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Empfindungen während der Shiatsubehandlung
Der Versuch einer Annäherung ans Mensch-Sein
Abschlussarbeit im Rahmen der Diplomprüfung
zum Dipl. Shiatsu Praktiker an der Int. Shiatsu Schule Österreich
Michael Kogler
April 2008
Dankeswort
Mein Dank gilt all jenen, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben, sei es durch Hin-
weise, Anregungen, praktische Hilfe, Rückmeldungen oder moralische Unterstützung. Allen
voran danke ich meiner Frau Monika Maria und meinen Kindern Florian und Elena-Maria, die
mich so großartig unterstützten, dass ich diese Ausbildung absolvieren konnte. Sie haben mir
dadurch einen großen Traum erfüllt.
Danke auch an all die großartigen Menschen, die mir Shiatsu empfohlen und es mir näher
gebracht haben.
Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
Vorwort
Oft sind es die versteckten Wege, die, welche nicht so frequentiert sind, die man gehen sollte,
um die Dinge zu finden, die das Leben bereichern.
Unter diesem Motto habe ich Alternativen neben meiner Berufslaufbahn gesucht und in der
Kristallkörperausbildung gefunden. Dabei wurde ich ganz anders gefordert – nicht Leistung
stand im Vordergrund, keine Zahlen, keine Vorgaben, kein fixer, täglich gleicher Rahmen. Ge-
fragt war vielmehr das innere Empfinden, das Gefühl, Spirit… - Für mich eine neue Welt, in der
ich mich erst einmal zu bewegen lernen sollte. Das war eine sehr herausfordernde Zeit für mich,
für meine Familie und vieles stellte sich für uns und für mich auf den Kopf.
Zwischendurch habe ich immer wieder den Bodenkontakt verloren und bin in andere Sphären
entschwebt. Körpergefühl und Beweglichkeit reduzierten sich, mein Leben spielte sich woan-
ders ab.
Durch die Auseinandersetzung mit Shiatsu hat sich für mich eine weitere Welt eröffnet, die es
mir ermöglichte, mein Leben wieder auf den Boden zu bringen, zu ordnen und – mit einer neu-
en, noch nie gekannten Qualität zu leben.
Ausgehend von diesem Hintergrund und aus den Erfahrungen im Rahmen der Ausbildung
möchte ich mich intensiver mit den Abläufen während einer Behandlung auseinandersetzen und
mich selbst von den Ergebnissen weiterführen lassen.
Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ................................................................................................................................ 1 2. Erforderliche Begriffsklärungen ................................................................................................ 3
2.1 Achtsamkeit, Sensibilität und Offenheit ...............................................................................3
2.2 Therapeutische Beziehung ..................................................................................................4
2.3 Exkurs Spiegelneuronen......................................................................................................5
3. Voraussetzungen und Herausforderungen dieser Arbeit................................................... 7 4. Das Vier-Stufen-Modell der humanistischen Psychologie: Reaktive Identitäten –
Körper – Emotion – Herz ....................................................................................................... 9 4.1 Reaktive Identitäten .............................................................................................................9
4.2 Der Körper .........................................................................................................................12
4.2.1 Die Sinne ..................................................................................................................14
4.2.2 Zurück zum Körper ...................................................................................................16
4.3 Vom Körper zu den Gefühlen ............................................................................................16
4.3.1 Die Gefühle...............................................................................................................20
4.4 Die Herzensebene, der Kern .............................................................................................24
5. Praktisches: Empfindungen während der Behandlung.................................................... 25 5.1 Die Wirkung eines Punktes................................................................................................29
5.2 Die Wirkung eines Meridians .............................................................................................31
5.3 Die Wirkung der Bo-Punkte ...............................................................................................32
5.4 Fokusübung – unterschiedliche Gewebeschichten ...........................................................35
5.5 Empfindungen nach einer Behandlung..............................................................................36
5.6 Zusammenschauende Betrachtung der Übungen .............................................................36
6. Ergebnisse dieser Arbeit ..................................................................................................... 37 Literaturverzeichnis ................................................................................................................. 39
Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Intuition (© - http://www.unibe.ch)............................................................................5 Abbildung 2: Reaktive Identität ...................................................................................................10 Abbildung 3: Gefühlsrosette (Modell von Plutchik) .....................................................................17 Abbildung 4: Verarbeitung der Gefühle im Gehirn ......................................................................18 Abbildung 5: Die Wandlungsphasen...........................................................................................21 Abbildung 6: Die menschlichen Sinne ........................................................................................26
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Zuordnung der Gewebearten und Körpersysteme zu den fünf Elementen ................12 Tabelle 2: Zuordnung der Gefühle zu den fünf Elementen .........................................................20
Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
1. Einleitung
Shiatsu ist Körperarbeit, Auseinandersetzung mit dem Menschen an sich. Die Ebene der Be-
gegnung der Beteiligten, des Gebers und des Empfängers, ist die Berührung, der Fingerdruck.
Was diese grundlegende menschliche Verbindung auszulösen vermag, möchte ich mir in der
Auseinandersetzung mit dem Thema „Empfindungen während der Behandlung – Der Versuch
einer Annäherung ans Mensch-Sein“ genauer anschauen.
Vielleicht ist es vermessen, dieses umfassende Thema im Rahmen dieser Arbeit abhandeln zu
wollen, auch bin ich nicht der Profi auf diesem Gebiet – was ich jedoch bin, ist ein immer wieder
suchender, ein gerne spielender und in manchen Bereichen neugieriger Mensch, der es liebt,
Neues zu entdecken und seine eigenen Erfahrungen zu machen.
Unter diesem Gesichtspunkt kann ich eigentlich nur gewinnen – kann ich mich selbst besser
kennen lernen, kann ich meine Erfahrungen weitergeben und andere teilhaben lassen. Ich
werde versuchen, mich sowohl mit den Empfindungen meiner Klienten und auch mit meinen
auseinander zu setzen und diese an einigen Punkten auch zu vergleichen.
Wo sind die Schnittstellen? Wie weit kann ich mich in mich selbst fallen lassen und beobachten?
Kann ich körperliche Empfindungen meiner Klienten an mir / in mir Wahr-Nehmen? Welche
Reaktionen können denn überhaupt auftreten, was spielt sich im menschlichen Körper alles im
Zuge einer Behandlung ab? Mit diesen Fragen und den biologischen Grundlagen dahinter wer-
de ich mich auch beschäftigen.
Trotz der besten theoretischen Erklärung bleiben Empfindungen Privatsache, man kann sie
mitteilen – erforderlich ist es jedoch nicht. Manche dieser Wahrnehmungen sind auch unange-
nehm, schwer in Worte zu fassen, intuitiv da – möglicherweise auch nicht erklärbar. Fast allen
inneren Empfindungen ist es eigen, dass sie zwar immer da sind und alles Handeln unmittelbar
beeinflussen, jedoch nur in ruhigen Phasen der Lebens wahrgenommen bzw. gespürt werden
können.
Es erfordert neben der Ruhe auch Mut, diese Empfindungen bei sich selbst zu betrachten –
vielleicht sogar aus einer neutraleren Perspektive; auf jeden Fall ist darüber hinaus Vertrauen
notwendig, wenn man sich in diesem sehr intimen Bereich jemanden anvertraut und darüber
reflektiert. Im gegenwärtigen Alltag ist dies nicht unbedingt vorstellbar – viele Menschen in
meinem Umfeld sind damit beschäftigt, das Leben überhaupt noch irgendwie zwischen Partner
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Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
oder Familie, Beruf, sonstigen Anforderungen zu bewältigen – für eine Evaluierung der eigenen
Empfindungen ist da nicht viel – oft auch gar kein – Platz. Oft habe ich das Gefühl, dass man-
chen Menschen die eigenen Empfindungen fremder sind als irgendwelche Orte auf der anderen
Seite der Weltkugel.
Shiatsu bietet mit dem Setting - Geber und Empfänger in einem geschützten Raum - die Mög-
lichkeit, sich diesen meist unbewusst ablaufenden Prozessen zu stellen, sie zu spüren, sich
hineinzufühlen und auch darüber zu reflektieren.
Für mich ist das Ziel dieser Arbeit, mich theoretisch und praktisch diesem interessanten und
umfassenden Bereich anzunähern, meine Wahrnehmung zu schulen, zu schärfen und zu justie-
ren. Ich möchte mich diesem Bereich noch mehr öffnen, tiefer eintauchen, um auch meine
Klienten auf ihren Lebensweg verständnisvoller, mitfühlender und besser begleiten sowie unter-
stützen zu können und um meinen künftigen Behandlungen den Flow und die Leichtigkeit ver-
leihen zu können, die Körperarbeit und Kunst einander annähern lassen.
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Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
2. Erforderliche Begriffsklärungen
Unter Empfindungen kann viel hineininterpretiert werden; das menschliche Spektrum ist weit
und überaus vielfältig. Es wird klarer, wenn bestimmte damit zusammenhängende Begriffe
definiert werden und so Anhaltspunkte für die weitere Erklärung gefunden werden können.
2.1 Achtsamkeit, Sensibilität und Offenheit Grundlage zum Ausführen von Shiatsu sind für den Behandelnden neben dem Fachwissen vor
allem persönliche Eigenschaften: Achtsamkeit, Sensibilität und Offenheit für sich selbst und
für den behandelten Menschen.
Achtsamkeit wird oft als Aufmerksamkeit verstanden – im Shiatsubereich ist diese Erklärung
weiter zu fassen und am ehesten mit Achtsamkeit im Sinne des Buddhismus sehen: Achtsam
sein bedeutet aus dieser Sicht, ganz in der Gegenwart, im Hier und Jetzt zu sein und sich seiner
Gefühle, Gedanken und Handlungen in jedem Augenblick voll bewusst zu sein. Es stellt so eine
Wahrnehmung der Fülle des Augenblicks, ohne zu beurteilen – einfach nur als Zeuge in sich
ruhend – ein. Buddhisten üben sich in Achtsamkeit durch Meditation. Das bedeutet auch, dass
eine ruhige und entspannte Atmosphäre Grundprinzipien für die Shiatsubehandlung sein sollten
– beginnend bei der Gestaltung der Umgebung (Behandlungsraum) bis hin zur inneren Haltung
des Praktikers.
