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elements41 Quarterly Science Newsletter Ausgabe 4|2012 EVONIK-INNOVATIONSPREIS 2012 Neun Mitarbeiterteams nominiert BIOTECHNOLOGIE Der Schlüssel für nachhaltiges Wachstum GESUNDHEIT Transparenz im Kessel

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elements41Quarterly Science Newsletter Ausgabe 4|2012

Evonik-innovationsprEis 2012

Neun Mitarbeiterteams nominiertBiotEchnologiE

Der Schlüssel für nachhaltiges WachstumgEsundhEit

Transparenz im Kessel

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2 inhalt

6

18

38

titElmotiv

Biotechnologielabor von Evonik in Halle-Künsebeck

nEWs

4 Mit Rat und Tat – Neuer wissenschaftlicher Beirat für elements 4 A.SPIRE – Eine neue Partnerschaft für Innovation 5 Investment in nordamerikanischen Technologiefonds 5 Partnerschaft bei Katalysatoren für nachhaltige

Chemieprodukte aus biobasierter Bernsteinsäure

coating & Bonding tEchnologiEs

6 Polyesterpolyole aus nachwachsenden Rohstoffen ermöglichen „grüne“ Klebstoffe

nEWs

11 Erste MMA-Produktionsanlage nach dem AVENEER®-Verfahren 11 Viskosefaser-verstärkte Biopolyamide: Hoher Biogehalt und

gutes Verstärkungspotenzial

BiotEchnologiE

12 30 Jahre Biotechnologieforschung bei Evonik: Der Schlüssel für nachhaltiges Wachstum

Evonik-innovationsprEis 2012

18 Neun Mitarbeiterteams für den Innovationspreis 2012 nominiert 19 Kategorie neue Produkte/neue Systemlösungen 22 Kategorie neuer oder verbesserter Prozess 25 Kategorie kreatives Kommunikationsmedium

BiokraftstoffE

28 Bio-MTBE – Retter der Biokraftstoffquote?

nEWs

33 Grundsteinlegung für neue Chemieanlage in Marl 33 Erdgaspipeline aus VESTAMID® NRG in Südamerika

innovationsmanagEmEnt

34 Erste Innovationskonferenz von Evonik für Top-Führungskräfte: Innovation führen

nEWs

37 Dr. Peter Nagler zum Gastprofessor in China ernannt 37 Erster Spatenstich für Methioninkomplex in Singapur

gEsundhEit

38 Maßgeschneiderte Herstellung funktioneller Pharmapolymere: Transparenz im Kessel

nEWs

43 Dr. Thomas Haeberle auf der ProcessNet 43 Neues Projekthaus Composites geplant

kommunikation

44 Agrarwirtschaft, wie sie wirklich ist

nEWs

47 S2B Bio an „Roadmap Bioraffinerien“ beteiligt 47 Ausbau der Produktion für Vernetzungsverstärker in Wesseling 47 Impressum

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3Editorial

Kommunikation

patrik WohlhauserMitglied des Vorstandes der Evonik Industries AG

„Mathe und Chemie – das brauchst du doch nie wieder.“ Dieser Satz stammt von einem angehenden Philosophiestudenten, der soeben die Schule beendet hat. Gelesen habe ich ihn in einer Reportage über die Probleme von Erstsemestern an deutschen Hochschulen angesichts überfüllter Hörsäle und teurer Studentenzimmer. Aus dem Artikel ging übrigens auch hervor, dass dieser Student Laptop und Handy besitzt. Beides wäre ohne Mathe und Chemie wohl kaum möglich.

Dass jemand, der einen Hochschulabschluss in Philosophie anstrebt, Mathe und Chemie für überflüssig hält, stimmt nachdenklich. Welchen Anteil haben wir als Chemieunternehmen daran? Kommunizieren wir zu wenig? Oder zu kompliziert? Was macht gute Kommunikation aus?

Eine mögliche Antwort darauf werden wir mit unserem Innovationspreis geben, mit dem wir immer kurz vor Weihnachten unsere Forscher für herausragende Leis­tungen auszeichnen. In diesem Jahr loben wir auch einen Spezialpreis für kreative Kommunikation aus. Damit würdigen wir die Kreativität unserer Mitarbeiter, die auf der Suche nach wissenschaftlichem Nachwuchs oder bei der Vermarktung unserer Produkte sehr erfolgreich ungewöhnliche Wege gehen.

Wir wollen mit dem Preis aber auch deutlich machen, wie wichtig Kommuni­kation im Innovationsprozess ist. Die Art, wie wir kommunizieren, wie wir mit Querdenken umgehen, Mitarbeiter motivieren und Führungsverantwortung für Innovation übernehmen, hat einen wesentlichen Einfluss darauf, wie innovativ wir sind. Wir haben deshalb im September mit den Top­Führungskräften von Evonik zwei Tage lang unsere Innovationskultur kritisch hinterfragt. Denn Innovation ist eine Daueraufgabe, die wir nur dann optimal erfüllen können, wenn wir alle an einem Strang ziehen und ein gemeinsames Verständnis von Innovation und Innova­tionskultur haben. Dies zu entwickeln und zusätzlichen Schwung zu erzeugen war Ziel dieser sehr interaktiven Veranstaltung. Und es ist uns gelungen. Wir haben mehrere Themen auf den Weg gebracht, mit denen wir die Innovationskraft von Evonik weiter schärfen werden.

Davon wird auch der oben erwähnte Philosophiestudent profitieren: in Form von neuen Produkten und Technologien, die der Gesundheit, der Ernährung oder der Ressourceneffizienz dienen. Vermutlich wird er es nicht zu schätzen wissen, aber auch dieser Kommunikationsaufgabe stellen wir uns – zum Beispiel mit dem Evonik Cyber­Classroom, einem interaktiven 3­D­Lernsystem, das wir jetzt auch auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt haben. Mit dem Cyber­Classroom unterstützen wir Schulen dabei, komplexe Chemiethemen leichter erlernbar zu machen. Und die Jugendlichen lernen ganz nebenbei, dass Wissenschaft und Technik nicht nur nützlich sind, sondern sogar auch Spaß machen können.

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4 nEWs

Mit Rat und Tat – Neuer wissenschaftlicher Beirat für elements32 Ausgaben lang, und damit fast genau acht Jahre, begleitete Dr. Norbert Finke vom Be reich Corporate Innovation Strategy & Manage ment von Evonik den Newsletter elements als wissenschaftlicher Beirat. Er beriet die Redaktion bei der Auswahl der Themen ebenso wie bei ihrer Aufbereitung für ein fachkundiges Publikum und hat so maßgeblich dazu beigetragen, elements in-tern wie extern zu einem gern gelesenen Newsletter zu machen. Finke wird sich künf-tig stärker auf seine Tätigkeit als Controller bei Corporate Innovation Strategy & Manage-ment konzentrieren. Deshalb hat Dr. Felix Müller im Sommer 2012 die Aufgabe des wissenschaftlichen Beirats übernommen, die gut zu seiner Zuständigkeit für International Scien tific Relations innerhalb von Corporate Innovation passt.

Herr Dr. Müller, welchen Bezug haben Sie zu elements?Ich lese elements seit vielen Jahren und habe die Zeitschrift immer als wichtigen Bestand-teil der wissenschaftlichen Kommunikation unseres Konzerns wahrgenommen – intern wie extern. Anders als vergleichbare Zeit-schriften hat sich elements trotz der journa-listischeren Aufmachung einen gewissen wis-senschaftlichen Anspruch bewahrt. Das be-grüße ich, und aus vielen Gesprächen mit Hochschulprofessoren weiß ich, dass das Heft auch an den Universitäten gut ankommt.

Wie verstehen Sie Ihre neue Rolle?Meine Rolle sehe ich unter anderem darin, mithilfe unseres Netzwerks an einer weiteren Verbreitung von elements im Hochschul-bereich zu arbeiten. Der Newsletter ist gut dazu geeignet, uns im wissenschaftlichen Um feld zu positionieren – als innovatives Unter nehmen, als interessanter Partner, als potenzieller Arbeitgeber. Ich nehme elements bereits jetzt immer mit, wenn ich Hoch schu-len besuche, und biete meinen Gesprächs-partnern und deren Studenten an, das Heft zu bestellen. Umgekehrt weiß ich durch mei-ne Kontakte, welche Themen die Hoch - s chulen besonders interessieren, und kann die Redak tion bei der Zusammenstellung der Themen entsprechend beraten.

Wie fügt sich die Aufgabe in Ihre sonstige Tätigkeit ein?Neben der Lobbyarbeit in Sachen Innovation bei der EU-Kommission in Brüssel gehören zu meinen Hauptaufgaben die Pflege von

Hochschulkontakten und die Organisation von Innovationsveranstaltungen in Europa, den USA und Asien, zum Beispiel unsere be-reits seit vielen Jahren etablierte Veranstaltung „Evonik Meets Science“. Das erfordert die häufige Präsenz an unseren Partneruniver-sitäten, etwa an der Jiao Tong University Schan ghai oder der University of Minnesota. Dort halte ich Vorträge, nehme an Hoch-schul veranstaltungen teil und halte unter an-derem Ausschau nach geeigneten Gemein-schaftsprojekten. Darin fügt sich die neue Aufgabe für elements sehr gut ein.

Was möchten Sie mit und für elements erreichen?Ich möchte dazu beitragen, elements als qua-litätsvolle wissenschaftliche Zeitschrift und als wichtige Plattform für Innovationsthemen zu erhalten. Da wir fast immer gemeinsam mit Partnern forschen, läge es nahe, diese stärker als bisher als Autoren einzubinden. Ich werde unser Netzwerk in diese Richtung nutzen.

A.SPIRE – Eine neue Partnerschaft für Innovation Evonik ist Gründungsmitglied von A.SPIRE aisbl, einer internationalen Non-Profit-Organisation. A.SPIRE vertritt die Privat wirt-schaft als Partner der Europäischen Kommis-sion in der neuen Public-private-Partner- ship(PPP)-Initiative „Sustainable Process Industry through Resource and Energy Efficiency“. Die Plattform umfasst 45 führen-de Akteure aus Industrie und Forschung in

den Bereichen Chemie, Stahl, Maschinenbau, Minerale, Zement, Keramik und Wasser aus rund zwölf europäischen Ländern. Evonik war bei der Ein weihungszeremonie im Juli in Brüs-sel durch Dr. Felix Müller von Corporate In-no vation Strategy & Management vertreten.

Die neue innovationsgetriebene Part - ner schaft ist Teil von Horizon 2020, dem For schungsprogramm der Europäischen Kom-

mission. Ziel von A.SPIRE ist die Beschäf - ti gung mit den großen sozialen Heraus - for derungen, die die EU-Kommission in der Agen da EUROPA 2020 definiert hat. A.SPIRE soll sicherstellen, dass Technologien und Best Practices entlang aller Stadien der industriel-len Wertschöp fungs kette entwickelt werden, die zu einer ressourceneffizienten Prozess-industrie beitragen. Konkret strebt die Initia-tive die Redu zierung des Verbrauchs fossiler Energie in der Industrieproduktion um bis zu 30 Prozent und eine gesteigerte Nutzung erneuerbarer Roh stoffe um bis zu 20 Prozent im Vergleich zum heutigen Verbrauch an.

A.SPIRE hat vor kurzem die Beratungen zum Vorgehen der PPP aufgenommen.

Dr. Norbert Finke (links) und

Dr. Felix Müller

Die Teilnehmer der A.SPIRE Gründungsveranstaltung in Brüssel

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5nEWs

Partnerschaft bei Katalysatoren für nachhaltige Chemieprodukte aus biobasierter Bernsteinsäure

Das Geschäftsgebiet Catalysts von Evonik Industries hat mit dem US-amerikanischen Unternehmen BioAmber Inc. eine langfris-tige Zusammenarbeit für die Entwicklung und Herstellung von Katalysatoren zur Pro duktion von BDO (1,4-Butandiol), THF (Tetra hydrofuran) und GBL (Gamma–Buty-rol ac tone) aus biobasierter Bernstein säure vereinbart. BDO, THF und GBL sind Indus-trie che mi kalien, die in einer Vielzahl von Anwendungen zum Einsatz kommen, zum Beispiel in Polymeren, Lösungs mitteln, Far-ben und Klebern. Der welt weite Markt für diese Pro dukte, die derzeit aus petroche-mischen Roh stoffen hergestellt werden, be-trägt 4 Mil liar den US-Dollar.

BioAmber ist ein führender Hersteller von biobasierter Bernsteinsäure aus erneuerbaren Rohstoffen. Bio-Bernsteinsäure ist eine Platt-formchemikalie, die für zahlreiche Produkte verwendet werden kann, die derzeit noch aus petrochemischen Rohstoffen hergestellt wer-den. BioAmber hat die Katalysatortechnologie zur BDO-Hydrierung 2010 von DuPont in Lizenz übernommen und sie dann mit den Partnern Evonik und dem Center for Applied Catalysis (Zentrum für Angewandte Katalyse) an der Seton Hall University in South Orange (New Jersey, USA) weiterentwickelt. Gleich-

zeitig haben BioAmber und Evonik damit begonnen, eine neue Generation von BDO-Katalysatoren zu entwickeln.

BioAmber betreibt die weltweit einzige Produktionsanlage für biobasierte Bernstein-säure in Pomacle (Frankreich) mit einem 350.000-Liter-Fermenter. Das Unter neh-men hat zusammen mit Mitsui & Co. in Sar-nia (Ka nada) den Grundstein für eine Anlage für Bio-Bernstein säure gelegt, die Ende 2013 mit einer Kapazität von 17.000 Tonnen in Betrieb gehen wird. Die Ausweitung der Kapazität auf 34.000 Tonnen Bernsteinsäure ist bereits geplant, genauso wie eine BDO-Anlage mit 23.000 Tonnen Kapazität bis Ende 2014. BioAmber plant den Bau weite-rer Bern steinsäure- und BDO-Anlagen zusammen mit Mitsui & Co. „Durch unsere Zusammenarbeit mit Evonik bekommen wir nun die Kata lysekompetenz und die Produk-tions mög lichkeiten für Katalysatoren, die wir brauchen, um eine wettbewerbsfähige BDO- und THF-Technologie zügig auf den Markt zu bringen“, so Jean-François Huc, CEO von BioAmber. „Wir sind froh, einen Partner vom Format von Evonik zu haben, der nicht nur unseren unmittelbaren Bedarf an Kata ly satoren optimieren und decken kann, sondern der mit uns auch eine neue

Generation Katalysatoren entwickelt“, fügt Huc hinzu.

Evonik ist weltweit führend in der Her-stellung und Entwicklung von Kata lysatoren für ein weites Feld von Reaktionen und Prozessen in der Industrie-/Petrochemie sowie in den Marktbereichen Life Sciences/ Feinchemie. Das Unternehmen bietet ein breites Katalysatorensortiment aus einer Hand sowie integrierte Dienstleistungen für seine Kunden. „Chemikalien aus erneuer-baren Rohstoffen für die Produkte des tägli-chen Lebens werden als Ersatz für rohöl-basierte Produkte immer wichtiger“, erläutert Dr. Wilfried Eul, Senior Vice President und Leiter des Geschäftsgebiets Catalysts von Evonik. „Zur Herstellung solcher Chemikalien gehören oft biotechnologische Prozesse und katalytische Umwandlungsschritte. Kataly - sa toren gibt es aber nicht von der Stange, sie müssen für jede einzelne Synthesereak-tion und die jeweiligen Prozessbedingungen maßangefertigt werden. Evonik ist stolz dar-auf, zusammen mit BioAmber als führendes Unter nehmen im Bereich biobasierte Bern-stein säure Innovationen voranzutreiben, was unsere Wachstumsstrategie auf der Grund-lage von Ressourceneffizienz unterstützt“, so Eul.

Investment in nordamerikanischen TechnologiefondsEvonik Industries stärkt seine Corporate- Ve n turing-Aktivitäten mit einem Investment in den nordamerikanischen „Pangaea Ven - t ures Fund III“ mit Sitz im kanadischen Van-couver. Der Fonds investiert in junge Tech-no logie unternehmen mit Fokus auf neue Materialien und Spezialchemie, einschließlich neuer Ener gie- und Umwelttechnologien sowie Nanotechnologie. Mit Corporate Ven-turing will Evonik mittelfristig ein Gesamt-volumen von bis zu 100 Millionen € in viel-versprechende Start-ups und führende spe-zialisierte Venture-Capital-Fonds investieren.

„Mit dem Investment in den Pangaea Ventures Fund III haben wir einen starken Partner in einem der weltweit dynamischsten Venture-Capital-Märkte mit unmittelbarem Bezug zu unseren eigenen Geschäfts ak ti-vitäten“, erläutert Dr. Bernhard Mohr, Leiter Corporate Venturing von Evonik. „Diese Investition ist für uns ein wichtiger Schritt bei der konsequenten Umsetzung der Interna tio-

Evonik beteiligt sich am Pangaea Ventures Fund III, der in junge Technologieunternehmen mit Fokus auf neue Materialien und Spezial­chemie investiert

nalisierungsstrategie unserer Corporate-Ven-turing-Aktivitäten.“

Evonik erhält mit dieser Beteiligung Zugang zu Partnerschaften mit jungen, inno-vativen Technologieunternehmen in indust-rieübergreifenden Segmenten mit den Merk-malen Energie- und Ressourceneffizienz sowie Nachhaltigkeit. Chris Erickson, General

Partner von Pangaea Ventures, erläutert: „Wir freuen uns, dass Evonik als ein führen-des Unternehmen der Spezialchemie nun in un seren Fonds investiert. Die Portfolio - un ternehmen von Pangaea profitieren von der Zusam menarbeit mit Evonik bei der Er schlie ßung neuer Märkte und der Entwick-lung neuer Technologien.“

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Evonik hat reaktive PUR­Hotmelts auf Grundlage der neuen biobasierten Polyesterpolyole umfangreichen anwendungstechnischen Tests unter­zogen. Das Ergebnis: Mit den neuen Polyesterpolyolen lassen sich Hotmelts mit verbesserten Eigen­schaftsprofilen formulieren

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7coating & Bonding tEchnologiEs

333

Polyesterpolyole auf der Basis von nachwach-senden Rohstoffen eröffnen den Formulierern von einkomponentigen feuchtigkeitshärten- den Schmelzklebstoffen neue Optionen in der Produktpalette. Evonik hat entsprechende maßgeschneiderte hydroxylgruppenhaltige Polyes ter polyole entwickelt und damit begon-nen, wie bei den auf Petrochemie beruhenden Polyo len ein Baukastenprinzip für die Formu-lierer zu verwirklichen. Schon jetzt ist klar, dass sich die Eigenschaften petrochemischer Produkte nicht nur nachbilden lassen, sondern auch Polyole synthetisierbar sind, die die For-mulierungsviel falt vergrößern.

[ text Sabine Thüner, Gabriele Brenner, Dr. Christina Diehl ]

das klEBEn gEWinnt als Füge­ und Verbindungs­technik in immer mehr Anwendungsbereichen an Bedeutung. Die Hersteller können dadurch Produkte häufig kostengünstiger und flexibler fertigen. Auch Gewicht lässt sich durch Kleben einsparen. Und durch das Kaschieren von Sichtflächen mit geeigneten Folien werden ganz neue Oberflächenbeschaffen­heiten möglich. Bei der Fertigung von Türen, Fens­tern und Möbeln, bei der Innenauskleidung von Automobilen, aber auch bei Funktionskleidung oder Buchrücken spielen einkomponentige feuchtigkeits­härtende Schmelzklebstoffe eine wichtige Rolle.

Solche Schmelzklebstoffe sind bei Raumtempe­ratur fest und lassen sich nach dem Aufschmelzen verarbeiten. Nachdem die Schmelze auf ein Bauteil aufgebracht ist, lässt sich die damit zu verklebende Komponente während der offenen Zeit ohne zusätz­liche Fixierung fügen, weil der Klebstoff eine sehr hohe Anfangsfestigkeit hat. Kühlt der Klebstoff ab und verfestigt sich, ist die Verbindung zwischen den beiden Teilen sofort funktionsfähig. Daher eignen sich feuchtigkeitshärtende Schmelzklebstoffe für Produktionsprozesse mit schnellen Taktzeiten. Mit diesen kurzen Taktzeiten geht nicht nur hohe Pro­duktivität, sondern auch Energieeffizienz einher.

Evonik hat mit der Entwicklung von maß ge­schneiderten hydroxylgruppenhaltigen Polyester­polyolen diese Klebetechnologie bereits vor vielen Jahren maßgeblich geprägt. Nicht umsonst ist das Spezialchemieunternehmen Marktführer im Bereich Poly esterpolyole für reaktive PUR­Hotmelts, die in der Kleb­ und Dichtstoffindustrie Anwendung finden. Den Weltmarkt für reaktive Hotmelts insgesamt schätzen Experten auf mehrere 10.000 Tonnen pro Jahr.

