8
Übersichten Trauma Berufskrankh 2016 · [Suppl 4]: 18:S310–S317 DOI 10.1007/s10039-016-0151-8 Online publiziert: 4. Mai 2016 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 Felix Bonnaire · Philipp Bula Klinik für Unfall-, Wiederherstellungs- und Handchirurgie, Städtisches Klinikum Dresden-Friedrichstadt, Dresden, Deutschland Endoprothese oder Reosteosynthese nach fehlgeschlagener Osteosynthese am proximalen Femur Ausgangslage DieoperativeVersorgungderproximalen Femurfrakturen ist in allen Altersklas- sen die Regel. Konservative Behandlun- gen sind nur noch selten indiziert (Leit- linien Schenkelhalsfrakturen und per- trochantäre Oberschenkelfrakturen der Deutschen Gesellschaſt für Unfallchirur- gie [DGU]). Allerdings ist sie bei Kin- dern und Jugendlichen selten, bei jungen Erwachsenen und Menschen im aktiven Lebensalter schon häufiger und bei Men- schen über 70 Jahre sehr häufig [1]. Die Häufigkeit in den verschiedenen Alters- gruppen und die zukünſtige Epidemiolo- gie sind in verschiedenen Publikationen und in den Angaben des Statistischen Bundesamtes über Jahre beschrieben und erfasst. Gründe für die verschiedenen Häu- figkeitsraten liegen in den unterschiedli- chen Beanspruchungen, muskulären und knöchernenWiderstandskräſten,derKo- ordinationsfähigkeit und der Kompensa- tionsfähigkeit bei Stürzen. Entsprechend diesen unveränderli- chen Unterschieden werden auch ver- schiedene Operationsverfahren unter Berücksichtigung der Voraussetzun- gen und Anforderungen der Verletzten gewählt. Grundsätzlich gilt: Je jünger, anspruchsvoller und aktiver der Mensch, desto häufiger werden gelenkerhaltende Operationen (Osteosynthesen) als pri- märe Maßnahme gewählt, und je älter, anspruchsloser und inaktiver, desto mehr steigt die Bereitschaſt, das Hüſtgelenk zu ersetzen. Im Einzelfall muss man von diesen Re- geln abweichen, wenn eine Rekonstruk- tion aussichtslos erscheint oder ein endo- prothetischer Ersatz eine zu hohe Ope- rationsbelastung für den geschwächten Allgemeinzustand eines Patienten dar- stellt. Beide Operationsprinzipien, Gelenk- erhalt und Gelenkersatz, haben unter- schiedliche Komplikationsmöglichkei- ten und Rückzugstechniken. Grundsätz- lich ist bei der dislozierten Schenkelhals- fraktur ein endoprothetischer Ersatz we- gen guter Verankerungsmöglichkeit der Schaſtkomponente leicht machbar. Bei den pertrochantären und noch mehr bei den subtrochantären Frakturen ist dies viel schwieriger und unter Inkaufnahme hoher Komplikationsmöglichkeiten zu realisieren. Die Reoperationsraten nach Osteo- synthesen dislozierter Schenkelhalsfrak- turen im Alter liegen je nach Publi- kationsjahr und Differenziertheit des Vorgehens zwischen 10 und 30 %. Die hohen Raten gehen auf schlechte Bild- gebung, Routineversorgung ohne Be- rücksichtigung des Frakturalters und mit unzureichenden Implantaten zu- rück (Schwedenregister). Neuere Daten liegen bei 10 % Reoperationen beim Ein- satz stabilerer Implantate ([5], Bonnaire et al. im Review). Eine ähnliche Entwicklung ist auch bei den per- und subtrochantären Frak- S310 Trauma und Berufskrankheit Suppl 4 · 2016

Endoprotheseoder Reosteosynthesenach ... · Abb.3883-jährigePatientin,Garden-IV-Dislokation Abb.48SchlechteRepositionundschlechteImplantatlage Abb.58ZwangsläufigesVersagen:Cut-out

