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STICHPROBE 20 D ie Belastung durch Elektrosmog hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Verant- wortlich dafür sind der gestie- gene Stromverbrauch und der Boom der Mobiltelefonie. In der Schweiz gibt es mittlerwei- le mehr Mobiltelefone als Be- wohner. Laut dem Bundesamt für Umwelt (Bafu) betreiben Swisscom, Sunrise und Orange für die Mobilfunknetze GSM (900 MHz und 1800 MHz) und UMTS (2100 MHz) landesweit über 12 000 Funkantennen. saldo wollte wissen, wie hoch die Strahlung an einigen häu- fig frequentierten Plätzen in der Schweiz inzwischen ist. Die auf Messungen von Funk- netzen spezialisierte Firma En- kom Inventis hat während drei- er Tage in Luzern und Zürich Testmessungen an sechs Stand- orten mit mehreren Antennen im Umkreis durchgeführt. Gemessen wurde zu ver- schiedenen Tageszeiten wäh- rend rund je einer Stunde. Es herrschte schönes Wetter. Neben dem üblichen Verkehr waren viele Fussgänger unter- wegs. Dies hat Auswirkungen auf die Messung, denn die Strahlenbelastung steigt, je mehr Leute telefonieren oder via Handy auf Webseiten zu- greifen und Mails versenden. Relativ hohe Werte im Zentrum von Zürich Bei den Messungen wurden die Strahlung für die beiden GSM- Netze (900 MHz und 1800 MHz) und für UMTS (2100 MHz) erfasst. Zudem hat En- kom eine Breitbandmessung durchgeführt. Diese berück- sichtigt einen grösseren Fre- quenzbereich (0,1 bis 3000 MHz) und registriert weitere Quellen wie Radio, WLAN oder Betriebsfunk. Das Resultat der Messungen: Die Unterschiede der Strahlen- belastung auf den Plätzen sind zum Teil gross. Am höchsten waren die Werte am Central in Zürich. Bei der Breitbandmes- sung stieg dort der Spitzenwert kurzzeitig auf 2,59 Volt pro Me- ter (V/m). Das ist ein fast drei- mal höherer Wert als am Stadel- Elektrosmog-Messungen: Hohe Au saldo liess an sechs Orten in Zürich und Luzern den Elektro- smog messen. Das Resultat: Die gesetz- lichen Vorgaben wurden überall eingehalten. Doch Kritiker fordern niedrigere Grenz- werte. In der Breitbandmessung sind die Immissionen des Luzerner WLAN-Netzes enthalten SaLDo Nr. 15 I 23. September 2009 LUZERN, BAHNHOFPLATZ Tageszeit (hh:mm) Messwerte (v/m) Breitband GSM 900 GSM 1800 UMTS 1.6 1.4 1.2 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 09:14 09:22 09:30 09:38 09:46 09:54 10:02 10:10 Breitband GSM 900 GSM 1800 UMTS 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0 Messwerte (v/m) Tageszeit (hh:mm) 10:36 10:44 10:52 11:00 11:08 11:16 11:24 11:32 11:40 Auffällige kurzzeitige Ausschläge bei der Messung der Immissionen des Breitbandes LUZERN, MÜHLEPLATZ

Elektrosmog: Hohe Werte beim Breitband

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Messungen in Zürich und Luzern haben gezeigt, dass die gesetzlichen Höchstwerte für nicht-ionisierende Strahlen im Umfeld von Handy-Antennen eingehalten werden.

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Page 1: Elektrosmog: Hohe Werte beim Breitband

STICHPROBE20

Die Belastung durchElektrosmog hat inden letzten Jahren

stark zugenommen. Verant-wortlich dafür sind der gestie-gene Stromverbrauch und derBoom der Mobiltelefonie. Inder Schweiz gibt es mittlerwei-le mehr Mobiltelefone als Be-wohner. Laut dem Bundesamtfür Umwelt (Bafu) betreibenSwisscom, Sunrise und Orangefür die Mobilfunknetze GSM(900 MHz und 1800 MHz) undUMTS (2100 MHz) landesweitüber 12 000 Funkantennen.

saldo wollte wissen, wie hochdie Strahlung an einigen häu-fig frequentierten Plätzen inder Schweiz inzwischen ist.Dieauf Messungen von Funk-netzen spezialisierte Firma En-kom Inventis hat während drei-er Tage in Luzern und ZürichTestmessungen an sechs Stand-orten mit mehreren Antennenim Umkreis durchgeführt.

Gemessen wurde zu ver-schiedenen Tageszeiten wäh-rend rund je einer Stunde. Esherrschte schönes Wetter.Neben dem üblichen Verkehr

waren viele Fussgänger unter-wegs. Dies hat Auswirkungenauf die Messung, denn dieStrahlenbelastung steigt, jemehr Leute telefonieren odervia Handy auf Webseiten zu-greifen und Mails versenden.