Sensibilität verstanden als Einfühlungsvermögen bezeichnet die Fähigkeit eines Menschen,
sich in ein anderes Lebewesen hinein versetzen zu können, dessen Gefühle zu teilen und damit
über Verstehen und Handeln klar zu werden. In diesen Bereich ist auch der Terminus der Ab-
grenzung erwähnenswert: Bei zuviel Einfühlungsvermögen ist es – vor allem wenn im energeti-
schen Bereich gearbeitet wird – leicht möglich, dass der Behandler sich selbst verliert und einen
Teil des Behandelten in sich übernimmt oder umgekehrt. Zuwenig Sensibilität wirkt auf mich
sehr kalt, unpersönlich, oft auch arrogant.
Die Kunst scheint es zu sein, den anderen Menschen ohne persönliche Wertungen so anneh-
men zu können, wie er ist; ihn abzuholen, wo er gerade steht und sich dabei seines Selbst und
seiner Grenzen voll bewusst zu sein – kurz, achtsam zu sein.
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Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
Um Einfühlungsvermögen auch leben zu können, bedarf es der Offenheit für neue Erfahrungen,
Erlebnisse und Eindrücke. Alle Menschen sind unterschiedlich und reagieren eben so, wie es
ihre ganz persönliche Grundstruktur zum jeweiligen Zeitpunkt zulässt. Das kann auch sehr
unkonventionell oder befremdend sein. Mit der Basisannahme, dass jede Person in der jeweili-
gen Situation für sich bestmöglich reagiert, kann ich auch für mich konfrontierende Situationen
möglichst neutral, vielleicht sogar in mir ruhend, betrachten.
2.2 Therapeutische Beziehung
Diese Offenheit ist besonders notwendig, wenn es darum geht, die energetische Situation eines
Klienten einzuschätzen. Da kommt erschwerend hinzu, dass man die eigenen Bedürfnisse,
Wünsche, Zustände ausblenden kann, um den anderen Menschen umfassend wahr zu nehmen.
Eigene Projektionen auf den Klienten sind – wie auch selbst erlebte Geschichten – störend in
der therapeutischen Beziehung, die zwischen dem Shiatsu Praktiker und dem Klienten be-
steht. Gekennzeichnet ist diese in der Regel durch große Kompetenz- und Informationsunter-
schiede.
Rechtliche Bestimmungen und der Behandlungsauftrag, der vom Klienten an den Therapeuten
gegeben wird sowie die Abklärung des Zieles der Behandlung öffnen einen Rahmen, in dem
sich der Behandler nach seinem Empfinden bewegen kann. Wichtig zu erwähnen ist auch, dass
die Begegnung zwischen Praktiker und Klienten in einem geschützten Raum stattfindet, damit
Vertrauen und ein gemeinsamer, persönlicher Bereich entstehen kann.
Die Basis der Offenheit ist auch relevant für die Kreativität in Bezug auf den Ablauf einer Be-
handlung und ihren Erfolg. Oft stellen sich – meist auf unbewusstem Weg – Entscheidungen
oder Techniken im Zuge einer Shiatsubehandlung als nicht stimmig bzw. nicht zielführend dar,
während sich Geistesblitze oder Ideen aus dem Bauch ganz spontan ergeben. Im Feedback
stellt sich dann heraus, dass diese intuitiven Entscheidungen stimmig, sehr angenehm und für
den Klienten genau passend waren.
Aus der Achtsamkeit und der Offenheit heraus kann sich also die Intuition entfalten. Letztere ist
gekennzeichnet, dass zum Beispiel
• auf Anhieb eine gute (noch unbekannte oder neue) Entscheidung getroffen wird (ohne
alle grundlegenden Zusammenhänge dahinter zu erkennen),
• schnelles Verstehen ohne bewusste rationale Ableitung da ist,
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Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
• die Fähigkeit, Gefühle, Zustände, Abläufe unbewusst sofort und umfassend wahrzuneh-
men und einzuschätzen da ist.
Abbildung 1: Intuition (© - http://www.unibe.ch)
Intuition könnte man als eine besondere Form des
Wissens bezeichnen, die sich zwar auch aus unseren
Erfahrungen und dem Gelernten ableitet, jedoch noch
mehr ist. Sie gibt uns Zugang zu einem inneren,
universalen Wissen, das sich dem öffnet, der auch
innerlich ruhig wird bzw. ist. Für mich ist das ver-
gleichbar mit einer ruhigen Wasseroberfläche, die viel
mehr erkennen und weiter blicken lässt als
beispielsweise ein aufgewühltes, unruhiges Meer.
Diese leise, leicht überhörbare Stimme der Intuition in
unserem Innersten ist mit der inneren Weisheit, dem
unbewussten Wissen verbunden und bietet die
Möglichkeit, Situationen umfassender, ganzheitlicher
zu betrachten. Durch diese Erweiterung der Sicht können sich ganz neue, tiefgehende Lö-
sungsmöglichkeiten anbieten.
2.3 Exkurs Spiegelneuronen Solchen inneren „Ahnungen“ auf der Spur ist man im wissenschaftlichen Bereich über die so
genannten Spiegelneuronen, die über Resonanz beim Betrachten eines Vorganges im Gehirn
die gleichen Bereiche auslösen, als würde dieser Vorgang selbst ausgeführt werden. Interessant
ist, dass diese Resonanzen nur in Zusammenhang mit lebenden Wesen auftreten – d.h. nur
diese können gleichzeitig Sender und Empfänger dieses interaktiven Spiegelneuronensystems
sein. Spiegelneuronen bilden ein Netzwerk, welches die einzelnen Informationen, Werthaltun-
gen, und eigentlich alles, was Menschen bewegt, über die Resonanz zwischen den einzelnen
Menschen repliziert bzw. vernetzt und so möglicherweise die Basis für Sensibilität oder Mitge-
fühl und auch für die globalen Strömungen darstellt.
Ein Mem bezeichnet im Sinne der Memetik die Idee oder einen Gedanken als erschaffene
Informationseinheit, die sich zuerst im Fühl- und Denkvermögen eines Menschen entwickelt und
sich durch Kommunikation weiterverbreitet / repliziert wird und sich so immer weiter entwickelt
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Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
(vgl. Modeströmungen, Verhaltensweisen, technologische Konzepte, Konsum, Tratsch, Nach-
richten…). Das Mem ist für die Entwicklung einer Kultur, für die Grundbedingungen des Zu-
sammenlebens, die Entwicklung von Normen und Eigenheiten etwa gleichbedeutend wie das
Gen in der biologischen Entwicklung der natürlichen Selektion.
Weil Menschen Spiegelneuronen in Form von eigenen Ideen aussenden, sich mit den Gedan-
ken anderer auseinandersetzen, sich damit identifizieren und dazu „in Resonanz gehen“ läuft
das spiegelneuronale Netzwerk im Hintergrund immer – ob sich der Mensch dessen bewusst ist
oder nicht. Er steht als Sender seiner eigenen Ideen, Ängste, Wünsche permanent in Verbin-
dung mit diesem Netzwerk und übernimmt – bewusst oder unbewusst – die der anderen – ja er
repliziert sie sogar und verteilt sie weiter. Ein Beispiel aus dem Neurolinguistischen Program-
mieren (NLP) kann das verdeutlichen:
Spiegeln als Technik zur Kommunikationsverbesserung (Pacing) im Sinne des Neurolinguisti-
schen Programmierens – nutzt diese Möglichkeiten, um schnell eine intensive Beziehung zu
einem Menschen aufzubauen, indem nonverbale Ausdrucksformen des Gesprächspartners
angeglichen werden. Dieses „In-Resonanz-Gehen“ über nonverbale Ausdrucksformen wie
Körperhaltung, Mimik, Gestik, Stimme, Lautstärke, Sprachwahl, Sprechgeschwindigkeit, Atem-
rhythmus etc. bietet direkten Zugang zu einem Menschen und kann eine zufrieden stellende
Lösung für die Beteiligten fördern. In Kombination mit dem dazugehörigen Führen (Leading)
führt der Weg dann zu einem - hoffentlich von allen Beteiligten - gewünschten erstrebenswerten
Verhalten.
Mit diesen machtvollen Techniken aus dem NLP kann einerseits die Kommunikation gefördert
und verbessert werden, andererseits wird der Manipulation Tür und Tor geöffnet. Für mich ist es
in diesem Bereich wichtig, selbst klar zu sein, zu wissen was man will und auch den eigenen
Fokus dahin zu lenken. Wann immer ich aus diesem Bereich zum Beispiel durch Medienberichte
oder andere Kommunikation hinausfalle, versuche ich wieder zu fassen und mich meinen eige-
nen Zielen zu widmen und das zu tun, was mich fördert und unterstützt.
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Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
3. Voraussetzungen und Herausforderungen dieser Arbeit
Das Sich-Einlassen mit einem anderen Menschen erfordert für mich immer wieder Selbstrefle-xion. Diese Auseinandersetzung mit sich selbst ist immer wieder eine Herausforderung – es
geht darum, Dinge an sich zu entdecken, die Basis für Reaktionen im weiteren Sinn sind und
sich das Umfeld dieses Geschehens genauer anzuschauen. Mit dem Erkennen und „Für sich
selbst Wahrnehmen“ der Ursachen bestimmter Reaktionen ist der erste Schritt in Richtung
Akzeptanz bzw. Integration oder Veränderung im eigenen Verhalten bereits erledigt.
Sich selbst besser kennen zu lernen, heißt auch, auf dem Weg zum inneren Frieden zu sein.
Wahrnehmungen brauchen Aufmerksamkeit, um sich ihrer bewusst zu werden. In der Shiat-
supraxis trifft man oft Menschen, bei denen man das Gefühl hat, dass deren Energie eigentlich
nicht bei ihnen ist bzw. sie ihrer Energie hinterherlaufen. Solche Personen sind im Alltag unru-
hig, ständig in Bewegung, laufen und laufen und laufen und finden doch nie, was sie eigentlich
tief in ihrem Innersten suchen beziehungsweise finden möchten. Ja, sogar der Bezug zu
menschlichen Grundbedürfnis geht verloren – oft stellt sich außer Erschöpfung und möglicher-
weise sogar Burn-Out nichts mehr ein. Diese Menschen spüren sich selbst nicht mehr – meist
funktioniert nur mehr der Körper, der vom unruhigen Geist getrieben wird.