  • Upload
    ledien

  • View
    216

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Endoprotheseoder Reosteosynthesenach ... · Abb.3883-jährigePatientin,Garden-IV-Dislokation Abb.48SchlechteRepositionundschlechteImplantatlage Abb.58ZwangsläufigesVersagen:Cut-out

Übersichten

Trauma Berufskrankh 2016 · [Suppl 4]:18:S310–S317DOI 10.1007/s10039-016-0151-8Online publiziert: 4. Mai 2016© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016

Felix Bonnaire · Philipp BulaKlinik für Unfall-, Wiederherstellungs- und Handchirurgie, Städtisches KlinikumDresden-Friedrichstadt,Dresden, Deutschland

Endoprothese oderReosteosynthese nachfehlgeschlagener Osteosyntheseam proximalen Femur

Ausgangslage

DieoperativeVersorgungderproximalenFemurfrakturen ist in allen Altersklas-sen die Regel. Konservative Behandlun-gen sind nur noch selten indiziert (Leit-linien Schenkelhalsfrakturen und per-trochantäre Oberschenkelfrakturen derDeutschenGesellschaft fürUnfallchirur-gie [DGU]). Allerdings ist sie bei Kin-dern und Jugendlichen selten, bei jungenErwachsenen und Menschen im aktivenLebensalter schon häufiger und beiMen-schen über 70 Jahre sehr häufig [1]. DieHäufigkeit in den verschiedenen Alters-gruppen und die zukünftige Epidemiolo-gie sind in verschiedenen Publikationenund in den Angaben des StatistischenBundesamtesüberJahrebeschriebenunderfasst.

Gründe für die verschiedenen Häu-figkeitsraten liegen in den unterschiedli-chenBeanspruchungen,muskulärenundknöchernenWiderstandskräften,derKo-ordinationsfähigkeit undderKompensa-tionsfähigkeit bei Stürzen.

Entsprechend diesen unveränderli-chen Unterschieden werden auch ver-schiedene Operationsverfahren unterBerücksichtigung der Voraussetzun-gen und Anforderungen der Verletztengewählt. Grundsätzlich gilt: Je jünger,anspruchsvoller und aktiver derMensch,desto häufiger werden gelenkerhaltendeOperationen (Osteosynthesen) als pri-märe Maßnahme gewählt, und je älter,anspruchsloserund inaktiver,destomehr

steigt die Bereitschaft, das Hüftgelenk zuersetzen.

ImEinzelfallmussmanvondiesenRe-geln abweichen, wenn eine Rekonstruk-tionaussichtslos erscheint oder ein endo-prothetischer Ersatz eine zu hohe Ope-rationsbelastung für den geschwächtenAllgemeinzustand eines Patienten dar-stellt.

Beide Operationsprinzipien, Gelenk-erhalt und Gelenkersatz, haben unter-schiedliche Komplikationsmöglichkei-ten und Rückzugstechniken. Grundsätz-lich ist bei der dislozierten Schenkelhals-fraktur ein endoprothetischer Ersatz we-gen guter Verankerungsmöglichkeit derSchaftkomponente leicht machbar. Beiden pertrochantären und noch mehr beiden subtrochantären Frakturen ist diesviel schwieriger und unter Inkaufnahmehoher Komplikationsmöglichkeiten zurealisieren.

Die Reoperationsraten nach Osteo-synthesen dislozierter Schenkelhalsfrak-turen im Alter liegen je nach Publi-kationsjahr und Differenziertheit desVorgehens zwischen 10 und 30%. Diehohen Raten gehen auf schlechte Bild-gebung, Routineversorgung ohne Be-rücksichtigung des Frakturalters undmit unzureichenden Implantaten zu-rück (Schwedenregister). Neuere Datenliegen bei 10% Reoperationen beim Ein-satz stabilerer Implantate ([5], Bonnaireet al. im Review).

