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Dieses Diagnose hat bei einem Militär- piloten bezüglich Berufsausübung andere Folgen als in den meisten anderen Berufen. Die hohen G- Bela- stungen, wie auch die hohen Katecho- laminausschüttungen, die beim Jet- piloten im Flugbetrieb auftreten können, lassen die Schwierigkeiten nicht nur in der Diagnostik- dieses Krankheitsbild tritt in der Allgemein- bevölkerung immerhin zwischen 0,1 und 3 % auf- sondern wie in diesem asymptomatischen Fall auch in der Therapie erkennen. Eine bedingte Tauglichkeit für das Führen eines Flugzeuges ist z.T. noch möglich. Ektope, katecholaminabhängige Knotentachykardie und Wolff-Parkinson-White-Syndrom bei einem Jetpiloten ' A. Keisker, H. Schnüriger Key words: Flugmedizin, Kandiologie, WPW-Syndrom A. Keisker Assistenzarzt Sektion Flugmedizin Dr. med. H. Schnüriger Chef Sektion Flug- medizin Fliegerärztliches Institut der Schweizer Luftwaffe Bettlistrassse 16 8600 Dübendorf Graphik 1 Ruhe-EKG I Anamnese: Anlässlich der jährlichen Routine-Kontroll- Untersuchung bei einem gesunden und sportlich aktiven Berufs-Jet-Piloten des Ue- berwachungsgeschwaders und gleichzeitig Mitglied der Kunstflugstaffel «Patrouille Suisse», trat bei der Ergometrie (Conconi- Protokoll) unter einer Belastung von 300 Watt eine asymptomatische, selbstlimitie- rende, paroxysmale Tachykardie (f 21 0 bpm) auf. Zumal es unter einer paroxysmalen Tachykardie potentiell zu einem kritischen BO-Abfall mit cerebraler Minderperfusion kommen kann, erfolgte die sofortige vorläu- fige Einstellung im Flugdienst. Status: Oie körperliche Untersuchung des Piloten zeigte keinerlei Auffälligkeiten: 29-jährig, 180 cm, 80 kg (BMI 24.7), Blutdruck 112/80 mm Hg, Puls 52 bpm irreg. (bekannte su- praventrikuläre Extrasystolie), im übrigen kardiopulmonal unauffällig. Ruhe-EKG: Sinusbradykardie, in den peri- pheren Ableitungen findet sich mit Ausnah- me des ersten Komplexes ein verkürztes PQ-Intervall (0.08 - 0.09 ms) und eine Oelta- Welle, in den übrigen Ableitungen lässt sich dieses Phänomen nicht nachweisen. Belastungs-EKG: asymptomatischer, paro- xysmaler Pulsanstieg auf 210 bpm unter ei- ner Belastung von 300 Watt, keine Ischä- miezeichen, selbstlimitierend, BO 195/65 mmHg. Übrige Befunde unauffällig. Labor: Blutsenkungsreaktion (BSR) 1 mm/h (Norm < 5 mm/h), ebenfalls normal waren der Hä- moglobinwert (8.7 mmol/I, Norm 8.7 - 11.2), die Anzahl Erythrocyten (4.81 x 1012/1/ Norm 4.6 - 6.2), die Anzahl weisser Blutzel- len (5.5 x 109/1/Norm 4 - 10) und die Anzahl Thrombocyten (254 x 109/1 / Norm 150 - 350), Nüchtern-Blutzucker (BZ) (5.2 mmol/I / Norm 4.2 - 6.1), Cholesterin (4.9 mmol/I / Norm< 5.2), Triglycerid (1.0 mmol/I / Norm < 2.3), Krea (86 mmol/I / Norm 44 - 80), Harnsäure (375 jJmol/l / Norm - 416 ), GOT (19 U/I / Norm - 40), GPT (16 U/I / Norm - 41), GGT (13 U/I / Norm 11 - 50). /~> Y Thorax- Röntgen: unauffälliger kardiopulmonaler Befund ..:.!. E Q ~ CCJ Zwischendiagnose: Intermittierendes Wolff-Parkinson-Wh ite-Synd rom Paroxysmale, supraventrikuläre Tachykardie unter Belastung