Eigenwahrnehmung ist die Wahrnehmung der eigenen Person, die nach innen gerichtete Sicht
des Menschen. Wir können uns über unsere Sinne und über die Körperwahrnehmung
(Schmerz- und Muskelsinn) an sie herantasten. Kombiniert man dieses Bild mit der Selbstbe-
obachtung und auch der Bewertung des eigenen Seins kommt man zum Selbstbild – der Vor-
stellung, die man von sich selbst hat.
Dieses misst sich häufig mit dem Wunschbild, welches von Umfeld oder Medien weitergegeben
wird und definiert, wie man zu sein hätte oder sein möchte. Das sich das Selbstbild einer Person
nicht nur auf Weniges reduzieren lässt, zeigt folgende Aufstellung. Es beinhaltet:
• Die Identität (Name, Alter, Geschlecht …)
• Körper und äußere Erscheinungsform (in Wahrnehmung und Bewertung)
• Genetische Veranlagung und Stärken / Schwächen
• Beruf, Ausbildung, Arbeit
• Vitalbedürfnisse und Vitalität (Essen, Trinken, Schlaf, Bewegung, Streicheleinheiten…)
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Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
• Wünsche, Interessen, Ziele, Träume
• Charakter und Werte (Welche Grundwerte sind mir wichtig? Woran orientiere ich mich?)
• Lebens- und Wohnformen, Erfahrungen
• Besitz, Haben, Geld
• Soziale Beziehungen, Kontakte
• Entspannung, Erholung, Freizeit, Hobbies, Muse
• Gefühle und Emotionen
• Lebenssinn, Lebensausrichtung, Weltbild, Spiritualität
All diese Dimensionen ergeben im Selbstbild ein ganzes, ein vollständiges, hoffentlich rundes
Bild einer Person. Ganzheitliche Arbeit wie beispielsweise im Shiatsu bedeutet die Annahme
dieses gesamten Umfeldes eines Menschen und das Wissen, dass jeder Faktor den anderen
beeinflusst, ihn verändern kann und auch verändert. Veränderungen in der Einstellung können
körperliche Auswirkungen nach sich ziehen, diese sich wieder in gefühlsmäßigen niederschla-
gen und umgekehrt. Dies beschreibt auch das Potenzial der bewussten (absichtslosen) und
tiefen Berührung als Basis von Shiatsu.
In der Shiatsuarbeit ist der zu behandelnde Mensch in seiner Gesamtheit mit seinen Stärken der
Mittelpunkt. Schon im Einführungsgespräch werden Bereiche angesprochen, die für den Prakti-
ker zur Diagnose wichtig sind und über die im Berufsalltag nur selten gesprochen bzw. reflektiert
wird. Schlaf, Schmerzen, die momentane Lebenssituation mit ihren Herausforderungen, Ge-
sundheit, Stärken, Hobbies, längerfristige Ziele und das Ziel der Behandlung werden definiert.
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Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
4. Das Vier-Stufen-Modell der humanistischen Psychologie: Reaktive Identitäten – Körper – Emotion – Herz
Das in der Psychologie in den 70iger Jahren des vorigen Jahrhunderts entwickelte Vier-Stufen-
Modell geht davon aus, über vier übereinander liegende Stufen mit einem Menschen in Kontakt
zu kommen. So sollten am Anfang mit Vertrauen und Sicherheit schaffenden Maßnahmen die
persönlichen Schutzwälle des Klienten gelöst werden, um überhaupt einmal direkt an dessen
Körper zu kommen. Ansonsten braucht man mit der „Körperarbeit“ erst gar nicht zu beginnen.
Über die Körperebene, die physische Struktur des Menschen kann dann die nächste Ebene, die
der Emotionen und Gefühle erreicht werden. Erst wenn der Klient bereit ist, sich diese Ebene
auch genau anzuschauen, ist es möglich, den Kern des Menschen, sein Herz, sein tiefstes
Inneres mit all seinen Eigenschaften zu berühren.
Es ist bekannt, dass die Funktion des Herzens das Regieren der anderen Organe ist. Dieses
wird nicht durch aktives Handeln sondern über das Sich-Öffnen des Herzens initiiert. So können
sich im Herzen offene Personen den Schwingungen anderer Menschen und Situationen gegen-
über öffnen und mitschwingen, ohne den eigenen Rhythmus und damit sich selbst zu verlieren.
Diese Herzlichkeit wirkt auf Menschen und Situationen befruchtend; es erfordert jedoch eine
Portion Mut, sein Innerstes zu öffnen und im Alltag wirken zu lassen.
4.1 Reaktive Identitäten In diesem Modell trifft man bei der Begegnung mit einem Menschen als erstes auf seine reakti-ven Identitäten. Diese kennzeichnet deren Versuch, sich auf die Erwartungen des Gegenübers
bzw. der Umwelt bestmöglich vorzubereiten und einzustellen, um Situationen für sich selbst zum
Vorteil abzuhandeln. Dabei spielen biologische Faktoren, persönliche Erfahrungen und Bezie-
hungsmuster eine wichtige Rolle. Ich gehe davon aus, dass jeder Mensch mit jeder seiner Reak-
tionen das Beste für sich erreichen will und dementsprechend in jeder Situation für sich selbst
bestmöglich reagiert.
Die reaktive Identität stelle ich mir wie einen Schutzring vor, der bestimmte Signale, Aktionen
oder Bereiche durch Reaktion des betroffenen Menschen verdeckt, schützt oder verteidigt.
Treffen Aussagen sensible Bereiche eines anderen Menschen, so kann sich dieser bedrängt,
verletzt, … fühlen und er wird versuchen, diesem Schmerz auszuweichen beziehungsweise ihn
möglichst gering zu halten. Irgendwie kommen mir die reaktiven Identitäten ein wenig so vor wie
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Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
die Kakteen – sie bereichern das Leben, haben viele Stacheln und können auch ganz schön
blühen. Idealerweise reicht es, die Schönheit und Vielfalt dieser Spezies zu bewundern. Will
man aber damit arbeiten, sollte man einen Weg an den Stacheln vorbei finden…
Abbildung 2: Reaktive Identität
Quelle: http://www.diegruenewelt.de/blog/wp-content/gallery/mammillaria-bluete/kakteen_020.jpg
Jeder Mensch hat sich ein eigenes Potenzial an Verhaltensweisen zugelegt, die in der Kindheit
grundgelegt – oft unreflektiert und unbewusst – auf ähnliche Situationen übertragen werden. Die
Auswahl der Strategie hängt vom eigenen Ziel, von der Stärke des Gegners und neben vielen
anderen Dingen auch vom Grad und der Tiefe der Verletzung ab, die der gespeicherten Grund-
situation eigen ist. Auf jeden Fall möchte die betroffene Person bestmöglich aus der „Bedro-
hung“ heraus kommen.
Die Strategien sind unterschiedlich – so gibt es auf der Verhaltensebene Menschen, die sehr
offensiv reagieren und mit direkter Konfrontation kein Problem haben, gerne kämpfen und oft
auch lautstark ihre Meinung vertreten. Diese Menschen können sich beispielsweise nach Angrif-
fen einfach abschütteln und ihr Leben geht weiter, als wäre nichts geschehen.
Auf der anderen Seite dieser Strategien handeln Menschen oft sehr defensiv, ziehen sich zu-
rück, suchen jeden Fehler bei sich und für alle Möglichkeiten und Varianten Erklärungs- und
Denkmodelle, die ihnen die Sicherheit geben, gut und richtig gehandelt zu haben.
Dazwischen stehen Personen, die um Ausgleich bemüht sind, Harmonie schätzen und diese
unbedingt – auch zu hohen Einsätzen – halten möchten. In der Psychologie geht man davon
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Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
aus, dass der erste Typus Fixierungen im Bereich des physischen Körpers hat, der passive im
Bereich des mentalen und der ausgleichende im Bereich des emotionalen Körpers.
Obwohl jeder Mensch alle diese Strategien anwenden kann und gegebenenfalls auch anwenden
wird, herrscht meist einer dieser Schwerpunkte vor: So hat der direkte, offensive Typus sehr
gerne auch direkte Berührung und kann gut mit körperlicher Nähe umgehen, während der eher
scheuere, zurückgezogene Mensch Sicherheit, Verständnis, Erklärung sucht und auch wesent-
lich mehr körperliche Distanz braucht. Die dazwischen liegenden, um Ausgleich in Situationen
bemühten Menschen suchen Kompromisse und können Gefahr laufen, sich in ihrem Harmonie-
gebilde eine nicht dem Leben entsprechende Parallelwelt aufzubauen.
Wenn man um diese Zusammenhänge weiß, kann man die perfekten Teams aufstellen, indem
man diese menschlichen Grundcharaktäre miteinander vernetzt und so sicher sein kann, dass
jeder seine Aufgaben erfüllen wird: Vorwärtsstreben, Überlegen und Ausgleichen geben Projek-
ten großes Umsetzungspotenzial.
Auch in der Behandlung erfordern diese Verhaltensweisen unterschiedliche Zugänge: So steht
beim ersten Typus ein fast massagemäßiger Ablauf hoch im Kurs, während beim passiven die
Berührung im Vordergrund steht und beim ausgleichenden die Arbeit mit dem Fasziensystem.
Interessant ist auch, dass beim so genannten ersten Eindruck als allererstes die Schatten der
betroffenen Personen interagieren. Wenn man sich selbst zurücknimmt und auf die Beobachter-
position geht, kann man auch deutlich die Körperstellen erkennen, die beim Zusammentreffen
reagieren. Diesen ist dann in der weiteren Behandlung unbedingt auch Priorität zu schenken.
Die Abwehrmechanismen findet man nicht nur auf der kommunikativen Ebene sondern sie
manifestieren sich auch auf der körperlichen Ebene, im Körpergewebe, wo sie die darunterlie-
genden unterdrückten Gefühle überlagern. Auch in der emotionalen Schicht, der Ebene der
Gefühle findet man diese Abwehrmechanismen – es handelt sich dann um nicht abgeschlosse-
ne, nicht integrierte oder nicht ausgelebte Gefühle, die schmerzhaft, verborgen oder ausgeblen-
det werden.
Zielführend ist es im Shiatsu allemal, auf eine entspannte und angenehme Atmosphäre zu
achten, Fragen und Antworten so zu formulieren, dass sich der angesprochene Mensch ver-
standen und angenommen fühlt und sich nicht zu rechtfertigen oder gar zu verteidigen hat. Auf
diese Weise wird es möglich, jeden Menschen an seinem ganz persönlichen Punkt abzuholen,
denn es soll ja schließlich im nächsten Schritt auf der folgenden oder noch tieferen Ebene (wei-
ter)gearbeitet werden können.