Die auf Polyesterpolyolen beruhenden PUR­ Hotmelts haften auf sehr unterschiedlichen Substra­ten, sind sehr temperatur­ und chemikalienbeständig, erreichen eine hohe Endfestigkeit und lassen sich bei relativ niedrigen Temperaturen verarbeiten – typisch sind 100 bis 140 °C. Sie sind langlebig

Polyesterpolyole aus nach- wachsenden Rohstoffen ermöglichen „grüne“ Klebstoffe

Anwendung von reaktiven Hotmeltsam Beipiel einer Küche

Profilummantelung

Kantenumleimung

Folien­ und Furnierlaminierung

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8 coating & Bonding tEchnologiEs

und – systembedingt – lösemittelfrei. Moderne Polyesterpolyole, wie die Produktreihe DYNACOLL® 7000 von Evonik, sind maßgeschneiderte, aus unter­schiedlichen Monomeren aufgebaute Funktions­bausteine. Sie zeichnen sich durch ein mittleres Molekulargewicht, eine lineare Struktur und Hydro­xylendgruppen aus.

Die Herstellung der reaktiven Hotmelts erfolgt in der Schmelze durch Umsetzung der Polyolgemische mit einem Isocyanat. Durch die Kombination von amorphen, flüssigen und kristallinen Copolyestern kann Evonik den Kunden Richtformulierungen für sehr unterschiedliche Anwendungen vorschlagen. Verschiedene Eigenschaften der Gemische resultie­ren aus der Morphologie der Funktionsbausteine: Amorphe Polyester verkürzen zum Beispiel die offene und die Abbindezeit der reaktiven Hotmelts, während flüssige Produkte die Formulierung von Klebstoffen sehr flexibel machen. Die kristallinen Bausteine schließlich steuern das Abbindeverhalten und erhöhen die Kohäsion des Klebstoffs. Das ange­botene Baukastensystem des Unternehmens umfasst daher rund 25 Polyesterpolyole.

Umstieg auf biobasierte Polyesterpolyole nur mit neuen Monomeren möglichAls Ausgangsprodukt der etablierten Polyester dien­ten bislang Erdöl und Erdgas. Doch seit rund zwei Jahren untersuchen Mitarbeiter des Geschäfts­bereichs Coatings & Additives, bedingt durch das steigende Marktinteresse, ob sich die Polyole außer auf dem petrochemischen Weg nicht auch aus erneu­

erbaren Quellen gewinnen lassen. Das ist durchaus eine Herausforderung für die Polymerdesigner, weil eine einfache Substitution der Monomere nicht rea­lisierbar ist. Vielmehr sind die in der Herstellung von Polyesterpolyolen eingesetzten petrochemisch basierten aromatischen und aliphatischen Diester, Dicarbonsäuren und Diole aus biologischen Quellen bisher nicht verfügbar.

Es galt also, einen völlig neuen Baukasten für die reaktiven Hotmelts zu entwickeln. Diese Aktivitäten fügen sich nahtlos in das Bestreben von Evonik ein, bei den eigenen Produkten durch einen verstärkten Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen den Fokus stärker auf die Megatrends Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit zu legen (Abb. 1).

Für Polyester geeignete biobasierte Dicarbon­säuren und Diole müssen ausreichend stabil sein, um die hohen Temperaturen einer Schmelzkondensation bei 200 bis 250 °C überstehen zu können. Zudem müssen sie in der Polykondensationsreaktion eine ausreichende Reaktivität zeigen, um sich in den Polyester einbauen zu lassen. Umfangreiche Unter­suchungen waren hierfür erforderlich.

Doch nicht nur die Chemie, auch der Markt bestimmte die Identifikation geeigneter Bausteine: Gibt es das Ausgangsprodukt in ausreichender Menge zu einem akzeptablen Preis? Und lässt die Marktent­wicklung dies auch für die Zukunft erwarten? Ein umfassendes und noch immer andauerndes Markt­Screening lieferte hierzu die erforderlichen Informa­tionen. Bisher fiel die Wahl für die Ausgangsprodukte der Dicarbonsäuren und Diole auf gängige Pflanzen wie Hirse, Mais oder Zuckerrübe. Der neue Bau­kasten für die Kunden von Evonik musste zwei

Abbildung 1Konventionelle Poly esterpolyole im Vergleich zu biobasiertenPolyesterpolyolen

333

Petrochemische Rohstoffe

Erdgas, Erdöl

Petrochemischbasierte Monomere

Aromatische und aliphatische Diester,Dicarbonsäuren und Diole

Konventionelle Polyesterpolyole

Nicht biobasiert, möglicherweise aber bioabbaubar

Nachwachsende Rohstoffe

Hirse, Mais, Rizinusöl

Biobasierte Monomere

Aliphatische Dicarbonsäuren und Diole

BiobasiertePolyesterpolyole

Möglicherweise zusätzlichbioabbaubar

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DYNACOLL® Terra

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9coating & Bonding tEchnologiEs

Vorgaben erfüllen: Erstens durfte er den Handlungs­spielraum der Klebstoffformulierer nicht einschrän­ken, was die Entwicklung von amorphen, flüssigen und kristallinen Polyestern erforderte. Zweitens sollte der Anteil biobasierter Monomere im Polyester mindestens 30 Prozent ausmachen.

Viskosität, Schmelzpunkt und Glasübergangstem­peratur bestimmen maßgeblich die Eigenschaften eines Polyesterpolyols und damit auch des formulier­ten PUR­Hotmelts, also Kenngrößen wie offene Zeit, Abbindezeit und Anfangsfestigkeit. Unter dem Mar­kennamen DYNACOLL® Terra hat Evonik inzwischen eine breite Palette an Polyesterpolyolen aus erneu­erbaren Rohstoffen auf den Markt gebracht. Es gibt sie wie bei den petrochemischen Produkten als Bau­kastensystem – drei kristalline, zwei flüssige und vier amorphe. Der Anteil der biobasierten, erneuerbaren Monomere liegt dabei je nach Polyol zwischen 30 und 100 Prozent (Abb. 2).

Die neu entwickelten Polyesterpolyole wurden in Modellformulierungen in vielfältigen Mischungs­verhältnissen kombiniert und die physikalischen und klebetechnischen Eigenschaften der reaktiven Hot­melts anwendungstechnisch geprüft. Dazu wurden zunächst die Eigenschaften von Hotmelts mit einem einzelnen Polyesterpolyol ermittelt und diese Unter­suchungen dann auf Gemische aus zwei und drei Komponenten ausgeweitet.

Biobasierte Polyesterpolyole erweitern das Eigenschaftsspektrum der reaktiven HotmeltsSo wurde deutlich, dass sich mit den biobasierten Formulierungen nicht nur reaktive Hotmelts mit vergleichbaren Eigenschaften wie bei petrochemisch erzeugten Schmelzklebstoffen herstellen lassen, sondern dass sogar verbesserte Produkte mög­

Abbildung 2Unter dem Marken­namen DYNACOLL® Terra gibt es aktuell drei kristalline, zwei flüssige und vier amorphe Polyester­polyole von Evonik

Da die Bausteine für die klassischen petro­chemischen Polyester­polyole aus biologi­schen Quellen nicht verfügbar sind, musste Evonik ein neues Bau kastensystem aus Polyesterpolyolen für reaktive Hotmelts entwickeln

333

Anteil an erneuerbaren

Rohstoffen [%]

Erweichungs­punkt (R&K)

[°C]

Schmelz­viskosität

[Pa s]

Amorphe Typen A 1 > 30 85 35 (130 °C)

A 2 > 30 85 32 (130 °C)

A 3 > 35 90 17 (130 °C)

A 4 > 30 95 15 (130 °C)

Flüssige Typen L 1 > 85 – 4 (80 °C)

L 2 > 75 – 4 (80 °C)

Kristalline Typen C 1 100 65 2 (80 °C)

C 2 100 75 3 (80 °C)

C 3 > 60 80 2 (80 °C)

Hydroxylzahl ca. 30 mg KOH/g und Säurezahl < 2 mg KOH/g

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lich werden. Ein Beispiel ist ein reaktiver Hot­melt für die Flächenkaschierung: Bei dieser An wen­dung sind lange offene Zeiten bei hoher Anfangs­festigkeit erwünscht. So konnte bei vergleichbar lan­ger offener Zeit die Abbindezeit der biobasierten im Vergleich zu konventionellen Formulierungen deut­lich verkürzt werden (Abb. 3).

Eine besondere Herausforderung ist auch die Ent­wicklung von reaktiven Hotmelts – zum Beispiel für die Kantenanleimung –, die sehr schnell abbinden müs sen. Dafür wird ein hochkristalliner Anteil in der Formulierung benötigt, was allerdings zu Unverträg­lichkeiten mit den amorphen Polyesterpolyolen füh­ren kann. Auch für dieses Problem fand man eine Lösung: Es wurden zwei neue amorphe Polyester­polyole entwickelt, die dank eines neu identifizierten biobasierten Monomers eine bessere Verträglichkeit aufweisen. Zusätzlich sorgt das Monomer dafür, dass die entwickelten Polyesterpolyole selbst bei hohen Glasübergangstemperaturen niedrigere Viskositäten besitzen. Diese sind sogar niedriger als der bisherige Standard. Letztlich bedeutet dies eine größere Viel­falt bei der Formulierung reaktiver Hotmelts. In der Kantenanleimung können so niedrigere Auftragstem­peraturen bei sonst gleichen Eigenschaften erzielt werden (Abb. 4).

Auch wenn die Entwicklung von biobasierten Polyesterpolyolen weitergeht, hat die Vermarktung der neuen Produkte bereits begonnen. Produktions­technisch sind dafür keine nennenswerten Anpassun­gen an den vorhandenen Anlagen erforderlich, weil die Synthesen mit denen von petrochemisch basier­ten Produkten vergleichbar sind. Evonik kann die Herstellung der biobasierten Produkte also kurz­fristig skalieren – und Klebstoffformulierer können ihren Kunden erstmals reaktive Hotmelts anbieten, die aus nachwachsenden Ressourcen stammen. 777

sabine thüner ist im Geschäftsbereich Coatings & Additives von Evonik verantwortlich für das Marketing der Hotmelts. telefon +49 2365 [email protected]

gabriele Brenner leitet im Geschäfts bereich Coatings & Additives die Anwendungstechnik Reaktive Hotmelts. telefon +49 2365 [email protected]

dr. christina diehl leitet im Geschäftsbereich Coatings & Additives das Innovation Management Adhesive Polyesters. telefon +49 2365 [email protected]

Reaktive Hotmelts sind vielseitig einsetzbar. Beispiele sind die Fertigung von Fenster pro filen (links)und die Flächen kaschierung von Türen und Möbeln (rechts)

333

Abbildung 3Flächenkaschierung mit einem reaktiven Hot melt (RHM) aus petro chemischen und aus biobasierten Polyes terpolyolen. Letzterer zeigt eine längere offene Zeit – das ist wichtig für die Appli kation – und eine verkürzte Abbindezeit

Offene Zeit Abbindezeit

Abbildung 4Reaktive Hotmelts (RHM) mit biobasierten Polyester­polyolen besitzen eine niedrigere Viskosität als solche mit petrochemisch basierten Polyester­polyolen. Damit sind zum Beispiel in der Kanten­anleimung niedrigere Auftragstemperaturen möglich

RHM aus petro­chemischen Polyes ter­polyolen

RHM aus biobasierten Polyes terpolyolen

[sec]

RHM mit petrochemischen Polyes terpolyolen

0

RHM mit biobasierten Polyes terpolyolen

200 400 600 800

Viskosität [Pa s]

Temperatur [°C]

150

130

100

50

0 110 1200

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11nEWs

Erste MMA­Produktionsanlage nach dem AVENEER® VerfahrenEvonik Industries startet die Basisplanung für eine neue Produktionsanlage für Methyl-methacrylat (MMA) nach dem AVENEER® Verfahren am Standort Mobile (Alabama, USA). Das Investitionsvolumen wird einen dreistelligen Millionen-€-Betrag umfassen. Die Großanlage mit einer Produktions ka pa-zität von 120.000 Tonnen soll Mitte 2015 in Betrieb gehen und bis zu 100 Arbeitsplätze in Mobile schaffen. Das Gesamtprojekt be-darf noch der Zustimmung der Gremien. Methacrylatmonomere und deren Folge-produkte sind die Basis innovativer Produkte für ressourceneffiziente Lösungen etwa für den Leichtbau in der Automobilindustrie.

„Mit der AVENEER® Technologie und unserer Entscheidung für Mobile bauen wir konsequent unsere globale Methacrylat-plattform und unsere führende Marktposition weiter aus“, so Dr. Dahai Yu, Vorstands mit-glied von Evonik Industries, verantwortlich für das Segment Specialty Materials.

Die Entscheidung für den künftigen Standort der ersten MMA-Anlage, die nach

dem neuen AVENEER® Prozess arbeiten wird, ist für Mobile (USA) gefallen. „Als größter nordamerikanischer Standort von Evonik bietet Mobile die Vorteile einer leis-tungsfähigen Infrastruktur sowie einer opti-malen Verfügbarkeit aller Rohstoffe und Energien“, erläutert Gregor Hetzke, Leiter des Evonik-Geschäftsbereichs Performance Polymers. Zudem ermöglicht die Lage des Standorts am Golf von Mexiko eine weltwei-te Versorgung der Kunden auf dem See weg. Bisher produziert Evonik MMA an den deut-schen Standorten Worms und Wesseling sowie im US-amerikanischen Fortier und in Schanghai (China).

AVENEER® basiert wie der traditionelle ACH-Sulfo-Prozess auf den Einsatzstoffen Ammoniak, Methan, Aceton und Methanol, kommt allerdings ohne den Einsatz von Schwe felsäure aus. Das von Evonik entwi -ckel te AVENEER® Verfahren ist sehr ressour-ceneffizient und damit besonders umwelt-schonend. Im Vergleich zum bisherigen Ver fahren nutzt AVENEER® mit einer Ge samt-

ausbeute von 95 Prozent die eingesetzten Ressourcen deutlich besser.

Evonik hat in einer Pilotanlage in Worms in den letzten fünf Jahren das innovative Ver-fahren zur technischen Reife gebracht. Ein wesentlicher Vorteil ist, dass in einer Anlage gleichzeitig Methylmethacrylat wie auch Methacrylsäure produziert werden können. „Das Verhältnis beider Produkte ist in weiten Grenzen einstellbar, was uns eine hohe Flexi-bilität bietet“, so Dr. Hans-Peter Hauck, Leiter des Geschäftsgebiets Acrylic Mono mers von Evonik.

Methylmethacrylat ist als Ausgangs pro-dukt der Methacrylatplattform von Evonik Basis für viele Produkte und ein bedeutendes Monomer des Konzerns. Mit mehr als 100 Jahren Erfahrung in der Methacrylatchemie produziert und vermarktet Evonik unter der Marke VISIOMER® neben MMA mehr als 50 Monomere, die aus MMA hergestellt werden bzw. dem MMA verwandt sind, und stellt der chemischen Industrie damit das umfassends-te Produktportfolio zur Verfügung.

Viskosefaserverstärkte Biopolyamide: Hoher Biogehalt und gutes Verstärkungspotenzial Evonik hat eine neuartige Kom bination aus biobasierten Hochleis tungs polyamiden und biobasierten Hochleistungs fasern entwickelt und auf den Markt gebracht.

Um die mechanischen Eigenschaften eines Kunststoffs zu erhöhen, werden oft Verstärkungsfasern, insbesondere Schnitt-Glasfasern, beigemischt. Bei biobasierten Polymeren bedeutet dies aber gleichzeitig, dass der Biogehalt sinkt und der ökologische Vorteil schwindet. Die Verwendung von Naturfasern als Alternative führte bisher hin-gegen zu einer deutlichen Senkung des Verstärkungspotenzials. Außerdem kommt es beim Endprodukt zu einer unangenehmen Geruchsbildung. VESTAMID® Terra mit Viskosefasern behält hingegen seinen hohen Biogehalt – und das bei einem sehr guten Verstärkungspotenzial.

Zwei Polyamidtypen der Produktfamilie VESTAMID® Terra bilden die Polymermatrix: Terra HS und Terra DS. Diese Polyamide wer-den teilweise oder komplett aus der Rizinuspflanze gewonnen. Handelsübliche Schnitt-Viskosefasern bilden das Verstär-kungsfasersubstrat. Viskosefasern sind unter dem englischen Name „Rayon“ oder auch als synthetische Zellulose bekannt. Sie werden

vollständig aus Holzderivaten bzw. Faserstoff gewonnen und basieren somit ebenfalls auf nachwachsenden Rohstoffen. Damit ergibt sich ein insgesamt hoher Biogehalt zwischen 67 und hundert Prozent.

Gerade im Vergleich mit glasfaserver-stärkten Systemen bietet die Kombination aus Viskosefasern und Polymermatrix eine deut-lich bessere CO2-Bilanz. Ein Beispiel: Die CO2-Ersparnis beträgt mehr als 57 Prozent bei einem Viskosefasersystem aus PA1010 mit 30 Prozent Füllgrad gegenüber einem um 30 Pro zent glasfaserverstärkten PA66. Zu dem weisen Viskosefasern eine deutlich geringere Dichte auf als mineralische Ver stär-

kungs fasern: Je nach Fasergehalt bieten die mit Viskosefasern verstärkten Bio polyamide eine Gewichtsreduktion von bis zu zehn Prozent – und das bei gleicher Ver stär kungs-leistung.

„Mit dieser Produktentwicklung wollen wir unseren Kunden eine kompromisslose Erweiterung für den Einsatz von biobasierten Produkten in technisch anspruchsvollen Anwendungen ermöglichen“, so Dr. Benjamin Brehmer, Business Manager Biopolymers bei Evonik. Evonik bietet VESTAMID® Terra Typen mit unterschiedlichem Fasergehalt an, um die verschiedensten mechanischen An sprüche zu erfüllen.

Leistungsstark und biobasiert – die Produktfamilie VESTAMID® Terra

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Der Geschäftsbereich Health & Nutrition hat vergangenen Oktober eine Tagung zur aktuellen und künftigen Rolle der Biotechnologie bei Evonik veranstaltet. Dabei standen die Herausforderungen der Anwendungsmärkte und die Frage, welche Antworten die Biotechnologie darauf liefern kann, im Mittelpunkt.

[ text Dr. Karin Aßmann ]

Der Schlüssel für nachhaltiges Wachstum

30 Jahre Biotechnologieforschung bei Evonik

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„Bringt man etwas erfolgreich an den Markt, ist es Innovation, ansonsten nur eine Erfindung.“

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gut ding Will Weile haben. Das gilt auch für die Biotechno­logie. Als das Vorgängerunternehmen von Evonik am Standort Halle­Künsebeck in Ostwestfalen im Jahr 1982 mit den For­schungsarbeiten für die fermentative Herstellung der Amino­säure L­Lysin und weiterer essentieller Aminosäuren begann, ahnten wohl auch die damaligen Verantwortlichen nicht, vor welche Herausforderungen die Industrie in der industriellen Biotechnologie gestellt wird. Heute, 30 Jahre später, mit mehr als 300 Millionen € Umsatz pro Jahr, einem global aufgestellten Produktionsnetzwerk und global aufgestelltem Verkauf, sieht man klarer. Halle­Künsebeck, mit derzeit 100 Mitarbeitern die biotechnologische Forschung für den Geschäftsbereich Health & Nutrition und eine Technologieplattform für Evonik zur Un­terstützung weiterer Geschäftsbereiche bei der Entwicklung von fermentativen Prozessen, bildet die Keimzelle für das heu­tige erfolgreiche Biotechnologiegeschäft des Spezialchemie­anbieters.

„Die Biotechnologie hat für Evonik inzwischen weltweite Bedeutung. Wir stehen am Anfang eines umfassenden Wachs­tumsprozesses mit existierenden Produkten und gleichzeitig vor dem Einstieg in neue Produkte und Problemlösungen mittels Biotechno logie“, betont Dr. Ralf Kelle, Forschungsleiter des Geschäftsgebiets Bioproducts. Grund genug für das Unter­nehmen, das Jubiläum mit einer zweitägigen Tagung Anfang Oktober 2012 zu würdigen.

An der Veranstaltung nahmen mehr als 150 Experten teil – Ver­treter von Hochschulen, von der Pharma­ und Ernährungsindus­trie, von Fördereinrichtungen und von Evonik. „Pharma­ und Ernährungsindustrie spüren beide einen großen Veränderungs­druck“, so Kelle, „und die Biotechnologie kann in beiden Fällen dabei helfen, ihn erfolgreich zu meistern.“ Siehe Evonik.

Patrik Wohlhauser, Mitglied des Vorstandes der Evonik In­dustries AG, geht davon aus, dass „wir bis zum Jahr 2020 allein im Geschäftsbereich Health & Nutrition mit biotechnologisch hergestellten Produkten eine Milliarde € umsetzen werden“. Die Biotechnologie biete in diversen Geschäftsfeldern interes­sante Chancen für künftiges profitables Wachstum und ermög­liche die verstärkte Ausrichtung der Wachstumsstrategie von Evonik auf eine nachhaltige Entwicklung.

