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4 Elektrische Maschinen Zusammenfassung Die Energieumwandlung in umlaufenden (rotierenden) elektrischen Maschinen, so- wohl in Generatoren wie in Motoren, beruht auf den im Abschn. 1.2.3 beschriebenen Wechselwirkungen zwischen der Erzeugung von Kräften bzw. Drehmomenten und von elektrischen Spannungen in Magnetfeldern. Deshalb haben Generatoren und Motoren den gleichen Aufbau. Der Elektromotor ist das Kernstück des elektrischen Antriebs, der in seinen verschiedenen Ausführungen in fast jeder industriellen Produktion, im Gewerbe und Haushalt zum Einsatz kommt. Der Generator hat eine entsprechende Be- deutung für die Erzeugung elektrischer Energie in Kraftwerken. Die Gliederung der einzelnen Maschinentypen erfolgt in der Regel zunächst nach der Stromart in Gleichstrom-, Wechselstrom- und Drehstrommaschinen. Innerhalb die- ser Aufteilung unterscheidet man dann, z. B. mit Synchron- und Asynchronmaschinen, nach der Wirkungsweise und dem Konstruktionsprinzip. Transformatoren sind ruhende elektrische Energiewandler. Auf der Grundlage des Induktionsgesetzes werden damit Wechselspannungen nach Betrag und Phasenlage geändert (umgespannt). Man unterscheidet hier Wechselstrom- und Drehstromtrans- formatoren (Lit. [1]–[5]). 4.1 Gleichstrommaschinen 4.1.1 Aufbau und Wirkungsweise 4.1.1.1 Aufbau Bei Gleichstrommaschinen wird der gesamte feststehende Teil als Ständer, der rotierende als Anker bezeichnet. 265 R. Fischer, H. Linse, Elektrotechnik für Maschinenbauer, DOI 10.1007/978-3-8348-8304-9_4, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

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4ElektrischeMaschinen

ZusammenfassungDie Energieumwandlung in umlaufenden (rotierenden) elektrischen Maschinen, so-wohl in Generatoren wie in Motoren, beruht auf den im Abschn. 1.2.3 beschriebenenWechselwirkungen zwischen der Erzeugung von Kräften bzw. Drehmomenten und vonelektrischen Spannungen in Magnetfeldern. Deshalb haben Generatoren und Motorenden gleichen Aufbau. Der Elektromotor ist das Kernstück des elektrischen Antriebs,der in seinen verschiedenen Ausführungen in fast jeder industriellen Produktion, imGewerbe und Haushalt zum Einsatz kommt. Der Generator hat eine entsprechende Be-deutung für die Erzeugung elektrischer Energie in Kraftwerken.

Die Gliederung der einzelnen Maschinentypen erfolgt in der Regel zunächst nachder Stromart in Gleichstrom-, Wechselstrom- und Drehstrommaschinen. Innerhalb die-ser Aufteilung unterscheidet man dann, z. B. mit Synchron- und Asynchronmaschinen,nach der Wirkungsweise und dem Konstruktionsprinzip.

Transformatoren sind ruhende elektrische Energiewandler. Auf der Grundlage desInduktionsgesetzes werden damit Wechselspannungen nach Betrag und Phasenlagegeändert (umgespannt). Man unterscheidet hier Wechselstrom- und Drehstromtrans-formatoren (Lit. [1]–[5]).

4.1 Gleichstrommaschinen

4.1.1 Aufbau undWirkungsweise

4.1.1.1 AufbauBei Gleichstrommaschinen wird der gesamte feststehende Teil als Ständer, der rotierendeals Anker bezeichnet.

265R. Fischer, H. Linse, Elektrotechnik für Maschinenbauer, DOI 10.1007/978-3-8348-8304-9_4,© Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

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266 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.1 Magnetischer Kreiseiner Gleichstrommaschine.1 Joch,2 Hauptpol mit Polschuh,3 Erregerwicklung,4 Anker

Ständer. Er ist zunächst vielfach in Verbindung mit einem Gehäusemantel die mechani-sche Grundkonstruktion zur Aufnahme der beidseitigen Lagerschilde, des Klemmkastensund evtl. eines Fremdlüfters. In seinem aktiven Teil wirkt er als Elektromagnet, der dasgleichermaßen für den Motor- wie Generatorbetrieb erforderliche magnetische Gleichfelderzeugt (Abb. 4.1).

Gleichstrommaschinen besitzen heute einen völlig aus Blechen aufgebauten magne-tischen Kreis, da nur so die bei raschen Stromänderungen im Eisen auftretenden Wir-belströme weitgehend vermieden werden können. Je nach Polpaarzahl p sind am Joch 1gleichmäßig verteilt 2p Hauptpole 2 angebracht, deren Querschnitt sich dem Anker 4zu in Form sogenannter Polschuhe erweitert. Auf diese Weise wird ein möglichst großerzu jedem Hauptpol gehöriger Umfangsteil des Ankers, der Polteilung genannt wird, vomMagnetfeld erfasst.

Jeder Hauptpol trägt eine Magnetspule 3 mit der Windungszahl NE, die mit ihremStrom IE eine für den Aufbau des Magnetfeldes erforderliche Durchflutung NE � IE

liefert. Schaltet man die unter sich gleichen Magnetspulen, deren Gesamtheit man Er-regerwicklung nennt, so in Reihe, dass sich die in Abb. 4.1 gekennzeichneten Richtungendes Erregerstromes IE ergeben, so bilden sich die dort durch ihre Feldlinien dargestelltenMagnetfelder aus, die nach Abschn. 1.2.2 berechnet werden können.

Am Ständer wechseln Nordpole N und Südpole S einander ab. Die Maschinen könnennur mit einem Polpaar, p D 1, d. h. mit je einem Nord- und Südpol, oder mit mehrerenPolpaaren p D 2 bis 12, ausgeführt werden. Die magnetischen Feldlinien verlaufen z. B.bei der vierpoligen Maschine mit p D 2 nach Abb. 4.1 von einem Nordpol über denLuftspalt in den Anker, teilen sich dort in zwei gleiche Teile auf und kehren über denLuftspalt, die beiden angrenzenden Südpolhälften und das Joch zum Nordpol und in sichselbst zurück.

Den vom Erregerstrom erzeugten magnetischen Fluss, der in jedem Nordpol aus demStänder austritt, nennt man den Polfluss ˚ . Er wird durch den Wert des Erregerstromes IE

festgelegt und kann über diesen im Rahmen der Magnetisierungskennlinie des Eisenkrei-ses verändert werden.

Abbildung 4.2 zeigt die Schnittzeichnung einer vierpoligen Gleichstrommaschine immittleren Leistungsbereich in der heute üblichen Rechteckbauweise.

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4.1 Gleichstrommaschinen 267

Abb. 4.2 Schnittzeichnung einer vierpoligen Gleichstrommaschine, 1 Gehäusemantel, 2 Anker,3 Ankerblechpaket, 4 Hauptpol mit Polschuh, 5 Erregerwicklung, 6 Wendepol, 7 Wendepolwick-lung, 8 Stromwender, 9 Ankerwicklung, 10 Kohlebürsten

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268 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.3 Funktion des Strom-wenders. 1 Ankerwicklung(vereinfacht als Ringwick-lung), 2 Stromwenderstege,3 Kohlebürsten

Anker. Der Läufer oder Anker der Maschine besteht aus dem mit der Welle fest ver-bundenen, aus Elektroblechen geschichteten Blechpaket, der Ankerwicklung und demStromwender. In die Bleche sind, gleichmäßig am Umfang verteilt, Nuten eingestanzt.Diese enthalten die Ankerspulen, die man in ihrer Gesamtheit Ankerwicklung nennt. Inder Ausführung unterscheidet man zwischen Schleifen- und Wellenwicklungen, doch istdies nur für den Entwurf der Maschine von Bedeutung. Anfänge und Enden der Anker-spulen sind nacheinander an die gegeneinander isolierten Kupfersegmente (Stege) desStromwenders (Kollektors, Kommutators) angelötet. Die Übertragung des AnkerstromesIA in die Ankerspulen erfolgt über in Haltern geführte Kohlebürsten, die mit den Strom-wenderstegen einen Gleitkontakt bilden.

Stromwender. Zur prinzipiellen Erklärung der Funktion des Stromwenders der Gleich-strommaschine ist in Abb. 4.3 ein Anker mit der in den Anfängen verwendeten Ringwick-lung und nur 8 Ankerspulen 1 gezeichnet. Entscheidend ist, dass der Stromwender mitseinen ebenfalls 8 Segmenten zusammen mit den Kohlebürsten als mechanischer Schalterwirkt. Der Gleichstrom IA wird durch ihn fortlaufend so auf die Spulen verteilt, dass dieStromrichtung innerhalb eines Polbereiches gleich ist und nur von Pol zu Pol wechselt.In der Zeitspanne, in der eine Spule von einem zum anderen Polbereich übergeht, d. h. inder sogenannten neutralen Zone steht, ist sie von der Kohlebürste kurzgeschlossen. DerSpulenstrom wechselt in dieser Zeit seine Richtung, einen Vorgang, den man als Strom-wendung oder Kommutierung bezeichnet. Diese Schalterfunktion des Stromwenders istVoraussetzung für die nachstehend erläuterte Wirkungsweise der Maschine in Motor- undGeneratorbetrieb.

Wendepol- und Kompensationswicklung. Gleichstrommaschinen bis etwa 1 kW habenim Ständer nur die oben besprochenen, von der Erregerwicklung umschlossenen Haupt-pole je nach der Zahl der Polpaare. Bei größeren Maschinen tritt mit dieser einfachenAusführung am Kontakt Kohlebürsten-Stromwendersteg starkes Bürstenfeuer auf. Es wirddurch Kurzschlussströme verursacht, die sich als Folge von induzierten Spannungen inder durch die Bürste überbrückten Ankerspule ausbilden. Um diesen Schwierigkeiten zu

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4.1 Gleichstrommaschinen 269

Abb. 4.4 Ständer (Ausschnitt)einer Gleichstrommaschi-ne 70 kW, 1200 min�1

(ABB). 1 Hauptpol,2 Erregerwicklung, 3 Kompen-sationswicklung, 4 Wendepol,5 Wendepolwicklung

begegnen und einen funkenfreien Lauf des Kommutators auch bei größeren Maschinenab etwa 1 kW zu erzielen, werden in den Ständer zwischen die Hauptpole Wendepo-le (Abb. 4.4) mit der Wendepolwicklung eingebaut. Bei großen Maschinen, etwa ab 50bis 100 kW, besonders wenn diese einen großen Drehzahlstellbereich mittels Feldschwä-chung (s. Abschn. 4.1.2.3) erhalten, wird in den Polschuhen der Hauptpole zusätzlichdie Kompensationswicklung untergebracht. Die Wendepol- wie auch die Kompensati-onswicklung werden vom Ankerstrom IA durchflossen, beide Wicklungen sind mit derAnkerwicklung in Reihe geschaltet.

Man trifft in der Praxis gelegentlich auch Gleichstrommaschinen, die trotz Wendepo-len und ohne überlastet zu sein, Bürstenfeuer zeigen. Es handelt sich hierbei fast immerum eine mechanische Ursache infolge unvollkommener Laufeigenschaften. Einwandfrei-er Betrieb setzt nämlich voraus, dass der ausgewuchtete Anker schwingungsfrei läuft, unddass der Kommutator vollkommen rund und sauber ist. Die Bürsten müssen eine für denjeweiligen Motoreinsatz geeignete Qualität und den richtigen Anpressdruck haben undgut eingelaufen sein.

Dauermagneterregung. Gleichstrommaschinen werden in sehr großer Stückzahl als bat-terieversorgte Kleinst- und Kleinmotoren für Spielzeuge, die Feinwerktechnik und vorallem die Kfz-Elektrik (Scheibenwischer-, Gebläse- und Stellmotoren) gefertigt.

Man verwendet hier im Ständer stets eine Dauermagneterregung und erhält damit einesehr einfache Ausführung (Abb. 4.5). Als Magnetmaterial wählt man meist ein als Ferritebezeichnetes Sintermaterial, das auch für die allgemein üblichen Schließ- und Haftma-gnete eingesetzt wird.

Ein weiteres Einsatzgebiet für dauermagneterregte Motoren sind Stellantriebe im Leis-tungsbereich bis zu einigen kW. Diese auch DC-Servomotoren genannten Maschinenübernehmen in Bearbeitungszentren Stellaufgaben und werden meist in Rechteckformausgeführt (Abb. 4.6).

Das Beispiel zeigt eine Technik zur Vergrößerung des Polflusses mittels seitlich zu-sätzlich angebrachter Radialmagnete. DC-Servomotoren erhalten zur Versorgung einen

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270 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.5 Dauermagneter-regter Kleinmotor. 1 Anker,2 Dauermagnet, 3 Gehäuse alsJoch

Abb. 4.6 Querschnitt einesDC-Servomotors. 1 Anker,2 Tangential-Dauermagnet,3 Radial-Dauermagnet, 4 Pol-schuh, 5 Joch

Transistor-Gleichstromsteller nach Abschn. 4.6.1.1 und gestatten sehr rasche Drehzahlän-derungen in beiden Drehrichtungen.

4.1.1.2 Motor- und GeneratorbetriebSpannungserzeugung. Dreht sich der Anker der Gleichstrommaschine mit seiner Wick-lung im Magnetfeld der abwechselnd Nord- und Südpole des Ständers, so entsteht in jederWindung nach dem Induktionsgesetz eine Spannung uq D d˚=dt . Diese Teilspannungist demnach umso höher, je größer der Polfluss ˚ und die Drehzahl n des Ankers sind.Durch den Stromwender werden alle Teilspannungen zur gesamten in der Ankerwicklunginduzierten Spannung Uq addiert. Sie kann im Leerlauf zwischen der Plus- und Minus-kohlebürste am Stromwender gemessen werden. Für die in der Ankerwicklung induzierteSpannung erhält man nach Gl. 1.59 die einfache Beziehung

Uq D c˚! D 2�c˚n (4.1)

Die Maschinenkonstantec D zA

2�� p

a

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4.1 Gleichstrommaschinen 271

erfasst die Ausführung der Ankerwicklung mit ihren zA in Reihe geschalteten Leitern undden Kenngrößen:

p Zahl der Polpaare im Ständera Zahl der parallelen Ankerzweigpaare

Die Konstante c ist also eine Zahl ohne Einheit und durch den Bau der Maschine gegeben.

Drehmomenterzeugung. Die Entstehung eines Drehmomentes lässt sich einfach aus derWirkung von Kräften auf die stromdurchflossenen Ankerleiter der Länge l im Magnetfeldder Ständerpole erklären. Nach Gl. 1.50 entstehen mit F D BlI Kräfte, die senkrechtzur Feldrichtung der Ständerpole und zur Leiterlage im Anker gerichtet sind und damittangential am Ankerumfang wirken. Wie in Abb. 4.3 zu erkennen ist, haben wegen derStromwenderfunktion alle Leiterströme innerhalb eines Poles dieselbe Richtung, womitsich die Einzelkräfte entlang des Umfangs addieren. Durch Multiplikation mit dem Anker-radius als Hebelarm entsteht dann das sogenannte innere Drehmoment Mi der Maschine.

Die Berechnung von Mi kann über die vom Anker mit der induzierten Spannung Uq

und dem Strom IA erzeugte innere Leistung

Pi D UqIA D Mi! (4.2)

erfolgen. Mit Gl. 4.1 erhält man Mi! D c˚!IA und daraus

Mi D c˚IA (4.3)

Das an der Welle verfügbare Drehmoment M ist um ein zur Deckung der Leerlaufverlustedes Ankers erforderlichen Anteil Mv kleiner, d. h. es gilt

M D Mi � Mv

Motor- und Generatorbetrieb der Gleichstrommaschine erfordern also den gleichen Auf-bau mit Ständermagneten, Ankerwicklung und Stromwender. Werden die Hauptpoledurch die Erregerwicklung magnetisiert und die Maschine mit einem Drehmoment an-getrieben, so liefert sie als Generator eine Leerlaufspannung nach Gl. 4.1. Wird demAnker über die Kohlebürsten ein Gleichstrom IA zugeführt, so entwickelt die Maschineals Motor ein Drehmoment nach Gl. 4.3.

4.1.1.3 LeistungsbilanzGleichstrommaschinen werden als drehzahlgeregelte Antriebe eingesetzt, d. h. sie wan-deln elektrische in mechanische Energie um. Dabei entstehen nach

Pv D Pv0 C PvL

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272 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.7 Leistungsbi-lanz des Ankerkreises einesGleichstrommotors. AM Ar-beitsmaschine

bereits im Leerlauf im Anker die Verluste Pv0 und dann bei Belastung zusätzlich derHauptanteil PvL. Zu den lastunabhängigen Verlusten Pv0 zählen die Lager-, Luft- undBürstenreibung, sowie die Eisenverluste im Dynamoblech des Ankers. Lastabhängige Ver-luste sind die Stromwärmeverluste in allen Wicklungen und die Bürstenübergangsverluste.

Aus Abgabeleistung P2 und der Aufnahmeleistung P1 lässt sich der Wirkungsgrad

� D P2

P1

I P1 D P2 C PvI � D 1 � Pv

P1

(4.4)

berechnen. Gleichstrommaschinen werden in sehr großer Stückzahl pro Jahr als batterie-versorgte Kleinmotoren z. B. in der Kfz-Elektrik, Feinwerktechnik und für Handwerkzeu-ge gefertigt. Als Industrieantriebe sind Leistungen bis zu einigen hundert kW im Angebot.Der Wirkungsgrad steigt mit der Leistung von ca. 60 % bei 1 kW bis auf etwa 95 %.

Netz-Motor-Arbeitsmaschine. In Abb. 4.7 ist die Leistungsbilanz des Ankerkreises ei-nes Gleichstrommotors angegeben. Die Lastverhältnisse werden durch die Arbeitsmaschi-ne bestimmt. Ist M das Motormoment und ML das auf die Motordrehzahl n umgerechneteLastmoment, dann gilt im stationären Betrieb P2 D M ! D ML !, somit für n D konst.die Bedingung

M D ML

Zur Entscheidung der Frage, welche Drehzahlen sich im stationären Betrieb einstellen, istdie Kenntnis der Kennlinien der Elektromotoren als auch der Arbeitsmaschinen erforder-lich. Die erforderliche Primärleistung P1 wird vom Netz gedeckt.

Bei Laständerungen müssen alle bewegten Teile des elektrischen Antriebs mit demgesamten Trägheitsmoment J beschleunigt oder verzögert werden. Nach den Gesetzender Mechanik gilt bei der Drehbewegung für das Beschleunigungsmoment allgemein

MB D M � ML D Jd!

dtD 2� J

dn

dt(4.5)

Im stationären Betrieb ist M D ML, somit MB D 0 und dn=dt D 0, d. h. n D konstant.Im nichtstationären Betrieb ist M ? ML, somit MB ? 0 und dn=dt ? 0, d. h. die

Drehzahl steigt (fällt), der Antrieb wird beschleunigt (verzögert). Näheres s. Abschn. 5.2.

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4.1 Gleichstrommaschinen 273

Abb. 4.8 Anschlüsse undSchaltzeichen einer fremder-regten Gleichstrommaschine.a Anker-, Wendepol- und Er-regerwicklung, b vereinfachteDarstellung

4.1.1.4 Anschlussbezeichnungen und SchaltungenDie Anschlüsse des Ankers und der verschiedenen Wicklungen sind nach VDE 0530,T8 mit nachstehender Einteilung durch Großbuchstaben gekennzeichnet. Die zusätzli-che Ziffer bezeichnet Anfang 1 und Ende 2 des Bauteils. Für den Motorbetrieb gilt dieFestlegung, dass bei Stromrichtung in allen Wicklungen von 1 nach 2 Rechtslauf beiBlickrichtung auf die Stirnseite des Wellenendes auftreten muss.

Bauteil Bezeichnung

Ankerwicklung A1, A2

Wendepolwicklung B1, B2

Kompensationswicklung Cl, C2

Erregerwicklung in Reihe zum Anker D1, D2

Erregerwicklung parallel zum Anker E1, E2

Erregerwicklung fremdversorgt F1, F2

Erregerarten. Für das Betriebsverhalten der Gleichstrommaschine ist es von grundsätz-licher Bedeutung, wie die Erregerwicklung angeschlossen wird. Erhält sie eine eigeneSpannungsversorgung, so spricht man von einer Fremderregung und führt die Wicklungmit hoher Windungszahl und geringem Leiterquerschnitt für einen Erregerstrom IE aus,der nur einige Prozent des Ankerstromes IA beträgt.

Bei Reihenschlusserregung ist die Wicklung dagegen mit dem Anker in Reihe geschal-tet und damit IE D IA. Die Erregerwicklung benötigt damit zur Erzeugung der gleichenDurchflutung nur wenige aber dafür querschnittsstarke Windungen.

Eine Kombination beider Erregungsarten wird bei der Doppelschlussmaschine ange-wandt. Hier übernimmt eine fremderregte Wicklung die Haupterregung, während einezusätzliche Hilfsreihenschlusswicklung eine lastabhängige Erhöhung der pro Hauptpolverfügbaren Durchflutung liefert. Dies verbessert das Betriebsverhalten des Motors, in-dem ein möglicher Drehzahlanstieg bei Belastung verhindert wird (Abschn. 4.1.2.2).

Schaltpläne. In den Schaltbildern für die verschiedenen Betriebsweisen einer Gleich-strommaschine werden Anker, Wendepolwicklung und Erregung in der Darstellung nachAbb. 4.8 gezeichnet. Die in a) gewählte Form, welche die Kohlebürsten und die gegendas Ankerfeld gerichtete Wirkung der Wendepole andeutet, ist nicht mehr erforderlich. Es

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274 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.9 Ersatzschaltungeines fremderregten Gleich-stromgenerators

genügt die vereinfachte Darstellung b), da für den einwandfreien Betrieb nur die richtigeReihenfolge der Verbindungen wichtig ist. Nach DIN EN 60617-6 sind die Wicklungenvon Maschinen und Transformatoren nicht mehr als Vollrechteck, sondern als Ergebniseiner internationalen Normung durch eine Reihe von Halbkreisbogen darzustellen.

4.1.2 Betriebsverhalten und Drehzahlsteuerung

4.1.2.1 Leerlauf und SelbsterregungSoweit heute noch Gleichstromenergie wie in Elektrolyseanlagen, Lichtbogenöfen, Nah-verkehrsbahnen und Industrieantrieben benötigt wird, erfolgt die Versorgung ausschließ-lich über die in Abschn. 4.6.1 besprochenen Gleichrichterschaltungen der Leistungselek-tronik aus dem Drehstromnetz. Generatorbetrieb einer Gleichstrommaschine findet nurnoch im Rahmen des Bremsbetriebs eines Antriebs statt, in dem die kinetische Energieder Anlage rückgespeist wird. Nachstehend soll daher nur noch die grundsätzliche Tech-nik der Selbsterregung besprochen werden.

Leerlaufkennlinie. In Abb. 4.9 ist die Ersatzschaltung eines Gleichstromgenerators an-gegeben, dessen Drehzahl n über den Antrieb konstant gehalten wird. Der ErregerstromIE kann über einen Widerstand RF, Feldsteller genannt, beliebig eingestellt werden.

Bei offenem Schalter S gilt UA D Uq und wegen der konstanten Drehzahl nach Gl. 4.1die Proportion Uq � ˚ . Da das Hauptpolfeld ˚ mit der Durchflutung �E D NEIE der Er-regerwicklung erzeugt wird, entsteht in Abhängigkeit von IE ein Verlauf Uq D f .IE/ nachAbb. 4.10, den man Leerlaufkennlinie nennt. War die Maschine schon früher im Betrieb,so ist in der Regel durch die Remanenz des magnetischen Kreises (s. Abschn. 1.2.2.5) einRestfeld ˚rem vorhanden und damit schon bei IE D 0 die Remanenzspannung Urem. Siebeträgt ca. 5 % der vollen Spannung UAN und ist für den nachfolgend erklärten Vorgangder Selbsterregung entscheidend. Wird der Erregerstrom IE stetig vergrößert, so steigt dieinduzierte Spannung Uq zunächst linear und danach mit Beginn der magnetischen Sätti-gung der Eisenwege immer weniger an.

Selbsterregung. Beim selbsterregten Generator wird die Erregerwicklung mit dem Feld-steller RF parallel oder im Nebenschluss zum Anker geschaltet und damit von der eigenen

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4.1 Gleichstrommaschinen 275

Abb. 4.10 Leerlaufkennlinieund Uq und WiderstandsgeradegE zur Selbsterregung einesGleichstromgenerators

Ankerspannung UA versorgt. Nach dem Zuschalten der Erregerwicklung liegt an ihr zu-nächst die Remanenzspannung Urem, womit ein geringer Erregerstrom IE0 D Urem=.RE CRF/ fließt. Bei richtiger Polung verstärkt er das Feld von ˚rem aus und vergrößert damitmit Uq die Anker- und Erregerspannung.

Dieser Vorgang, den 1867 Werner von Siemens als „elektrodynamisches Prinzip“ ent-deckte, klingt selbsttätig bis zum Schnittpunkt P zwischen Leerlaufkennlinie und Wider-standsgeraden mit der Gleichung UE D IE.RE C RF/ in Abb. 4.10 auf. Erst hier herrschtGleichgewicht zwischen erzeugter Spannung Uq und UE, wobei der geringere Spannungs-verlust am Ankerwiderstand RA vernachlässigt ist. Über den Feldsteller RF kann dieAnkerspannung im oberen Bereich der gekrümmten Leerlaufkennlinie durch die Wahldes Schnittpunktes mit z. B. P1 oder P2 eingestellt werden.

4.1.2.2 Gleichstrommotoren mit FremderregungIn vielen Bereichen industrieller Produktion, in Förderanlagen oder der Verkehrstechnikist eine weitgehende und dabei möglichst verlustarme Drehzahlsteuerung des elektri-schen Antriebs erforderlich. Dieses Feld beherrschte über Jahrzehnte der fremderregteGleichstrommotor mit ausgezeichneten Regeleigenschaften und einem großen Drehzahl-stellbereich. Erst mit der Entwicklung der Frequenzumrichter hat er diese Position an denpreiswerteren und wartungsarmen Drehstrommotor verloren, behauptet sich aber mit ei-nem nicht unbedeutenden Marktanteil in Teilbereichen der Antriebstechnik.

Schaltung des Motors mit Fremderregung. Abbildung 4.11 zeigt den vereinfachtenSchaltplan des Motors, dessen Ankerkreis aus dem immer vorhandenen Drehstromnetzüber einen sogenannten Umkehrstromrichter bestehend aus zwei gegenparallelen B6-Thyristor-Gleichrichtern gespeist wird. Mit dieser Schaltung ist der in Abschn. 4.6.1.1besprochene Vierquadrantenbetrieb mit Antreiben und Bremsen in beiden Drehrichtungenmöglich. Der Anker erhält die im Bereich �UAN � UA � UAN einstellbare Ankerspan-nung UA, fuhrt den Ankerstrom IA und nimmt die elektrische Leistung PA D UAIA zur

Page 12: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

276 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.11 Gleichstrommotormit Fremderregung

Deckung der mechanischen Leistung P2 für das Zerspanen des Werkstücks auf (zusätzlichMotorverluste und Reibungsverluste der mechanischen Übertragungsglieder).

Der Erregerkreis wird über den steuerbaren Feldstromrichter als Einphasen- oder Dreh-strombrücke für eine Stromrichtung, elektrisch vom Ankerkreis vollkommen getrennt, mitGleichstrom versorgt und nimmt bei der Erregerspannung UE den Erregerstrom IE und da-mit die Erregerleistung PE D UEIE auf; es ist PE � PA.

Im Ankerkreis gilt die Spannungsgleichung

UA D Uq C IARA (4.6)

Mit Hilfe der Gln. 4.1 und 4.3 und ! D 2�n ergeben sich damit die für diesen Motorallgemein gültigen Funktionen für Drehzahl und Ankerstrom

n D UA

2� c ˚� RAMi

2�.c˚/2I IA D Mi

c ˚(4.7)

außerdemUE D IERE (4.8)

Betriebskennlinien des ungesteuerten Motors. Bei ungesteuertem Betrieb des Motorssind die auf dem Leistungsschild angegebenen Werte der Ankerspannung und der Erreger-spannung konstant. Letzteres bedeutet, dass auch der Erregerstrom und damit der Polflussin der Maschine konstant sind und ihre Bemessungswerte annehmen. Es gilt also

UA D UAN D konst.

UE D UEN D konst. ; IE D IEN D konst. und damit ˚ D ˚N D konst.

Setzt man dies in die Gln. 4.7 und 4.8 ein, ergibt sich

n D UAN

2�c˚N� RAMi

2�.c˚N/2I IA D Mi

c ˚NI UEN D IENRE (4.9)

Page 13: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

4.1 Gleichstrommaschinen 277

Abb. 4.12 Betriebskennliniendes ungesteuerten fremderreg-ten Gleichstrommotors

Diese Gleichungen sind in Abb. 4.12 durch die beiden Geraden über Mi dargestellt. Durchdas Verlustmoment MV, hervorgerufen nach Abb. 4.7 durch magnetische und mecha-nische Verluste im Motor, ist das an der Welle zum Antrieb der Arbeitsmaschine zurVerfügung stehende Motormoment M – oft nur geringfügig – kleiner als das elektro-magnetisch erzeugte innere Drehmoment Mi des Motors, somit

M D Mi � MV

Im praktischen Leerlauf (M D 0) stellt sich die Leerlaufdrehzahl n0N und der Leer-laufstrom IA0 ein. Wird der Motor so belastet, dass er seine auf dem Leistungsschildangegebene Bemessungsleistung P2N nach der Gleichung

P2N D 2�nNMN (4.10)

abgibt, dann sind mit dem hier vorhandenen Wertepaar nN und MN die Bemessungswertefür Drehzahl und Drehmoment und auch der Ankerstrom IAN erreicht. Für jedes andereLastmoment ML D M können Drehzahl und Strom durch die Schnittpunkte mit denKennlinien nach Abb. 4.12 entnommen werden.

Für die Prüfung des Motors – und diese Aussage gilt für alle Maschinenarten – ist dieKenntnis wichtig, dass für alle auf dem Leistungsschild angegebenen Größen außer P2N

nach VDE 0530 Teil 1 bestimmte Toleranzen gelten. Will man also durch eine Dauerbe-lastung prüfen, ob die Erwärmung der Wicklungen im zulässigen Bereich liegt, so mussman mit der Bemessungsleistung belasten, d. h. das Produkt Drehzahl mal Drehmomentsolange variieren, bis nach Gl. 4.10 der Wert P2N erreicht ist. Es wäre ein Fehler, zurVermeidung der aufwendigen Drehmomentmessung nur die auf dem Leistungsschild an-gegebene Drehzahl einzustellen. Diese darf z. B. bei Gleichstrommaschinen im Betriebmit P2N 5 % bis 15 % vom gestempelten Wert abweichen, der damit kein zuverlässigesMaß für den Bemessungsbetrieb ist.

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278 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.13 Drehzahlkurven beiAnkerrückwirkung (1) und mitHilfsreihenschlusswicklung (2)

Betrieb mit Hilfsreihenschlusswicklung. In Gl. 4.9 ist vorausgesetzt, dass bei einemunveränderten Erregerstrom IEN das Hauptpolfeld mit ˚ D ˚N zwischen Leerlauf undVolllast konstant bleibt. In Wirklichkeit wird der Feldverlauf im Luftspalt aber durch diemagnetisierende Wirkung der stromdurchflossenen Ankerwicklung verzerrt und resultie-rend auf ˚ < ˚N geschwächt. Man bezeichnet diesen Effekt, der etwa mit dem Quadratdes Ankerstromes ansteigt, als Ankerrückwirkung. Er hat zur Folge, dass die Drehzahlbei Belastung nicht nach Abb. 4.12 linear sinkt, sondern wie mit Kurve 1 in Abb. 4.13gezeigt, ab einer bestimmten Belastung wieder ansteigt. Ein derartiger Verlauf ist in derRegel unerwünscht, da er zu einem instabilen Betrieb des Antriebs führen kann.