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Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
4.2 Der Körper Kommt man durch die reaktiven Identitäten eines Menschen hindurch oder besser an ihnen
vorbei, liegt der Körper mit seinen vielschichtigen Systemen bereit, um mit Berührungen des
Behandlers zu interagieren.
Die Vielfalt der menschlichen Natur von ihrem Aufbau her bietet eine wunderbare Spielwiese für
den Shiatsu Praktiker: Die unterschiedlichen Gewebearten und Körpersysteme ermöglichen in
Kombination mit den Wandlungsphasen und Elementen der TCM ein vielfältiges Wechselspiel
mit dem Körper. Je nach dem momentanen Bedürfnis der behandelten Person kann zwischen
all diesen Schichten im wahrsten Sinne des Wortes durch das Körperuniversum gesurft werden
– die Ausrichtung, der Fokus des Behandlers und seine Intuition führen durch den gegenseitigen
Austausch.
Tabelle 1: Zuordnung der Gewebearten und Körpersysteme zu den fünf Elementen
Element Gewebeart Körpersystem
Holz Nägel, Sehnen, Bänder Verdauung
Feuer Gefäße, Blutgefäße Herz-Kreislauf
Erde Faszien, Fleisch, Muskeln Immun-, Lymph- und Muskelsystem
Metall Haut, Körperhaare Atmung, Ausscheidung
Wasser Haare, Zähne, Knochen Nerven, Knochen, Zähne
Auf die unterschiedlichen Gewebearten lernt man sich als Shiatsupraktiker einzustimmen. Damit
ist gemeint, dass man sich gedanklich, emotional und physisch auf eine Struktur einstellt. Um
auf der Knochenebene auch wirklich anzukommen, ist es für mich erleichternd, wenn ich den
Knochen mit all seinen Oberflächenbeschaffenheiten und seiner Stabilität spüre, eventuell auch
die Kälte oder das möglicherweise darin gespeicherte Gefühl. Zusätzlich unterstützt mich die
Vorstellung in meinem Kopf, die ich vom berührten Knochen – spontan, aus der Erfahrung, von
Übungsskeletten oder auch aus Anatomiebüchern – habe.
Im Grunde bin ich der Überzeugung, dass mir all diese Hilfsmitteln helfen, meinen Körper auf
die dichteste Materie, die Schwingungsfrequenz des Knochens des Empfängers einzustellen
und ich dadurch in Resonanz mit dem berührten Bereich gehen kann. Vorstellbar ist das für
mich wie bei der Einstellung eines Radiosenders, wo zwischen den Rauschgeräuschen die
klaren Übertragungsfrequenzen zu finden sind. Gelingt es mir, mich selbst so zurückzunehmen,
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Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
dass ich mit meinem Hintergrund den Ablauf nicht störe oder überlagere, kann ich ganz bei mir
und auch beim Empfänger sein – um es einfach zu sagen, mich aus dem Bauch, dem Hara, der
Mitte heraus, einbringen.
In der Shiatsubehandlung spricht man auch von der Ebene der Priorität, welche sich aus den
unterschiedlichen Körperebenen zusammensetzt: Von den
• Knochen (dichteste Materie im Körper) über die Ebene der
• Bänder
• Sehnen
• Muskulatur
• Klassische Meridiane
• Faszien (haben Sonderstellung, verbinden alles mit allem)
• Hara
• Masunagameridiane
• Craniosakrales System
• Chakren
• und bis in die unterschiedlichen Schichten der Aura
bietet sich dem Geben eine Vielfalt von Prioritäten an, welche er je nach Intuition, Wissen und
Erfahrung einsetzen kann, um den Empfänger zu unterstützen. Dieses Surfen zwischen den
Ebenen, das Erkennen, wo gerade im Moment das Bedürfnis am größten ist und auch das
Spielen mit den Prioritäten übt auf mich eine große Faszination aus.
Durch das Beobachten des Körpers mit seinen unterschiedlichen Reaktionen merke ich relativ
schnell, wenn ich mich in einer falschen Ebene befinde, weil sich da für mich einfach nicht sehr
viel bewegt. Spätestens dann ist es an der Zeit, mich zurückzunehmen, zur Ruhe zu kommen
und sich auf den Klienten ein zu schwingen, um wieder auf die für den Empfänger passende
Priorität wechseln zu können. Eine Übung im praktischen Teil ist es für mich, bei unterschiedli-
chen Personen allein durch die Verlagerung meiner Aufmerksamkeitsebene zu beobachten,
wieweit sie diese „gleiche und doch unterschiedliche“ Berührung zuordnen können – bin schon
sehr neugierig darauf…
Der Körper bietet als funktionelle Einheit also ein weites Spektrum an Möglichkeiten, sich ener-
getisch auszudrücken. Von der allgemeinen Haltung über das genaue Betrachten der unter-
schiedlichsten Körperpartien und Diagnosezonen bis hin zu speziellen Punkten (Yu- und Bo-
Punkte), oder auch das Wahrnehmen der Empfindungen, der Grundstimmungen spannt sich der
Bogen. Natürlich sind auch das Zusammenspiel der unterschiedlichen Körpersysteme und die
Ausprägung der Sinne des Menschen mit in den Eindruck aufzunehmen. Die Sinne ermöglichen
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Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
es dem Menschen, seine Umwelt wahrzunehmen und mit ihr zu interagieren. Sie sind also der
Schlüssel zur Außenwelt, zur Umgebung wie auch zur Innenwelt eines Menschen.
4.2.1 Die Sinne
Aus der TCM ergibt sich auch eine Zuordnung der Sinne zu den Elementen:
• Holz wird den Augen, dem Sehen,
• Feuer der Klarheit und Ausdruck der Sprache, organisch der Zunge,
• Erde dem Geschmackssinn, dem Schmecken (Mund, Lippen),
• Metall der Nase und somit dem Riechen und
• das Wasser dem Hörsinn (Ohren).
Für den Tastsinn mit seiner Oberflächensensibilität sowie der Temperatur- und Schmerzempfin-
dung, den Gleichgewichtssinn und für die Körperempfindung bzw. Tiefensensibilität (Eigen-
wahrnehmung des Körpers - Propriozeption) sowie dem Vitalsinn (Selbstvertrauen und
Leistungsfähigkeit) gibt es keine Zuordnung in der Traditionellen Chinesischen Medizin.
Die Tiefensensibilität liefert Infos über die Position des Körpers im Raum bzw. Stellungen der
Körperteile zueinander, über den Anspannungszustand von Muskeln und Sehnen und den
Bewegungssinn. Dazu ist ein eigenes Instrumentarium – in der Technik würde man sie als
Sensoren bezeichnen – in den Körper integriert. Rezeptoren in Gelenken, Muskelspindeln in
den Muskeln und die Golgi-Sehnenorgane in den Sehnen interagieren mit dem Rückenmark und
dem Gehirn um den Körper die Ausrichtung innerhalb des Raumes bereitstellen zu können.
Gehäuft findet man diese Rezeptoren im Bereich der Beckenbänder und der Schulter.
Interessant ist auch, dass die Sinnesorgane unterschiedliche Aufnahmekapazitäten haben. Am
meisten Potenzial in diesem Bereich hat der Sehsinn – je Sekunde können 10 Millionen Einzel-
infos aufgenommen werden. Etwa je 1 Million Reize kann der Tastsinn in derselben Zeitspanne
verarbeiten, je ungefähr 100.000 der Gehör- und der Geruchssinn und nur etwa 1000 der Ge-
schmackssinn. Diese Grundkapazität des jeweiligen Organs bietet jedoch nur die Datenbasis;
die Auswertung erfolgt im Gehirn und je nachdem, in welcher Region die einzelnen Sinnesein-
drücke verarbeitet und wie sie vernetzt werden (ob gekreuzt wie bei den Augen oder direkt wie
beispielsweise der Geruchssinn), ist auch die Wirkung auf das Lebewesen unterschiedlich.
Im Neurolinguistischen Programmieren (NLP) geht man davon aus, dass jeder Mensch seine
eigene Informationsverarbeitungsstrategie hat, bei der einer dieser Kanäle – oft der visuelle oder
14
Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
der kinästhetische – überwiegt und dieser die „Informationsautobahn“ für den Menschen dar-
stellt und die übrigen Sinne neben dieser Autobahn eben nur einfache Bundes- oder Landes-
straßen, die nicht so intensiv verwendet werden, sind.
Jeder Sinn lässt sich trainieren und verbessern – der Tastsinn zum Beispiel über die Shiatsu-
ausbildung, Geruchs- und Geschmacksinn bei einem Sommelierkurs im Bereich des Weines;
auch Sprach-, Seh- und Augentrainings werden von Ausbildungsstellen angeboten. Die Kör-
perwahrnehmung wird zum Beispiel beim Einbeinstand (eventuell mit geschlossenen Augen),
auf dem Einrad bzw. Trampolin oder – gefahrloser auf Balanceplatten geübt. Durch die Weiter-
entwicklung eines Sinnen kann es sogar soweit kommen, dass zum Beispiel bei erblindeten
Menschen der Sehsinn großteils über einen oder mehrere entsprechend gut ausgebildete Sinne
(weitgehend) kompensiert werden kann.
Die Zuordnung der Sinne zu den 5 Elementen ist für die Diagnose bedeutend, weil sich Stärken
und Schwächen eines Elementes auch direkt im Sinnesorgan zeigen – so sind beispielsweise
Sprachstörungen (Stottern, Stammeln) Ausdruck einer sich in Imbalance befindlichen Feuer-
energie bzw. sind Störungen im Bereich des Geschmackes oft auf Ungleichgewichte im Erdele-
ment zurückzuführen.
Hier ist anzumerken, dass sich die körperliche Wahrnehmung in unserer Zeit bei den Menschen
sehr unterschiedlich darstellt: Einerseits sehe ich Menschen, die bewusst mit und an ihrem
Körper arbeiten (z.B.: Freizeit- und Spitzensportler) und ihre eigenen Grenzen durch Bewegung
suchen, sich fordern (dabei oft aus übertriebenen Ehrgeiz überfordern) und eigene Leistungs-
grenzen überschreiten bzw. durch bewusstes Training zu verschieben imstande sind. Anderer-
seits sehe ich in der Arbeitswelt immer mehr einseitige, sitzende Tätigkeitsbereiche. Viele
Menschen kommen von der sitzenden Haltung nicht mehr weg – sie setzen sich ins Auto, sitzen
bei der Arbeit und beim Essen – fahren wieder mit dem Auto nachhause und entspannen –
sitzend oder lümmelnd - vor dem Fernseher.