Als Unternehmen und Industrie habe man in der Vergangenheit lernen müssen, dass „neue biotechnologische Entwicklungen lange brauchen. Aber wenn es dann funktioniert, dann funkti­oniert es wirklich“, so Wohlhauser mit einem Augenzwinkern. Aufgrund dieser Erfahrungen wähle Evonik einen selektiven Ansatz bei der Biotechnologie, indem sich das Unternehmen auf die meistversprechenden Bereiche konzentriere. Denn: „Inno­vationen erfordern viel Zeit.“

Diesen Ball nahm Dr. Peter Nagler, Chief Innovation Officer bei Evonik, in seinem Überblick über die Innovationsstrategie von Evonik auf: „Bringt man etwas erfolgreich an den Markt, ist es Innovation, ansonsten nur eine Erfindung.“ Damit aus Erfin­dung Innovation wird, hat Evonik die Forschungs­ und Entwick­lungsaktivitäten auf zwei Säulen gestellt: Bezogen auf das Ge­schäftsjahr 2011 entfielen etwa 80 Prozent des Etats in Höhe von 365 Millionen € auf die hauptsächlich markt­ und anwendungs­orientierte Forschung der Geschäftsbereiche, während die 333

dr. ralf kelle, Forschungsleiter des Geschäftsgebiets Bioproducts von Evonik

patrik Wohlhauser, Mitglied des Vorstandes von Evonik

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restlichen 20 Prozent der zentralen strategischen For­schungseinheit Creavis zur Verfügung standen. Die Creavis kon­zentriert sich auf langfristige und disruptive Innovationsziele auf einer Zeitskala von zehn oder gar 15 Jahren. In ihr sind Pro­jekthäuser und Science­to­Business­Center angesiedelt, unter anderem das S2B Center Biotechnology, das sich auf die Biopro­dukt­ und Prozessentwicklung mit den Schwerpunkten erneu­erbare Rohstoffe und synthetische Stoffwechselwege konzen­triert.

Gerade für den Erfolg mit biotechnologischen Produkten ist in Naglers Augen auch die Prozessoptimierung rund um die Fer­mentation wichtig: „Aus der Zusammenarbeit der Konzernfor­schung mit der Forschung in den Geschäftsbereichen und mit der Verfahrenstechnik entsteht der maximale Erfolg.“ Daneben betreibt Evonik intensiv Forschung mit Partnern in verschiede­nen Clustern oder Kooperationen und unterstützt seit diesem Jahr junge, vielversprechende Unternehmen mit Risikokapital – auch im Bereich der Biotechnologie.

„Die Biotechnologie ist für Evonik eine Schlüsseltechnologie, eine maßgebliche Technologieplattform“, unterstrich Dr. Reiner Beste, Leiter des Geschäftsbereichs Health & Nutrition bei Evo­nik, in seinem Vortrag. „Sie ermöglicht eine einzigartige Pro­dukt­Performance und Best­in­Class­Prozesse, durch die wir eine vorteilhafte Kostenposition erreichen.“

Was das bedeutet, erläuterte Beste am Beispiel der Amino­säuren als Futtermitteladditive. In diesem Bereich ist Evonik Marktführer und die Nachfrage steigt weiter. Neben der führen­den Marktposition bei dem chemisch hergestellten DL­Methionin ist die fermentativ hergestellte Aminosäure Biolys® mengen­mäßig bereits das wichtigste biotechnologisch hergestellte Pro­dukt des Unternehmens. Die Produktionsstätte in Nordamerika

hat seit 2012 eine Jahreskapazität von 280.000 Tonnen. In Bra­silien und Russland befinden sich zusätzliche Anlagen im Auf­bau, sodass die Kapazitäten sich dadurch um fast 200.000 Ton­nen pro Jahr erhöhen. Insgesamt investiert Evonik in die Anlagen in den USA, Brasilien und Russland rund 350 Millionen €. „Aus dieser starken technologischen und wirtschaftlichen Position wird Evonik weitere Futtermitteladditive entwickeln, die die Effizienz der Futterverwertung und die Gesundheit der Tiere erhöhen, bis hin zu integrierten Lösungen für eine nachhaltige Tierernährung“, kündigte Beste an.

Neben den klassischen Anwendungsmärkten in der Schweine­ und Geflügelzucht engagiert sich Evonik auch in neuen Märkten für seine Aminosäuren. Einer ist der der Aquakulturen. „Der Fisch verbrauch steigt, während die natürlichen Fischbestände des Meeres rückläufig sind“, umreißt Beste das Problem. „Daher

gehen Marktforscher davon aus, dass der Bedarf an Fisch aus Aquakulturen wächst.“ Deren Ernährung sei bislang aber nicht sonderlich nachhaltig, wie das Beispiel der Lachsaufzucht zeige: „Für ein Kilogramm Lachs sind bislang einige Kilogramm Futter erforderlich, das vorrangig aus Fischmehl besteht, das wiede­rum aus den Fischbeständen des Meeres gewonnen wird.“ Die Aminosäuren von Evonik verbessern die Nachhaltigkeitsbilanz deutlich, indem sie den Einsatz von Fischmehl minimieren, und erschließen dem Unternehmen diesen Markt.

Welche Bedeutung die Biotechnologie in den Kundenmärk­ten des Geschäftsbereichs Health & Nutrition hat, verdeutlich­ten mehrere Redner aus diesen Branchen. So beschrieb Dr. Peter

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dr. peter nagler, Chief Innovation Officer von Evonik

dr. reiner Beste, Leiter des Geschäftsbereichs Health & Nutrition

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„Aus der Zusammenarbeit der Konzernforschung mit der Forschung in den Geschäftsbereichen und mit der Verfahrenstechnik entsteht der maximale Erfolg.“

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Heinrich, Vorstandsvorsitzender von BIO Deutschland, dem Branchenverband der Biotechnologieindustrie, die Umbruch­situation in der Pharmawelt anhand von Marktzahlen. „Bei vielen Blockbuster­Medikamenten läuft der Patentschutz aus, aber Ersatzprodukte kommen nicht so schnell auf den Markt, dass sie diese Umsatzeinbußen ausgleichen können“, sagte Heinrich. Allein in den USA belaufen sich die Verluste dadurch auf 74 Milliarden US­Dollar seit dem Jahr 2009. Viele der heuti­gen Innovationen bei der Wirkstoffentwicklung gingen auf die Biotechnologie zurück. Heinrich erwartet daher, dass die Biotechnologie in der Pharma branche weiter an Bedeutung zunehmen wird und dass Biotech­ und Pharmafirmen enger zusammenarbeiten werden.

Deutlich wurde dieser Wandel der Branche im Vortrag von Prof. Dr. Uwe Bücheler. Er ist Senior Vice President Global Bio­pharmaceuticals Operations bei Boehringer Ingelheim und zeigte die Bedeutung der Biotechnologie anhand von drei Trends auf, die sich in der Pharmabranche abzeichnen: die Kombination mo­noklonaler Antikörper mit Toxinen, neuartige therapeutische Proteine und Scaffolds sowie die personalisierte Medizin.

Monoklonale Antikörper mit Toxinen zu kombinieren ist eine alte Idee, die inzwischen erste Erfolge zeigt. „So lassen sich To­xine spezifisch zu Tumoren bringen, was Chancen für viele neue Produkte besonders in der Onkologie eröffnet“, sagte Bücheler. Der zweite Trend beruht auf dem Ansatz, nur Teile monoklona­ler Antikörper oder auch andere Proteine bzw. Peptide, soge­nannte Scaffolds, zu verwenden, um mit diesen Molekülen zum Beispiel Gewebe leichter zu durchdringen oder sie spezifischer zum Ziel führen zu können. „Auch Moleküle mit verbesserten chemisch­physikalischen Eigenschaften wären damit denkbar“, so Bücheler weiter, „zum Beispiel Moleküle, denen hohe Tem­peraturen oder extreme pH­Wer te nichts anhaben können.“ Die

personalisierte Medizin schließlich berücksichtigt genetische Unterschiede der Patienten und kombiniert Diagnostik und The­rapie. „Aus Sicht des Patienten bedeutet dies eine passgenaue Behandlung, aus Sicht des Herstellers eine größere Vielfalt an Produkten mit kleinerem Produktionsvolumen pro Produkt.“

Wie die Lebensmittelindustrie das Thema Verbrauchervertrauen nach der BSE­Krise adressiert hat, schilderte Oliver Thelen, stell­vertretender Geschäftsführer und Prokurist bei der QS Qualität und Sicherheit GmbH. Auch auf Betreiben des Einzelhandels, der im Krisenfall über die Zuverlässigkeit und Unbedenklichkeit der verkauften Produkte Klarheit haben will, baute die Branche im vergangenen Jahrzehnt eine durchgehende Qualitätssiche­rung auf, die alle in den Prozess der Lebensmittel herstellung und ­verteilung Involvierten einschloss: vom Futtermittelpro­duzenten über die Landwirtschaft und Tierhaltung bis hin zu Schlachtbetrieben, Weiterverarbeitern und dem Lebensmittel­handel. „Inzwischen nehmen am QS­System 130.000 Unterneh­men teil, die schwerpunktmäßig in Europa angesiedelt sind“, so Thelen. „Jedes mitwirkende Unternehmen weiß, dass seine Lie­feranten und seine Kunden ebenfalls zertifiziert sind.“

Dieses Prinzip bringt Verlässlichkeit und Transparenz in die Prozesskette. Zertifizierte Unternehmen erfüllen definierte Anforderungen etwa in Bereichen wie Hygiene, tierärztliche Befunde oder allergieauslösende Substanzen; Audits sollen für die Einhaltung sorgen. Zwischen 2005 und 2011 gab es mehr als 263.000 reguläre Audits. „QS arbeitet mit einem risiko­orientierten Ansatz. Betriebe, die im Audit gut abschneiden,

dr. peter heinrich, Vorstandsvorsitzender von BIO Deutschland, dem Branchenverband der Biotechnologieindustrie

prof. dr. uwe Bücheler, Senior Vice President Global Biopharmaceuticals Operations bei Boehringer Ingelheim

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Arbeitsbedingungen, verantwortungsvolle Community­Bezie­hungen, Verantwortung für die Umwelt sowie gute landwirt­schaftliche Praktiken.

„Verhandlungen und Konsensfindung sind nicht leicht“, ge­stand Oskam ein, trotzdem ist er optimistisch, dass RTRS eine Entwicklung einleitet, die letztlich allen Beteiligten dient. Nut­reco zum Beispiel will bis 2020 seinen Sojabedarf zu 100 Prozent aus nachhaltigen Quellen decken, die Schweiz bereits ab 2015 und Unilever hat einen 50­Prozent­Anteil bis 2015 angekündigt.

Zwei Vorträge schließlich widmeten sich nochmals den Aktivi­täten von Evonik, um künftige Geschäftsfelder und neue An­wendungsmärkte zu identifizieren. Zunächst gewährte Dr. Bern­hard Schleich, Leiter Corporate Foresight bei Creavis Techno­logies & Innovation, den Teilnehmern einen Blick auf die Ar­beitsweise des Foresight­Teams im Konzern, um neue, disruptive Technologien und Trends rechtzeitig zu erkennen und für das eigene Geschäft zu nutzen. Die Perspektive ist mit zehn bis 15 Jahren dabei eher langfristig, und das Team agiert holistisch: Neben Technologie und Ökonomie spielen immer auch Politik, Ökologie und Gesellschaft eine wichtige Rolle in den Untersu­chungen. „Methodisch nutzen wir dazu Szenariotechniken und innovative Workshop­Tools“, so Schleich.

Corporate Foresight könne nicht jederzeit alles beobachten, weshalb man Fokusthemen festgelegt habe. „Bei Evonik konzen­trieren wir uns derzeit auf Megacitys, weil sie die Hotspots des wirtschaftlichen Wachstums sein werden und dort gleichzeitig die Zukunftsprobleme der Menschheit zu Tage treten“, erklärte

Jaap oskam, Chief Procurement Officer des Futtermittelherstellers Nutreco N.V.

oliver thelen, stellvertretender Geschäftsführer und Prokurist bei der QS Qualität und Sicherheit GmbH

333 werden seltener kontrolliert als Betriebe, die nicht so gut dastehen“, erläuterte Thelen.

Zusätzlich zu den Audits führt QS Monitoring­Programme durch, die Tierfutter auf Umweltgifte, Pestizide und Mikroor­ganismen, Fleisch im tierhaltenden Betrieb und im Schlachthof auf Salmonellen und Obst sowie Gemüse auf Rückstände unter­suchen. Zudem bietet QS seit diesem Jahr ein Überwachungs­programm für Antibiotika in der Geflügel­ und Schweinemast an. „Zunächst geht es hier um die Erhebung verlässlicher Daten, weil die eben auch bei den zuständigen Behörden nicht oder nur sehr spärlich vorliegen. Aus diesen Daten sollen dann konkrete Maßnahmen zur Reduzierung des Antibiotikaein satzes abgelei­tet werden“, so Thelen.

Auch Jaap Oskam befasste sich in seinem Vortrag mit nach­haltigeren Prozessen: Der Chief Procurement Officer des Fut­termittelherstellers Nutreco stellte die Bemühungen der Branche vor, neue Nachhaltigkeitsstandards für die Sojaproduktion zu erarbeiten, die von möglichst vielen Beteiligten – Herstellern, Bauern, Nichtregierungsorganisationen, Staaten – akzeptiert und eingehalten werden. „In den kommenden Jahren muss es gelingen, die Futtermittelproduktion zu verdoppeln und den ökologischen Footprint dabei zu halbieren – eine Herausfor­derung“, so Oskam mit Blick auf die wachsende Weltbevölke­rung. Die dazu 2006 gegründete Round Table on Responsible Soy Association (RTRS) zählt inzwischen mehr als 160 Mit­glieder, darunter auch China und Indien.

Vor zwei Jahren hat RTRS den ersten Standard veröffentlicht, der künftig die Basis für nachhaltiges Wirtschaften bilden soll. Im Kern umfasst er fünf Prinzipien: Einhaltung der Rechts­vorschriften und gute Geschäftspraktiken, verantwortungsvolle

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„... denn letztlich geht es um die nachhaltige Erzeugung qualitativ hochwertiger und gesunder Nahrungsmittel für den Menschen.“

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Schleich. Diese Herausforderungen gilt es zunächst auf den Geschäftskontext herunterzubrechen und dann die Implika­tionen für Evonik daraus abzuleiten.

Ganz wichtig ist Input von außen: Zu den Workshops lädt das Unternehmen Architekten, Stadtplaner und Nichtregierungs­organisationen ein. Dem Foresight­Kernteam, das fünf Voll­zeitstellen umfasst, stehen dazu dedizierte Kollegen aus allen Geschäftsbereichen zur Seite. Der übergeordnete Lenkungs­ausschuss tagt unter der Leitung von Evonik­Vorstandsmitglied Patrik Wohlhauser.

Das Bild der Megacitys und das damit verbundene Thema der Nachhaltigkeit diente auch Dr. Thomas Kaufmann, Leiter New Business Development im Geschäftsbereich Health & Nutrition, als Einstieg in seinen Vortrag. Da sein Arbeitsfokus aber auf die nähere Zukunft gerichtet ist, ging er am Beispiel der Tier ernährung der Frage nach, was Nachhaltigkeit in diesem Kontext bedeuten kann und welche Impli kationen sich daraus für den Geschäftsbereich Health & Nutrition ergeben. „Die Nachhaltigkeit von Futtermitteladditiven muss besser kommu­niziert werden“, so seine These, „selbst an Hochschulen gibt es dazu falsche Vorstellungen.“

Evonik hat in Life Cycle Assessments, die vom TÜV zerti­fiziert wurden, bereits mehrfach nach gewiesen, dass Amino­säuren als Futtermitteladditive den Bedarf an Rohstoffen und die Abgabe von Schadstoffen senken. „Das ist kein Green­ Washing“, bekräftigte Kaufmann. Der Geschäftsbereich will diese Argumente nun verstärkt gegenüber seinen Kunden kom­munizieren und diesen auch Tools an die Hand geben, damit sie selbst ermitteln können, wie sich eine veränderte Zusammen­setzung des Tier futters auf die Nachhaltigkeit des eigenen Geschäfts auswirkt.

Darüber hinaus sprach Kaufmann auch neue Wachstumsfelder an. So sieht Evonik zum Beispiel bei der landwirtschaftlichen Nutztierfütterung und ­haltung im Management von Nähr­stoffen, Krankheitserregern und Darmgesundheit noch viele ungelöste Probleme – etwa das Erkennen von Infektionen, die noch keine veterinärmedizinische Indikation erforderlich machen. „Hierfür entsprechende Lösungen zu entwickeln, ist

eine komplexe, aber wichtige Aufgabe, denn letztlich geht es um die nachhaltige Erzeugung qualitativ hochwertiger und gesun­der Nahrungsmittel für den Menschen“, so Kaufmann. Aber auch hierbei – und damit schließt sich der Kreis – setzt Evonik große Hoffnungen in die Biotechnologie.

In einem Rundgang durch die Labore mit vielfältigen Präsen­tationen und Demonstrationen sowie direkter Interaktion mit den Mitarbeitern in Künsebeck konnten sich die Besucher davon überzeugen, dass Evonik sowohl über die technologische Kom­petenz als auch über die Begeisterung verfügt, die notwendig ist, die Zukunft erfolgreich zu gestalten. 777

dr. karin aßmann ist seit Mitte 2012 im Bereich Corporate Inno vation Strategy & Mana gement verant-wortlich für wissenschaftliche Kommunikation. Nach Chemiestudium und Promotion in makromo lekularer Chemie an der Albert-Ludwigs-Univer sität Freiburg stieg sie über ein Stipen dium des Fonds der chemischen Indus trie in den Wissenschaftsjournalismus ein. 1996 kam sie zu Evonik Industries, wo sie seither im Bereich Kom mu ni ka tion unterschiedliche Aufgaben wahr ge-nommen hat; unter anderem ist sie seit zehn Jahren für die Redaktion der Zeitschrift elements verantwortlich.telefon +49 6181 [email protected]

dr. Bernhard schleich, Leiter Corporate Foresight bei Creavis Technologies & Innovation

dr. thomas kaufmann, Leiter New Business Development im Geschäftsbereich Health & Nutrition

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18 nominiErt für dEn Evonik-innovationsprEis 2012

Die Finalisten für den unternehmenseigenen Innovationspreis von Evonik stehen fest. Eine fünfköpfige Jury, der Dr. Peter Nagler (Leiter Corporate Innovation Stra­tegy & Management), Dr. Georg Oenbrink (Leiter Innovation Networks & Com­muni cations) sowie drei Innovationsmanager aus den Geschäftsbereichen angehör­ten, hat aus insgesamt 22 Bewerbern neun Teams nominiert – jeweils drei in den Kategorien neue Produkte/Systemlösungen und neue oder verbesserte Verfahren sowie in der Kategorie kreative Kommunikation, für die in diesem Jahr zusätzlich ein Preis vergeben wird. „Kommunizieren, informieren und Wissen teilen sind wesentliche Erfolgsfaktoren im Innovationsprozess“, begründete Nagler die Auslobung dieses Sonderpreises.

In die Finalrunde geschafft haben es: ein Klebstoff für Textilien für faserverstärkte Verbundwerkstoffe; Membranmodule zur Biogasseparation; Vakuumisolations­paneele für energiesparende Haushaltsgeräte; eine neue Technologieplattform für

die Entwicklung von Mattierungsmitteln; eine Technologie, die dafür sorgt, dass Erdgaspipelines nicht verstopfen; ein Katalysator, der die Herstellung von Methionin und Superabsorbern wirtschaft­licher macht; die Kommunikationsplattform MOVE 360°; der European Ag (Agriculture) Trip sowie DYNAVIS®: wie man Endkunden Nutzen vermittelt.

Wer in den drei Kategorien das Rennen macht und jeweils 30.000 € gewinnt, wird am 12. Dezember 2012, dem Tag der Preisverleihung, entschieden. An diesem Tag haben die nominier­ten Teams jeweils zehn Minuten Zeit, um eine zweite Jury aus Vorstandsmitglied Patrik Wohlhauser, Dr. Peter Nagler, drei Geschäftsbereichsleitern und drei Hochschulprofessoren von den Vorzügen ihrer Projekte zu überzeugen und darzulegen, warum sie den Preis gewinnen sollten. Wenige Stunden später heißt es dann: „Der Preis geht an …“

Neun Mitarbeiterteams für den Innovationspreis 2012 nominiert

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19nominiErt für dEn Evonik-innovationsprEis 2012

EinE optimiErtE variantE der unter dem Namen AEROSIL® vermarkteten pyrogenen Kieselsäuren von Evonik hilft dem Endverbraucher beim Sparen: Mit diesem vakuumverpackten AEROSIL®, das in einer mehrlagigen und besonders luftundurchlässigen Spe­zialfolie zum Vakuumisolationspaneel (VIP) ver­schweißt wird, schaffen zum Beispiel Kühlschränke mühelos den Sprung in die höchste Energieeffizienz­klasse A+++. Grund dafür ist die ausgezeichnete Iso­lationswirkung von AEROSIL®, die das jetzt für den Innovationspreis 2012 von Evonik nominierte Team optimiert hat. Dadurch wird das gesamte VIP­System nochmals deutlich leistungsfähi ger.