Um die unbeabsichtigte Schwächung des Feldes durch die Ankerrückwirkung auszu-gleichen, muss die Erregung mit der Belastung kontinuierlich vergrößert werden. Dieslässt sich mit dem Einsatz einer zweiten Erregerwicklung, der Hilfsreihenschlusswick-lung, erreichen. Sie sitzt wie in Abb. 4.14a skizziert konzentrisch mit der eigentlichenErregerwicklung für IE auf dem Hauptpol, wird jedoch vom Ankerstrom IA durchflössen.Bei richtiger Polung addieren sich die Durchflutungen beider Wicklungen (Abb. 4.14b),d. h. die feldschwächende Wirkung des Ankerstromes wird durch eine von ihm erzeug-te Zusatzerregung aufgehoben. Man bezeichnet Ausführungen mit dieser Hilfsreihen-schlusswicklung als Doppelschlussmotoren und erhält damit wieder abfallende Drehzahl-kurven wie in Abb. 4.12 oder Kurve 2 in Abb. 4.13.

Hilfsreihenschlusswicklungen sind im Vergleich zu einer Kompensationswicklung dieeinfachere, preiswertere Möglichkeit, die lastabhängige Feldschwächung zu vermeiden.Es ist allerdings darauf zu achten, dass bei einer Umkehr des Ankerstromes keine Gegen-wirkung und damit Schwächung des Feldes auftritt. In diesem Fall sind die Anschlüsse D1

und D2 zu tauschen.

Abb. 4.14 Ausführung undSchaltung einer Hilfsreihen-schlusswicklung. a Hauptpolmit Neben- und Reihenschluss-wicklung, b Schaltung derHilfsreihenschlusswicklung imAnkerkreis

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4.1 Gleichstrommaschinen 279

4.1.2.3 Verfahren der DrehzahlsteuerungBetriebskennlinien des gesteuerten Motors. Wenn man in den allgemein gültigenGl. 4.7 vereinfachend MV D 0 und damit M D Mi setzt, erhält man

n D UA

2� c ˚� RAM

2� .c ˚/2I IA D M

c ˚I UE D IERE

Aus der Beziehung n D f .M / ist zu entnehmen, dass bei einem vorgegebenen Drehmo-ment M als Belastung die zugehörige Drehzahl n mit den folgenden Verfahren verändertwerden kann:

1. Absenken der Ankerspannung im Bereich 0 � UA � UAN

2. Absenken des Polflusses ˚ durch Verringerung des Erregerstromes IE � IEN

3. Erhöhung des Ankerkreiswiderstandes RA durch Ankervorwiderstände.

Alle drei Verfahren werden in der Praxis angewandt und nachstehend besprochen. Damitvon den speziellen Daten einer Maschine unabhängige Beziehungen entstehen, sollen dieGleichungen normiert, d. h. auf die Kennwerte des ungesteuerten Motors bezogen werden.Beim ungesteuerten Motor erhält man dann mit Gl. 4.9

bei Leerlauf n0N D UAN

2�c˚N

; bei Volllast IAN D MN

c˚NI UEN D IENRE (4.11)

Durch Division der vorstehenden Gleichungen ergeben sich damit die Betriebskennli-nien des gesteuerten Motors in normierter Form

n

n0ND UA=UAN

˚=˚N� cM

M=MN

.˚=˚N/2I IA

IAND M=MN

˚=˚NI UE

UEND IE

IEN(4.12)

wobei

cM D IANRA

UAND n0N � nN

n0N(4.13)

als neue Maschinenkonstante eingeführt wurde.Richtwerte für cM liegen bei Motoren mit kleinen bis mittleren Leistungen (1 bis

100 kW) bei etwa 0,15 bis 0,05 und nehmen bei Großmotoren bis 1000 kW und darüberauf etwa 0,02 bis 0,01 ab. Dies bedeutet, dass bereits der ungesteuerte Motor durch seinweitgehend belastungsunabhängiges Drehzahlverhalten („harte Kennlinie“) für viele An-triebsaufgaben geeignet ist.

Page 16: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

280 4 ElektrischeMaschinen

Beispiel 4.1

Ein Gleichstrommotor mit konstant IEN und damit vollem Erregerfeld ˚ D ˚N hatdie Spannung UA D UAN D 400 V und die Leerlaufdrehzahl n0N D 1320 min�1. BeiBetrieb mit dem Drehmoment M D MN sinkt sie auf nN D 1260 min�1.

a) Es sind die Kennwerte c˚N und cM zu bestimmen.Aus Gl. 4.11 erhält man

c˚N D UAN

2� � n0ND 400 V

2� � 22 s�1D 2;89 � Vs

Nach Gl. 4.13

cM D 1 � nN

n0ND 1 � 1260 min�1

1320 min�1D 0;045

b) Wie groß sind der Ankerwiderstand RA und die Stromwärmeverluste PvA in derWicklung bei MN D 144;5 N m?Aus Gl. 4.11

IAN D MN

c˚ND 144;5 Ws

2,89 VsD 50 A

Aus Gl. 4.13

RA D cM � UAN

IAND 0;045 � 400 V

50 AD 0;36 �

c) Wie groß ist der Motorwirkungsgrad, wenn die Stromwärmeverluste 50 % des Ge-samtwertes ausmachen?

PN D 2�nNMN D 2� � 21 s�1 � 144;5 Ws D 19:066 W ;

PvA D .IAN/2RA D .50 A/20;36 � D 900 W

Gesamtverluste Pv D 1800 W damit wird die Aufnahmeleistung Pauf D 20:866 WWirkungsgrad � D PN=Pauf D 19:066 W=20:866 W D 91;4 %

Aufgabe 4.1

Von einem dauermagneterregten Kleinmotor sind nur die Daten UAN D 12 V,MN D 0;2 N m, n0N D 2400 min�1 bekannt.

Mit der Annahme � D 60 % ist die Abgabeleistung PN zu bestimmen.

Ergebnis: PN D 30;2 W

Page 17: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

4.1 Gleichstrommaschinen 281

Abb. 4.15 Steuerkenn-linien des fremderregtenGleichstrommotors. Durch-gezogene Linie: n D f .M /,Strich-Punkt-Linie: IA Df .M /, gestrichelte Linie:Grenzlinien für den Dreh-zahl/Momentbereich beiDauerbetrieb

Drehzahlsteuerung durch Absenkung der Ankerspannung. Die an den Ankerkreisgelegte Spannung UA wird stufenlos von UAN bis nahe UA D 0 gesteuert. Der Motor istvoll erregt (IE D IEN, ˚ D ˚N), so dass nach Gl. 4.12 die Steuerkennlinien nun lauten

n

n0ND UA

UAN� cM

M

MNI IA

IAND M

MNI IE D IEN (4.14)

Gl. 4.14 ergibt bei voller Erregung die Leerlaufdrehzahlen

n0 D n0NUA

UAN

und die parallelen Drehzahlkennlinien in Abb. 4.15. Es kann stets mit dem vollen Dreh-moment MN belastet werden.

Drehzahlsteuerung durch Absenkung der Erregerspannung (Feldschwächung).Der Ankerkreis des Motors liegt an der Ankerspannung UAN. Am Erregerkreis wird nungegenüber der normalen Betriebsschaltung (UEN, IEN, ˚N) die Erregerspannung herabge-setzt, UE < UEN, so dass auch IE < IEN und damit das Magnetfeld ˚ in der Maschineschwächer, ˚ < ˚N, also Feldschwächung durchgeführt wird.

Nach Gl. 4.12 lauten nun die Steuerkennlinien

n

n0ND 1

˚=˚N� cM

M=MN

.˚=˚N/2I IA

IAND M=MN

˚=˚NI UE

UEND IE

IEN(4.15)

Nach Gl. 4.15 steigt die Leerlaufspannung n0 bei konstanter Spannung UAN nach

n0 D n0N1

˚=˚N

stetig an. Wegen ˚˚N werden die Drehzahlkennlinien immer steiler und kürzer, da dasDrehmoment M D c˚IA und IA � IAN nicht mehr den vollen Wert MN erreicht.

Page 18: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

282 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.16 Betriebskennliniendes fremderregten Motors mitAnker- und Feldstellbereich

Anker- und Feldstellbereich. Abbildung 4.16 zeigt den Verlauf der verschiedenen Mo-torgrößen bei Änderung der Ankerspannung und anschließender Feldschwächung überder Drehzahl. So kann z. B. bei einem fremderregten Motor mit den BemessungsdatenP2N D 40 kW und nN D 2000 min�1 im sogenannten Ankerstellbereich bei vollemDrehmoment MN und ruckfreiem Lauf die minimale Drehzahl n D 60 min�1 eingestelltwerden. Durch Feldschwächung sei bei voller Leistung P2N und ohne Bürstenfeuer diemaximale Drehzahl n D 6000 min�1 möglich. Für diesen Antrieb ergibt sich damit einDrehzahlregelbereich von 1 W 100.

Vierquadrantenbetrieb. Die eingangs dieses Abschnitts gestellte Aufgabe, den Motorfür stufenlose Drehzahlsteuerung zum Treiben und Bremsen in beiden Drehrichtungenverwenden zu können, wird nun durch Abb. 4.17 erläutert. Geht man davon aus, dass beipositiven Werten von UA, IA, M , PA, n im 1. Quadranten sich Rechtslauf des Motors

Abb. 4.17 Vierquadrantenbe-trieb des fremderregten Motorsfür Treiben und Bremsen inbeiden Drehrichtungen

Page 19: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

4.1 Gleichstrommaschinen 283

Abb. 4.18 Fremderregter Gleichstrommotor mit Ankervorwiderstand Rv. a Schaltung, b Kenn-linien für Drehzahlsteuerung und Anlauf

einstellt, dann ergeben sich in den übrigen 3 Quadranten Rechts- bzw. Linkslauf, Treibenbzw. Bremsen, also Motor- und Generatorbetrieb und damit elektrische Leistungsentnah-me aus dem Netz bzw. elektrische Leistungsrücklieferung ins Netz bei den eingezeich-neten Richtungen von n und M und den angegebenen positiven (Hochzeichen C) undnegativen (Hochzeichen �) Werten der mechanischen und elektrischen Größen.

Das Anfahren des Antriebs erfolgt durch Hochfahren der Ankerspannung.

Drehzahlsteuerung durch Ankervorwiderstände. Aus Gl. 4.12 ergibt sich die Dreh-zahl einer Gleichstrommaschine aus dem der Ankerspannung proportionalen Leerlaufwertabzüglich eines von der Konstanten cM abhängigen Drehzahlabfalls bei Belastung. NachGl. 4.13 kann man cM durch Erhöhen des Ankerkreiswiderstandes von RA auf RA C Rv

vergrößern und damit die Betriebsdrehzahl beliebig absenken. Dieser Einsatz von An-kervorwiderständen nach Abb. 4.18a ergibt bei UA D UAN und voller Erregung mit IEN

Kennlinien nach der Beziehung

n

n0ND 1 � cM.1 C Rv=RA/

M

MNI IA

IAND M

MN(4.16)

Wie in Abb. 4.18b zu erkennen ist, wird der Drehzahlverlauf mit größerem Vorwider-stand Rv immer steiler und damit lastabhängiger. Hauptnachteil dieser Technik sind aberdie zusätzlichen Verluste I 2

ARv, die das Verfahren unwirtschaftlich machen. Es wird da-her nur sehr selten z. B. dort angewandt, wo der Motor nur im oberen Drehzahlbereichdurch Feldschwächung betrieben wird. Hier kann wie in Abb. 4.18a ein Betrieb mit vollerAnkerspannung UAN erfolgen und der Ankervorwiderstand Rv als mehrstufiger Anlasserverwendet werden. In Abb. 4.18b ist dieser Fall mit einem fünfstufigen Widerstand ge-zeigt, mit dem entlang der Pfeile zwischen den Grenzen 1,2 MN und 0,8 MN hochgefahrenwird.

Page 20: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

284 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.19 Gleichstrom-Reihenschlussmotor.a Schaltung mit Vorwider-stand Rv und Anzapfung derErregerwicklung, b Kennlinienmit Spannungsabsenkung undStromverlauf

4.1.2.4 Gleichstrom-ReihenschlussmotorenSchaltung. Abbildung 4.19a zeigt, dass hier Ankerkreis und Erregerwicklung in Reihegeschaltet sind und damit IA D IE D I besteht. Für die Möglichkeit des Anlaufs beivoller Spannung ist wieder ein Vorwiderstand Rv vorgesehen und für die Feldschwächungeine Anzapfung der Erregerwicklung.

Betriebskennlinien. Die Drehzahl- und Drehmomentgleichungen werden mit der Ver-einfachung, dass die magnetische Kennlinie ˚ D f .IE/ durch eine Gerade ˚ D c0Iersetzt wird, bestimmt. Ferner bleiben mit Mi D M und UB D 0 das Verlustmoment Mv

und die Bürstenübergangsspannung unberücksichtigt. Im drehzahlgesteuerten Betrieb istU � UN und mit I D IA D IE sind Anker- und Erregerstrom identisch. Im einzigenStromkreis ist der Anlasswiderstand Rv vorhanden, so dass R0

A D RA C Rv wird. Mitdiesen Voraussetzungen gelten die Gleichungen

U D Uq C IR0A mit Uq D c˚! , M D c˚I und ˚ D c0I

Im Bemessungsbetrieb (Größen mit Index N) lauten die vorstehenden Gleichungen

UN D UqN C INR0A mit UqN D c˚N!N I MN D c˚NIN˚N D c0IN

Setzt man, Gl. 4.13 folgend, wieder cM D INRA=UN, so wird

UqN

UND 1 � cM und

Uq

UND U

UN� INRA.1 C Rv=RA/I=IN

UN

Mit ˚=˚N D I=IN D pM=MN erhält man die allgemeinen Betriebskennlinien

n

nND 1

1 � cM

U=UNpM=MN

� cM.1 C Rv=RA/

!I

INDp

M=MN (4.17)

Page 21: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

4.1 Gleichstrommaschinen 285

Für den ungesteuerten Motor (U D UN, Rv D 0) erhält man hieraus die normalenBetriebskennlinien

n

nND 1

1 � cM

1

pM=MN

� cM

!

I I

IND p

M=MN (4.18)

In Abb. 4.19b sind die mit n � 1=p

M hyperbolisch abfallenden Drehzahlkurven desReihenschlussmotors gezeigt. Ohne Belastung ergeben sich bei Motoren höherer Leistungund damit relativ kleinen Reibungsverlusten Drehzahlwerte, welche den Anker durch dieFliehkräfte zerstören – der Motor „geht durch“. Der Reihenschlussmotor darf daher nichtohne Belastung betrieben werden, was aber bei seinem üblichen Einsatz in Bahnen undNahverkehrsfahrzeugen auch nicht vorkommt. Bei Spannungsabsenkung ergeben sich dieeingetragenen tieferen Kennlinien, bei Feldschwächung durch die hier übliche Wicklungs-anzapfung liegen sie über der Kurve für UN.

Für den Einsatz als Fahrzeugmotor ist die Zuordnung I � pM von Vorteil, da hier

beim Anfahren hohe Drehmomente gefordert sind.

Drehzahlsteuerung. Wiederum ergeben sich 3 Möglichkeiten der Drehzahlsteuerung.Absenkung der Motorspannung (U > UN, Rv D 0). Aus Gl. 4.17 ergeben sich Steuer-

kennlinien unterhalb der normalen Betriebskennlinie.

n

nND 1

1 � cM

U=UNpM=MN

� cM

!

(4.19a)

Feldschwächung ergibt wieder Drehzahlkennlinien oberhalb der normalen Betriebskenn-linie.

Einschalten des Anlasswiderstandes in den Stromkreis (U D UN, Rv > 0). Diese Me-thode wird nur zum Anfahren benutzt. Die aus Gl. 4.17 sich ergebenden Kennlinien liegenunterhalb der normalen Betriebskennlinie und dies umso mehr, je größer der Anlasswider-stand ist.

n

nND 1

1 � cM

1

pM=MN

� cM.1 C Rv=RA/

!

(4.19b)

Beispiel 4.2

Auf dem Leistungsschild eines Gleichstrommotors mit Fremderregung stehen die fol-genden Angaben: 40 kW 1900 min�1; Anker 440 V 100 A; Erregung 240 V 10 A. Beieiner Leerlaufmessung betrug der Ankerstrom 5 A, die Drehzahl 2000 min�1.

a) Man ermittle weitere Größen bei Volllast und zeichne die normalen Betriebskenn-linien n, IA D f .M / maßstäblich auf.

Page 22: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

286 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.20 Betriebskennlinieneines fremderregten Gleich-strommotors

Aufgenommene elektrische Leistung im Ankerkreis

PAN D UANIAN D 440 V � 100 A D 44 kW

Somit sind im Bemessungsbetrieb die Verluste und der Wirkungsgrad im Anker-kreis

PVN D PAN � P2N D .44 � 40/ kW D 4 kW

�N D P2N

PAND 40

44D 0;909 D 90;9%

Berücksichtigt man auch im Erregerkreis die Verluste PEN D UENIEN D 240 V �10 A D 2;4 kW, erhöhen sich die Gesamtverluste des Motors auf 6;4 kW und seinGesamtwirkungsgrad sinkt auf 86;2 %. Das Bemessungsmoment des Motors wirdnach Gl. 4.10

MN D P2N

2� nND 40:000 W � 60 s

2� � 1900D 201 N m

Damit können die normalen Betriebskennlinien gezeichnet werden (Abb. 4.20).b) Man ermittle anhand einer Tabelle von M D 0 bis M D MN die Größen P2, PA

und � im Ankerkreis und zeichne � D f .M / maßstäblich in Abb. 4.20 ein.Aus Abb. 4.20 entnimmt man die Tabellenwerte für IA und n. Hieraus werden dieelektrische Leistung PA D UNIA, die mechanische Leistung P2 D M 2�n undhieraus der Wirkungsgrad � D P2=PA errechnet. Man beachte den hohen Wir-kungsgrad des Elektromotors auch bei Teillast.

Beispiel 4.3

Der Gleichstrommotor mit Fremderregung von Beispiel 4.2 wird zur stufenlosen Dreh-zahlsteuerung mit einem Drehzahlregelbereich 1 W 100 eingesetzt.

Page 23: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

4.1 Gleichstrommaschinen 287

Normale Betriebskennlinien

a) Man gebe die Gleichungen der normalen Betriebskennlinien n D f .M / und IA Df .M / an und zeichne sie maßstäblich auf (Abb. 4.20). Mit den Werten aus Bei-spiel 4.2 wird nach den Gln. 4.12 und 4.13:

cM D 2000 � 1900

2000D 0;05

n D�

2000 � 0;05 � 2000

201

M

Nm

�min�1 D

�2000 � 0;5

M

Nm

�min�1

IA D 5 A C 95A

201

M

NmD�

5 C 0;473M

Nm

�A

Rechnerisch ergibt sich damit zum Beispiel bei einem Lastmoment ML D 140 Nmdie Betriebsdrehzahl n D .2000 � 0;5 � 140/ min�1 D 1930 min�1 und der Anker-strom IA D .5 C 0;473 � 140/ A D 71 A.Drehzahlsteuerung durch Absenkung der Ankerspannung

b) Nun soll bei dem vorgenannten Lastmoment ML D 140 Nm die Drehzahl auf600=min gesteuert werden. Welche Ankerspannung UA ist erforderlich und wel-che weiteren Größen ergeben sich?Aus Gl. 4.14 folgt mit n=n0N D 600=2000 D 0;3 und M=MN D 140=201 D 0;7

für die Ankerspannung und den Ankerstrom

UA D .0;3 C 0;05 � 0;7/440 V D 147;4 V I IA D 0;7 � 100 A D 70 A

Weiter ist

PA D UAIA D 147;4 V � 70 A D 10;3 kW

P2 D 140 Nm � 2� � 600=60 s D 8;8 kW

� D 8;8

10;3D 85;4 %

Bei Berücksichtigung der Erregerleistung PE D 2;4 kW wird Pl D PA C PE D12;7 kW, � D 8;8=12;7 D 69;3 %.

c) Zwischen welchen Werten ist die Ankerspannung zu regeln, wenn die Betriebs-drehzahl 600=min von Leerlauf bis Volllast konstant gehalten werden soll?Nach Gl. 4.14 ist bei Leerlauf

UA D 600

2000� 440 V D 132 V;

ebenso bei Volllast

UA D .0;3 C 0;05/440 V D 154 V:

Page 24: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

288 4 ElektrischeMaschinen

d) Welche Ankerspannung ist erforderlich, damit der Motor bei der kleinsten Betriebs-drehzahl nmin D 60=min noch das Bemessungsmoment erzeugen kann?Nach Gl. 4.14 wird

60

2000D UA

UAN� 0;05 � 1 ; UA D 0;08 � 440 V D 35;2 V:

Aufgabe 4.2

Welche Drehzahl n erhält man in den beiden Beispielen 4.2 und 4.3 bei der Feld-schwächung ˚=˚N D 0;5 und Belastung mit IAN?

Ergebnis: n D 3800 min�1

Aufgabe 4.3

Ein Kleinmotor mit den Daten UAN D 12 V, IAN D 1 A hat die Leerlaufdrehzahln0N D 1800 min�1 und bei IAN den Wert nN D 1440 min�1.

Es ist die Drehzahl n bei Feldschwächung mit ˚=˚N D 0;5 und IAN zu bestimmen.

Ergebnis: n D 2880 min�1

4.2 Transformatoren

4.2.1 Wechselstromtransformatoren

4.2.1.1 AufbauTransformatoren oder Umspanner haben die Aufgabe, elektrische Energie aus einem Sys-tem gegebener Spannung U1 und Frequenz f in ein System gewünschter Spannung U2

unter Beibehaltung der Frequenz zu übertragen. Die Umwandlung der elektrischen Wech-selstromenergie erfolgt über ein magnetisches Wechselfeld.

In der Regel werden Wechselstromtransformatoren in der Mantelausführung nachAbb. 4.21b gefertigt. Der Mittelkern trägt beide Wicklungen meist als konzentrischeZylinder. Das Magnetfeld teilt sich über die Außenschenkel, die nun den halben Quer-schnitt benötigen. Abbildung 4.21a zeigt das Schalt- und das Schaltkurzzeichen einesTransformators. Bei den Anschlussbezeichnungen steht die vorgestellte 1 für die Ober-spannungsseite, die 2 für die Unterspannung. Die nachgestellten Zahlen zeigen mit der 1den Anfang mit 2 das Ende einer Wicklung an.

Page 25: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

4.2 Transformatoren 289

Abb. 4.21 Wechselstrom-transformator. a Schalt-undSchaltkurzzeichen, b BauformManteltransformator, 1 Eisen-kern aus Elektroblech, 2 Ober-und Unterspannungswicklung

Der Eisenkern wird zur Verringerung der Ummagnetisierungs- und Wirbelstromver-luste aus 0;23 mm bis 0;35 mm starken sogenannten kornorientierten Elektroblechen ge-schichtet, die eine sehr gute Magnetisierbarkeit (hohes �r/ und kleine spezifische Verluste(z. B. 1 W=kg bei B D 1;5 T, 50 Hz) besitzen. Den Bereich innerhalb der Wicklungenbezeichnet man als Schenkel, den äußeren Rückschluss wieder als Joch. Die im Eisenkernund in den Wicklungen durch die Eisen- und Kupferverluste auftretende Wärme wirdbei den kleineren Trockentransformatoren durch Selbstkühlung an die umgebende Luftabgeführt. Die größeren Öltransformatoren sitzen in einem mit Kühlrippen versehenenÖlkessel, wobei sowohl die bessere Kühlwirkung wie auch das höhere Isoliervermögendes Öls gegenüber Luft ausgenutzt wird.

4.2.1.2 Kenngrößen und ErsatzschaltbildGrundgleichungen. Bereits in Abschn. 1.2.3.3 wurde mit Gl. 1.56 die Beziehung

Uq1

Uq2D N1

N2

für die Spannungsinduktion in zwei magnetisch gekoppelten Wicklungen mit den Win-dungszahlen N1 und N2 angegeben, die mit demselben Magnetfluss ˚ verkettet sind.Vernachlässigt man die zumal bei Großtransformatoren sehr geringen Verluste, so gilt mitder Näherung U1 � Uq1 und U2 � Uq2, dass die Aufnahme- und Abgabescheinleistungmit U1I1 D U2I2 gleich sind.

Mit Beachtung von Gl. 1.56 gilt damit für das Verhältnis der Ströme

I1

I2

D N2

N1

(4.20)

Das Verhältnis der beiden Windungszahlen N1 und N2 zueinander wird als Übersetzungs-verhältnis

ü D N1=N2 � U1N=U20 (4.21)

bezeichnet und stimmt mit guten Näherung mit dem Verhältnis von primärer Bemessungs-spannung U1N und sekundärer Leerlaufspannung U20 überein.

Page 26: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

290 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.22 Ersatzschaltungeines Wechselstromtransfor-mators

Bemessungsleistung. Im Unterschied zu rotierenden Maschinen wird die zur Einhaltungder zulässigen Erwärmung die Scheinleistung

SN D U1NI1N D U2NI2N (4.22)

angegeben. Die Angabe einer Bemessungswirkleistung PN ist nicht möglich, da der Se-kundärstrom I2 je nach angeschlossenen Verbrauchern einen ständig verschiedenen cos �-Wert haben kann. So hat ein Transformator bei rein induktiver Belastung, d. h. bei nurBlindstromabgabe den Wirkungsgrad null.

Ersatzschaltung. Bei einem realen Transformator sind beide Wicklungen zwar mit demgemeinsamen Hauptfluss ˚h verkettet, daneben erzeugen aber die Ströme I1 und I2 mit ih-ren Wicklungen eigene so genannte Streuflüsse ˚� , die jeweils die andere Wicklung nichterreichen. Sie ergeben aber nach dem Induktionsgesetz eine SelbstinduktionsspannungUL, der in einer Ersatzschaltung nach UL D I!L D IX� nach Gl. 1.68 ein indukti-ven Blindwiderstand X� zuzuordnen ist. Ebenso besitzt jede Wicklung einen ohmschenWiderstand, der zu beachten ist. Insgesamt erhält man damit für einen Transformator dieErsatzschaltung nach Abb. 4.22. Sie enthält in der Mitte die idealen widerstandslosen undnur mit dem Hauptfluss verketteten Wicklungen N1 und N2 und beidseitig die jeweilsvorgeschalteten Eigenwerte R und X� .

Die in Abb. 4.22 angegebene Ersatzschaltung beachtet mit der galvanischen Trennungder Wicklungen das mit z. B. U1 D 20 kV und U2 D 400 V reale oft stark unterschiedlicheSpannungsniveau beider Seiten. Für die Auswertung der elektrischen Größen in Diagram-men und bei Berechnungen ist es nun vorteilhaft, alle sekundären Werte auf die primäreWindungszahl umzurechnen, d. h. eine Übersetzung N2 D N1 zu verwenden. Zur Kenn-zeichnung dieser Umrechnung erhalten alle Sekundärwerte ein Hochkomma (0). An dieStelle der jetzt einheitlichen induzierten Spannung Uq tritt bei der galvanischen Kopplungwieder ein zugeordneter Hauptblindwiderstand Xh.

Für die Umrechnung auf die Hochkommawerte gilt mit

ü D N1=N2 I U 02 D ü U2 (4.23)

Da die Umrechnung bezüglich der Scheinleistung und der Verluste leistungsgleich erfol-gen muss, folgt aus

U 02I 0

2 D U2I2 und I 0 22 R0

2 D I 22 R2

I 02 D I2=ü I R0

2 D R2ü2 I X 0� D X� ü2 (4.24)

Page 27: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

4.2 Transformatoren 291

Abb. 4.23 Ersatzschaltungmit galvanischer Verbindung

Abbildung 4.23 gibt auch die einfache Möglichkeit, neben den in den ohmschen Wi-derständen konzentrierten Stromwärmeverlusten (Kupferverlusten)

PCu D I 21 R1 C I 0 2

2 R02 (4.25a)

die EisenverlustePFeN D U 2

1 =RFe (4.25b)

zu erfassen. Letztere sind weitgehend lastunabhängig und können daher durch einen kon-stante Eisenverlustwiderstand RFe quer am Eingang beachtet werden.

Bei Transformatoren der Praxis liegen die Querwerte von Xh und RFe drei- bis vierZehnerpotenzen über denen der Längswerte. Im Leerlauf mit I 0

2 D 0 nimmt ein Trans-formator damit einen Leerlaufstrom auf, der bei größeren Leistungen unter 1 % des Be-messungsstromes I1N liegt. Die Querströme durch RFe und Xh sind damit für den Wertder Ausgangsspannung U 0

2 ohne Bedeutung, so dass das Betriebsverhalten des Wechsel-stromtransformators mit guter Genauigkeit über eine vereinfachte Ersatzschaltung nachAbb. 4.24 bestimmt werden kann.

Kurzschlussspannung. Eine wichtige Kenngröße eines Transformators ist seine relativeKurzschlussspannung

uk D U1k

U1N� 100 % (4.26)

Dazu wird sekundärseitig kurzgeschlossen und die Primärspannung mit U1k so eingestellt,dass der Bemessungsstrom I2N fließt. Bei Transformatoren der öffentlichen Versorgungliegen die Werte bei uk D 4 % bis 12 %. Der Leistungsfaktor im Kurzschlussfall errechnetsich nach Gl. 1.75 über das Verhältnis Wirk- zu Scheinleistung im Kurzschlussfall zu

cos ' D P1k

U1k � I1ND R � I 2

1N

U1k � I1ND R

U1k=I1ND R

Z

R und Z sind der Wirk- und Scheinwiderstand aus dem vereinfachten Schaltung inAbb. 4.24.

Page 28: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

292 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.24 a Vereinfachtes Ersatzschaltbild des Transformators, b Zeigerbild bei Belastung

4.2.1.3 BetriebsverhaltenDas Verhalten des Transformators bei Belastung lässt sich aus dem vereinfachten Ersatz-schaltbild (Abb. 4.24a) herleiten. Es vernachlässigt den Leerlaufstrom, der besonders aufdie Höhe der Ausgangsspannung U2 praktisch ohne Einfluss ist.

Spannungsänderung bei Belastung. Bei konstanter Primärspannung U1N tritt bei Leer-lauf mit I2 D 0 an der Sekundärwicklung die Spannung U2N auf. Wird der Transformatormit dem Sekundärstrom I2 belastet, dann ändert sich die Sekundärspannung um �U aufU2. Die prozentuale Spannungsänderung des Transformators ist dann wie folgt definiert

uv D 100U2N � U2

U2N% D 100

�U

U2N% (4.27)

Aus Abb. 4.24b folgt hinreichend genau für den Spannungsunterschied �U 0 D U1 � U 02

�U 0 D UR cos '2 C UL sin '2 D I 02 R cos '2 C I 0

2 ! L sin '2

D I 02NR

U1kcos '2 U1k

I 02

I 02N

C I 02N ! L

U1ksin '2U1k

I 02

I 02N

D U1kI 0

2

I 02N

.cos '1k cos '2 C sin '1k sin '2/

Erweitert man beide Seiten obiger Gleichung mit 100 %=U1N, so ergibt sich, da

�U 0

U1ND �U

U2Nund

I 02

I 02N

D I2

I2N

ist

uv D ukI2

I2N.cos '1k cos '2 C sin '1k sin '2/ (4.28)

Page 29: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

4.2 Transformatoren 293

Abb. 4.25 Konstruktion derSekundärspannung U 0

2 bei RL-und RC-Last

Beispiel 4.4

Mit Gl. 4.27 lässt sich die Spannungsänderung für jeden Belastungsfall errechnen.