Durch diese Einseitigkeit wird nicht nur speziell das Metallelement - die Lungenenergie – be-
lastet; auch das motorische System passt sich den Anforderungen im Sinne von „use it or lose
it“ an und wird träger und unbeweglicher. Wenn dann zusätzlich noch Sorgen, Leistungsdruck,
familiäre Herausforderungen oder sonstige Belastungen dazukommen, kann es schon vorkom-
men, dass sich die körperliche Empfindsamkeit massiv reduziert und dadurch alle Grenzen für
eine kurze Zeit überschritten werden können. Hält dieser Zustand über einen längeren Zeitraum
an, kommt die Person in den heute so strapazierten Begriff des Burn-outs – Auf einmal geht gar
nichts mehr; kleine Belastungen sind zu anstrengend, Veränderungen nicht mehr machbar – der
Körper reduziert sich auf die Erhaltungsfunktionen. In einem Kurs habe ich es so klar formuliert
15
Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
gehört, dass Burn-out eine Schutzfunktion, ein Abschalten des Körpers ist, bevor sein Inhaber
ihn nachhaltig schädigt oder zerstört.
Eine gesunde Belastung des Körpers ist wichtig, ebenso wie der Kontakt mit der Natur und den
Jahreszeiten, mit dem Tageslicht … - eine Überlastung jedoch ist immer eine Herausforderung.
Gibt man dem Körper nicht genügend Zeit, um sich an eine Belastung zu gewöhnen, oder ist die
Belastung einfach zu groß, wird der Körper auf längere Sicht geschädigt. Nicht alle schädigen-
den Einflüsse lassen sich verhindern – tägliche Computerarbeit lässt sich oft zwar nicht umge-
hen, Ausgleichstätigkeiten wie Bewegung in der Natur oder Dehnungsübungen sollten in
diesem Fall den Tag abrunden.
Ein gut ausgebildetes „Körpergefühl“ unterstützt den Menschen auch bei der richtigen Trai-
ningsintensität – In der Regel meldet sich der Körper auf irgendeine Weise, wenn die Belastung
nicht richtig gewählt wird. So sollte jeder Sportler auf die Signale des eigenen Körpers achten.
Spätestens dann, wenn Bewegung wehtut oder man keine Kraft mehr hat, ist es Zeit für eine
Pause und ein weniger anstrengendes Trainingsprogramm. Insgesamt kann man aus den Er-
kenntnissen der Sportwissenschafter ableiten, dass es besser ist, öfter gut dosierte Anstrengun-
gen zu unternehmen als sporadische (Wochenend-)Höchstleistungen.
4.2.2 Zurück zum Körper
Menschen, die durch ihre Anpassung an die Umwelt funktionieren wie Maschinen, reduzieren
ohne es zu merken ihre eigene Körperwahrnehmung und –empfindsamkeit. Sie vernachlässigen
damit sich selbst und werden ein leichtes Opfer für die Werbung, da sie oft einerseits ein
schlechtes Gewissen sich selbst gegenüber entwickeln (weil sie ja genau wissen, dass ihr der-
zeitiger Lebenswandel nicht dem entspricht, was sie sich vorstellen) und dies andererseits durch
„gute Daten“ an sich selbst wieder ausgleichen möchten. Dieser Ausgleich ist grundsätzlich zu
begrüßen, doch wirklich zielführend ist auf Dauer nur die Auseinandersetzung mit dem eigenen
Körper.
4.3 Vom Körper zu den Gefühlen Wie kommt man jetzt von der körperlichen Seite mit all den Arten der Wahrnehmung und des
Ausdrucks zu der nächsten Ebene, zu den Gefühlen?
16
Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
Dazu ist es notwendig, sich einmal mit den Gefühlen auseinander zu setzen. Gefühle und Emo-
tionen versorgen den Menschen grundsätzlich mit überlebensorientierten Verhaltensweisen.
Dazu wirken sie als Bündel von chemischen und neuronalen Reaktionen und rufen Veränderun-
gen im inneren Milieu, in den Körpersystemen und im Gehirn Muster hervor, die in ihrem Aus-
druck zu Emotionen bzw. Gefühlen werden. Diese können von ganz leise (Gelassenheit) bis
intensiv (Extase) gelebt werden und die unterschiedlichsten Färbungen aufweisen:
Abbildung 3: Gefühlsrosette (Modell von Plutchik)
Quelle: Maria Helena Oestreicher - http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/EMOTION/Emotion.shtml
Gefühle und Emotionen – gemeinsam auch Affekte genannt - treten auf, wenn der Organismus
bestimmte Situationen mit dem Sinnesapparat verarbeitet oder wenn man sich aus der Erinne-
rung Erlebnisse abruft. So kommen ganz andere Körperreaktionen, wenn man sich an eine
nette Begebenheit zurückbesinnt oder wenn man sich vorstellt, in eine Zitrone zu beißen.
17
Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
Gefühle sind individuell verschieden – sie unterliegen der biologischen Vorprogrammierung
genauso wie sie auch der Prägung durch die Umwelt (Erziehung, Schule, Religion, Kulturkreis)
und den persönlichen Erfahrungen. Während für einen Hundehalter ein Hund Gefühle der Freu-
de hervorrufen kann, wird jemand, der irgendwann einmal von einem gebissen worden ist, Angst
vor diesem Tier empfinden.
Der Unterschied zwischen Emotionen und Gefühlen besteht darin, dass erstere direkt auf das
Überleben (beispielsweise in Extremsituationen) ausgerichtet sind, instinktiv ablaufen und nicht
der bewussten Verarbeitung im Gehirn unterliegen. Die Gefühle werden durch das Bewusstsein
gefiltert und verarbeitet. Oft auftretende Gefühle werden besser im Gehirn vernetzt und schnel-
ler ausgelöst - es entstehen „Nervenautobahnen“, welche die Grundstimmungen eines Men-
schen prägen.
Abbildung 4: Verarbeitung der Gefühle im Gehirn
Quelle: http://www.sportmotivation.de/images/gehirn.jpg
Durch Gefühle werden spezifische Reaktionen des Lebewesens wie beispielsweise das Davon-
laufen vor einem „stärkeren“ Gegner, ein Kampf mit einem gleichwertigen oder auch ein Erstar-
ren des Körpers (vor Schreck) hervorgerufen – je nachdem, was in dieser Situation gerade für
die Person relevant ist. Im Inneren des Körpers werden alle Regelkreise auf diese Reaktion
18
Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
(höhere Sauerstoff- und Blutversorgung bei Flucht / Kampf) vorbereitet, um das Überleben zu
sichern und trotzdem das Gleichgewicht zwischen den unterschiedlichen Körpersystemen zu
halten.
Gleichzeitig wirken die Gefühle auch auf das Bewusstsein, den Geist ein und wir können sie
reflektieren. Durch das direkte Fühlen, das konkrete Sich mit dem momentanen (Bauch)-Gefühl
auseinandersetzen kann man zu einem Erkennen kommen. So beispielsweise bestätigt sich ein
gemischtes oder ungutes Gefühl in Situationen, die sich rational ganz anders präsentieren, oft
erst Tage oder Wochen später. Das Arbeiten an dieser Wahrnehmungsform – Gefühle sind im
Körper einfach viel schneller da als die Ratio – könnte man sich viele leere Kilometer ersparen.
Durch die Gefühle werden wir über das Unterbewusstsein auf Chancen und Gefahren in unse-
rem Leben aufmerksam gemacht. Allerdings müssen wir uns dazu dem Prozess des Erkennens
unterwerfen und lernen, warum unser Körper in Situationen so und nicht anders reagiert. Auf
diese Weise können dann Gefühle wirklich wahrgenommen, gefühlt werden und ermöglichen
uns, sich selbst zu erkennen und vielleicht auch neue, für uns vorteilhaftere Reaktionsmuster zu
finden. Loslassen können wir letztlich nur Bereiche, die wir auch wirklich kennen und die wir
nicht mehr brauchen. Nur so kann Neues in unser Leben einziehen.
Der Weg zum Herzen, zu unserem Ursprung, führt über den Körper mit all seinen Gefühlen.
Letztere sind auch immer wieder ein innerer Antrieb, der die eigenen Grenzen aufzeigt und den
Menschen mit den eigenen, ihm selbst innewohnenden, Mustern konfrontiert. Durch das An-
nehmen, Wahrnehmen und Zulassen – ja, vielleicht sogar Verstehen – der Gefühle, das Fühlen
der Gefühle entwickelt man sich wahrscheinlich erst zu einem mitfühlenden Wesen. Auf diese
Weise kommt diesem Cocktail aus Nerven, Hormonen, Erfahrungen, Gedanken, Geschichten,
Situationen, … eine sehr wichtige, auch zutiefst spirituelle Bedeutung zu.
Ausgelöste Gefühle können entweder befriedigt und somit abgeschlossen und integriert werden
oder aber unbefriedigt irgendwo im Hintergrund hängen bleiben. Im ersteren Fall reagiert das
Nervensystem mit einem parasympathischen Reiz und schüttet Glückshormone (meist Sexual-
hormone) aus. Der Körper kann sich entspannen, erholen, neu ausrichten. Bei der Nichtbefrie-
digung eines Gefühles erfolgt eine Anspannungsreaktion über den Sympathikus und
Stresshormone werden freigesetzt; der Körper reagiert mit mehr Aufmerksamkeit und schaltet
sich in eine „Achtung-Gefahr-Stufe“. Dann ist es sinnvoll, dieses Gefühl auch wirklich bis zum
Ende zu fühlen, da es sich sonst irgendwo im Körper festsetzen kann und in diesem Bereich
Energie bindet.
Um solche „verkörperten“ Gefühle geht es auch in der Shiatsubehandlung. Da man ja nicht
weiß, was wo beim Klienten gerade ansteht, ist es auch gut zu wissen, dass Gefühle wie alles
19
Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
im Leben einen Anfang haben, sich bis zu einem Höhepunkt entwickeln um dann wieder abzu-
klingen und aufzuhören. Ziel einer Behandlung in Bezug auf Emotionen soll es ja sein, gebun-
dene Energien wieder verfügbar zu machen, dem Körper mehr Freiheit zu geben – vielleicht
sogar Kennenlernen und Verschieben vorhandener Grenzen. Im Sinne der Quantenphysik ist
die emotionale Energie genauso eine Energie wie jede andere (manche sagen auch Engery in
motion), mit der auch bewusst gearbeitet werden kann. Das Ziel für die Arbeit mit Gefühlen
könnte in etwa so lauten: Selbst die Entscheidungsfreiheit zu haben und so mit den eigenen
Gefühlen umgehen zu lernen, dass ein erfülltes Leben für die Person entstehen kann.