Relativ hohe Werte imZentrum von ZürichBei den Messungen wurden dieStrahlung für die beiden GSM-Netze (900 MHz und 1800MHz) und für UMTS (2100MHz) erfasst. Zudem hat En-kom eine Breitbandmessung

durchgeführt. Diese berück-sichtigt einen grösseren Fre-quenzbereich (0,1 bis 3000MHz) und registriert weitereQuellen wie Radio, WLAN oderBetriebsfunk.

Das Resultat der Messungen:Die Unterschiede der Strahlen-belastung auf den Plätzen sindzum Teil gross. Am höchstenwaren die Werte am Central inZürich. Bei der Breitbandmes-sung stieg dort der Spitzenwertkurzzeitig auf 2,59 Volt pro Me-ter (V/m). Das ist ein fast drei-mal höherer Wert als am Stadel-

Elektrosmog-Messungen: Hohe Au

saldo liess an sechsOrten in Zürich undLuzern den Elektro-smog messen. DasResultat: Die gesetz-lichen Vorgabenwurden überall eingehalten. DochKritiker fordernniedrigere Grenz-werte.

In der Breitbandmessung sind die Immissionen des Luzerner WLAN-Netzes enthalten

SaLDo Nr. 15 I 23. September 2009

LUZERN, BAHNHOFPLATZ

Tageszeit (hh:mm)

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BreitbandGSM 900GSM 1800UMTS

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009:14 09:22 09:30 09:38 09:46 09:54 10:02 10:10

BreitbandGSM 900GSM 1800UMTS

0.6

0.5

0.4

0.3

0.2

0.1

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/m)

Tageszeit (hh:mm)10:36 10:44 10:52 11:00 11:08 11:16 11:24 11:32 11:40

Auffällige kurzzeitige Ausschläge bei der Messung der Immissionen des Breitbandes

LUZERN, MÜHLEPLATZ

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hofer- und auf dem Helvetia-platz. Auch beim Mittelwert istdie Belastung beim Central mit1,43 V/m mehr als doppelt sohoch. Bei den reinen Mobil-funkimmissionen (ohne Funk,Radio,TV etc.) zeigt sich dassel-be Bild: Der Mittelwert ist mit1,71 V/m am Zürcher Centralmehr als dreimal höher als anden anderen fünf Messstandor-ten. Auch die Werte für dasGSM-Mobilnetz schlagen nachoben aus. Dafür verantwortlichist eine Antenne (GSM 1800MHz), die am Eingang der Nie-

derdorfstrasse montiert ist undkonstant mit rund 1,5 V/m sendet.

Tiefere Grenzwerte gefordertZur Begrenzung der Strahlenvon Antennenanlagen gibt es inder Schweiz verschiedeneGrenzwerte (siehe Kastenlinks). Wo Menschen sich län-gere Zeit aufhalten, gilt eine Li-mite von 4 bis 6 V/m. Selbst die-se Vorgaben der Verordnungwerden durch die saldo-Mes-sungen eingehalten. Dies beru-

STICHPROBE 21

Ausschläge beim Breitband

23. September 2009 I Nr. 15 SaLDo

Vergleichsweise hohe Werte, weil direkte Sichtverbindung zu zwei Mobilfunk-Sendeanlagen besteht

Die relativ hohen Werte bei der Breitbandmessung können mit demCity-WLAN-Netz erklärt werden

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Im Februar 2000 hat derBundesrat die Verordnungfür nichtionisierende Strah-lung (NISV) in Kraft gesetzt.Sie enthält verschiedeneGrenzwerte für Installationenwie Stromleitungen oderSendeanlagen für Mobilfunk.Wo sich Menschen aufhaltenkönnen, gilt maximal einGrenzwert von 42 bis 61

V/m – eine Limite, die überalleingehalten werden kann.Für Wohnräume und ständi-ge Arbeitsplätze geltenGrenzwerte von 4 bis 6 V/m.

Die Grenzwerte basierengrundsätzlich auf dem tech-nisch Machbaren, nicht aufgesundheitlichen Überlegun-gen. Deshalb fordern Ärzte,Umweltmediziner wie auch

Politiker an sensiblen Ortendeutlich tiefere Werte. DieWissenschaftsdirektion deseuropäischen Parlamentesschrieb schon im Jahr 2001,dass die elektromagnetischeStrahlung «an Stellen mitLangzeitbelastung» 0,19 V/mnicht überschreiten sollte.Das ist zwanzigmal wenigerals heute.

STRAHLUNG

Umstrittene Grenzwerte

11:40

BreitbandGSM 900GSM 1800UMTS

1.4

1.2

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0.8

0.6

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0.2

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Tageszeit (hh:mm)12:14 12:22 12:30 12:38 12:46 12:54 13:02 13:10

LUZERN, SCHWEIZERHOFQUAI

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higt allerdings die Kritikernicht.So fordert die Interessen-gemeinschaft Elektrosmog-Be-troffener (www.gigaherz.ch),dass die geltenden Grenzwertegesenkt werden. Auch die Ärz-tinnen und Ärzte für Umwelt-schutz setzen sich für einemassive Reduktion um denFaktor 10 ein.

