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Energie und Umwelt Prognosen Die Entwicklung der Treibhausgasemissionen bis 2012 und die Zuteilung von Emissionsberechtigungen Untersuchung im Auftrag des Bundesverbandes der Deutschen Industrie Münster, Berlin, im April 2006 01

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Energie und Umwelt

Prognosen

Die Entwicklung der Treibhausgasemissionen bis 2012 und die Zuteilung von Emissionsberechtigungen Untersuchung im Auftrag des Bundesverbandes der Deutschen Industrie

Münster, Berlin, im April 2006

01

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Bernhard Hillebrand Hans Georg Buttermann EEFA – Energy Environment Forecast Analysis GmbH

Windhorststraße 13 Maybachufer 46 48143 Münster 12045 Berlin

Tel.: +49 251 488 23 13-19 +49 30 62 900 476

Fax: +49 251 488 23 23 +49 30 62 900 477

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I

Inhaltsverzeichnis

1. Aufgabenstellung ...............................................................................................................1

2. Klimaschutzziel und Stand der Emissionsminderung ................................................3

2.1. Revisionen des Treibhausgasinventars.........................................................................3

2.2. Stand der Emissionsminderungen .................................................................................6

2.3. Soll/Ist-Vergleich für die erste Handelsperiode .........................................................9

3. Rahmenbedingungen der zukünftigen Entwicklung ................................................ 13

3.1 Energiepreise .................................................................................................................. 13

3.2. Das Maßnahmenbündel der Energiepolitik .............................................................. 16

3.3 Übrige exogene Vorgaben ........................................................................................... 18

4. Prognose der Treibhausgasemissionen nach Sektoren (Makroplan) ................. 21

4.1. Vorbemerkungen ........................................................................................................... 21

4.2. Die CO2-Emissionen der Industrie ............................................................................ 22

4.3. Die CO2-Emissionen im Verkehr............................................................................... 29

4.4. Die CO2-Emissionen im Bereich Gebäude und Wohnungen .............................. 35

4.5. Die CO2-Emissionen in der Energiewirtschaft........................................................ 41

4.6. Übrige Treibhausgase ................................................................................................... 47

4.7. Gesamtbilanz................................................................................................................... 50

4.8. Makroökonomische Entwicklung ............................................................................... 52

5. Konsistenz von Makro- und Mikroplan .................................................................... 55

6. Bewertung und Schlussfolgerungen ........................................................................... 57

Literaturverzeichnis........................................................................................................................ IV

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II

Verzeichnis der Tabellen und Schaubilder

Tab. 1 Revidierte CO2-Emissionen im Treibhausgasinventar nach Sektoren ..................4

Tab. 2 Revision der übrigen Treibhausgasemissionen im Basisjahr....................................5

Tab. 3 Bilanz der Treibhausgasemissionen ..............................................................................8

Tab. 4 Soll/Ist Vergleich der Treibhausgasemissionen für die erste Handelsperiode ...................................................................................... 10

Tab. 5 Preisentwicklung ausgewählter Primärenergieträger............................................. 15

Tab. 6 Gesamtwirtschaftliche Rahmenannahmen der Prognose ..................................... 19

Tab. 7 Spezifische CO2-Emissionen ausgewählter industrieller Produktionsprozesse .................................................................................................... 23

Tab. 8 Produktionsentwicklung in ausgewählten Sektoren der am Emissionshandel beteiligten Anlagen ......................................................................... 26

Tab. 9 CO2-Emissionsbudget der Industrie für die zweite Handelsperiode ................. 27

Tab. 10 Kraftstoffpreise in der zweiten Handelsperiode..................................................... 30

Tab. 11 Verkehrsleistungen im Personenverkehr ................................................................. 31

Tab. 12 Fahrzeugspezifische Entwicklungen im Personenverkehr..................................... 33

Tab. 13 Transportaufkommen im Güterverkehr................................................................... 34

Tab. 14 CO2-Emissionsbudget des Verkehrs für die zweite Handelsperiode................. 35

Tab. 15 Wohnflächen in Deutschland nach Gebäudetypen ................................................ 38

Tab. 16 Prognose der CO2-Emissionen der Wohngebäude ............................................... 40

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III

Tab. 17 CO2-Emissionsbudget der Haushalte und des Gewerbes für die zweite Handelsperiode.................................................................................... 41

Tab. 18 Elektrizitätswirtschaftliche Entwicklung in der zweiten Handelsperiode.......... 43

Tab. 19 Einspeisung von EEG-Strom bis zur zweiten Handelsperiode............................. 44

Tab. 20 Zeitprofil des Ausstiegs aus der Kernenergie ......................................................... 45

Tab. 21 CO2-Emissionsbudget der Stromerzeugung und der Kraft-Wärme-Kopplung für die zweite Handelsperiode ...................................... 46

Tab. 22 CO2-Emissionsbudget der Energiewirtschaft in der zweiten Handelsperiode ............................................................................................. 48

Tab. 23 Methan- und N2O-Emissionen bis zur zweiten Handelsperiode......................... 49

Tab. 24 Entwicklung der Treibhausgasemissionen in der zweiten Handelsperiode nach Sektoren und Gasen.............................................................. 51

Tab. 25 Treibhausgasemissionen nach Zuteilungsgesetz 2007, NAP II und aktueller Prognose......................................................................................................... 52

Tab. 26 Makroökonomische Perspektiven für die zweite Handelsperiode..................... 53

S 1 Preisentwicklung wichtiger Importenergien ...............................................................7

S 2 Spezifischer Verbrauch neu zugelassener Pkw........................................................ 32

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1. Aufgabenstellung

Mit der Einführung des Emissionshandels im Jahr 2005 wurde ein neues Instrument der Klimaschutzpolitik etabliert, das weitreichende Veränderungen in den politischen Ent-scheidungsprozessen auf nationaler und auf EU-Ebene nach sich zieht. So müssen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) mit einem zeitlichen Vorlauf von mehr als einem Jahr ihre Regeln für die Zuteilung von Emissionsrechten und die für die folgende Handelsperiode insgesamt zugelassenen Mengen der EU-Kommission vorlegen. Für die zweite Handelsperiode muss dieser Allokationsplan in Deutschland bis zum 30.6.2006 erstellt und an die EU-Kommission übermittelt werden.

Auch wenn die Gesamtmenge der Emissionsberechtigungen, die den am Emissionshan-del beteiligten Anlagen in Deutschland für die zweite Handelsperiode zugeteilt werden soll, bereits im Zuteilungsgesetz 2007 festgelegt wurde, so erscheint es zwingend not-wendig, dieses Mengengerüst und die dabei gesetzten Rahmenbedingungen vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen und der zum Teil erheblichen Revisionen im Treibhausgasinventar kritisch zu überprüfen. Denn gerade im Energiebereich haben sich seit der Verabschiedung des Zuteilungsgesetzes vor zwei Jahren die Rahmenbedin-gungen so gravierend verändert, dass die damals prognostizierten Entwicklungen einer Korrektur bedürfen. Außerdem sind Veränderungen am aktuellen Rand eingetreten, die bei der vor zwei Jahren abgeschlossenen Prognose selbstverständlich nicht berück-sichtigt werden konnten. Schließlich weist das Zuteilungsgesetz eine Reihe von Pro-blemen auf, die bei der Überarbeitung dieses Gesetzes in den nächsten Monaten nach-gebessert werden sollten.

Vor diesem Hintergrund hat der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) das EEFA-Forschungsinstitut (Energy, Environment, Forecast, Analysis) beauftragt, die Ent-wicklung der Treibhausgasemissionen für die zweite Handelsperiode zu prognostizie-ren und dabei die Erfahrungen des Zuteilungsgesetzes und die aktuelle Entwicklung der Treibhausgasemissionen in den Jahren 2003 und 2004 zu berücksichtigen. Zu diesem Forschungsauftrag legt das Institut den folgenden Bericht vor. Der Aufgabe entspre-chend werden dabei die aktuelle und zukünftige Entwicklung der Treibhausgasemissio-nen insgesamt und der Beitrag der einzelnen Emittentengruppen wie beispielsweise der Energiewirtschaft, der Industrie, des Verkehrs sowie der Haushalte, des Gewerbes und der Dienstleistungen zur Gesamtentwicklung dargestellt. Diese eher makroökonomi-sche Analyse hat zum Ziel, das CO2-Budget für die am Emissionshandel beteiligten An-lagen für die zweite Handelsperiode aus einer Detailanalyse aller Emittentengruppen abzuleiten und dabei den Einfluss wichtiger exogener Faktoren wie beispielsweise die

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Energiepreise, staatliche Rahmensetzungen oder auch autonome Effizienzverbesserun-gen zu berücksichtigen.

Auch wenn die Prognose fast unmittelbar an den Beobachtungszeitraum anschließt, so kann weder die makroökonomische Entwicklung noch das Produktionswachstum der einzelnen Sektoren mit Sicherheit vorausgesagt werden. Vielmehr ist zu erwarten, dass die später eintretende tatsächliche Entwicklung sich von der vorausgesagten mögli-cherweise erheblich unterscheidet. Diese Unsicherheit wird auch nicht dadurch besei-tigt, dass mit dem Allokationsplan das CO2-Budget zumindest für die am Handel betei-ligten Anlagen exakt vorgegeben wird, sondern schlägt sich dann in möglicherweise extrem volatilen CO2-Preisen nieder, wie dies typischerweise bei mengengesteuerten Instrumenten zu erwarten ist.

Die vorliegende Untersuchung erhebt nicht den Anspruch, die Zusammenhänge zwi-schen Zuteilungsmengen auf der einen und Knappheitssignale auf dem CO2-Handelsmarkt exakt bestimmen zu können. Gleichwohl können alternative Mengen-entwicklungen einen Hinweis auf die möglichen Preis- und Kostenrisiken geben, mit denen die am Handel beteiligten Anlagenbetreiber in Zukunft konfrontiert sein könn-ten. Deshalb wird im Folgenden an verschiedenen Stellen auf die Bedingtheit der fol-genden Prognose hingewiesen, die u.a. darin zum Ausdruck kommt, dass der darge-stellte Entwicklungspfad sich aus der Vorgabe wichtiger exogener Einflussgrößen ergibt, so u.a. aus der angenommenen Entwicklung der Weltenergiepreise, der weltwirtschaft-lichen Rahmenbedingungen oder auch binnenwirtschaftlicher Einflussgrößen wie etwa den langfristigen Zinssätzen. Besonders hervorzuheben ist dabei, dass diese Faktoren zwar die Angebots- und Nachfragesituation auf dem CO2-Handelsmarkt erheblich be-einflussen können, selbst aber von diesem nicht oder nur marginal beeinflusst werden.

Die aus der Vergangenheit ableitbaren Entwicklungsmuster liefern wichtige Anhalts-punkte für die Prognose, auch wenn eine lineare Fortschreibung der bisherigen Ent-wicklung in die Zukunft kaum sinnvoll ist. Zugleich sind die Emissionen der letzten Jah-re – zumindest bei den gegenwärtigen Regeln - die Basis für die Zuteilung der Emissi-onsrechte. Aus diesem Grund wird im folgenden ersten Abschnitt zunächst die bis zum aktuellen Rand beobachtete Entwicklung der CO2-Emissionen und der übrigen fünf Klimagase beschrieben, bevor in den weiteren Abschnitten die zu erwartende Entwick-lung bis 2012 dargestellt wird.