Man erhält z. B. für

reine Wirklast cos '2 D 1, sin '2 D 0

uv D ukI2

I2Ncos '1k

rein induktive Belastung, cos '2 D 0, sin '2 D 1:

uv D ukI2

I2Nsin '1k

rein kapazitive Belastung, cos '2 D 0, sin '2 D �1

uv D �ukI2

I2Nsin '1k

In Abb. 4.25 ist das Zeigebild der Spannungen einmal für ohmsch-induktiven StromIRL und dann ohmsch-kapazitivem Strom IRC bei gleicher Stromstärke dargestellt. In bei-den Fällen ist der für den Spannungswert unbedeutende Anteil IR vernachlässigt.

Als Ergebnis obigen Bildes ist festzustellen, dass bei

• ohmsch-induktiver Last U 02 < U1

• ohmsch-kapazitiver Last U 02 > U1

wird. Bei einem wesentlichen Anteil an kapazitivem Strom steigt die Spannung auf derSekundärseite mit zunehmender Belastung immer mehr an.

Page 30: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

294 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.26 Verlustleistung Pv

des Transformators in Abhän-gigkeit vom BelastungsstromI2

Aufgabe 4.4

Ein Transformator für U1N=U2N D 230 V=50 V hat eine Kurzschlussspannung vonuk D 10 %. Wie groß ist bei rein ohmschem Primärstrom I1N die Sekundärspan-nung U2, wenn der ohmsche Spannungsfall vernachlässigt wird?

Ergebnis: U2 D 50;2 V

Verluste und Wirkungsgrad. Bleibt die Primärspannung U1 D U1N und deren Frequenzf D fN D konst., dann sind die im Transformator auftretenden Eisenverluste PFe kon-stant. Ihre Größe wird durch die Leerlaufmessung festgestellt. Die Stromwärmeverluste inden Wicklungen, also die Kupferverluste treten in den Ersatzschaltbildern (Abb. 4.24) imWiderstand R auf und betragen PCu D I 0 2

2 R. Die Kupferverluste werden bei den StrömenI1N und I2N durch die Kurzschlussmessung zu PCuN D I 0 2

2NR bestimmt. Es wird somit

PCu D PCuN

�I2

I2N

�2

Der gesamte Leistungsverlust Pv eines Transformators wird somit

Pv D PFe C PCuN

�I2

I2N

�2

(4.29)

Trägt man die Verluste über dem Belastungsstrom I2 in einem Schaubild auf (Abb. 4.26),so kann Pv ohne Aufzeichnen des Zeigerbildes auf einfache Weise für jeden Belastungsfallentnommen werden. Die Angabe eines Wirkungsgrades nach

� D P2

P1

D P2

P2 C Pv

hat dagegen bei Transformatoren nur einen Sinn, wenn man als Abgabeleistung P2N DU2N � I2N � cos '2 mit cos '2 D 1 reine Wirklast wählt. In diesem Fall ist er sehr gut undbeträgt bei einem 10 MVA-Drehstromtransformator ca. 99 %.

Page 31: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

4.2 Transformatoren 295

Beispiel 4.5

Für einen Betrieb mit rein ohmscher Belastung ist mit den vorstehenden Gleichungendie relative Abgabeleistung P2=P2N zu bestimmen, bei welcher der Wirkungsgrad ei-nes Transformators seinen Höchstwert besitzt. Es darf dazu I2 � P2 angenommenwerden.

Mit

� D P2

P2 C PvD 1

1 C Pv=P2

und Pv aus Gl. 4.28 sowie I2=I2N D P2=P2N erhält man für den Wirkungsgrad

� D 1

1 C PFe=P2 C PCuN � P2=P 22N

Zur Bestimmung des Hochpunktes der Funktion � D f .P2/ ist sie zu differenzierenund die Ableitung null zu setzen.

d�=dP2 D PCuN=P 22N � PFe=P 2

2

.1 C PFe=P2 C PCuN � P2=P2N/2

Eine sinnvolle Lösung ergibt sich nur, wenn der Zähler des Bruches null ist.

0 D PCuN=P 22N � PFe=P 2

2

Der höchste Wirkungsgrad entsteht bei der Abgabeleistung

P2 D P2N �s

PFe

PCuN

Da Transformatoren mit einem Verlustverhältnis PFe=PCuN D 0;17 bis 0,25 ausgeführtwerden, tritt der höchste Wirkungsgrad bei P2 � 0;5P2N auf. Dies ist sinnvoll, daTransformatoren in Netzen in der meisten Zeit im Teillastbetrieb arbeiten.

Aufgabe 4.5

a) Wie groß ist das Verhältnis Eisen- zu Wicklungsverluste PFe=PCu bei maxima-lem Wirkungsgrad �max und rein ohmscher Belastung?

b) Es sind die Wirkungsgrade �N und �max zu bestimmen.

Ergebnis:a) PCu=PFe D 1

b) �N D 96;6 %, �max D 97;7 %

Page 32: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

296 4 ElektrischeMaschinen

Überlastbarkeit. Die Belastung eines Transformators wird durch Art und Größe derangeschlossenen Verbraucher bestimmt. Der Transformator kann dauernd mit der aufdem Leistungsschild angegebenen Bemessungs-Scheinleistung belastet werden, wobei dieUmgebungstemperatur maximal 40°C betragen darf. Liegen Verbraucher mit größeremBlindleistungsbedarf vor, so kann durch Blindstromkompensation mit Kondensatoren eineEntlastung erreicht werden. Dadurch lassen sich außerdem die Spannungshaltung und derWirkungsgrad verbessern. Durch die herbeigeführte Entlastung besteht die Möglichkeit,weitere Verbraucher ohne Erhöhung der verfügbaren Transformatorenleistung anzuschlie-ßen.

Die in Industriegebieten meist vorhandenen, für eine Scheinleistung ab 20 kVA ge-normten Öltransformatoren können kurzzeitig bis 50 % überlastet werden, wenn sie vorEintritt der Überlastung längere Zeit nicht voll belastet waren. Die Überlastungsdauer istnaturgemäß umso geringer, je größer die vorangegangene Belastung war. Sie kann z. B.15 min bei 50 %, 4 min bei 90 % Vorbelastung betragen.

Kurzschluss. Werden die sekundären Stromzuführungen des Transformators, die Sam-melschienen, kurzgeschlossen, so stellt sich bei U1 D U1N ein Kurzschlussstrom ein, dersich aus dem vereinfachten Ersatzschaltbild 4.24a ergibt

I1k D U1NpR2 C .!L/2

Da sich im Kurzschlussversuch nach Abb. 4.22b die Bemessungsströme bereits bei der ge-ringen Kurzschlussspannung U1k einstellen, ist der Dauerkurzschlussstrom umso größer,je kleiner uk ist

I1k D I1N100%

ukI I2k D I2N

100%

uk(4.30)

Bei einem Transformator mit einer Kurzschlussspannung uk D 4 % fließen also die 25fa-chen Bemessungsströme. Im Moment des Kurzschließens tritt eine Stromspitze, der Stoß-kurzschlussstrom auf. Er kann fast den doppelten Wert von Ik, bei uk D 4 % demnachrund das 50fache von I1N erreichen. Die Wicklungen werden dann durch die von denKurzschlussströmen hervorgerufenen magnetischen Kräfte dynamisch und durch die auf-tretende Stromwärme auch thermisch stark beansprucht. Es muss daher dafür gesorgtwerden, dass der Transformator kurzschlussfest, d. h. diesen Beanspruchungen gewach-sen ist. Schließlich muss der Transformatorschalter oder die Sicherung in der Lage sein,genügend schnell und sicher abzuschalten.

Parallelbetrieb. Transformatoren können nur dann, ohne dass unzulässige Ausgleichs-ströme entstehen, parallel geschaltet werden, wenn die nachstehenden Voraussetzungenerfüllt sind:

Page 33: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

4.2 Transformatoren 297

Abb. 4.27 Spartransformator

1. Die Bemessungsspannungen und die Frequenz müssen übereinstimmen.2. Die relativen Kurzschlussspannungen müssen innerhalb der Toleranzen gleich sein.3. Das Verhältnis der Bemessungsleistungen sollte nicht größer als 3 W 1 sein.

Sind diese Bedingungen erfüllt, dann beteiligen sich die parallelen Transformatoren imVerhältnis ihrer Einzelleistungen an der Gesamtlast.

4.2.1.4 SondertransformatorenUnter dem Begriff Sondertransformatoren fasst man in der Regel alle Ausführungen auf,die normalerweise nicht der Energieverteilung in elektrischen Netzen dienen. Es sind

• Stromrichtertransformatoren mit erhöhter Phasenzahl• Kleintransformatoren und Messwandler• Schutz- und Sicherheitstransformatoren• Spartransformatoren.

Einige Ausführungen sollen nachstehend kurz besprochen werden.

Schutztransformatoren. Ein an geerdeten Metallkonstruktionen (z. B. Dampfkesseln)und in feuchten Räumen Arbeitender ist wegen des meist geringen Isolationswiderstandeszwischen ihm und der Erde, z. B. bei feuchtem Schuhwerk, stark gefährdet, wenn er mitschadhaften Elektrowerkzeugen, Handleuchten, Kabeln und dgl. in Berührung kommt.Da ein Leiter meist geerdet ist, fließt dann nämlich ein oft tödlicher Strom auf dem We-ge: schadhaftes spannungsführendes Gerät-Körper-Erde-Leiter-Gerät (s. Abschn. 6.2.2.2).Diese Gefahr wird sicher ausgeschaltet, wenn man Schutztransformatoren verwendet, diedie Spannung des Verteilungsnetzes auf die in VDE 0551 festgelegten Schutzspannungen(meist 24 V oder 42 V) herabsetzen. Durch besondere Vorschriften für die Isolierung derbeiden Wicklungen können so die Forderungen des Unfallschutzes auch in schwierigenFällen berücksichtigt werden.

Spartransformator. Er hat im Gegensatz zu normalen Transformatoren nur eine Wick-lung (Abb. 4.27), die durch eine Anzapfung in die für Primär- und Sekundärseite gemein-same Wicklung G und für die Sekundärseite allein wirksame Zusatzwicklung Z unterteiltist. Da beide Wicklungen leitend miteinander verbunden sind, ist der Anwendungsbereichaus Sicherheitsgründen beschränkt. Man verwendet den Spartransformator z. B. dann,

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298 4 ElektrischeMaschinen

wenn eine zur Verfügung stehende Spannung U1 um geringe Beträge (in der Regel nichtmehr als um ˙15 %) nach oben oder unten verändert werden soll. Will man z. B. bei An-schluss eines Gerätes an ein Netz eine konstante Sekundärspannung U2 trotz der im Laufedes Tages unvermeidlichen Schwankungen der Netzspannung U1 zur Verfügung haben,so kann die Sekundärspannung durch Verstellen des Abgriffes an der Wicklung Z nach-gestellt werden, wobei sich U Z und U 2 addieren: U 1 D U 2 C U Z.

Die Schaltung (Abb. 4.27) ähnelt der eines ohmschen Spannungsteilers, jedoch spielenbei dem hier besprochenen induktiven Spannungsteiler Wirkwiderstände und damit dieVerluste nur eine untergeordnete Rolle. Es kommt hinzu, dass die gemeinsame WicklungG nur vom Differenzstrom I 1 �I 2 durchflossen wird und deshalb im Gegensatz zu einemTransformator mit zwei getrennten Wicklungen auch nur für diesen Strom bemessen zuwerden braucht. Es können also Betriebs- und Anschaffungskosten gespart werden.

Beispiel 4.6

An einem Wechselstromtransformator mit den Leistungsschildangaben 3 kVA,230 V=115 V, 13;05 A=26;1 A, 50 Hz, uk D 9;5 % wurden Leerlauf- und Kurzschluss-messung durchgeführt.

a) Die Angaben auf dem Leistungsschild sollen rechnerisch nachgeprüft werden.

SN D U1N I I1N D 230 V � 13;05 A D 3002 VA D 3 kVA

SN D U2N I I2N D 115 V � 26;1 A D 3002 VA D 3 kVA

b) Im Leerlaufversuch wurden bei U1N D 230 V, 50 Hz gemessen: der primäre Leer-laufstrom I10 D 1;5 A, die primär aufgenommene Leistung P10 D 40 W, diesekundäre Leerlaufspannung U20 D U2N D 115 V. Es sollen die hieraus bestimm-baren Größen und das Zeigerbild ermittelt werden.Der Leerlaufstrom beträgt in Prozent vom primären Strom I1N

100I10

I1N% D 100

1;5 A

13;05 A% D 11;5 %

Die Übersetzung ist nach Gl. 4.22

ü D U1N

U2ND 230 V

115 VD 2

Zum Aufzeichnen des Zeigerbildes (Abb. 4.28a) bei Leerlauf benötigt man nochden Phasenverschiebungswinkel '10

cos '10 D P10

U1NI10

D 40 W

230 V � 1;5AD 0;1159

'10 D 83;34ı I sin '10 D 0;9933

Page 35: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

4.2 Transformatoren 299

Abb. 4.28 Zeigerbild fürLeerlauf (a) und Kurzschluss(b) eines Transformators

c) Bei der Kurzschlussmessung wurden bei I2N D 26;1 A die primäre Kurzschluss-spannung U1k D 21;9 V und die primär aufgenommene Leistung P1k D 125 Wgemessen. Welche Größen lassen sich hieraus errechnen? Das Zeigerbild ist zu ent-werfen.Die prozentuale Kurzschlussspannung ist nach Gl. 4.23

uk D 100U1k

U1N% D 100

21;9 V

230 V% D 9;52%

Zum Aufzeichnen des Zeigerbildes (Abb. 4.28b) bei Kurzschluss benötigt mannoch

cos '1k D P1k

U1kI1ND 125 W

21;9 V � 13;05 AD 0;4374

'1k D 64ı I sin '1k D 0;899

Damit werden die Spannungen an R und L in Abb. 4.28b

UR D U1k cos '1k D 21;9 V � 0;4374 D 9;58 V

UL D U1k sin '1k D 21;9 V � 0;899 D 19;7 V

Die Elemente R und L im Ersatzschaltbild sind dann nach Gl. 4.25b

R D UR

I1ND 9;58 V

13;05 AD 0;734 �

L D UL

! I1ND 19;7 V

314 s�1 � 13;05 AD 4;81 � 10�3 H

Um die Kupferverluste PCuN bei den Bemessungsströmen im betriebswarmen Zu-stand zu ermitteln, werden die im Kurzschlussversuch bei 20 °C ermittelten Verlus-te P1k auf 75 °C umgerechnet.

PCuN D P1k

�1 C 0;004

ı C.75 � 20/ ıC

�D 125W � 1;22 D 152 W � 150 W

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300 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.29 Verlustleistungund Wirkungsgrad (a) sowieSpannungsänderung (b) einesTransformators

Beispiel 4.7

Für den im vorstehenden Beispiel behandelten Transformator sollen Verluste, Wir-kungsgrad sowie Spannungsänderung bei verschiedenen Belastungen ermittelt werden.

a) Die Verluste des Transformators sollen zwischen Leerlauf (I2 D 0) und Volllast(I2 D I2N) dargestellt werden.Die Verluste Pv des Transformators sind nach Gl. 4.28 Pv D PFe CPCuN.I2=I2N/2.Mit PFe D 40 W und PCuN D 150 W ergibt sich für diese Funktion der inAbb. 4.29a gezeichnete parabelförmige Verlauf.

b) Mit Pv aus Abb. 4.29a und der Abgabeleistung P2 D P2N.I2=I2N/ D 3 kW(I2=I2N) ist die eingetragene Wirkungsgradkurve � D f .I2=I2N/ nachzurechnen.

c) Die Spannungsänderung uv des Transformators bei reiner Wirklast sowie bei in-duktiver und kapazitiver Blindlast ist für I2 D I2N zu errechnen.Nach Gl. 4.27 werden bei

reiner Wirklast uv D uk cos '1k D 9;52 % � 0;437 D 4;16 %

rein induktiver Belastung uv D uk sin '1k D 9;52 % � 0;899 D 8;6 %

rein kapazitiver Belastung uv D �uk sin '1k D �8;6 %

In Abb. 4.29b sind die sich hiermit ergebenden Spannungsänderungen grafisch dar-gestellt.

4.2.2 Drehstromtransformatoren

4.2.2.1 Bauart und SchaltungBedeutung. Drehstromtransformatoren haben für den Transport von elektrischer Energieeine entscheidende Bedeutung. Wie in Abschn. 6.2.1.1 gezeigt, „durchläuft“ jede kWhvom Kraftwerk bis zum Endverbraucher eine Vielzahl von Transformatoren.

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4.2 Transformatoren 301

Abb. 4.30 Drehstromkern-transformator Unterspan-nungswicklung U innen,Oberspannungswicklung O

außen

Bauart. Die an Höchstspannungsnetze (380 kV, 220 kV) angeschlossenen Transforma-toren haben Leistungen bis zu etwa 1500 MVA. Ihre Baugröße ist praktisch nur durch diebeschränkten Möglichkeiten des Transports (Bahnprofil) begrenzt. In kleineren, mittlerenund großen Industriebetrieben stehen Transformatoren mit Leistungen von etwa 50 kVAan bis zu 10 MVA und mehr. Die Spannung auf der Primärseite ist in den meisten Fällen 10oder 20 kV (selten 30 kV), auf der Sekundärseite meist 400 V, seltener 660 V oder 500 V.Für Großmotoren mit Spannungen von meist 3 kV oder 6 kV sind besondere Transforma-toren erforderlich.

Die üblichen Drehstrom-Öltransformatoren genormter Baugrößen zwischen 20 und1600 kVA sind Kerntransformatoren (Abb. 4.30) mit drei Schenkeln in einer Ebene. Aufjedem Schenkel ist ein Strang der Primär- und Sekundärwicklung untergebracht. DieStränge der Wicklungen können auf verschiedene Weise zusammengeschaltet werden.

Anschlussbezeichnungen. In Abschn. 1.3.3.2 wurden die bei Drehstrom vorherrschen-den Stern- und Dreieckschaltungen von Strängen, die hier bei den Ober- und Unterspan-nungswicklungen auftreten, besonders besprochen. Als dritte Verbindungsart kommt hiernoch die Zickzackschaltung für die Unterspannungswicklungen von Netztransformatorenhinzu. Abbildung 4.31 zeigt die einheitliche Anordnung der drei Wicklungsstränge in denSchaltplänen mit der vollständigen Bezeichnung der Anschlüsse.

Bei der 1. Ziffer gilt 1 für die Oberspannungswicklung, 2 für die Unterspannungswick-lung. Die folgenden Buchstaben U, V, W gelten für die drei Stränge auf beiden Seiten. Beider 2. Ziffer bedeutet 1 Anfang und 2 Ende des Stranganschlusses. Bei der Zickzackschal-tung besteht jeder Strang der Unterspannungswicklung aus zwei Hälften (Abb. 4.31c), sodass als 2. Ziffer auch 3 und 4 für Anfang bzw. Ende einer Hälfte auftreten. In den Schalt-plänen (Abb. 4.32a) werden meist nur die an das Anschlussbrett führenden Anschlüssebezeichnet; bei den Schaltkurzzeichen (Abb. 4.32c) werden die Ziffern meist weggelas-sen.

Abb. 4.31 Anschluss-bezeichnung von Dreh-stromtransformatoren.a Oberspannungswicklung,b Unterspannungswicklung,c dto. bei Zickzackschaltung

Page 38: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

302 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.32 Drehstromtransfor-matoren für Verteilungsnetzelinks: Dreieck-Sternschaltung(Schaltgruppe Dyn 5) rechts:Stern-Zickzackschaltung(Schaltgruppe Yzn 5) jeweilsmit Schaltplan (a), Zeigerbild(b) zur Festlegung der Kenn-zahl, Schaltkurzzeichen (c)

Schaltgruppe, Kennzahl und Zeigerbild. Die Schaltgruppe wird durch eine Kurzbe-zeichnung angegeben, so gilt für die

Oberspannungswicklung: D-Dreieckschaltung, Y-Sternschaltung, Z-ZickzackschaltungUnterspannungswicklung: d-Dreieckschaltung, y-Sternschaltung, z-Zickzackschaltung.Ist ein Sternpunkt an das Anschlussbrett geführt, wird zusätzlich zu den vorstehenden

Buchstaben noch N bzw. n hinzugesetzt, z. B. YNd; Dyn 4 und Yzn 5 (Abb. 4.32a). In denBildern 4.32a sind auch die Leiter der Netze mit ihren Bezeichnungen angedeutet.

Schließlich gibt in der Kurzbezeichnung die Kennzahl z. B. 5 an, welche Lage der Aus-gang des V-Strangs einnimmt (2V2 in Abb. 4.32a), wenn der Eingang 1V1 des V-Strangsauf 0, in der Bezifferung der Uhr auf 12, in einem Zeigerbild gebracht wird. Bei derAufzeichnung des Zeigerbildes (Abb. 4.32b) ist davon auszugehen, dass die PhasenfolgeU, V, W auf der Oberspannungsseite vorliegt und die Spannungszeiger in gleichnami-gen Strängen gleiche Phasenlage haben. Kommen auf beiden Seiten nur Stern- und/oderZickzackschaltungen vor (Yzn 5, rechts in Abb. 4.32), gibt z. B. die Zahl 5 an, dass dieUnterspannungen den entsprechenden Oberspannungen um 5 Ziffern des Ziffernblattes,also um 5 � 30ı D 150ı nacheilen.

Beispiel 4.8

Auf dem Leistungsschild eines Drehstromtransformators ist die Schaltung Yzn 5 an-gegeben (Abb. 4.32 rechts).

Was kann hieraus entnommen werden?

Page 39: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

4.2 Transformatoren 303

Die Oberspannungswicklung ist in Stern, die Unterspannungswicklung in Zickzackgeschaltet, der Sternpunkt n ist herausgeführt, ein Vierleiternetz wird gespeist (z. B.10 kV=400 V=230 V). Die Zeiger entsprechender Spannungen der Ober- und Unter-spannungswicklung sind, der Kennzahl gemäß, um 150ı gegeneinander versetzt. Diezickzackförmige Zusammensetzung der Zeiger für die unter verschiedenen Schenkelnuntergebrachten Stranghälften nach Abb. 4.32b rechts ist zu kontrollieren.

Die Auswahl der Schaltung von Drehstromtransformatoren richtet sich nach dem Ver-wendungszweck. Von den in VDE 0532 angegebenen 12 verschiedenen Schaltungensind zu bevorzugen:

Schaltung Yzn 5 für kleinere, Dyn 5 für größere Netztransformatoren (> 400 kVA),wenn infolge unsymmetrischer Belastung des Vierleiternetzes der Sternpunktleitervoll, d. h. mit dem Bemessungsstrom der Außenleiter belastbar sein soll.

Schaltung Yy0 und Yd5 für Transformatoren in den Umspannwerken von Hoch- undMittelspannungsnetzen, die durchweg als Dreileiternetze ausgeführt sind.

4.2.2.2 Kenngrößen und BetriebsverhaltenKenngrößen. Die Bemessungsleistung (Scheinleistung) von Drehstromtransformatorenist

SN D p3 U1N I1N D p

3 U2N I2N (4.31)

Die Leerlaufmessung wird in der Regel von der Unterspannungsseite aus durchgeführt.Für die Messung der Oberspannung ist dann meist ein Spannungswandler erforder-lich. Die Kurzschlussmessung wird zweckmäßig meist von der Oberspannungsseite ausdurchgeführt. Die Leistungen werden z. B. mit der Zwei-Wattmeter-Methode (s. Ab-schn. 1.3.3.3) gemessen. Mit Hilfe des Ersatzschaltbildes können nun, den Ausführungenin Abschn. 4.2.1.2 entsprechend, weitere Kenngrößen des Transformators ermittelt wer-den. Das für den Wechselstromtransformator aufgestellte Ersatzschaltbild (Abb. 4.24)gilt auch für die Strangspannung und den Strangstrom eines beliebigen Stranges desDrehstromtransformators. Da die Verhältnisse in den beiden übrigen Strängen grundsätz-lich gleich, jedoch zeitlich um 120° bzw. 240° versetzt sind, genügt diese Darstellung.Entsprechend gilt für einen Strang bei Drehstrom auch das Zeigerbild des Wechselstrom-transformators bei Belastung (Abb. 4.24b).

Betriebsverhalten. Auch die in Abschn. 4.2.1.3 aus dem Ersatzschaltbild gezogenenFolgerungen für das Betriebsverhalten und die dort hergeleiteten Gleichungen könnenübernommen werden, also z. B. die Berechnung der Spannungsänderung, der Verlusteund des Wirkungsgrades sowie das Verhalten bei Überlastung und Kurzschluss. Nur dieVerhältnisse bei Parallelbetrieb bedürfen wegen der Vielzahl der Schaltungen von Dreh-stromtransformatoren einer Ergänzung.

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304 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.33 Änderung derSpannungsübersetzung durchStufenschalter

Parallelbetrieb. Für Wechselstromtransformatoren gelten für das Parallelschalten fol-gende Vorbedingungen (s. Abschn. 4.2.1.3):

Nach Betrag und Phase gleiche primäre und sekundäre Spannungen, gleiche Frequenz,gleiche Kurzschlussspannungen (Verhältnis höchstens 1,1W1), Verhältnis der Bemessungs-leistungen möglichst nicht größer 3W1. Dazu kommt nun bei Drehstromtransformatorennoch die Bedingung, dass bei Anschluss an ein gemeinsames Primärnetz die Sekundär-wicklungen die gleiche Kennzahl haben müssen.

Die Sekundärspannungen sind nur dann phasengleich, wenn ihre Kennzahlen gleichsind. Es können demnach Drehstromtransformatoren, falls die übrigen Bedingungen er-füllt sind, z. B. mit den Schaltungen Yz 5 und Dy 5 parallel geschaltet werden, nicht abermit den Schaltungen Yy 0 und Yd 5.

Änderung der Spannungsübersetzung. Bei den genormten Drehstromtransformatorenhat die Primärwicklung drei Anzapfungen (Abb. 4.33), wobei die mittlere für die primäreBemessungsspannung (normale Übersetzung) gilt. Wird der Transformator auf die obereoder untere Anzapfung geschaltet, so wird die Spannungsübersetzung um einige Prozent(4 oder 5 %) erhöht oder verringert. Dies darf nur nach Abschalten des Transformatorsgeschehen.

Überwachung und Schutz. Je nach Art und Größe der Transformatoren sind für dieÜberwachung und den Schutz besondere Einrichtungen erforderlich.

Über dem Ölkessel ist ein Ausdehnungsgefäß angeordnet (Abb. 4.34), das die Volu-menänderungen des Öls aufnimmt, die durch die unterschiedlichen Temperaturen (Grenz-werte zwischen �30 ıC im Winter und C96 ıC im Sommer) entstehen. Zur Überwachungdienen Thermometer und Ölstandsanzeiger. Große Transformatoren haben Fernüberwa-chung mit einem Gefahrenmelder, der bei Überschreiten einer einstellbaren Öltemperaturoder bei Unterschreitung des tiefsten zulässigen Ölstandes ein Warnsignal auslöst. DieReinheit des Öls, das sich im Laufe der Zeit durch die aus der Luft aufgenommeneFeuchtigkeit und durch Alterung zersetzt und dadurch an Isoliervermögen verliert, wirdin größeren Zeitabständen durch Probeentnahmen kontrolliert und u. U. erneuert.

Elektrische Fehler in Transformatoren (Isolationsmängel, Windungsschluss u. a.) ru-fen durch Zersetzung des Öls Gasbildung hervor. Diese wirkt auf die Schwimmer desBuchholz-Schutzes, der zwischen Ölkessel und Ausdehnungsgefäß eingebaut ist. Hier-durch wird ein Warnsignal ausgelöst oder der Transformator sofort abgeschaltet, so dassein Fehler bereits im Entstehen festgestellt und größerer Schaden (Brand, Explosion) ver-hütet wird.

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4.2 Transformatoren 305

Abb. 4.34 Aufbau eines Öl-transformators 1600 kVA,10 kV C 5 %=0;4 kV.1 Kern, 2, 3 Ober- undUnterspannungswicklung4 Hartpapierzylinder (Iso-lation), 5, 6 Ober- undUnterspannungsdurchführung,7 Ölausdehnungsge-fäß, 8 Ölstandsanzeiger,9 Buchholz-Relais, 10 Ther-mometertasche

Schließlich muss auch für gute Lüftung der Transformatorenkammern, die mit Brand-schutzmauern und Fanggruben im Fundament für ausfließendes Öl auszurüsten sind, ge-sorgt werden.

Beispiel 4.9

Von einem Drehstrom-Öltransformator 50 kVA, 10:000 V˙4 %=400 V, Schaltung Yy0sollen die wichtigsten Größen ermittelt werden.

a) Aus Gl. 4.30 erhält man den primären und sekundären Bemessungsstrom

I1N D SNp3U1N

D 50 kVAp3 � 10 kV

D 2;89 A

I2N D SNp3U2N

D 50 kVAp3 � 0;4 kV

D 72 A

b) Eine allgemeine Funktion für die in einer Transformatorwicklung, die von demmagnetischen Wechselfeld ˚ D ˚max sin ! t durchsetzt wird, erzeugte Spannungist nach dem Induktionsgesetz [s. Gl. 1.52]

uq D Nd˚

dtD N !˚max cos ! t D p

2 Uq cos ! t

Page 42: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

306 4 ElektrischeMaschinen

Hieraus folgt

Uq D !p2

N ˚max D 2�p2

fN˚max

oderUq D 4;44fN˚max (4.32)

c) Man ermittle die Windungszahlen N1 und N2 der drei Primär- und Sekundärsträngedes Drehstromtransformators, wenn seine Schenkel und Joche einen wirksamenEisenquerschnitt A D 97 cm2 haben und die höchstzulässige Flussdichte im EisenBmax D 1;37 T betragen soll.Nach Gl. 1.45 ist der magnetische Fluss

˚max D BmaxA D 1;37 T � 97 � 10�4 m2 D 0;0133 T m2 D 0;0133 Vs

Bei Leerlauf ist U1N � U10 und U2N D U20. Somit werden die in einem Strang aufder Primär- und Sekundärseite erzeugten Spannungen, da die beiden Wicklungenin Stern geschaltet sind, nach Gl. 4.31

U1N=p

3 D 4;44f N1 ˚max und U2N=p

3 D 4;44 f N2 ˚max

Hieraus findet man die Windungszahlen

N1 D U1N=p

3

4;44 f ˚maxD 10 000 Vp

3 � 4;44 � 50 s�1 � 0;0133 VsD 1970

und

N2 D N1 � U20

U1ND 1970

400 V

10 000 VD 78;8 � 79

Beispiel 4.10

An dem Drehstromtransformator nach Beispiel 4.9 wurde eine Leerlaufmessung vonder Unterspannungsseite aus durchgeführt und bei einer Strangspannung von 231 V dieStrangleistung 125 W gemessen. Die Kurzschlussmessung, von der Oberspannungs-seite aus durchgeführt, ergab bei einer Strangspannung von 220 V die Strangleistung450 W.

Hieraus sollen Verluste und Wirkungsgrad ermittelt werden.

a) Im Leerlauf braucht der Transformator praktisch nur die Eisenverluste PFe D 3 �125 W D 375 W zu decken. Bei Kurzschluss (U2 D 0) wird entsprechend derLeistungsfaktor eines Stranges

cos '1k D 450 W

220 V � 2;89 AD 0;707 I '2k D 45ı

Page 43: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

4.2 Transformatoren 307

Die prozentuale Kurzschlussspannung ist nach Gl. 4.23

uk D 100

p3 � 220 V

10 000 V% D 3;8 %

Die bei Kurzschluss gemessene Strangleistung ist gleich den Kupferverlusten einesStranges der Ober- und Unterspannungswicklung bei 20 °C. Die Kupferverluste desTransformators betragen im betriebswarmen Zustand (75 °C)

PCuN D 3 � 450 W�1 C 0;004

ıC.75 � 20/ ıC

�D 1350 W � 1;22 D 1;65 kW

b) Um den Wirkungsgrad bei Volllast I2N D 72 A, cos '2 D 1;0 errechnen zu können,müssen zuvor bestimmt werdenSpannungsänderung aus Gl. 4.27

uv D 3;8 % � 0;707 � 2;7 %

Sekundärspannung

U2 D 0;973 � U2N D 0;973 � 400 V D 389 V

abgegebene Leistung bei Wirklast .cos '2 D 1;0/

P2 D p3U2I2 cos '2 D p

3 � 389 V � 72 A � 1;0 D 48 500 W D 48;5 kW

aufgenommene Leistung

P1 D P2 C PvN D .48;5 C 0;375 C 1;65/ kW D 50;525 kW

Dann ist der Wirkungsgrad

� D 100P2

P1

% D 10048;5 kW

50;525 kW% D 96 %

Aufgabe 4.6

Mit den Gln. 4.31, 1.14, 1.45 ist der Einfluss der Betriebsfrequenz f auf die Kupfer-und die Eisenquerschnitte und damit auf die Masse eines Transformators herzulei-ten. Stromdichte J und Flussdichte B können als gleich bleibend angenommenwerden.