Ektope, katecholaminabhängige Knotentachykardie und Wolff ...¤ngige... · Paroxysmale, supraventrikuläre Tachykardie unter Belastung. Elektrophysiologische Untersu-chung: Bei der

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Dieses Diagnose hat bei einem Militär-

piloten bezüglich Berufsausübung

andere Folgen als in den meistenanderen Berufen. Die hohen G- Bela-

stungen, wie auch die hohen Katecho-

laminausschüttungen, die beim Jet-

piloten im Flugbetrieb auftreten

können, lassen die Schwierigkeiten

nicht nur in der Diagnostik- dieses

Krankheitsbild tritt in der Allgemein-bevölkerung immerhin zwischen 0,1und 3 % auf- sondern wie in diesem

asymptomatischen Fallauch in derTherapie erkennen. Eine bedingteTauglichkeit für das Führen eines

Flugzeuges ist z.T. noch möglich.

Ektope, katecholaminabhängige Knotentachykardie undWolff-Parkinson-White-Syndrom bei einem Jetpiloten '

A. Keisker, H. SchnürigerKey words: Flugmedizin, Kandiologie, WPW-Syndrom

A. KeiskerAssistenzarzt Sektion

Flugmedizin

Dr. med.H. SchnürigerChef Sektion Flug-medizin

FliegerärztlichesInstitut der SchweizerLuftwaffeBettlistrassse 168600 Dübendorf

Graphik 1Ruhe-EKG

I

Anamnese:

Anlässlich der jährlichen Routine-Kontroll-Untersuchung bei einem gesunden undsportlich aktiven Berufs-Jet-Piloten des Ue-berwachungsgeschwaders und gleichzeitigMitglied der Kunstflugstaffel «PatrouilleSuisse», trat bei der Ergometrie (Conconi-Protokoll) unter einer Belastung von 300Watt eine asymptomatische, selbstlimitie-rende, paroxysmale Tachykardie (f 210 bpm)auf. Zumal es unter einer paroxysmalenTachykardie potentiell zu einem kritischenBO-Abfall mit cerebraler Minderperfusionkommen kann, erfolgte die sofortige vorläu-fige Einstellung im Flugdienst.

Status:

Oie körperliche Untersuchung des Pilotenzeigte keinerlei Auffälligkeiten: 29-jährig,180 cm, 80 kg (BMI 24.7), Blutdruck 112/80mm Hg, Puls 52 bpm irreg. (bekannte su-praventrikuläre Extrasystolie), im übrigenkardiopulmonal unauffällig.Ruhe-EKG: Sinusbradykardie, in den peri-pheren Ableitungen findet sich mit Ausnah-me des ersten Komplexes ein verkürztesPQ-Intervall (0.08 - 0.09 ms) und eine Oelta-Welle, in den übrigen Ableitungen lässt sichdieses Phänomen nicht nachweisen.

Belastungs-EKG: asymptomatischer, paro-xysmaler Pulsanstieg auf 210 bpm unter ei-ner Belastung von 300 Watt, keine Ischä-miezeichen, selbstlimitierend, BO 195/65mmHg.Übrige Befunde unauffällig.

Labor:

Blutsenkungsreaktion (BSR) 1 mm/h (Norm< 5 mm/h), ebenfalls normal waren der Hä-moglobinwert (8.7 mmol/I, Norm 8.7 -11.2), die Anzahl Erythrocyten (4.81 x 1012/1/Norm 4.6 - 6.2), die Anzahl weisser Blutzel-

len (5.5 x 109/1/Norm 4 - 10) und die AnzahlThrombocyten (254 x 109/1/ Norm 150 -

350), Nüchtern-Blutzucker (BZ) (5.2 mmol/I /Norm 4.2 - 6.1), Cholesterin (4.9 mmol/I /Norm< 5.2), Triglycerid (1.0 mmol/I / Norm< 2.3), Krea (86 mmol/I / Norm 44 - 80),Harnsäure (375 jJmol/l / Norm - 416 ), GOT(19 U/I / Norm - 40), GPT (16 U/I / Norm - 41),GGT (13 U/I / Norm 11 - 50).