Eine ähnliche Entwicklung ist auchbei den per- und subtrochantären Frak-

S310 Trauma und Berufskrankheit Suppl 4 · 2016

Page 2: Endoprotheseoder Reosteosynthesenach ... · Abb.3883-jährigePatientin,Garden-IV-Dislokation Abb.48SchlechteRepositionundschlechteImplantatlage Abb.58ZwangsläufigesVersagen:Cut-out

Abb. 18 36-jähriger Patient; Röntgenbilder 3Monate nach der (unzurei-chenden) Versorgung. Die Frakturwar nicht verheilt

Abb. 28Ausheilungsbild der korrigiertenOsteosynthese nach 18Mona-ten. Perfekte Heilung,wenige Beschwerden, volle Arbeitsfähigkeit alsMau-rer

turen zu erkennen: Osteosyntheseversa-gen sind von 15 auf bis zu 0% [2–6] zu-rückgegangen, und v. a. die subtrochan-tären Frakturen sind nach der offenenReposition und der Nagelosteosynthesedramatisch besser geworden.

Hintergrund aller Maßnahmen undEntscheidungen sollte das Wissen umdie Komplikationsmöglichkeiten undderen Realisierung sein. Das Umsetzender theoretischen Kenntnisse für die op-timale Reposition, das beste Implantatund die optimale Implantatlage (Reposi-tion, Center-center-Lage des Kopf-Hals-Kraftträgers, Tip-Apex-Abstand, Nagel-länge und -eintrittspunkt) ist chirurgi-sche Grundaufgabe, die Komplikationenverringern kann.

Für den Fall des Versagens der Osteo-synthese müssen ähnliche Überlegungenstattfinden: Zuallererst sollte analysiertwerden, warum es zu dem Operations-versagen gekommen ist. Hierfür müssenalle Röntgenbilder, auchdie intraoperati-ven,herangezogenwerdenundauchpati-entenbezogene Besonderheiten wie Dia-lyse, Morbus Parkinson, schwerste Os-teoporose, Mobilität sowie spezielle Be-dürfnisse. Wenn es klar zu benennendeUrsachen gibt, ist eine Reosteosynthe-se umso mehr wünschenswert, je jüngerder Patient ist. Wenn keine Ursache zuerkennen ist, wird die Reosteosyntheseschwierig zu begründen sein.

Beispiele

Beispiel 1

Ein 36-jähriger Maurer stürzte 3 Mona-te vor der Vorstellung in unserer Klinikvom Gerüst mit dem Ergebnis einer dis-lozierten Schenkelhalsfraktur (. Abb. 1).

AllerdingswurdederBruchnicht kor-rekt reponiert (belassene Varuspositionund Retroversion des Kopfes) und abso-lut unzureichend stabilisiert (2 Schrau-ben, 6 mm).

Nach Diskussion der MöglichkeitenwurdeneinekorrekteRepositionundsta-bile Osteosynthese mit Gelenkerhalt an-gestrebt (. Abb. 2).

Literatur: Die Reooperationsratennach Schraubenosteosynthesen auch beinicht dislozierten Schenkelhalsfraktu-ren sind höher als erwartet. Es solltenstabilere Formen der Osteosynthesenvorgezogen werden.

Merke1.DieOsteosynthesemussperfektdurchgeführt werden. War sie nicht per-fekt, sollte man beim jungen Patientenimmer an eine Korrektur denken.

Beispiel 2

Das nächste Beispiel zeigt eine ande-re Konstellation: Eine 83-jährige Patien-tin erleidet eine dislozierte Schenkelhals-fraktur (. Abb. 3).DerUnfallchirurg ent-scheidet sich aufgrund schwerer Komor-

biditäten für eine „schonende“ Operati-onmit Reposition und belastungsstabilerOsteosynthese.