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2. Klimaschutzziel und Stand der Emissionsminderungen

Deutschland hat sich im Rahmen des EU-burden-sharing verpflichtet, seine Treibhaus-gasemissionen gegenüber dem Basisjahr um 21 % zu reduzieren. Die Emissionen im Basisjahr sind die Summe der Kohlendioxid-, Methan- und Stickstoffdioxidemissionen des Jahres 1990 und der HFC-, PFC- und SF6-Emissionen des Jahres 1995 und werden nach der letzten Erhebung des Umweltbundesamtes und der Europäischen Umwelt-agentur1 mit 1 248,3 Mio. t CO2-Äquivalente (CO2e ) angegeben.

Mit der Einführung des Emissionshandels, den Arbeiten am aktuellen nationalen Emissi-onsinventar und den Leitlinien der EU-Kommission zur Erstellung des Allokationsplans für die zweite Handelsperiode sind jedoch zusätzliche Emissionsquellen identifiziert und die bisher verwendeten Berechnungsgrundlagen nochmals grundlegend überprüft wor-den. Diese Revision hat zur Folge, dass sowohl die Gesamtemissionen als auch die dar-aus abgeleiteten CO2-Budgets gegenüber dem Inventar, das dem ersten Allokationsplan zugrunde lag, nochmals zum Teil erheblich korrigiert werden mussten.

2.1. Revisionen des Treibhausgasinventars

In der bisherigen Bilanz der Treibhausgasemissionen sind die CO2-Mengen aus der Nutzung carbonatischer Rohstoffe (Kalkstein) aus Sekundärbrennstoffen und aus der petrochemischen Primärproduktion nicht enthalten. Zu den CO2-Emissionen aus Kalk-steineinsatz gehören u.a. die CO2-Emissionen der Rauchgasentschwefelungsanlagen, der Ziegelindustrie, der Stahlproduktion und aus dem Düngemitteleinsatz in der Land- und Forstwirtschaft. Insgesamt können diese Mengen in 2004 mit rund 4 Mio. t veran-schlagt werden. Sekundärbrennstoffe werden insbesondere in der Zementproduktion, der Stahlerzeugung und der Papier- und Pappeproduktion genutzt; da diese stets auch einen biogenen Anteil enthalten, ist die für das Inventar relevante Menge an CO2- Emissionen aus fossilen Energiequellen deutlich geringer als die Gesamtemission und schwankt je nach Prozess und eingesetztem Stoff zwischen 2 und 100 %. Im Mittel ist

1 Einzelheiten vgl. European Environment Agancy (2005), Annual European Community greenhouse gas inventory 1990 – 2003 and inventory report 2005, Kopenhagen.

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Tabelle 1

Revidierte CO2-Emissionen im Treibhausgasinventar nach Sektoren Basisjahr und 2000 bis 2004, Mio. t CO2

Basisjahr 2000 2001 2002 2003 2004

Energiewirtschaft

Energiebedingt 413,9 343,8 349,2 356,6 362,6 355,1

Rauchgas-entschwefelung

0,9 1,5 1,6 1,6 1,7 1,8

Industrie

Energiebedingt 196,3 135,6 132,9 132,1 129,1 134,8

Prozesse1 26,2 25,5 23,5 22,8 23,7 23,5

Sekundär-brennstoffe2

0,6 1,6 1,8 1,9 2,2 2,5

Kalkstein3 2,8 2,8 2,6 2,5 2,6 2,6

Petrochemie u.a. 11,1 15,7 15,5 14,9 16,5 16,4

Gesamtinventar

Unrevidiert 1 015,0 859,8 873,8 863,9 865,2 867,8

Revidiert 1 030,4 881,4 895,3 884,9 888,2 891,1

Differenz 15,4 21,6 21,5 21,0 23,0 23,3

Eigene Berechnungen und Umweltbundesamt. - 1einschl. CO2-Emissionen aus Kalksteineinsatz in der Ze-ment- , Kalk- und Glasindustrie jedoch ohne Stahlindustrie; 2ohne biogene Anteile; bis 2002 ohne Kalkindu-strie; 3 CO2-Emissionen aus der Nutzung von Kalkstein in Sinter- und Hochofenanlagen und in der Ziegelin-dustrie.

rund die Hälfte des gesamten Einsatzes an Sekundärbrennstoffen relevant für da Treib-hausgasinventar und kann in 2004 mit rund 2,5 Mio. t CO2 veranschlagt werden (vgl. Tabelle 1).2

Den größten Einfluss sowohl auf das Niveau wie auch die zeitliche Entwicklung hat je-doch die Revision der CO2-Emissionen im Bereich der chemischen Grundstoffproduk-tion. In den bisherigen Inventaren wurde der Einsatz von Rohbenzin, anderen Mineral-ölprodukten und Erdgas entsprechend der Erfassung in der Energiebilanz als nichtener getischer Verbrauch behandelt und galt deshalb als CO2-neutral. Tatsächlich werden jedoch in der petrochemischen Primärproduktion erhebliche Mengen an Energie ver-

2 Vgl. dazu im Einzelnen St. Lechtenböhmer, S. Nanning, B. Hillebrand und H.G. Buttermann (2006), Einsatz von Sekundär-

brennstoffen, UBA Texte 07/06, Forschungsbericht 204 42 203/02.

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Tabelle 2

Revision der übrigen Treibhausgasemissionen im Basisjahr Mio. t CO2e

Methan N2O Übrige Insgesamt

NAP I 101,1 87,9 14,7 203,7

Inventar 2004 141,6 81,4 14,8 237,7

Inventar 2005 132,1 86,4 14,8 233,2

Inventar 2006 95,3 84,5 15,5 195,3

Umweltbundesamt, Europäische Umweltagentur und eigene Berechnungen.

braucht – je nach Einsatzstoff und Produktspektrum zwischen 15 und 50 GJ je Tonne Ethylen. Bei einer Gesamterzeugung von 5,2 Mio. t Ethylen und einem hier angenom-menen mittleren Verbrauch von 25 GJ/t ergibt sich daraus ein Emissionsvolumen von 9,8 Mio. t.3 Addiert man zu dieser Summe noch die CO2-Emissionen aus der Ammoni-ak-Synthese und der Russproduktion, erhöht sich das gegenwärtige CO2-Emissionsvolumen um 16,4 Mio. t. Insgesamt hat sich durch diese Revisionen die Ge-samtmenge an CO2-Emissionen gegenüber dem Inventar, das dem Zuteilungsgesetz vom August 2004 zugrunde lag, um bis zu 23,3 Mio. t erhöht. Bemerkenswert ist dabei, dass dieser Revisionsprozess sich vor allem auf die Energiewirtschaft und die Industrie konzentriert, also auf jene Sektoren, deren Produktionsanlagen am Emissionshandel teilnehmen.

Diesem Revisionsprozess sind gegenwärtig nicht nur die CO2-Inventare, sondern auch alle übrigen Treibhausgasemissionen unterworfen. Besonders umfangreich sind dabei die Korrekturen bei den Methanemissionen (vgl. Tabelle 2), die nach aktuellen Berech-nungen des Umweltbundesamtes im Basisjahr um fast 36,8 Mio. t CO2e bzw. um mehr als ein Viertel niedriger liegen als in den vorausgegangenen Inventaren. Wesentlicher Grund für diese Revisionen sind die Korrekturen bei den spezifischen Methanemissio-nen in der Tierhaltung, die allein im Basisjahr eine Verringerung der Emissionen um 31 Mio. t CO2e, in den Folgejahren um rund 25 Mio. t CO2e pro Jahr nach sich ziehen.

Unter Berücksichtigung der ebenfalls um 3,4 Mio. t geringeren N2O-Emisisonen fällt die Gesamtmenge der übrigen Treibhausgase im Vergleich zum Inventarbericht 2003, der dem Zuteilungsgesetz 2007 zugrunde lag, bereits im Basisjahr um 8,4 Mio. t CO2e nied-riger aus. Saldiert man diese Minderemissionen mit der im Basisjahr um 15,3 Mio. t erhöhten Menge an CO2-Emissionen, so resultiert aus den aktuellen Revisionen eine im

3 Ein Teil dieser Emissionen stammt aus Anlagen der Mineralölwirtschaft und ist bei der Zuteilung nach Anlagen den Raffine-

rien zuzurechnen.

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Vergleich zum Zuteilungsgesetz 2005/07 erhöhte Menge an Treibhausgasen im Basis-jahr von 6,8 Mio. t CO2e. Entsprechend erhöht sich die Minderungsverpflichtung um rund eine Mio. t; gleichzeitig ist aber auch eine höhere Restemission in 2008/12 von 968,3 Mio. t noch zielkonform.

2.2. Stand der Emissionsminderungen

Der Revisionsprozess hat demnach kaum Auswirkungen auf das Minderungsziel insge-samt. Gleichwohl erhöhen sich die noch zu erbringenden Minderungsleistungen. Denn im neuen Inventar fallen die Minderungserfolge bis 2004 niedriger aus, da die bislang nicht berücksichtigten CO2-Emissionen aus dem Einsatz von Sekundärbrennstoffen und der petrochemischen Primärproduktion in diesem Zeitraum deutlich angestiegen sind. Deshalb konnten die Treibhausgasemissionen bis 2004 nur noch um knapp 18 % statt der nach altem Revisionstand erreichten knapp 19 % reduziert werden. Und für den noch verbleibenden Zeitraum bis 2008/12 besteht eine Minderungsverpflichtung von rund 3 % bzw. von 37,4 Mio. t CO2e, während nach altem Revisionsstand zur Zielerfül-lung nur noch 2,2 % bzw. 26,8 Mio. t fehlten.4

Immerhin sind auch nach neuem Revisionstand die Emissionen bis 2004 erheblich ge-sunken. Da Sondereinflüsse, die in der ersten Hälfte des Beobachtungszeitraumes die Emissionsminderungen in der Energiewirtschaft und der Industrie begünstigt haben, für die aktuelle Entwicklung weitgehend ausgeschlossen werden können, sind diese Reduk-tionserfolge auch auf die seit 1998 ergriffenen Maßnahmen der Klimaschutzpolitik zu-rückzuführen. Dazu gehören beispielsweise die ökologische Steuerreform, die Ver-schärfungen der Wärmeschutzstandards für Gebäude, die Fördermaßnahmen zur Mo-dernisierung der Heizungsanlagen und Gebäude oder auch die stärker an ökologischen Kriterien ausgerichtete Umgestaltung der Kfz-Steuer.

Die Wirksamkeit dieses nationalen Maßnahmenbündels wurde nachhaltig gefördert durch den seit 1998 zu beobachtenden, zum Teil dramatischen Anstieg der Energie-preise auf den Weltenergiemärkten. Denn in diesem Zeitraum sind nicht nur der Erd-ölimportpreis um mehr als das 3,5-fache angestiegen, sondern in unmittelbarer Folge auch die Preise für sämtliche Mineralölprodukte und mit einer zeitlichen Verzögerung von bis zu einem Jahr auch die Preise für Erdgas (vgl. Schaubild 1). Infolge dieses Preis-anstiegs haben sich nicht nur die Wirtschaftlichkeit von Modernisierungsmaßnahmen im Gebäudebestand erheblich verbessert, sondern auch das Verbrauchsverhalten im Umgang mit Energie verändert.