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Y

Thorax- Röntgen:

unauffälliger kardiopulmonaler Befund

..:.!.

EQ

~CCJ

Zwischendiagnose:

IntermittierendesWolff-Parkinson-White-SyndromParoxysmale, supraventrikuläre Tachykardieunter Belastung

Elektrophysiologische Untersu-chung:

Bei der nachfolgenden elektrophysiologi-schen Untersuchung liess sich ein akzesso-risches, anteroseptales Reizleitungsbündelmit langer anterograder Refraktärperiodeund fehlender retrograder Leitung feststel-len. Die beobachtete Tachykardie konntedeshalb nicht in Zusammenhang mit demWPW-Syndrom beziehungsweise der ak-zessorischen Bahn erklärt werden. Demge-genüber liess sich unter Perfusion von Iso-prel und Vorhofstimulation (Basiszyklus 500ms mit 1 - 2 Vorhofextrasystolen) eine QRS-Tachykardie mit einer Frequenz zwischen340 - 315 ms auslösen. Wie bereits er-wähnt, benützte diese Tachykardie die ak-zessorische Leitung nicht in retrograder

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Weise; es handelte sich hierbei sehr wahr-scheinlich um eine ektope Knotentachykar-die, begünstigt durch die artefizielle Gabevon Katecholaminen. Der Vollständigkeithalber muss noch erwähnt werden, dass ei-ne Hochfrequenz-Ablation infolge der kno-

tennahen (AV-Knoten) Lokalisation der ak-zessorischen Bahn aus technischenGründen nicht durchführbar gewesen wäre.

.

Diagnose:

1'- Ektope, katecholaminabhängige Knotenta-chykardie

1'- Akzessorisches, anteroseptales Reiz-leitungsbündel mit langer anterograderRefraktärperiode und fehlender retrogra-der Leitung

Graphik 2Mig-29-Profil

Verlauf:

Unter diesen Umständen war das Führen ei-nes Jetflugzeuges für den betroffenen Pilo-ten nicht mehr vertretbar. Dies lässt sich da-mit begründen, dass das potentielleAuftreten einer Tachyarrhythmie im Flugund damit auch während Phasen auftreten-der hoher G-Belastungen zu einer zusätzli-chen signifikanten Minderung des cerebra-len Perfusionsdrucks bis hin zum G-LOC(G-induced loss of conciousness) führenkann. Aus flugmedizinischem Interesse undum unseren Entscheid auch für den Pilotenbesser nachvollziehbar zu gestalten, ent-schieden wir uns für ein erneutes «Testing»auf der Humanzentrifuge in Königsbrück beiDresden (Deutsche Luftwaffe). Hierbei liesssich unter wiederholtem Fahren von unterNATO-Staaten zur Anwendung kommendenStandardprofilen (u.a. Belastung von + 7 Gzüber 15 sec) keine Tachykardie provozieren.Dies gelang erst im Rahmen eines noch an-spruchsvolleren Mig29-Profils, wobei dieTachykardie (215 bpm) nach Abbruch derZentrifugen-Fahrt rasch sistierte und für denPiloten keine über die im Rahmen der G-Be-lastung zu erwartende Symptomatik auf-zeigte.

Zusammenfassend lässt sich festhalten,dass der Pilot stets asymptomatisch blieb,dass die auch unter elektrophysiologischerStimulation auftretenden Tachykardien einstabiles Substrat (kritische Schwellen-frequenz ca. 160 bpm) aufwiesen und hämo-

Abbildungen 1 + 2Humanzentrifuge,FlugmedizinischesInstitut der LW,Abteilung 11- Königs-brück - D

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Graphik 2Zeit[s]

Graphik 3Wolff-Parkinson-

White-Syndrom

dynamisch zumindest unter Alltagsbedin-gungen inklusive sportlicher Betätigungausgezeichnet toleriert wurden und ent-sprechend auch mit sehr grosser Wahr-scheinlichkeit zu keiner plötzlichen Ein-schränkung der Handlungsfähigkeit (suddenincapacitation) führen werden. Es wurde be-reits angedeutet, dass die letzte Aussageim Falle eines raschen und hohen G-Auf-

baus wie dies bei Hochleistungs-Kampfflug-zeugen der 4. oder 5. Generation (FA-18-Hornet, F-16, Eurofighter etc) möglich ist,nicht gemacht werden kann.