Bei der Operation gelingt die Reposi-tion nicht korrekt, die Achse des Schen-kelhalses ist zwar schön wiederherge-stellt, aber der Femurkopf steht unterdem Adam-Bogen. Zudem ist das Im-plantat zu hoch und zu weit ventral inden Femurkopf eingebracht (. Abb. 4).

Diese Situation muss zu einem Cut-out des Implantates führen. Nach 2 Wo-chen war dies eingetreten (. Abb. 5).

Es wurde eine zweite Operation not-wendig: Das Azetabulum war bereits ar-rodiert, und eswurde eineAufbauplastikmit den Femurkopfresten bei der Im-plantation der Totalendoprothese (TEP)notwendig (. Abb. 6).

Merke 2. Eine Osteosynthese sollte eineProblemlösungineinemSchritt erwartenlassen und perfekt durchgeführt werden.

Beispiel 3

Ein 78-jähriger Patient erlitt eine A2-Fraktur des rechten Oberschenkels.

DerOperateur entscheidet sich fürdiesofortige Versorgung mit einem intra-medullären, rotationssicheren Nagelsys-tem.DieRepositiongelingtnichtkorrekt.Das postoperative Röntgenbild zeigt dieSchwächen (. Abb. 7). Was ist jetzt zutun?

Trauma und Berufskrankheit Suppl 4 · 2016 S311

Page 3: Endoprotheseoder Reosteosynthesenach ... · Abb.3883-jährigePatientin,Garden-IV-Dislokation Abb.48SchlechteRepositionundschlechteImplantatlage Abb.58ZwangsläufigesVersagen:Cut-out

Zusammenfassung · Abstract

Trauma Berufskrankh 2016 · [Suppl 4]: 18:S310–S317 DOI 10.1007/s10039-016-0151-8© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016

F. Bonnaire · P. Bula

Endoprothese oder Reosteosynthese nach fehlgeschlagener Osteosynthese am proximalen Femur

ZusammenfassungDie derzeitige Versagensrate nach Osteo-synthesen liegt bei Schenkelhalsfrakturen jenach Frakturtyp und Implantat zwischen 4und 16%, bei den per- und subtrochantärenFrakturen und bei den DynamischenHüftschrauben- und Nagelosteosynthesenmitden Nägeln der dritten Generation zwischen 0und 8%. Die Ergebnisse der Osteosynthesenhaben sich verbessert. Weiterhin gilt, dass beijungen, aktiven Patienten der Gelenkerhaltim Vordergrund aller Überlegungen steht.Schenkelhalsfrakturen sind bei jüngerenPatienten häufiger als per- und subtrochantäreFrakturen. Bei Femurkopfnekrosen kannnur eine Endoprothese das Problem nachOsteosynthese lösen. Diese Lösung ist

technisch einfach. In allen anderen Fällenohne Nekrose lohnt sich eine Reosteosynthesemit Wiederherstellung der mechanischenVoraussetzungen für eine Heilung beiPseudarthrosen oder Instabilitäten. Ältere Pa-tienten können nach Osteosyntheseversagenam Schenkelhals mit gutem Ergebnis mittelsdifferenziert eingesetzter Endoprothesenverschiedener, angepasster Art versorgtwerden. Nach stabilen pertrochantärenFrakturen sind Versager sehr selten, nachinstabilen Frakturen häufiger. Meistens liegenRepositions- oder Implantatfehlpositionenzugrunde. In Ausnahmefällen ist die Kno-chenqualität für das Osteosyntheseversagenverantwortlich. Lösungen mit der Endo-

prothese sind grundsätzlich möglich, abertechnisch anspruchsvoller und mit höherenKomplikationsraten verbunden. Dies gilt v. a.für die subtrochantären Frakturen.Wenn in derVersagensanalyse ein eindeutiger Grund fürdas Osteosyntheseversagenherausgearbeitetwerden kann, ist die Reosteosynthese miteiner hohen Erfolgsrate (95%) versehen. Nurwenn bei der ersten Operation keine Ursachenfür das Versagen gefunden werden konnten,ist die Endoprothese vorzuziehen, speziell beiden subtrochantären Frakturen.