4 Dabei wird unterstellt, dass derartige Revisionen im Rahmen einer völkerrechtlich verbindlichen Vereinbarung grundsätzlich

zulässig sind, die materiellen Grundlagen der Vereinbarung also nicht in Frage stellen.

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Schaubild 1

0,00

5,00

10,00

15,00

20,00

25,00

30,00

35,00

40,00

1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

Erdöl Erdgas Heizöl,l Benzin Diesel

Preisentwicklung wichtiger Importenergien1

1998 bis 2005€/MWh

Quelle: Statistisches Bundesamt, BAFA - 1ohne Steuern und Abgaben

Besonders deutlich wird dieser Effekt im Verkehrs- und Wohnungs- bzw. Gebäudebe-reich, von denen entgegen den Annahmen im ersten Allokationsplan inzwischen erheb-liche Beiträge zur CO2-Minderung erbracht werden. Die Gründe für diese seit Ende der neunziger Jahre zu beobachtende Entwicklung sind vielfältig. Zum einen tragen technische Entwicklungen dazu bei, dass die Effizienz der Energienutzung in den letzten Jahren stetig verbessert werden konnte, sei es durch effizientere Fahrzeuge oder auch durch Modernisierungen des Gebäudebestandes. Im Personenverkehr werden diese Effizienzsteigerungen in kürzeren Zeitabständen als im Gebäudebereich für den gesam-ten Bestand wirksam, da innerhalb von rund 15 Jahren der gesamte Bestand an älteren Fahrzeugen durch effizientere Neufahrzeuge ersetzt werden kann. Je nach Alter des stillgelegten Fahrzeugs kann mit diesem Ersatz eine erhebliche Verbrauchsreduktion verbunden sein; so beträgt nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) der Durchschnittsverbrauch neu zugelassener Fahrzeuge gegenwärtig nur noch rund 7 Liter/100 km, während vor acht Jahren neu zugelassene Fahrzeuge noch fast 1 Liter/100 km mehr benötigten.

Für den Personenverkehr kommt hinzu, dass mit dem Dieselmotor eine Technik zur Verfügung steht, die im Vergleich zum Ottomotor deutlich effizienter ist und in den letzten Jahren massive Marktanteile gewinnen konnte. Lag der Anteil der Neuzulassun-gen von Dieselfahrzeugen Mitte der neunziger Jahre noch bei 15 %, wird gegenwärtig fast jeder zweite Pkw mit einem Dieselmotor neu zugelassen. Diese Bestandsumschich-

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Tabelle 3

Bilanz der Treibhausgasemissionen Basisjahr und 2000 bis 2004, Mio. t CO2e

Basisjahr 2000 2001 2002 2003 2004

beobachtete CO2-Emissionen nach Hauptsektoren

Energiewirtschaft 414,8 345,3 350,8 358,2 364,3 356,9

Industrie 236,9 181,2 176,3 174,2 174,1 179,8

Verkehr 162,4 182,3 178,1 176,2 170,0 170,6

Haushalte, Gewerbe

216,2 172,6 190,1 176,2 179,8 183,8

Insgesamt 1 030,4 881,4 895,3 884,9 888,2 891,1

bereinigte CO2-Emissionen nach Hauptsektoren

Energiewirtschaft 414,8 345,6 350,2 358,1 363,8 356,3

Industrie 236,9 183,2 175,2 174,5 174,8 180,0

Verkehr 162,4 181,7 178,3 175,6 171,1 170,6

Haushalte, Gewerbe

216,2 177,7 181,6 175,5 172,4 173,2

Insgesamt 1 030,4 888,2 885,3 883,7 882,1 880,1

Treibhausgase insgesamt

Kohlendioxid 1 030,4 888,2 885,3 883,7 882,1 880,1

Methan 95,3 60,1 57,8 56,0 53,8 49,4

Stickstoffdioxid 84,5 59,1 58,2 57,7 60,2 62,1

HFC 6,6 6,6 8,0 8,6 8,5 8,8

PFC 1,7 0,8 0,7 0,8 0,9 0,8

SF6 7,2 5,1 4,9 4,2 4,3 4,5

Alle Gase 1 225,7 1 019,9 1 014,9 1 011,0 1 009,8 1 005,7

Quelle: Eigene Berechnungen und Umweltbundesamt.

tung ist selbst bei steigenden Fahrleistungen mit deutlichen Effizienzgewinnen und Ver-brauchseinsparungen verbunden, auch wenn der spezifische Verbrauch neu zugelasse-ner Pkw mit Ottomotoren inzwischen nur noch um einen Liter über dem für Diesel-Pkw liegt.

Im Gebäude- und Wohnungsbereich ist der Zeitbedarf zur Durchsetzung effizienterer Heizungs- und Gebäudetechniken für den gesamten Bestand wesentlich länger, da Hei-zungsanlagen eine Lebensdauer von bis zu 30 Jahren, die Gebäude und Wohnungen selbst sogar mehr als 100 Jahre erreichen. Entsprechend lang sind die Reaktionszeiten,

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um den Energieverbrauch über ordnungsrechtliche Standards, Energiepreise oder Inve-stitionen in Wärmedämmung oder die Modernisierung der Heizungsanlagen beeinflus-sen zu können. Bei einem Gesamtbestand an Wohnungen von rund 38 Mio. Einheiten und einem jährlichen Neubau von 380 000 Einheiten beispielsweise vergeht ein ganzes Jahrhundert, um den für Neubauten festgelegten Standard eines Niedrigenergiehauses für den gesamten Bestand zu realisieren.

Trotz der Trägheit des Gebäudesystems konnte der Energieverbrauch auch dort in den letzten Jahren bereits erkennbar reduziert werden (vgl. Tabelle 3). Weitere Erfol-ge sind in Zukunft zu erwarten, wenn einerseits über den Neubau der Bestand an energetisch optimierten Neubauten weiter zunimmt, andererseits auch der Energiebe-darf der Altbauten im Zuge von Modernisierungsprogrammen verringert werden kann. Da die im Bereich des Verkehrs und der Gebäude und Wohnraumbeheizungen zu be-obachtenden Verbrauchsreduktionen nur zu einem geringen Teil Folge von Verhaltens-änderungen sind, die bei sinkenden Preisen wieder revidiert werden könnten, sondern vor allem über Effizienzverbesserungen des Kapitalstocks erschlossen wurden, sind sie dauerhaft wirksam und beeinflussen nachhaltig die im folgenden Abschnitt zu diskutie-rende zukünftige Entwicklung.

Für die folgenden Prognoserechnungen ist von Bedeutung, dass sich der CO2-Minderungsbeitrag der einzelnen Sektoren über den Beobachtungszeitraum unter-schiedlich verteilt: während bis 2000 der größte Beitrag von der Energiewirtschaft und der Industrie geleistet wurde, stammen die Minderungsbeiträge in den letzten Jahren vor allem aus dem Verkehr und den Haushalten, dem Gewerbe und den Dienstleistun-gen.

2.3. Soll/Ist-Vergleich für die erste Handelsperiode

Diese Beobachtung ist insbesondere für die Überprüfung der Mengengerüste von In-teresse, die dem Zuteilungsgesetz 2007 für die erste Handelsperiode zugrunde gelegt wurden. Denn im Gegensatz zum CO2-Budget der am Handel beteiligten Anlagen wird das Mengengerüst für den Verkehr, für die Haushalte, das Gewerbe und die Dienstlei-stungen nicht automatisch eingehalten, sondern kann von der im Zuteilungsgesetz fest-gelegten Gesamtmenge nach oben oder unten abweichen. Eine Überschreitung der im Zuteilungsgesetz festgelegten Mengen würde auf ein wachsendes Zieldefizit, ein Unter-schreiten auf eine Zielübererfüllung hindeuten.

Dem ersten Allokationsplan lag eine Gesamtmenge an Treibhausgasemissionen in Hö-he von 1 218,2 Mio. t im Basisjahr zugrunde. Daraus errechnete sich für 2008/12 eine zulässige Gesamtemission in Höhe von 962,4 Mio. t. Ein Zwischenziel für die Jahre 2005/07 sieht die EU-interne Lastenteilung nicht vor. Deshalb konnte das Ziel für die-erste Handelsperiode von den Mitgliedstaaten in gewissen Grenzen frei gestaltet wer-den. Im deutschen Allokationsplan wurde für diesen Zeitraum eine zulässige Gesamt-

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Tabelle 4

Soll/Ist Vergleich der Treibhausgasemissionen für die erste Handelsperi-ode

Mio. t CO2e

ZuG 2007 2005 Differenz

CO2-Emissionen ET-Sektor 503 503 0

CO2-Emissionen Verkehr, Haushalte, Gewerbe,

356 336 20

Übrige Treibhausgase 123 125a -2

Gesamtbudget 982 964 18

Eigene Berechnungen, Zuteilungsgesetz 2007 und Umweltbundesamt. - a2004.

menge von 982 Mio. t CO2e festgelegt. Diese Zahl ergibt sich aus einer nahezu linearen Interpolation der Zielmarke von 962 Mio. t und dem damaligen durchschnittlichen E-missionsvolumen der Jahre 2000/02 in Höhe von 995 Mio. t. Unter Berücksichtigung der bereits erreichten Minderungserfolge wurden aus diesem Gesamtbudget 123 Mio. t für die übrigen Treibhausgase und 859 Mio. t für CO2 festgelegt, wobei nur die CO2-Emissionen explizit im Gesetz genannt sind.

Aufgrund der geschilderten Revisionen im Inventar selbst und der bislang beobachteten Entwicklung in den nicht am Emissionshandel beteiligten Sektoren weichen diese im Zuteilungsgesetz 2007 eingestellten Budgets jedoch erheblich von der bis 2004 bzw. 2005 zu beobachtenden Entwicklung ab. Allein im Bereich der nicht am Emissionshan-del beteiligten Sektoren liegt das im Plan eingestellte CO2-Budget um rund 20 Mio. t über dem Niveau des Jahres 2005 (vgl. Tabelle 4).

