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Einschätzungen von Wirtschaft und Gesellschaft in Ost- und Westdeutschland
Johannes Gutenberg-Universität Mainz Seminar im Hauptstudium
Politische Kultur in Ost- und WestdeutschlandLeitung: Prof. Dr. Jürgen W. Falter
Referenten: Stephan Hellkamp und Alena Kölsch20. Dezember 2005
20. Dezember 2005 Referenten: Stephan Hellkamp und Alena Kölsch
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Problemstellung
1. Welche Gerechtigkeitsvorstellungen haben die Bürger in beiden Landesteilen?
2. Besteht eine Gerechtigkeitskluft?
3. Was prägt die Einstellungen zur Gerechtigkeit?
20. Dezember 2005 Referenten: Stephan Hellkamp und Alena Kölsch
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Gliederung
• Theoretische Grundlagen– Was ist Gerechtigkeit?– Sozialisationshypothese– Transformationshypothese
• Empirische Daten– Einschätzung der Gerechtigkeit der Gesellschaftsordnung– Einschätzung der individuellen und allgemeinen wirtschaftlichen
Lage– Subjektive Benachteiligung
• Welche Zusammenhänge bestehen zwischen den drei Bereichen?
• Fazit
20. Dezember 2005 Referenten: Stephan Hellkamp und Alena Kölsch
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Gerechtigkeit nach Rawls
• „Grundsätze für die Zuweisung von Rechten und Pflichten und die richtige Verteilung gesellschaftlicher Güter.“
• Festlegung der Grundsätze „hinter einem Schleier des Nichtwissens“
• Zwei Grundsätze bestehen im Urzustand– Gleichheit der Grundrechte und –pflichten– Ungleichheiten nur, wenn sich daraus Vorteile für alle
ergeben, insbesondere die schwächsten der Gesellschaft
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Hypothesen
• Sozialisationshypothese:– Prägung durch DDR-Regime
– Bürger im Osten haben grundsätzlich andere Einstellungen zur Gerechtigkeit als Westdeutsche
• Transformationshypothese– Enttäuschung über nicht erfüllte Erwartungen
nach der Wiedervereinigung– Bürger im Osten schätzen Gesellschaft als ungerechter
ein
20. Dezember 2005 Referenten: Stephan Hellkamp und Alena Kölsch
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Einstellungen zur Gerechtigkeit der Gesellschaftsordnung
1994 1998 2002
ABL NBL ABL NBL ABL NBLMittel
wert -.15 -.33 -.07 -.33 -.02 -.43Stdab
w. .85 .81 .66 .60 1.00 .90
Aggregatebene: empirische Daten bestätigen Gerechtigkeitskluft zwischen Ost und West, aber mikroanalytische Betrachtung notwendig
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Gerechtigkeit der Gesellschaftsordnung, 1994-2002 (Angaben: Prozent)
ABL NBL
94-98 98-02 94-98-02 94-98 98-02 94-98-02stabil 40 49 23 46 51 25
Zunahme 32 26 32 28 24 27
Abnahme 28 25 23 26 26 27Diskontin
uität - - 23 - - 22
Entscheidend für die Bewertung der Gerechtigkeit ist nicht Trennung in Ost und West, sondern wahrscheinlich die aktuelle persönliche Situation
20. Dezember 2005 Referenten: Stephan Hellkamp und Alena Kölsch
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Determinanten zur Einschätzung der sozialen Gerechtigkeit
1. Einschätzung der wirtschaftlichen SituationMessung: Bewertung der gegenwärtigen
wirtschaftlichen Lage des Landes und des Einzelnen sowie über den pro- und retrospektiven Vergleich
Vorteil: Decken einen zentralen Bereich der individuellen wirtschaftlichen Einstellungen ab, unabhängig von Bildung und politischer Involvierung
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Allgemeine wirtschaftliche Lage
1994 1998 2002
ABL NBL ABL NBL ABL NBLMittelw
ert -.01 .08 -.03 -.08 -.18 -23Stdab
w. .29 .31 .29 .28 .31 .33
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Individuelle wirtschaftliche Lage
1994 1998 2002
ABL NBL ABL NBL ABL NBLMittelw
ert .09 .14 .08 .05 .02 -.03Stdab
w. .26 .31 .26 .28 .30 .32
Trotz negativen Trends lässt sich eine dramatische Zu- nahme der Unzufriedenheit mit den Lebensverhältnissen im Osten nicht bestätigen
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Einstellungen zur wirtschaftlichen Situation- weitere Ergebnisse
• Bei Betrachtung der Trenddaten (94-98-02) zeigt sich sowohl für die allgemeine als auch die individuelle Einschätzung ein Abwärtstrend, der jeweils zuerst im Osten zum Tragen kommt
• Insgesamt sind die Einstellungen gegenüber der individuellen Lage wesentlich stabiler als gegenüber der allgemeinen
• Gegenseitige Beeinflussung der ind. und der allg. wirtschaftlichen Einstellung
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Determinanten zur Einschätzung der sozialen Gerechtigkeit
• Subjektive BenachteiligungMessung: durch Frage nach Zuordnung zu
bevorzugter oder benachteiligter Gruppe
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Zugehörigkeit zu benachteiligten und bevorzugten Gruppen
ABL 94 NBL 94 ABL 98 NBL 98 ABL 02 NBL 02
benachteiligt 19,1 32,8 19,3 27,3 20 31.6
weder noch 65,8 61,7 72,1 67,9 73.3 64.4
bevorzugt 15,1 5,6 8,6 4,8 6,7 4
Unterschiede trotz Angleichung sichtbar (Aggregatebene), aber keine dauerhaften Verfestigung ungleicher Verteilungsmuster (Paneldaten, nicht ausgewiesen)
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Vier Dimensionen sozialer Gerechtigkeit nach Koller
• Verteilungsgerechtigkeit – Gerechte Verteilung von Gütern und Lasten einer
Gesellschaft• Tauschgerechtigkeit
– Faire Austauschbedingungen, wechselseitige Vorteilhaftigkeit des Tauschs wird vorausgesetzt
• Politische Gerechtigkeit– Herrschaft über ein Land muss gewissen
Anforderungen genügen• Korrektive Gerechtigkeit
– Befasst sich mit Normeinhaltung und ihrer Sanktionierung
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Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Einschätzung, subjektiver Benachteiligung und Gerechtigkeit
• Einschätzung der individuellen wirtschaftlichen Lage
• Einschätzung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage
• Subjektive Benachteiligung• Perzipierte Einflussmöglichkeit
auf die Politik
Indikatoren für Verteilungs- und Tausch-gerechtigkeit
Indikator für politische Gerechti-gkeit
20. Dezember 2005 Referenten: Stephan Hellkamp und Alena Kölsch
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Zusammenhang zwischen Gerechtigkeit, wirtschaftlicher Lage und subjektiver Benachteiligung
Zusammenhang 1994ABL NBL
b beta b betaBenach. .23 .16** .43 .30**AWL .41 .26*** .34 .26***IWL .10 .03 n.s. .04 .05 n.s.