Noch vor einem Jahrzehnt reichten die europä­ischen Energieeffizienzklassen für Haushaltsgeräte von G bis A. Der wachsende Energieeinsparungsbe­darf und die Reduzierung von CO2­Emissionen zwan­gen den Gesetzgeber jedoch, neue Höchstklassen zu schaffen: die Energieeffizienzklassen A bis A+++. Ein Plus mehr, zum Beispiel ein Sprung von A auf A+, steht dabei für eine Reduzierung des Energiever­brauchs um 20 Prozent. Das Schema der europäischen Energieeffizienzklassen wird mittlerweile von zahl­reichen Ländern auf allen Kontinenten kopiert.

Der Bau von Kühl­ und Gefrierschränken der höchsten Energieeffizienzklassen A++ und A+++ er­fordert eine hervorragende technische Ausstattung wie etwa Superisolation. Da der Platz in Kühl­ und Gefrierschränken begrenzt ist, kann eine bessere Iso­lierung nur durch hochleistungsfähige VIP mit der neuen auf AEROSIL® basierenden Technologie erzielt werden. Kühlschränke der Energieeffizienzklassen A++ und A+++ entwickeln sich derzeit zu Bestsellern auf dem Markt, weil sie äußerst umweltfreundlich und wirtschaftlich zugleich sind. Während seiner 15­jährigen Lebensdauer spart ein Kühlschrank der Energieeffizienzklasse A++ etwa 400 € an Energie­kosten im Vergleich zu einem Gerät der Klasse B.

VIP auf Basis von AEROSIL® haben begonnen, auch andere Märkte zu erobern, wie etwa den Bau­ und den Transportsektor. Evonik arbeitet darüber hinaus derzeit an neuen Anwendungen etwa für die Auto­mobilbranche, und weitere werden folgen, denn das Marktpotenzial ist riesig.

k atEgoriE nEuE produktE/nEuE systEmlösungEn

Dr. Matthias GeislerDr. Thorsten SchultzKlaus-Peter BauerDr. Tobias BanertDr. Michael HagemannDr. Andreas HilleDr. Christian Schulze IsfortDafydd TurnerFrank HünigPhilipp ThomassenDr. Hark-Oluf AsbahrDr. Jutta Zimmermann Herbert Habermann Christian HofmannDr. Frank Menzel Geschäftsbereich Inorganic Materials

KontaktDr. Frank MenzelGeschäftsbereich Inorganic Materialstelefon +49 6181 [email protected]

Hochleistungsfähige Vakuumisolationspaneele für energiesparende Haushaltsgeräte

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20 nominiErt für dEn Evonik-innovationsprEis 2012

k atEgoriE nEuE produktE/nEuE systEmlösungEn

Kerstin SchlotterDr. Stephan SprengerRalf PlägerGeschäftsbereich Consumer Specialties

KontaktDr. Stephan SprengerGeschäftsbereich Consumer Specialtiestelefon +49 4152 [email protected]

diE aufgaBE ErschiEn zunächst einfach: Ein großer Textilhersteller, der die Verbundwerkstoff­industrie, insbesondere die Bereiche Windkraft, Schiffsbau und Luftfahrt, mit Glasfaser­ und Carbon­fasermaterialien beliefert, wollte seinen Kunden selbstklebende Textilien anbieten – ähnlich den all­seits bekannten gelben Haftnotizzetteln.

Das Unternehmen beauftragte Evonik Hanse da­mit, einen geeigneten Haftklebstoff zu entwickeln. Die Aufgabe wurde jedoch zu einer echten Heraus­forderung, da der Klebstoff den Kapillarkräften der Textilien standhalten und sich während der Verbund­werkstoffproduktion in der Mischung aus Epoxidharz und Härtemittel lösen musste.

Evonik entwickelte deshalb einen neuen, dual­härtenden Klebstoff, der auf die Textilien aufgesprüht und durch UV­Strahlung vorvernetzt wird. Der Schlüssel zur Lösung lag darin, die normalerweise eingesetzten Epoxidharze um Acrylatgruppen zu ergänzen, also eine „Hybrid­Chemie“ anzuwenden. Die selbstklebenden Stoffe stellen eine Innovation auf dem Verbundwerkstoffmarkt dar und bieten den Anwendern große Vorteile.

Der Einsatz von Textilien mit dem neuartigen Klebstoff Albipox 9001 LTM bei der Herstellung von Rotorblättern für Windkraftanlagen kann die Pro­zesszeit beim Lagenaufbau um bis zu 50 Prozent ver­kürzen. Außerdem können die Eigenschaften der Ro­torblätter verbessert und die Ausschussmenge kann verringert werden. Durch geringere Herstellungs­kosten wird die Windenergie zudem kostengünstiger. Die Anwendung im Schiff­ und im Flugzeug bau er­möglicht außerdem die Entwicklung komplexerer Formen bei gleichzeitig geringerem Gewicht, wo­durch der Kraftstoffverbrauch gesenkt werden kann.

Der neuartige Klebstoff besitzt ein großes Um­satzpotenzial. „Zurzeit arbeiten wir an der Optimie­rung des Herstellungsprozesses und der eingesetzten Rohmaterialien. Damit sollte sich die Kosteneffizienz weiter steigern“, erklärt Dr. Stephan Sprenger, Senior Market Development Manager Composites & Light­weight Construction. Auf Basis des unternehmens­eigenen Schlüsselrohstoffs soll in Zukunft eine ganze Produktfamilie entwickelt werden.

Dualhärtender Klebstoff für Textilien zur Anwendung in faserverstärkten Verbundwerkstoffen

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WiE lässt sich CO2 kosten­ und energieeffizient aus Biogas abspalten? Das jetzt für den Evonik­Inno­vationspreis 2012 nominierte Team aus Forschern des Geschäftsbereichs Performance Polymers, der Creavis und des Bereichs Verfahrenstechnik & Engineering hat dazu eine überzeugende Antwort entwickelt: Was auf den ersten Blick aussieht wie Spaghetti oder Pinselhaare, sind in Wirklichkeit hochselektive Membranen aus mehreren zylinder­förmigen Polyimid­Hohlfasern. Sie bilden die neuen Hohlfasermembranmodule, die unter dem Marken­namen SEPURAN® Gree vermarktet werden. Diese neuen, hochselektiven Polymermembranen verwan­deln Rohbiogas einfach und effizient in hochreines Biomethan. Das steigert den Ertrag und schont wert­volle Ressourcen.

Biogas entsteht durch Fermentation von Biomasse, einer organischen Substanz beispielsweise aus Pflanzen, Gülle oder Klärschlamm. Allerdings enthält Rohbiogas neben dem Energieträger Methan auch Kohlendioxid sowie andere Spurengase. Da CO2 nicht brennbar ist, mindert es den Heizwert und muss daher abgetrennt werden.

Die gängigen Abtrennungsmethoden wie Druck­wasserwäsche, Druckwechseladsorption oder Amin­wäsche weisen gewichtige Nachteile auf: Sie benöti­gen vergleichsweise viel Energie, Hilfsmittel und Hilfschemikalien. Es entstehen Abfälle und Abwasser, die aufbereitet und entsorgt werden müssen. Zudem steht das Biogas nach der Aufbereitung meist unter geringem Druck. Für die Einspeisung in ein Mittel­drucknetz muss es beispielsweise mithilfe eines zu­sätzlichen Kompressors auf Drücke von 15 bis 20 bar verdichtet werden. Daher arbeiten konventionelle Aufbereitungsanlagen meist erst ab einer Rohbiogas­menge von deutlich über 2.000 Normkubikmeter pro Stunde (Nm³/h) wirtschaftlich. Deshalb sind sie für eine dezentrale Energieversorgung mit zahlreichen kleineren Anlagen in der Regel ungeeignet.

„Wir haben jetzt strategische Partnerschaften mit international tätigen Anlagenbauern der Biogasbran­che aus Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz und Österreich geschlossen“, so Dr. Goetz Baumgar­ten von der Wachstumslinie Fibres and Membranes, die zum Geschäftsgebiet High Performance Polymers von Evonik gehört. „Unser nächster Schritt besteht jetzt darin, unser Produkt weltweit in Asien und Amerika einzuführen.“

k atEgoriE nEuE produktE/nEuE systEmlösungEn

Dr. Markus UngerankDr. Goetz BaumgartenDr. Harald RöglDr. Jörg BalsterDr. Tymen Visser Geschäftsbereich Performance Polymers

Dr. Jens BusseDr. Christian SchnitzerCreavis Technologies & Innovation

Markus PriskeVerfahrenstechnik & Engineering

KontaktDr. Goetz BaumgartenGeschäftsbereich Performance Polymerstelefon +49 2365 [email protected]

Membranmodule zur Biogasseparation

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22 nominiErt für dEn Evonik-innovationsprEis 2012

Dr. Gottlieb-Georg LindnerKarl MeierDr. Rüdiger MertschReinhard BehlBernd HofmannMatthias MüllerDr. Heinz F. Zoch Geschäftsbereich Inorganic Materials

KontaktDr. Gottlieb-Georg LindnerGeschäftsbereich Inorganic Materialstelefon +49 2236 [email protected]

uv-härtEndE lackE sind von Natur aus glän­zend, und sie zu mattieren war bislang eine Kunst. Erst mit ACEMATT® 3600, einem neuen Mattierungs­mittel von Evonik, hat sich das geändert: Mit dieser oberflächenbehandelten gefällten Kieselsäure lassen sich die umweltfreundlichen, weil lösemittelfreien UV­Lacke einfach und gezielt mattieren.

Die Entwicklung von ACEMATT® 3600 war nur möglich, weil ein Team des Geschäftsbereichs Inor­ganic Materials eine neue Herstellungstechnologie für beschichtete Kieselsäuren entwickelt hat: die sogenannte In­situ­Nachbehandlungstechnologie, die das Vermahlen und Beschichten der Kieselsäurepar­tikel in einem Schritt erlaubt. Diese unternehmens­eigene Technologieplattform vereinfacht nicht nur die Entwicklung neuer Mattierungsmittel, sondern ist auch besonders umweltverträglich: Im Vergleich zu herkömmlichen Technologien zur Oberflächen­behandlung gefällter Kieselsäuren verbraucht sie um bis zu 70 Prozent weniger Energie, und während des gesamten Prozesses fallen keinerlei organische Ver­bindungen bzw. Abfälle an.

Ein weiterer Pluspunkt: Die neue Technologie lässt sich deutlich einfacher auf andere Kieselsäuren übertragen und ist damit breiter anwendbar als alle bisherigen Produktionsprozesse, die bei der Herstel­lung beschichteter und unbeschichteter Kieselsäuren zum Einsatz kamen. So basieren auf der neuen Tech­nologie zwei ebenfalls sehr erfolgreiche Mattierungs­mittel: ACEMATT® 810 und das in China produzierte ACEMATT® 790.

Auch das Ergebnis kann sich sehen lassen: Das neue ACEMATT® 3600 zeigt eine hohe Mattierungs­effizienz, begünstigt Oberflächengüte, Transparenz und Kratzbeständigkeit UV­härtender Lacke und nimmt keinen nachteiligen Einfluss auf die anderen anwendungstechnischen Eigenschaften der Lacksys­teme. „Evonik hat damit seine Position als Innova­tionsführer im Beschichtungsmarkt weiter gestärkt“, sagt Dr. Gottlieb­Georg Lindner, Sprecher des jetzt für den Innovationspreis 2012 von Evonik nominier­ten Teams. ACEMATT® 3600 ist dabei nur der Anfang. Evonik plant die Einführung weiterer neuer Mattierungs mittel, die mithilfe der neuen Techno­logieplattform entwickelt wurden.

Neue Technologieplattform vereinfacht die Entwicklung neuartiger Mattierungsmittel

k atEgoriE nEuEr odEr vErBEssErtEr prozEss

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23nominiErt für dEn Evonik-innovationsprEis 2012

k atEgoriE nEuEr odEr vErBEssErtEr prozEss

dass Erdgas durch Pipelines fließt, ist keinesfalls selbstverständlich: Geringe Mengen Wasser können zu sogenannten Gashydraten führen – Einschluss­verbindungen, bei denen die im Erdgas enthaltenen Methan­ und Ethanmoleküle in Wassermolekülen eingeschlossen sind. Je nach Größe führen diese Gas­hydrate schnell zu Rissen, übermäßiger Abnutzung und – im schlimmsten Fall – zum Bruch der Pipeline, wenn sie komplett verstopft wird. Ob diese Gas­hydrate auftreten, hängt sowohl vom Druck als auch von der Temperatur ab: Hohe Drücke und niedrige Temperaturen, wie sie etwa bei Unterwasserpipe­lines herrschen, begünstigen die Bildung der Gas­hydrate.

Hier hat das jetzt für den Evonik­Innovationspreis 2012 nominierte Team des Geschäftsbereichs Perfor­mance Polymers angesetzt. In einem interdisziplinä­ren, interregionalen Ansatz hat das Team gemeinsam mit einem Kunden eine neue Produktgeneration ent­wickelt, die schon in geringen Mengen die Bildung von Gashydraten wirkungsvoll unterbindet. Sie ba­siert auf einem Spezialmethacrylat und gehört zur Gruppe der LDH­Inhibitoren (Low Dosage Kinetic Hydrate Inhibitors, LDHI).

Die zum Patent angemeldete Technologie ist deut­lich effektiver als die bereits im Markt vorhandene LDHI­Technologie, weil sie bereits im ppm­Bereich wirkt. Auch gegenüber der weit verbreiteten klas­sischen Technologie auf Basis von Methanol und Glykol – sogenannten thermodynamischen Hydrat­inhibitoren – punktet die neue Technologie: Metha­nol und Glykol führen aufgrund ihrer Toxizität und der großen benötigten Einsatzmengen zu immensen logistischen Problemen.

Evonik hat im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem Kunden den Herstellungsprozess für das Spezial­methacrylat entwickelt und technisch umgesetzt. Sichtbarer Erfolg dieser Entwicklung ist ein im April 2012 abgeschlossener Rahmenvertrag zur Lieferung des Produkts, über dessen Erweiterung bereits ver­handelt wird.

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Dr. Mario GómezHolger TinzDr. Dirk BröllMartin GlockDanny KipperDr. Joachim KnebelBenedikt LauxDr. Christian MaulPatrick PeterAlexandra ScharfDr. John WeyClaus Zimmer Geschäftsbereich Performance Polymers

KontaktDr. Mario GómezGeschäftsbereich Performance Polymerstelefon +49 6151 [email protected]

Spezialmonomer lässt Erdgas durch die Pipeline fließen

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24 nominiErt für dEn Evonik-innovationsprEis 2012

Dr. Achim FischerDr. Harald JakobFrank WilzGeschäftsgebiet Methionine

Dr. Felix KuppingerGeschäftsgebiet Superabsorber

Alfred GaudschunDr. Michael GrünDr. Stefan WielandGeschäftsgebiet Catalysts

Dennis FrühlingDr. Horst ZanthoffVerfahrenstechnik & Engineering

KontaktDr. Achim FischerGeschäftsgebiet Methioninetelefon +49 6181 [email protected]

auf dEn ErstEn Blick könnten Methi­onin und Superabsorber unterschiedlicher kaum sein – die Aminosäure Methionin kommt in der Tierernährung insbeson­dere für Geflügel zum Einsatz, während Superabsorber als wesentlicher Bestand­teil von Windeln für einen trockenen Babypo sorgen. Aus Sicht des Chemikers gibt es allerdings eine Gemeinsamkeit: Die Produktion sowohl von Methionin als auch von Superabsorbern erfolgt über das Zwischenprodukt Acrolein. Dieser Reak­tionsschritt ist nun deutlich ressourcen­schonender dank eines neuen Mischoxid­katalysators, der im Rahmen des Projekts OxiCat ent wickelt wurde. Für diese be­reichsübergreifende Leistung wurde das Entwicklerteam aus den Geschäftsge­bieten Methionine, Superabsorber und Catalysts sowie aus dem Bereich Verfah­renstechnik & Engineering nun für den Innovationspreis 2012 nominiert.

Die Herausforderung schien zunächst kaum zu bewältigen: Berücksichtigt man sämtliche Parameter zur Präparation des Mischoxidkatalysators, ergeben sich theo­retisch mehrere Millionen verschiedene Möglichkeiten zu seiner Herstellung. Durch den Einsatz statistischer Methoden kam das Team aber mit vergleichsweise wenigen Versuchen zum optimalen Kata­lysator. Im Vergleich zum bisher ein­gesetzten Katalysator ist er deutlich selek­tiver und geht so effizienter mit den ein­gesetzten Ressourcen um: Er reduziert sowohl die Menge an organischen Neben­produkten als auch die CO2­Emission.

Dass die Einsparungen dabei erheblich sind, lässt sich in Mobile (Alabama, USA) verfolgen, wo der Katalysator seit dem Frühjahr 2012 im größten Acroleinreaktor von Evonik zum Einsatz kommt. In den kommenden drei Jahren soll er auch in den anderen Acroleinreaktoren der Geschäfts­gebiete Methionine und Superabsorber eingeführt werden.

OxiCat: Neuer Mischoxidkatalysator macht die Herstellung von Methionin und Superabsorbern wirtschaftlicher

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25nominiErt für dEn Evonik-innovationsprEis 2012

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WEr EhrgEizigE WachstumsziElE hat, muss sich rechtzeitig um den profes­sionellen Nachwuchs kümmern. Für den Geschäftsbereich Health & Nutrition sind dies vor allem Studenten der Agrarwissen­schaften mit dem Schwerpunkt Tierer­nährung. Diese mit den Realitäten der Fut­termittelproduktion vertraut zu machen, an Evonik zu binden und als positive Imageträger in einem hinsichtlich Nutz­tierhaltung sehr kritischen gesellschaft­lichen Umfeld zu gewinnen, waren Ziele des European Ag (Agriculture) Trip.

Zehn Studenten erhielten im Sommer 2012 die Gelegenheit, mit Evonik drei Wochen lang Kunden und andere Partner im Bereich Nutztierproduktion in ver­schiedenen Ländern Europas zu besuchen. Die Auswahl der Teilnehmer erfolgte vorab in einem Assessment­Center. Zen­trale Kommunikationsplattform für das Pro jekt – für Ausschreibung und Bewer­bungen, Reisedokumentation und Teilneh­merberichte – war eine Facebook­Seite.

In den drei Wochen machten die Stu­denten sehr intensive Erfahrungen. Sie besichtigten Futtermittelhersteller ebenso wie Mastbetriebe und Schlachthäuser. Als Projektaufgaben beschäftigten sie sich mit Verbrauchersicherheit bei Fleischproduk­ten und mit den Perspektiven für einen europäischen Fleischmarkt. Ihre Eindrü­cke, Erlebnisse und Erkenntnisse hielten sie in einem Video­Reisetagebuch fest, das sie nach ihrer Rückkehr den Mitarbeitern des Geschäfts bereichs präsentierten.

Diese sehen ihre Erwartungen voll erfüllt: Die zehn jungen Menschen haben viele Positivbeispiele für eine intensive Nutztierproduktion erlebt und werden diese Erfahrungen weitertragen. Sie haben einen Eindruck von Jobchancen jenseits von Universität und Beratung gewonnen. Sie werden für Evonik auch weiterhin für Einsätze etwa bei Messen zur Ver fü gung stehen. „Die Teilnehmer haben neue Per­spektiven entwickelt, und auch wir haben aus dem Blickwinkel der Studenten vieles dazugelernt“, betont Dr. Alfred Petri, Marketingleiter Feed Additives im Ge­schäftsbereich Health & Nutrition.

Siehe auch Beitrag S. 44–46

k atEgoriE krEativEs kommunik ationsmEdium

Lars BechlerDr. Thomas Kaufmann Michael KlasDr. Götz LauschkeDr. Alfred Petri Geschäftsbereich Health & Nutrition

Andrea BecherFriederike PietschAgentur Ketchum Pleon

KontaktDr. Alfred PetriGeschäftsbereich Health & Nutritiontelefon +49 6181 [email protected]

Nachwuchsarbeit im Nutztierbereich: der European Ag (Agriculture) Trip

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26 nominiErt für dEn Evonik-innovationsprEis 2012

Peter BeckerDr. Thomas SatzingerLisa DierksWibke PaeslerDr. Marrit EcksteinDr. Oliver SpringerDr. Peter SchwabDr. Jürgen MeyerDr. Ludger HinkampGeschäftsbereichConsumer Specialties

Dr. Christine AndersCorporate Environment & Responsibility

KontaktPeter BeckerGeschäftsbereichConsumer Specialtiestelefon +49 201 [email protected]

angEsichts dEr rasch wachsenden Erdbevölke­rung und begrenzter Rohstoffreserven ist Nachhal­tigkeit einer der wesentlichen Aspekte zur Erhaltung erstrebenswerter Lebensstandards. Sie wird vielfach auch von den Verbrauchern eingefordert. Trotz brei­ter Zustimmung zu diesem Konzept ist der konkrete Weg zur Nachhaltigkeit in der Industrie meist um­stritten. Aus Sicht von Evonik kann nur eine umfas­sende, transparente und wissenschaftlich fundierte Strategie dauerhaft zum Erfolg führen.