Diese Zielübererfüllung ist vor allem auf den nachhaltigen Rückgang der CO2-Emissionen im Verkehrsbereich zurückzuführen, der schon seit mehreren Jahren beo-bachtet werden kann, und gegenüber 2002, dem letzten Beobachtungsjahr für den er-sten Allokationsplan, mit 12 Mio. t zu Buche schlägt. Die CO2-Emissionen haben mit 164,2 Mio. t inzwischen fast wieder den Wert im Basisjahr (162,4 Mio. t) und damit ein Niveau erreicht, das um fast 30 Mio. t unter den Prognosen liegt, die im Rahmen der Politikszenarien für den Klimaschutz, die eine wesentliche Basis für den ersten Alloka-tionsplan darstellten, vorausgeschätzt wurden. Dort wurde selbst im sogenannten Mit-Maßnahmen-Szenario für den Verkehrsbereich ein Anstieg gegenüber 2002 von 176,1

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auf 184,8 Mio. t CO2 prognostiziert, im Referenzszenario sogar noch ein Anstieg auf knapp 200 Mio. t erwartet.5

Revisionen im Inventar und unerwartete Minderungserfolge in den nicht am Emissions-handel beteiligten Sektoren am aktuellen Rand kumulieren sich gegenwärtig zu einem Überschuss an Treibhausgasemissionen in Höhe von 18 Mio. t. Da die CO2-Emissionen für den ET-Sektor über die gesamte Periode von 2005 bis 2007 mit jährlich 503 Mio. t festgelegt sind,6 die genannten Überschüsse also nicht durch Mehremissionen des ET-Sektors verringert werden können, ist dieser Überschuss gleichbedeutend mit einer Verschärfung des für 2005/07 anvisierten Minderungsziels von 982 auf 964 Mio. t CO2e bzw. von 1,4 %. Zwar ist nicht auszuschließen, dass zumindest ein Teil dieser Redukti-onserfolge auf im Sinne der Klimaschutzpolitik besonders günstige Umstände zurückzu-führen sind, deren Wirkungen in den nächsten Jahren nachlassen. Dennoch dürfte die-se Entwicklung Anlass genug sein, die dem ersten Zuteilungsplan zugrunde liegenden Emissionsmengen kritisch zu überprüfen und mit Hilfe aktueller Prognosen gegebenen-falls zu korrigieren. Die folgenden Überlegungen werden dabei zeigen, in welche Rich-tung sich dieser Überschuss in den nächsten Jahren weiterentwickelt.

5 Einzelheiten vgl. DIW, u.a (2003), Politikszenarien für den Klimaschutz – Langfristszenarien und Handlungsempfehlungen ab

2012, Berlin, Jülich, Karlsruhe, S. 153.

6 Auf die Inkonsistenz der CO2-Budgetabgrenzung zwischen Zuteilungsgesetz 2007 und Zuteilungsentscheidung der Deut-schen Emissionshandelsstelle (DEHSt) wird im Abschnitt 5 näher eingegangen.

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3. Rahmenbedingungen der zukünftigen Entwicklung

Prognosen sind grundsätzlich bedingte Voraussagen. Die gesamtwirtschaftliche, sekt-orale und energiewirtschaftliche Entwicklung wie auch die zukünftige Bilanz der Treib-hausgase ist stets abhängig von der konkreten Vorgabe exogener Größen.7 Zu diesen exogenen Variablen gehören u.a., die Preise der auf internationalen Märkten gehandel-ten Energien, demographische Faktoren und selbstverständlich auch das gesamte bis-lang verabschiedete Maßnahmenbündel der Klimaschutzpolitik.

3.1. Energiepreise

Auch wenn der Emissionshandel in den nächsten Jahren eine wachsende Bedeutung für die Preisentwicklung der fossilen Energieträger gewinnen wird, so bleiben die Welt-energie- und -rohstoffmärkte eine wichtige Determinante der Energiepreise. Eine zu-verlässige Prognose dieser Preise ist gegenwärtig kaum möglich. Dieser Umstand resul-tiert vor allem daraus, dass nicht klar ist, ob der gegenwärtige Preisauftrieb eine Ver-knappung der weltweit gehandelten Energieressourcen signalisiert und damit als Anzei-chen einer Trendwende zu interpretieren ist, die auf mittlere und längere Sicht ein deutliches Ansteigen der Weltmarktpreise bedeutet oder auf Sonderfaktoren wie den Irak-Konflikt oder die Instabilität im Nahen Osten zurückzuführen ist, die sich in den nächsten Jahren wieder verlieren können.

Für die zuletzt genannte Sicht sprechen die Erfahrungen der Vergangenheit: Drastische Preissprünge traten ebenso regelmäßig auf wie dramatische Einbrüche - so lag der Erd-ölpreis im Durchschnitt der letzten acht Jahre bei rund 22,80 $/barrel, erreichte im Maximum jedoch mehr als 60, im Minimum weniger als 10 $/barrel. Und auch eine steigende Nachfrage nach Erdöl- und Mineralölprodukten war in den letzten 30 Jahren eher die Regel als die Ausnahme, das Angebot konnte diesem Anstieg immer folgen, auch wenn damit eine Ausweitung der Förderung von rund 49 Mio. barrel/day Anfang der siebziger Jahre auf über 80 Mio. barrel/day notwendig war.8

7 Die daraus folgende Bandbreite der möglichen Entwicklungen stellt für die Klimaschutzpolitik eine besondere Herausforde-

rung dar, da die Zielkonsistenz in den nicht am Emissionshandel beteiligten Sektoren immer erst nach Eintritt der exogenen Variablen und damit nach Abschluss der Entwicklung festgestellt werden kann.

8 In nahezu gleichem Umfang stiegen auch die wirtschaftlich gewinnbaren Reserven, so dass trotz der erheblichen Ausweitung der Förderung die Reichweite der Reserven nahezu unverändert geblieben ist. Einzelheiten vgl. etwa Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (2002), Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen 2002, (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)), Dokumentation Nr. 519.

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Dieses positive Bild wird jedoch von einigen ernstzunehmenden Fakten getrübt: Nach einer Untersuchung der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe ist heute bereits die Hälfte der wirtschaftlich und technisch gewinnbaren Vorräte an konventio-nellem Erdöl gefördert, die Hälfte davon wiederum in den letzten 20 Jahren. Die För-derung und damit das Angebot von Erdöl und Erdgas verlagern sich mehr und mehr in jene Länder, deren politische und wirtschaftliche Instabilität die Unsicherheiten auf den Weltölmärkten eher erhöht und die deshalb kaum zur Stabilisierung des Preisniveaus beitragen. Die Diversifikation der Bezugsquellen wird infolge der ungleichen Verteilung der Erdöl- und Erdgasreserven immer schwieriger, das Preisrisiko infolge unkalkulier-barer Angebotsverknappungen immer größer. So kann die Erdölförderung in der Nordsee ohne nennenswerte Verbesserungen der Fördertechniken nur noch maximal 10 Jahre auf dem gegenwärtigen Niveau gehalten werden, in den Vereinigten Staaten ist die statische Reichweite nur unwesentlich (rund 2 Jahre) länger.

Gesellt sich zu diesem Angebotsproblem ein bislang kaum für möglich gehaltenes Ver-brauchswachstum insbesondere in China und Indien, so dürfte ein Preisniveau von 20 bis 25 $/barrel – das von der OPEC lange als Richtwert genannt wurde – endgültig der Vergangenheit angehören.

Diese Einschätzung liegt auch der aktuellen Energieprognose zugrunde, die im Auftrag der Bundesregierung im letzten Jahr abgeschlossen und veröffentlicht wurde. Danach wird sich das gegenwärtige Preisniveau von zum Teil mehr als 50 $/barrel mittelfristig nicht halten, sondern auf ein niedrigeres Niveau zurückgehen (vgl. Tabelle 5). Das auch in den nächsten Jahren anhaltende außerordentlich dynamische Verbrauchswachstum in China wird verhindern, dass der Erdölpreis das Niveau von 40 $/barrel wesentlich unterschreitet.

Für die übrigen Energieträger bedeuten die getroffenen Annahmen ein im Vergleich etwa zu früheren Prognosen, insbesondere auch zu den Vorausschätzungen im Rahmen des ersten Allokationsplanes, ein deutlich höheres Niveau. Dies gilt zunächst für alle Mineralölprodukte, und hier insbesondere für leichtes Heizöl, aber auch für andere Energieträger, die entweder über vertraglich festgelegte Preisanpassungsklauseln der Preisentwicklung bei Erdöl folgen wie beispielsweise Erdgas oder sich vergleichbaren Marktentwicklungen gegenübersehen.

Eine gewisse Entspannung ist in den nächsten Jahren bei Kraftwerkskohle zu erwarten, jedenfalls soweit der jüngste Preisanstieg auf die Verknappung der überseeischen Transportkapazitäten zurückzuführen ist. Dieser Kapazitätsengpass wird nämlich nach

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Tabelle 5

Preisentwicklung1 ausgewählter Primärenergieträger 2000 bis 2012

Energieträger Einheit 2000 2005 2008 2010 2012

in Dollar

Erdöl

real2 $/barrel 28,80 48,70 40,00 40,00 40,00

Nominal $/barrel 28,80 53,25 46,00 48,00 50,00

Importsteinkohle

real2 $/t 36,85 67,40 50,00 50,00 50,00

Nominal $/t 36,85 73,70 58,00 60,00 62,00

in Euro

Erdöl, nominal €/barrel 31,05 42,60 41,80 44,40 46,50

Importsteinkohle €/t 39,70 58,95 52,70 55,50 57,70

Erdgas

real2 €/MWh 10,25 14,30 15,70 16,80 17,00

Nominal €/MWh 10,25 15,70 18,40 20,10 21,00

Braunkohle

real2 €/t 11,25 9,50 9,50 9,50 9,50

Nominal €/t 11,25 10,50 11,60 12,80 14,10

Eigene Berechnungen. - 1Ohne Verbrauchssteuern, Handels- und Transportleistungen und ohne Mehr-wertsteuer; 2in Preisen von 2000.

einer Analyse der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe9 bis 2006 deut-lich abgebaut, da sich von 2004 bis 2006 die Frachtkapazität der internationalen See-schifffahrt durch die Inbetriebnahme zusätzlicher Großraumfrachter (Massengut „dry Bulk“) um 25 % erhöhen wird.

Diese Kapazitätsausweitung zeigt bereits erste Wirkungen und könnte die Frachtko-sten und damit die Preise für Kraftwerkskohle bei Lieferung bis zur Grenze des Be-stimmungslandes um etwa 10 $/t verringern. Der in den beiden letzten Jahren beo-bachtete Preisanstieg bei Kraftwerkskohle, der nach Angaben des Bundesamtes für

9 Einzelheiten vgl. J. P. Gerling, H. Rempel, Th. Thielemann und V. Thoste (2005), Energie hat ihren Preis, Bundesanstalt für

Geowissenschaften und Rohstoffe (Hrsg.), „ Commodity Top News“ Nr. 22, Hannover.

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Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) seit Anfang 2003 immerhin fast 60 % aus-machte, wird sich zumindest von dieser Seite nicht weiter fortsetzen.

Für diese These spricht im Übrigen auch die Entwicklung der letzten 15 Jahre. Seit An-fang der neunziger Jahre oszillierten die Preise für Kraftwerkskohle um einen Mittel-wert von etwa 38 bis 40 $/t, wobei in einzelnen Jahren kräftige Ausschläge nach unten und oben zu beobachten waren. Ein ähnliches Entwicklungsmuster wird auch hier an-genommen: Der gegenwärtige Preisanstieg wird zunächst noch anhalten, der Preis für Kraftwerkskohle im Durchschnitt des Jahres 2005 bei 65 $/t liegen, dann jedoch all-mählich auf 55 $/t sinken und dann bis 2012 auf diesem Niveau verharren.

