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Prozedursteuerung Steuerung von Abläufen
Elektrotechnik und Informationstechnik Institut für Automatisierungstechnik, Professur Prozessleittechnik
VL Prozessleittechnik 1 (SS 2012) Professur für Prozessleittechnik
Übersicht
• Steuerung von sequenziellen und parallelen Abläufen
• Ablauf von Schrittketten
• Interaktion von Ablauf- und Verknüpfungssteuerungen
• Schutzfunktionen und Betriebsarten in Ablaufsteuerungen
• Entwurf von Ablaufsteuerungen
22.05.2012 Folie 2 PLT1 / Urbas (c) 2008-2012
22.05.2012 PLT1 / Urbas (c) 2008-2012 Folie 3
Verwendung von Ablaufsteuerungen
• Verknüpfungssteuerungen Realisieren eine begrenzte, klar definierte Funktion
(gerätespezifisch) Verarbeiten kontinuierliche Eingangssignale und generieren
entsprechende Ausgangssignale
• Ablaufsteuerungen Koordinieren die vorhandenen Funktionen (prozessspezifisch) (De-)aktivieren Funktionen zur rechten Zeit mit den richtigen
Parametern Ermöglichen die schrittweise, zeit- und ereignisdiskrete
Abarbeitung sequenzieller und paralleler Abläufe Realisieren damit komplexe Prozessabläufe, z.B.
Herstellungsvorschriften für Produkte (Rezepte)
22.05.2012 PLT1 / Urbas (c) 2008-2012 Folie 4
Realisierung von Ablaufsteuerungen
• Formulierung eines Steuerungsproblems als Automat mit
– Schritten (definiert durch Aktionen) und – Transitionen (definiert durch Bedingungen)
• Vereinfachtes Petri-Netz – Automat mit Nebenläufigkeit (Verzweigungen!) – Mehr als ein Zustand kann aktiv sein!
• Aktionen – In jedem Schritt wird eine Menge von Aktionen ausgeführt, bis
der Übergang weiter geschaltet hat
Schrittkette, Ablaufkette, sequential function chart (SFC)
22.05.2012 PLT1 / Urbas (c) 2008-2012 Folie 5
Beispiel: Ampelschaltung
• Ablauf: – Beim Einschalten ROT – Schritt 1:
30 Sekunden ROT – Schritt 2:
5 Sekunden ROTGELB – Schritt 3:
20 Sekunden GRÜN – Schritt 4:
5 Sekunden GELB – Schritt 5:
weiter bei Schritt 1
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Beispiel: Ampelschaltung
Schritt Transition Kante Aktion Weiterschaltbedingung Sprung
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Aufbau von Schrittketten
• Schrittkette = wechselweise Abfolge von Schritten und Transitionen , die über gerichtete Kanten verbunden sind
• Erster Schritt = Start-Schritt – Einstiegspunkt, initialisiert die Funktionen
• Letzter Schritt = Ende-Schritt – Einziger Schritt ohne Folgetransition – Kann bei zyklischen Prozessen mit Start-Schritt verknüpft sein
(Kettenschleife), dann mit Folgetransition
• Transitionen schalten, wenn – Alle vorgeschalteten Schritte aktiv sind – Die Weiterschaltbedingung erfüllt ist
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Grundformen von Schrittketten
Einfache Kette Alternativverzweigung Parallelverzweigung
S 1
S 2
t 1
S 3
T 2
S 1
t 1
S 2
t 3
S 4
t 2
S 3
t 4
S 1
t 1
S 2
t 2
S 4
S 3
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Alternativ- & Parallelverzweigung
• Alternativverzweigung – Es wird genau ein Ast abgearbeitet – Transitionen in die einzelnen Äste nach der Verweigung – üblicherweise komplementär zueinander, Auswertung von links
nach rechts
• Parallelverzweigung – Es werden alle Äste parallel abgearbeitet – Transitionen vor der Verzweigung – Bei der Zusammenführung geht es erst weiter, wenn alle Äste
abgearbeitet sind
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Interaktion von Ablauf- und Verknüpfungssteuerungen • Schritten werden Aktionen zugeordnet
– Setzen Steuersignale in der Verknüpfungssteuerungen – Parametrieren und (de-)aktivieren Verknüpfungssteuerungen – Verschiedene Verarbeitungsarten für die Steuersignale
• Transitionen verarbeiten Prozesssignale – Prüfung der Weiterschaltbedingung durch Auswertung und
Kombination von Prozesswerten