SchlüsselwörterFraktur · Nekrose · Pseudarthrose · Implantat ·Komplikation

Endoprosthesis or reosteosynthesis after failed osteosynthesis of the proximal femur

AbstractThe current rate of implant failure afterosteosynthesis of intracapsular femoralneck fractures lies between 4% and 16%depending on the fracture type and implant.For intertrochanteric and subtrochanteric frac-tures and extramedullary and intramedullaryosteosyntheses with third generation nails,the failure rate lies between 0% and 8%. Theresults of osteosynthesis for proximal femoralfractures have improved. Furthermore, theprinciple in surgery is that conservation of thehip joint has priority in all planning for youngand active people. Femoral neck fracturesare more frequent in younger patients thanpertrochanteric and subtrochanteric fractures.For femoral head necrosis the problem after

osteosynthesis can only be solved by anendoprosthesis. The solution is technicallysimple. In all other cases without necrosis,reosteosynthesis with reconstruction of themechanical prerequisites for healing of anon-union or instability has priority. In olderpatients a differentiated implantation of anendoprosthesis is a successful procedureafter failed osteosynthesis of the femoralneck. Failures are very rare after stablepertrochanteric fractures but more commonafter unstable fractures. Most cases of failureare due to poor quality repositioning andimplantmalpositioning. In exceptional casespoor bone quality is responsible for failureof osteosynthesis. The solution with an en-

doprosthesis is basically possible but is moretechnically demanding and is associatedwitha higher complication rate. This is particularlytrue for subtrochanteric fractures. When aclear reason for the failure of osteosynthesiscan be found in the postoperative analysis, asecond reosteosthesis has a higher successrate (95%). When no clear reason for thefailure of the first operation can be found, anendoprosthesis is given priority, especially forsubtrochanteric fractures.

KeywordsFracture · Necrosis · Pseudarthrosis · Implant ·Complication

Wir entschieden uns zu einer Reos-teosynthese und Korrektur. Es wurdenein anderes Nageldesign und eine an-dere Implantatlage, die trotzdem sicherwar, gesucht und gefunden (. Abb. 8).Die Fraktur heilte problemlos aus.

Merke 3. Korrigiere früh und konse-quent.

Beispiel 4

Ein 46-jähriger Bauarbeiter erlitt vor4 Jahren eine subtrochantäre Frakturder rechten Hüfte. Er erfolgten Erst-

versorgung mit Nagel, Nagelbruch undPseudarthrose, zweite Operation miterneuter Osteosynthese mit Nagel nach7 Monaten, dritte Operation nach wei-teren 8 Monaten wegen erneutem Na-gelbruch, diesmal mit Spongiosaplastik.Eine Dynamisierung der Nägel war nieerfolgt. EinevierteOperationmitwinkel-stabiler proximaler Femurplatte wurdedurchgeführt (. Abb. 9). Nach erneutemVersagen kam er zur Vorstellung mit derFrage des weiteren Vorgehens.

Merke 4. Bei subtrochantären Frakturenimmer an die Dynamisierung des Nagels

denken. Wenn ein Nagel nicht zum Er-folg führte, muss eine Ursachenanalyseerfolgen. Ohne Valgisierung heilt dieserBruch nach Pseudarthrose nicht mehraus.

Beispiel 5

Eine 86-jährige Patientin erlitt eine A3-Fraktur (. Abb. 10 und 11).

Merke 5. Wenn eine Osteosynthese kor-rekt war und versagt hat, ist eine zweitenicht mehr Erfolg versprechend.