3.2. Das Maßnahmenbündel der Klimaschutzpolitik

In Deutschland ist seit Beginn der neunziger Jahre eine Vielzahl von Maßnahmen ergrif-fen worden, mit denen eine Reduktion der klimawirksamen Spurengase erreicht wer-den soll. Das Maßnahmenbündel reicht von ordnungsrechtlichen Ge- und Verboten über zusätzliche Steuern und Abgaben bis hin zu freiwilligen Vereinbarungen. Charak-teristisch für diese Regelungen war bislang, dass diese gerade nicht gesamtwirtschaftlich und damit sektorneutral, sondern in der Regel auf die Verringerung der Umweltbela-stungen spezifischer Produktions- oder Verbrauchsprozesse zugeschnitten waren. Zu diesen sektorspezifischen Maßnahmen gehören beispielsweise:

- das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strom-bereich (Erneuerbare-Energien-Gesetz , EEG),

- das Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz),

- die Energieeinsparverordnung (EnEV),

- die Fortführung der ökologischen Steuerreform.

Für die Zukunft sollten diese sektorspezifischen Eingriffe eigentlich an Bedeutung ver-lieren, denn der Emissionshandel ist kein zusätzliches, sondern ein alternatives Instru-ment der Klimaschutzpolitik, das zumindest teilweise die bestehenden Maßnahmen und Instrumente ersetzen kann. Für eine widerspruchsfreie Instrumentierung der Klima-schutzpolitik wäre zumindest eine Abstimmung des Emissionshandels mit den bisheri-gen Maßnahmen und Instrumenten der Klimaschutzpolitik erforderlich. Der unkoordi-nierte Einsatz könnte nämlich zur Folge haben, dass

- Emissionsminderungen erzwungen werden, die mit höheren Kosten verbunden sind als jene, die in einem umfassenden Handelssystem genutzt würden;

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- selektive Preisimpulse die Vermeidungskosten und damit die Wirtschaftlichkeit einzelner Vermeidungsmaßnahmen verzerren.

Im ersten Fall wird der Preis am Handelsmarkt unterhalb des Preises liegen, der bei einem Handelssystem ohne zusätzliche Maßnahmen zu erwarten wäre, im zweiten Fall diesen übertreffen, da der CO2-Preis diese Verzerrungen überwinden muss, um die gleichen Minderungspotentiale erschließen zu können.

Eine realistische Prognose hat allerdings zu berücksichtigen, dass diese Abstimmung zwar grundsätzlich wünschenswert wäre, gegenwärtig allerdings kaum Chancen auf Realisierung hat. Denn jedes der bislang geltenden Gesetze enthält spezifische Regelun-gen, die bei der Integration in den Emissionshandel überprüft und möglicherweise ab-geändert werden müssten. So könnte im EEG weder die generelle Abnahmepflicht des erzeugten Stroms noch das nach einzelnen Techniken und Standorten differenzierte Vergütungssystem aufrechterhalten werden. Da diese Korrekturen zumindest bei der gegenwärtigen Akzeptanz des Emissionshandels nicht zu erwarten sind, wird im Fol-genden angenommen, dass sämtliche bisher beschlossenen Maßnahmen und Instrumen-te der Klimaschutzpolitik parallel zum Emissionshandel wirksam bleiben und die zu-künftige Entwicklung mitbestimmen.

Für die Entwicklung der CO2-Emissionen im Bereich der Gebäude- und Wohnraumbe-heizung ist zusätzlich die finanzielle Ausweitung der bisherigen Fördermaßnahmen von Bedeutung. Zwar wurde die energetische Sanierung des Gebäudebestandes bereits in der Vergangenheit durch zusätzliche Förderinstrumente unterstützt, die Wirkungen waren jedoch bislang eher begrenzt. Die beabsichtigte Umstellung der Förderung von Zinsverbilligungen auf direkte Zuschüsse und steuerliche Erleichterungen lässt erwar-ten, dass das in diesem Bereich vorhandene Effizienzpotential schneller erschlossen werden kann.

Ein grundsätzliches Problem für die folgende Prognose ergibt sich aus der Wechselwir-kung von zugeteilten CO2-Emissionsrechten und CO2-Preisen. Aus der aktuellen Ent-wicklung ist bekannt, dass zwischen diesen beiden Größen Abhängigkeiten bestehen, die erhebliche Auswirkungen auf das Energiepreissystem und die Wettbewerbsposition der energieintensiven Sektoren haben können. Insbesondere ist nicht auszuschließen, dass bei weiter steigenden CO2-Preisen einzelne Sektoren unter so starken Wettbe-werbsdruck geraten, dass sogar die Verlagerung ganzer Standorte in Erwägung gezogen werden muss. Daraus könnten erhebliche Rückwirkungen auf die Gesamtmenge der den Anlagen zuzuteilenden Rechte folgen. Es würde über den Rahmen dieser Untersu-chung hinausgehen, diese Wirkungen im einzelnen darzustellen, zumal dazu nicht nur die Zuteilungen an die heimischen Anlagen, sondern auch an die Anlagen in den übri-gen EU-Mitgliedstaaten berücksichtigt werden müssten. Deshalb wird im folgenden von den Auswirkungen der für die zweite Handelsperiode angewendeten Zuteilungsregeln auf die Angebots- und Nachfragesituation auf dem CO2-Handelsmarkt abstrahiert, ins-besondere also handelsbedingte Produktionseinbussen und Standortverlagerungen aus der weiteren Analyse ausgeklammert.

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3.3. Übrige exogene Vorgaben

Die zukünftige Entwicklung der CO2-Emissionen ist nicht nur eine Folge der zielgerich-teten Eingriffe der Klimaschutzpolitik, sondern - wie die eingangs erwähnten Minde-rungserfolge zu Beginn der neunziger Jahre in Ostdeutschland belegen – auch abhängig von der Dynamik des sektoralen und gesamtwirtschaftlichen Wachstums. Dabei wird der zukünftige Wachstumspfad in einigen Sektoren eher von der binnenwirtschaftli-chen Entwicklung, in anderen Bereichen eher von weltwirtschaftlichen Einflussgrößen bestimmt. Der stetig wachsende Anteil der Entwicklungs- und Schwellenländer am Welthandel hat allerdings zur Folge, dass die deutsche Exportwirtschaft nur noch un-terproportional vom Wachstum des Welthandelsvolumens profitiert. Diese Tendenz lässt sich bereits seit einigen Jahren in den Welthandelszahlen erkennen: So nimmt seit Anfang der neunziger Jahre der Beitrag der Entwicklungs- und Schwellenländer am ge-samten Welthandel stetig zu. Deshalb bedeutet die hier angenommene Zunahme des realen Welthandelsvolumens von durchschnittlich 6 % pro Jahr ein Wachstum der deutschen Exporte von jahresdurchschnittlich 5 %.

Dieses Wachstum wird von einer leichten Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar begünstigt, so dass sich dadurch die Wettbewerbsposition der deutschen Exporte ge-genüber den in US-Dollar abrechnenden Wettbewerbern leicht verbessert. Umgekehrt hat diese Annahme allerdings auch zur Folge, dass die Importpreise auf Eurobasis – wie bereits bei der Energiepreisentwicklung dargestellt - etwas schneller steigen als auf Dollarbasis.

Bei den finanzpolitischen Vorgaben wird angenommen, dass die im internationalen Ver-gleich überdurchschnittliche hohe Abgabenquote langfristig zurückgeführt werden soll. In den nächsten Jahren steigt diese Quote allerdings durch die für 2007 geplante Erhö-hung der Mehrwertsteuer auf 19 % zunächst deutlich an. Das langfristige Ziel einer Rückführung kann also nur durch die kompensierende Senkung anderer Einnahmen etwa im Bereich der Sozialversicherungen erreicht werden.

Für den Nominalzins, hier gemessen an der Umlaufsrendite festverzinslicher Wertpa-piere, wird angenommen, dass dieser sich in den nächsten Jahren nicht grundlegend ändert und deshalb über den gesamten Zeitraum bei etwa 5 % liegt (vgl. Tabelle 6).

Für die Bevölkerungsentwicklung liegen mit den demographischen Modellrechnungen relativ verlässliche Daten über die natürliche Bevölkerungsbewegung, d. h. die Entwick-lung der Bevölkerungsstrukturen und -größe auf der Basis von altersspezifischen

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Tabelle 6

Gesamtwirtschaftliche Rahmenannahmen der Prognose 2000 bis 2012

Beobachtet Prognose Einheit

2000 2004 2008 2010 2012

Demographie

Bevölkerung Mio. 82,2 82,5 83,0 83,1 83,1

Erwerbspersonen Mio. 41,9 42,7 43,7 43,8 44,0

Erwerbsquote % 51,0 51,8 52,6 52,7 53,0

Weltwirtschaftlich

Welthandel, real p.a. %a 5,7 5,5 6,0 6,0 6,0

Wechselkurs $/€ 0,92 1,24 1,10 1,08 1,075

Steuern und Sozialversicherungssätze

Sozialversicherung % 40,3 40,1 38,5 38,5 38,5

Mehrwertsteuer % 16,0 16,0 19,0 19,0 19,0

Sonstige

Nominalzins1 % 5,4 3,7 4,5 5,0 5,0

Eigene Berechnungen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes. - 1Umlaufsrendite festverzinslicher Wertpapiere; a Durchschnittliche Wachstumsraten.

Geburten- und Sterbeziffern, vor.10 Diese Ziffern haben sich in den letzten Jahren (wie-der) als einigermaßen stabil erwiesen, so dass langfristige Bevölkerungsprognosen in-soweit zum Standardprogramm der amtlichen Statistik gehören.

Demgegenüber ist die Prognose der Wanderungen über die Grenzen des Staatsgebie-tes mit beträchtlichen Unsicherheiten verbunden. Auf lange Frist dürften die Erweite-rung der EU, anhaltende politische Risiken in vielen Regionen der Welt und eine er-kennbar zunehmende internationale Mobilität den Nettozustrom aus dem Ausland verstärken. In der hier zugrunde gelegten Variante 5 der zehnten koordinierten Bevöl-kerungsvorausschätzung wird ein Zuwanderungsgewinn von jährlich mindestens 200 000 Personen unterstellt. Unter diesen Voraussetzungen ist bis zum Jahr 2012 mit einem leichten Anstieg der Bevölkerung um rund 500 000 auf 83,079 Mio. Personen zu rechnen.

10 Einzelheiten vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.) (2000), Bevölkerung Deutschlands bis 2050, Ergebnisse der 10. koordinier-

ten Bevölkerungsvorausberechnung, Stuttgart: Metzler und Poeschel.

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Diese Bevölkerungsentwicklung wird - wie allgemein bekannt - von deutlichen Verän-derungen der Altersstruktur begleitet: Bis zum Jahr 2012 wird der Jugendquotient, d. h. das Verhältnis der Zahl der unter 20-jährigen zur Zahl der 20 bis 60-jährigen auf etwa 35 % sinken (2000: 39 %); der Altenquotient, der den entsprechenden Anteil der über 60-jährigen ausdrückt, von 41,5 % auf über 45 % steigen. Diese Entwicklung kann nicht ohne Einfluss auf das Erwerbspersonenpotential bleiben, d.h. auf jenen Teil der Bevöl-kerung, der an einer Erwerbstätigkeit interessiert ist. Zur Abschätzung des Erwerbspo-tentials wurde hier angenommen, dass der Anteil der Erwerbspersonen im Alter von 20 bis 60 Jahren an der Bevölkerung in dieser Altersgruppe wie in der Vergangenheit noch leicht steigt, und zwar von 83,5 % im Jahre 2000 auf 84,0 % im Jahre 2012. In die-ser steigenden Erwerbsquote spiegeln u. a. eine wachsende Erwerbsneigung der Frau-en, die - nicht zuletzt als Folge höherer Qualifikation - deutlich häufiger und länger als früher eine Erwerbstätigkeit aufnehmen. Insgesamt nimmt deshalb der Anteil der Er-werbspersonen an der Gesamtbevölkerung (Erwerbsquote) in den nächsten Jahren stetig zu.