Ergebnis: .ACuAFe/ � 1=f

Page 44: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

308 4 ElektrischeMaschinen

4.3 Drehstrom-Asynchronmaschinen

4.3.1 Aufbau undWirkungsweise

4.3.1.1 Ständer und DrehstromwicklungStänder (Stator). In ein Gehäuse aus Stahlguss mit Kühlrippen entlang des Außen-mantels wird ein aus 0;5 mm dicken, isolierten Elektroblechen geschichtetes Blechpaketeingepresst. Es besitzt längs seiner Bohrung gleichmäßig verteilte Nuten zur Aufnahmeeiner dreisträngigen Wicklung.

Diese Drehstromwicklung, deren drei Stränge in Stern- oder Dreieckschaltung an dasDrehstromnetz angeschlossen werden, hat die Aufgabe, in der Maschine ein umlaufen-des Magnetfeld, Drehfeld genannt, zu erzeugen. Wie nachstehend erläutert, verlangt diesräumlich versetzte Wicklungsteile oder Stränge, die von phasenverschobenen Strömen ge-speist werden.

Drehstromwicklung. Die in Abb. 1.96 angedeuteten räumlich gleichmäßig verteiltendrei Teile (Stränge) einer Drehstromwicklung sind real jeweils auf mehrere Nuten desStänderblechpaketes verteilt. Abbildung 4.35a zeigt eine zweipolige Ausführung in einemStänder mit nur 12 Nuten. Jeder Strang bildet eine Spulengruppe an, die ein Drittel derNutzahl belegt. Die Anfänge U1, V1 und W1 der drei Teilwicklungen sind zueinander –und so auch die Wicklungsachsen – um 120° versetzt.

Abbildung 4.35b zeigt eine vierpolige Wicklung, deren Stränge entsprechend je zweiSpulengruppen besitzen. Die Stirnverbindungen (Wickelköpfe) sind so gestaltet, dass jetztkonzentrische Spulen entstehen was fertigungstechnisch günstiger ist. Mit Blick auf die inmehreren Ebenen liegenden Wickelköpfe bezeichnet man diese Ausführung als Mehreta-genwicklung.

Bildung eines Drehfeldes. Die drei Stränge einer Drehstromwicklung führen gleichgroße und zeitlich sinusförmige Ströme IU, IV und IW, deren Zeitdiagramm in Abb. 4.36skizziert ist und die ein Drehstromsystem darstellen.

Die drei Ströme sind für zwei Zeitpunkte in den Abb. 4.36a und b in die vereinfachtdurch drei konzentrierte Spulen U, V und W dargestellte Drehstromwicklung eingetragen.Bei momentan positivem Verlauf nach Abb. 4.36 ist die Stromrichtung durch ein Kreuzam Eingang U, V oder W angegeben.

Betrachtet man den Augenblick t1 des Zeitdiagramms, so besitzt die Wicklung U gera-de den positiven Maximalstrom, während in den Wicklungen V und W jeweils der halbenegative Höchstwert fließt. Die Magnetfelder der Wicklungen sind proportional zu ih-ren Strömen und haben ihre Achse jeweils senkrecht zur Wicklungsebene. Sie sind inAbb. 4.37a durch ihre Flussdichten B im Luftspalt repräsentiert und durch die eingetra-genen Pfeile dargestellt. Die Pfeile für V und W haben entsprechend ihren Strömen diehalbe Länge des Pfeils für Wicklung U und umgekehrte Richtung. Addiert man die dreiPfeile unter Beachtung ihrer räumlichen Lage, so entsteht ein resultierender Pfeil mit dem

Page 45: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

4.3 Drehstrom-Asynchronmaschinen 309

Abb. 4.35 Aufbau einer Drehstromwicklung. a Zweipolige Wicklung mit Spulen gleicher Weite,b Vierpolige Wicklung mit konzentrischen Spulen

Abb. 4.36 Zeitdiagramm derDrehströme IU, IV, IW

1,5 fachen Wert senkrecht zur Achse der Wicklung U. Er ergibt die Amplitude der dar-gestellten Feldkurve. Im Bild ist weiter berücksichtigt, dass das gemeinsame Magnetfeldeine räumliche Ausdehnung – im Idealfall sinusförmig – hat, was die Kurvenform B1x

anzeigen soll.Zum Zeitpunkt t2 besteht nun eine vergleichbare Situation, wobei aber jetzt die Wick-

lung V den positiven Höchststrom führt. Mit dem gleichen Verfahren wie zum Zeitpunkt t1ergibt sich dann die Darstellung in Abb. 4.37b. Das Magnetfeld hat die gleiche Form und

Abb. 4.37 Lage des räum-lich sinusförmigen Drehfeldesa Zeitpunkt t1 b Zeitpunkt t2

Page 46: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

310 4 ElektrischeMaschinen

Größe aber seine Achse ist um 120° gedreht. Im Zusammenwirkung der räumlich versetz-ten Stränge der Drehstromwicklung mit den zeitlich phasenverschobenen Strömen entstehtalso ein räumlich möglichst sinusförmig verteiltes Magnetfeld der konstanten FlussdichteBmax, das mit einer durch die Frequenz der Ströme gegebenen Drehzahl rotiert. In obigerDarstellung ist nur die das Betriebsverhalten bestimmende sinusförmige Grundwelle B1x

erfasst, die mathematisch durch die Gleichung

B1x;t D Bmax

�sin �

x

p� ! � t

beschrieben wird. In dieser Gleichung bestimmt der erste Term in der Klammer die räum-lich sinusförmige Gestalt des Drehfeldes entlang der Umfangsrichtung x innerhalb desPolausdehnung (Polteilung) p und der zweite die an jeder Stelle zeitlich sinusförmigeÄnderung bei der Drehung

Das Drehstromsystem bildet also in einer Drehstromwicklung ein umlaufendes Ma-gnetfeld aus, das als Drehfeld bezeichnet wird. In der dargestellten zweipoligen Ausfüh-rung ergibt die Zeitdifferenz �t D T=3 eine Drehung um ˛ D 120ı und somit eine DrittelUmdrehung. Bei höherpoligen Wicklungen mit der Polzahl 2p ist der räumliche Winkelnur ˛ D ˛el=p. Bei der häufig verwendeten vierpoligen Maschine mit p D 2 beträgt dieDrehung in Abb. 4.37a,b anstelle der 120° nur 60°.

Das Drehfeld rotiert demnach bei einem Drehstromsystem der Frequenz f in einerWicklung mit der Polpaarzahl p nach obigen Ergebnissen mit der synchronen Drehzahl

ns D f

p(4.33)

Am 50 Hz-Netz ergibt sich damit für p D 1 die größte synchrone Drehzahl 50=s D3000=min, bei 60 Hz-Netzen (USA, Brasilien u. a.) 60=s D 3600=min.

4.3.1.2 LäuferDer Läufer oder Rotor erhält wie der Ständer ein aus Elektroblechen geschichtetes Blech-paket, das bis zu mittleren Leistungen auf die Welle gepresst wird. In der Ausführung derLäuferwicklung unterscheidet man dann zwei Varianten.

Kurzschluss- oder Käfigläufer. Die Nuten des Blechpaketes werden mit Aluminiumoder einer Al-Legierung ausgegossen. Im gleichen Arbeitsgang verbindet man diese mas-siven Läuferstäbe beidseitig mit angegossenen Kurzschluss- oder Stirnringen aus demgleichen Material. Dadurch entsteht als „Wicklung“ die Form eines Käfigs, dessen Stäbealle untereinander verbunden sind. An die Kurzschlussringe werden häufig gleich Lüfter-flügel angegossen (Abb. 4.39).

Wegen seines einfachen Aufbaus ist der Drehstrommotor mit Kurzschlussläufer, meistnur Drehstrommotor oder Kurzschlussläufer- bzw. Käfigläufermotor genannt, der be-triebssicherste, billigste und in der Wartung anspruchloseste aller Elektromotoren. Mehr

Page 47: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

4.3 Drehstrom-Asynchronmaschinen 311

Abb. 4.38 Schnittzeich-nung eines Drehstrom-Käfigläufermotors (lEC-Normmotor)

Abb. 4.39 Ständerblechpake-te mit Drehstromwicklung undKäfigläufer von Drehstrommo-toren

Abb. 4.40 Schaltzeichen desMotors mit Kurzschlussläufer.a Schaltkurzzeichen (einpo-lig), b und c Schaltzeichen fürDreieckschaltung (wahlweise)

als 70 % aller Elektroantriebe über 1 kW sind Kurzschlussläufermotoren. Dazu zählenauch die im Haushaltsbereich sehr häufig verwendeten Spaltpol- und Kondensatormotoren(s. Abschn. 4.5.2). Durch die Entwicklung der Frequenzumrichter hat der Käfigläufermo-tor zudem seinen Nachteil, nur mit einer nach Gl. 4.32 von der Netzfrequenz bestimmtenDrehzahl laufen zu können, verloren und ist wie ein Gleichstrommotor steuerbar. Abbil-dung 4.40 zeigt Schaltpläne eines Motors mit Käfigläufer.

Schleifringläufer. Beim Motor mit Schleifringläufer liegt in den Nuten des Läufers eineDrehstromwicklung, ähnlich der des Ständers. Die Enden der drei Stränge der Wicklungsind im Läufer miteinander zu einer Sternschaltung verbunden. Ihre Anfänge sind zu drei

Page 48: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

312 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.41 Schaltzeichen desMotors mit Schleifringläuferund Anlasser. a Schaltkurzzei-chen (einpolig), b Schaltungder Stränge ( / ), c Schaltungmit handbetätigtem Anlasser

auf der Welle angebrachten Schleifringen geführt, an die über Bürsten Widerstände zumZwecke des Anfahrens oder zur Drehzahlsteuerung angeschlossen sind (Abb. 4.41). Beinormaler Betriebsart ohne Drehzahlsteuerung sind die Anfange K, L, M der drei Strängenach erfolgtem Hochlauf direkt miteinander verbunden, kurzgeschlossen. Die Wirkungs-weise beim Schleifringläufermotor ist dann die gleiche wie beim Kurzschlussläufermotor.

4.3.1.3 Asynchrones DrehmomentMaschine im Stillstand. Denkt man sich bei festgehaltenem Läufer, also bei Stillstandder Maschine, die Ständerwicklung an das Drehstromnetz angeschlossen, dann bildet sichin der Maschine ein Drehfeld aus. Dieses Feld durchsetzt die Wicklungen von Ständerund Läufer der Maschine und läuft nach Gl. 4.32 stets mit der synchronen Drehzahl ns

um. Im Prinzip hat somit im Stillstand die Maschine die gleichen Verhältnisse wie einTransformator. Ruhende Wicklungen sind von einem gemeinsamen magnetischen Wech-selfluss durchsetzt. Die Primär- und Sekundärwicklung des Transformators entspricht derStänder- und Läuferwicklung der Maschine. Die magnetischen Feldlinien verlaufen beimTransformator ganz in Eisen, bei der Maschine ist ein geringer Luftspalt von meist unter1 mm zwischen Ständer und Läufer vorhanden.

Wie beim Transformator wird nach dem Induktionsgesetz durch den magnetischenWechselfluss bzw. durch das Drehfeld in der Läuferwicklung eine Spannung, die Läu-ferstillstandsspannung Ur0

1) erzeugt. Ihre Frequenz fr ist bei Stillstand gleich der Netz-frequenz: fr0 D f .

Beim Schleifringläufer kann die Läuferstillstandsspannung bei offenem Läuferkreismit einem Spannungsmesser zwischen zwei Schleifringen gemessen werden. Ihre Größeist auf dem Leistungsschild der Maschine angegeben. Sie ruft in der kurzgeschlossenenLäuferwicklung den Läuferstillstandstrom Irk hervor.

Auf die stromdurchflossenen Leiter der Läuferwicklung im magnetischen Drehfeldwerden nach Abschn. 1.2.3.1 Kräfte ausgeübt. Hierdurch kommt ein Drehmoment zustan-de, das nach der Lenzschen Regel seiner Ursache, d. h. der für den induzierten Läuferstromerforderlichen Flussänderung entgegenwirkt. Um dies zu erreichen, muss der Läufer in

1 Nach DIN 1304 T7 sind für den Ständer (Stator) bzw. den Läufer (Rotor) die Indizes s und rfestgelegt.

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4.3 Drehstrom-Asynchronmaschinen 313

Drehrichtung des Drehfeldes anlaufen, da so für den Induktionsvorgang nur noch die Re-lativdrehzahl wirksam ist. Das Drehfeld sucht also gleichsam den Läufer mitzunehmen.Lässt man den festgebremsten Läufer los, so wird er in Richtung des Drehfeldes beschleu-nigt.

Maschine im Lauf. Beim Hochlauf des Motors wird mit steigender Drehzahl die Re-lativbewegung des Läufers gegen das Drehfeld immer geringer. Würde schließlich derLäufer genau so schnell wie das Drehfeld umlaufen (synchroner Lauf, n D ns/, so wür-de im idealen Leerlauf im Läufer keine Spannung, somit also auch kein Strom und keinDrehmoment erzeugt werden können. Da aber auch beim unbelasteten Motor im LeerlaufReibungsverluste vorhanden sind, zu deren Deckung ein geringes Drehmoment erforder-lich ist, kann der Läufer die synchrone Drehzahl des Drehfeldes nicht ganz erreichen. DerMotor läuft mit n < ns immer asynchron.

Den Unterschied zwischen der synchronen Drehzahl ns und der Motordrehzahl n, be-zogen auf ns, nennt man den Schlupf s des Motors

s D ns � n

nsD 1 � n

ns(4.34)

hierausn D ns.1 � s/ (4.35)

Der Schlupf wird meist in Prozent angegeben

s D 100.1 � n=ns/ %

Beispiel 4.11

Bei einem Drehstrom-Asynchronmotor, 50 Hz, p D 1 läuft das Drehfeld stets mit dersynchronen Drehzahl ns D 50=s D 3000=min um. Bei Stillstand des Läufers ist n D 0,s D 1 oder 100 %, bei synchronem Lauf (idealer Leerlauf) ist n0 D ns D 3000=min,s D 0. Beträgt z. B. bei Volllast die Drehzahl nN D 2850=min, dann ist der SchlupfsN D 1 � nN=ns D 1 � .2850=3000/ D 0;05 oder 5 %. Dies bedeutet, dass der Läufergegenüber dem Drehfeld zurückbleibt (schlüpft), und zwar z. B. in einer Sekunde um0;05 � 50 D 2;5 Umdrehungen oder bei einer vollen Umdrehung des Drehfeldes um0;05 � 360ı D 18ı.

Aufgabe 4.7

An den offenen Anschlüssen K, L und M eines Drehstrom-Schleifringläufers, dermit der Drehzahl n rotiert entsteht eine Spannung der sogenannten Schlupffrequenz

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314 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.42 Bauformen von Linearmotoren. a Kurzständermotor, b Langständermotor. 1 Ständer-blechpaket, 2 Drehstromwicklung, 3 leitende Schiene, 4 Läuferblechpaket.

fr D sfN. Mit welcher Drehzahl muss man bei fN D 50 Hz eine vierpolige Ma-schine mit Rechtslauf im Normalfall antreiben, damit an den Läuferklemmen eine60 Hz-Spannung entsteht?

Ergebnis: n D 300 min�1 im Linkslauf

4.3.1.4 LinearmotorenOrdnet man die Nuten mit der Drehstromwicklung doppelseitig in einem ebenen Blech-paket an, so entsteht die kammartige Konstruktion in Abb. 4.42a. Anstelle des Läuferserhält diese Linearmotor genannte Sonderbauform der Drehstrommaschine eine leitfähigeSchiene aus Kupfer, Aluminium oder Eisen. Ihre Länge muss der Wegstrecke entsprechen,welche der Motor oder die Schiene zurücklegen soll.

Die Drehstromwicklung des Linearmotors bildet ein Wanderfeld aus, das sich ent-sprechend der Umfangsgeschwindigkeit vs des Drehfeldes einer rotierenden Maschinegleicher Daten entlang des Luftspaltes bewegt. Der Feldverlauf ist in Abb. 4.42a durcheine Feldlinie gezeigt, die zweimal über den Luftspalt und die Schiene führt. Durch dieörtliche Flussänderung bei der Bewegung werden dort über die Fläche verteilte Wirbel-ströme induziert und damit wie bei der normalen Maschine Kräfte entlang des Luftspalteserzeugt. Je nachdem, welcher Maschinenteil festmontiert ist, bewegt sich als Folge dieserKräfte entweder die Schiene in Richtung des Wanderfeldes oder bei fester Schiene derStänder in entgegengesetzter Richtung (Lenzsche Regel).

Die Synchrongeschwindigkeit vs des Wanderfeldes lässt sich aus der Umfangs-geschwindigkeit des Drehfeldes einer Maschine mit dem Bohrungsdurchmesser Di

berechnen. Bei einer Polzahl 2p der Ständerwicklung ist der Umfangsanteil pro Pol,d. h. die Polteilung

p D Di � �

2p

und damitvs D Di � � � ns D 2p � p � ns

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4.3 Drehstrom-Asynchronmaschinen 315

Mit Gl. 4.32 wird daraus

vs D 2p � p � f

p

vs D 2p � f (4.36)

Die Betriebsgeschwindigkeit des Linearmotors ist wieder um den Schlupf geringer als vs,d. h. es gilt

v D vs.1 � s/ (4.37)

Im Allgemeinen liegt die Synchrongeschwindigkeit bei 4 m=s bis 12 m=s. Die mit einemLinearmotor erreichbaren Zugkräfte können über

F D P2

v(4.38)

aus der elektrischen Leistung berechnet werden. Als Richtwert sei FN D .2 bis 5/ � G

genannt, d. h. Linearmotoren entwickeln Kräfte, die im Bereich ihrer Gewichtskraft liegen.In der Bauform als Kurzständer-Linearmotor (Abb. 4.42a) wird die Maschine in zwei

Varianten eingesetzt. Für die Förder- und Lagertechnik wählt man die bewegte Schiene,die man als Rohr ausführt und damit Schubbewegungen realisiert. Bei fester Schiene hatman mit dem beweglichen Ständer einen Transportschlitten.

Eine besondere Verkehrstechnik wurde mit dem Langständer-Linearmotor (Abb. 4.42b)entwickelt. Hier wird verteilt über die ganze Trasse eine vielteilige Drehstromwicklungverlegt und die Geschwindigkeit des Wanderfeldes über die Frequenz der angelegtenDrehspannung gesteuert. Damit ist die Fahrgeschwindigkeit des „Läufers“, der die Trans-portkabine trägt, stufenlos einstellbar. Mit dieser Technik, allerdings meist auf der Basisvon Synchronmaschinen, wurden schon mehrere Schnellbahnen erstellt (Transrapid, M-Bahn).

Aufgabe 4.8

Ein Linearmotor mit den Daten U D 400 V, I D 10 A, cos ' D 0;7, � D 0;6

soll eine Schubstange bewegen. Zur Minderung der Geschwindigkeit v wird beivs D 8 m=s ein hoher Schlupf s D 0;5 eingestellt. Mit welcher Schubkraft kannman etwa rechnen?

Ergebnis: F D 728 N

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316 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.43 Ersatzschaltung des Läuferstrangs eines Asynchronmotors. a Werte im Betrieb mit demSchlupf s, b Werte auf die Stillstandsspannung Ur0 bezogen

4.3.2 Betriebsverhalten und Drehzahlsteuerung

4.3.2.1 Kennlinien und KenngrößenBerechnung der Drehmomentkurve. Die wichtigste Kennlinie eines Motors ist der Ver-lauf des Drehmomentes an der Welle über der Drehzahl also die Kurve M D f .n/.

Während diese für eine Gleichstrommaschine mit Gl. 4.7 sehr leicht zu bestimmen ist,verlangt dies bei der Asynchronmaschine einigen Aufwand und wird nachstehend etwasvereinfacht vorgenommen.

In Abb. 4.43 ist die Ersatzschaltung eines Wicklungsstrangs des kurzgeschlossenenLäufers angegeben. Im Stillstand wird im Stromkreis mit dem ohmschen Widerstand Rr

und dem Blindwiderstand Xr0 D 2�fLr die netzfrequente Läuferstillstandsspannung Ur0

induziert. Die Maschine verhält sich hier wie ein Drehstromtransformator und das Ver-hältnis der Klemmenspannung U zu Ur0 entspricht dem der wirksamen Windungszahlenvon Ständer- und Läuferwicklung.

Dreht sich der Läufer, so verringert sich die Relativdrehzahl des Ständerdrehfeldes zurLäuferwicklung und entsprechend werden induzierte Spannung Ur und deren Frequenz fr

geringer. Beim Schlupf s D .ns � n/=ns nach Gl. 4.33 gilt dann

Ur D sUr_0 und fr D sf (4.39)

Gleichzeitig sinkt der für die Netzfrequenz f berechnete Blindwiderstand des Läufers aufden Wert Xr D sXr0 .

Aus Abb. 4.43a lässt sich in komplexer Schreibweise nach den Regeln in Ab-schn. 1.3.2.4 die Spannungsgleichung

U r D I r.Rr C jXr/

angeben. Setzt man die obigen Werte für einen beliebigen Schlupf ein, so wird daraus dieGleichung

sU r0D I r.Rr C jsXr0/

Dividiert man diese durch s, so erhält man schließlich

U r0D I r.Rr=s C jXr0/

Page 53: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

4.3 Drehstrom-Asynchronmaschinen 317

Aus dieser Gleichung erhält man den Effektivwert des Läuferstromes mit

Ir D Ur0q.Rr=s/2 C X2

r0

Die Rechengröße Rr=s lässt sich nun nach Abb. 4.43b mit

Rr

sD Rr C Rr

s.1 � s/ D Rr C RL

in den eigentlichen Wicklungswiderstand eines Läuferstrangs und einen Wert RL auftei-len.

RL D Rr

s.1 � s/

Dieser erfasst als ohmscher Verbraucher in der elektrischen Ersatzschaltung die an derWelle mechanisch abgegebene Wirkleistung inkl. der Reibungsverluste.

P2 D 3Rr

s.1 � s/I 2

r

Für s D 0 wird RL D 1 und damit der Läuferkreis wie es sein muss stromlos. Bei s D 1

ist RL D 0, da der Motor im Stillstand keine Leistung abgibt.Mit obiger Stromgleichung erhält man für die Abgabeleistung

P2 D 3Rr

s.1 � s/ � U 2

r0

.Rr=s/2 C X2r0

Für das Drehmoment der Maschine gilt allgemein

M D P2

2�n

und damit nach Einsetzen obiger Beziehung für P2 und mit n D ns.1 � s/

M D 3 U 2r0

2� ns� Rr=s

.Rr=s/2 C X2r0

D f .s/

Mit dieser Gleichung wird das Drehmoment der Asynchronmaschine – der VerlustanteilMv für Lüfter und Lagerreibung wird vernachlässigt oder dem Lastmoment zugeschla-gen – in Abhängigkeit vom Schlupf s beschrieben. Die punktweise Auswertung ergibt denVerlauf nach Abb. 4.44 mit einem ausgeprägten Maximum im sogenannten Kipppunkt.

Die Daten des Maximums erhält man durch Differenzieren der Funktion M D f .s/

und Nullsetzen der ersten Ableitung. Die Berechnung ergibt die Werte

MK D 3U 2r0

4�ns � Xr0

und sK D Rr

Xr0

(4.40)

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318 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.44 Drehmoment-Schlupf-Kennlinie. MK Kipp-moment, Mst Stillstandsmo-ment, MN Bemessungsmoment

Setzt man diese Daten für Kippmoment MK und Kippschlupf sK in die Gleichung M Df .s/ ein, so erhält man eine bezogene Drehmomentbeziehung, die als Klosssche Glei-chung bekannt ist. Sie lautet

M

MKD 2

sK=s C s=sK(4.41)

Sind die Daten des Kipppunktes einer Asynchronmaschine bekannt, so kann mit dieserGleichung das Drehmoment für jeden beliebigen Schlupf s und damit die Drehzahl n Dns.1�s/ berechnet werden. Die Gleichung liefert allerdings keine genauen Werte, da z. B.bei der Ableitung der Ständerwicklungswiderstand Rs nicht berücksichtigt wurde.

Motorkenngrößen. Ausgehend von den Daten für den Bemessungsbetrieb mit MN unddem Schlupf sN gilt für Maschinen mit Leistungen über 1 kW etwa

MK=MN D 2 bis 3;5 und sK=sN D 3 bis 6 (4.42a)

Für sehr kleine Schlupfwerte verläuft das Drehmoment nach der Anfangstangente inAbb. 4.44, so dass für den Bereich zwischen Leerlauf mit s D 0 und dem Bemessungs-punkt mit sN die Beziehung

M=MN D s=sN (4.43)

gilt. Je nach Größe des Motors beträgt der Schlupf sN etwa 2 % für sehr große und 10 %für kleine Motorleistungen.

Für s D 1 liefert die Klosssche Gleichung (4.41) das Anlauf- oder StillstandsmomentMst der Asynchronmaschine. Bezogen auf den Bemessungswert MN gilt etwa

Mst=MN D 1;6 bis 2;5 (4.42b)

wobei der hohe Wert mit der Bauform des später besprochenen Stromverdrängungsläuferserreicht wird.

Nach Gl. 4.40 ist das Kippmoment dem Quadrat der Läuferstillstandsspannung Ur0

proportional. Da diese über das Windungszahlverhältnis direkt mit der Klemmenspan-nung U verbunden ist, gilt für das Kippmoment MK der Asynchronmaschine bezogen auf

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4.3 Drehstrom-Asynchronmaschinen 319

die Bemessungswerte die Beziehung

MK D MKN

�U

UN

�2

(4.44)

Der Kippschlupf ist ebenfalls nach Gl. 4.40 proportional zum Läuferwiderstand Rr. BeiVerwendung eines Schleifringläufers kann man damit durch Zuschalten eines Vorwider-standes Rv pro Strang den Kippschlupf auf den höheren Wert

sK D sKNRr C Rv

Rr(4.45)

einstellen. Diese Technik wird zum Anlassen und zur Drehzahlsteuerung eingesetzt.

Beispiel 4.12

Ein Käfigläufermotor hat im kalten Zustand bei 20 °C das Anlauf- oder Stillstandsmo-ment Mst und dem Kippschlupf sK D 0;2. Welchen relativen Wert Mstw=Mst erhältman, wenn sich die Alu-Legierung des Läuferkäfigs auf 180 °C erwärmt?

Mit Gl. 1.12b und #0 D 225 ıC für Aluminium erhält man die Beziehung

Rrw

RrD 225 ıC C 180 ıC

225 ıC C 20 ıCD 1;65

Damit ergibt sich der dem Läuferwiderstand Rr proportionale betriebswarme Kipp-schlupf nach Gl. 4.40 zu

sKw D 1;65sK D 1;65 � 0;2 D 0;33

Aus Gl. 4.41 folgt für das Verhältnis der Stillstandsmomente mit s D 1

Mstw

MstD 2MK.sK C 1=sK/

.sKw C 1=sKw/ � 2MKD 0;2 C 1=0;2

0;33 C 1=0;33D 1;55

Aufgabe 4.9

Wie wirkt sich der erhöhte Kippschlupf sKw aus Beispiel 3.13 auf die Drehzahl beiMN aus, wenn bei 20 °C der Wert nN D 1440 min�1 gilt?

Ergebnis: nNw D 1401 min�1

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320 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.45 Kennlinien M Df .n/ und I D f .n/ einesDrehstrom-Asynchronmotors(gültig für Kurzschlussläu-fer und Schleifringläufer mitkurzgeschlossenem AnlasserRv D 0)

Drehmoment-Drehzahlkennlinie. Abbildung 4.45 zeigt den Verlauf der mechanischenKennlinie M D f .n/ eines Motors mit Rundstabläufer. Wie später gezeigt wird, kannbesonders der abfallende Ast der Kennlinie bis zum Stillstandsmoment Mst beim Käfig-läufermotor durch die Formgebung der Läufernuten stark beeinflusst werden.

Elektrische Kennlinien. Besonders für das Anlassen des Asynchronmotors ist dieStrom-Drehzahlkennlinie I D f .n/ von Bedeutung, die ebenfalls in Abb. 4.45 ein-gezeichnet ist. Charakteristisch ist der relativ hohe Leerlaufstrom I0, der bei größerenMotoren 20 bis 30 %, bei kleinen Motoren bis 50 % und mehr des bei Volllast auftreten-den Bemessungsstromes IN beträgt. Der Strom nimmt bis zum Kipppunkt (KippstromIK/ zu und wächst auch trotz Abnahme des Drehmomentes zwischen Kipppunkt bis zumStillstand weiter an. Bei Stillstand erreicht er seinen größten Wert, den StillstandsstromIst, der je nach Motorart etwa den 4- bis 6- bis 8-fachen Wert von IN betragen kann.Die weiteren Kennlinien für den Leistungsfaktor cos ' D f .n/ und den Wirkungsgrad� D f .n/ interessieren in der Regel nur im normalen Betriebsbereich zwischen Leerlaufund Volllast. Der Strangstrom eilt der Strangspannung um den Phasenwinkel ' im ganzenDrehzahlbereich nach, d. h. der Motor benötigt beim Anfahren und im Betrieb induktiveBlindleistung.

Frequenzwandler. Besonders einfach sind die Kennlinien für die Läuferspannung Ur

und deren Frequenz fr. Beide Größen nehmen nach Gl. 4.39 linear von ihren Stillstands-werten Ur0 und fr0 D f bis zum Leerlauf auf null ab, so dass die in Abb. 4.46 angegebe-nen Geraden entstehen.

Ein Schleifringläufermotor kann damit als rotierender Frequenzwandler eingesetzt undan den läuferseitigen Anschlüssen K, L und M eine Drehspannung der Frequenz fr Ds f abgenommen werden. Vor Entwicklung der Leistungselektronik wurde diese Technik

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4.3 Drehstrom-Asynchronmaschinen 321

Abb. 4.46 LäuferspannungUr und Läuferfrequenz fr

in Abhängigkeit vom Dreh-zahlverhältnis n=ns bzw. vomSchlupf s (f Netzfrequenz)

Abb. 4.47 Kennwerte (Richtwerte) ausgeführter Drehstrom-Normmotoren �N, cos 'N, sN-Wertebei Bemessungsbetrieb m0 D m=P2N spezifisches Motorgewicht

gerne z. B. zur Erzeugung eines 60 Hz-Netzes verwendet. Der Motor muss dazu mit derDrehzahl n D 0;2ns entgegen seiner Drehfeldrichtung angetrieben werden, womit derSchlupf s D 1;2 und die Läuferfrequenz f D 1;2 50 Hz D 60 Hz entstehen.

Kennwerte ausgeführter Drehstrommotoren. Für Schlupf, Leistungsfaktor und Wir-kungsgrad bei Volllast kann man, abhängig von der Größe der Bemessungsleistung, die inAbb. 4.47 dargestellten Richtwerte für die Planung zugrunde legen. Darin gelten die klei-neren Werte für synchrone Drehzahlen von 750 min�1, die höheren Werte für 3000 min�1.Die genormten Spannungen sind z. B. 230 V, 400V, 500 V sowie 3 und 6 kV.