4.3.1 Die Gefühle
In der TCM sind Körper, Geist und Emotionen ein integriertes Ganzes - sie wurden niemals
getrennt und deswegen müssen auch nicht wiedervereinigt werden.
Tabelle 2: Zuordnung der Gefühle zu den fünf Elementen
Element Positive Gefühle Negative Gefühle
Holz Kreativität, Freundlichkeit, Enthu-siasmus
Zorn, Rage, Wut, Ärger
Feuer Liebe, Freude, Respekt Hass, Ungeduld
Erde Sympathie, Empathie, Offenheit Sorge, Grübeln, Nachdenklichkeit, Zweifel
Metall Rechtschaffenheit, Vergnügen Trauer, Depression
Wasser Sanftheit, Vertrauen, Ruhe Angst, Schrecken, Furcht
Jedes dieser Gefühle hat seine Berechtigung – es kommt nur darauf an, diese Affekte richtig
einzuordnen. Außerdem ist es angenehm, die positive Seite des Gefühls zu erleben – kommt
jedoch ein Element aus dem Gleichgewicht, stellen sich auch die negativen Regungen ein. Die
vorherrschende Emotion eines Menschen sollte daher auch in die allgemeine Diagnostik einflie-
ßen.
Es gehört zum Leben, dass man manchmal traurig, zornig oder besorgt ist. Auch das Empfinden
von Angst ist eigentlich ein Schutzmechanismus zur Erhaltung des Lebens. Wenn man jedoch
immer und überall Angst empfindet, sich nicht mehr aus dem Hause wagt oder den momenta-
nen Zustand allgemein als einschränkend wahrnimmt, wird es problematisch. Zur Krankheitsur-
sache werden die Emotionen also nur, wenn sie
20
Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
• besonders stark sind und / oder
• sehr lange anhalten und / oder
• wenn es sich um generalisierte Abwehrmechanismen (Neurosen) handelt, die den Blick
auf das Wesentliche verzerren.
Erst dann haben sie die Tendenz, Störungen auf der energetischen Ebene der Wandlungspha-
sen zu verursachen. Dabei lässt sich beschreiben (siehe oben stehende Tabelle), welche Emo-
tionen welche Elemente im Rahmen der Wandlungsphasen bevorzugt schädigen.
Abbildung 5: Die Wandlungsphasen
http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:5-Elemente.jpg
Zorn
Die Emotion Zorn wird sehr weit gefasst. Dazu gehören verwandte Zustände wie Stress, Groll,
Reizbarkeit, Frustration oder Verbitterung. Zorn lässt das Ki aufsteigen und schädigt den Funkti-
onskreis Holz/Leber. Da die Hauptaufgabe dieses Elementes der freie Fluss des Ki ist, kommt
es in der Folge zu Störungen wie der so genannten Leber–Ki-Stagnation (Spannungen, Prä-
menstruelle Syndrom, Migräne).
21
Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
Freude
Es ist für westliche Menschen nicht einfach zu verstehen, dass die Freude zu den krankma-
chenden Faktoren zählt. Auch im chinesischen Sinne führt Freude zu gesunder Zufriedenheit.
Der Begriff der Freude im Sinne der TCM muss weiter gefasst werden. Hierzu gehören auch das
Sammeln von Sinneseindrücken und die Zerstreuung. Geschieht dies im Übermaß, so können
Störungen auftreten. Im westlichen Sinne würde man hier etwa eine „Vergnügungssucht“ nen-
nen. Geschädigt wird vorzugsweise das Element Feuer.
Sorge
Die Sorge ist eine sehr häufige Emotion in unserer Gesellschaft: Sorge um den Arbeitsplatz,
Sorgen in der Familie oder finanzielle Probleme. Sorge schädigt die Milz und auch die Lunge.
Man sieht dann Menschen mit hochgezogenen Schultern, Nackenverspannung und oberflächli-
cher Atmung. Auch Symptome einer Milzschwäche wie Verdauungsstörungen oder Abgeschla-
genheit können auftreten.
Nachdenklichkeit / Grübeln
Auf unsere Gesellschaft bezogen ist hier vor allem eine übermäßige mentale Beanspruchung
oder zu intensives Lernen gemeint, weshalb man solche Störungen durchaus häufig auch bei
jungen Menschen findet. Die Milz wird geschädigt und es kommt zu Symptomen wie Verdau-
ungsbeschwerden, Blähungen und Abgeschlagenheit.
Trauer
Zu dieser Emotion gehören auch Reue und Gram. Sie schädigt die Lunge und kann zu Sym-
ptomen wie Müdigkeit, Atemnot und Depression führen. Bei Frauen kann ein Blutmangel entste-
hen und die Regelblutung ausbleiben.
Angst
Die Angst schädigt die Niere. Die Folgen sind bei Kindern und Erwachsenen unterschiedlich. Bei
Kindern führt sie beispielsweise zum Absinken des Ki und Bettnässen. Bei Erwachsenen führt
sie zu einer Schwächung der Niere mit Symptomen wie Hitzegefühl, brennenden Handflächen
und Fußsohlen, Impotenz und Nachtschweiß.
Schrecken
Schrecken als intensivste Ausprägung von Angst, Panik und Schockzustände schädigen die
Niere und verbrauchen die Essenz. Das führt zu einem beschleunigten Alterungsprozess. Es
gibt den Ausdruck „Über Nacht ergrauen“ nach schwerstem seelischem Trauma (Ergebnis einer
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Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
lebensbedrohlichen Situation, die außerhalb der normalen menschlichen Erfahrung liegt, und
vom Körper nur unvollständig verarbeitet werden kann) beschrieben z.B. bei verschütteten
Bergleuten oder Kriegserlebnissen.
Vgl. http://www.tcm-wetzel.de/downloads/TCM-eBook.pdf
23
Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
4.4 Die Herzensebene, der Kern
Kommt man so tief bzw. für sich selbst so weit in der Entwicklung, dass sowohl die reaktiven
Identitäten, die körperliche und die emotionale Seite integriert werden, dann kann ich mir vor-
stellen, dass man sein Herz wirklich öffnen kann – öffnen in Bezug auf alles was da ist.
Wenn ich dieses Modell für mich interpretiere, dann ist das Herz die Quelle der Gefühle, das All-
Eins-Sein. In diesem Sinne sollte dann das Gefühl der Liebe mit all seinen Facetten aus dem
Herzen dieses Menschen herausstrahlen.
Sehr gut drückt dieser Text für mich die Herzensebene aus:
Wenn du in deinem Gegenüber das göttliche Wesen siehst, wirst du kein Problem mit der menschlichen Erscheinung haben.
Diese Begegnung findet auf der Herzensebene statt.
Mit dem Herzen "zu hören" bedeutet, es gibt keine Missverständnisse,
Missverständnisse entstehen nur im Kopf. Mit dem Herzen hörst du das nicht Gesagte, die wahre Botschaft.
Mit dem Herzen "zu sehen" bedeutet, hinter die Kulissen und Masken der Menschen zu blicken
Mit dem Herzen siehst du das Göttliche in deinen Mitmenschen.
Mit dem Herzen "zu fühlen" bedeutet, es gibt kein Ego mehr das Spiele spielt.
Mit dem Herzen fühlst du nur Liebe.
Mit dem Herzen "zu denken" bedeutet, immer und in jedem Moment im Einklang mit dem Universum
und den göttlichen Gesetzen zu sein. Mit dem Herzen zu denken macht unser Leben einfach.
Wenn dein Hören, Sehen, Fühlen und Denken auf der Herzensebene verankert ist, wirst du von dort auch agieren, antworten, Bezug nehmen …
Auf der Herzensebene anderen Menschen zu begegnen, bedeutet auch, dass es kein Werten, kein Urteilen, kein Verurteilen gibt.
Auf der Herzensebene leben wir unser göttliches Potential, hier IST ALLES GUT. Hier erlebst du die Realität der allumfassenden göttlichen Liebe.
Erlaube einfach, dass diese reine Liebe von dir aus zu jedem Menschen fließen möge. Denn der größte Hunger der Menschen ist der nach Liebe.
http://www.energieimpulse.net/main.php?site=herzen
24
Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
5. Praktisches: Empfindungen während der Behandlung
Nach all diesen Grundvoraussetzungen über die Intentionen des Shiatsu und ihre Ausübung,
über die Spiegelneuronen, das Vier-Stufen-Modell der Humanistischen Psychologie sowie die
Ausführungen über den Körper, die einzelnen Sinne, die Gefühle bis hin zum Herzen komme ich
endlich zu den Empfindungen. Ich hätte nicht gedacht, dass es so lange dauert - andererseits
wollte ich die Systeme kurz ansprechen, um auch eine „technische“ Mindestbasis zu finden.
Die Empfindung ist eine bewusste Aufnahme von Informationen. Diese können über die Sinne,
über Gefühle, über alle Körperebenen und Wahrnehmungsstufen gemacht werden. Wahrschein-
lich hat jeder Mensch seine eigene Wahrnehmung – sicher jedoch hat jeder seine eigenen
Neigungen und Ausprägungen, über welchen Sinn oder welche Sinne besser oder mehr wahr-
genommen werden kann.
Eine feinere Wahrnehmung – wie sie im Shiatsu vorteilhaft ist – verbunden mit einer guten
Intuition ist im täglichen Alltag möglicherweise eine Herausforderung. So ist beispielsweise ein
ausgeprägter Geruchssinn vorteilhaft in der Diagnose; der Duft einer Knoblauchzehe kann
jedoch in diesem Fall schon eine Herausforderung sein.
Ich wünsche mir, dass ich meine Sensibilität weiterentwickle und in Zukunft eine hohe Empfind-
samkeit auch in den Alltag integrieren kann.