S312 Trauma und Berufskrankheit Suppl 4 · 2016

Page 4: Endoprotheseoder Reosteosynthesenach ... · Abb.3883-jährigePatientin,Garden-IV-Dislokation Abb.48SchlechteRepositionundschlechteImplantatlage Abb.58ZwangsläufigesVersagen:Cut-out

Abb. 38 83-jährige Patientin, Garden-IV-Dislokation

Abb. 48 Schlechte Reposition und schlechte Implantatlage

Abb. 58 Zwangsläufiges Versagen: Cut-out

Eigene Ergebnisse von Januar2001 bis September 2003(zweite Nagelgeneration)

In einem Zeitraum von 34 Monatenwurden in unserer Klinik 154 Patien-ten mit Schenkelhalsfrakturen und 213mit per- und subtrochantären Frakturenund operativer Versorgung nachver-folgt (. Abb. 12). Die Implantate für dieSchenkelhalsfrakturenwaren jeweils 7,3-mm-Schrauben und die DynamischenHüftschraubenmit Antirotationsschrau-be, für die A2- und A3-Frakturen imWesentlichen der Gamma-Nagel derzweiten Generation.

Insgesamt wurden bei den Schenkel-halsfrakturenin11 %undbeidenA2/A3-Frakturen in 7,5 % Osteosyntheseversa-gen beobachtet.

Die Ursache für das Osteosynthese-versagenwarbei18Patientendienichter-reichte anatomischeReposition, bei 1 Pa-tienten wurde keineDynamisierung vor-genommen, in 5 Fällen war die Implan-tatposition nicht perfekt, und in 9 Fällenwar eine Kopfnekrose eingetreten. Nurin 1 Fall konnten wir keine Ursache fürdas Versagen finden.

Von den Korrekturoperationen wur-den 10 Patienten mit Schenkelhals-frakturen mit einer Totalendoprothesebehandelt sowie 6 mit einer Reosteo-synthese (junge Patienten), 12 Patientenmit A2/A3-Frakturen wurden mit Reos-teosynthesen, 4 mit einer Endoprotheseversorgt. Die 4-Jahres-Mortalität lag bei50%.

Die Literatur bezüglich dieser Kom-plikation und Lösungsoperationen istnicht sehr ergiebig. Die Arbeitsgruppeum Haydukevych [11] berichtete 2003von einer ähnlichen Gruppe, allerdingsnurmitA1/A2-Frakturen.Voninsgesamt60 Fällen mit TEP nach intertrochan-tären Frakturen konnte er 39 nachver-folgen. In 5 Fällen erfolgten Revisionen.Mariani und Rand [12] behandelten 9von 20 Patienten mit Osteosynthese-versagen mit einer Endoprothese und11 mit einer Reosteosynthese, wovon 9ausheilten. Die Ergebnisse mit verheilterReosteosynthese waren besser als mitder Endoprothese.

Für die subtrochantären Frakturenwurden nur Reosteosynthesen mit 95°-

Trauma und Berufskrankheit Suppl 4 · 2016 S313

Page 5: Endoprotheseoder Reosteosynthesenach ... · Abb.3883-jährigePatientin,Garden-IV-Dislokation Abb.48SchlechteRepositionundschlechteImplantatlage Abb.58ZwangsläufigesVersagen:Cut-out

Übersichten

Abb. 68 Zur Rekonstruktionwurde eine Totalendoprothesemit Pfannendachplastik notwendig. IndieserAusgangslagewäreeinekleinereOperation(Duokopfprothese)schonendergewesen.Dennochsind die neueren Ergebnisse nach Versagen vonOsteosynthesen amSchenkelhals gut

Abb. 79 78-jährigerPatientmit A2-Fraktur:schlechte Reposition (va-risch, Nageleintritt zuweit lateral, Rotation desKopf-Hals-Fragmentes,„fracture gap“ zwischenKopf-Hals-Fragment undTrochantermajor)

Kondylenplatte undNägelmit oder ohneSpongiosaplastik eingesetzt. Esheilten20von 21 Pseudarthrosen nach 12Monatenaus [10].