Im Hinblick auf die Entwicklung der CO2-Emissionen von besonderer Bedeutung ist der Beschluss der Bundesregierung zum Ausstieg aus der Kernenergie. Trotz der gegen-wärtigen Diskussion um die Verlängerung der Laufzeiten der bestehenden Kernkraft-werke wird im Folgenden angenommen, dass die Laufzeitbegrenzung unverändert gültig bleibt. Infolgedessen müssen für die zweite Handelsperiode erhebliche Mengen an CO2-Emissionen in die Gesamtbilanz eingerechnet werden, die aus dem Ersatz der stillgelegten Kernkraftwerke durch alternative Brennstoffe und Kraftwerke entstehen.

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4. Prognose der Treibhaugasemissionen nach Sektoren (Makroplan)

4.1. Vorbemerkungen

In einem Handelsystem, das sämtliche Emittenten und Treibhausgase umfasst, könnten die für die Periode 2008/12 insgesamt verfügbaren Emissionsrechte aus dem nationalen burden-sharing-Ziel abgeleitet und für Deutschland mit 968,3 Mio. t CO2e festgelegt werden. Der Makroplan wäre damit bereits erstellt. Leider entspricht das gegenwärtige Handelssystem nicht diesen Idealvorstellungen. Der Handel ist nämlich nur auf Anlagen der Energiewirtschaft (Strom- und Wärmeerzeugung, Raffinerien, Kokereien) und der energieintensiven Industrien (Stahl, Zement, Kalk, Glas, keramische Erzeugnisse, Pa-pier, Pappe, Chemie) begrenzt und umfasst außerdem nur Kohlendioxid. Folglich muss das Gesamtbudget der Treibhausgase auf Kohlendioxid und die übrigen Gase sowie das Kohlendioxid-Budget selbst wiederum auf die am Handel beteiligten Anlagen und die übrigen Verbrauchergruppen wie Verkehr, Haushalte sowie Handel, Gewerbe und Dienstleistungen aufgeteilt werden.

Sofern die Kosten der Emissionsminderungen in den einzelnen Anlagen und Ver-brauchsprozessen bekannt wären, könnte sich die Aufteilung des Gesamtbudgets an diesen Vermeidungskosten orientieren und die noch verbleibenden Minderungsver-pflichtungen in Höhe 37,4 Mio. t CO2e den einzelnen Sektoren entsprechend anlasten. Selbstverständlich liegen derartige Informationen nicht vor. Gleichwohl können die im ersten Jahr des Emissionshandels beobachteten, unerwartet hohen CO2-Preise und die gleichfalls nicht erwarteten Minderungen in den übrigen Bereichen als Hinweis darauf verstanden werden, dass die Vermeidungskosten für den Emissionshandelssektor bei der Aufstellung des ersten Allokationsplanes deutlich unterschätzt, für die übrigen Be-reiche jedoch eher überschätzt wurden. Denn die CO2-Minderungen in den übrigen Bereichen sind ganz ohne die Anreizwirkungen des CO2-Handels zustande gekommen, waren also bei einem CO2-Preis von Null wirtschaftlich.

11 Umgekehrt konnten die Min-derungsanforderungen an den Emissionshandelsektor zumindest im ersten Jahr nur bei CO2-Preisen von 25 €/t und mehr erfüllt werden.

11 Diese Feststellung schließt nicht aus, dass diese Minderungen über andere Instrumente oder über autonome, von der

Klimaschutzpolitik unabhängige Entwicklungen erschlossen wurden und insoweit auch mit Zusatzkosten verbunden sind.

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Dieses Ungleichgewicht könnte sich durch ein unbeirrtes Festhalten an den im Zutei-lungsgesetz 2007 festgelegten CO2-Budgets für die zweite Handelsperiode noch erheb-lich verschärfen. Denn gemessen an dem gegenwärtigen Emissionsniveau hätte der Emissionshandelssektor unter Berücksichtigung der zusätzlichen Anlagen, die nach den Vorgaben der EU-Kommission ab 2008 am Emissionshandel teilnehmen müssen, mehr als 20 Mio. t an Minderungsleistungen zu erbringen,12 während den übrigen Sektoren Mehremissionen in Höhe von 13 Mio. t zugestanden würden. Die folgenden Analysen sollen einen Beitrag dazu leisten, diese Fehlallokation zu korrigieren. Von besonderer Bedeutung sind dabei einerseits die technischen Determinanten und deren Einfluss auf die Steigerung der Energie- und Kohlenstoffeffizienz, andererseits die ökonomischen Determinanten und deren Implikationen für die sektoralen Produktionsentwicklungen, wie im Folgenden anhand der einzelnen Sektoren – Industrie, Verkehr, übrige Endver-braucher und Energiewirtschaft – im Einzelnen dargestellt werden soll.

4.2. Die CO2-Emissionen der Industrie

Die Steigerung der Energie- und Kohlenstoffeffizienz wird generell vor allem über die Modernisierung des Kapitalstocks, insbesondere also über den Austausch von Alt- durch Neuanlagen realisiert.13 Die dabei erzielbaren Effizienzverbesserungen hängen zum einen von der Altersstruktur und dem Modernitätsgrad des Anlagenparks, zum anderen von den Effizienzunterschieden zwischen Neu- und Altanlagen ab.

In der Industrie ist der Anlagenpark bereits vergleichsweise effizient. Deshalb können in Zukunft, selbst bei einer forcierten Modernisierung des Kapitalstocks, nur noch ge-ringere Effizienzverbesserungen erzielt werden als dies in der Vergangenheit beobach-tet werden konnte. Dabei sind die Effizienzfortschritte in den einzelnen Sektoren durchaus unterschiedlich und hängen insbesondere von dem bereits erreichten Effi-zienzniveau in den einzelnen Prozessen ab. In der Zementindustrie beispielsweise könnte selbst bei vollständiger Substitution aller Ofenanlagen durch effiziente Neuanla-gen der thermische Energiebedarf noch um maximal 9 % verringert werden. Auch in

12 Hinzu kommen – wie bereits erwähnt - Inkonsistenzen bei der Abgrenzung der CO2-Emissionen nach Zuteilungsgesetz

2007 und Zuteilungsentscheidung der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt).

13 Verstärkt wird dieser Prozess durch die im Zuteilungsgesetz 2007 festgelegten Abschläge für relativ ineffiziente Anlagen im Bereich der Stromerzeugung.

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Tabelle 7

Spezifische CO2-Emissionen ausgewählter industrieller Produktionsprozesse

2000 bis 2012

Beobachtet Prognose Einheit

2000 2004 2008 2010 2012

energiebedingt

Kali

kg CO2/ t Rohsalz

27,5 26,4 25,6 25,2 24,7

Zement kg CO2/t 228,5 216,9 214,0 212,6 211,2

Kalk kg CO2/t 392,7 394,2 393,7 393,4 393,1

Fliesen kg CO2/t 341,6 331,0 324,2 316,1 308,2

Ziegel kg CO2/t 96,5 86,0 83,8 82,8 81,7

Feuerfest kg CO2/t 164,1 162,2 159,2 157,8 156,3

Stahl kg CO2/t 301,5 325,0 313,5 307,9 302,4

NE-Metalle kg CO2/t 334,6 342,7 340,9 340,0 339,2

Chemie t CO2/Mio. € 348,1 344,0 337,4 334,1 330,9

Papier kg CO2/t 398,2 307,8 306,5 305,9 305,2

Glas kg CO2/t 453,3 446,2 435,6 430,4 425,3

Zucker kg CO2/t Rüben

88,3 83,3 83,0 82,9 82,7

rohstoffbedingt

Zement kg CO2/t 431,0 400,0 392,0 388,0 384,0

Kalk kg CO2/t 785,0 785,0 785,0 785,0 785,0

Ziegel kg CO2/t 28,6 28,6 28,6 28,6 28,6

Stahl kg CO2/t 914,3 916,3 916,2 912,1 907,9

NE-Metalle1 kg CO2/t Al 1367,0 1367,0 1367,0 1367,0 1367,0

Glas kg CO2/t 95,1 95,1 95,1 95,1 95,1

Eigene Berechnungen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes und der jeweiligen Verbände. - 1 Der hier verwendete Koeffizient für den prozessbedingten CO2-Ausstoß aus dem Abbrand der Elektroden in der Aluminiumelektrolyse ist aus den bislang geltenden Inventarreporten entnommen. Korrekturen dieses spezifischen Wertes im Zuge der laufenden Revisionen des Treibhausgasinventars wurden an dieser Stelle noch nicht berücksichtigt.

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der Stahlindustrie liegt der tatsächlich realisierte Einsatz an kohlenstoffhaltigen Brenn-stoffen und Reduktionsmitteln nur noch um 12 % über dem in der Literatur mit 420 kg/t Roheisen angegebenen verfahrenstechnischen Mindestverbrauch.14

Über die Effizienz der einzelnen Prozesse hinaus variiert der CO2-Ausstoß mit dem Kohlenstoffgehalt der jeweils eingesetzten Energieträger und den chemischen Reaktio-nen, die in den jeweiligen Prozessen ablaufen. Besonders hohe spezifische CO2-Emissionen weisen dabei jene Prozesse auf, die ihren Energiebedarf aus Stein- und Braunkohle bzw. den daraus produzierten Kohleprodukten (Koks, Staub- und Trok-kenkohle) decken und dabei Kohlendioxid durch Oxidation des im Brennstoff enthal-tenen Kohlenstoffs freisetzen oder bei denen Kohlendioxid bei der thermischen Nut-zung mineralischer Karbonate (vor allem Kalkstein) entsteht. Für diese Prozesse ist der spezifische CO2-Ausstoß bei gegebenem Rohstoffeinsatz nicht nur chemisch-physikalisch bedingt konstant, sondern auch überdurchschnittlich hoch. Dazu gehören insbesondere die Entsäuerungsprozesse in der Kalk-, Zement-, Ziegel- und Glaspro-duktion sowie die Stahlindustrie und die Aluminiumelektrolyse.

In der Zementherstellung werden je Tonne Klinker etwa 530 kg CO2 aus der Entsäue-rung des kalksteinhaltigen Rohmehls (Mergel) emittiert; dieses Verhältnis hängt natür-lich von der Zusammensetzung des Rohmehls ab, kann jedoch für deutsche Standorte mit diesem Faktor zutreffend beschrieben werden.15 Aufgrund der chemischen Reakti-onsbedingungen kann dieser spezifische CO2-Ausstoß im Prozess selbst nicht verän-dert, allerdings über die Substitution von Zementklinker durch Zumahlstoffe wie etwa Hüttensand abgesenkt werden. Diese Substitutionsmöglichkeit hat mit dazu beigetra-gen, dass bezogen auf eine Tonne Zement der prozessbedingte CO2-Ausstoß gegen-wärtig nur noch 400 kg CO2 beträgt und bei weiter anhaltendem Trend zum verstärk-ten Einsatz von Zumahlstoffen auch in Zukunft weiter abgesenkt werden kann (vgl. Tabelle 7).

