschnitte 9) niit mono- cnergetischen Neutronen ist der ilhsorptionsquerschiiitt fur C-Seut,roncn h i Ooltl u = 90 - cm2 und bei Tantal CT = l5,9 . 10-24 em?. Beriicksichtigt man, (la0 unt,er den hier eingehaltcnen Bestrahlungsbedingungeii die Anzahl von C- Neutronen etwn. der urspriinglich vorhandeiieii unverlangsamten Neutronen hctragcn diirfte, so folgt, daB uiiter Zugrundelegung der gemessenen Aktivitaten von AulOs und TaIB3 die absoluten Eirifa,ngquerschuitt,e fiir unverlangsamte Li -t- I)-Pu'cutroneii sich zu 6,7 * cni?, bzw. 3,s . 1 0 - 2 5 cm2 ergeben. Die Werte sollten auf rund 20% richtig sein.

Aus dcn voii E w i n g wid Weisskopf angegebenen Tabellen fur (n 7)-Prozesse sollte man fur En = 6 MeV Wirkuiigsquerschiiitte kleiner als 10-28 cin2 er- wartcn.

Jedenfalls hat Ta grol3enordiiungsniiBig denselben Einfangquerschnitt fur schnelle Neutronen wie Au. Die (n, 2 n)-Prozesse sind aohl in beiden Fiillen zii geriiig an Intensitat, uni die angcgebenen Werte @;roBenordiiungsmiBi~ zu beein- flussen.

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Nach diesen Ergebnissen scheint es fraglich, ob das von Maure r und R a m m sngrgebene verschiedene V e r h a l t n i s der Einfangswahrschcinlichkeiten fur schnel- le Neutronen von Pb und Bi gegenuber Ag auf einfache Spinauswahlregeln zuruck- gefuhrt werden kann. Dies um so mehr, als Hughes'O) bei einer Untersuchung der Einfangquerschnitte schneller Neutronen (aus dem Uranmeiler des Argonne- Laboratoriums) fur Atomarten rnit der Massenzahl A.> 100 angenahert kon- stante Werte gefunden hat mit Ausnahme von Pb und Bi, deren Einfangquer- schnitte ,,abnormal niedrig" sind.

xhnlich scheinen die Vcrhaltnisse beim Sb93 zu liegen. Aus den am A4nfang clieser Arbeit erwahnten Messungen folgt, da13 der Wirkungsquerschnitt fur schnellc Neutronen bei Nb93 gemessen an der Intensitiit von Nb92 im Vergleich niit Tale1 viel kleiner ist, als man erwarten sollte. Da Nb den Kernspin 9/ip hat, Ta den Kern- spin 7/2, scheint es srhwer, dieses Verhalten von Nb auf Spinauswahlregeln zuriick- zufuhren.

DaB Nb sich auch beim EinfangsprozeB langsamer Neutronen anorinal ver- halt, folgt aus Mcssungen von W u , R a i n w a t e r und Havens l l ) , die im I/v-Ge- biet mit monoenergetischen Xeutronen rinen Einfangquerschnitt fur Nb finden, der rund 301nal kleiner ist als ,der Absorptionsquerschnitt fur Ta im gleichen Energiegebiet. Es sind auch keine dem Nb angehorenden Resonanzniveaus gefunden worden. Die Verfasser nieinen, da13 das Pehlen beobachtbarer Niveaus dahcr konimcn kann, daB der Niobkern 94 dem instabilen Typus von ungeradeii Z und geradcn A angehort. Aber zu deinselben Typus gehorcn ja praktisch alle radioaktiven Isotopen mit ungeraden Z, wie Agloe und 110, oder Au198 usw., die sehr ausgepriigte Resonanzniveaus besitzen.

Piir die sich anormal verhaltenden Kerne Nb, Pb und Bi scheinen sowohl lang- same als auch schnelle Neutronen zu kleine Einfangswahrscheinlichkeiten zu be- sitzen. Bei allen drei Eleinenten haben entweder die -4nfangs- oder die Endkernc den Spin 9/2. Trotzdem scheint es schwer, das anorinale Verhalten auf dicsen hoheii Spin zuriickzufiihren, da, wie schon erwahnt, Indium, das den gleichen Spin be- witzt, einen sehr groI3en Einfangquerschnitt fur langsame Neutronen aufweist und eine Reihe von Elementen mit dem Spin 7/2, wie La, Ho und Ta sich ganz normal verhalten, wahrend nach Se ren , F r i e d l a n d e r und Ti i rke l bei Te128 und Te190, denen beiden der Spin Null zugeschrieben wcrden muB, ein Einfang- querschnitt fur thermische Keutronen \-on 4- 7 - l O P 6 cm2 festgestellt wurdc, wobei allen diesen Bcstimmungen Aktivitatsmessungen zugrunde lagenlip). Auf - fallend ist in diesem Zusammenhang auch, daB die genannten Verfasser fiir S C ~ ~ , das den Spin hat und ein so leichtes Element ist, den Einfangquerschnitt c = 22 * 10-24 ,ma fanden, obwohl sie 95% dieses Querschnittes dem Betaubergang zuordnen, was wahrscheinlich erheblich zu viel ist 13).

lo) D. J. H u g h e s , Physic. Rev. 70, 106 (1946). 11) C. S. Wu, L. J. Rainwater and W. W. Havens Jr., Physic. R,ev. 71,174 (1947). l 2 ) Leo Seren, H. N. Friedlander and S. H. Tiirkel, Physic. Rev. 72,888 (1947). 13) L. Meitner, Ark. f . Math., Astron. och Fysik 31, Nr. 6 (1945).

S t o c k h o l m , Drottning Kristinas vg 47, Laboratorium Meitner.

(Bei der Redaktion eingegangen am 9. Februar 1948.)