Prozess- und Steuersignale müssen global deklariert (Symboltabelle) oder direkt adressiert werden
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Verarbeitungsarten von Aktionen
N Ausführen/Setzen solange Aktion aktiv (Standard)
R Rücksetzen (bis nächstes S)
S Setzen (bis nächstes R)
L Ausführen/Setzen solange Aktion aktiv, jedoch maximal x Zeiteinheiten
D Zeitverzögert Ausführen/Setzen
P Einmalige Ausführung/Impuls bei Betreten des Schritts
SD verzögert und gespeichert
DS gespeichert und verzögert
SL gespeichert und zeitbegrenzt
22.05.2012 PLT1 / Urbas (c) 2008-2012 Folie 12
Wenn Starttaster S0=1 und Wagen an Rampe (S2=1), dann
1. erst Transportband an (K1=1) und 2. nach 3 Sek. Förderschnecke an
(K2=1) Wenn Wagen gefüllt (S3=1), Stoptaster bedient (S1=0), oder Wagen nicht mehr an Rampe (S2=0), dann
1. Förderschnecke abschalten (K2=0)
2. 2. nach 5 Sek. Transportband aus (K1=0)
E-1
Förder-schnecke
Transportband
K1
M
K2
M
Waage
S3
S2
S0 Start S1 Stop
Beispiel: Beschickungsanlage
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Entwurf Beschickungsanlage
• Vier Zustände – Z0: ( Initialisierung, K1=0, K2=0 ) – Z1: ( Befüllen, K1=1, K2=0 ) – Z2: ( Befüllen, K1=1, K2=1 ) – Z3: ( Anhalten, K1=1, K2=0 ) – ( Anhalten, K1=0, K2=0 ) = ( Initialisieren, K1=0, K2=0)
Z0
Z1
Z2
Z3
S0 S2 3 sec S0 S2 S1v!S2v!S3
5 sec
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Analyse Beispiel
• Schritte – S001, S002, S004, S005
• Transitionen – Zustandsgesteuert
• S001 S002 – Zeitgesteuert
• S002S004 • S004S005
• Aktionen – N: Setze Variable solange in
Schritt – D: Setze zeitverzögert einen
Impuls
S 1
S 2
AND S0
S2
S 3
T1
S 4
OR S1
S2
N
D Time#3s
K1
T1
N
D Time#5s
K1
T1
N N
K1 K2
T2
S1
22.05.2012 PLT1 / Urbas (c) 2008-2012 Folie 15
Schutzfunktionen in Ablaufsteuerungen
• Prozessspezifische Schutzfunktionen müssen in den Ablaufsteuerungen implementiert werden
– Störüberwachung der angesteuerten Geräte und automatische Anlagensicherung im Störungsfall
– Manuelle Störungsbeseitigung im Falle anormaler Prozess-zustände (Verklemmungen, Gerätestörung)
– Sicheres und prozesstechnisch zulässiges Wiederanfahren nach längerer Unterbrechung
Automatisches Anhalten der Schrittkette
Ansteuerung der entsprechenden Schutzfunktionen der FB in den Verknüpfungssteuerungen
Wechselmöglichkeit zw. den Betriebsarten
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Betriebsarten in Ablaufsteuerungen
• Manuelle Eingriffe sind notwendig – Zur manuellen Störungsbeseitigung – Zum Test und zur Inbetriebnahme der Anlage
• Betriebsarten: – Automatikbetrieb: Ausführung entsprechend der Weiterschalt-
bedingungen – Handbetrieb: Ausführung entsprechend der Vorgaben des
Bedieners – Mischbetrieb: Ausführung entsprechend der Weiterschalt-
bedingungen und/oder der Vorgaben des Bedieners
• Verschiedene Schaltmodi im Handbetrieb: – Z.B: Starten, Stoppen, Anhalten, Beenden, Abbrechen,
Fortsetzen, Neustarten, Rücksetzen, Fehler (Siemens PCS 7)
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Unsichere Strukturen in Schrittketten
• Fehlerhafte Schrittketten durch Schleifen und Sprünge – Unsichere Kette: enthält Strukturen, deren Erreichbarkeit
durch das definierte Ablaufverhalten nicht sichergestellt ist – Partielle Verklemmung: Kette enthält eine innere Schleife,
die nicht mehr verlassen wird – Totale Verklemmung: Kette enthält eine Struktur, für die
keine zulässige Weiterschaltbedingung existiert
Solche Strukturen müssen mit formalen Entwurfsmethoden ausgeschlossen werden
Folie 18
Unsichere Strukturen in Schrittketten
S 1
t 1
S 2 S 3
t 2
S 4
t 3
S 5
t 4
S 1
t 1
S 2 S 3
t 2
S 4
t 3
S 5
t 5 t 4
S 6
t 6
S 7
t 7
Unsichere Struktur
Unerlaubte Struktur
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22.05.2012 PLT1 / Urbas (c) 2008-2012 Folie 19
Entwurf von Ablaufsteuerungen
• Vielzahl von formalen Entwurfsmethoden, z.B. – Zustandsgraphen: Modellierung als zusammenhängender,