Leistungsschild. Auf dem Leistungsschild von Asynchronmotoren sind die bei Bemes-sungsbetrieb auftretenden Werte von abgegebener Leistung, Drehzahl und Leistungsfaktorcos ' angegeben. Die angegebene Spannung muss mit der Dreieckspannung des Dreh-stromnetzes, die angegebene Frequenz mit der des Netzes übereinstimmen. Schließlichbedeutet die angegebene Schaltungsart ( oder �) die Betriebsschaltung des Motors, derangegebene Strom den Strom in jedem der Hauptleiter bei Bemessungsbetrieb.

In den Listen der Hersteller findet man meist noch Angaben über den Wirkungsgraddes Motors und das Trägheitsmoment des Läufers, bei Kurzschlussläufermotoren zusätz-

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322 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.48 Schaltpläne ei-nes Drehstrommotors mitKurzschlussläufer am Wech-selstromnetz 230 V für beideDrehrichtungen

lich Werte über die Größe von Stillstandsstrom, Stillstandsmoment, Kippmoment undKippdrehzahl.

Drehstrommotor am Wechselstromnetz. Asynchronmotoren für die Bemessungsspan-nungen 230 V=400 V in D/Y-Schaltung und Leistungen bis etwa 1;5 kW können in Drei-eckschaltung D nach Abb. 4.48 auch am Wechselstromnetz betrieben werden. Sie erhaltendabei mit einer nach Steinmetz benannten Schaltung mit Hilfe eines Kondensators C eineallerdings unsymmetrische Drehspannung und können damit das erforderliche umlaufen-de Ständerfeld aufbauen. In der Regel wird nur ca. 80 % der Bemessungsleistung desDrehstrombetriebs erreicht und auch das Anzugsmoment ist mit ca. 0;3 MN deutlich redu-ziert. Ohne Beweis soll mit

C D 1

� � fsin 'N �

�I

U

NStr

(4.46)

die Gleichung zur Bestimmung der erforderlichen Kondensatorkapazität angegeben wer-den. Alle erforderlichen Daten können unmittelbar dem Leistungsschild entnommen wer-den. Der Wert von C liegt im Bereich von etwa 60 F=kW. Eine Drehrichtungsumkehrerhält man durch Vertauschen der Anschlüsse des Kondensators am Netz.

Drehstrommotoren in Steinmetzschaltung werden mitunter für Pumpen-, Lüfter- undKleinwerkzeuge eingesetzt, wenn anstelle des eigentlich üblichen Kondensatormotors einsehr preiswerter Drehstrom-Kleinmotor zur Verfügung steht.

Beispiel 4.13

Auf dem Leistungsschild eines Drehstrom-Käfigläufermotors stehen die Daten PN D370 W, nN D 1410 min�1, UN D 400 V Sternschaltung, IN D 1;1 A, cos 'N D 0;75.Mit welcher Kondensatorkapazität C kann der Motor am Wechselstromnetz mit U D230 V betrieben werden?

Nach Gl. 4.46 gilt

C D 1

� � 50 Hz� 0;6614 � 1;1 A

230 VD 20 F

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4.3 Drehstrom-Asynchronmaschinen 323

Drehstrom-Asynchrongeneratoren. Treibt man eine auf ein Netz konstanter Spannungund Frequenz geschaltete Asynchronmaschine mit n > ns, d. h. s < 0 über die Leerlauf-drehzahl hinaus an, so gibt die Maschine im Generatorbetrieb elektrische Energie an dasNetz ab. Wie im Motorbetrieb muss sie jedoch zur Magnetisierung ihres Drehfeldes nachwie vor induktive Blindleistung aufnehmen, kann also nicht wie eine Synchronmaschineauch zur Blindleistungslieferung verwendet werden.

Soll ein Asynchrongenerator ohne Netz eine Verbrauchergruppe versorgen, so kanndie erforderliche Blindleistung durch eine parallele Kondensatorbatterie geliefert wer-den. Man bezeichnet dies als selbsterregten Generatorbetrieb. Asynchrongeneratoren sindpreiswert und einfach in Wartung und Steuerung. Sie werden daher mitunter für kleineWasserkraft- und Blockheizkraftwerke vorgesehen.

4.3.2.2 AnlassenDirektes Einschalten von Kurzschlussläufermotoren. Bei Motoren mit Kurzschluss-läufer beträgt der Netzstrom im Augenblick des Einschaltens ein Vielfaches des Bemes-sungsstroms, und zwar je nach Motorart etwa 4- bis 8-mal so viel. Dieser relativ hohe,wenn auch nur kurz andauernde Anfahrstrom ist unerwünscht. Der Stromstoß ruft in denLeitungen des Verteilungsnetzes, an das außer dem Motor ja noch weitere Verbraucher an-geschlossen sind, erhöhte Spannungsverluste hervor. Die entsprechende kurzzeitige Span-nungsabsenkung kann sich z. B. durch eine unangenehm empfundene Helligkeitsminde-rung von Glühlampen bemerkbar machen.

Deshalb schreiben die Elektrizitätswerke in ihren Anschlussbedingungen vor, dass inöffentlichen Netzen nur kleine Motoren mit Kurzschlussläufer (meist bis 5 kW) direkt ein-geschaltet werden dürfen. Geschieht der Motorschutz durch vorgeschaltete Sicherungen,so können diese beim Anlassen durchschmelzen, obwohl der Motor durch den kurzdau-ernden Anlaufvorgang keine unzulässige Erwärmung erfährt. Abhilfe ist entweder durchEinbau träger Sicherungen oder besser durch Verwendung eines Motorschutzschalters an-stelle von Sicherungen möglich.

Stern-Dreieck-Umschaltung. Der hohe Anfahrstrom kann durch einen Stern-Dreieck-Umschalter (Abb. 4.49) für die Ständerwicklung vermieden werden. Bei Benutzung einessolchen Umschalters wird die Ständerwicklung aus dem Stillstand (1. Schalterstellung 0)in Stern geschaltet (2. Stellung ). Nach erfolgtem Hochlauf wird auf Dreieckschaltungumgeschaltet (3. Stellung �/. Das Verfahren kann deshalb nur bei Motoren angewandtwerden, deren Betriebsschaltung die Dreieckschaltung ist. Für Betrieb am 400 V-Netzmuss das Leistungsschild damit die Spannungsangaben 400 V=690 V Schaltung D/Y tra-gen.

Wie bereits in Abschn. 1.3.3.2 erläutert wurde, betragen die Strangspannungen unddamit auch die Strangströme bei Sternschaltung nur den l=

p3-fachen Wert gegenüber

Dreieckschaltung, so dass sich die Leistungen und die Ströme in den Zuleitungen wie1 W 3 verhalten. Damit ist aber bei gleicher Drehzahl das Verhältnis der Motormomente

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324 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.49 Stern-Dreieck-Schalter. Die beweglichenSchaltstücke (rechts) befin-den sich auf einer Schaltwalze(Walzenschalter) oder werdenals einzelne Schaltelementedurch eine Nockenwelle be-wegt (Nockenschalter)

ebenfalls 1 W 3. Somit folgt

P W P� D 1 W 3 I W I� D 1 W 3 M W M� D 1 W 3

Durch das Herabsetzen von Netzstrom I und Motormoment M auf ein Drittel beiSternschaltung gegenüber Dreieckschaltung werden zwar die hohen Anfahrströme ver-mieden, jedoch kann infolge der Minderung des Motormoments das Verfahren nur dannangewandt werden, wenn der Motor während des Anlaufs durch die Arbeitsmaschine nochnicht oder nur schwach belastet ist.

Die Verhältnisse während des Hochlaufens gehen aus Abb. 4.50 hervor. Außer den ausAbb. 4.45 bekannten Kennlinien in der Betriebsschaltung, also bei Dreieckschaltung I�,M� D f .n/, sind diejenigen bei Sternschaltung I , M D f .n/ eingetragen. Verläuftdas Lastmoment ML der Arbeitsmaschine nach der Kurve a, so kann mit Stern-Dreieck-Schaltung angefahren werden. Der dann gegebene Verlauf von Strom I und Motor-moment M sind dick ausgezogen. Von Stern- auf Dreieckschaltung wird bei so hoher

Abb. 4.50 Anfahrkennlinieneines Kurzschlussläu-fermotors mit Stern-Dreieck-Umschaltung derStänderwicklung

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4.3 Drehstrom-Asynchronmaschinen 325

Abb. 4.51 Nut- und Läuferstabformen (a) von Kurzschlussläufermotoren und zugehörige Drehmo-mentkennlinien (b)

Drehzahl umgeschaltet, dass die bei der Umschaltung (Drehzahl nu/ auftretende Strom-spitze den größten Anfahrstrom, der im Stillstand auftritt, nicht wesentlich übersteigt.Während des ganzen Anlaufvorganges ist das Motormoment größer als das Lastmoment(M > ML), so dass der Antrieb dauernd beschleunigt wird. Schließlich stellt sich dieBetriebsdrehzahl nb ein, die sich durch den Schnittpunkt der beiden Momentenkennlinienergibt (M� D ML).

Verläuft dagegen das Lastmoment nach der Kurve b, dann genügt das Drehmomentdes Motors bei Sternschaltung nicht, um die Arbeitsmaschine zu beschleunigen, da M <

ML ist. Es wäre allerdings unwirtschaftlich, lediglich wegen dieser Anlaufverhältnisseeinen größeren Motor zu verwenden. In diesem Falle wird man eine der nachstehend be-schriebenen Sonderbauformen des Käfigläufers mit einer günstigeren Momentenkennliniewählen.

Sonderbauformen des Käfigläufers. Der einfache Käfigläufer mit einem Läuferkäfigaus Rundstäben (Abb. 4.51a, Teilbild R) wird wegen seiner ungünstigen Anlaufverhältnis-se (im Stillstand bis zu 8fachem Bemessungsstrom, Anzugsmoment meist kleiner als 0,5MN, s. Abb. 4.51b) nur noch selten gebaut. Meist trifft man bei kleineren Motorleistungendie Tropfenform T der Stäbe an, die diese Nachteile nicht hat. Wie die Ausführungen zumSchleifringläufer aber zeigen, können die Verhältnisse durch eine Widerstandserhöhungim Läuferkreis wesentlich verbessert werden, indem während des Anlaufs der Läufer-vorwiderstand RV immer mehr verringert und schließlich kurzgeschlossen wird. Bei denSonderbauformen des Käfigläufers wird durch die verschiedenen Ausführungen der Nut-und Stabformen des Läufers (Abb. 4.51a) während des Anlaufs automatisch eine Verrin-

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326 4 ElektrischeMaschinen

gerung des wirksamen Läuferwiderstandes von einem größten Wert bei Stillstand bis zueinem kleinsten Wert im Betriebsbereich erzielt.

Die Widerstandsänderung während des Anlaufs kommt bei den Hochstabläufern H mitihren hohen, schmalen Läuferstäben bzw. den Keilstabläufern K, erst recht aber bei denDoppelkäfigläufern D mit zwei Läuferkäfigen dadurch zustande, dass im Stillstand derLäuferstrom fast ganz im oberen Teil an der Nutöffnung der Läuferstäbe bzw. in dem äuße-ren Läuferkäfig (Anlasskäfig) fließt. Der Läuferstrom wird also gewissermaßen auf einenrelativ kleinen Querschnitt verdrängt (Stromverdrängungsläufer) und findet daher relativhohen Widerstand vor. Mit steigender Drehzahl nimmt diese Erscheinung immer mehrab. Am Ende des Hochlaufs verteilt sich im üblichen Betriebsbereich der Drehzahl derLäuferstrom gleichmäßig über den ganzen Querschnitt der Hochstäbe bzw. entsprechendden Widerständen des äußeren Anlaufkäfigs und des inneren Betriebskäfigs. Dadurch er-gibt sich im Betrieb ein niedriger wirksamer Läuferwiderstand und guter Wirkungsgrad.Die Anlaufströme dieser Motoren liegen etwa beim 4–5fachen Bemessungsstrom; dasAnfahrmoment liegt bei Hochstabläufern beim l,5fachen Bemessungsmoment, weist abereine für Schweranlauf ungünstige Einsattelung in der Kennlinie auf. Bei Doppelkäfig-läufern ergeben sich Werte etwa bis zum 3fachen Bemessungsmoment. Soweit es dieAnschlussbedingungen zulassen, werden solche Motoren direkt, anderenfalls durch Stern-Dreieck-Schaltung angefahren.

Anlassen von Schleifringläufermotoren. Bei diesen Motoren kann durch Einschaltenvon Anlasswiderständen RV in den Läuferkreis (Abb. 4.41) der Anfahrstrom herabgesetztund gleichzeitig das Anfahrmoment, verglichen mit dem Moment bei direkter Einschal-tung, erhöht werden.

Die Wirkung dieses Verfahrens kann unmittelbar der Ersatzschaltung des Läuferkrei-ses in Abb. 4.43 entnommen werden. Durch einen Vorwiderstand ist im Stromkreis derGesamtwiderstand Rr C RV vorhanden, womit sich der Läuferstrom bei n D 0 also s D 1

auf

Irst D Ur0q.Rr C RV/2 C X2

r0

reduziert. Damit geht der Ständerstrom ebenfalls zurück.Der Einfluss von RV auf die Drehmomentkurve kann Gl. 4.40 entnommen werden. Der

Kippschlupf steigt aufsK D sKN.1 C RV=Rr/

womit sich die Lage des Maximums der Kennlinie M D f .n/ in Richtung kleinere Dreh-zahl verlagert. Das Kippmoment selbst ist nach Gl. 4.40 von Rv unabhängig und bleibtkonstant.

In Abb. 4.52 ist zunächst wieder – als Kurve a – die Momentenkennlinie M D f .n/

aus Abb. 4.45 übertragen worden (sN D 0;05, sK D 0;2). Wird nun jedem Strang derLäuferwicklung des Schleifringmotors ein Widerstand RV D Rr in Reihe geschaltet und

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4.3 Drehstrom-Asynchronmaschinen 327

Abb. 4.52 Drehmoment-kennlinien M D f .n/

eines Drehstrommotors mitSchleifringläufer bei ver-schiedenen Widerständen imLäuferkreis

damit der Läuferwiderstand RL D 2Rr, also verdoppelt, dann verdoppelt sich nach obigerGleichung auch der Kippschlupf sK auf 0,4, während das Kippmoment MK unveränderterhalten bleibt (Kurve b). Das Moment MN tritt jetzt etwa beim doppelten Schlupf auf;d. h. die Drehzahl sinkt zwischen Leerlauf und Bemessungsmoment stärker ab. Im Still-stand ergibt sich dabei ein Anfahrmoment, das fast doppelt so groß wie beim direktenEinschalten ist. Vergrößert man RV um den doppelten Wert von Rr, dann wird RL D 3Rr,der Kippschlupf liegt bei 0,6 (Kurve c/. Es ist sogar möglich, dass das Anfahrmomentgleich dem Kippmoment wird (Kurve d/. Durch weiteres Vergrößern von RV sinkt dasAnfahrmoment wieder ab (Kurve e). Der Motor mit Schleifringläufer ist für schwersteAnlaufbedingungen (Schweranlauf) geeignet. Während des Anfahrens wird der Anlass-widerstand RV stufenweise abgeschaltet. Nach erfolgtem Hochlauf ist RV D 0. Dasvorhandene Lastmoment ML der Arbeitsmaschine bestimmt die erforderliche Größe desMotormoments M im stationären Betrieb: M D ML.

4.3.2.3 DrehzahlsteuerungAus Gl. 4.33 ergibt sich mit Gl. 4.32 für die Motordrehzahl

n D f

p.1 � s/ (4.47)

Somit stehen grundsätzlich drei Möglichkeiten der Drehzahlsteuerung, nämlich durch Än-derung von s, p und f zur Verfügung.

Änderung des Schlupfes s. Beim Schleifringläufer kann die zum Anfahren mit Vorwi-derständen RV herangezogene Schaltung (Abb. 4.41) auch zur Drehzahlsteuerung nachAbb. 4.52 im Betrieb angewandt werden, wenn anstelle der Anlasserwiderstände ein fürDauerbetrieb geeigneter Anlasssteller verwendet wird. Beim Kurzschlussläufer kann dieSchlupfänderung durch Herabsetzen der Motorspannung (U < UN) erreicht werden, dadas Kippmoment MK � U 2 ist.

In Abb. 4.52 sei das Lastmoment ML einer Arbeitsmaschine konstant. Die Betriebs-drehzahl kann vom Schnittpunkt 1 dieser Kennlinie mit der normalen Betriebskennli-nie (a) durch Verändern der Motorkennlinien nach unten gesteuert werden (Schnittpunkte2 bis 5). Zum Nachteil der relativ hohen Stromwärmeverluste im Anlasssteller kommt die

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328 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.53 Schaltplan für polumschaltbaren Drehstrommotor (Dahlanderschaltung). a Punkt-Strich-Linie: Reihen-Dreieckschaltung für p D 2, n D 1500=min, gestrichelte Linie: Doppel-sternschaltung für p D 1, n D 3000=min, b Polumschalter (Walzenschalter) mit 3 Schaltstellungen,c Ergänzung des Schaltplans b)

meist unerwünschte Lastabhängigkeit der Drehzahl hinzu, da der Motor bei Entlastung(ML D 0) immer auf die Drehzahl ns hochläuft. Wegen dieser Nachteile wird die hierbeschriebene Drehzahlsteuerung nur selten, z. B. kurzdauernd in einem Arbeitsprozess,angewendet.

Änderung der Polpaarzahl p. Mit der kleinstmöglichen Polpaarzahl p D 1 lässt sichbei der Netzfrequenz f D 50 Hz nach ns D f=p die größtmögliche Drehzahl 3000=minerreichen. Bei Ausführung der Ständerwicklung mit 2=3=4 usw. Polpaaren erhält manMotoren mit den Drehzahlstufen ns D 1500=1000=750 min�1 usw.

Für viele Zwecke, häufig im Zusammenhang mit Getrieben an Werkzeugmaschinen,werden Käfigläufermotoren mit Polumschaltung, sogenannte polumschaltbare Motoren,verwendet. Es sind entweder zwei getrennte Ständerwicklungen verschiedener Polpaar-zahlen vorhanden, oder es können die Stranghälften der Ständerwicklung auf verschiedeneWeise zusammengeschaltet werden, so dass sich in beiden Fällen eine Änderung der Pol-paarzahl p und damit eine Drehzahlsteuerung in Stufen erreichen lässt (Abb. 4.53).

Üblich sind meist zwei, aber auch drei, selten vier Stufen bei Motoren bis etwa20 kW. Die Leistungen in den einzelnen Stufen sind nicht gleich und betragen z. B. beieinem polumschaltbaren Motor mit den drei Drehzahlstufen 1500=1000=750 min�1 inderselben Reihenfolge 9;5=8;0=6;3 kW. Gegenüber einem Motor mit nur einer Drehzahlerhöhen sich Preis und Gewicht wesentlich, Wirkungsgrad und Leistungsfaktor werdenschlechter.

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4.3 Drehstrom-Asynchronmaschinen 329

Für langsam laufende Maschinen und Apparate aller Art mit Drehzahlen bis unter1=min wird anstelle von Transmissionen, Ketten- oder Zahnradvorgelegen für die Un-tersetzung der Getriebemotor verwendet. Außer den Vorteilen der geringeren Abnutzung,des besseren Wirkungsgrades und geringeren Raumbedarfs bedeutet dies die vollkommenstaubdichte und spritzwassersichere Ausführung in Schutzart IP54, s. Abschn. 5.1.1, ineiner Konstruktionseinheit. Die Verwendung dieses Antriebes ist auch unter den ungüns-tigen Betriebsverhältnissen wie im Bergbau oder der Stahlindustrie möglich.

Änderung der Frequenz f. Betreibt man eine Asynchronmaschine mit einer Drehspan-nung einstellbarer Frequenz f so wird nach Gl. 4.32 mit ns D f=p die Synchron- unddamit auch die Betriebsdrehzahl n D ns.1 � s/ proportional geändert. Dieses Verfah-ren hat mit der Entwicklung von Frequenzumrichtern (s. Abschn. 4.6.2.3) die gesamteelektrische Antriebstechnik entscheidend beeinflusst und den fremderregten Gleichstrom-motor als klassischen drehzahlgeregelten Antrieb weitgehend abgelöst. So werden heutein Werkzeugmaschinen, Förderanlagen und der Bahntechnik meist frequenzgesteuerteDrehstrommaschinen eingesetzt.

Der in Beispiel 4.9 für einen Transformator mit Gl. 4.32 abgeleitete Zusammenhangzwischen der Spannung an einer Wicklung mit der Windungszahl N und dem magneti-schen Fluss, nämlich

˚max D U

4;44 � f � N

gilt grundsätzlich auch für rotierende Maschinen. Will man danach die magnetische Aus-nutzung und damit das volle Drehmoment erhalten, so muss man bei einer Frequenzände-rung mit U � f im gleichen Maße die Spannung nachstellen. In diesem Proportionalbe-reich bleibt mit der aus Gl. 4.40 abgeleiteten Beziehung

M D MKN

�U

UN

�2 �fN

f

�2

(4.48)

das Kippmoment mit seinem Bemessungswert MKN konstant.Mit Erreichen der Werte UN bei fN, welche man als Eckpunkt der Frequenzumrichter-

Kennlinie bezeichnet, wird nur noch die Frequenz erhöht. Dies führt nach obiger Glei-chung zu einem quadratisch abfallenden Kippmoment und damit zu einer Höchstdrehzahlnmax für den Betrieb mit der Bemessungsleistung PN.

Das Drehzahl-Drehmomentfeld ist in Abb. 4.54a dargestellt. Es stimmt sehr weitge-hend mit dem entsprechenden Diagramm in Abb. 4.14 für die fremderregte Gleichstrom-maschine überein. Noch deutlicher wird dies im Betriebsdiagramm der frequenzgesteuer-ten Asynchronmaschine nach Abb. 4.54b, das mit Abb. 4.16 zu vergleichen ist. Wie dortkann im unteren Stellbereich der Motor mit seinem vollen Bemessungsmoment betriebenwerden. Will man im Feldschwächbereich die Bemessungsleistung fahren, so sinkt daserforderliche Drehmoment mit 1=n. Die Grenze ist erreicht, wenn das quadratisch abfal-lende Kippmoment in die Nähe des Betriebsmomentes kommt.

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330 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.54 Frequenzumrichterbetrieb der Asynchronmaschine, a Drehzahl-Drehmomentkennlinienim Proportional- und Feldschwächbereich, b Betriebskennlinien bei Frequenzänderung. 1 Propor-tionalbereich U � f , 2 Feldschwächbereich U D UN

Umsteuerung. Die Drehrichtung des Drehfeldes bestimmt die Richtung des im Motorerzeugten Drehmoments und damit die Drehrichtung des Motors. Sie kann durch Vertau-schen zweier beliebiger Zuführungen vom Drehstromnetz zur Ständerwicklung umgekehrtwerden.

Beispiel 4.14

Ein Drehstrom-Asynchronmotor mit Käfigläufer hat auf dem Leistungsschild folgendeAngaben: 3 kW, 400 V, 6;5 A, cos ' D 0;84, 955 min�1, 50 Hz, Schaltung �

a) Man berechne alle Größen des Motors, die sich aus den Angaben des Leis-tungsschildes bestimmen lassen. Im Bemessungsbetrieb mit Anschluss an das400 V=230 V-Netz sindaufgenommene Leistung, s. Gl. 1.108

P1 D p3 UI cos ' D p

3 � 400 V � 6;5 A � 0;84

P1 D 3;783 kW

Gesamtverluste

PV D P1 � P2 D .3;783 � 3/ kW D 0;783 kW

Wirkungsgrad� D P2=P1 D 3 kW=3;783 kW D 79;3 %

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4.3 Drehstrom-Asynchronmaschinen 331

Strangspannung 400 V Strangstrom 6;5 A=p

3 D 3;75 A Außenleiterstrom 6;5 Asynchrone Drehzahl ns D 1000 min�1 Polpaarzahl p D 3

Bemessungsschlupf s. Gl. 4.33

sN D .1000 � 955/min�1

1000min�1D 0;045 D 4;5 %

Bemessungsmoment s. Gl. 1.18

MN D PN

2� � nND 3000 W � 60 s

2� � 955somit MN D 30 N m

Blindleistung s. Gl. 1.109

Q D p3 UI sin ' D p

3 � 400 V � 6;5 A � 0;542 D 2;443 kvar

Scheinleistung s. Gl. 1.110

S D p3UI D p

3 � 400 V � 6;5 A D 4;50 kVA

b) Man zeichne mit Hilfe von Gl. 4.41 die Momentkennlinie für Stern- und Dreieck-schaltung auf. Das Kippmoment des Motors ist gleich dem 2,6fachen Bemessungs-moment, der Kippschlupf beträgt sK D 0;2. Bei Dreieckschaltung erhält man mitMK D 2;6, MN D 78 Nm und sK D 0;2

M D 2 � 78 Nms

0;2C 0;2

s

D 156

5s C 0;2s

Nm

Für n D 0, also s D 1 ergibt sich hieraus das Stillstandsmoment

Mst D 156

5 C 0;2Nm D 30 Nm

für n D 500 min�1 (s D 0;5) wird

M D 156

2;5 C 0;4Nm D 53;8 Nm

für ns D 1000 min�1 (s D 0) wird

M D 0

Mit Hilfe der so gefundenen fünf bekannten Punkte kann M� D f .n/ gekenn-zeichnet werden (Abb. 4.55). Bei Sternschaltung (Anfahrvorgang) gilt nach Gl. 4.47M D M�=3. Die Kennlinie M D f .n/ für Sternschaltung ist ebenfalls inAbb. 4.55 eingetragen.

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332 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.55 Drehmoment-kennlinien M D f .n/ undM� D f .n/ eines Motorsmit Käfigläufer sowie Lastmo-mentkennlinie ML D f .n/

einer Arbeitsmaschine

c) Bei welcher Drehzahl sollte beim Anfahren die Umschaltung von Stern- auf Drei-eckschaltung erfolgen, wenn der Motor durch die Arbeitsmaschine mit dem inAbb. 4.55 eingetragenen Lastmoment ML belastet wird? Welche stationäre Be-triebsdrehzahl stellt sich ein?Bei Sternschaltung ergibt sich die Umschaltdrehzahl nu aus dem Schnittpunkt derKennlinien M und ML bei nu � 920 min�1. Die stationäre Betriebsdrehzahl nb

ergibt sich aus dem Schnittpunkt der Kennlinien M� und ML bei nb � 975 min�1.d) Wie groß sind im Stillstand die Außenleiter- und Strangströme bei direktem Ein-

schalten und bei Stern-Dreieck-Anlauf, wenn der Stillstandsstrom des Motors 6IN

beträgt?

Direkter Anlauf (Dreieckschaltung) Stern-Dreieck-Anlauf (Sternschaltung)

Außen-leiterstrom

I D 6IN D 6 � 6;5 A D 39 A Außen-leiterstrom

I D 2IN D 13;0 A

Strangstrom Ist D 6 � 6;5 A=p

3 D 22;5 A Strangstrom Ist D 13;0 A

Beispiel 4.15

Ein Drehstrom-Asynchronmotor mit Schleifringläufer hat folgende Angaben auf demLeistungsschild: 63 kW, 1440 min�1, 400 V, Schaltung , 50 Hz, 118 A, cos ' D 0;88;Läufer UrSt D 230 V, IrN D 171 A. Er wird an einem Drehstromnetz 400 V=230 Vbetrieben.

a) Es sind weitere Größen zu ermitteln.Für die Maschine mit ns D 1500 min�1 und 2 Polpaaren (p D 2) ergibt sich fürBemessungsbetriebSchlupf

sN D .1500 � 1440/ min�1

1500 min�1D 0;04 D 4 %

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4.3 Drehstrom-Asynchronmaschinen 333

Moment

MN D 63 000 W � 60 s

2� � 1440D 418 Nm ; MN D 418 Nm

aufgenommene Leistung

P1N D p3UNIN cos 'N D p

3 � 400 V � 118 A � 0;88 D 71;94 kW

Verlustleistung

PvN D P1N � P2N D .71;94 � 63/ kW D 8;94 kW

Wirkungsgrad

�N D P2N=P1N D 63 kW=71;94 kW D 0;876 D 87;6 %

b) Die im Läufer auftretenden Größen bei Volllast sind zu ermitteln.Läuferfrequenz

f2N D sNf D 0;04 � 50 Hz D 2 Hz

LäuferspannungU2N D sNU2St D 0;04 � 230 V D 9;2 V

Vernachlässigt man bei Volllast den induktiven Widerstand im Läuferkreis, dannergibt sich, da cos '2 � 1 wird

PCu2 D p3U2NI2N � 1 D p

3 � 9;2 V � 171 A D 2720 W D 2;72 kW

Widerstand eines Stranges der Läuferwicklung (Sternschaltung)

Rr D U2Np3 I2N

D 9;2 Vp3 � 171 A

D 0;031 �

c) Wie groß ist der Widerstand Rs eines Stranges der Ständerwicklung, wenn bei Voll-last die Kupferverluste im Ständer so groß wie im Läufer angenommen werdenkönnen? Es ist

PCus D PCur D 2;72 kW D 3 I 2NRs hieraus Rs D 2720 W

3 � .118 A/2D 0;065 �

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334 4 ElektrischeMaschinen

Aufgabe 4.10

Ein kleiner Pumpenmotor mit Käfigläufer und dem Kippschlupf sK D 0;2 hat einzu geringes Verhältnis Mst=MK. Zur Erhöhung des Stillstandsmomentes auf MstR

wird durch Abdrehen eines Teils der Ringquerschnitte der Läuferwiderstand Rr um20 % vergrößert. Welches Verhältnis MstR=Mst kann erreicht werden?

Ergebnis: MstR=Mst D 1;18

4.4 Drehstrom-Synchronmaschinen

In den Kraftwerken der Elektrizitätswerke und der Industrie wird elektrische Energie inDrehstrom-Synchrongeneratoren erzeugt.

In Kernkraftwerken sind vierpolige Generatoren mit Einheitsleistungen bisca. 1700 MVA im Einsatz und in modernen Kohlekraftwerken meist zweipolige Ma-schinen im Bereich 100 MVA bis ca. 900 MVA. In Wasserkraftwerken sind die Generator-leistungen bei Drehzahlen bis 500 min�1 kleiner. In den Laufkraftwerken an Staustufenvon Flüssen betragen die Drehzahlen zwischen 100 min�1 und 200 min�1, d. h. zur Er-zeugung einer 50 Hz-Spannung benötigt man nach Gl. 4.32 hohe Polzahlen 2p D 60 bein D 100 min�1. Bei Antrieb der Generatoren durch Dieselmotoren kommen Drehzahlenbis unter 100 min�1 vor. In Schienenfahrzeugen wie auch im Kfz werden Drehstromge-neratoren als Lichtmaschinen verwendet.

Synchronmaschinen werden aber auch in einem weiten Leistungsbereich als Motoreneingesetzt. Er reicht vom Kleinantrieb für Uhren und die Feinwerktechnik über Stellan-triebe in der Automatisierungstechnik (AC-Servomotoren) bis zu Einheiten von MW fürFörderanlagen, Mühlen und Schiffsantriebe. Durch die Technik der Frequenzumrichtersind heute auch Synchronmaschinen drehzahlsteuerbar und damit in Konkurrenz zumGleichstrom- und Asynchronmotor.