MOVE 360° ist der erste Versuch in der Kosmetik­industrie, die Nachhaltigkeitseigenschaften der In­haltsstoffe und Formulierungen zu konkretisieren. So stellt das Geschäftsgebiet Personal Care von Evonik seinen Kunden möglichst viele Detailinformationen zu den Kosmetikrohstoffen zur Verfügung. Dazu ge­hören zum Beispiel Angaben zu Ursprung, Herstel­lung und Umwelteinfluss des Stoffes. Auf dieser Basis können die Kosmetikhersteller die passenden Roh­stoffe gemäß den eigenen Nachhaltigkeitskriterien ihrer Produkt­ und Umweltphilosophie auswählen.

Das MOVE­360°­Toolkit fokussiert dabei auf anwendungsbezogene Eigenschaften der Rohstoffe und deren Auswirkung auf den Umweltabdruck des finalen Kosmetikums der Kunden. MOVE 360° er­möglicht es den Kosmetikherstellern, einen Überblick über prozess­ und anwendungstechnische Varianten zu bekommen. Ein nachweisbares Eco­Design von Endprodukten wird somit einfacher möglich. Die trans parente Methodik zur Gewinnung der Daten und die umfangreiche Darstellung erleichtern Lebenszyklus analysen während der gesamten Nut­zungsphase des Kosmetikums. Das MOVE­360°­Sys­tem erleichtert zudem die interne Portfoliosteuerung mit Nachhaltigkeitsindikatoren.

MOVE 360° verleiht der gesamten Lieferkette und dem kompletten Lebenszyklus eines Kosmetikpro­dukts Transparenz. Die offene, mehrdimensionale Vorgehensweise soll die Kunden animieren, sich an der Schaffung innovativer neuer Produktformen mit geringerer Umweltbelastung zu beteiligen, ohne dabei die gleichermaßen bedeutsamen ethischen, gesellschaftlichen und kaufmännischen Aspekte zu vernachlässigen. „Einige unserer wichtigen Kunden haben bestätigt, dass MOVE 360° einen neuen Indus­triestandard für den ernsthaften und glaubwürdigen Umgang mit Nachhaltigkeitsthemen gesetzt hat“, freut sich Peter Becker, Leiter Corporate Responsi­bility im Geschäftsgebiet Personal Care.

MOVE 360°: Die Kommu nikationsplattform für nachhaltige Innovation

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27nominiErt für dEn Evonik-innovationsprEis 2012

k atEgoriE krEativEs kommunik ationsmEdium

siE vErfügEn üBEr eine großartige Technologie, Ihre Kunden lieben Ihr Produkt, aber der Umsatz wächst nur langsam, weil die Endanwender das Pro­dukt und seinen Nutzen nicht kennen. Was in diesem Fall zu tun ist: den komplexen Technikjargon in Umgangssprache übersetzen; die Verkäufer Ihres Kunden und die Endanwender in Minutenschnelle begeistern, indem Sie den Nutzen für sie herausstel­len; Ihre Botschaften mittels einer Marke durch die gesamte Wertschöpfungskette effektiv kommunizie­ren; starke und bekannte Partner finden, die genau wie Sie daran interessiert sind, Mehrwert zu verkaufen.

Die DYNAVIS® Marketing­Toolbox ist entwickelt worden, um Lizenznehmer bei der Vermarktung von energiesparenden Hydraulikölen zu unterstützen. Zu den Hauptbestandteilen der Toolbox gehören ein „Fuel Saving Calculator“, mit dem Flottenbetreiber von Baumaschinen berechnen können, wie viel Kraft­stoffeinsparung die Nutzung von mit DYNAVIS® formulierten Ölen für sie bringen wird, interaktive Animationen für das Training von Außendienstmit­arbeitern, Werbevideos, Pressetexte sowie Werbe­ und Messekonzepte. Alle Materialien werden auf den Markenauftritt des jeweiligen Lizenzpartners zuge­schnitten und enthalten das DYNAVIS® Logo.

„Wir müssen Ölanbieter mit ihren Milliarden­ Dollar­Marken überzeugen“, so Dr. Oliver Eyrisch, der für das neue Geschäftsmodell verantwortlich ist. Da die Vorteile eines solchen Vorgehens für die Ölhersteller nicht auf der Hand liegen, ging es für das Geschäftsgebiet Oil Additives darum, auch die Flot­tenbetreiber und Hersteller von Baumaschinen für sich zu gewinnen. Gemäß dem Marketingplan wer­den Endanwender zukünftig eher nach DYNAVIS® fragen, wenn sie den Wert der Marke erst einmal erkannt haben.

Der chinesische Baumaschinenhersteller Sany Heavy Industry war der erste Partner, der sich von dem Konzept ansprechen ließ. Die Ölanbieter Total Lubrifiants und Enercare folgten. „Die gebrauchs­fertige und auf den Kunden zugeschnittene Toolbox hat sich als der wesentliche Treiber für das Gewin­nen neuer Lizenzpartner erwiesen“, stellt Eyrisch heute zufrieden fest. Der Erfolg schlägt sich bereits in einem deutlichen Umsatzwachstum nieder.

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Barbara LiuDick WilliamsDoug PlacekFrançois VilletteLeone FilhoDr. Michael MuellerMichael ZinkNorbert WesterholtDr. Oliver EyrischDr. Ramesh IyerTerry WangDr. Thomas SchimmelDr. Thorsten BartelsGeschäftsbereichCoatings & Additives (Deutschland, USA, China, Frankreich, Singapur, Brasilien)

Die DYNAVIS® „Ingredient Brand“ – Wie man End-kunden Nutzen vermittelt

Pongsiree Suwannatos Evonik (Thailand) Ltd.

Markus Langer Konzernmarketing und PR

Wolfgang KastenhuberAgentur SK&P

KontaktDr. Oliver EyrischGeschäftsbereichCoatings & Additivestelefon +49 6151 [email protected]

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28 BiokraftstoffE

Bio-MTBE – Retter der Biokraftstoffquote?

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29BiokraftstoffE

Seit 2006 schreibt die deutsche Bundesregierung der Mineralölwirtschaft bestimmte Biokraftstoffquoten vor. Politik und Kraftstoffindustrie hatten auf E10 als Lösung gesetzt. Nach dessen Fehlstart sind Alternativen gefragt. Bio-MTBE von Evonik könnte als Biokraftstoffkomponente der zweiten Generation national und international eine entscheidende Rolle spielen.

[ text Dr. Oliver Busch, Arnd Schade ]

diE aufrEgung um den Superkraftstoff E10 ist den meisten deutschen Autofahrern noch sehr präsent. Mit E10 versuchte die Mineralölwirtschaft zum Jahresbeginn 2011, den von der Bun­desregierung gesetzlich vorgeschriebenen Energiegehalt von 6,25 Prozent Biokraftstoff im Tank zu erreichen. Nach der Erneuerbare­Energien­Richtlinie (RED) der EU sollen bis 2020 sogar zehn Prozent des Energieverbrauchs im Verkehrssektor aus nachwachsenden Rohstoffen stammen. Herkömmliche Superkraftstoffe in Deutschland enthalten bereits fünf Prozent Bioethanol (und tragen deshalb die Bezeichnung E5), Diesel­kraftstoffe bis zu sieben Prozent Biodiesel. Dem neuesten Kraft­stoff, E10, werden – um der Bioquote willen – zehn Prozent Bioethanol beigemischt.

Das ist mehr Bioethanol, als manche ältere Fahrzeugtypen vertragen. Der Alkohol kann in dieser Konzentration Korrosion an Aluminiumbauteilen verursachen sowie bestimmte Kunst­stoffe angreifen und so zu Undichtigkeiten führen. Schon ein­maliges Fehlbetanken kann diese Schäden hervorrufen. Die Ein­führung von E10 verlief bekanntermaßen alles andere als glatt. Verunsicherte Autofahrer boykottierten den neuen Kraftstoff und zwangen die Mineralölindustrie, wieder E5­Super­Kraftstoff anzubieten. Trotz später intensivierter Aufklärung und obwohl nach ADAC­Angaben mindestens 90 Prozent aller Autos prob­lemlos E10 tanken können, hat der Kraftstoff an deutschen Tank­stellen bis heute nur einen Marktanteil von zwölf Prozent erreicht. Angestrebt waren 85 Prozent, um die Vorgaben des Biokraftstoffquotengesetzes zu erfüllen.

War die erste Ablehnung von E10 vor allem durch Unsicher heiten hinsichtlich der Verträglichkeit des Kraftstoffs begründet, zwei­feln deutsche Autofahrer inzwischen auch an dessen Nachhal­tigkeit, weil das Bioethanol aus Zucker und somit vor allem aus Zuckerrüben sowie stärkehaltigem Getreide gewonnen wird. Die Produktion von Bioethanol konkurriert also mit der Nah­rungsmittelproduktion und könnte sich in Jahren schlechter Ernteerträge – wie 2012 – auch negativ auf die Lebensmittel­preise auswirken.

Für die Mineralölindustrie bedeutet dies, dass die Erreichung der Biokraftstoffquote gefährdet ist. Bei Nichterreichung dro­hen hohe Geldstrafen. Nach Berechnungen des Mineralölwirt­schaftsverbandes können sich diese auf hunderte Millionen € pro Jahr belaufen.

Das ist Grund genug, über den Einsatz alternativer Biokom­ponenten nachzudenken. Eine solche Alternative hat Evonik als einziges Unternehmen in Deutschland seit März 2012 im Port­folio: Bio­MTBE. Die Biovariante des bewährten Antiklopf­mittels Methyl­tertiär­Butylether (MTBE) basiert als sogenannte Biokraftstoffkomponente der zweiten Generation auf Reststof­fen und profitiert deshalb am stärksten von den aktuellen gesetz­lichen Rahmenbedingungen in der EU und besonders in Deutsch­land.

Mit konventionellem MTBE hat Evonik sehr lange Erfahrung. Bereits in den 70er Jahren, als die Diskussion um den Bleigehalt im Benzin begann, erkannte die damalige Vorgängergesellschaft die Eignung von MTBE als alternativer Kraftstoffzusatz, 333

Bio-MTBE konkurriert nicht mit der Nahrungsmittelproduktion

Bio­MTBE und MTBE werden in derselben Anlage hergestellt

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30 BiokraftstoffE

Abbildung 1Bio­MTBE besitzt als reaktionsträger Ether zahlreiche Logistikvorteile gegenüber der direk ten Verwen ­ dung von Methanol als Kraftstoff­komponente

Abbildung 2 Das von Evonik eingesetzte Bio methanol wird auf Basis von Rohgly cerin hergestellt, das bei der Biodiesel produktion anfällt

Raffinat­1

Raffinat­2

Biodiesel­anlage

Glycerin­raffination

Reformer Methanol­reaktor

MTBE­Reaktor

10 % Rohglycerin Reinglycerin Biosyngas Biomethanol Bio­MTBE

90 % Biodiesel

Methanol Bio­MTBE

Beimischungsbegrenzung Max. 3 % (EN228 & FQD) – Max. 15 % (EN 228)/max. 22 % (FQD) +Dampfdruck (RVP) Sehr hoher Dampfdruck schon bei geringen

Konzentrationen– Niedriger Dampfdruck, wenig Einfluss

auf Destillationskurve+

Sauerstoffgehalt 50 Gewichtsprozent – 18 Gewichtsprozent +Energiegehalt 49 % im Vergleich zu Benzin – 86 % im Vergleich zu Benzin +Oktanzahl Hohe Oktanzahl im Vergleich zu Benzin + Hohe Oktanzahl im Vergleich zu Benzin +Tendenz zur Phasenseparierung Bildet mit Wasser eine homogene Phase – Bildet mit Wasser zwei Phasen +Logistikeigenschaften Aufgrund der Affinität zu Wasser

und der Dampfdruckproblematik nicht mit normaler Logistik handelbar

– Kein Problem +

Materialverträglichkeit Unverträglich mit bestimmten Kunststoffen und Metallen

– Kein Problem +

Abbildung 3 Bio­MTBE kann den Bioenergie gehalt von Kraft stoffen relevant erhöhen

Relativer maximaler Bioenergiegehalt [%]

Max. Biomethanol (EN 228 & FQD)Max. 3 Vol.­% Methanol

300

Max. Bio­MTBE (EN 228 )Max. 15 Vol.­% MTBE

Max. Bio­MTBE (FQD)Max. 22 Vol.­% MTBE

Standard RON95­E5 (EN 228)Max. 5 Vol.­% Ethanol

E5 + max. Bio­MTBE (EN 228)Max. 5 Vol.­% EthanolMax. 2,7 Gewichts­% Sauerstoff

Biomethanol vs. Bio­MTBEMaximaler Bioenergiegehalt in spezifikationsgerechten Kraftstoffen

E5 vs. E5 + Bio­MTBEMaximaler Bioenergiegehalt in spezifikationsgerechten Kraftstoffen

+

50 100 150 200 250

+ 54 %

+ 165 %

0

+ 81 %

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31BiokraftstoffE

333 mit dem sich die Oktanzahl gut einstellen ließ. Die Bei­mischung von MTBE zum Benzin war eine wichtige Vorausset­zung für die Einführung des 3­Wege­Katalysators. Denn MTBE machte die Zudosierung von Tetraethyl­Blei überflüssig und damit verschwand auch das Katalysatorgift Blei aus den Autoab­gasen. Somit wurden gleich zwei Effekte erzielt: die Beseitigung der Blei­Emissionen aus dem Verkehrssektor und, durch die nun mögliche Verwendung des 3­Wege­Katalysators, zusätzlich die Reduktion anderer Schadstoffe im Abgas.

MTBE von Evonik (DRIVERON®) wird aus Isobuten und Methanol hergestellt. Aus dem Alkohol Methanol wird durch Reaktion mit Isobuten ein Ether und damit eine chemisch deut­lich weniger reaktive Substanz. Daraus ergeben sich die viel­fältigen Anwendungsvorteile dieses bewährten Kraftstoffzu­satzes, der 86 Prozent der Energiedichte von Benzin und eine deutlich höhere Oktanzahl besitzt (MTBE: 115–120; normales Benzin: 95). Durch seinen geringen Dampfdruck und seine sehr geringe Wasserlöslichkeit (Abb. 1) kann MTBE in Raffinerien und Tanklagern sicher gehandhabt und auch über Pipelines transportiert werden.

MTBE und Bio­MTBE sind chemisch identisch und werden von Evonik am Standort Marl in derselben Anlage hergestellt. Sie dürfen sogar im selben Tank gelagert werden, was die Logistik sowohl auf Hersteller­ als auch auf Kundenseite sehr erleichtert. Aufgrund gemeinsamer Lagerung sind getrennte Warenstrombilanzen für MTBE und Bio­MTBE unabdingbar, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen.

Bei der Herstellung von Bio­MTBE wird Biomethanol als Rohstoff eingesetzt. Dieses Biomethanol wird aus Rohglycerin hergestellt (Abb. 2), das bei der Umesterung von Pflanzenölen 333

zur Produktion von Biodiesel in erheblicher Menge als Koppel­produkt anfällt (ca. 100 kg Glycerin pro t Biodiesel). Damit gilt Rohglycerin aus EU­Sicht als „Abfallstoff“, dem keinerlei CO2­Emissionen zugeschrieben werden (RED Annex V sub C § 18). Nach Artikel 20 Paragraph 2 der Erneuerbare­Energien­Richt­linie (RED) zählt der Beitrag von Biokomponenten aus Abfall­stoffen zudem doppelt bei der Berechnung des Bioenergiegehalts von Kraftstoffen (sogenanntes Double Counting). Der Bioener­giegehalt wird als Maß für den Anteil nachwachsender Rohstoffe an Kraftstoffen verwendet.

Bio­MTBE wird so zu einer interessanten Option für Kraft­stoffunternehmen, nicht nur die Oktanzahl ihrer Kraftstoffe einzustellen, sondern gleichzeitig die gesetzlichen Vorgaben für den Einsatz von Biokraftstoffen zu erfüllen. Es gibt eine Vielzahl von realistischen Mischungsvarianten, für die Evonik den Bio­energiegehalt berechnet hat.

So könnte die Beimischung von fünf Prozent Bio­MTBE zu E5­Kraftstoffen deren Bioenergiegehalt um circa 50 Prozent stei­gern (Abb. 3) und sie damit wesentlich attraktiver für den Markt machen. Ein solcher Kraftstoff mit fünf Volumenprozent Bio­ethanol und fünf Volumenprozent Bio­MTBE entspräche den Anforderungen nach EN 228 für ein E5­Super­Benzin. Er könnte in Deutschland eine gute Alternative zum gescheiterten E10 sein.

Biomethanol selbst darf aufgrund seiner negativen anwen­dungstechnischen Eigenschaften – hoher Dampfdruck, hoher Sauerstoffgehalt und hohe Wasserlöslichkeit – Benzin nur in geringen Mengen beigemischt werden und hat dann, trotz

Wenn sich ein Automotor insbesondere beim Beschleunigen durch ein klopfendes Geräusch bemerkbar macht, deutet dies auf eine unkontrollierte Verbrennung des Kraftstoff-Luft-Gemischs im Zylinder hin. Dafür verantwortlich ist die vorzeitige Zündung durch die Verdichtungswärme im Zylinder, die den Motor in Mitleidenschaft zieht und die Umwelt durch verstärkte Emissionen belastet.

In Europa ist die Einheit für die Klopffestigkeit eines Treibstoffs die Research-Oktan-zahl (ROZ), die in Prüfmotoren bei einer Drehzahl von 600 U/min bestimmt wird. Nach DIN EN 228 muss ein Super-Plus-Kraftstoff mindestens 98 ROZ und ein Superkraftstoff mindestens 95 ROZ haben. Das besonders klopffeste 2,2,4-Trimethylpentan (Isooktan) besitzt per Definition die Oktanzahl 100, während das besonders klopffreudige n-Heptan per Definition die Oktanzahl 0 besitzt. Die Oktanzahl eines Kraftstoffs gibt demnach an, wie viel Prozent Isooktan im Gemisch mit n-Heptan die gleichen Klopfeigenschaften haben. Benzin mit der Oktanzahl 95 hat also die gleiche Klopffestigkeit wie ein Gemisch aus 95 Prozent Isooktan und fünf Prozent n-Heptan. In der Praxis besteht der Kraftstoff aus einer Vielzahl von Molekülen, denen geeignete Komponenten wie MTBE eine hohe Klopffestigkeit und hohe Qualität verleihen.

Wissenswertes rund um die Oktanzahl

klopffEstigkEit

Rohglycerin hat keinen CO2-Rucksack und zählt doppelt

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32 BiokraftstoffE

Double Counting, nur geringen Einfluss auf den Bioener­giegehalt. Es wird deshalb EU­weit kaum eingesetzt. Das Bio­ethanol besitzt die bereits erwähnten Nachteile.

International sieht die Sache noch etwas komplizierter aus, denn jedes Land besitzt andere Kraftstoffgesetze und ­verord­nungen. Mineralölunternehmen verwenden Rechenmodelle, um das jeweils beste Mischungsverhältnis der Kraftstoffkomponen­ten entsprechend den jeweiligen gesetzlichen Anforderungen auszutüfteln. Das dargestellte Double Counting für Biokom­ponenten aus Abfallstoffen wird bisher nur in Deutschland und den Niederlanden praktiziert. In beiden Ländern wird Bio­MTBE gut angenommen. Weitere EU­Länder werden nachziehen und den potenziellen Markt für Bio­MTBE deutlich vergrößern.

Doch schon 2015 werden sich die gesetzlichen Rahmenbedin­gungen erneut ändern: Dann soll die sogenannte Dekarbonisie­rungsstrategie zum Tragen kommen. Kraftstoffe werden ab 2015 danach beurteilt, wie groß ihr CO2­Vermeidungspotenzial ist. Ziel der EU ist es, ab 2015 zwei Prozent Treibhausgase aus dem Verkehr einzusparen. 2020 sollen es dann sechs Prozent sein. Auch bei dieser Betrachtungsweise schneidet Bio­MTBE sehr gut ab. Es könnte für Kraftstoffhersteller als Biokomponente im Treibstoff dann sogar noch attraktiver werden. Für Evonik könnte das bedeuten, dass die Produktionskapazität von 550.000 Tonnen MTBE/Bio­MTBE früher oder später ganz für die Bio­variante benötigt wird. 777

Integrierte C4-Technologieplattform

pErformancE intErmEdiatEs

Zur Herstellung von MTBE wird Methanol mit Isobuten, einem Nebenprodukt der Erdölverarbeitung, umgesetzt. In dem vom Evonik-Geschäftsgebiet Performance Intermediates entwickel-ten Verfahren wird allerdings nicht reines Isobuten eingesetzt, sondern ein aus dem Steamcracker stammender Kohlenwas ser-stoffschnitt, das sogenannte Crack-C4. Crack-C4 enthält rund 40 Prozent Butadien und 25 Prozent Isobuten, darüber hinaus 1-Buten, 2-Buten sowie n- und Isobutan. Als Ausgangsstoff für die Synthese von MTBE ist Crack-C4 allerdings noch nicht geeignet. Dazu muss zuvor das Butadien abgetrennt werden, was großtechnisch über eine Extraktion erfolgt.