Auch in der Glasindustrie kann der prozessbedingte CO2-Ausstoß – wenn auch in en-gen Grenzen - durch die Steigerung des Scherbenanteils im Glasgemenge verringert werden. Gegenwärtig zeichnet sich allerdings eine geringfügige Erhöhung des CO2-Faktors ab, da infolge der Mehrwegquoten der Scherbeneinsatz leicht zurückgeht.

14 Siehe dazu Heynert, G. und K. Hedden (1961), Temperaturprofil und Kinetik der Umsetzungen im Hochofen, Chemie-

Ingenieur-Technik 13: 460-478. Nach Scholz benötigt der Hochofenprozess rund 414 kg Kohlenstoff (dieser Bedarf ent-spricht 465 kg Koks/t Roheisen). Vgl. R. Scholz (2004), Kohlenstoffbedarf und resultierende Kohlendioxid-Emission beim Hochofenprozess. Gutachten im Auftrag der ThyssenKrupp Stahl AG.

15 Verein Deutscher Zementwerke (2005), Verminderung der CO2-Emissionen - Beitrag der deutschen Zementindustrie (Monitoring Bericht 2000-2003), Düsseldorf.

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Im Unterschied zur Glas- und Zementindustrie ist der prozessbedingte spezifische CO2-Ausstoß in der Kalkindustrie nicht veränderbar, da CO2 durch die stoffliche Um-wandlung von Calciumcarbonat (Ca2O3) zu Calciumoxid (CaO) entsteht und deshalb in einem festen Verhältnis zur Kalkproduktion steht. Der spezifische CO2-Ausstoß in Höhe von 785 kg/t Kalk bleibt deshalb über den gesamten Zeitraum konstant.16 Auch in der Aluminiumelektrolyse ist der spezifische Verbrauch von Kohlenstoff, der aus dem Abbrand der Elektroden resultiert, verfahrensbedingt nahezu konstant.

Der größte Teil der prozessbedingten CO2-Emissionen entfällt jedoch auf die Stahlin-dustrie. Allein die Verhüttung von Roheisen im Hochofenprozess erfordert den Einsatz von 414 kg Kohlenstoff je Tonne Roheisen. Von dieser Menge sind der thermische Energieverbrauch und die Verluste abzuziehen, so dass bezogen auf eine Tonne Rohei-sen 1,3 t stofflich bedingte CO2-Emissionen anfallen.

17 Berücksichtigt man darüber hin-aus die aus der Verwendung kalkhaltiger Zuschlagstoffe entstehenden CO2-Emissionen, erhöht sich dieser Faktor um rund 75 kg/t Roheisen. Bezogen auf die Tonne Rohstahl ergibt sich daraus eine branchendurchschnittliche, spezifische CO2-Emission in Höhe von rund 912 kg. Auch dieser Emissionskoeffizient ist grundsätzlich konstant, unterliegt jedoch geringfügigen Änderungen infolge der veränderten Prozessanteile von Oxygen- und Elektrostahl an der Rohstahlerzeugung insgesamt.

In den energieextensiven Industriesektoren, deren Anlagen am Emissionshandel teil-nehmen, stammt der überwiegende Teil der CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger entweder zur Strom- und Wärmeerzeugung oder zur Material-aufbereitung und unterliegt deshalb ähnlichen Entwicklungsmustern wie die Strom- oder gekoppelte Strom- und Wärmeerzeugung im Bereich der öffentlichen Versor-gung.

Überdurchschnittlich hohe spezifische CO2-Emissionen, die zumindest prinzipiell durch ein CO2-Handelsregime kostenwirksam werden, stellen für die zukünftige Entwicklung der Grundstoffbereiche ein zusätzliches Kosten- und Wettbewerbsrisiko dar. Diese Effekte werden erheblich verstärkt durch den gegenwärtig schon erkennbaren Strom-preisimpuls. Deshalb ist nicht auszuschließen, dass Produktionseinschränkungen und Standortverlagerungen zumindest für die im internationalen Wettbewerb stehenden

16 Aus der Stöchiometrie der chemischen Verbindung folgt für Dolomit ein höherer spezifischer prozessbedingter CO2-

Ausstoß von 913 kg/t Dolomit. Auf Dolomitproduktion entfällt – bezogen auf die gesamte Erzeugung der Kalkindustrie – al-lerdings nur ein Anteil von 6,5 % (2004), so dass sich selbst bei Berücksichtigung dieses Dolomitanteils für die prozessbe-dingten CO2-Emissionen ein geringfügig erhöhter spezifischer CO2-Faktor von 793 kg/t Kalk ergibt.

17 Dieser Wert ergibt sich aus Anhang 2 der Zuteilungsverordnung 2007 durch Umrechnung des dort genannten spezifischen Kohlenstoffgehaltes (356,5 kg C/t Roheisen) in Kohlendioxideinheiten je Tonne Rohstahl. Nach Angaben der Wirtschafts-vereinigung Stahl erfordert die Stoffumwandlung bei der Roheisenherstellung jedoch mindestens 380,6 kg Kohlenstoff je Tonne Roheisen. Vgl. dazu Wirtschaftsvereinigung Stahl (2005), Position der Stahlindustrie in Deutschland zur Ausgestal-tung des zweiten nationalen Allokationsplans für die Periode 2008 bis 2012 im EU-Handel mit Emissionsrechten für Treib-hausgase, Düsseldorf.

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Tabelle 8

Produktionsentwicklung in ausgewählten Sektoren der am Emissionshandel beteiligten Anlagen

2000 bis 2012

Beobachtet Prognose Einheit

2000 2004 2008 2010 2012

Kali Mio. t Rohsalz 35,8 39,8 39,0 38,7 38,4

Zement Mio. t 35,0 32,5 33,8 34,2 34,5

Kalk Mio. t 6,8 6,5 6,5 6,6 6,7

Fliesen Mio. t 1,0 0,9 0,9 0,9 0,9

Ziegel Mio. t 18,3 14,3 14,8 15,0 15,3

Feuerfest Mio. t 1,1 1,2 1,3 1,3 1,3

Stahl Mio. t 46,4 46,4 46,7 46,8 47,0

NE-Metalle Mio. t 7,9 8,0 8,0 8,1 8,1

Aluminium Mio. t 0,6 0,7 0,7 0,7 0,7

Chemie Mrd. Euro 109,4 114,3 133,3 141,4 150,0

Papier Mio. t 18,1 20,4 21,9 22,2 22,4

Glas Mio. t 7,6 7,2 7,2 7,3 7,4

Zucker Mio. t Rüben 27,9 23,7 26,8 26,6 26,4

Eigene Berechnungen und Prognosen der Wirtschaftsverbände.

Unternehmen der chemischen Grundstoffproduktion, der Stahlerzeugung, der Indu-strie der Steine und Erden oder der NE-Metallindustrie eine mögliche Konsequenz des Emissionshandels in der nächsten Handelsperiode sein können.

Gleichwohl werden diese Effekte im Folgenden nicht weiter berücksichtigt. Zum einen wären dazu wesentlich detailliertere Analysen über die internationalen Wettbewerbs-verhältnisse auf den jeweiligen Märkten notwendig, die in dieser Untersuchung nicht geleistet werden können. Entscheidender ist jedoch zum anderen, dass mit der Antizi-pation derartiger Effekte in der Prognose das für die Zuteilung verfügbare CO2-Budget weiter reduziert, der CO2-Preiseffekt verstärkt und dadurch weitere Produktionsein-bußen und Standortverlagerungen provoziert werden könnten. Die Annahme von Pro-duktions- und Standortverlagerungen würde diese also geradezu hervorrufen. Um die-sen sich selbstverstärkenden Effekt zu vermeiden, bleiben im Folgenden CO2-handelsinduzierte Produktionseinbußen und Standortverlagerungen außer Betracht.

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Tabelle 9

CO2-Emissionsbudget der Industrie für die zweite Handelsperiode 2008 bis 2012, Mio. t

2008 2010 2012 Kumu-liert

Durch-schnitt

energiebedingt

Kali 1,00 0,97 0,95 4,87 0,97

Zement 7,23 7,26 7,29 36,31 7,26

Kalk 2,57 2,60 2,63 12,98 2,60

Fliesen 0,30 0,29 0,28 1,45 0,29

Ziegel 1,24 1,25 1,25 6,23 1,25

Feuerfest 0,20 0,21 0,21 1,03 0,21

Stahl 14,62 14,42 14,22 72,10 14,42

NE-Metalle 2,74 2,75 2,76 13,74 2,75

Chemie 44,97 47,25 49,64 236,39 47,28

Papier 6,73 6,79 6,85 33,94 6,79

Glas 3,12 3,14 3,15 15,68 3,14

Zucker 2,23 2,21 2,18 11,03 2,21

Übrige Industrie 29,50 28,50 27,83 143,02 28,60

Summe 116,45 117,62 119,22 588,78 117,76

prozessbedingt

Zement 13,25 13,25 13,26 66,27 13,25

Kalk 5,12 5,18 5,24 25,91 5,18

Ziegel 0,42 0,43 0,44 2,15 0,43

Stahl 42,36 42,40 42,44 211,87 42,37

Aluminium 0,89 0,89 0,89 4,44 0,89

Glas 0,68 0,69 0,70 3,46 0,69

Summe 62,72 62,84 62,98 314,10 62,82

Insgesamt 179,17 180,57 182,20 902,89 180,58

Eigene Berechnungen.

Unter diesen Voraussetzungen bestehen für die exportabhängigen Bereiche der indus-triellen Grundstoffproduktion auch in Zukunft noch positive Entwicklungsmöglichkei-ten, die vor allem eine Folge der günstigen Entwicklung des Welthandels sind. So wächst die chemische Industrie bis 2012 mit einer durchschnittlichen Rate von real 3,5 % pro Jahr. Diese Zunahme ist zwar nur halb so hoch wie die jüngste Wachstums-

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rate von 2005 gegenüber 2004, entspricht jedoch dem mittelfristigen Trend der letzten zehn Jahre. Auch die Papierindustrie zählt weiterhin zu den überdurchschnittlich wach-senden Sektoren des Verarbeitenden Gewerbes und steigert ihre Produktion bis 2012 um jährlich durchschnittlich 2,4 %.

Weniger günstig erscheint die Entwicklung in den von der Binnennachfrage, insbeson-dere von der Bauwirtschaft abhängigen Sektoren. Diese Bereiche mussten in den letz-ten Jahren sogar Produktionseinbussen verkraften. Gegenwärtig zeichnet sich allerdings eine langsame Erholung der Baukonjunktur und damit auch der Zulieferbereiche ab. So hat die Zementindustrie nach einem absoluten Tiefpunkt in 2002 wieder ein Produkti-onsniveau von mehr als 33 Mio. t erreicht und wird ihre Produktion bis 2012 noch etwas ausdehnen können. Unterstützt wird dieses moderate Wachstum in den näch-sten Jahren von der forcierten Modernisierung des Altbaubestandes, wenngleich diese Bauaktivitäten noch stärkere Wachstumsimpulse für die Dämmstoffindustrie, den Hei-zungsbau und die Glasproduktion bedeuten.