Zusammen mit dem uns beratend zur Seite

stehenden, flugmedizinisch versierten kar-diologischen Experten, entschieden wir be-züglich Flugtauglichkeit wie folgt:(,...Keine Jetflugtauglichkeit(,...Umschulung auf Alouette-III!Superpuma

möglich(,...Ausbildung zum Linienpiloten (only valid

with safety pilot) möglich

Der betroffene Pilot hat zwischenzeitlich die

Umschulung auf Helikopter ebenso wie dieAusbildung zum Linienpiloten erfolgreichabsolviert. Um eine Progression derTachyarrhythmien nicht zu verpassen, sindjährliche Standortbestimmungen mittels24-Stunden-EKG geplant.

Kommentar:

Gemäss Definition gelten für die Diagnoseeines Wolff-Parkinson-White-Syndroms fol-gende Einschlusskriterien: Ein EKG-Befundmit einem PO-Intervall< 0.12 sec, eine fürdiese Form der Präexcitation typische Delta-Weile zu Beginn des ORS-Komplexes sowieeine Verbreiterung desselben (ORS > 0.12sec); ausserdem bedingt es den morpholo-gischen Befund einer akzessorischen atrio-ventrikulären Leitungsbahn. Bekannt ist hin-

Wolff.Parki nson-White-Synd rom(W?W-Syndrom)

gegen auch, dass diese klassischen Befun-de nicht immer zu erheben sind. Die Form

des EKG's hängt unter anderem davon ab,welcher Teil des Ventrikels über die akzes-

sorische Bahn vorzeitig erregt wurde, re-spektive wo diese verläuft.

Über die Häufigkeit des Auftretens einesWPW-Syndroms gibt es in der Literatur un-terschiedliche Angaben. Ein Grund hierfürdürfte die Tatsache sein, dass das WPW-Syndrom einerseits aufgrund fehlenderSymptome, andererseits aufgrund einesmöglichen lediglich intermittierenden Auf-tretens zweifelsohne unterdiagnostiziertwird. So berichten neuere Studien von einer

Inzidenz zwischen 0.1 bis 3 % in der Allge-meinbevölkerung.

Untersuchungen ausgewählter Kollektivevon gesunden und mehrheitlich jüngeren Pi-loten ergeben eine Inzidenz < 1 %.

Häufig wird die Diagnose eines WPW-Syn-droms aufgrund eines vorgängig beschrie-benen EKG-Befundes bei sonst fehlender

Symptomatologie im Rahmen einer Routi-ne-Untersuchung gestellt. Bezüglich derHäufigkeit von Symptomen beziehungswei-se von Komplikationen im Sinne potentiellertachykarder Rhythmusstörungen findetman in der Literatur stark divergierende An-gaben in der Grössenordnung zwischen 12und 80 %.

0

Für das weitere Vorgehen im Hinblick dar-auf, prognostische Aussagen machen zukönnen, ist es im Einzelfall entscheidend,ob - und falls ja - welche Symptome bzw.Tachyarrhythmien auftreten. So unterschei-det man drei Gruppen innerhalb des Kollek-tivs von Menschen mit einem WPW-Syn-drom:

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Graphik3

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1. asymptomatischer EKG-Befund (PO-In-tervall < 0.12 sec, Delta-Welle zu Beginndes ORS-Komplexes, ORS > 0.12 sec - al-lenfalls nur intermittierend auftretend)

2. gelegentliches Auftreten einer paroxys-malen atrioventrikulären (Re-entry-)Tachykardie

3. potentiell lebensbedrohliche Tachyarrhy-thmien bei kurzer Refraktärzeit der akzes-sorischen Bahn