4.4.1 Aufbau undWirkungsweise

4.4.1.1 Ständer und LäuferStänder. Der Ständer einer Drehstrom-Synchronmaschine ist wie der eines Asynchron-motors aufgebaut und besteht damit aus einem geschweißten Gehäusemantel, dem Blech-paket aus isolierten Elektroblechen und der Drehstromwicklung in den Nuten entlangder Bohrung. Für den Einsatz in Kohle- oder Kernkraftwerken und damit Antrieb durchDampfturbinen erhalten die Maschinen axiale Längen vom Mehrfachen des Läuferdurch-messers und werden als Turbogeneratoren bezeichnet. Im oberen Leistungsbereich ersetzt

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4.4 Drehstrom-Synchronmaschinen 335

Abb. 4.56 Ständer eines was-sergekühlten Turbogenerators(ABB) SN D 553 MVA;UN D 21 kV, cos ' D 0;85

Abb. 4.57 a Turboläufer einer Synchronmaschine, 64 MVA, 3000 min�1 (ABB), b Polrad einesWasserkraftgenerators, 8 MVA, 125 min�1 (ABB)

man zur Verbesserung der Kühlung im Innern die Luft durch Wasserstoff von bis zu 4 barDruck und führt die Erregerwicklung des Läufers zur direkten Wärmeabgabe mit Hohl-leitern aus. Die Ständerwicklung erhält ebenfalls Hohlleiter, durch die man aufbereitetesWasser von hoher Reinheit leitet. Abbildung 4.56 zeigt den Ständer eines derartigen flüs-sigkeitsgekühlten Turbogenerators bei der Montage im Prüffeld.

Läufer. Der Läufer wird bei zwei- und vierpoligen Maschinen wegen der großen Zentri-fugalkräfte infolge der Drehzahlen von 3000 min�1 bzw. 1500 min�1 als massiver Voll-trommelläufer (Turboläufer) mit Nuten am Umfang ausgebildet (Abb. 4.57a). Bei Dreh-zahlen bis 1000 min�1 wird der Polradläufer verwendet, bei dem sich am Umfang 2p mitGleichstrom erregte Pole befinden (Abb. 4.57b). In den Polschuhen erhalten sie häufigeine zusätzliche Käfigwicklung zur Dämpfung unsymmetrischer Belastungen.

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336 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.58 Erregertechniken für Synchronmaschinen. a Erregung über Schleifringe mit Stromrich-ter N und Transformator T, b Schleifringlose Erregung mit Außenpolgenerator G2 und rotierendemDiodengleichrichter. Strich-Punkt-Kasten: rotierender Teil

Abb. 4.59 Drehfeld desgleichstromerregten Läuferseiner Synchronmaschine

Erregung. Die Läufer- oder Erregerwicklung, die in den Nuten des Volltrommelläufersbzw. auf den Polen des Polradläufers untergebracht ist, wird mit Gleichstrom gespeist. DieErregerleistung PE D UE �IE beträgt bei den Großgeneratoren einige 1000 kW bei Erreger-strömen IE von mehreren kA. Sie werden heute durch eine Stromrichterschaltung erzeugtund dem Läufer über Kohlebürsten und zwei Schleifringe zugeführt (Abb. 4.58a). Sowohlbei Kraftwerksgeneratoren wie auch bei Industriemotoren setzt man aber auch die bürs-tenlose Erregung ein. Hier erzeugt ein angekuppelter eigener Drehstrom-Erregergeneratorin der Bauform der Außenpolmaschine mit der Drehstromwicklung auf dem Läufer eineDrehspannung, die in mitrotierenden Dioden gleichgerichtet und über eine Hohlwelle demLäufer der Hauptmaschine zugeführt wird (Abb. 4.58b). Die Einstellung des erforderli-chen Erregerstromes IE erfolgt über eine Änderung der Drehspannung des angekuppeltenGenerators mit dessen Erregerstrom IE2

.

4.4.1.2 Kennlinien und ErsatzschaltungLeerlauf. Der Läufer einer Synchronmaschine stellt einen 2p-poligen mit Gleichstromerregten Elektromagneten dar, dessen Feldverlauf an den einzelnen Polen durch die Formder Polschuhe möglichst sinusförmig angestrebt wird. Das Gleichfeld schließt sich überdas Ständerblechpaket (Abb. 4.59) und durchsetzt dabei die drei Stränge der Drehstrom-wicklung.

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4.4 Drehstrom-Synchronmaschinen 337

Abb. 4.60 Synchronma-schine. a Ersatzschaltung,b Leerlaufkennlinie

Treibt man den Läufer durch die Turbine oder eine Kolbenmaschine mit der Drehzahln an, so dreht sich das Läufergleichfeld synchron mit und wird damit zu einem Drehfeld.

Es erzeugt nach dem Induktionsgesetz in jedem Strang der ruhenden Ständerwicklungeine sinusförmige Wechselspannung, insgesamt also eine Drehspannung. Der Effektiv-wert dieser Spannung berechnet sich nach derselben Beziehung in Gl. 4.32 wie bei einemTransformator zu

Uq D 4;44fN kw˚max (4.49)

Dabei muss lediglich die Windungszahl N pro Strang mit einem sogenannten Wicklungs-faktor kw � 0;96 multipliziert werden, um die Verteilung der Windungen auf mehrereNuten am Bohrungsumfang zu berücksichtigen.

Die Frequenz f der im Ständer induzierten Wechselspannung ist

f D pn (4.50)

Ist die Frequenz f vorgeschrieben, dann liegt damit die synchrone Drehzahl

ns D f

p(4.51)

fest. Die Spannung Uq kann, da n D ns D konst. ist, also nur durch Beeinflussung desLäuferdrehfeldes, d. h. durch den Erregerstrom IE verändert werden.

Die Leerlaufkennlinie, U0 D Uq D f .IE/ (Abb. 4.60) ergibt sich ähnlich wie beiGleichstrommaschinen. Der Leerlauferregerstrom IE0

ist der Strom, bei dem sich im Stän-der die Bemessungsspannung UN einstellt.

Ersatzschaltung. Es sei zunächst angenommen, dass eine mit konstanter Drehzahl ns an-getriebene Synchronmaschine als Generator allein, d. h. im sogenannten Inselbetrieb einesymmetrische Verbrauchergruppe versorgt. Die drei Stränge der in Stern oder Dreieck ge-schalteten Ständerwicklung nehmen dann Wechselströme I auf, die untereinander 120°phasenverschoben sind. Es entsteht damit wie bei einer Asynchronmaschine ein Stän-derdrehfeld, das nach Gl. 4.51 synchron mit dem Läuferfeld rotiert und sich mit diesemzu einem resultierenden Drehfeld addiert. In den eigenen Wicklungssträngen induziertdas Ständerdrehfeld eine Spannung der Selbstinduktion U L. Die Klemmenspannung desGenerators ergibt sich dann als Differenz von Leerlaufspannung U 0 und innerem Span-nungsverlust U L.

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338 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.61 Spannung der Syn-chronmaschine bei Belastungim Inselbetrieb

Für eine Synchronmaschine erhält man daher ohne Berücksichtigung des ohmschenWiderstandes der Ständerwicklung, dessen Spannungsfall sehr klein ist, die einfache Er-satzschaltung nach Abb. 4.60. Der Strompfeil I ist im Sinne eines Generatorbetriebseingetragen, so dass eine abgegebene Wirkleistung positiv gezählt wird.

Inselbetrieb. Aus der Ersatzschaltung kann das Verhalten des Synchrongenerators imInselbetrieb leicht abgeleitet werden. Durch eine konstante Drehzahl und eine fest einge-stellte Erregung erhält man eine konstante Leerlaufspannung U 0. Je nach Art der Belas-tung hat der Ständerstrom eine vor- oder nacheilende Phasenlage und der Zeiger U L alsSpannung an einer Induktivität dazu eine 90° Voreilung. Die Klemmenspannung U ergibtsich dann aus der Differenz nach U D U 0 � U L wie in Abb. 4.61 für eine gleich großeBelastung aber unterschiedlicher Phasenlage gezeigt ist.

Das Ergebnis stimmt mit dem schon bei der Belastung eines Transformators in Ab-schn. 4.2.1.3 beobachtenden Verhalten überein. Bei einer stark induktiven Last sinkt dieKlemmenspannung wesentlich ab, während sie bei mehr kapazitiven Verbrauchern an-steigt. Da für die Versorgung des Inselbetriebes z. B. das Bordnetz eines Schiffes einegleichbleibende Spannung verlangt wird, muss der Erregerstrom IE nachgestellt werden.Dies besorgt ein Spannungsregler, der bei induktiver Belastung IE erhöht und bei kapazi-tiver absenkt. Die Drehzahl wird immer auf ihrem Synchronwert ns gehalten, da sie dieFrequenz f bestimmt.

4.4.2 Betriebsverhalten im Netzbetrieb

4.4.2.1 SynchronisationSoll eine Synchronmaschine an das vorhandene Drehstromnetz angeschlossen werden, soist zu beachten, dass dessen Spannung durch die bereits im Verbundbetrieb arbeitendenKraftwerksgeneratoren nach Frequenz und Betrag fest vorgegeben ist. Das Aufschaltenverlangt daher einen „synchronisieren“ bezeichneten Ablauf, mit dem erreicht wird, dass

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4.4 Drehstrom-Synchronmaschinen 339

Abb. 4.62 Parallelschal-ten eines Drehstrom-Synchrongenerators mit einemDrehstromnetz (Dunkelschal-tung)

im Zuschaltaugenblick keine unzulässigen Stromstöße auftreten. In Abb. 4.62 ist als ein-faches Beispiel die Synchronisation eines Drehstromgenerators mit der Dunkelschaltungvorgestellt. Damit der Leistungsschalter stromlos geschlossen werden kann, ist Vorausset-zung, dass zwischen einander gegenüberliegenden Schaltstücken des Generatorschalterskeine Spannung vorhanden ist, so dass im Moment des Aufschaltens mit uG D uN die Au-genblickswerte der Spannungen von Generator und Netz gleich sind. Zwei sinusförmigeWechselspannungen sind nur dann gleich, wenn sie gleiche Frequenz, gleichen Effektiv-wert und gleiche Phasenlage haben. Damit dies für alle drei Wechselspannungen an demdreipoligen Schalter gilt, muss auch die Reihenfolge der drei Stränge der Drehstromsys-teme auf beiden Seiten, also die sogenannte Phasenfolge, gleich sein.

Zur Kontrolle dieser vier Bedingungen dienen zunächst Doppelfrequenz- und Doppel-spannungsmesser, die nach Abb. 4.62 an das Netz bzw. an den Generator angeschlossenwerden, bei Hochspannung über Spannungswandler. Die Phasenbedingung wird danndurch drei Synchronisierungslampen L (oft in Verbindung mit einem Nullspannungsmes-ser V0/ kontrolliert.

Mit Hilfe des Kraftschiebers der Turbine und des Feldstellers für die Erregung desGenerators lassen sich an den Messinstrumenten (f , V ) gleiche Spannungen nur angenä-hert einstellen. Der verbleibende Frequenzfehler bewirkt eine Schwebung zwischen denSpannungen von Netz und Generator. Die Frequenz dieser Schwebung lässt sich als rhyth-misches Hell- und Dunkelwerden der Lampen bzw. an den entsprechenden Ausschlägendes Nullspannungsmessers erkennen.

Durch Nachstellen von Kraftschieber und Feldsteller können Generatorspannung undFrequenz nun weiter angenähert und schließlich kann erreicht werden, dass die Schwe-bungsfrequenz immer kleiner wird. Die Lampen leuchten und erlöschen dann in immerlängeren Zeitabständen. Bei der Dunkelschaltung nach Abb. 4.62 kann jetzt bei dunklenLampen oder Nullanzeige des Nullspannungsmessers der Generatorschalter geschlossenwerden, da in diesem Augenblick auch gleiche Phasenlage der beiden Spannungen uG

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340 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.63 Betriebsverhalten der Synchronmaschine im Netzbetrieb, a Generatorbetrieb, b Motor-betrieb, c Übererregung, d Untererregung

und uN vorhanden ist. Der Generator läuft nach dem Aufschalten auf das Netz mit diesemsynchron weiter. Wird erheblich zu früh oder zu spät aufgeschaltet, treten Betriebsstö-rungen auf, da große Ausgleichsströme zwischen Netz und Generator entstehen, die eineselbsttätige Abschaltung bewirken.

4.4.2.2 Wirk- und BlindlaststeuerungSteuerung der Wirkleistung. Nach der Synchronisation führt die Maschine mit U 0 DU N, d. h. U L D 0 keinen Strom I und befindet sich damit im Leerlauf. Die beidenDrehspannungssysteme von Netz und Maschine sind deckungsgleich und rotieren mitNetzfrequenz.

Wird nun an der Welle bei unveränderter Erregung und damit konstanter Zeigerlän-ge U 0, z. B. durch Öffnen des Dampfventils der Antriebsturbine ein Drehmoment ein-geleitet, so will der Läufer seine Drehzahl erhöhen. Dies beginnt damit, dass der zuvormit U N deckungsgleiche Zeiger U 0 eine voreilende Phasenlage annimmt und sich dersogenannte Polradwinkel # einstellt (Abb. 4.63a). Damit entsteht aber die Spannungsdif-ferenz U L und nach der Ersatzschaltung Abb. 4.60 der Strom I D UL=!L, der in Bezugauf die Netzspannung U N fast reiner Wirkstrom ist.

Bei der gewählten Zählpfeilrichtung von I bedeutet dies die Abgabe einer Wirkleis-tung an das Netz, d. h. Generatorbetrieb. Der Wirkleistung entspricht ein Bremsmomentauf die Antriebsmaschine, so dass der Läufer nicht weiter beschleunigt wird, sondern sichein Gleichgewicht einstellt. Durch das Drehmoment an der Welle wird der Synchron-betrieb des Läufers mit dem netzfrequenten Drehfeld also nicht verändert. Es kommtlediglich zu einer lastabhängigen Voreilung der Läuferlage um den Winkel # , der beiBemessungsleistung etwa 25° beträgt.

Wird die Synchronmaschine aus dem Leerlauf heraus mechanisch belastet, so versuchtder Läufer seine Drehzahl zu vermindern. Dies beginnt nach Abb. 4.63b diesmal mit einerNacheilung der vom Läuferfeld erzeugten Spannung U 0 um den Winkel # . Die Lage des

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4.4 Drehstrom-Synchronmaschinen 341

Zeigers U L ergibt jetzt einen Strom I , der fast in Gegenphase zur Netzspannung liegt,was Aufnahme einer Wirkleistung bedeutet. Die Synchronmaschine befindet sich also imMotorbetrieb und entwickelt ein Drehmoment, das dem Lastmoment das Gleichgewichthält. Es bleibt wieder beim Synchronbetrieb des Läufers, der jedoch gegenüber seinerLeerlaufstellung um den Polradwinkel # nacheilt.

Steuerung der Blindleistung. Leitet man nach der Synchronisation kein Drehmomentein, sondern verstärkt mit IE > IE0

die Erregung des Läufers, so wird U 0 > U N und manerhält das Zeigerbild 4.64c. Die Spannungszeiger bleiben in gleicher Phasenlage, dochentsteht mit U L wieder eine Spannungsdifferenz, die einen reinen Blindstrom I zur Folgehat. Die Maschine liefert damit induktive Blindleistung in das Netz und wirkt bei dieserÜbererregung wie ein Kondensator.

Reduziert man die Erregung mit IE < IE0unter den Leerlaufwert, so kehrt sich mit U L

auch wieder der Stromzeiger I um. In das Netz wird diesmal ein rein kapazitiver Stromgeliefert, d. h. das Netz versorgt die Maschine mit induktivem Blindstrom. Sie wirkt jetztwie eine Induktivität und verstärkt über die Ständerwicklung ihre für das Drehfeld zuschwache Erregung. Den Einsatz der Synchronmaschine zur Lieferung von Blindströmendurch Änderung ihrer Erregung bezeichnet man allgemein als Phasenschieberbetrieb.

Netzbetrieb. Nach den Ergebnissen in Abb. 4.63 kann eine Synchronmaschine, die aufdas Netz synchronisiert wurde, über zwei Stellgrößen gesteuert werden:

1. Durch Eingriff an der Welle wird im Wesentlichen die Wirkleistung der Maschinebeeinflusst. Durch Einleiten eines Drehmomentes z. B. mit einer Turbine oder Diesel-motor erhält man Generatorbetrieb mit Abgabe von Wirkleistung an das Netz. Einemechanische Belastung an der Welle führt zu einem Motorbetrieb mit Wirkleistungs-aufnahme.

2. Eine Änderung der Erregung beeinflusst hauptsächlich die Blindleistungsbilanz. Ver-stärkt man den Erregerstrom IE > IE0 über den Leerlaufwert (Übererregung), so gibtdie Maschine induktiven Blindstrom ab, bei einer Untererregung mit IE < IE0 nimmtsie dagegen Blindstrom auf.

In der Praxis werden meist beide Einflussmöglichkeiten gleichzeitig angewandt. Da dasNetz für die Versorgung der vielen Drehstrommotoren Blindleistung benötigt, fährt manim übererregten Generatorbetrieb mit dem Bemessungsstrom und cos 'N D 0;8. Die Ma-schine gibt hier gleichzeitig Wirk- und Blindleistung an das Netz ab.

Auch im Betrieb als Motor ist der Einsatz als Phasenschieber möglich. Innerhalb deszulässigen Ständerstromes kann die Maschine neben der Wirkstromaufnahme zur Dreh-momentbildung durch Übererregung wieder Blindleistung abgeben und damit z. B. dieAufgabe einer Kondensatorbatterie in der Transformatorenstation eines Werksnetzes über-nehmen.

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342 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.64 Läufer einesdauermagneterregten Syn-chronmotors. 2 Läuferkörpermit Aussparungen, 1 SE-Dauermagnet

4.4.2.3 Synchronmaschinen als IndustrieantriebDurch die Entwicklung der Frequenzumrichtertechnik (s. Abschn. 4.6.2.3) wird die Syn-chronmaschine immer häufiger auch als drehzahlgeregelter Antriebsmotor verwendet. DerEinsatzbereich umfasst dauermagneterregte Kleinmotoren bis zu Großantrieben im MW-Bereich. Als Ausführungsformen kommen je nach gewünschter Leistung verschiedeneKonstruktionen mit nachstehenden Techniken zum Einsatz:

1. Für mittlere bis große Leistungen (ca. 100 kW bis 20 MW) hat sich der so genann-te Stromrichtermotor bewährt, bei dem ein Stromfrequenzumrichter in die Wicklun-gen des Ständers einen Drehstrom der gewünschten Frequenz einspeist. Der Läufererhält eine bürstenlose Gleichstromerregung, die über einen angebauten Außenpol-Drehstromgenerator und einen mitrotierenden Dioden-Gleichrichter erzeugt wird.

2. Im unteren Leistungsbereich (ca.1 kW bis 50 kW wird weitgehend eine Dauermagne-terregung auf der Basis der Selten-Erd-Magnete ausgeführt. Synchronmotoren dieserBauart besitzen, da kein Magnetisierungsstrom zur Erzeugung des Drehfeldes benö-tigt wird, einen besseren Wirkungsgrad und auf Grund der hohen Flussdichten derSE-Magnete auch eine höhere Bemessungsleistung als ein baugleicher Asynchronmo-tor; sie sind allerdings auch teurer.

Aufbau. Während der Ständer dieser Synchronantriebe die übliche Ausführung mit ei-ner Drehstromwicklung in den Nuten entlang der Bohrung erhält, besitzt der Läufer inder Technik mit Dauermagneten die Ausführung nach Abb. 4.64. Die großen Aussparun-gen im Blechkörper 2 bewirken eine Verringerung des Trägheitsmomentes und damit eineVerbesserung des dynamischen Verhaltens. Auf der Oberfläche sitzen dünne Dauerma-gnetplättchen 1, die entsprechend der gewünschten Polzahl – meist sechs- bis zehnpolig –in wechselnder Richtung magnetisiert sind. Als Material wird heute meist ein Werkstoff inder Kombination Neodym-Eisen-Bor verwendet. Neodym gehört zur Gruppe der SeltenenErden und ergibt ein Dauermagnetmaterial (SE-Magnete) mit einer hohen Remanenzfluss-dichte Br bis über 1,4 T bei gleichzeitig hoher Koerzitivfeldstärke HC (s. Abschn. 1.2.2.5).Die Plättchen werden durch eine Glasfaserbandage gegen die Fliehkräfte zusätzlich gesi-chert.

Betriebsverhalten. Für den Einsatz als drehzahlgeregelter Antrieb wird der Synchron-motor über einen Frequenzumrichter versorgt, womit eine Struktur nach Abb. 4.65a ent-

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4.4 Drehstrom-Synchronmaschinen 343

Abb. 4.65 Synchronmotor im Betrieb mit Frequenzumrichter. a Struktur des Antriebs, b Steuer-kennlinie U D g.f /

Abb. 4.66 Zeigerbilder desumrichtergesteuerten Syn-chronmotors. a Verfahrenmit I -˚D, b Verfahren mitcos � D 1

steht. Je nach gewünschter Betriebsdrehzahl ns erzeugt der Umrichter nach

U D cf ˚D und ns D f

p

eine Drehspannung U der Frequenz f , die wegen des konstanten Feldes ˚D der Dauer-magnete im Läufer proportional mit der gewählten Drehzahl erhöht werden muss. Dieserfolgt nach Abb. 4.65b linear bis zum so genannten Eckpunkt E des Umrichters, bei demdie Bemessungswerte UN und fN erreicht werden.

Die Steuerung des Motors erfolgt nach dem Prinzip der „Feldorientierten Regelung“nach der die Wicklungsströme im Ständer fortwährend nach Größe und Phasenlage in Ab-hängigkeit von der räumlichen Lage der Läufermagnete eingestellt werden. Dies erforderteine laufende Überwachung des Läufers durch einen Geber G (Resolver), der gleichzeitigauch die Drehzahl feststellt. Für die Zuordnung von Strom I zur eingestellten Spannungwählt man gerne die Zuordnung in Abb. 4.66a, in der die innere Spannung Uo des Motorsund der Strom I der Ständerwicklung in Phase zueinander liegen. Man bildet damit denBetriebszustand eines Gleichstrommotors nach, bei dem konstruktionsbedingt Erregerfeld˚D und die Feldachse des Ankerstromes auch senkrecht aufeinander stehen. Will man denPhasenwinkel � vermeiden, so kann auch nach Abb. 4.66b ein Betrieb mit cos � D 1, alsogleiche Lage der Zeiger U und I , erfolgen.

4.4.2.4 PositionierantriebeWerkzeugmaschinen benötigen neben dem Hauptantrieb, der die Zerspanungsarbeit leistetzur Bewegung des Werkzeugs in allen Achsen auch eine Anzahl von Hilfsantrieben. Hier-

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344 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.67 Technik von Positionierantrieben. a Antrieb durch rotierenden Motor und Kugel-gewindespindel, b Antrieb mit Linearmotor. 1 Ständer mit Drehstromwicklung, 2 Läufer mitDauermagneten

zu werden ebenso wie in Montageanlagen aller Art sogenannte Servomotoren, Vorschub-oder Positionierantriebe mit Leistungen bis zu einigen kW eingesetzt. Neben Gleichstrom-und Asynchronmotoren haben hier vor allem dauermagneterregte Synchronmotoren denHauptmarktanteil.

Da die Motoren nicht im Dauerbetrieb arbeiten, gibt man zu ihrer Kennzeichnung inder Regel keine Leistung, sondern neben der Drehzahl das Bemessungsdrehmoment an.Die Werte liegen im Bereich nN D 1000 min�1 bis 6000 min�1 und MN D 0;1 Nm bis150 Nm.

AC-Servomotoren werden stets über die in Abschn. 4.6 besprochenen Frequenzum-richter versorgt und geregelt. Um die Wicklungsströme im richtigen zeitlichen Bezug zuden rotierenden Läufermagneten einspeisen zu können, benötigt man einen Lagegeber fürdie ständige Läuferstellung. Mit einem hochauflösenden Linearmessgeber wird die Posi-tion des Werkstücks erfasst und der Motor entsprechend angesteuert.

Linear-Positionierantrieb. Die rotierenden Servoantriebe haben den Nachteil, dass eineUmwandlung der rotatorischen in eine Linearbewegung erfolgen muss. Wie in Abb. 4.67aangedeutet, lässt sich dies z. B. durch eine Kugelgewindespindel mit Mutter realisieren.Die mechanische Konstruktion bedeutet aber stets zusätzliche Massen und begrenzt dieStellgenauigkeit wegen des unvermeidlichen Spiels.

In den letzten Jahren wurden hier auf der Basis der schon in Abschn. 4.3.1.4 bespro-chenen Linearmotoren Antriebssysteme geschaffen, welche unmittelbar eine geradlinigeBewegung erzeugen. Es sind dies Kurzstatormotoren mit einer Schiene aus Selten-Erd-Dauermagneten. Die Staffelung der abwechselnd Nord- und Südpolmagnete ist der Pol-teilung p der Drehstromwicklung im kammartigen Ständerblechpaket angepasst, so dasseine kraftschlüssige Verbindung entstehen kann (Abb. 4.67b). Wird über den Umrichterdie Frequenz des Drehstromsystems langsam erhöht, so dass z. B. eine Wanderfeldbewe-gung nach links entsteht, so bewirken die Feldkräfte eine Schubkraft nach rechts, womitdie stationäre Zuordnung Ständernordpol mit Schienensüdpol usw. erhalten bleibt. DerStänder bewegt sich mit der bereits in Gl. 4.35 abgeleiteten Geschwindigkeit

v D 2pf

Der Linear-Positionierantrieb wird mit einer rampenartig ansteigenden Frequenz aufseine Endgeschwindigkeit von ca. v D 3 m=s gebracht und mit abfallender Rampe po-

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4.5 Wechselstrommotoren 345

Abb. 4.68 Universalmotoren.a Ständerblechschnitt, b Schal-tung mit Funkentstörung, CEntstörkondensator, G Gehäu-seanschluss

sitioniert. Dabei können Beschleunigungen bis a D 100 m=s2 und Schubkräfte von über10 kN erreicht werden. Bei Einsatz entsprechender linearer Messgeber sind Positionier-genauigkeiten von einigen m erzielbar. Auch hinsichtlich der Stellgeschwindigkeit sinddiese Antriebssysteme den rotierenden Motoren deutlich überlegen.

4.5 Wechselstrommotoren

In den nachstehenden Abschnitten werden die wichtigsten im Haushalt und Gewerbesehr vielfältig eingesetzten Kleinmaschinen für den Anschluss an die Steckdose bespro-chen. Darüber hinaus gibt es für hohe Leistungen immer noch den Antriebsmotor fürdie 16 2

3Hz- und 50 Hz-Bahnen, der jedoch kontinuierlich durch umrichtergespeiste Dreh-

strommaschinen abgelöst wird.

4.5.1 Universalmotoren

4.5.1.1 Schaltung und EinsatzUniversalmotoren sind nach ihrem Aufbau Gleichstrom-Reihenschlussmotoren, diegrundsätzlich mit Gleich- oder Wechselspannung universell betrieben werden können.Der Ständer besteht meist aus einem einteiligen Blechpaket mit einer zweipoligen Erre-gerwicklung (Abb. 4.68a). Da die Maschine ohne Wendepole gebaut wird, entwickelt siedeutliches Bürstenfeuer und erzeugt damit hochfrequente Störspannungen, die den Funk-betrieb und so den Radio- und Fernsehempfang beeinträchtigen. Die Erregerwicklungwird daher nach Abb. 4.68b symmetrisch zum Anker geschaltet, so dass sie mit einemEntstörkondensator einen LC-Tiefpass bildet (s. Abschn. 2.2.1), der die Funkstörspannun-gen vom Netz fernhält.

Der Leistungsbereich reicht bis ca. 2000 W bei Drehzahlen bis zu 20 000 min�1, wassehr niedrige Leistungsgewichte (kg=kW) ergibt. Der Universalmotor ist daher ideal fürtragbare Geräte und wird vor allem bei Elektrowerkzeugen und einer Reihe von Haus-haltsgeräten wie Staubsauger, Mixer eingesetzt. Von Nachteil ist das wegen der hohenDrehzahl deutliche Geräusch und der Verschleiß durch Bürstenabrieb.

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346 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.69 Universalmo-tor. a zeitlicher Verlaufdes Drehmomentes Mt,b Drehzahlsteuerkennlinienn D f .M /

4.5.1.2 BetriebsverhaltenNach Gl. 4.17 gilt für das Drehmoment eines Reihenschlussmotors M � I 2. Ändert sichbei Wechselstrombetrieb der Motorstrom mit i D p

2 � I sin !t sinusförmig, so pulsiertdamit das Moment nach

Mt D Mmax � sin2 !t D Mm � .1 � cos 2!t/ (4.52)

mit doppelter Netzfrequenz (Abb. 4.69a).Das Drehmoment pendelt also mit 100 Hz um den nutzbaren Mittelwert Mm, was zu-

sätzliche mechanische Schwingungen und Geräusche verursacht.

Drehzahlsteuerung. Grundsätzlich kann die Drehzahl mit allen vom Gleichstrommotorher bekannten Verfahren variiert werden. Bei Elektrowerkzeugen wählt man fast nur dieSpannungsabsenkung mit einer Triacschaltung nach Abschn. 4.6.2.1 und erhält damit dasKennlinienfeld nach Abb. 4.69b.

Bei Haushaltsgeräten wie Mixern wird gerne eine Erhöhung der Drehzahl durch Feld-schwächung angewandt. Dies geschieht meist durch eine Anzapfung der Erregerwicklungdes Ständers mit einem mehrstufigen Schalter. Damit wird die wirksame Erregerdurchflu-tung NE � I verändert und das Ständerfeld entsprechend reduziert.

4.5.2 Wechselstrommotorenmit Hilfswicklung

Wird ein Asynchronmotor für den Anschluss an eine Wechselspannung mit nur einemWicklungsstrang im Ständer ausgeführt, so entwickelt er kein Stillstandsmoment und kanndamit nicht selbstständig anlaufen. Wird er jedoch in einer beliebigen Drehrichtung an-geworfen, so entsteht durch die Wirkung der induzierten Läuferströme ein resultierendesDrehfeld in der Drehrichtung und der Motor kann als sogenannte Einphasenmaschine be-lastet werden.

Für den Selbstanlauf benötigen Wechselstrommotoren dagegen eine zweite räumlichzur Haupt- oder Arbeitswicklung versetzte Hilfswicklung, die außerdem einen gegenüberdem Strom in der Hauptwicklung phasenverschobenen Strom führen muss. Die verschie-denen Bauformen des Motors unterscheiden sich dann dadurch, wie diese Hilfswicklunggeschaltet und die Phasenverschiebung erreicht wird.

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4.5 Wechselstrommotoren 347

Abb. 4.70 Spaltpolmotoren. a Aufbau mit unsymmetrischem Schnitt, b Haupt- und Spaltpol. 1 An-ker, 2 Hauptpol, 3 Spaltpol, 4 Kurzschlussring

4.5.2.1 SpaltpolmotorenSpaltpolmotoren werden in sehr großer Stückzahl und meist gerätebezogen z. B. für denAntrieb von Gebläsen (Heizlüfter) und Pumpen (Laugenpumpe der Waschmaschine) biszu Leistungen von ca. 150 W gebaut. Sie sind wegen ihres einfachen Aufbaus sehr ro-bust und kostengünstig. Abbildung 4.70a zeigt eine Ausführung mit einem zweipoligenunsymmetrischen Ständerschnitt und dem Läufer mit Käfigwicklung.

Der Ständer enthält die als konzentrische Spule ausgeführte Hauptwicklung und alsHilfswicklung ein bis zwei kurzgeschlossene kräftige Kupferwindungen um einen Teilder Polbogen. In Abb. 4.70b ist dies nochmal prinzipiell für einen Ständerpol dargestellt.Der gesamte Polbogen wird durch eine Nut in den größeren Hauptpol mit dem Magnet-feldanteil ˚H und den Spaltpol mit ˚s geteilt. Der Kurzschlussring führt den Strom IR,der durch den Feldanteil ˚s induziert wird.

Beide Teilfelder sind durch diese Konstruktion räumlich versetzt und infolge der Wir-kung von IR auf ˚s ist dieser Feldanteil nacheilend zu ˚H. Damit entsteht ein umlaufendesMagnetfeld mit der Drehrichtung vom Haupt- zum Spaltpol. Die Drehrichtung des Läu-fers ist damit ebenso und durch die Konstruktion des Motors (Spaltpol rechts oder linksvom Hauptpol) festgelegt.