Die Endoprothetik nach pertrochan-tären Frakturen ist technisch anspruchs-voll und mit hohen Komplikationsra-ten behaftet. Die Endoprothetik nachSchenkelhalsfrakturen hat zwar nochmehr Komplikationen als die Primären-doprothetik, wird aber mittlerweile alsgute Lösungsoption anerkannt [7–9].

Fazit für die Praxis

4 Nach Schenkelhalsfrakturen (B-Frak-turen) und nach A1-Frakturen mitOsteosyntheseversagen ist die Endo-prothese bei älteren Patienten einegute Lösung. Bi jüngeren Patientenlohnt sich immer eine Reosteosyn-these, umsomehr, als nach der erstenOperation eine Verbesserung derReposition, der Implantatwahl undder Implantatlagemöglich ist.

4 Nach A2- und A3-Frakturen ist dieImplantation einer Endoprothesedeutlich schwieriger und komplika-tionsbehafteter. Nur wenn bei derersten Osteosynthese die Repositionkorrekt, das Implantat richtig ge-wählt und positioniert war und estrotzdem zum Versagen der Osteo-synthese kam, ist eine Endoprothese(Langschaft) die beste Lösung. DieErgebnisse nach den Reeingriffensind gut. Fast alle Reosteosynthesen

S314 Trauma und Berufskrankheit Suppl 4 · 2016

Page 6: Endoprotheseoder Reosteosynthesenach ... · Abb.3883-jährigePatientin,Garden-IV-Dislokation Abb.48SchlechteRepositionundschlechteImplantatlage Abb.58ZwangsläufigesVersagen:Cut-out

Abb. 89 Entfer-nung des Proxima-len FemurnagelsA (FrirmaDepuy/Synthes), Korrekturder Reposition undEinbringen einesGamma-Nagels (kleinererCollum-Diaphy-sen-Winkel, Aufsu-chen eines neuenKopf-Hals-Kanalsund Implantatla-gers (unter center,axial dorsal))

Abb. 98 Vierte Operationmit Aufrichtung des Kopf-Hals-Fragmentes und zusätzlicher ventraler Plattenosteosynthese. Da-nachHeilung der Fraktur (Vorgeschichte s. Text)

Abb. 108 Patientinmit subtrochantärer Fraktur, starke Osteoporose. Operative Versorgungmit Proximaler Femurnagel A(FirmaDepuy-Synthes): Achsenwiederhergestellt, alles richtig gemacht

Trauma und Berufskrankheit Suppl 4 · 2016 S315

Page 7: Endoprotheseoder Reosteosynthesenach ... · Abb.3883-jährigePatientin,Garden-IV-Dislokation Abb.48SchlechteRepositionundschlechteImplantatlage Abb.58ZwangsläufigesVersagen:Cut-out

Übersichten

Abb. 118 ZweiWochen nach derOsteosynthese: völliges Versagen, intraoperativ Knochennekrose. Implantation einer un-zementierten Langschaftprothesemit Refixation des Trochantermajor

154

18

213

16

0

50

100

150

200

250

med. SH-Frakturen pertroch. Frakturen

Abb. 128Nachverfolgte Patienten in 34Monaten: höhere Cut-out-Ratenbei den Schenkelhalsfrakturen (med. [mediale] SH-Frakturen), aber nichtmehr als 11%, obwohl auch Patienten dislozierten Frakturen undnochmitSchraubenosteosynthesen versorgtwurden. pertroch. Frakturen pertro-chantäre Frakturen obwohl auch Patienten dislozierten Frakturen undnochmit Schraubenosteosynthesen versorgtwurden - bitte prüfen Sie diese For-mulierung

16

2

15

1

med. SH-Fraktur lat. SH-Frakturpertroch. Femurfraktur subtroch. Femurfraktur

Abb. 138Aufteilung der Frakturenmit Versagern bei den eigenenFällen.med. SH-Frakturmediale Schenkelhalsfrakturen, lat. SH-Fraktur lateraleSchenkelhalsfraktur, pertroch. Femurfraktur pertrochantäre Femurfraktur,subtroch. Femurfraktur subtrochantäre Femurfraktur

heilen aus, wenn auch mit höhererKomplikationsrate postoperativ.