Bezüglich des Managements einer Präexci-tation existieren kontroverse Ansichten. Ei-

nigkeit besteht jedoch dahingehend, dass

wie oft in der Medizin, auch im Falle einesWPW-Syndroms die Notwendigkeit der Be-handlung individuell analysiert werdenmuss. Die Ausübung des Pilotenberufesstellt hierin natürlich mit ein gewichtiges Kri-terium dar. Wie unser Fallzeigte, muss derFlugmediziner dabei zahlreiche Faktorenmiteinbeziehen. Hierzu zählen unter ande-

rem das vom Piloten geflogene Flugzeug-muster (Jet, Helikopter, Transportflug-zeug...) oder die Zusammensetzung derCrew (single pilot, multicrew). Im Falle einesJetpiloten kann das potentielle Auftreteneiner Tachyarrhythmie unter dem Einfluss

Nichtinvasive Tests zur Erkennung des Low Risk Patienten

1"- Das Vorliegeneiner intermittierenden Präexcitation impliziert eine lange anterogradeRefraktärperiode der akzessorischen Bahn

1"- Das Verschwindender PräexcitationunterBelastung weist ebenso auf eine lange an-terograde Refraktärperiode hin (exercise induced block in the accessory pathway -sympathische Stimulation unter Belastung -+Trans-AV-Knoten-Überleitung t , Anteildes Ventrikels, welcher über die akzessorische Bahn erregt wird t -ECG after exer-cise U

1"- Ausbleiben eines kompletten Blocks der akzessorischen Bahn nach Procainamid-HCI1Omg/kg über 5 min -+ kurze anterograde Refraktärperiode der akzessorischen Bahn« 270 mS)

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es vordringlich ist, der Gruppe drei zuzuord-nende Individuen mit kurzer Refraktärzeitder akzessorischen Bahn und der damit ver-

bundenen Gefahr lebensbedrohlicher tachy-karder Rhythmusstörungen zu identifizierenund einer entsprechenden Therapie zuzu-führen.

Die Beurteilung von Piloten gestaltet sich indiesem Kontext aus verständlichen Grün-

den noch bedeutend komplexer. In der Re-gel muss davon ausgegangen werden, dassein im Rahmen der Eignungsabklärung zurBerufspilotenausbildung (zivil und militä-risch) entdecktes WPW-Syndrom auch zurBeurteilung im Sinne einer Nichteignungführt. Wie unser Fallbeispiel jedoch zeigt,gelingt die Diagnosesteilung nicht in jedemFall bereits zu diesem frühen Zeitpunkt derPilotenkarriere und erfordert entsprechendein differenzierteres Vorgehen (siehe Ver-lauf). In jedem Fall geht es darum, anhandder elektrophysiologischen Untersuchun-gen zusätzliche Informationen zu gewinnen,um letztlich die Diagnose zu verifizieren undandererseits therapeutische und prognosti-sche Kriterien zu gewinnen. Eine in Erwä-gung zu' ziehende Therapie muss von derArt und Häufigkeit der Arrhythmien, sowievom Vorhandensein allfälliger Symptomeund der Toleranz ihnen gegenüber abhängiggemacht werden. \(Veiter sind möglicheauslösende Faktoren und zusätzliche kardia-

le Begleiterkrankungen zu berücksichtigen.Hieraus lässt sich unschwer folgern, dass

von im Flug auftretenden G-Kräften zu einerzusätzlichen signifikanten Minderung descerebralen Perfusionsdrucks bis hin zumG-LOC (G-induced loss of conciousness)führen. Ebenso kann etwelche Stress-Situa-

tion (schwierige Wetterbedingungen, hoherWorkload...) und die damit verbundeneerhöhte Katecholamin-Ausscheidung bei vor-handenem WPW-Syndrom das Auftreten ei-ner paroxysmalen atrioventrikulären Tachy-kardie begünstigen und somit das Risikoeiner plötzlichen Einschränkung der Hand-lungsfähigkeit beziehungsweise eines Un-falls erhöhen. Da Militärpiloten insbesonde-re auf Jetflugzeugen fast ausschliesslich imEinmann-Cockpit zum Einsatz kommen,könnte in einem entsprechenden Szenariokein Copilot unterstützend eingreifen. Eineentsprechend weniger restriktive Haltungist in der Zivilfliegerei denkbar, zumal diese-die entsprechenden Rahmenbedingungen(keine Arrhythmien, keine kardialen Beglei-terkrankungenetc.)vorausgesetzt- die Mög-lichkeit der Beurteilung der Flugtauglichkeitunter Einschluss einer Auflage (z.B: «validonly with safety pilot and in aircraft with dualcontrols») offenlässt.