Liechtenstein will denGrenzwert massiv senkenDiesen Weg hat das Nachbar-land Liechtenstein bereits ein-geschlagen: Das Parlament hat

SaLDo Nr. 15 I 23. September 2009

Elektrosmog stört die natür-lichen Lebensabläufe, greiftin die biologischen Prozesseein und verändert sie: Dasbedeutet Stress für Körperund Psyche, verursachtKrankheiten und verhindertdie Heilung. Besonders aus-geprägt sind die Beschwer-den bei Menschen, die elek-trosensibel sind:

■ Nervliche Symptome kön-nen auftreten oder Hautreak-tionen, Stoffwechsel- undHormonstörungen, wie dieEU bereits Ende der Neunzi-gerjahre festgehalten hat. ■ Laut der deutschen Um-weltorganisation Bundkommt es auch zu Gelenk-und Muskelschmerzen, Kopf-und Gelenkschmerzen,

Müdigkeit, Leistungsabfallsowie Schlafstörungen. ■ Umweltmediziner weisendarauf hin, dass Elektrosensi-bilität oftmals erst mit Belas-tungen durch Schwermetalle

ELEKTROSMOG

Am Central in Zürich wurden die höchsten Werte von allen sechs Standorten gemessen

Hohe Werte für das GSM-1800-Mobil-funknetz, weil in unmittelbarer Näheeine entsprechende Sendeanlage steht

Ratgeber «Gesundheits-risiko Elektrosmog»Bestellkarte auf Seite 34.

Von Kopfschmerzen über Schlafstörungen bis zu Leukämie

Tageszeit (hh:mm)

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BreitbandGSM 900GSM 1800UMTS

Tageszeit (hh:mm)12:28 12:36 12:44 12:52 13:00 13:08 13:16 13:24 13:32

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ZÜRICH, STADELHOFERPLATZZÜRICH, CENTRAL

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STICHPROBE 23

23. September 2009 I Nr. 15 SaLDo

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In der näheren Umgebung des Platzesstehen Mobilfunk-Sendeanlagen von mehreren Betreibern

Tiefe UMTS-Werte, weil sich in derNähe des Helvetiaplatzes keine entsprechende Sendeanlage befindet

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im Mai 2008 beschlossen, dassder Grenzwert von 6 V/m ab2013 auf maximal 0,6 V/m ge-senkt wird. Dies entspricht ei-ner rund zehnmal tieferen Li-mite im Vergleich zur Schweiz.

Ob der verschärfte Grenz-wert in Liechtenstein aller-dings eingeführt wird, ist heu-te noch unklar. In Wirtschafts-kreisen regt sich Widerstand.Die vier in Liechtenstein akti-ven Mobilnetzbetreiber setzendas Parlament unter Druck. Siebehaupten, dass sie mit der ver-schärften Verordnung eine flä-

chendeckende Versorgungnicht sichern können und dieInvestitionen für die Einhal-tung der Grenzwerte zu hochseien. Um bei geringeren Im-missionen die gleiche Netzleis-tung zu erreichen, müssen inder Regel mehr Antennen mitgeringerer Sendeleistung in-stalliert werden.

Die Aufgabe scheint lösbarzu sein, wie die Stichprobenvon saldo zeigen: An den ausge-wählten Standorten in Luzernund Zürich sind alle gemesse-nen Werte für die drei Mobil-

funk-Frequenzen im Vergleichzum höheren Grenzwert zehn-mal tiefer als die aktuellen Im-missionsgrenzwerte.

Für die strengeren Anlagen-grenzwerte an Orten von emp-findlicher Nutzung wie Woh-nungen wäre eine Reduktionum den Faktor 10 hingegen kri-tisch. Am Central und am Hel-vetiaplatz in Zürich sowie amSchweizerhofquai in Luzernhätten die Spitzenwerte bei denTestmessungen diese tieferenGrenzwerte überschritten.

Claude Settele

wie Amalgam im Gebissspürbar wird.■ Bei einer saldo-Umfragevor vier Jahren beklagtensich Befragte immer wiederüber Symptome wie Schlaf-störungen oder stechendeSchmerzen beim mobilenTelefonieren.

Der Mensch kommt oft inKontakt mit elektronischen

Feldern. Im Einzelfall könnendie Auswirkungen langfristigfatal sein, wie eine Studiefranzösischer und kanadi-scher Stromproduzentenzeigte: Sie nahmen ihre An-gestellten unter die Lupeund stellten einen Zusam-menhang zwischen Arbeits-platz und Leukämie, Haut-und Lymphdrüsenkrebs fest.

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BreitbandGSM 900GSM 1800UMTS

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