Das aus dem Extraktionsprozess resultierende Kohlenwas-ser stoffgemisch enthält rund 40 Prozent Isobuten und wird Raffinat I genannt. Da Isobuten und 1-Buten nahezu identische physikalische Eigenschaften aufweisen, lassen sie sich weder destillativ noch extraktiv, wohl aber durch die chemische Um -set zung des Isobutens zum Ether trennen. Wird die Addition von Methanol an Isobuten mit einem ca. zehnprozentigen molaren Methanolüberschuss durchgeführt, dann werden sehr selektiv über 99,9 Prozent des Isobutens zum MTBE umgesetzt.

Das bei diesem Prozess anfallende Raffinat II enthält nur noch 200 bis 300 ppm Isobuten. Durch Destillation über Kolon-nen wird daraus hochreines 1-Buten gewonnen, das bei der Herstellung von Polyethylen als Comonomer zum Einsatz kommt. Auch das im Crack-C4 enthaltene 2-Buten ist ein strategisch wichtiges Ausgangsmaterial, das nach Dimerisierung zu Okten zum Weichmacheralkohol Isononanol umgesetzt wird, einem weiteren Kernprodukt von Performance Intermediates im Evonik-Geschäftsbereich Advanced Intermediates. Auch hochreines n- und Isobutan sind von wirtschaftlicher Bedeutung. Sie kom-men als Treibgas in Spraydosen, unter anderem für Haarpflege-produkte, zum Einsatz.

Die Veretherung hat sich als ein zentraler Verarbeitungs-schritt erwiesen: Zum einen wird mit MTBE eine Komponente hoher Wertschöpfung gewonnen, zum anderen ist die Ether-synthese ein notwendiger Reinigungsschritt, um die strategisch bedeutsamen Produkte 1-Buten, Isononanol und Isobutan her-stellen zu können. Biomethanol lässt sich ebenso gut verarbeiten wie konventionelles Methanol.

Kraftstoffgesetzgebung ist international höchst heterogen

333

dr. oliver Busch ist seit Anfang 2011 im Geschäfts-bereich Advanced Intermediates für die strategische Forschung zuständig. Nach dem Studium der Chemie an den Universitäten Bayreuth und Düsseldorf und Promotion am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung im Bereich der heterogenen Katalyse startete er 2003 seine berufliche Laufbahn bei der hte AG in Heidel berg. 2005 wechselte er zur BP und arbeitete dort als Leiter der langfristigen Kraftstoffentwicklung und später im technischen Marketing für Kraftstoffe weltweit. telefon +49 2365 49-7897, [email protected]

arnd schade leitet seit 2007 im Geschäftsbereich Advanced Intermediates Marketing & Sales für Iso bu ten und Derivate. Nach dem Studium der Wirt-schafts wissenschaften mit den Schwerpunk ten Marketing/Sales & Personalwirtschaft an der Univer-sität Essen startete er 1999 seine berufliche Laufbahn bei der Coca-Cola Deutschland GmbH als Key-Account-Ma nager. Nach zwei Jahren wechselte er zu einem interna tional tätigen Logistikunternehmen in Man chester (UK) als International Sales Manager. 2002 übernahm er eine Stelle bei der Degussa AG in Marl als Key-Account-Manager. telefon +49 2365 49-2121, [email protected]

In PVC­Folien für den Sicht­, Wetter­ und Staubschutz können Weichmacher von Evonik enthalten sein

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33nEWs

Grundsteinlegung für neue Chemieanlage in Marl Evonik hat Mitte August in Marl den Grund-stein zum Bau einer neuen Großanlage für funktiona lisierte Polybutadiene gelegt. Die An lage mit einer Jahreskapazität von mehre-ren tausend Tonnen soll Mitte 2013 in Betrieb gehen. Das Spezial chemie unter nehmen in-vestiert hierfür an seinem weltweit größten Standort einen mittleren zweistelligen Mil-lionen-€-Betrag und schafft 15 neue Arbeits-plätze. Funktionalisierte Poly butadiene, die Evonik unter den Namen POLYVEST® HT vermarkten will, werden hauptsächlich in Dichtmassen für Isolierglas fenster sowie für Klebstoffe, beispielsweise in der Automobil- und Elektronikindustrie, verwendet.

Die neue Anlage kann im Chemiepark Marl die vorhandene Infrastruktur und Roh-stoffversorgung sowie Synergien zu beste-henden Polybutadienanlagen optimal nutzen. Evonik ist ein führender Anbieter bei Poly-butadienen und zeichnet sich durch große Erfahrung, Technologiekompetenz und Kun-dennähe aus.

Dr. Klaus Engel, Vorstandsvorsitzender von Evonik Industries, betonte: „Als eines der weltweit größten Spezialchemieunternehmen

stehen wir zum Industriestandort Deutsch-land und sichern mit nachhaltigen Investi tio-nen unsere industrielle Basis hierzulande ab.“ Allein im 1. Halbjahr 2012 hat Evonik 208 Millionen € von insgesamt 391 Millionen € für Sach in vestitionen in Deutschland aufge-wandt. Evonik investiert in Deutschland in Wachs tumsprojekte wie die neue POLYVEST® HT-Anlage – aber auch in Optimierungen, Instandhaltungen und Erweiterungen beste-hender Anlagen wie auch in völlig neue Produkte und in Forschung & Entwicklung.

Dr. Ulrich Küsthardt, Leiter des Geschäfts-bereichs Coatings & Additives, sagte: „Der Bedarf nach Produkten, die dazu beitragen, Res sourcen effizienter zu nutzen, ist groß. Insbesondere in Deutschland und Europa ist der Markt für funktionalisierte Poly bu-tadiene durch eine hohe Wachstumsdynamik ge prägt.“

Erdgaspipeline aus VESTAMID® NRG in Südamerika Evonik Industries erhält den Zuschlag für ein zukunftsweisendes Pilotprojekt in Süd ame-rika: eine Erdgaspipeline aus dem Poly amid 12 VESTAMID® NRG. Durch die enge Koope-ration von Haroldo Rodrigues vom Geschäfts-gebiet High Performance Polymers und Vitor Lavini vom New Business Development in Südamerika konnte Evonik den ersten techni-schen Kooperationsvertrag mit MSGÁS, ei-nem Versorgungsunternehmen für Erdgas im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso do Sul, unterzeichnen. Bei dem Projekt handelt es sich um den Bau der ersten Pipeline aus Polyamid 12 (PA12) in Süd ame rika. Mit dem Bau soll noch in diesem Jahr begonnen wer-den.

PA12 wird in den USA und Australien bereits bei der Herstellung von Erdgas lei-tungen eingesetzt. Bei Drücken von bis zu 18 bar ersetzt das Polyamid immer häufiger Rohr- leitungen aus Stahl. „Im Gegensatz zu Stahl korrodiert PA12 nicht und erfordert keinen kathodischen Korrosionsschutz“, so Mar kus Hartmann, Senior Business Manager Energy Supply. „So fallen geringere Wartungskosten an. Darüber hinaus haben Polyamid-Pipelines eine Lebensdauer von bis zu 50 Jahren.“

Das für die Herstellung der Erdgas leit un gen und die Einfuhr der Formstücke zuständige Unternehmen, PolyEasy, will die neuen Lösun-gen am heimischen Markt einführen. In Bra-silien erwägen auch andere Gasunter nehmen den Einsatz von Polyamid für ihre Erdgas-netze. Studien zufolge wären die Bau-, War tungs- und Betriebskosten viel geringer als bei den heute eingesetzten Druckrohr -leit ungen aus Stahl für Drücke von mehr als 7 bar.

Die Pilotleitung aus VESTAMID® NRG 2101 wird in der Indus trieanlage Indu brasil in Campo Grande installiert. Sie versorgt dort Firmen kunden von MSGÁS. Hierfür sind etwa 2.600 Meter Leitung aus Polyamid erforderlich. „Wir übernehmen in Brasilien eine Vor reiterrolle. Polyamid 12 ist die Lösung für viele Probleme, die bei der Montage und Wartung von Stahlpipelines auftreten. Dieses Projekt ist nur möglich, weil Evonik die Sicher-heit des Kunststoffs nachweisen und Produk-tions- und Betriebsaspekte zuverlässig darle-gen konnte. Wir hoffen, in Zukunft weitere Polyamid-12-Projekte genehmigen zu kön-nen“, sagt Rinaldo Hiroshi Rodrigues Damno, Technikleiter bei MSGÁS.

Pipelines aus Polyamid (PA12) sind besonders widerstandsfähig

Evonik­Chef Dr. Klaus Engel (links) und NRW­Wirtschafts minister Garrelt Duin

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Wer wachsen will, braucht (auch) Innovation. Die Top-Führungskräfte von Evonik haben sich deshalb zwei Tage Zeit genommen, um sich intensiv mit dem Thema Innovation und Innovationskultur auseinanderzusetzen. Das Ergebnis sind neue Ideen, mit denen Evonik seine Innovationskraft weiter schärfen will.

„WEr führEnd in Innovation sein will, muss Inno­vation auch führen“, ist Dr. Peter Nagler, Chief Inno­vation Officer von Evonik, überzeugt. Aus diesem Grund hat er Anfang September gemeinsam mit Vor­standsmitglied Patrik Wohlhauser unter dem Motto „Leading Innovation“ die Top­Führungskräfte und Konzerntalente zur ersten Innovationskonferenz des Unternehmens nach München eingeladen. Und fast alle waren gekommen: 65 Teilnehmer, darunter die beiden Vorstandsmitglieder Dr. Dahai Yu und Dr. Thomas Haeberle, Geschäftsbereichsleiter, Geschäfts­gebietsleiter, Regionenleiter und Innovationsmanager diskutierten zwei Tage lang, in welchem Klima Inno­vation optimal gedeihen kann.

Nagler erinnerte zum Auftakt daran, dass Evonik im Jahr 2011 seine Ausgaben für Forschung und Ent­wicklung gegenüber dem Vorjahr um acht Prozent auf 365 Millionen € gesteigert habe. „Aber Geld allein macht noch nicht innovativ“, erklärte er. „Innovation ist harte Arbeit, und sie braucht Hingabe, Leiden­schaft und die Überzeugung, dass Innovation nicht einfach ein Kostenfaktor, sondern eine Chance ist.“Wohlhauser verwies auf die ehrgeizigen Wachstums­

pläne von Evonik und die umfangreichen Investitio­nen zu ihrer Umsetzung. „Wir wollen in den nächsten fünf Jahren weltweit mehr als sechs Milliarden € in unser Spezialchemiegeschäft investieren“, sagte er. „Beispiel Asien: Bis 2015 wollen wir in dieser Region insgesamt zwei Milliarden € investieren, unseren Umsatz im Vergleich zu 2010 auf vier Mil liarden € verdoppeln, 60 Prozent unserer dort verkauften Pro­dukte lokal produzieren und die Zahl der Mitarbeiter um rund 2.000 erhöhen.

„Aber“, fügte Wohlhauser hinzu, „dauerhaftes Wachstum braucht auch Innovation.“ Bedingt durch den normalen Lebenszyklus von Produkten nähme der Wert eines Portfolios im Lauf der Zeit konti nu ier­lich ab; dies sei das normale Schicksal eines Chemie­unternehmens. Besonders innovative Unternehmen verstünden es, diesen Wertverlust mit neuen Produk­ten, effizienten Herstellungsverfahren und intelligen­ten Geschäftsmodellen nicht nur zu kompensieren, sondern deutlich zu steigern – und zwar langfristig. „Das ist unser Anspruch bei Evonik und dafür müs­sen wir sicherstellen, dass wir die entsprechende Inno­vationskultur haben.“

Innovation führenErste Innovationskonferenz von Evonik für Top­Führungskräfte

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Einziger Gastredner während der Konferenz: Jens­Uwe Meyer, der als Vordenker für Innovation gilt (unten)

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Der einzige Gastredner während der Konferenz, Jens­Uwe Meyer, warnte, dass es die eine Innova­tionskultur nicht gebe. Meyer ist einer der profilier­testen Vordenker für Innovation, der das Top­Ma­nagement zahlreicher deutscher und internationaler Konzerne bei der Steigerung der Innovationsfähigkeit berät. Bei der Abendveranstaltung am ersten Konfe­renztag im Deutschen Museum hielt er einen Vortrag zu „Corporate Creativity“.

„Notwendig ist ein Innovationsökosystem, das Platz lässt für proaktive, reaktive und passive Inno­vatoren“, sagte er. Proaktiv seien Innovatoren, die auf radikale Innovationen ausgerichtet sind, reaktiv diejenigen, die schnell auf Marktveränderungen re­agieren können, und passiv diejenigen, die stark sind bei kleinen, inkrementellen Innovationen, etwa bei der Optimierung von Produkten und Herstellungs­technologien. „Sie brauchen alle drei Innovations­typen, um den gesamten Spielraum bis hin zur radi­kalen Innovation auszunutzen“, fügte er hinzu.

„Nach meiner Erfahrung“, so Meyer weiter, „sind die Hürden für radikale Innovation am größten, weil viele Unternehmen Kreativität nicht zulassen. Sie pressen Innovation in einen starren Prozess, in dem gute, ungewöhnliche Ideen schnell untergehen. Denn es gibt keinen Prozess, der sagt ‚ich kämpfe für eine Idee’ – das sind immer die Menschen.“

Zugleich unterstrich er die Bedeutung von radi­kaler Innovation. „Nehmen Sie die Pinguine“, sagte er. „Sie haben an Land kaum natürliche Feinde, wohl 333

aber im Wasser. Wenn es dann auf die Jagd nach Fischen geht, nähern sie sich dem Ufer nur zögerlich. Sie scheinen darauf zu warten, dass einer den Anfang macht, bevor sie sich selbst trauen. Dabei übersehen sie, dass der erste – der radikale Innovator – die größten Chancen hat, den dicksten Fisch zu fangen. Hierfür braucht es aber Mut und auch Kreativität.“

Kreativität hat Evonik mit dem interaktiven Kon­zept der Innovationskonferenz bewiesen. Statt PowerPoint­Präsentationen – während der beiden Tage wurden insgesamt nur 14 Folien gezeigt – gab es Podiumsdiskussionen, Workshops und Gruppen­arbeit. Zunächst analysierten die Konferenzteil­nehmer, was Innovation vorantreibt und was sie behindert. Das Ergebnis lässt sich mit den Schlagwor­ten Mut, Markt, Management zusammenfassen.

Mut steht für die Bereitschaft, Risiken einzugehen und auch Projekte voranzutreiben, die vielleicht erst in zehn oder 15 Jahren erste Früchte tragen, für die Bereitschaft, Fehler zuzulassen und daraus zu lernen, für die Bereitschaft, den Forschern Freiräume einzu­richten, um auch mal schräge Ideen zu ver folgen – was Zeit und Geld kostet –, und für Leidenschaft. Wer Mut hat, so das Fazit, wird langfristig innovativer sein.

Markt steht für Nähe zu den Kunden, auch regional, für das Wissen um ihre aktuellen und vor allem auch künftigen Bedürfnisse sowie für den Druck von Markt und Wettbewerb – wenn etwa ein Produkt nur noch zu retten ist, wenn ihm neue

Es gibt nicht die eine Innovationskultur

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36 innovationsmanagEmEnt

Anwendungen erschlossen werden. Beides wirke sich positiv auf die Innovationsfähigkeit aus.

Management meint, wie Projekte gehandhabt werden, aber auch, dass das Top­Management hinter den Projekten steht und sie vorantreibt. Als Erfolgs­faktoren identifizierten die Teilnehmer unter ande­rem das Forschen über Abteilungs­ und Bereichs­grenzen hinweg und klare Verantwortlichkeiten. Das Denken in starren Strukturen bewerteten sie hin­gegen eindeutig als Bremsklotz.

Aus diesen Überlegungen leiteten sie neue Ideen ab, wie Evonik seine Innovationsprozesse optimieren kann. Die Ideen zielen darauf ab, Marketing, Sales und Innovation noch enger zu vernetzen, Innovation besser messbar zu machen, Asien bzw. China als regionales Forschungs­ und Innovationszentrum zu stärken und das Thema Innovation sowohl inhaltlich als auch organisatorisch auf allen Managemente benen fester zu verankern.

Als genauso wertvoll wie die Ergebnisse bewer­teten die Teilnehmer die Aufbruchstimmung, die die Konferenz erzeugt hat. Das Format, das statt auf Frontalvorträge auf Interaktion und Diskussion setzte, hat das gemeinsame Verständnis von Innova­tion und Innovationskultur gestärkt. „Die Konferenz hat auch gezeigt, dass die Führungskräfte von Evonik ihre Verantwortung für Innovation sehr ernst neh­men“, sagte Wohlhauser zum Abschluss. „Und dass sie bereit sind, Innovation, Mut und Kreativität zu fördern, auch wenn es unbequem wird. Das sind für mich beste Voraussetzungen für Innovation.“

Sechs Milliarden € für die Zukunft

auf Wachstumskurs

Evonik hat im 1. Halbjahr 2012 wichtige Wachs tums pro jekte vorangetrieben. In Schanghai (China) legte das Unternehmen den Grundstein für die Produktion von Isophoron und Iso - pho ron diamin; hierfür investiert Evonik bis 2014 mehr als 100 Mil lio nen €. Isophoron und Isophorondiamin sind wichtige Bestand teile für die Herstellung von Industrieböden und von Rotor blät tern für Windkraftanlagen. Ebenfalls in China legte Evonik in Jilin den Grundstein für eine Wasserstoffperoxid-anlage. Auch dort investiert das Unternehmen insgesamt mehr als 100 Mill ionen €. Die Fertigstellung der Anlage ist für den Jahreswechsel 2013/2014 geplant.

Anfang August 2012 startete Evonik mit einem symbo li schen Spatenstich den Bau eines neuen Methio ninkomplexes in Sin ga-pur. Die erste Anlage im Welt maßstab für das Futtermittel-additiv im Wachstums markt Asien bildet mit mehr als 500 Mil-lionen € die bislang größte Einzelinvestition der Spezialchemie. Zur biotechnologischen Produktion des Futtermittel additivs Biolys® wird Evonik neue Anlagen in Südame rika und Osteuropa errichten. Am US-Standort Blair ist zudem die Fertigstellung der Anlagenerweiterung noch für 2012 geplant. Das gesamte Investitions volu men für Biolys® umfasst rund 350 Millionen €. Zudem hat Evonik in Saudi-Arabien jeweils ein Joint Venture zur Produktion sowie zur Vermarktung von Super absorbern in den dynamisch wachsenden Märkten des Nahen Ostens gegründet.777

Interaktion statt Präsentation

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Dr. Peter Nagler zum Gastprofessor in China ernanntDr. Peter Nagler, Chief Innovation Officer (CIO) von Evonik Industries, wurde an der Shan ghai Jiao Tong University (SJTU) in China zum Gastprofessor ernannt. Die Ernen nung verdeutlicht die Anerkennung der SJTU für den Einsatz von Evonik für die langfristige Entwicklung von Talenten und die Zusam-men arbeit mit Instituten des Hochschulwesens in China.

In der SJTU sprach Nagler mit dem Uni-ver sitätspräsidenten Professor Jie Zhang über die Zusammenarbeit beider Seiten und die Möglichkeiten zur Förderung von Talen-ten in der Zukunft. „Die Zusam men arbeit mit Universitäten ist im Bereich der Inno-vationen entscheidend, da die jungen Talen-te neue Ideen mitbringen und uns dabei hel-fen, außerhalb unserer eingefahrenen Gleise zu denken“, sagte Nagler und fügte hinzu, „Wir schätzen die laufende Zusam men arbeit mit der SJTU sehr.“ Prof. Zhang stimmte Nagler zu: „Auch wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit Evonik.“

Nach der Ernennungsfeier hielt Nagler seine erste Vorlesung für die Studenten an der SJTU und konzentrierte sich dabei auf die Geschäfte von Evonik, Anwendungen und Innovationen. „Ein Nachbar hat eine Idee und ich habe auch eine Idee – wenn wir uns aus-tauschen und voneinander lernen, haben wir beide schließlich zwei Ideen im Kopf. Wir möchten neue Talente bei uns haben und eine innovative Zukunft kultivieren“, ermutigte er die Studenten während seiner Vorlesung.

Als eine der führenden Universitäten in China ist die SJTU die erste strategische Uni versität von Evonik in Asien. Diese Ver-bin dung entstand aus der globalen offenen Inno vationsstrategie, die durch das Innova-tions management Greater China ins Leben gerufen wurde. Im Rahmen dieser Partner-schaft wurden drei herausragende Wissen-schaftler der SJTU zu „Evonik-Professoren“ ernannt, die von Evonik finanzierte For-schungs- und Entwicklungsprojekte leiten und für Evonik-Mitarbeiter wissenschaftliche

Vorlesungen halten werden. Es ist auch ver-einbart, dass Fachleute von Evonik alle zwei Wochen Seminare zu Themen aus der che-mischen Industrie an der SJTU abhalten. Evonik bietet SJTU-Studenten darüber hinaus die Mög lichkeit, ein Praktikum im Unterneh-men zu absolvieren.