Meine allgemeinen Beobachtungen zeigen mir, dass Personen die körperlich sehr beweglich
und gelenkig sind, sehr schnell auf Behandlungen ansprechen. Sie sind meist auch sehr emp-
findsam und haben einen guten Zugang zu ihren Empfindungen. Oft ist es da auch möglich,
direkt über die Gefühlsebene mit dem Körper zu interagieren. Steifere, unbeweglichere Perso-
nen finden meiner Erfahrung nach viel schlechter zu ihrem Körpergefühl – auch Gefühle im
Allgemeinen sind ihnen schlechter zugänglich. Zur letzteren Gruppe zähle ich hauptsächlich
männliche Personen; ihnen macht die derzeitige Situation anscheinend mehr zu schaffen als
den Damen. Ohne jetzt zu pauschalieren – Frauen, die zu Shiatsubehandlungen kommen,
machen oft auch andere, das Körperbewusstsein schulende Tätigkeiten wie Bauchtanz, Yoga,
Gymnastik etc., während Männer oft außer ihrer Arbeit, Karriere, (Familie) und vielleicht noch
eine intensiv betriebene Sportart oder Fitnesscenter wenig Wert auf diese Körperebene legen.
25
Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
Auch ist mir aufgefallen, dass Kinder und Jugendliche einen spielerischen Zugang sowohl zum
Körper als auch zu den Gefühlen haben, den ich mir auch wünschen würde. Auch erweiterte
Wahrnehmung wie beispielsweise das Sehen mit dem inneren Auge ist oft sehr ausgeprägt und
ermöglicht mir als Praktiker auch eine andere, für mich noch spannendere Zugangsweise.
Abbildung 6: Die menschlichen Sinne
http://www.architektur.tu-darmstadt.de/upload/powerhouse_paper_image/1268/Abb_1_Sinne.jpg
Über den Tastsinn, den ich in den letzten drei Jahre massiv geschult habe, bekomme ich für
mich Zugang zu folgenden Qualitäten: warm – kalt, weich – hart, voll – leer, kyo – jitsu, ange-
nehm – unangenehm, Diagnosezonen, Yu- und Po-Punkte, Widerstände und Ungleichgewichte
in den Außenkörpern, Chakreninfos, Spannungen, Bewegungseinschränkungen, Ausweichen in
Bewegungen, Runkeln bei den Gelenken, Überspringen bei Sehnen und Bändern, Puls, Rhyth-
men (Atmung, Kreislauf, Cranio), Veränderungen am Berührungspunkt und zwischen Mutter-
und Arbeitshand, Releases, Widerstände, Energiequalitäten und -differenzierung, Elastizität,
Unebenheiten, Rauhigkeiten, Mobilität(seinschränkungen), Ausrichtung, Schmerzpunkt, Meridi-
anverlauf und -qualität, schön langsam auch die Flußrichtung, Faszienbewegung, Magnetis-
mus?… - eigentlich überraschend viel Info für einen Sinn…
Über den Sehsinn kann ich relativ schnell über Typus, Grundenergie, Haltung, Stärken, Auffäl-
ligkeiten, reaktive Identitäten, Einschätzung des Gesichtes (Zonen, Farben, Verhältnisse etc),
Schwergewicht der Energie, Ungleichgewichte, Atemwelle, Augenlidbewegungen und überhaupt
Bewegungen / Zuckungen im Bereich von Körperbereichen, Differenzen bei den Gliedmaßen,
Beweglichkeiten, Abweichungen manchmal in der Behandlung auch ein Flimmern über Meridia-
nen bzw. Körperregionen oder Energieverschiebungen.
Der Gehörsinn unterstützt mich bei der Wahrnehmung der Sprache, der Stimmmelodie, bei der
Wahrnehmung der Atmung (Releases, anderes als „normales“ Ausatmen), Körpergeräusche
(Darmgeräusche bei Entspannung, Knacksen bei Gelenken, …). Wichtig beim Hören ist auch
das Beachten, wie bestimmte Dinge gesagt werden und welche Wörter beispielsweise verwen-
26
Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
det werden. Daraus erhält man ein weiteres Mosaiksteinchen zur Grundsituation dieses Men-
schen.
Wenn ich über meine Nase etwas wahrnehme, liegen meist schon grobe Ungleichgewichte in
einer Wandlungsphase vor. Hintergrund ist, dass man den Elementen auch Gerüche zuordnen
kann:
• Holz riecht ranzig
• Feuer nach Schweiß
• Erde süßlich
• Metall fischig und
• Wasser verrottet.
Trotzdem kommt es vor, das im Zuge einer Behandlung eine Geruchsfahne in der Nase hängen
bleibt… - ansonsten riechen heute viele Menschen nach Deos und Parfums, die für mich unan-
genehmer sind als ein „normaler“ Körpergeruch. Auffallend ist es für mich, wenn ich den Be-
handlungsraum nach einer Behandlung nicht sofort lüfte und einige Zeit später wieder
hineingehe. Da riecht es dann nicht nur nach verbrauchter Luft.
Den Geschmackssinn lasse ich im erweiterten Sinn in die Bestandsaufnahme eines Klienten
einfließen – wie kleidet er sich, was hält er auf und von sich, welche Farben werden angezogen,
wie werden diese Farben kombiniert – gibt mir einige Rückmeldungen über den Zustand und die
Ausrichtung der Elemente.
Die einzelnen Sinne bergen schon ein enormes Potenzial – in Kombination miteinander, im
genauen Beobachten und Reflektieren des Klienten und mit Wissen um den Menschen im wei-
teren Sinn - liefern sie ein rundes Bild vom momentanen Zustand eines Klienten. Daneben sind
noch weitere Informationsquellen verfügbar, über die meist nicht nachgedacht wird. Das Kälte-
und Wärmeempfinden, der Gleichgewichtssinn, der Sinn für Bewegung (Kinästhetik: Raum,
Kraft, Zeit, Spannungsverhältnisse) und auch der Vitalsinn werden genannt.
Für mich immer wieder interessant ist der sogenannte 6. Sinn, der Sinn für das Unerklärliche.
Vor einigen Jahren habe ich festgestellt, dass ich mich auf Vorgänge in den Körpern anderer
einlassen und diese in meinem Körper nachempfinden kann. Das funktioniert in Behandlungen
recht gut, da ich für mich auch merke, wo die Energie hinzieht, ob irgendwo Spannungen,
Schmerzen, Fülle auftritt – erklären kann ich es nicht. Dieser mein innerer Zustand leitet mich
auch immer öfter durch die Behandlungen – wo wäre die nächste Berührung notwendig, welche
Ebene benötigt die Berührung – vielleicht kommt in Zukunft ein Zustand in mir, wo ich rein auf
dieser Ebene (natürlich mit dem Wissen im Hintergrund) arbeiten kann.
27
Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
Diese Wahrnehmungen habe ich nur, wenn ich selbst ruhig bin und mein Wollen ausschalte. Ich
kann mich auch nicht voll darauf verlassen – oft empfinde ich diese Dinge wesentlich früher, ab
und zu bin ich auch auf der „falschen“ Körperseite – stimmen links und rechts nicht ganz. Da bin
ich noch nicht dahinter gekommen, warum das so ist – ich bleibe dran.
Aber auch Gefühle kommen bei mir manchmal dazu. So empfinde ich oft Wärme- oder Kältege-
fühle in den unterschiedlichsten Körperbereichen. Auch das Kribbeln – fühlt sich je nach Intensi-
tät an wie das Krabbeln kleiner oder größerer Ameisen auf der Haut – empfinde ich oft.
Besonders wenn ich über das Lenkergefäß 20 mit dem „Leuchtdaumen“ den Körper scanne,
merke ich, wo die Energie nicht durch kann. Dann kommt dieses Kribbeln. Öffne ich mich in
diesem Fall weiter und lasse einfach etwas Zeit, fühlt es sich an, als würde die Energie durch
das „Hindernis“ hindurchfließen oder es auflösen. Diese Beobachtungen stimmen meist mit
denen der behandelten Menschen überein.
Beim Arbeiten an Bereichen, die nach Berührung schreien, stellen sich auch andere Gefühle
ein: Da schnürt es mir die Luft ab, muss ich tief durchatmen, spüre Konfrontation oder Leichtig-
keit, kommt eine Freude oder auch der Schmerz eines Abschieds. Oft schießen dann auch
Fragen oder Wörter durch den Kopf, die ich meist für mich behalte und nur in Verbindung mit
einem „guten Gefühl“ für mich kommuniziere.
Jitsubereiche lassen oft auch meine Körpertemperatur steigen und ich beginne über den Rü-
cken herauf zu schwitzen, ohne mich auch nur im Geringsten anzustrengen – bei Kyobereichen
ist das oft umgekehrt.
Insgesamt haben mich die letzten 3 Jahre im Rahmen der Shiatsuausbildung wesentlich sensib-
ler in Bezug auf meine Körper und meine nähere und weitere Umwelt werden lassen. – Ich
möchte dieses neue Empfinden und Wahrnehmen nicht mehr missen – Danke!
In Rahmen der praktischen Übungen habe ich mit ausgewählten Klienten das Setting der Be-
handlung etwas geändert – Nach einer Vorbereitungsphase habe ich eine Sequenz von etwa 10
Minuten eingebaut, wo sowohl die Klienten als auch ich meine Empfindungen auf ein Diktierge-
rät gesprochen haben. Einen Auszug daraus gebe ich mit dem Einverständnis der Menschen
hier wider.
Ich habe einerseits mit den unterschiedlichen körperlichen Ebenen (Prioritäten) gespielt und
andererseits auch bestimmte Punkte länger gehalten und darüber reflektiert. Bei den Prioritäten
ist für mich relevant, inwieweit diese Ebenen auch von den Menschen wahrgenommen werden
und wie sie sich im speziellen Fall zeigen. Bei den anderen Punkten – ich habe da teilweise
28
Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
Meridianpunkte, Bo-Punkte und auch Körperbereiche verwendet, die mich einfach angezogen
haben – war ich auf die Wirkung im Körper neugierig und auch auf das, was sich unter meinen
Händen und in meinem Körper abspielt.
All diese Spürübungen erfordern einerseits Konzentration auf das, was sich im Körper abspielt,
und sehr viel Vertrauen, dass die Empfindungen auch ausgetauscht und niedergeschrieben
werden dürfen. Ich bedanke mich für den Mut und die Bereitschaft meiner „Spürer“ – sie haben
mich sehr unterstützt.
5.1 Die Wirkung eines Punktes Klient: xxx
I: Stelle mich auf KG 17 ein – habe das Gefühl anzukommen – es pulsiert – ...