4 Die Ergebnisse der Endoprothetik fürB-, A1- und auch A2-Frakturen sindbesser geworden und können als gutbezeichnet werden.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. F. BonnaireKlinik für Unfall-, Wiederherstellungs- undHandchirurgie, Städtisches Klinikum Dresden-FriedrichstadtFriedrichstr. 41, 01067 Dresden, [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt. F. Bonnaire undP. Bula geben an,dass kein Interessenkonflikt besteht.

Dieser Beitragbeinhaltet keine vondenAutorendurchgeführten Studien anMenschenoder Tieren.

The supplement containing this article is not sponso-redby industry.

Literatur

1. Icks A, Haastert B, Wildner M, Becker C, Meyer G(2008) Trend of hip fracture incidence in Germany1995–2004:apopulation-basedstudy.OsteoporosInt19(8):1139–1145

2. Bonnaire F,WeberA, BöslO, EckhardtC, SchwiegerK, Linke B (2007) „Cutting out“ in pertrochantericfractures - problemof osteoporosis? Unfallchirurg110(5):425–432

3. Schipper IB et al (2004) Treatment of unstabletrochanteric fractures. Randomised comparisonof the gamma nail and the proximal femoral nail.JBoneJointSurgBr86(1):86–94

4. Skála-RosenbaumJ,BartoníčekJ,RíhaD,WaldaufP,DžupaV(2011)Single-centre studyofhip fracturesin Prague, Czech Republic, 1997–2007. Int Orthop35(4):587–593

5. Parker MJ, Handoll HH (2010) Gamma andother cephalocondylic intramedullary nails versusextramedullary implants for extracapsular hipfractures in adults. Cochrane Database Syst Rev9:CD000093

6. Lenich A, Vester H, Nerlich M, Mayr E, Stöckle U,Füchtmeier B (2010) Clinical comparison of thesecond and third generation of intramedullarydevices for trochanteric fracturesof thehip–Bladevsscrew. Injury41(12):1292–1296

7. Winemaker M, Gamble P, Petrocelli D, Kaspar S,Beer J de (2006) Short-termoutcomes of total hiparthroplastyaftercomplicationsofopenreductioninternal fixation for hip fracture. J Arthroplasty21(5):682–688

S316 Trauma und Berufskrankheit Suppl 4 · 2016

Page 8: Endoprotheseoder Reosteosynthesenach ... · Abb.3883-jährigePatientin,Garden-IV-Dislokation Abb.48SchlechteRepositionundschlechteImplantatlage Abb.58ZwangsläufigesVersagen:Cut-out

8. Krause PC, Braud JL, Whatley JM (2015) Total hipathroplastyafterprevious fracturesurgery.OrthopClinNorthAm46:193–121

9. Leonardsson O, Rogmark C, Kärrholm J, AkessonK, Garellick G (2009) Outcome after primary andsecondary replacement for subcapital fractureof the hip in 10 264 patients. Bone Jt Surg Br91(5):595–600

10. Haidukewych GJ, Berry DJ (2004) Nonunion offracturesofthesubtrochantercregionofthefemur.ClinOrthopRelatRes419:185–188

11. Haidukewych GJ, Berry DJ (2003) Hip arthroplastyfor salvage of failed treatment of intertrochan-teric hip fractures. J Bone Joint Surg Am 85-A(5):899–904

12. E.M. Mariani, J.A. Rand:Nonunion of intertro-chanteric fractures of the femur following openreduction and internal fixation. Results of secondattempts togainunion

Trauma und Berufskrankheit Suppl 4 · 2016 S317