Erster Spatenstich für Methioninkomplex in SingapurEvonik Industries kommt mit dem Ausbau seines Kerngeschäfts Aminosäuren für die Tierernährung wie geplant voran: Mit dem ersten symbolischen Spatenstich hat das Unternehmen im August offiziell mit dem Bau eines neuen Methioninkomplexes in Singapur begonnen. Der Komplex soll bereits im dritten Quartal 2014 in Betrieb gehen und eine Jahreskapazität von 150.000 Tonnen Methionin haben. Evonik wird dann über eine Gesamtkapazität von 580.000 Tonnen Methionin pro Jahr verfügen. Das Unter neh-men investiert mehr als 500 Millionen € in den Komplex, in dem nicht nur Methionin, sondern auch alle strategisch wichtigen Vor-produkte hergestellt werden.

„Der Methioninkomplex ist das bislang größte Einzelinvestment von Evonik“, erklär-te Dr. Klaus Engel, Vorstandsvorsitzender von Evonik Industries, in Singapur. „Wir haben uns für Asien als Standort entschieden, weil dies der am schnellsten wachsende Methio-ninmarkt ist. Das ermöglicht es uns, unseren Vorsprung als weltweiter Markt- und Tech-nologieführer bei DL-Methionin kräftig aus-zubauen.“ Die langfristig dynamische Nach-frage in Asien wird von den globalen Mega-trends Gesundheit und Ernährung getragen. Ausschlaggebend für die Wahl von Sin gapur als asiatischem Standort waren die sehr gute

Logistik vor Ort, die Vernetzung mit der Petrochemie und das hohe Aus bil dungs-niveau.

„Wir bringen mehrere hundert hochqua-lifizierte Arbeitsplätze nach Singapur und brauchen dafür gut ausgebildetes Personal – und auch das bietet Singapur“, sagte Dr. Reiner Beste, Leiter des Geschäftsbereichs Health & Nutrition. Zufrieden zeigte er sich auch mit der bis dato planmäßigen Abwick-lung des Projekts: „Die Unterstützung hier in Singapur ist hervorragend – von Seiten der Behörden ebenso wie von den Engineering-Partnern und den Lieferanten.“

Derzeit produziert Evonik DL-Methionin in vier Anlagen in Wesseling (Deutschland), Mobile (USA) und Antwerpen (Belgien). Diese Anlagen sind gerade erst schrittweise erweitert worden und stellen nunmehr eine

Kapazität von insgesamt 430.000 Jahres-tonnen bereit. „Mit dem Methioninkomplex in Singapur werden wir zusätzliche Mög-lichkeiten für profitables Wachstum nutzen und in den wichtigsten Marktregionen welt-weit präsent sein“, so Beste.

Der neue Komplex wird der modernste Anlagenkomplex weltweit sein – und die erste World-Scale-Anlage für Methionin in Asien. Eine wesentliche Stärke ist dabei die Rückintegration bei allen wichtigen Vor-produkten. „Damit werden wir unseren Kun-den wie gewohnt ein Höchstmaß an Liefer-sicherheit bieten und unsere Wettbewerbs-fähigkeit weiter stärken“, versprach Beste.

Als Zusatz zum Futter von Geflügel und Schweinen sorgt Methionin nicht nur für eine ausgewogenere Ernährung der Tiere, son-dern schont auch Ressourcen und Umwelt.

Mit dem symbolischen ersten Spatenstich hat Evonik offiziell mit dem Bau des neuen Methio nin komplexes in Singapur begonnen

Dr. Peter Nagler (links) erhält die Ernennungs urkunde von Universitätspräsident Prof. Jie Zhang

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38 gEsundhEit

Pharmazeutische Polymerformulierungen sorgen dafür, dass Arznei nicht bitter schmeckt und die Wirkstoffe im Körper zur richtigen Zeit am richtigen Ort freigesetzt werden. EUDRAGIT® Pharmapolymere von Evonik werden künftig durch ein flexibles und exakt planbares Verfahren hergestellt, bei dem die Experten nichts dem Zufall überlassen.

[ text Dr. Johannes Vorholz, Dr. Christian Meier, Dr. Thomas Süfke ]

polymErisationEn gEhörEn zu den besonders komplexen Prozessen in der chemischen Industrie. Mit steigender Zahl der Comonomere wächst die Varianz in den Molekülketten, die bei den Reaktionen im Kessel entstehen können. Oft handelt es sich bei Polymeren um „Products by Process“, d.h., ihre Eigen­schaften werden zum größten Teil während der Her­stellung im Reaktor und teilweise noch in der Aufar­beitung festgelegt und sind empfindlich gegenüber Prozessänderungen. Denn der molekulare Aufbau der synthetisierten Polymere ist entscheidend für de­ren Eigenschaften und Funktion. Das Verständnis der

zusammengefasst in der EUDRAGIT® Familie. Das Produkt EUDRAGIT® des Geschäftsgebietes Health Care im Geschäftsbereich Health & Nutrition gilt in der Pharmabranche mittlerweile weltweit als das Stan­dardpolymer für orale pharmazeu tische Formulierun­gen.

Durch ihre Vielzahl von Funktionen sind diese Polymere nahezu genauso wichtig für den Therapie­erfolg wie der eigentliche pharmazeutische Wirk­stoff. EUDRAGIT® steuert die Wirkstoffabgabe im Körper. Dies wird möglich durch eine im Magen­Darm­Trakt nach Ort (d. h. pH­Wert­abhängige) oder Zeit (d. h. durch Diffusion bestimmte) gesteuerte Auf­lösung beziehungsweise abgestufte Durchlässigkeit der funktionellen Polymerformulierungen. Verant­wortlich dafür sind funktionelle Gruppen in den Seitenketten, die über die spezifischen, auf Medika­ment und Körperfunktion maßgeschneiderten Eigen­schaften bestimmen. Aminogruppen im EUDRAGIT® E­Polymer beispielsweise bewirken, dass der Über­zug im neutralen Speichel unlöslich ist, im sauren Milieu des Magens aber durch Salzbildung in Lösung geht.

EUDRAGIT® RL­ und EUDRAGIT® RS­Polymere sind im gesamten pH­Bereich wasserunlöslich. Aus diesen Polymeren hergestellte Formulierungen wer­den aber in den Verdauungsflüssigkeiten für Wasser und Wirkstoffe durchlässig. Hydrophile Gruppen steuern dabei die Permeabilität. Die Arzneistoffe werden durch eindringendes Wasser im Kern lang­

Transparenz im Kessel Maßgeschneiderte Herstellung funktioneller Pharmapolymere

Bei Pharmapolymeren kommt es auf jedes Detail an

dem Prozess zugrundeliegenden Mechanismen und Parameter ist daher sehr wichtig bei der Prozessent­wicklung und entscheidend für die Sicherstellung der geforderten Produktspezifikationen.

Das gilt ganz besonders für Pharmapolymere. Hier stellen die Kunden höchste Ansprüche beispielsweise bezüglich Lösungsverhalten in Abhängigkeit vom pH­Wert oder anwendungstechnischer Eigenschaf­ten, aber auch hinsichtlich Reinheit, Geruch, Ge­schmack und Farbe. Evonik produziert bereits seit über 50 Jahren Polymere für die Pharmaindustrie –

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39gEsundhEit

sam gelöst und diffundieren kontrolliert durch die Polymermembran nach außen.

EUDRAGIT® Polymere steuern nicht nur die Frei­setzung der Wirkstoffe, sondern maskieren auch deren oft unangenehmen Geruch und Geschmack. Dadurch kann die sogenannte Com pliance, also die vorschriftsmäßige Einnahme des Arzneimittels, er­höht werden, die wesentlich zum Therapieerfolg beiträgt.

Auch die in Arzneimitteln enthaltenen Wirkstoffe werden durch Überzüge mit EUDRAGIT® Poly­merfilmen gegen Licht und Feuchtigkeit geschützt.

Beim einem der etablierten Herstellungsver­fahren für EUDRAGIT®, der sogenannten Substanz­polymerisation, handelt es sich um einen einmal detailliert entwickelten Standardprozess mit fest­gelegten Parametern, der die unterschiedlichen Monomere zu Polymeren verknüpft (BulkPol). Das Wesen dieser Products by Process ist, dass kleinste Änderungen an den Reaktionsbedingungen zu Eigen­schaftsänderungen führen können, die erst durch aufwändige Analytik erkannt und identifiziert wer­den müssen.

Bei Pharmapolymeren sind Modifikationen im Prozess besonders folgenreich. Verändern sich da­durch Eigenschaften des Produkts, müssen alle bei den Gesundheitsbehörden eingereichten Zulassungs­dokumente überarbeitet werden – eine zeitraubende und teure Prozedur, die es zu verhindern gilt. Stellt sich die Frage: Lässt sich eine etablierte Polymerisa­ 333

EUDRAGIT® Phar ma polymere sind mitt ler weile weltweit Standard für orale pharmazeutische Formu lie rungen mit kontrollierter Wirk stofffreisetzung

tion in einen neuen, modernen Quality­by­Design­ Prozess überführen, ohne dass sich am Produkt etwas ändert?

Unter Quality by Design versteht man eine syste­matische Herangehensweise an eine Fragestellung, die es ermöglicht, eine gleichbleibende Qualität un­ter Kontrolle von Prozessparametern sicher zu stellen. Dabei werden über kritische Qualitätsmerkmale auf wissenschaftlichen Grundlagen Auslegungsgrenzen festgelegt, Experten bei Evonik haben dafür einen Weg gefunden. Ein Team aus den Geschäftsgebieten Health Care und Acrylic Monomers entwickelte eine neue Technologieplattform zur Herstellung der EU­DRAGIT® Typen RS, RL und E. Das Besondere an dem neuen Verfahren mit dem Namen SoluPol: Es kombi­niert eine semikontinuierliche Lösungspolymerisa­tion mit einer State­of­the­Art­Aufarbeitung nach den Kriterien der allgemein anerkannten IPEC­GMP­Richtlinien (International Pharmaceutical Excipients Council, Good Manu facturing Practice). Der Prozess liefert Polymere mit den gleichen Eigenschaften wie das etablierte Verfahren, allerdings mit einer höhe­ren Reinheit der Produkte und vor allem über einen klar gesteuerten, flexiblen und präzise kontrollier­baren Prozess.

Neuer Prozess – identisches Produkt

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Ganz im Sinne des Quality­by­Design­Ansatzes wurden von den ersten Experimenten im Labor über die Technikums­ und Pilotanlage bis hin zur groß­technischen Produktion Theorie und Praxis stets eng miteinander verwoben und abgeglichen. Hierzu wur­den Experimente im Labor­ und Pilotmaßstab, Simu­lationsrechnungen und Analysen kombiniert. Auf diese Weise entstand das exakte Bild eines Prozesses, bei dem die Teilreaktionen genau verstanden sind, die Polymerisation hemmenden oder beschleunigen­den Faktoren erkannt werden und die Einflussfak­toren auf die Produkteigenschaften identifiziert sind (Abb. 1).

Da für die relevanten chemischen Reaktionen so gut wie keine Literaturangaben vorlagen, bildete die Ermittlung und Modellierung der zugrundeliegenden Reaktionskinetik eine wichtige Basis der Entwick­lungsarbeit. Im Fokus standen hier die Wachstums­ und Abbruchreaktionen der Ketten, alle Copoly­merisationsparameter, Transferkonstanten innerhalb der Lösung oder für den „Regler“ des Molekular­gewichts des Polymers, der durch gezielten Abbruch die Kettenlänge bestimmt, sowie Abweichungen vom idealen Reaktionsverhalten, beispielsweise durch den Trommsdorff­Effekt (Gel­Effekt).

Die Kenntnis von chemischer Kinetik und der zugrundeliegenden Thermodynamik erlaubte es, technische Temperatur­ und Dosierungsprofile für die Polymerisation von EUDRAGIT® zu erstellen. Misch­ und Reaktionszeiten wurden aufeinander ab­

gestimmt und Entmischungen durch Phasentrennung ver hindert (S. 42, Abb. 2).

In Zusammenarbeit mit der Formulierungs­entwicklung und der pharmazeutischen Analytik konnten somit von Anfang an wichtige Prozesspara­meter, deren Auswirkung auf die chemischen und physikalischen Vorgänge im Prozess und ihr Einfluss auf die späteren Produkteigenschaften der Pharma­polymere identifiziert und untersucht werden.

Dies betraf nicht nur die eigentliche Polymerisa­tion, sondern auch die nachfolgende Aufarbeitung. Diese ist insbesondere bei empfindlichen Pharma­polymeren fast so wichtig wie die eigentliche Syn­these. Denn die Aufarbeitung der Pharmapolymere muss so schonend erfolgen, dass die funktionellen Moleküle weder verändert noch geschädigt werden.

Mit dieser Quality­by­Design­Vorgehensweise gelang es den Monomer­ und Polymerexperten des Geschäftsgebiets Acrylic Monomers und den Pharma­experten des Geschäftsgebiets Health Care, die gesamte Kette, angefangen bei der Vermessung der Reaktions­kinetiken und der rigorosen Model lierung über die verfahrenstechnische Entwicklung, die Pilotierung und den Scale­up bis hin zur Einstellung der anwen­dungstechnischen Eigenschaften von EUDRAGIT® darzustellen. Erkenntnisse, die auch in die Anfahr­prozedur der neuen EUDRAGIT® Anlage einflossen.Ein weiteres Merkmal der bereichsübergreifenden Zusammenarbeit war die frühe Einbindung der Be­reiche Quality & Regulatory und Marketing & Sales

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Abbildung 1Bei der Entwicklung eines neuen Polymerisations ­ prozesses spielen viele Disziplinen zusammen

Labor/Pilotierung Theorie und Simulation Scale up

Analytik Kinetikmessung

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Links: Andreas Weber bei der Vorbereitung eines Versuchs zur Ermittlung der Reaktionskinetik. Oben: Nikolaos Papadopoulos überprüft, ob sich der erwartete Teilumsatz eingestellt hat.Unten: Marcus Denger bereitet das Anfahren der Technikumsanlage für einen Pilotansatz vor

in die Entwicklungsarbeiten, um Konsistenz von Pro­zess und Produkt mit den pharmazeutischen Regel­werken zu gewährleisten und die Kunden zeitnah über die Neuentwicklung zu informieren.

Das „Gewusst wie“ bringt noch andere Vorteile mit sich. Herkömmliche Substanzpolymerisation be­nötigt relativ viel analytischen Aufwand, um sicher­zustellen, dass der laufende Prozess vom gewollten Standard nicht abweicht. SoluPol kommt mit weniger Analytik aus, weil ungewollte Abweichungen durch präzise Steuerung und Monitoring des Prozesses von vornherein nahezu ausgeschlossen werden können.

Nicht zuletzt hat sich gezeigt: Durch das präzise Wissen fällt das Scale­up leichter. Mit den Kollegen aus Produktion, Engineering und den Site Services wurde die erste großtechnische Anlage nach dem So­luPol­Verfahren in Darmstadt gebaut und Anfang 2012 erfolgreich in Betrieb genommen. Sie produziert EU­DRAGIT® RS, RL und E in Form von Granulaten, aus denen Evonik insgesamt elf unterschiedliche Produkt­formen herstellt: Lösungen, Pulver und Dispersionen.

Die Validierung, die Ende Oktober erfolgreich ab­geschlossen wurde, hat gezeigt: SoluPol führt zu kon­stanten und homogenen Pharmapolymeren, die, wie umfangreiche Analysen belegen, mit den bisherigen Produkten übereinstimmen. Insgesamt haben die Ex­perten in mehreren, internatio nalen Labors und auf verschiedenen Scale­up­Sta tionen mehr als 30 Spe­zifikationsparameter überprüft – von Molekularge­wicht und Viskosität bis hin zur Par tikelgröße

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42 gEsundhEit

777

333 in Dispersionen und dem Verhalten bei der Frei­setzung von Wirkstoffen aus den Arzneiformulierun­gen (Abb. 3).

Mit der konsequenten Auslegung des SoluPol­Pro­zesses nach Quality by Design wurde ein Maßstab in der Prozessauslegung für pharmazeutische Hilfsstoffe gesetzt. Auf diese Weise leistet SoluPol einen wesent­

dr. Johannes vorholz ist seit 2008 GruppenleiterPolymerverfahrenstechnik im Geschäftsgebiet AcrylicMonomers. Er studierte Theoretischer Maschinenbauan der TU Kaiserslautern. Nach einem Forschungs-stipendium an der School of Chemical Engineeringder Cornell University (USA) promovierte er 2000 in Thermodynamik in Kaiserslautern. Danach trat er in die Verfahrenstechnik der damaligen Degussa AG in Hanau ein. Bis 2007 arbeitete er im Bereich Simu - lation auf den Gebieten Reaktormodellierung, Trenn-verfahren sowie Feststoff- und Polymerisationspro-zes se, zuletzt als Senior Process Engineer.telefon +49 6151 [email protected]

SoluPol eröffnet neue Möglichkeiten

lichen Beitrag zur Wachstumsstrategie von Evonik auf dem Markt für hochwertige moderne Medika­mente und Nahrungsergänzungsmittel. Der neue Pro­zess fügt sich nahtlos in die Pläne des Konzerns ein, seine Position im Gesundheits­ und Ernährungsbe­reich durch die Bereitstellung innovativer Produkte und Prozesse zu stärken.

Wer in der Lage ist, einen komplexen Prozess gezielt zu steuern, schafft damit die Möglichkeit, das Know­how auch für andere Produkte zu nutzen. Ins­gesamt verfügt Evonik über mehr als 60 Monomere im großtechnischen Maßstab und über mehr als 350 weitere Monomere im Labor­ und Pilotmaßstab. Über 80 Prozent davon sind funktionelle Monomere, die mit dem Wissen dieser Technologieplattform zur Pro­duktion weiterer komplexer Polymere für ganz neue Anwendungen dienen können.

dr. thomas süfke verantwortet seit zwölf Jahren die Produktion und die Supply Chain in der Produktlinie Pharma Polymers & Services. Nach dem Chemie-studium in Kiel und Promotion in Makromolekularer Chemie an der TU München begann Süfke 1988 seine berufliche Laufbahn bei der Röhm GmbH in F&E für Emul sionspoly meri sate. Er leitete anschlie ßend diese Gruppe und wechselte danach als Betriebs leiter in die Produktion.telefon +49 6151 18-4579, [email protected]

dr. christian meier ist seit 2011 im New Business Development des Geschäftsgebiets Coatings & Addi-tives tätig. Nach seinem Studium der Chemie und Pro-motion in Makromolekularer Chemie an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg startete Meier 1990 als verantwortlicher Forscher für die Perlpolymerisa-tion bei der damaligen Röhm GmbH. 1995 übernahm er die Leitung der Polymerentwicklung Pharmapoly-mere. Im Rahmen dieser Tätigkeit führte er auch die Schmelzextrusionsanwendung für wirkstoffhaltige Compounds ein.telefon +49 6151 18-4961, [email protected]

Abbildung 2Auf Basis gezielt ausgewählter Experimente (DOE, Design of Experiments) und mithilfe geeigneter Rechnungen lässt sich ermitteln, wie nah man dem Leistungsoptimum gekommen ist

Abbildung 3Am Ende muss das SoluPol­Produkt dieselben anwendungstechnischen Eigenschaften besitzen wie das BulkPol­Produkt, beispielsweise bei der Wirkstofffreisetzung (hier: Metoprololsuccinat­Matrixtabletten)

SoluPol­Produkt 1, 2 + 3 BulkPol­Produkt 1, 2 + 3

Kritischer Bereich Optimale Fahrweise

Prozessparameter 1 Prozessparameter 2

Abn

ahm

e de

r Po

lym

erfu

nktio

nalit

ät

Zeit [min.]

Wirkstofffreisetzung [Gewichtsprozent]

600540480420360300240180120600

100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0

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43nEWs

Dr. Thomas Haeberle auf der ProcessNetEvonik-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Hae-ber le eröffnete mit einem Festvortrag das Kongressprogramm der ProcessNet und 30. DECHEMA-Jahrestagung der Biotech-nologen in Karlsruhe. Etwa 1.100 Teilnehmer aus Industrie und Forschung nutzten die Fachtagung für Verfahrenstechnik und En gi-neering zum interdiszipli nären Austausch.