Spaltpolmotoren haben eine Drehmoment-Drehzahlkennlinie mit einem Kipp- und An-laufmoment von etwa MK=MN D 1;5 bis 2 und Mst=MN D 0;5 bis 1. Der Anlaufstrombeträgt meist nur etwa das Doppelte des Bemessungsstromes, der Wirkungsgrad liegt nichtüber 40 %.

4.5.2.2 KondensatormotorenIn den Schaltungen nach Abb. 4.71 enthält der Ständer zwei um 90°versetzte Wicklungen,die beide an der Netzspannung UN liegen. Damit der Strom I Z in der Hilfswicklung ge-genüber dem Strom I U in der Arbeitswicklung die für den selbständigen Anlauf und gute

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348 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.71 Kondensatormoto-ren. a mit Betriebskondensator,b mit Anlaufkondensator undSchaltrelais R

Abb. 4.72 Kennlinien vonWechselstrommotoren. CA

Anlaufkondensatormotor, CB

Betriebskondensatormotor, R

Motor mit Widerstandshilfs-wicklung, S Schaltbereich desRelais

Belastbarkeit erforderliche Phasenverschiebung erreicht, muss hier ein Wirk- oder Blind-widerstand zugeschaltet werden. In den meisten Ausführungen wählt man dafür einenKondensator, so dass I Z dem Strom I U voreilt. In der Schaltung des Betriebskondensa-tormotors (Abb. 4.71a) kann man mit der Kapazität CB z. B. bei Volllast sogar die optimalePhasenverschiebung von 90° erreichen.

Aus der Drehmoment-Drehzahlkennlinie des Betriebskondensatormotors (Abb. 4.72)ist zu entnehmen, dass diese Ausführung nur ein geringes Anlaufmoment hat. Reicht diesfür den vorgesehenen Einsatzfall nicht aus, so kann man einen Anlaufkondensatormo-tor (Abb. 4.71b) wählen, der mit einer wesentlich größeren Kapazität CA (CA=CN � 4)ausgerüstet ist. Mit Rücksicht auf die Erwärmung der Hilfswicklung muss diese abernach erfolgtem Anlauf durch ein Relais oder einen Fliehkraftschalter vom Netz getrenntwerden. Der Motor läuft dann als Einphasenmaschine mit entsprechend geringerer Belast-barkeit weiter.

Eine Kombination beider Ausführungen ist der Doppelkondensatormotor, bei demnach erfolgtem Hochlauf nur ein Teil der Kapazität abgeschaltet wird und der Motor dannmit CB weiterläuft. Zur Drehrichtungsumkehr muss die Hilfswicklung mit Kondensatormit vertauschten Anschlüssen an die Netzspannung gelegt werden.

Kondensatormotoren werden in Haushaltsgeräten (Waschmaschine, Kühlschrank) alsPumpen- und Lüftermotoren und Kleinantriebe im Gewerbe sehr vielfältig eingesetzt. Der

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4.5 Wechselstrommotoren 349

Abb. 4.73 Schrittmotorantrieb

Leistungsbereich reicht bis ca. 2000 W, danach ist ein Drehstrommotor schon mit Rück-sicht auf die Netzbelastung günstiger.

Die für den Anlauf erforderliche Phasenverschiebung des Stromes in der Hilfswick-lung kann auch durch einen erhöhten ohmschen Widerstand in diesem Stromkreis er-reicht werden. Motoren mit Widerstands-Hilfswicklung werden mitunter in Haushalts-geräten eingesetzt, wobei die Hilfswicklung wie beim Anlaufkondensatormotor nach demHochlauf vom Netz getrennt werden muss. Die Motoren haben einen hohen Anlaufstrom(Ist=IN D 6) und entwickeln ein gutes Anzugsmoment (Mst=MN D 1;5). Sie werden biszu Leistungen von etwa 300 W gebaut.

4.5.3 Schrittmotoren

4.5.3.1 Aufbau undWirkungsweiseSchrittmotoren sind nach ihrem Aufbau Synchronmaschinen mit ausgeprägten Ständerpo-len. Der Läufer besteht entweder aus einem Weicheisenzahnrad (Reluktanzschrittmotor)oder hat einen Dauermagnetkern. Im Unterschied zur kontinuierlich umlaufenden Ma-schine werden die Wicklungen des Schrittmotors nicht ständig an eine Betriebsspannunggelegt, sondern nur zyklisch durch Stromimpulse erregt. Sie bilden dadurch ein Magnet-feld aus, das sich im Takt der Ansteuerimpulse sprungförmig weiterdreht. Der Läufer stelltsich dann jeweils in die neue Feldachse ein und dreht die Welle dabei um den Schrittwin-kel ˛. Nach n Steuerimpulsen hat die Welle somit den Drehwinkel ' D n � ˛ zurückgelegt(Abb. 4.73).

Schrittmotorantriebe benötigen außer dem Motor immer eine zugehörige Ansteuer-elektronik, die entsprechend einem Steuerprogramm die Stromimpulse auf die einzelnenStänderwicklungen verteilt. Aufgrund der eindeutigen Zuordnung zwischen der Anzahlder Steuerimpulse und dem zurückgelegten Drehwinkel der Welle ist der Schrittmotor eintypischer Positionierantrieb. Er benötigt keine Rückmeldung der Läuferstellung und damitkeine Positionsregelung, sondern kann in einer offenen Steuerkette betrieben werden.

Die Bildung des Schrittwinkels ist in Abb. 4.74 am Beispiel eines dreisträngigen vier-poligen Reluktanzmotors gezeigt. Vier Ständerpole mit ihren Wicklungen im Abstand von

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350 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.74 Dreisträngiger Reluktanz-Schrittmotor. a Aufbau, b Impulsdiagramm der Strangströme

90° bilden einen Strang, die Ansteuerelektronik liefert jeweils die Strangströme I1, I2 undI3. Der Läufer besteht aus Weicheisen und hat acht Zähne, die sich immer auf kürzestemWege in Übereinstimmung mit den erregten Ständerpolen stellen. In Abb. 4.74a sei derzweite Strang bestromt, womit sich die gezeichnete Läuferlage ergibt.

Schaltet man nun entsprechend dem Diagramm in Abb. 4.74 die Impulsströme I1 bisI3 fortlaufend auf ihre Wicklungen, so wird als nächster der Strang 3 erregt und der Läuferbewegt sich wie angegeben um den Schrittwinkel ˛ im Uhrzeigersinn. Nach dem vorgege-benen Stromdiagramm springt das Ständerfeld pro Steuertakt um eine Polteilung, währendder Läufer den Schrittwinkel

˛ D 360ı

m � ZL(4.53)

bildet. Mit der Strangzahl m D 3 und ZL D 8 Läuferzähnen ergibt sich a D 15ı.

4.5.3.2 BetriebsdatenSchrittmotoren werden heute von sehr einfachen einsträngigen Ausführungen z. B. fürUhren bis zu fünfsträngigen Antrieben mit Leistungen von einigen 100 W gebaut. Umkleine Schrittwinkel zu realisieren, erhalten auch die Ständerpole eine Zahnung, derenTeilung aber von Pol zu Pol zu der des Läufers versetzt ist. Auf diese Weise lassen sichSchrittwinkel von weniger als 1° erreichen. Mit z. B. ˛ D 0;72ı ergibt sich dann erst nach500 Steuerimpulsen eine Umdrehung der Welle und so eine feine Positioniereinstellung.

Die Drehmomente von Schrittmotoren betragen bis einige Nm, doch liegt der Schwer-punkt des Einsatzes bei M � 1 Nm, da darüber hinaus meist DC- oder AC-Servomotorenals Positionierantriebe gewählt werden.

Typische Einsatzgebiete sind in der Datentechnik die Antriebe für Schreibmaschi-nen, Drucker, Plattenspeicher, ferner Antriebe in Programmschaltern, Automaten oderSchreibern.

Die zulässige maximale Taktfrequenz fs, mit der die Positioniergeschwindigkeit be-stimmt wird, ist dadurch begrenzt, dass in den immer kürzer werdenden Stromflusszeiten

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4.6 Leistungselektronik 351

Abb. 4.75 Start-/Stopp-Kenn-linie und Betriebsmoment-Kennlinie eines Schrittmotors

nicht mehr der Stromsollwert erreicht wird. Der Strangstrom kann nämlich nach Aufschal-ten der Gleichspannung nur mit der Zeitkonstanten D L=R der Wicklungen ansteigen.Damit sinkt das Drehmoment und ist nicht mehr sichergestellt, dass der Läufer ohne Win-kelfehler anläuft, d. h. mit dem ersten Steuerimpuls auch den ersten Schritt durchführt.

In den Datenblättern eines Schrittmotors wird daher eine Start-/Stopp-Kennlinie ange-geben, der man in Abhängigkeit vom erforderlichen Drehmoment die höchstens zulässigeAnlauftaktfrequenz entnehmen kann. In Abb. 4.75 ist diese Charakteristik für einen Motormit MN D 2 Nm und einem Schrittwinkel von ˛ D 0;36ı angegeben. Es ist abzulesen,dass ohne Belastung, d. h. bei M D 0 eine maximale Startfrequenz von fs D 5;3 kHzzulässig ist. Die obere Kurve ist die Betriebsgrenzmoment-Kennlinie, welche die höchsteTaktfrequenz bei schon laufendem Motor angibt. Bei einem Schrittwinkel ˛ D 0;36ı undder Taktfrequenz fs erhält man für die Drehzahl der Welle

n D ˛

360ı � fs � 60 s

min

Bei fs D 1 kHz bedeutet dies n D 60 min�1.

4.6 Leistungselektronik

Die Leistungselektronik befasst sich mit der Umformung und Steuerung elektrischer Ener-gie meistens zur Versorgung von Antrieben. Sie ist damit die moderne Form der Strom-richtertechnik und verwendet als Stellglieder die in Abschn. 2.1 behandelten Transistoren,IGBTs und Thyristoren. Zur Realisierung der Umformung wird eine teils umfangreicheSteuerlogik benötigt, die heute gerne über einen Prozessor erfolgt.

Die prinzipiellen Umformverfahren der Leistungselektronik lassen sich in ein Schemanach Abb. 4.76 gliedern. Danach gelten die Definitionen:

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352 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.76 Betriebsarten vonStromrichtern ! Energierich-tung

Gleichrichten ist die Umformung von Wechsel- oder Drehstrom (Spannung U , Fre-quenz f ) in Gleichstrom (Spannung Ud/ mit Energielieferung in das Gleichstromnetz.

Wechselrichten ist die genau umgekehrte Aufgabe. Gleich- und Wechselrichten sindgemeinsam die Grundlage für den Betrieb von drehzahlgesteuerten Gleichstromantriebenam Drehstromnetz.

Umrichten ist die Umformung elektrischer Energie innerhalb einer Stromart, im All-gemeinen zwischen zwei Drehstromnetzen. Will man Freizügigkeit hinsichtlich der Fre-quenzänderung f1 ! f2 erreichen, so wird ein Zwischenkreis, d. h. zweimalige Ener-gieumwandlung erforderlich. Bei Beschränkung auf f2 < 0;5f1 ist dagegen auch eineDirektumrichtung möglich.

Stellen ist die reine Steuerung einer Spannung (U2 < U1, Ud2 < Ud1) bei unveränder-licher Frequenz, d. h. ohne Änderung der Stromart.

Die Energieumformung mit Schaltungen der Leistungstechnik erfolgt mit sehr gutemWirkungsgrad von in der Regel über 95 %. Die Geräte sind zudem im Vergleich zu denfrüheren Maschinenumformern ohne Geräusche, leichter, wartungsfrei und haben z. B.den Gleichstromgenerator völlig verdrängt.

Von Nachteil ist, dass bei fast allen Schaltungen netzseitig nichtsinusförmige Strö-me entstehen, deren Phasenlage sich zudem mit der Ansteuerung ändert. Ferner tretendurch die schnellen elektronischen Schalter hochfrequente Störimpulse auf, was Proble-me hinsichtlich der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) gegenüber anderen Ver-brauchern bringt. Man bezeichnet diese Besonderheiten der Stromrichterschaltungen alsNetzrückwirkungen, die in Abschn. 4.6.3 behandelt werden.

4.6.1 Stromrichterschaltungen für Gleichstromantriebe

Stromrichtergespeiste Gleichstrommaschinen waren über viele Jahrzehnte die klassischeLösung für drehzahlgeregelte Antriebe. Die Technik dieser Stromrichter ist relativ einfachund erfüllt sehr gut alle regelungstechnischen Aufgaben. Von Nachteil ist nur der teure unddurch die Kohlebürsten wartungsaufwändige Gleichstrommotor. Diese Antriebe werdendaher immer mehr durch die unter Abschn. 4.6.2 besprochenen Drehstromantriebe ersetzt.

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4.6 Leistungselektronik 353

Abb. 4.77 Gleich- und Wechselrichterbetrieb eines Stromrichters. a Stromrichter in Drehstrom-Sternschaltung (Dreipuls-Mittelpunktschaltung), b Bildung der Gleichspannung, c Abhängigkeitder Gleichspannung vom Steuerwinkel ˛

Auf Grund ihrer regelungstechnischen Qualität und gelegentlichem Preisvorteil behauptenstromrichtergespeiste Gleichstromantriebe jedoch bislang einen begrenzten Markt.

4.6.1.1 Netzgeführte StromrichterDie nachstehend besprochenen Schaltungen bilden die Gleichspannung zur Versorgungder Antriebe unmittelbar aus dem Kurvenverlauf der Wechselspannung. Die Thyristorenlösen sich im zyklischen Wechsel in der Stromführung ab, was man als Kommutierungbezeichnet. Taktgeber ist die Abfolge der positiven Halbschwingungen und damit die Fre-quenz der Wechselspannung, was die Kennzeichnung netzgeführter Stromrichter erklärt.

Gleich- und Wechselrichterbetrieb. Zur Erzeugung der Gleichspannung kommen prin-zipiell alle in Abschn. 2.2.1 angegebenen Gleichrichterschaltungen in Frage, es sind nurdie Dioden durch Thyristoren zu ersetzen. Im Wesentlichen wird jedoch im Leistungs-bereich bis zu einigen kW die B2-Brückenschaltung nach Abb. 2.53c mit Anschluss an230 V Wechselspannung und danach bis zu den größten Leistungen die B6-Brücke nachAbb. 2.54b am Drehstromnetz eingesetzt.

Durch den Einsatz von Thyristoren, die ja erst durch einen Zündimpuls in Durch-lassrichtung leitend werden, lässt sich der Mittelwert der gleichgerichteten Spannung Ud

stufenlos zwischen einem positiven und negativen Höchstwert einstellen. Besonders über-sichtlich lässt sich dieser Vorgang am Beispiel der M3-Schaltung in Abb. 4.77 zeigen.

Die Thyristoren T1 bis T3 werden durch ein gemeinsames Steuergerät, das drei jeweilsum T=3, also um 120ı zueinander phasenverschobene Zündimpulse liefert, zyklisch ein-

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354 4 ElektrischeMaschinen

geschaltet. Erfolgt dies mit dem Steuerwinkel ˛ D 0 im natürlichen Schnittpunkt derStrangspannungen, so erhält man den maximalen ideellen Gleichspannungsmittelwert Udi.Jeder Halbleiter übernimmt den Laststrom id, der durch eine Induktivität L völlig geglättetsein soll, über T=3 bis zur Zündung des nächsten Thyristors.

Wird der Steuerwinkel ˛ > 0 eingestellt, so erfolgt die Zündung entsprechend ver-spätet gegenüber dem Schnittpunkt der Strangspannungen und der Gleichspannungsmit-telwert Ud sinkt bis zum Wert 0 bei ˛ D 90ı. Man bezeichnet diesen Vorgang, der einestufenlose Einstellung der gewünschten Gleichspannung gestattet, als Anschnittsteuerung.

Im Bereich 0ı � ˛ � 90ı ist nach Abb. 4.77 der Spannungsmittelwert Ud positiv, sodass bei einem wegen der Ventilwirkung der Thyristoren ebenfalls positivem Strom Id dieLeistung Pd D UdId vom Stromrichter an den Antrieb abgegeben wird. Man bezeichnetdiesen Steuerbereich als Gleichrichterbetrieb der Anlage. Mit ˛ > 90ı überwiegen danndie negativen Spannungsflächen, womit sich die Polarität der Gleichspannung ändert. Beigleicher Stromrichtung wie zuvor, bedeutet dies mit Pd D �UdId eine Umkehr der Ener-gierichtung. Der Gleichstrommotor liefert jetzt im Generatorbetrieb über den StromrichterLeistung an das Netz zurück. Man bezeichnet diese Ansteuerung des Stromrichters alsWechselrichterbetrieb und nutzt ihn zum Abbremsen des Antriebs.

Ähnlich wie hier am Beispiel der M3-Schaltung gezeigt, lässt sich auch für alle anderenSchaltungen nach Abschn. 2.2.1 die Spannungsbildung angeben. Allgemein gilt für denMittelwert Ud in Abhängigkeit vom Steuerwinkel ˛

Ud D Udi � cos ˛ (4.54)

wobei der maximale oder ideelle Wert Udi von der gewählten Schaltung abhängt.Nach Abschn. 2.2.1 gilt danach für dieZweipuls-Brückenschaltung B2

Udi D 2 � p2

�� U (4.55a)

Dreipuls-Mittelpunktschaltung M3

Udi D 3 � p6

2�� U (4.55b)

Sechspuls-Brückenschaltung B6

Udi D 3 � p6

�� U (4.55c)

wobei U jeweils die Strangspannung der Sekundärseite des Transformators ist.

Betriebsarten. Nach Gl. 4.3 wird mit UA D Ud das Verhalten der Gleichstrommaschinedurch die Drehmomentgleichung

M D c � ˚ � IA (4.56)

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4.6 Leistungselektronik 355

Abb. 4.78 Drehzahlkennlini-en n D f .M / der fremderreg-ten Gleichstrommaschine beiVierquadrantenbetrieb

und die Drehzahlgleichung

n D UA

2� � c ˚� RA � M

2�.c ˚/2(4.57)

bestimmt. Für die Drehzahlkennlinien n D f .M / einer fremderregten Gleichstromma-schine erhält man aus diesen beiden Gleichungen bei Erregung IEN, also ˚ D ˚N Dkonst. ein Diagramm nach Abb. 4.78. Parameter ist darin die relative AnkerspannungUd=Udi, wobei Ud D ˙Udi den Drehzahlbereich bei voller Erregung festlegt. Die Ab-szisse trennt Rechts- und Linkslauf der Maschine, die Ordinate positive und negativeDrehmomentrichtung. Die Quadranten 1 bis 4 erfassen damit Motor- und Generatorbe-trieb in jeweils beiden Drehrichtungen. Je nach Anforderungen an die Maschine sprichtman von einem Ein- oder Mehrquadrantenbetrieb und hat die Stromrichterschaltung ent-sprechend aufzubauen.

Drehzahlen oberhalb der durch Ud D Udi in Abb. 4.78 gegebenen Kennlinie lassensich nach Abb. 4.14 mit Feldschwächung, d. h. ˚ < ˚N erreichen.

Ein- und Zweiquadrantenbetrieb. Aufgrund der Ventilwirkung der Thyristoren erlaubteine einfache Stromrichterschaltung keine Richtungsumkehr des Ankerstromes iA. Da-gegen sind nach Gl. 4.54 mit ˛ > 90ı negative Gleichspannungen möglich, womit einBetrieb der Maschine in den Quadranten 1 und 4 von Abb. 4.78 zu verwirklichen ist. DasSchaltbild eines derartigen Stromrichters in Zweipuls-Brückenschaltung für einen Antriebkleinerer Leistungen ist in Abb. 4.79 angegeben, das gleichzeitig auch die Prinzipien derüblichen Regelung zeigt.

Die Einstellung der gewünschten Drehzahl nsoll über die Ankerspannung erfolgt nichtdirekt, sondern zur Vermeidung von unzulässigen Stromspitzen mit Hilfe einer unterla-gerten Stromregelung. Hierbei ergeben Soll- und Istwert der Drehzahl über den Dreh-zahlregler N1 zunächst nur einen Ankerstrom-Sollwert. Dieser wird mit dem Istwert ver-glichen und mit der Abweichung der nachgeschaltete Stromregler N2 angesteuert. Erstder Ausgang des Stromreglers liefert das Signal für das Impulssteuergerät N3 zur Ein-stellung eines bestimmten Steuerwinkels ˛ und damit der Gleichspannung Ud. Werden

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356 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.79 Stromrichterschal-tung für Zweiquadrantenbe-trieb. M1 Gleichstrommaschi-ne, M2 Tachogenerator, GR1Einphasen-Brückenschaltungmit Thyristoren, GR2 Dioden-schaltung, N1 Drehzahlregler,N2 Stromregler, N3 Impuls-steuergerät

über das Sollwertpotenziometer eine höhere Drehzahl und damit eine größere Anker-spannung verlangt, so erfolgt die Einstellung des dafür nach Gl. 4.54 benötigten neuenSteuerwinkels ˛ nicht unmittelbar, sondern nur allmählich im Rahmen der gewähltenStromgrenze IA soll.

Der nach obiger Schaltung mögliche Generatorbetrieb in Quadrant 4 ist nicht ohneweiteres geeignet, den normalen Bremsvorgang eines Antriebs aus Quadrant 1 zu über-nehmen, da die Drehrichtungen nicht übereinstimmen. Begnügt man sich daher mit einemEinquadrantenantrieb, so kann man die Hälfte der Thyristoren der Schaltung durch Diodenersetzen. Diese halbgesteuerten Stromrichter haben als wesentlichen Vorteil eine geringe-re Blindleistungsaufnahme in Abhängigkeit vom Steuerwinkel. Diese Besonderheit gehörtzum Thema Netzrückwirkungen und wird in Abschn. 4.6.3 erläutert. Die Spannungsbil-dung erfolgt bei halbgesteuerten Schaltungen nach der Beziehung

Ud D 1

2Udi.1 C cos ˛/ (4.58)

Hier wird also erst bei ˛ D 180ı der Wert Ud D 0 erreicht, womit ein Wechselrichterbe-trieb nicht möglich ist.

Vierquadrantenbetrieb. Ist für eine Gleichstrommaschine der Betrieb in allen vierQuadranten des n D f .M /-Kennlinienfeldes zu ermöglichen, so muss eine Schaltungvorgesehen werden, die auch einen Wechsel in der Drehmomentenrichtung gestattet. Jenach Leistung und den gestellten regeltechnischen Anforderungen sind hierfür die drei inAbb. 4.80 dargestellten Verfahren im Einsatz, bei denen entweder der Ankerstrom oderdie Erregung umgepolt wird.

Bei Ankerumschaltung (Abb. 4.80a) und unveränderter Erregung IE erfolgt eine Rich-tungsumkehr des Ankerstromes durch einen mechanischen Polwender. Für Anker- undFeldkreis ist jeweils nur ein Stromrichter erforderlich, womit diese Schaltung sehr wirt-schaftlich ist. Sie wird bis zu Leistungen von einigen 100 kW eingesetzt, erlaubt allerdingsauf Grund einer Totzeit von etwa 0,1 s während der stromlosen Umschaltung keine sehrraschen Umsteuerungen.

Page 93: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

4.6 Leistungselektronik 357

Abb. 4.80 Schaltungen für Umkehrantriebe. a Stromrichter mit Ankerumschaltung, b Feldumkehrdurch zwei Stromrichter, c Gegenparallelschaltung zweier Stromrichter

Nach den Gl. 4.56 und 4.57 kann eine Änderung der Drehzahl- und Drehmomenten-richtung und damit Betrieb in den Quadranten 2 und 3 bei gleichbleibender Ankerstrom-richtung auch durch eine Umkehr des Erregerstromes, also ˚ D �˚N erreicht werden(Abb. 4.80b). Diese Umschaltung kann ebenfalls mechanisch oder wegen der kleinen Er-regerleistung auch ohne zu hohen Aufwand durch zwei Stromrichter erfolgen. RascheFeldänderungen werden allerdings durch die Induktivität der Erregerwicklung verhindert.

Ist ein schnellerer Drehmomentenwechsel erwünscht, so führt man die Gegenparallel-schaltung zweier Stromrichter für den Ankerkreis (Abb. 4.80c) aus, von denen jeder eineAnkerstromrichtung übernimmt. In der kreisstromfreien Schaltung bleibt dabei jeweils derandere Teilstromrichter gesperrt, und die Umschaltung erfolgt durch eine Kommandostufein einer kurzen stromlosen Pause.

In der Ausführung als kreisstrombehafteter Umkehrstromrichter ist dagegen keiner-lei Totzeit mehr vorhanden. Hier sind stets beide Teilstromrichter im Einsatz, wobei dereine im Gleichrichterbetrieb die Energie liefert und der andere in Wechselrichteraussteue-rung bei gleich großer Spannung wartet. Die Summe der beiden Spannungsmittelwerteist immer null, doch fließt durch die Unterschiede in den Augenblickswerten ein über dieDrosselspulen L einstellbarer Kreisstrom.

4.6.1.2 GleichstromstellerTakten einer Gleichspannung. Mit Hilfe der Leistungselektronik ist es auch mög-lich, aus einem starren Gleichspannungsnetz eine einstellbare Spannung zur Steuerungeines Antriebs zu erzeugen. Die prinzipielle Schaltung eines derartigen Gleichstromstel-lers für einen Gleichstrom-Reihenschlussmotor an einer Batterie zeigt Abb. 4.81a. DasStellglied S erfüllt die Funktion eines elektronischen Ein- und Ausschalters und ist hierdurch einen GTO-Thyristor realisiert. Dieser kann mit einer Taktfrequenz fp D 1=Tp biszu einigen kHz geschaltet werden, wobei die Einschaltzeit mit 0 � T1 � Tp wählbar ist.

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358 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.81 Gleichstromsteller, a Prinzipschaltung, S elektronischer Schalter, D Freilaufdiode, bStrom- und Spannungsverlauf

Abb. 4.82 Transistor-Gleichstromsteller. GREingangsgleichrichter, CGlättungskondensator, T1–T4Transistor-Brückenschaltung,D1–D4 Freilaufdioden

Solange das Stellglied S leitet, wird mit i D iB Energie aus der Batterie bezogen. Da-mit in den Pausenzeiten der Strom im Motor nicht abgeschaltet ist, was ein pulsierendesDrehmoment und Überspannungen bedeuten würde, wird eine Freilaufdiode D gegenpar-allel geschaltet. Sie übernimmt mit i D iD den Motorstrom, der insgesamt nur entspre-chend den Zeitkonstanten D L=R der beiden Stromkreise leicht schwankt (Abb. 4.81b).

Der Mittelwert der Gleichspannung Ud am Motor kann über das EinschaltverhältnisT1=Tp einer Pulsbreitensteuerung nach

Ud D T1

Tp� UB (4.59)

zwischen null und der vollen Batteriespannung UB eingestellt werden. Gleichstromstellerwerden z. B. zur Steuerung der Fahrmotoren in batteriegespeisten Fahrzeugen und Nah-verkehrsbahnen eingesetzt. Sie gestatten durch Vertauschen der Lage von Stellglied undFreilaufdiode auch eine Nutzbremsung, d. h. Rückspeisung der Bewegungsenergie desFahrzeugs in die Batterie.

Transistorsteller. Mit Transistoren als Stellglied werden Gleichstromsteller heute zurVersorgung von Gleichstrom-Servomotoren verwendet (Abb. 4.82). Bei Taktfrequenzenbis ca. 20 kHz erhält man nahezu keine Totzeit und somit günstige regeltechnische Eigen-schaften.

Die angegebene Brückenschaltung mit den vier Transistoren T1 bis T4 erlaubt zunächsteinen Motorbetrieb in beiden Drehrichtungen. Für Rechtslauf werden z. B. die Transisto-ren T1 und T3 periodisch ein- und ausgeschaltet, für Linkslauf T2 und T4. Die Energie wirdüber einen Diodengleichrichter aus dem Drehstromnetz bezogen und die Gleichspannung

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4.6 Leistungselektronik 359

UC durch einen großen Pufferkondensator nahezu konstant gehalten. In den Ausschalt-zeiten des Rechtslaufs kann der Ankerstrom abwechselnd über die Freilaufkreise T1-D4

(nur T3 ausgeschaltet) und T3-D2 (nur T1 ausgeschaltet) weiterfließen. Für Linkslauf giltEntsprechendes mit den Freiläufen T2-D3 und T4-D1.

Für den Bremsbetrieb des Servoantriebs ist neben einer ausreichenden InduktivitätLA im Ankerkreis des Dauermagnetmotors erforderlich, dass der Kondensator C dierückgespeiste Energie aufnehmen kann. In der Praxis wird dies oft dadurch sicherge-stellt, dass an den Diodengleichrichter mit Kondensator mehrere Steller für verschiedeneVorschubmotoren (Mehrachsenantrieb) angeschlossen werden, zwischen denen dann einEnergieausgleich möglich ist.

Beispiel 4.16

Ein fremderregter Gleichstrommotor mit den Bemessungsdaten UAN D 340 V, IAN D17 A, nN D 1380 min�1 und der Leerlaufdrehzahl n0N D 1500 min�1 soll bei vollerErregung und dem Drehmoment M � MN im Bereich 0 � n � nN betrieben werden.Zur Energieversorgung ist ein B2-Stromrichter nach Abb. 4.79 mit Anschluss an das400 V-Netz vorgesehen.

Welcher Steuerwinkel ˛ ist für die Drehzahl n D 0;5 % erforderlich?

Der erste Term in Gl. 4.57 bestimmt die Leerlaufdrehzahl, womit sich die Konstante

2� � c˚ D UAN=n0N D 340 V=25 s�1 D 13;6 Vs bei 1500 min�1 D 25 s�1

ergibt. Der Drehzahlrückgang bei Belastung mit MN beträgt �n D n0 � nN D120 min�1.

Diesen Wert bestimmt der zweite Term in Gl. 4.57 und er bleibt bei verminderter Span-nung konstant. Damit gilt für die neue Leerlaufdrehzahl

n0 D 0;5nN C �n D 690 min�1 C 120 min�1 D 810 min�1

Für diesen Wert muss die Ankerspannung

UA D 2� � c˚n0 D 13;6 Vs � 810=60 s�1 D 183;6 V

eingestellt werden. Die maximale Gleichspannung ergibt sich bei der B2-Schaltungnach Gl. 4.55a zu

Udi D 0;9U D 0;9 � 400 V D 360 V

Die Steuerung der Spannung erfolgt nach Gl. 4.54 und muss den Wert Ud D UA erge-ben. Damit erhält man den Steuerwinkel über

cos ˛ D UA=Udi D 183;6 V=360 V D 0;51 zu ˛ D 59;3ı:

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360 4 ElektrischeMaschinen

Beispiel 4.17

Im Stromkreis eines dauermagneterregten Gleichstrommotors für UAN D 240 V,IAN D 10 A wirkt die Induktivität L D 0;4 H und der Widerstand R D 0;5 �. Zur Ver-sorgung und Steuerung steht ein Gleichstromsteller nach Abb. 4.82 mit UB D 250 Vund der Taktfrequenz fp D 1=Tp D 5 kHz zur Verfügung.

a) Welche Drehzahl n erhält man bei einem Einschaltverhältnis T1=Tp D 0;2, wenndie Leerlaufdrehzahl bei UAN den Wert n0 D 3600 min�1 D 60 s�1 hat?Aus Gl. 4.59 folgt für die Ankerspannung

UA D Ud D 0;2 � 250 V D 50 V

Durch Einsetzen von Gl. 4.56 in Gl. 4.57 erhält man die auf den Ankerstrom IA

bezogene Drehzahlbeziehung

n D UA

2� � c˚� RA � IA

2� � c˚

Im idealen Leerlauf mit IA D 0 gilt wie im Beispiel zuvor

2� � c˚ D UAN=n0 D 240 V=60 s�1 D 4 Vs

Für die Betriebsdrehzahl erhält man damit

n D 50 V

4 Vs� 0;5� � 10 A

4 VsD 675 min�1

b) Wie groß ist die Stromschwankung �i in Abb. 4.81 bei einem EinschaltverhältnisT1=Tp D 0;5? Nach dem Induktionsgesetz Gl. 1.53 gilt in der Differenzenform

�i D uL�t=L

Dabei ist uL�t die Spannungszeitfläche in der Zeit T1 oberhalb des Spannungsmit-telwertes Ud.Wegen T1=Tp D 0;5 wird Ud D 0;5UB und damit ebenfalls uL D 0;5UB. Für dieStromschwankung gilt dann

�i D uL � �t

LD UB � Tp

2 � 2 � L

�i D UB

4L � fpD 250 V

4 � 0;4 H � 5000 Hz

�i D 0;03 A

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4.6 Leistungselektronik 361

4.6.2 Stromrichterschaltungen für Wechsel- und Drehstromantriebe

Während man bei Gleichstrommotoren allein schon zur Versorgung mit der erforderli-chen Gleichspannung – das öffentliche Netz stellt diese nicht zur Verfügung – stets einenStromrichter benötigt, ist dies bei Drehstrommotoren nur zum Zwecke einer Änderungder Drehzahl gegeben. Diese wird nach den Ausführungen in diesem Kapitel maßgebenddurch die Drehfelddrehzahl

ns D f

p(4.60)

festgelegt. Bei Synchronmotoren stimmt mit n D ns die Läuferdrehzahl sogar exakt mitdieser sogenannten Synchrondrehzahl überein. Bei Asynchronmotoren gilt die Beziehung

n D f

p.1 � s/ (4.61)

Zur Drehzahlsteuerung von Drehstrommotoren allgemein benötigt man damit Strom-richterschaltungen, die in der Lage sind, aus dem öffentlichen 50 Hz-Spannungssystemeine Drehspannung wählbarer Frequenz zu erzeugen. Man bezeichnet diese in vielfältigerAusführung entwickelten Schaltungen als Frequenzumrichter. Sie sind heute der wich-tigste Baustein drehzahlgeregelter Antriebe und werden in Abschn. 4.6.2.3 behandelt.