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Zusammenhang zwischen Gerechtigkeit, wirtschaftlicher Lage und subjektiver Benachteiligung
Zusammenhang 1998ABL NBL
b beta b betaBenach. .17 .08 n.s. .28 .24***
AWL .20 .16*** .26 .23***IWL .08 .05 n.s. .06 .05 n.s.
20. Dezember 2005 Referenten: Stephan Hellkamp und Alena Kölsch
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Zusammenhang zwischen Gerechtigkeit, wirtschaftlicher Lage und subjektiver Benachteiligung
Zusammenhang 2002ABL NBL
b beta b betaBenacht. .23 .16*** .29 .23***
AWL .15 .12*** .10 .09*IWL .14 .10* .07 .06 n.s.
20. Dezember 2005 Referenten: Stephan Hellkamp und Alena Kölsch
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Betrachtung über den gesamten Zeitraum
Zusammenhang 1994 Zusammenhang 1998 Zusammenhang 2002
ABL NBL ABL NBL ABL NBL
b beta b beta b beta b beta b beta b beta
Benach .23 .16** .43 .30** .17 .08 n.s. .28 .24*** .23 .16*** .29 .23***
AWL .41 .26*** .34 .26*** .20 .16*** .26 .23*** .15 .12*** .10 .09*
IWL .10 .03 n.s. .04 .05 n.s. .08 .05 n.s. .06 .05 n.s. .14 .10* .07 .06 n.s.
Ökonomische Einstellungen können somit weder im Westen noch im Osten die Einschätzung der Gerechtigkeit hinreichend erklären
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Fazit
• Hauptsächlich ist die subjektive Benachteiligung für die Beurteilung der sozialen Gerechtigkeit der Gesellschaft relevant
• Abkopplung des Gerechtigkeitsempfindens von der ökonomischen Lage – Welche neuen Faktoren in die Erklärung einbezogen
werden können, kann anhand der Datenbasis nicht beantwortet werden
• Bei Betrachtung des Aggregats kann man davon ausgehen, dass sowohl die Sozialisations- als auch die Transformationshypothese zutreffen
20. Dezember 2005 Referenten: Stephan Hellkamp und Alena Kölsch
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20. Dezember 2005 Referenten: Stephan Hellkamp und Alena Kölsch
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Unklarheiten betreffend Einschätzung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage
% ABL 94 NBL 94 ABL 98 NBL 98
sehr gut 1,5 0,1 1,3 0,3
gut 27,5 16,4 27,1 11,5
teils/teils 50,7 53 50,9 49,9
schlecht 18 24,7 17,5 32,4
sehr schlecht 2,4 5,8 3,2 5,9
1994 1998 2002
ABL NBL ABL NBL ABL NBL
Mittelwert -.01 .08 -.03 -.08 -.18 -23
Stdabw. .29 .31 .29 .28 .31 .33
ABL-
94/98NBL-
94/98
besser 34,7 /
28,751,6 /
26,3
gleich46,5 /
48,141,5 /
55,5
schlechter18,9 /
32,3 7,0 / 18,2
20. Dezember 2005 Referenten: Stephan Hellkamp und Alena Kölsch
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Unklarheiten betreffend Einschätzung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage
• Für 1994 sprechen Abold und Wenzel davon, dass sich „die „Gerechtigkeitskluft“ und die Kluft der ökonomischen Einschätzung in Ost und West gegenseitig bedingen“
→ das spricht aber gegen das Ergebnis aus der eben gezeigten Tabelle oder wird sich hier auf die Daten ohne Pro- und Retrospektive bezogen„
• „Unterschiede zwischen den beiden Landesteilen sind bei den Bewertungen der allgemeinen und individuellen wirtschaftlichen Lage eher gering. Von einer Einstellungskluft kann also nicht die Rede sein.“
→ dies widerspricht der oben gemachten Aussage