Unter dem Titel „Der neue globale Wett-be werb: Rohstoffquellen nachhaltig sichern, Ressourcen effizient einsetzen“ wies Haeber-le auf die steigende Relevanz der effizienten Nutzung von Rohstoffen in der chemischen Industrie vor dem Hintergrund sich verknap-pender Rohstoffreserven hin. Er be t onte dabei auch die zunehmende Bedeu tung nach-wachsender Rohstoffe sowie der nicht zu vernachlässigenden „Ressource Mensch“, die ebenfalls geschont und gewürdigt werden soll. „Nur dem Wissen und der Kreativität der Mitar beiter haben wir es zu verdanken, dass die Chemie es geschafft hat zu zeigen, dass ökonomisches Wachstum und ökologische

Ver ant wortung miteinander einhergehen können.“

Am Beispiel von Evonik zeigte Haeberle auf, dass Nachhaltigkeit, Ressourceneffizienz und die Verfolgung von Megatrends nicht im

Widerspruch zu wirtschaftlichem Erfolg stehen, sondern diesen vielmehr bedingen. Aktuelle Großprojekte aus den verschiede-nen Geschäftsbereichen belegen die konse-quente Verfolgung der Megatrends Gesund-heit, Ernährung, Ressourceneffizienz und Globalisierung. Darüber hinaus betonte er den Beitrag von Verfahrenstechnik und En gineering an der nachhaltigen Ausrichtung des Konzerns durch kontinuierliche Stei ge-rung der Effizienz und der Ausbeute in der Produktion.

Auch in diesem Jahr war Evonik auf der ProcessNet-Jahrestagung mit Fachvorträgen und einem Messestand vertreten. Über 30 Mit arbeiter aus den Bereichen Engineering und Verfahrenstechnik nahmen die Möglich-keit zum Austausch mit Experten verschiede-ner Fachbereiche und zum Kontakt mit poten-ziellen Bewerbern wahr. Als Vorsit zender der Veranstaltung hat Dr. Claas-Jürgen Klasen, Leiter Verfahrenstechnik & Enginee ring bei Evonik, das Programm maßgeblich gestaltet.

Neues Projekthaus Composites geplantSeit Oktober 2012 laufen die Vorbereitungen für ein neues Projekthaus von Evonik. In dem Projekthaus Composites (Verbundwerkstoffe) sollen neue Materialien und Systemlösungen für den Leichtbausektor entwickelt werden. Leiterin des neuen Projekthauses wird Dr. Sandra Reemers.

In dem neuen Projekthaus Composites sollen die geschäftsübergreifenden Kompe-tenzen im Bereich der Verbund werkstoffe ausgebaut werden. Dazu werden mögliche Forschungsthemen erarbeitet und bewertet. Adressiert werden unter anderem Anwen-dungen in der Automobil- und Luftfahrt-indus trie sowie im Bereich der regenerativen Energien.

„Wir sind davon überzeugt, dass wir mit dem neuen Projekthaus Composites die Kompetenzen im Leichtbausektor von Evonik weiter stärken können. Composites sind her-vorragend geeignet, die Forderung nach immer leichteren und gleichzeitig hochfesten Bauteilen zu erfüllen. Zudem können Com-posites derartig kombiniert werden, dass sich selbst komplexe Anforderungsprofile erfüllen lassen. Außerdem ist es möglich, die CO2-Emissionen durch den Einsatz von Leicht-baumaterialien zu reduzieren“, erklärt Dr. Peter Nagler, Chief Innovation Officer von Evonik.

Dr. Sandra Reemers baut das Projekthaus Composites auf. Die promovierte Chemikerin hat bereits im Projekthaus Functional Films & Surfaces Erfahrungen als Senior Project Manager gesammelt und war verantwortlich für die Entwicklungen auf dem Gebiet der Oberflächenstrukturierung. Seit 2010 arbei-tet sie im Geschäftsbereich Coatings & Additives und ist verantwortlich für die Ent-wicklung und Markteinführung neuer Com-posite-Systemlösungen im New Business Development.

Ein Composite oder Verbundwerkstoff besteht aus mindestens zwei verschiedenen Materialien, beispielsweise aus einem Matrixmaterial und einer Faserverstärkung. Charakteristisch für Verbundwerkstoffe ist, dass die Ausgangsmaterialien physikalisch unterscheidbar bleiben. Die mechanischen Eigenschaften des Verbundwerkstoffs unter-scheiden sich von denen der Ausgangs-materialien. Durch die Auswahl und Anord-nung der Ausgangsmaterialien können die Eigenschaften des Verbundmaterials maß-geschneidert an die Anwendung angepasst werden.

Das Projekthaus Composites ist das zehn-te Projekthaus der Creavis. Bei einem Pro-jekthaus kommen für einen Zeitraum von drei Jahren Experten aus den am Projekthaus

beteiligten Geschäftsbereichen zusammen und arbeiten gemeinsam an den Entwick-lungsthemen des jeweiligen Projekthauses. Nach Ablauf der drei Jahre kehren die Exper-ten mit dem gewonnenen Wissen in ihre Geschäftsbereiche zurück und können die selbst entwickelten Technologien und Pro-dukte kommerzialisieren.

Dr. Thomas Haeberle bei seinem Festvortrag zur Eröffnung der ProcessNet

Dr. Sandra Reemers, Leiterin des neuen Projekthauses Composites

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44 kommunik ation

Wenn ein Unternehmen wie Evonik zehn Studenten der Agrarwissen-schaften drei Wochen quer durch Europa reisen lässt, hat das einen guten Grund. Oder sogar mehrere: Um Talentförderung, Nachwuchsrekru tie-rung und Imagearbeit ging es beim European Ag (Agriculture) Trip des Geschäftsbereichs Health & Nutrition. Und um das Gewinnen neuer Per-spektiven.

[ text Michael Klas ]

gEht Es um nutztiErhaltung und Fleischproduktion, scheiden sich die Geister: Verbraucher wünschen sich Kleinbau­ern, die jede Sau und jede Kuh persönlich umsorgen. Massen­tierhaltung verbinden sie mit Horrorbildern von gequälten Kre­aturen. Produzenten fühlen sich durch Vorschriften hinsichtlich Tierschutz und Hygiene auf der einen Seite und Preisdruck auf der anderen stark belastet. Viele von ihnen tun ihr Bestes und fühlen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Ein schwieriges Umfeld also, auf das sich Studenten der Agrarwissenschaften, die voll Idealismus sind und normalerweise nur kleine Aus­schnitte der Praxis kennen, einstellen müssen.

Zehn fortgeschrittene Studenten mit Schwerpunkt Tierer­nährung erhielten durch Evonik die Gelegenheit, sich ein rea­listisches Bild von der Agrarwirtschaft in Europa zu machen – auf einer vom Geschäftsbereich Health & Nutrition organisier­ten dreiwöchigen Reise, dem European Ag (Agriculture) Trip. Der erwartete Nutzen dieses Projekts: junge Talente in einer für Evonik wichtigen Branche zu fördern, sie an Evonik zu bin­den und als Multiplikatoren zu gewinnen und nicht zuletzt den eigenen Geschäftspartnern die Möglichkeit zu geben, sich positiv darzustellen und das Image der Branche zu korrigieren.

Agrarwirtschaft, wie sie wirklich ist

Morgens geht die Klappe auf: Tausende Hühner mit Freilauf beim „Label Rouge“­Betrieb Loué in Frankreich

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45kommunik ation

Bewährung im Assessment-CenterDarüber hinaus sollte erprobt werden, inwieweit Social Media zur Ansprache junger Zielgruppen – hier: der Agrarwissen­schaftsstudenten – geeignet sind. Zentrale Kommunikations­plattform für den Ag Trip war deshalb eine Facebook­Seite. Nur über diese Seite erfolgte die Ausschreibung, nur dort waren Bewerbungen möglich. Als begleitende Push­Maßnahme wurden Lehrstühle der Agrarwissenschaften an europäischen Universitäten angeschrieben und mit einer Plakataktion auf das Angebot aufmerksam gemacht. 36 interessant erscheinende Bewerber wurden zu einem Assessment­Center eingeladen, in dem sie Engagement, Kreativität und Teamfähigkeit unter Beweis stellen mussten. Zehn Studenten aus acht Ländern wurden für den Ag Trip ausgewählt.

Aufgeteilt in zwei Gruppen, besuchten die jungen Leute Evonik­Kunden und andere wichtige Partner in der Agrarpro­duktionskette – vom Futtermittelhersteller über den Mastbetrieb bis hin zur Fleischverarbeitung. Team 1 bereiste Deutschland, die Nie derlande, Belgien, Frankreich und Dänemark. Team 2 tourte durch Rumänien, Ungarn, Polen, Spanien und Deutschland. Betreut wurden die Ag­Trip­Teilnehmer von lokalen Evonik­Vertriebsmitarbeitern. Zu den Aufgaben der Studenten gehörte es zum einen, ihre Reiseerlebnisse auf Facebook zu dokumen­tieren und damit öffentlich zugänglich zu machen, zum anderen, zwei für Evonik relevante Projektaufgaben zu bearbeiten.

Reisetagebuch auf FacebookDie beiden Gruppen waren dazu mit Laptops und Videokameras ausgestattet worden. Unter www.facebook.com/evonikfeed­additives sind die Berichte, Bilder und Filme weiterhin für jeden Interessierten zugänglich. Sehr bereitwillig gewährten die Be­triebe den Studenten Zugang zu allen Bereichen. In den meisten durften sie auch filmen – ob im Stall, im Lager, im Labor oder im Schlachthaus. Trotz ihres Vorwissens waren die jungen Leute beeindruckt von dem, was sie sahen: so zum Beispiel von der Wachstumsdynamik eines Unternehmens wie der EW Group, die sich von einem Familienunternehmen zu einem Konzern mit 66 Töchtern entwickelt hat; von der Effizienz der Putenzucht bei Kartzfehn; von der einfach erscheinenden, aber bestens funktionierenden Organisation des Sterksel Pig Innovation Research Centre, wo Schweine sogar lernen, eine „Toilette“ zu benutzen; von der Komplexität der MetAMINO®­Fabrik in Ant­werpen oder von der naturnahen Geflügelhaltung beim „Label Rouge“­Betrieb Loué in Frankreich.

Auch in den osteuropäischen Ländern fanden die Studenten aus Team 2 hoch entwickelte Agrarbetriebe mit Potenzial vor. Sie sahen die Betriebe aus der Perspektive ihres Themas: 333

diE tEams

Team 1 Holly Malins, 20, GroßbritannienAlberto Conde­Aguilera, 30, SpanienTaha M. Taha, 24, JordanienYavuz Meral, 26, TürkeiAnja Pastor, 27, Deutschland

Anja Winkelbach, 26, DeutschlandPawel Konieczka, 26, PolenRealm Alis, 28, PhilippinenPaulo Campos, 27, BrasilienScott Somerville, 21, Großbritannien

Team 2

Team 1 ist begeistert von der nach­haltigen Geflügelwirtschaft in Loué

Team 2 in der Anlage von Evonik Agroferm in Ungarn, begleitet von Béla Szabad, Isolation & WWT Plant Manager im Werk Kaba

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46 kommunik ation

Europa als Fleischproduktionsstandort. Ihre Erkenntnis: Die sich entwickelnden osteuropäischen Länder könnten vor allem als Fleischexporteure in preissensible europäische Märkte fungieren. Der innereuropäische Wettbewerb werde sich dadurch voraussichtlich intensivieren. Durch Befragung von Verbrauchern fanden sie heraus, dass diese großen Wert auf Frischfleisch und damit auf einheimische Produktion legen.

Ein Plädoyer für TransparenzFür Team 1 stand das Thema Verbraucherschutz auf der Agenda. Die Studenten beschäftigten sich mit den Sichtweisen und Be­mühungen aller Teilnehmer der Agrarproduktionskette und stellten diese der Verbrauchersicht gegenüber. In Bezug auf die Futtermittelproduktion fanden sie heraus, dass die Verbraucher nicht die geringste Vorstellung von den Anstrengungen haben, die Produzenten unternehmen, um Futter herzustellen, das frei von Antibiotikarückständen und Produkten gentechnisch ver­änderter Organismen (GMOs) ist. In der Beziehung zwischen Landwirt und Verbraucher sehen sie ein großes Akzeptanz­problem in Bezug auf die Massentierhaltung. Die Verbraucher verstünden Agrarwirtschaft einfach nicht. Sie wünschten sich Bauern, die zu jedem Tier eine persönliche Beziehung pflegen. Die hohen Tierschutzstandards und die Bemühungen in Sachen Hygiene dagegen würden nicht wahrgenommen. Auch bei der Schlachtung sähen viele Menschen das Hauptproblem in der Menge der verarbeiteten Tiere. Die Ag­Trip­Teilnehmer erleb­ten in Dänemark, „wie das Töten der Tiere heute auf humane Weise geschieht“. Weniger kritische Auffassungen fanden die Studenten im Hinblick auf die Milchwirtschaft und die Rind­fleischproduktion.

Ihr Schluss: Verbraucherschutz ist von Herstellerseite gege­ben. Was fehlt, ist die Akzeptanz auf Verbraucherseite. Ihre Lösungsansätze, um diese Kluft zu überwinden: erstens weitere Fortschritte beim Tierschutz in der Landwirtschaft und zweitens mehr Transparenz. Als besonders positives Beispiel haben die Studenten die dänische Firma Arla in Erinnerung, die Führun­gen durch ihre Nerzfarm anbietet. Warum nicht Fenster in Ställe einbauen und Videokameras in Schlachthäusern installieren? Das waren einige der Vorschläge aus der Projektarbeit. Dazu kommt die Verbraucheraufklärung – auch mithilfe der Medien.

Mit ihrem neuen Verständnis sind die Teilnehmer prädes­tiniert, nun selbst in ihrem jeweiligen Umfeld zur Imageverbes­serung der Branche beizutragen. Sie werden mit Evonik in Verbindung bleiben und bei Messen und ähnlichen Anlässen mitwirken. Und in nicht allzu ferner Zukunft werden sie auch im Bereich Agrarwirtschaft tätig sein – ob als Landwirt, an der Universität oder in einem Unternehmen.

Siehe auch Nominierung Innovationspreis, S. 25 777

michael klas ist in seiner Funktion als Senior Com munication Manager für die globale Kom mu nikation des Futtermittel additiv - ge schäfts von Health & Nutrition zu stän dig. telefon +49 6181 [email protected]

333

Schweineleben im Sterksel Pig Innovation Research Centre in den Niederlanden

Auch Hühner in Stallhaltung können fit und gesund sein

Reiserouten Team 1 Team 2

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4

5

12

3

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Impressum Wissenschaftlicher BeiratDr. Felix MüllerCorporate Innovation Strategy & Management [email protected]

RedaktionDr. Karin Aßmann (verantwortlich)Evonik Industries [email protected] LocherEvonik Services [email protected]

redaktionelle mitarbeitChrista FriedlMichael Vogel

fotosEvonik IndustriesAdrian BedoyDieter DeboMarkus SchmidtStefan Wildhirtva-Q-tec, Würzburg (S. 19)iStockphoto/Pgiam (S. 28)

gestaltung Michael Stahl, München

druck WAZ-Druck GmbH & Co. KG,vorm. Carl Lange Verlag, Duisburg

Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion

HerausgeberEvonik industries agCorporate Innovation Strategy & Management

Rellinghauser Straße 1–1145128 Essen

S2B Bio an „Roadmap Bioraffinerien“ beteiligtDas Science-to-Business Center Biotech no-logie der Creavis hat das For schungsprojekt Roadmap Bioraffinerien mitgestaltet. Bei der Roadmap Bioraffinerien wurden verschiede-ne Bioraffineriekonzepte gegenübergestellt und bewertet. Darüber hinaus soll bis Ende des Jahres eine erste Versuchsanlage zur um-fassenden Nutzung von Holz am Standort Leuna in Sachsen-Anhalt in Betrieb genom-men werden.

Die Versuchsanlage in Leuna ist der prak-tische Teil des Forschungsprojektes Road - map Bioraffinerien. Dabei handelt es sich um eine Lignocellulose-Bioraffinerie, die aus lignocellulosehaltigen Rohstoffen Plattform-che mikalien erzeugen soll. Durch weiterver-arbeitende Industrien können daraus bioba-sierte Produkte entstehen. Ziel des Vor ha bens

ist es, aus Holz die Stoffe Cellulose, Hemicel-lulose und Lignin in möglichst reiner Form zu gewinnen und zu verwerten. Daraus lassen sich chemische und biotechnologische Zwi-schenprodukte sowie Bindemittel und Füll-stoffe für Holzwerkstoffe und Kunststoffe gewinnen. An der Versuchsanlage sind neben Evonik auch andere industrielle und univer-sitäre Partner beteiligt. Das Forschungsprojekt wird mit rund zehn Millionen € vom Bun des-ministerium für Ernährung, Landwirt schaft und Verbraucherschutz (BMELV) gefördert.

In dem theoretischen Teil der Roadmap Bioraffinerien wurden erstmals unter wirt-schaftlichen und ökologischen Gesichts-punkten die verschiedenen Bioraffinerie-konzepte gegenübergestellt. Neben der Zucker-Bioraffinerie sind auch Lignocellu-

lose-, Pflanzenöl-, Synthesegas- und Biogas-Bioraffineriekonzepte in die Untersuchung aufgenommen worden. Bei jedem Konzept wurden die Vor- und Nachteile erörtert und aktuelle Projektvorhaben aus dem Bioraffine-rieumfeld vorgestellt. Das Science-to-Busi-ness Center Biotechnologie hat für das For-schungsprojekt wissenschaftliche Daten geliefert sowie die wirtschaftliche Bewertung der verschiedenen Raffineriekonzepte vor-genommen.

Die Roadmap Bioraffinerien ist auf der Website des BMELV zu finden. Erstmals wurde sie auf der ACHEMA, der weltgröß-ten Messe für chemische Technik, Umwelt-schutz und Biotechnologie, vorgestellt. Eine zusammenfassende Darstellung zum Thema Bioraffinerien lag bislang nicht vor.

Ausbau der Produktion für Vernetzungsverstärker in WesselingMit den Produkten Triallylcyanurat (TAC) und Triallylisocyanurat (TAICROS®) bietet Evonik zwei qualitativ hochwertige Ver net zungs-verstärker an. Nach dem geplanten Aus bau der Produktionskapazitäten in Wes se ling können ab Ende 2013 TAC und TAICROS® in deutlich größeren Mengen hergestellt wer-den. „Der Anlagenausbau ist für Evonik die folgerichtige Antwort auf die steigende Nachfrage im Markt“, erklärt Matthias Hau, Geschäftsgebietsleiter Agrochemicals & Poly mer Additives bei Evonik. Mit diesem Engagement sollen zusätzlich 13 neue Arbeits-plätze geschaffen werden. Die Investition be-wegt sich im unteren zweistelligen Millionen-€-Bereich.

Die hochwirksamen Vernetzeradditive TAC und TAICROS® werden in Kunststoffen und Kautschuk eingesetzt. Wesentliche Wachs tumstreiber sind das Wachstum des

globalen Fotovoltaikmarkts und die steigen-den Qualitätsanforderungen der Fotovol-taikmodul-Hersteller. Siliziumzellen werden in transparente Kunststofffolien laminiert. Hier verbessern die Vernetzeradditive die Qualität der Verkapselungsfolien zum Schutz der Fotovoltaikzellen, insbesondere die Alterungs- und Farbstabilität bei gleichzeiti-ger Erhöhung der Transparenz der Folien. Damit stellen sie die dauerhafte Leistungs-fähigkeit sicher und erhöhen die Lebensdauer der Solarmodule. Gerade die Fotovoltaik-

branche verlangt nach maßgeschneiderten, hochwertigen Produkten. Die Vernetzungs-verstärker TAC und TAICROS® nehmen hier eine wichtige Position ein, da sie außerdem die Ver net zungszeit der EVA-Verkapse lungs-folie reduzieren und so die Effizienz des Fertigungs prozesses erhöhen.

TAC und TAICROS® genü gen höchsten Qualitätsan forderungen, wie sie insbeson-dere in der Fotovoltaikindustrie, aber auch im Automobil- und Flugzeugbau sowie in der Bau industrie an Rohstoffe gestellt werden.

Ab Ende 2013 können die Vernetzungs ver­stärker TAC und TAICROS® von Evonik in deutlich größeren Mengen hergestellt werden

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Achtung Lithozeile druckt nicht mit! Diese Datei ist ohne Überfüllungen angelegt! Farbton Offset-Druck 48c 100m 14359 02-272 • Evonik Anzeige, Motiv Windexplorer • 4c • Format: 210 x 297 mm • Beschnitt: 5 mm • 24.10.12 • mr ELEMENTS Deutsch, OF

4.900 km in 18 Tagen – der Wind Explorer hat als erstes windgetriebenes Elektrofahrzeug Australien durchquert. Mit jeder Menge Evonik an Bord: Unsere Lithium-Ionen-Batteriezellen ermöglichten Reichweiten von rund 400 km. Unser Hartschaumstoff RoHAcELL® in der Karosserie machte das Fahrzeug leichter als seine Fahrer. Und unser Silica-/Silan-System minimierte den Rollwiderstand der Reifen. Der Lohn dafür: 2011 wurde der Wind Explorer zum „Ökologischen Konzept-fahrzeug des Jahres“ gekürt.

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Unsere Fahrer haben Benzin im Blut. Aber nicht im Tank.