Nach Gl. 4.61 bestehen zur Drehzahlsteuerung bei einem Asynchronmotor zusätzlichzur Frequenzänderung folgende weitere Möglichkeiten:

1. Der betriebsmäßige Schlupf s des Läufers gegenüber der Drehfelddrehzahl ns wirddurch Absenken der 50 Hz-Klemmenspannung vergrößert.

2. Der Schlupf s wird durch Entnahme und Rückspeisung von Energie aus dem Läufervergrößert.

3. Es erfolgt eine Umschaltung auf eine andere Polzahl 2p, was jedoch keine Technikder Leistungselektronik verlangt.

Die erste Technik verlangt den Einsatz eines Drehstromstellers, die zweite die Schaltungeiner untersynchronen Stromrichterkaskade.

4.6.2.1 Wechsel- und DrehstromstellerNach Abb. 4.83 sind in einen Wechselstromkreis zwei gegenparallele Thyristoren ge-schaltet, wobei jeder durch eine gemeinsame Steuerelektronik im Verlauf seiner positivenSpannungs-Halbschwingung gezündet wird. Erfolgt dies mit dem beliebigen Steuerwin-kel ˛, so wird, wie in Abb. 4.83b für den einfachsten Fall der ohmschen Belastung gezeigtist, nur ein Teil der Netzspannung uN an den Verbraucher geschaltet. Im Steuerbereich˛ D 0ı bis 180ı wird die Verbraucherspannung UR damit kontinuierlich zwischen demvollen Wert UN und null einstellbar. Im Unterschied zum Einsatz eines Stelltransformatorsist die Ausgangsspannung des Wechselstromstellers jedoch in Abhängigkeit von der Artder Belastung und des eingestellten Steuerwinkels stark oberschwingungshaltig.

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362 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.83 Wechselstromstel-ler mit ohmscher Belastung aSchaltung der antiparallelenThyristoren b Anschnittsteue-rung der WechselspannungUN

Abb. 4.84 Drehstrom-Asynchronmotor mitDrehstromsteller. a Schal-tung, b Drehzahlkennlinienund Betriebspunkte

Zur Spannungssteuerung der Asynchronmaschine am Drehstromnetz sind drei antipar-allele Thyristorpaare und damit ein Drehstromsteller nach Abb. 4.84a erforderlich. Umden stabilen Betriebsbereich der Motoren zu vergrößern, schafft man durch eine entspre-chende Läuferauslegung eine so weiche Drehzahlkennlinie, dass der Kipppunkt in derNähe des Stillstandes auftritt. Da das Kippmoment der Maschine dem Quadrat der Klem-menspannung U proportional ist, entsteht ein Kennlinienfeld nach Abb. 4.84b.

Die Motordrehzahl ist in einem weiten Bereich einstellbar, wobei allerdings mit klei-neren Drehzahlen immer höhere Läuferverluste auftreten und daher mit Rücksicht auf dieErwärmung nur geringere Lastmomente zulässig sind. Dies beschränkt die Anwendungvon Drehstromstellern im Wesentlichen auf die Steuerung von Pumpen- und Lüfteran-trieben, deren Lastmoment ML � n2 eine auf die mögliche Belastbarkeit zugeschnitteneCharakteristik aufweist.

Triacschaltung. Zur Drehzahlsteuerung von Kleinantrieben mit Anschluss an das 230 V-Wechselstromnetz werden heute meist ebenfalls Wechselstromsteller eingesetzt. Anstelleder bei Leistungen über ca. 5 kW üblichen Schaltungen mit gegenparallelen Thyristo-ren, verwendet man bei diesen elektronischen Steuerungen für Elektrowerkzeuge undHaushaltsgeräte (Bohrmaschinen, Staubsauger, Küchengeräte, Ventilatoren) als Stellglie-der Triacs (s. Abschn. 2.1.4.5), mit denen sich besonders preiswerte Lösungen ergeben.

Das Prinzip dieser Triacschaltungen, die auch vielfach zur Steuerung von Glühlampenund Heizungen (Dimmer) eingesetzt werden, ist in Abb. 4.85 gezeigt. Der Triac T alsWechselstromschalter wird durch einen Zündimpuls in jeder Spannungshalbschwingungüber eine Zünddiode D, Diac genannt, eingeschaltet. Der Diac liegt an der Spannung UC

eines Kondensators C und geht bei Erreichen einer Kippspannung Ukipp von meist et-wa 35 V plötzlich in den leitenden Zustand über, so dass durch den Entladestrom von C

über den Diac auf die Steuerelektrode des Triac ein Stromimpuls zur Zündung auftritt.

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4.6 Leistungselektronik 363

Abb. 4.85 Triacsteuerung von Universalmotoren. a Prinzipschaltung (T Triac, D Zünddiode),b Strom- und Spannungsverlauf

Mit dem Potenziometer Rp lässt sich die Aufladezeit des Kondensators C bis zur Kipp-spannung verändern und damit die Lage des Zündzeitpunktes bzw. des Steuerwinkels ˛

innerhalb der Halbschwingung der Netzspannung uN wählen. Abbildung 4.85b zeigt dieseVerhältnisse bei der Steuerung eines Universalmotors, der beim gewählten Winkel ˛ nurnoch die Teilspannung UM erhält.

4.6.2.2 Untersynchrone StromrichterkaskadeBei einer Drehzahlsteuerung des Asynchronmotors über einen erhöhten Schlupf s entstehtmit einer Aufnahmeleistung P1 und den Verlusten Pv1 im Ständer auf der Läuferseite dieVerlustleistung Pv2 D s .P1 � Pv1/. Für geringe Betriebsdrehzahlen n D ns.1 � s/

sind dies beträchtliche Werte, die man früher bei Schleifringläufermotoren auf Kosten desWirkungsgrades im Wesentlichen in Vorwiderständen in Wärme umgesetzt hat.

Die untersynchrone Stromrichterkaskade mit der Schaltung nach Abb. 4.86 ermöglichtnun eine Rückspeisung der sonst in den Läufervorwiderständen verheizten Leistung PR1,so dass nach Abzug der Verluste in Stromrichterschaltung und Transformator die LeistungPR2 rückgeführt wird. Das Netz muss damit nur die Differenz P1 � PR2 liefern und dergute Wirkungsgrad des Antriebs bleibt auch bei kleineren Drehzahlen in etwa erhalten.

Die dem Läufer entnommene Leistung PR1 wird in einem Diodengleichrichter nachAbb. 2.54b zunächst in einen Gleichstromwert Ud � Id umgeformt und danach über eineB6-Thyristorschaltung wieder in das Netz zurückgegeben. Der B6-Stromrichter arbeitetdazu wie in Abschn. 4.6.1.1 gezeigt im Wechselrichterbetrieb mit Steuerwinkeln ˛ > 90ı.Der Umweg über den Gleichstrom-Zwischenkreis ist zur Entkopplung des 50 Hz-Netzesvon der schlupffrequenten Läuferseite erforderlich.

Der Betrieb eines Schleifringläufermotors über eine Stromrichterkaskade ergibt etwazum originalen Verlauf n D f .M / parallele Kennlinien ähnlich einer Gleichstromma-schine mit Absenkung der Ankerspannung. Einsatzbereiche sind Pumpen-, Verdichter-

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364 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.86 Drehstrom-Schleifringläufermotor mit Stromrichterkaskade. a Schaltung der Strom-richterkaskade. M1 Drehstrommotor, T1 Transformator, GR ungesteuerter Gleichrichter, WR Wech-selrichter, b Drehzahlkennlinien eines Antriebs mit Stromrichterkaskade

Abb. 4.87 Frequenzumrich-ter für Drehstromantriebe.a Schaltung mit Di-odengleichrichter GR,Zwischenkreis-KondensatorC , IGBT-Wechselrichter WR.b Bildung der Sinusspannungu1 durch Pulsbreitensteuerungvon Ud

und Gebläseantriebe im Leistungsbereich von einigen 1000 kW, wobei der Drehzahlstell-bereich meist auf 0;5nN � n � nN beschränkt ist.

4.6.2.3 FrequenzumrichterZur Änderung der Frequenz eines Drehspannungssystems ist eine Umrichterschaltungerforderlich. Begnügt man sich mit einem Frequenzbereich bis maximal halber Netzfre-quenz, so lassen sich Direktumrichter einsetzen, welche die niederfrequente Spannungz. B. als Hüllkurve der 50-Hz-Schwingung erzeugen. Bekanntestes Beispiel ist hier dieschon in den 30er Jahren mit Quecksilberdampf-Stromrichtern vorgenommene Frequenz-umformung 50 Hz in 16 2

3Hz zur Versorgung von Bahnnetzen.

Freizügigkeit in der Frequenzeinstellung erhält man erst durch den Einsatz von selbst-geführten Umrichtern, z. B. nach Abb. 4.87. Über einen Gleichrichter GR wird zunächstein Gleichspan-nungs-Zwischenkreis mit konstanter Spannungshöhe Ud gespeist.

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4.6 Leistungselektronik 365

Der Pufferkondensator C dient zur Aufnahme von Oberschwingungsströmen. An denZwischenkreis wird ein dreiphasiger Pulswechselrichter nach dem Prinzip des Gleich-stromstellers angeschlossen. Ist ein Vierquadrantenbetrieb mit Nutzbremsung vorgesehen,so erfolgt die Energierücklieferung an den Zwischenkreis und von dort über einen netzge-führten Wechselrichter WR in das Netz.

Die Bildung der gewünschten Wechselspannung beliebiger Frequenz für den Motorkann z. B. nach dem Unterschwingungsverfahren (Abb. 4.87b) erfolgen. Die Gleichspan-nung wird hierbei in Form von unterschiedlich gepolten und verschieden breiten Recht-eckimpulsen an die Motorwicklung gelegt, so dass eine sinusförmige Grundschwingungder gewünschten Frequenz und Amplitude als Unterschwingung entsteht. Um die Maschi-ne mit konstantem Fluss ˚ zu betreiben, wird nach dem Induktionsgesetz also U � f � ˚die Höhe der Drehspannung der Frequenz angepasst. Entsprechend dem Ankerstellbereichbei der Steuerung einer Gleichstrommaschine (Abb. 4.16) erhält somit auch der Frequen-zumrichter einen Proportionalbereich U � f . Er reicht bis zum sogenannten Eckpunktseiner Kennlinie mit UN, fN, während darüber hinaus nur noch die Frequenz erhöht wird,was eine kontinuierliche Feldschwächung bedeutet.

Der Stand der Frequenzumrichtertechnik ist inzwischen durch eine prozessorgeführteSteuerlogik und Taktfrequenzen bis ca. 20 kHz gekennzeichnet. Damit werden stö-rende Zusatzgeräusche und Schwingungen weitgehend vermieden und ein annäherndsinusförmiger Motorstrom mit entsprechend geringen Zusatzverlusten erreicht. Das An-triebssystem Frequenzumrichter C Drehstrommotor ist damit eine echte Alternative zumklassischen Konzept Gleichrichter C Gleichstrommotor und wird zunehmend diesemvorgezogen. Als Vorteile beim Einsatz des Asynchronmotors sind zu nennen: höhereGrenzdrehzahlen, kleineres Läuferträgheitsmoment, keine Stromwenderprobleme, weni-ger Wartungsaufwand. Durch die Umrichtertechnik ist auch die Synchronmaschine alsdrehzahlgeregelter Antrieb verfügbar. Der Einsatzbereich reicht hier von Servoantriebenmit Leistungen unter 1 kW über Hauptantriebe für Werkzeugmaschinen, Walzgerüste undBahnen bis zu Großmaschinen im MW-Bereich.

In der klassischen Technik nach Abb. 4.87 mit einem Diodengleichrichter GR am Ein-gang liefert das Netz einen mit zwei Pulsen pro Halbschwingung stark von der Sinusformabweichenden Ladestrom für den Zwischenkreiskondensator C . Es entstehen daher dieim nächsten Abschnitt besprochenen, unerwünschten Netzrückwirkungen in Form vonStromanteilen höherer Frequenz. Diesen Nachteil kann man vermeiden, wenn man wie inAbb. 4.88 auch den Eingangsgleichrichter mit IGBT’s ausführt. Diese werden dann zurLadung von C so gepulst, dass der Verlauf des Netzstromes iN innerhalb eines Bandes si-nusförmig wird. In dieser Technik werden heute dauermagneterregte Synchronmaschinenals Vorschubantriebe versorgt.

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366 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.88 IGBT-Umrichterfür sinusförmige Netzströme

Abb. 4.89 Steuerblindleistung und Stromoberschwingungen. a Analyse des Rechteck-Wechselstromes einer B2-Schaltung beim Steuerwinkel ˛, b Verzerrte Stromkurve i beieiner Dimmerschaltung

4.6.3 Netzrückwirkungen von Stromrichteranlagen

Der Betrieb von Stromrichterschaltungen führt zu einer Reihe von Problemen hinsichtlichder Belastung des speisenden Netzes. Man bezeichnet diese speziellen Betriebsbedin-gungen als Netzrückwirkungen eines Stromrichters und muss ihnen gegebenenfalls mitbesonderen Maßnahmen begegnen.

4.6.3.1 SteuerblindleistungAlle Stromrichter, welche die Verbraucherspannung mit dem Verfahren der Anschnitt-steuerung verändern, erzeugen Netzströme i , die gegenüber der Spannung u um denSteuerwinkel ˛ nacheilen. In Abb. 4.89a wird dies für den B2-Stromrichter eines Gleich-stromantriebs wie in Abb. 4.79 gezeigt. Dabei ist angenommen, dass der AnkerstromiA D id durch eine große Glättungsspule den idealen konstanten Verlauf hat. Der Netz-strom besteht dann aus einem Rechteckwechselstrom i der Höhe IA und der Breite T=2

mit einer Phasenverschiebung gegenüber der Spannung u um den Winkel ' D ˛.Betrachtet man zunächst nur die aus einer Fourier-Analyse gewonnene Grundschwin-

gung I1 des Netzstromes I , so erkennt man, dass die Anschnittsteuerung zu einem mitdem Winkel ˛ ansteigenden Blindanteil Ib D I1 sin ' und damit zu einer sogenanntenSteuerblindleistung führt. Diese ändert sich ständig mit dem Steuerwinkel ˛ und kanndamit nicht wie der fast lastunabhängige Blindstrom eines Drehstrom-Asynchronmotorsdurch einen festen Kondensator kompensiert werden. Soll die Steuerblindleistung trotz-dem vom Netz ferngehalten werden, so muss eine stets dem augenblicklichen Steuerzu-stand angepasste Kompensation realisiert werden, was grundsätzlich durch eine Synchron-maschine aber auch spezielle Schaltungen der Leistungselektronik erfolgen kann.

Vielleicht überraschend ist, dass wie in Abb. 4.89b gezeigt, auch ein rein ohmscherVerbraucher wie der Widerstand in der Schaltung nach Abb. 4.83 bei Anschnittsteuerungseiner Spannung netzseitig zu einer Blindleistung führt. Der Grund liegt darin, dass an

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4.6 Leistungselektronik 367

den Thyristoren des Wechselstromstellers während des Sperrzustandes der entsprechendeAnteil der Sinusspannung anliegt, der Widerstand also wie bei Reihenschaltung mit einerSpule nur einen Teil der vollen Schwingung erhält.

4.6.3.2 OberschwingungenDie Analyse der Netzströme in Abb. 4.89a und b liefert außer der Grundschwingung I1

des Stromes I eine Vielzahl von Oberschwingungen mit einem ganzzahligen Vielfachender Netzfrequenz. Als Beispiel ist jeweils der 150 Hz-Strom I3 eingetragen. Stromrichter-schaltungen führen damit grundsätzlich zu netzfremden Stromanteilen auf den Leitungen,wobei die Amplitude dieser Oberschwingungen mit der Ordnungszahl v abnimmt. FürDrehstromanlagen mit den meist verwendeten B6-Stromrichtern sind mit dem Faktork D 1I 2I 3 usw. die Oberschwingungen nach der Beziehung

v D 6k ˙ 1 also v D 5I 7I 11I 13 usw.

typisch.Alle Stromoberschwingungen können nun mit der netzfrequenten Sinusspannung im

Mittel über eine Periode keine Wirkleistung bilden. Die Produkte UIv sind damit alle alsBlindleistung zu bezeichnen. Im Wechselstromnetz mit Verbrauchern der Leistungselek-tronik lassen sich damit die folgenden vier Leistungsanteile unterscheiden:

Scheinleistung S D UI (4.62)

Wirkleistung P D UI1 cos ' (4.63)

Verschiebungsblindleistung Q1 D UI1 sin ' (4.64)

Oberschwingungsblindleistung Qv D U �rX

I 2v D U �

qI 2 � I 2

1 (4.65)

Zur Berechnung der gesamten Scheinleistung S gilt dann die Beziehung

S Dq

P 2 C Q21 C Q2

v (4.66)

Die vier Teilleistungen, die bezüglich Q1 und Qy reine Rechenwerte sind, lassen sich nachAbb. 4.90 zu einem Quader zusammensetzen, in dem die Raumdiagonale die gesamteScheinleistung S ist. Nach Abschn. 1.3.1.4 und Gl. 1.79) wird das Verhältnis � D P=S

als Leistungsfaktor bezeichnet. Setzt man in diese Beziehung die obigen Gleichungen ein,so erhält man

� D I1

Icos ' D gi cos ' (4.67)

Darin bezeichnet

gi D I1

I(4.68)

den Grundschwingungsgehalt des Stromes I . Dieser ist in Netzen mit Anlagen der Leis-tungselektronik immer kleiner als 1 und das bedeutet, dass stets der Leistungsfaktor �

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368 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.90 Darstellung derLeistungsanteile in einemRaumdiagramm

geringer als der Verschiebungsfaktor cos ' ist. Man sollte daher nicht wie in der Praxishäufig anzutreffen, den cos ' als Leistungsfaktor bezeichnen. Beide Größen sind nur imSonderfall rein sinusförmiger Spannungen und Ströme gleich.

Bei Anlagen großer Leistungen wie z. B. Lichtbogenöfen mit Netzströmen im Bereichvon vielen kA können die entsprechend großen Stromoberschwingungen zum Problemwerden. Sie erzeugen nämlich vor allem an den Blindwiderständen X D !L der Trans-formatoren und Leitungen Spannungsverluste, die wegen ! D 2�f v überproportionalgroß werden und zu Verzerrungen in der Verbraucherspannung fuhren. Man verwendetdaher bei Großanlagen gerne B12-Schaltungen, bei denen die erste Stromoberschwingungschon die Ordnungszahl v D 11 hat und damit entsprechend klein ist.

Mitunter hilft nur noch der Einsatz einer Saugkreisanlage nach Abb. 4.91, die aus einerReihe von Reihenresonanzkreisen L C entsprechend Abschn. 1.2.2.2 besteht. Die Kon-densatoren C und Induktivitäten L werden nach Gl. 1.75 mit ihrer Resonanzfrequenz

f0 D fv D 1

2�� 1p

LC

auf die Frequenz fv der stärksten Stromoberschwingungen abgestimmt. Bei B6-Strom-richterschaltungen sind dies die Ordnungszahlen v D 5 und 7.

Bei Resonanzfrequenz fv besitzen die Saugkreise nur noch den ohmschen WiderstandR der Spulen und stellen damit für die betreffenden Stromanteile Iv praktisch einen Netz-kurzschluss dar. Der Reihenresonanzkreis saugt die Ströme Iv, die jetzt vom Stromrichteraus über die LC -Schaltung fließen, quasi an – daher sein Name – und hält sie so von derNetzleitung fern.

4.6.3.3 Störspannungen und EMVElektronische Schalter wie Transistoren und Thyristoren aber auch der Kohlekontakt ei-nes Kollektormotors sind die Quelle von hochfrequenten Störspannungen und Störfeldern.

Abb. 4.91 Schema einerSaugkreisanlage durch LC -Reihenresonanzkreise LC5,LC7 Saugkreise, ST Strom-richter, M Antrieb

Page 105: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

4.6 Leistungselektronik 369

Abb. 4.92 Störspan-nungen und Spannungs-Oberschwingungen durchLeistungselektronik

So erzeugen Stromrichter mit Anschnittsteuerungen und vor allem getaktete Transistorge-räte ein Spektrum, das bis etwa 30 MHz störend auf nachrichtentechnische Einrichtun-gen und Anlagen der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik wirken kann. In den VDE-Bestimmungen vor allem VDE 0875 bestehen daher schon seit langem Richtlinien zurMessung dieser Störungen und Grenzwerte für die zulässigen Störspannungen und Feld-stärken.

In jüngerer Zeit wird das Thema dieser „Funkstörungen“ im Rahmen des Gebietes derElektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) behandelt.

In Abb. 4.92 ist der allgemeine Fall von Störspannungen skizziert. Ein Gerät der Leis-tungselektronik ist die Quelle von Störspannungen Ustör und gibt diese in Richtung desNetzes ab. Die VDE-Bestimmungen, die inzwischen weitgehend auf Normen der EN (Eu-ropanormen) basieren, schreiben nun in einem Frequenzbereich von 150 kHz bis 30 MHzGrenzwerte für diese Störspannungen vor. Dabei werden keine Absolutwerte genannt,sondern ein Spannungspegel nach der Beziehung

u D 20 logUstör

U0

in dB (4.69)

definiert. Bezugsspannung ist der Wert U0 D 1 V und der Pegel wird in Dezibel dBangegeben. Je nach Einsatzbereich und Störfrequenz sind Pegel von 50 dB bis 80 dBzulässig.

In Abb. 4.92 ist in Richtung zum Verbraucher eine Oberschwingungsspannung Uv

eingetragen. Sie sagt aus, dass der Stromrichter z. B. einen Drehstrommotor bei Frequenz-steuerung mit einer Spannung versorgt, die eine Vielzahl von Oberschwingungen enthält.Die Folge können erhöhte Verluste, Geräusche aber auch frühe Wicklungsschäden sein.

Sowohl in Richtung des Netzes wie zum Verbraucher ist die klassische Maßnahme,die Ausbreitung der Störspannungen zumindest wesentlich zu mindern, der Einbau ei-nes Filters. Diese bestehen grundsätzlich aus Kombinationen von Kondensatoren C undDrosselspulen L mit um so mehr Bauteilen, je wirksamer sie sein sollen. Abbildung 4.93zeigt ein Netzfilter für Wechselstromgeräte, das unmittelbar am Eingang der Netzzulei-tung montiert ist. Es begrenzt sowohl das Eindringen hochfrequenter Störspannungen vomNetz in das Gerät wie auch das Austreten eigener Störenergie in das Netz. Im Prinzip be-stehen diese Filter alle aus LC-Tiefpässen, wie sie in Abschn. 1.2.2.2 behandelt wurden.Die Drosselspulen sind stets „stromkompensiert“, d. h. so gewickelt, dass der Betriebs-strom keine Magnetisierung verursacht.

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370 4 ElektrischeMaschinen

Abb. 4.93 EMV-Netzfilter fürIN D 10 A, C1 D 0;0047 F,C2 D 3300 pF , L D 0;36 mH

Die Wirkung der Filter wird durch ein Dämpfungsdiagramm gekennzeichnet, das an-gibt, um wie viel Dezibel die Störspannung in Abhängigkeit von der Frequenz gegenüberdem Betrieb ohne das Filter herabgesetzt wird. Typisch sind im Bereich von einigen MHzDämpfungen von 60 dB bis 80 dB.

Beispiel 4.18

Ein B6-Stromrichter für Anschluss an das Drehstromnetz 400 V=50 Hz führt in denZuleitungen 120ı-Rechteckströme mit Oberschwingungsanteilen der Frequenz fv Dv � 50 Hz.

Dabei gilt für die Ordnungszahl v D 5I 7I 11I 13 usw.

Um das Netz von den Anteilen I5 und I7 zu entlasten, sind zwei Saugkreise LC5 undLC7 auszulegen, die im Idealfall für ihre Ströme einen Kurzschluss erzeugen.

Die erforderlichen Produkte LC errechnen sich aus der Formel in Gl. 1.95 für die ent-sprechende Resonanzfrequenz zu

LCv D 1

.2� � v � fN/2

Mit fN D 50 Hz ergibt das

LC5 D 1

.2� � 5 � 50 Hz/2D 0;405 � 10�6 s2

LC7 D 1

.2� � 7 � 50 Hz/2D 0;207 � 10�6 s2

Aus der Blindstrom-Kompensationsanlage sind zwei Drehstrom-Kondensatoreinheitenmit einmal C5 D 50 F und C7 D 20 F vorhanden.

Damit ergeben sich die erforderlichen Induktivitäten zu

L5 D 0;405 � 10�6 s2

50 � 10�6s=�D 81 mH

L7 D 0;207 � 10�6 s2

20 � 10�6s=�D 10;35 mH

Page 107: Elektrotechnik für Maschinenbauer || Elektrische Maschinen und Leistungselektronik

4.6 Leistungselektronik 371

Beispiel 4.19

Ein B2-Stromrichterantrieb nach Abb. 4.79 mit Anschluss an 400 V Wechselspannungliefert beim Bemessungsmoment des Motors einen Ankerstrom IAN D 10 A. Durcheine sehr große Drosselspule sei er ideal geglättet.

Mit der Vereinfachung ' D ˛ sind bei einem Steuerwinkel von ˛ D 30ı der Leis-tungsfaktor und alle Einzelleistungen netzseitig zu bestimmen.

Bei idealer Glättung fließt netzseitig ein Rechteck-Wechselstrom der Amplitude IAN.Die Fourier-Analyse dieses Rechtecks liefert außer der Grundschwingung alle ungrad-zahligen Harmonischen mit dem Effektivwert

Iv D 2p

2

v �� IAN

Wechselstromseitig fließen damit die Sinusströme der Frequenz v � 50 Hz und demEffektivwert

Il D 2p

2

�� 10 A D 9 A; I3 D I1=3 D 3 A ; I5 D I1=5 D 1;8 A usw.

Der Grundschwingungsgehalt wird nach Gl. 4.68

gi D I1=I D 9 A=10 A D 0;9

Mit ' D ˛ D 30ı erhält man nach Gl. 4.67 den Leistungsfaktor

� D gi cos ' D 0;9 � 0;866 D 0;779

Für die Einzelleistungen erhält man:

Scheinleistung Gl. 4.62

S D UI D 440 V � 10 A D 4000 VA

Wirkleistung Gl. 4.63

P D UI1 cos ' D 400 V � 9 A � 0;866 D 3118 W

Steuerblindleistung Gl. 4.64

Q1 D UI1 sin ' D 400 V � 9 A � 0;500 D 1800 var

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372 4 ElektrischeMaschinen

Oberschwingungsblindleistung Gl. 4.65

Qv D U

qI 2 � I 2

1 D 400 V �p

102 � 92 A D 1744 var

Über Gl. 4.66 ist eine Kontrolle möglich

S Dq

P 2 C Q21 C Q2

v Dp

31182 C 18002 C 17442 VA D 4000 VA

Beispiel 4.20

Für eine Elektronik ist eine Gleichstromversorgung mit Ud D 12 V, Id D 20 mAerforderlich. Es soll ein konventionelles Netzgerät nach Abb. 2.58a also mit Ein-gangstransformator, B2-Gleichrichter, Glättungskondensator und Z-Diode verwendetwerden. Zur Verfügung stehen:

Transformator 230 V, 50 Hz=15 V und Z-Diode mit Pv D 0;48 W , Uz D 12 V

Es sind der erforderliche Schutzwiderstand R und die Kapazität C (s. auch Abb. 2.22)zu bestimmen.

Nach Abb. 2.53c beträgt der Scheitelwert der Wechselspannung u D p2 � 15 V D

21;2 V. Nach Abzug von ca. 1,5 V für die Schleusenspannung der jeweils zwei in Reiheliegenden Dioden ergibt sich die maximale Kondensatorspannung

UC max D 21;2 V � 1;5 V D 19;7 V

Am Schutzwiderstand liegt damit der Höchstwert UR max D UC max � Uz D 19;7 V �12 V D 7;7 V. Der zulässige Strom der Z-Diode beträgt

IZ max D Pv=Uz D 0;48 W=12 V D 40 mA

Damit ergibt sich als maximaler Strom im Widerstand

IR max D Id C IZ max D 20 mA C 40 mA D 60 mA

Der Schutzwiderstand errechnet sich dann zu

R D UR max=IR max D 7;7 V=0;06 A D 128;3 �

Damit die Z-Diode nach Abb. 2.21 auf dem steilen Ast ihrer Kennlinie bleibt, istIZ min D 0;1IZ max erforderlich. So gilt für den kleinsten Strom im Widerstand

IR min D Id C IZ min D 20 mA C 4 mA D 24 mA

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Literatur 373

Am Widerstand tritt jetzt die Spannung UR min D 128;3 � � 24 mA D 3;08 V auf, sodass der untere Wert der Kondensatorspannung

UC min D Ud C UR min D 12 V C 3;08 V D 15;08 V

beträgt. Nach Abb. 2.55 ergibt sich damit eine Differenz �U D UC max � UC min D19;7 V � 15;08 V D 4;62 V. Bei einem mittleren Entladestrom von IR D 0;5.24 C60/ mA D 42 mA benötigt man nach Gl. 2.18 eine Kapazität

C D 0;75 � IR

2f � �UD 0;75 � 0;042 A

2 � 50 Hz � 4;62 VD 68;2 F

Literatur

1. Fischer, R.: Elektrische Maschinen. 14. Aufl. München/Wien: Carl Hanser Verlag, 2009

2. Stölting, H.-D./Beisse, A.: Elektrische Kleinmaschinen. Stuttgart/Leipzig: B.G. Teubner, 1987

3. Fuest, K./Döring, P.: Elektrische Maschinen und Antriebe. 7. Aufl. Wiesbaden: Vieweg Verlag,2007

4. Stölting, H.-D./Kallenbach, E.: Handbuch elektrischer Kleinantriebe. 2. Aufl. München/Wien:Carl Hanser Verlag, 2002

5. Giersch, H.-U./Harthus, H./Vogelsang, N.: Elektrische Maschinen. 5. Aufl. Wiesbaden:B.G. Teubner, 2003