gerichteter Graph mit Stellen und gerichteten Kanten Genau ein aktiver Zustand im Graphen Zustände sind mit Aktionen verknüpft, Übergänge mit
Bedingungen Können hierarchisch gegliedert und miteinander verknüpft werden
– Petri-Netze: Modellierung als zusammenhängender, gerichteter Graph mit Stellen, Transitionen und gerichteten Kanten
Stellen und Transitionen wechseln einander ab Alternativ- und Parallelverzweigungen sind möglich Dynamik des Systems wird durch Bewegung von Marken innerhalb
des Netzes modelliert (Nebenläufigkeit)
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Petri-Netze zum Steuerungsentwurf
• Semantik von Petri-Netzen ist grundsätzlich nicht festgelegt – Festlegung der Semantik je nach Anwendungsfall
Interpretiertes Petri-Netz (IPN): – Petri-Netz mit definierter Semantik – Festgelegte Informationsein- und –auskopplung Stellen: Aktionen => Ausgabesignale Transitionen: Bedingungen => Eingangssignale
Bild
quel
le: A
bel,
Lem
mer
(Hrs
g.) T
heor
ie
erei
gnis
disk
rete
r Sys
tem
e, 1
998
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Übliche Interpretierte Petri-Netze
• Steuerungstechnisch Interpretiertes Petri-Netz (SIPN) – IPN-Eingangssignale = Sensorsignale – IPN-Ausgangssignale = Aktorsignal Zum Entwurf des Steuerungsalgorithmus
• Prozessbezogen Interpretiertes Petri-Netz (PIPN) – Umgekehrte Zuordnung der Signale Zur Modellierung der nominalen Prozesse der Strecke
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Steuerungsentwurf mit Interpretierten Petri-Netzen 1. Modellierung des nominalen zu steuernden Prozesses als PIPN
− Vorgesehener Prozessablauf einschl. Störungen im Prozess − Modellierung in Sensorik und Aktorik
2. Formelle Spezifikation der Aufgabenstellung als SIPN
− Z.B. Mittels Rückwertsverschiebung (Zander, 2005)
3. Analyse und Simulation des Gesamtsystems − Verklemmungsfreiheit − Konfliktfreiheit (außer bewusst modellierte) − Widerspruchsfreiheit der Ausgangsbelegung − Keine instabilen Zwischenmarkierungen
4. Implementierung des SIPN auf das Zielsystem
Beispiel: Kreuztisch
Folie 23
SIPN
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Rückwärts-verschiebung PIPN
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Beispiel: Kreuztisch
Bild
quel
le: A
bel,
Lem
mer
(Hrs
g.) T
heor
ie
erei
gnis
disk
rete
r Sys
tem
e, 1
998
SIPN PIPN
Zusammenfassung
• Ablaufsteuerungen realisieren prozessspezifische Funktionen
– Sequenziell/parallel, zeit-/ereignisgetrieben – Verknüpft mit Verbindungssteuerungen über Aktionen und
Bedingungen – Steuern in versch. Verarbeitungsarten die Funktionen der
Basisautomatisierung zur Realisierung von Rezepten – Realisieren Schutzfunktionen und versch. Betriebsarten
• Zustandsgraphen und Petri-Netze sind häufige Entwurfs-verfahren für Ablaufsteuerungen
– Interpretierte Petri-Netze (SIPN und PIPN) ermöglichen systematisches Steuerungsentwurfs- und Verifikationskonzept
22.05.2012 Folie 25 PLT1 / Urbas (c) 2008-2012
22.05.2012 PLT1 / Urbas (c) 2008-2012 Folie 26
Literatur
• [1] Jörns, C.: Ein integriertes Steuerungsentwurfs- und Verifikationskonzept mit Hilfe interpretierter Petri-Netze. Dissertation, Universität Kaiserslautern (1996).
• [2] Litz, L.: Entwurf industrieller Prozesssteuerungen auf der Basis geeigneter Petri-Netz-Interpretationen. In: Schnieder, E. (Hrsg.): Entwurf komplexer Automatisierungssysteme. Braunschweig, 1995.
• [3] Uhlig, R.: SPS – Modellbasierter Steuerungsentwurf für die Praxis. Oldenbourg Verlag, 2005.
• [4] Wellenreuther, G. und Zastrow, G.: Automatisieren mit SPS: Theorie und Praxis. Vieweg und Teubner, 2002.
• [5] Zander, H., (2005). Entwurf von Ablaufsteuerungen für ereignisdiskrete Prozesse auf der Basis geeigneter Steuerstreckenmodelle. at - Automatisierungstechnik: Vol. 53, Issue 3, S. 140-150.