Unter diesen Voraussetzungen müssennatürlich auch die Notwendigkeit und dieverschiedenen Möglichkeiten eines thera-peutischen Vorgehens im Hinblick auf dieEntscheidungsfindung zur Beurteilung derFlugtauglichkeit analysiert werden. Grund-

Tabelle 1

sätzlich bieten sich heute 3 Möglichkeitenan:

1. Keine Therapie2. Pharmakologische Therapie3. Hochfrequenz-Ablation

Eine medikamentöse, antiarrhythmische The-rapie (Ajmalin, Betablocker, Propafenon) istgrundsätzlich nur bei Patienten indiziert,welche unter rezidivierenden Tachykardienleiden. Kontraindiziert sind Digitalis und Ver-apamil, da diese beim WPW-Syndrom mitVorhofflimmern zu Kammerflimmern (ev.anterograde Refraktärperiode der akzessori-schen Bahn t und gleichzeitig Kammerfre-quenz !) führen können. Auch hier stelltsich das Problem, dass die eben beschrie-benen Massnahmen, welche für die «Allge-meinheit» Gültigkeit haben, für einen Mi-litär-Jetpiloten nicht angewendet werdenkönnen, da die möglichen Nebenwirkungen(arrhythmogenes Potential, negative Inotro-pie, Einflüsse auf das zentrale Nervensy-stem...) der Antiarrhythmika eine potentiellnegative Beeinflussung der Flugtauglichkeitbeinhalten. Entsprechend gilt es auch die

Met~ode der Hochfrequenz-Ablation mit indie Uberlegungen einzubeziehen. Indikatio-nen stellen nebst antiarrhythmika-refraktärenTachykardien auch eine Medikamenten-Un-verträglichkeit sowie eine unzureichendePatienten-Compliance dar. Ein Fallbericht ei-nes 22-jährigen Jung-Piloten der AustralianDefence Force Academy zeigt den Verlaufdieser heute als mit geringem Risiko undhoher Erfolgsquote eingestuften Methodeauf: Nach erfolgter Katheter-Hochfrequenz-Ablation konnte dem Piloten 15 Monate

später - den Erfolg des Eingriffs mittels epi-kardialem Mapping belegt - die uneinge-schränkte Flugtauglichkeit auf den Flug-

c/zeugtypen PC-9A und C-130 Herculesbescheinigt werden.

Es scheint so, dass diese Therapieform alsdie Problemlösungdes WPW-Syndroms beiZivil- und v.a. aber Militärpiloten geltenkönnte.

Bei der individuellen Beurteilung bezüglichNotwendigkeit und Form der Therapie einesWPW-Syndroms bedingt es speziell unterEinbezug des zu fällenden Entscheides be-treffs der Flugtauglichkeit einer ganzheitli-chen Betrachtungsweise. ApodiktischenGesetzmässigkeiten folgend wäre einWPW-Syndrom in jedem Falle nicht mitdem Führen eines Flugzeugs vereinbar. Aufder anderen Seite scheint es zumindest

nicht unbedenklich einen asymptomati-schen, an sich gesunden Menschen einemsemiinvasiven Katheter-Eingriff, wie diesdie Hochfrequenz-Ablation darstellt, zuzu-führen. Dass die Diskussion betreffs die

Flugtauglichkeit von Piloten mit WPW-Syn-drom in der Flugmedizin nach wie vor aktu-ell ist, zeigt auch eine neuere Publikationvon Fitzsimmons et al, welcher in einerLangzeitstudie von 1955 bis 1997 238 Mi-litärpiloten-Anwärter mit WPW-Syndrombeobachtete. Der Trend aufgrund der erhal-tenen Resultate bezüglich der Inzidenz ei-nes plötzlichen Herztodes (0.4 %) und desAuftretens supraventrikulärer Tachykardien(20 %) die Flugtauglichkeit weniger restrik-tiv zu beurteilen, ist zumindest umstritten.

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Literaturangaben beim Verfasser erhältlich.