29
Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
Dauer der Sequenz: knapp 7 Minuten
Klient: xxx
I: Ich stelle mich ein und gehe auf KG 20 – habe das Gefühl, dass ich durch bin … - bei mir kribbelt es im Bereich L4/L5
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Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
Dauer der Sequenz: rund 12,5 Minuten
5.2 Die Wirkung eines Meridians Klient:
Der Magenmeridian – beginne bei Magen 1 und arbeite durch hinunter
Dauer der Magenmeridiansbehandlung: etwa 17 Minuten
31
Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
5.3 Die Wirkung der Bo-Punkte Klient xxxI: Ich gehe jetzt eine Reihe von Punkten auf der Vorderseite des Körpers durch und du sagst
einfach, ob etwas spürst… - (arbeite mit der Meridianuhr – beginnend mit dem Lu1) – kom-me gut in die Energie hinein
32
Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
33
Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
I: für mich Konklusio – Feuerenergie und Leber in Zukunft etwas mehr einbauen
34
Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
Dauer: 37,5 Minuten, war für Martin sehr anstrengend und ermüdend – trotz der Pause – für
mich das Schreiben, weil die Aufnahme sehr schlecht war…
5.4 Fokusübung – unterschiedliche Gewebeschichten Klient xxx
Dauer: 10 min – Martin war schon ziemlich müde
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Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
5.5 Empfindungen nach einer Behandlung xxx, etwa xx Jahre, Mutter eines Sohnes, berufstätig und Hausfrau – kommt etwa alle 3 Mona-
te, hat Spannungskopfschmerzen, dass sie es nur mehr mit Tabletten und im abgedunkelten
Raum aushält
Ich habe am sie behandelt – ihre Energie war ganz oben und ganz massiv im Nacken / Schul-
terbereich fixiert - sehr hohe Körperspannung. – Versuchte, die Körperspannung über den
Rücken und an den Füßen zu lösen, konzentrierte mich dann auf den Oberkörper, Schultern,
löste den Trapezius, m. levator scapule und den Pectoralis und beendete die Behandlung am
Hara
Rückmeldung 3 Tage später:
„Mir ging es gleich am nächsten Tag besser, am Nachmittag – beim Elternsprechtag – dachte
ich, ich müsste sterben. Müdigkeit, große Müdigkeit überkam mich. Ich bin schon gewohnt, dass
nach einer Behandlung es irgendwo im Körper zuckt, kribbelt, warm oder kalt wird – das ist ganz
normal bei mir und es dauert bis zu 48 Stunden. Ich bin dann nachhause und sofort ins Bett –
habe geschlafen wie tot und bin heute als ein ausgewechselter Mensch aufgestanden…
5.6 Zusammenschauende Betrachtung der Übungen
Berührung ist mehr als das Drücken eines Punktes – es ist vielmehr ein Sich-selbst-Öffnen, ein
Sich-aufeinander-Einlassen, ein kommunikativer Austausch und eine heilende Begegnung
zwischen lebenden Wesen. Die Art der Berührung, diese Annäherung auf körperlicher Ebene
mit all ihren Auswirkungen ist die Basis von Shiatsu. Womit ich wieder beim Daumendruck bin.
Berührung fordert, gibt, beglücket, tröstet, unterstützt, beruhigt, stützt, begleitet, leitet, öffnet,
heilt, bewegt, nimmt, ladet ein … - es ist gar nicht möglich den gesamten Hintergrund zu erfas-
sen - Berührung gehört im wahrsten Sinne des Wortes zum Menschsein dazu.
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Empfindungen während der Shiatsubehandlung Michael Kogler
6. Ergebnisse dieser Arbeit
Ich hätte es nicht für möglich gehalten, was mir die Menschen so alles sagen – eigentlich wollte
ich noch eine Kristallkörperarbeit, eine Austausch mit einem Indigokind, eine Fokusarbeit ohne
Berührung und eine Behandlung auf der Basis der Gefühle – Entetikettieren – einfließen las-
sen. Ich brauche jedoch auch Zeit, um mich auf die Prüfung vorzubereiten und schließe deshalb
die Arbeit an dieser Stelle ab.
Gefühlsausbrüche – ausgenommen Lachen – sind in diesen beschriebenen Fällen nicht vorge-
kommen. Weinen als Erleichterung, Schluchzen, Stöhnen, tiefes Durchatmen oder auch das
Arbeiten direkt am Schmerzpunkt sind mir bekannt und ich spiele auch gern damit, wenn ich es
für angebracht empfinde.
Ich werde die noch offenen Punkte in meine Praxis einbeziehen – immer öfter, vielleicht auch in
einem immer feineren Wahrnehmungsspektrum, weil es für mich eine enorme Bereicherung
darstellt, diesen Bereich bei mir / in mir selbst zu spüren und bei der Empfindung anderer Men-
schen teil zu haben.
Markant für mich ist, dass ich mich mit meiner Wahrnehmung recht gut auf die behandelnden
Menschen einstellen kann. Das, was ich im Inneren empfinde, ist tatsächlich auch da. Es wird
zwar möglicherweise etwas später von den Personen wahrgenommen oder die Körperseite in
mir täuscht mich noch (das habe ich noch nicht ganz herausgefunden, bleibe dran).
Ich sehe diese meine Gabe als eine ungemein bereichernde, weil ich mich sofort auf die Reakti-
onen im Körper einlassen kann und damit auch einen – möglicherweise immer anderen, auf die
jeweilige Situation des Menschen abgestimmten - Behandlungsablauf finden kann.
In den letzten zwei Monaten habe ich auch einen intensiven Prozess in mir durchlebt. Dieser
war für mich teilweise so intensiv, dass an Schreiben oder Lernen überhaupt nicht zu denken
war. Zwischendurch hat sogar der Computer sich gestreikt – die Daten blieben jedoch erhalten.
Auch ein anderes Ereignis in letzter Zeit hat mich sehr aufgerüttelt: bei einem Feuerwehreinsatz
im Rahmen eines Verkehrsunfalles haben wir einen Toten aus einem Fahrzeug geborgen.
Verwirrend war für mich nach all der Beschäftigung mit dem „funktionierenden“ Körper, was
passiert, wenn der Lebensfunke draussen ist. Das hat mich ein wenig ratlos gemacht und mich
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Michael Kogler Empfindungen während der Shiatsubehandlung
andererseits wieder zum Leben, zum göttlichen Funken, zu dieser unvorstellbaren Vielfalt ge-
bracht. Der Körper ohne Geist hat seine Aufgabe erfüllt – der Geist ist wieder frei, sich weiter zu
entwickeln.
Auch beobachte ich, wie viele Menschen in meiner Nähe mit ihrem Körper kämpfen oder unzu-
frieden sind – ein paar Kilo zuviel, hier zuwenig, dort zuviel und all die kleinen Unzulänglichkei-
ten des Lebens, die sich eben manifestieren und zeigen. Es ergibt sich daraus leider allzu oft ein
Kampf, der aus meiner Sicht nicht gewonnen werden kann – um es treffender zu formulieren,
ein Kampf der sinnlos ist. Durch den Prozess der letzten Monate habe ich ein wenig zu verste-
hen gelernt, dass der Körper eigentlich nur Spiegel der Seele / des Geistes ist und uns in unse-
rem Heilungsprozess durch seine Sympthome, Zeichen und Ausdrucksformen unterstützen
möchte. Für Kampf ist da eigentlich kein Platz – eher für Besinnung, Reflexion, Verstehen und
daraus folgenden Konsequenzen und Veränderungen.
Als ich dann wirklich auf des Pudels Kern in meinem Prozess gekommen bin, haben sich die
Schmerzen und Einschränkungen binnen weniger Tage ohne großartiges Zutun verändert –
Erleichterung war und ist angesagt.
Der Weg, über die Berührung des Körpers bis in die Herzensebene ist ein spannender und
aufschlußreicher – am Ende könnte der umgekehrte Vorgang entstehen: Die Berührung aus der
Herzensebene heraus, die wahrlich Wunder wirken kann.
Ich freue mich darauf, diesen Teil der Shiatsuausbildung hiermit abzuschließen und lasse mich
überraschen, was sich da bei mir noch alles zeigen wird. In diesem Sinne öffne ich mich für das
Neue und lasse es auf mich wirken, wie immer es sich auch für mich zeigen mag.
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Literaturverzeichnis
Folgende Quellen habe ich neben meinen Mitschriften und den Scripten zur Shiatsuausbildung verwendet: 1. “Achtsamkeit - Wikipedia,” http://de.wikipedia.org/wiki/Achtsamkeit. 2. “Big Five (Psychologie) - Wikipedia,”
http://de.wikipedia.org/wiki/Big_Five_%28Psychologie%29. 3. Luise Reddemann, Eine Reise von 1.000 Meilen beginnt mit dem ersten Schritt (Herder,
Freiburg im Breisgau, 2007). 4. “Emotionen und Gefühle,” http://www.shiatsu-austria.at/einfuehrung/wissen_17.htm. 5. “Empathie - Wikipedia,” http://de.wikipedia.org/wiki/Einf%C3%BChlungsverm%C3%B6gen. 6. Wilfried Rappenecker, Fünf Elemente und Zwölf Meridiane, 2. Auflage (Waldeck: Felicitas
Hübner Verlag, 1998). 7. “Intuition - Wikipedia,” http://de.wikipedia.org/wiki/Intuition. 8. “Mem - Wikipedia,” http://de.wikipedia.org/wiki/Meme. 9. “Patient-Arzt-Beziehung - Wikipedia,” http://de.wikipedia.org/wiki/Patient-Arzt-Beziehung. 10. “Propriozeptor - Wikipedia,” http://de.wikipedia.org/wiki/Propriozeptor. 11. “Selbstbild - Wikipedia,” http://de.wikipedia.org/wiki/Selbstbild. 12. “Selbstwahrnehmung - Wikipedia,” http://de.wikipedia.org/wiki/Selbstwahrnehmung. 13. “Spiegelneuron - Wikipedia,” http://de.wikipedia.org/wiki/Spiegelneuron. 14. “TCM-eBook.pdf (application/pdf-Objekt),” http://www.tcm-wetzel.de/downloads/TCM-
eBook.pdf. 15. Joachim Bauer, Warum ich fühle, was du fühlst: intuitive Kommunikation und das Geheimnis
der Spiegelneurone, 6. Auflage (Hamburg, 2005: Hoffmann und Campe).
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