Das Wachstum der Rohstahlproduktion hängt bei einer Exportquote von fast 80 % vor allem vom zukünftigen Stahlverbrauch in den aufstrebenden Entwicklungs- und Schwel-lenländern wie Indien und China ab. Das Verbrauchswachstum in diesen Ländern ist nach wie vor ungebrochen, wird jedoch überwiegend aus inländischer Produktion ge-deckt. Deshalb übertragen sich diese Impulse nur noch abgeschwächt auf die deutsche Stahlindustrie, so dass auf mittlere Sicht die Rohstahlproduktion etwa 46,5 bis 47 Mio. t erreichen wird.

Aus dem Zusammenspiel von Effizienzsteigerungen und Produktionsentwicklungen ist bis zum Jahr 2012 mit einem leichten Anstieg der CO2-Emissionen zu rechnen. Dabei wirken sich die durch neue Industriekraftwerke und industrielle Produktionsanlagen erreichbaren Effizienzgewinne CO2-mindernd aus und werden verstärkt durch die Sub-stitution von Steinkohle durch Erdgas im Bereich der industriellen Strom- und Wär-meerzeugung. Die prozessbedingten Emissionen nehmen demgegenüber geringfügig zu und lassen wegen der fast konstanten Beziehung zwischen CO2-Ausstoß und Produkti-on den Einfluss des sektoralen Produktionswachstums deutlicher erkennen (vgl. Tabelle 9).

Aufgrund der erwarteten Produktionsentwicklung sowie der noch erzielbaren Effi-zienzverbesserungen und Substitutionsmöglichkeiten ist demnach für die Industrie ein CO2-Budget von knapp 902,89 Mio. t für die gesamte zweite Handelsperiode bzw. von durchschnittlich 180,58 Mio. t pro Jahr vorzusehen. Jede geringere Zuteilung müsste zwangsläufig über den Zukauf von Emissionsrechten oder die Verringerung der Pro-duktion ausgeglichen werden.

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4.3. Die CO2-Emissionen im Verkehr

Der Transport von Personen und Gütern hat für den Makroplan unter zwei Aspekten ein besonderes Gewicht:

- zum einen entfällt inzwischen fast ein Fünftel der CO2-Emissionen auf diesen Bereich,

- zum anderen ist die Dynamik der Entwicklung in kaum einem Sektor so ausge-prägt wie im Personen- und Güterverkehr und spiegelt sich deshalb auch in der Gesamtbilanz deutlich wider.

Dabei sind zwei grundlegend unterschiedliche Entwicklungsverläufe festzustellen: In den neunziger Jahren nahmen die CO2-Emissionen Jahr für Jahr um 2,5 bis 3 Mio. t zu und lagen Ende der neunziger Jahr mit 187 Mio. t um fast 25 Mio. t über dem Niveau des Basisjahres. In den Folgejahren brach diese Entwicklung zwar ab, allerdings konnte bei der Aufstellung des ersten Allokationsplanes kaum eindeutig entschieden werden, ob dieser Rückgang bereits eine grundlegende Trendwende signalisierte oder nur eine vorübergehende Abschwächung war, die bei entsprechenden Rahmenbedingungen durch einen aus den neunziger Jahren bekannten Wachstumspfad abgelöst werden könnte.

Dem im Zuteilungsgesetz 2007 für die zweite Handelsperiode gesetzlich festgelegten CO2-Budget in Höhe von 291 Mio. t für den Bereich Verkehr und Haushalte liegt wohl eher die Annahme einer vorübergehenden Abschwächung zugrunde. Denn schon bei einem leichten Rückgang der CO2-Emissionen im Bereich der Haushalte auf etwa 112 Mio. t verbleiben für den Verkehrssektor CO2-Emissionen in Höhe von 179 Mio. t.

Dieses Niveau wurde bereits 2001 nicht mehr erreicht und durch den weiteren Rück-gang der CO2-Emissionen in den letzten Jahren inzwischen um rund 15 Mio. t unter-schritten. Deshalb erscheint es plausibler, von einer grundlegenden Trendwende der CO2-Emissionen im Verkehrsbereich seit Ende der neunziger Jahre auszugehen.

Die Annahme einer Trendwende ist allerdings nicht gleichbedeutend mit einer unbese-henen Fortschreibung der aktuellen Entwicklung bis 2012, die für den Verkehrsbereich dann nur noch ein Emissionsvolumen von durchschnittlich 149 Mio. t pro Jahr auswei-sen würde. Vielmehr sind für die Prognose bis 2012 die treibenden Einflussfaktoren der bis 2005 zu beobachtenden Entwicklung zu identifizieren und daraus die zukünftigen Veränderungen abzuleiten. Insbesondere ist dabei zwischen Personen- und Güterver-kehr zu unterscheiden.

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Tabelle 10

Kraftstoffpreise in der zweiten Handelsperiode 2000 bis 2012, €/Liter

Beobachtet Prognose

2000 2005 2008 2010 2012

privat1

Normalbenzin 1,01 1,20 1,24 1,26 1,27

Superbenzin 1,03 1,22 1,26 1,28 1,29

Dieselkraftstoff 0,80 1,07 1,03 1,05 1,07

gewerblich2

Normalbenzin 0,83 0,98 0,99 1,00 1,01

Superbenzin 0,85 1,00 1,01 1,02 1,03

Dieselkraftstoff 0,66 0,88 0,82 0,84 0,85

Eigene Berechnungen. - 1Einschl. Verbrauchssteuern, Handels- und Transportleistungen und Mehr-wertsteuer; 2ohne Handelsleistungen und Mehrwertsteuer.

Zu den wichtigsten Determinanten in diesem Bereich gehört zum einen das gesamte bisherige Maßnahmenbündel der Klimaschutzpolitik, darunter die ökologische Steuer-reform, die Einführung der Lkw-Maut auf Bundesautobahnen und die emissionsbezoge-ne Kfz-Steuer, zum anderen die im Vergleich zum ersten Allokationsplan deutlich hö-heren Kraftstoffpreise. Zwar lässt sich der Minderungsbeitrag der einzelnen Maßnah-men zur bisher erreichten Gesamtminderung in Höhe von knapp 23 Mio. t nicht exakt beziffern, für die zukünftige Entwicklung ist jedoch entscheidender, dass sämtliche Maß-nahmen auch über das Jahr 2005 ihre Wirksamkeit behalten. Dies gilt auch für die Kraftstoffpreise (vgl. Tabelle 10).

Zwar wurde bei der Diskussion der Rahmenannahmen begründet, dass das im Jahr 2005 erreichte Niveau der internationalen Energiepreise oder sogar ein weiterer An-stieg nicht den mittel- und langfristigen Knappheiten auf den Weltenergiemärkten ent-spricht, für den Ölpreis deshalb ein Rückgang auf (real) 40 $/barrel angenommen wur-de. Dieser Preisrückgang wird jedoch bereits mehr als kompensiert durch die ange-nommene Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar. Für die privaten Verbraucher schlägt zusätzlich die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 % in 2007 mit rund0,03 €/Liter zu Buche, so dass in nominaler Rechnung die Kraftstoffpreise im Ver-gleich zu 2005 nicht nachhaltig sinken, sondern in etwa auf diesem Niveau verharren oder sogar noch etwas ansteigen.

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Tabelle 11

Verkehrsleistungen im Personenverkehr 2000 bis 2012, Mrd. Pkm

Beobachtet1 Prognose

2000 2001 2008 2010 2012

nach Verkehrsträgern

zu Fuß 30,0 29,8 30,5 30,5 30,6

Fahrrad 23,9 26,6 24,0 24,1 24,0

Eisenbahn 85,4 84,1 94,2 92,5 91,3

ÖSPV2 75,1 75,3 80,4 79,3 78,2

MIV3 731,2 722,5 755,0 758,8 762,0

Luftverkehr 43,2 42,4 71,2 74,3 78,5

Insgesamt 988,7 980,8 1055,2 1059,6 1064,6

nach Fahrtzwecken

Beruf 203,2 201,2 205,4 205,7 205,3

Ausbildung 49,4 49,5 51,0 50,2 50,0

Geschäft 163,3 164,1 171,2 174,2 176,8

Einkauf 108,6 106,4 121,7 121,6 121,0

Freizeit 388,4 381,3 407,9 409,6 412,8

Urlaub 75,8 78,2 98,0 98,3 98,8

Eigene Berechnungen und Verkehr in Zahlen. - 1Ohne die aktuellen Revisionen in der Verkehrsstatistik; 2Öffentlicher Straßenpersonenverkehr; 3Motorisierter Individualverkehr.

Für die Reaktionen der Verbraucher auf diese Preisimpulse ist dabei von Bedeutung, dass im Unterschied zu den Preissprüngen in den letzten Jahren der Anstieg relativ moderat ausfällt. Dadurch verliert der Realeinkommenseffekt, der einen erheblichen Teil der kurzfristigen Verbrauchsreaktionen ausmacht, seine Wirkung. Dies gilt nicht nur für den Kraftstoffverbrauch, sondern auch für die verkehrswirtschaftlichen Deter-minanten – zu erkennen an der Zunahme der Verkehrsleistungen im Straßen- und ins-besondere im Luftverkehr (vgl. Tabelle 11).

Die Entwicklung von Verkehrs- und Fahrleistung erklärt die Entwicklung der Nutzungs-komponente des Fahrzeugbestandes. Für die zukünftige Entwicklung der CO2- Emissio-nen sind jedoch darüber hinaus die Entwicklung des gesamten Pkw-Bestandes und hier insbesondere die Veränderungen des spezifischen Verbrauchs der Fahrzeugflotte insge-samt wie auch der Neuzulassungen zu berücksichtigen.

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Schaubild 2

4,00

5,00

6,00

7,00

8,00

9,00

1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005

Otto Diesel

Spezifischer Verbrauch neu zugelassener Pkw

l/100 km

Quelle: Kraftfahrtbundesamt

Der spezifische Verbrauch der Pkw-Flotte ist in den letzten acht Jahren kontinuierlich gesunken. Ursächlich dafür sind zwei im Ergebnis gegenläufige Einflussfaktoren. Technische Verbesserungen haben auch in den letzten Jahren zu einer Verringerung des spezifischen Verbrauchs der neu zugelassenen Fahrzeuge beigetragen (vgl. Schau-bild 2). Dieser Einspareffekt wurde noch verstärkt durch die vermehrte Nachfrage nach Klein- und Kompaktfahrzeugen im Bereich der Ottomotoren. Demgegenüber hat sich der Trend zu größeren und leistungsstärkeren Fahrzeugen vor allem bei Diesel-Pkw noch verstärkt, wie an der steigenden Zahl neuzugelassener Gelände-Pkw beo-bachtet werden kann. Die Folge davon ist, dass der spezifische Verbrauch neu zu gelas-sener Diesel-Pkw seit einigen Jahren nicht mehr sinkt, sondern geringfügig ansteigt.18 Dieser Trend wird sich bei unveränderten Rahmenbedingungen auch im Projektions-zeitraum fortsetzen. Folglich verringert sich der spezifische Verbrauch der neu zugelas-senen Pkw auch in den nächsten Jahren, allerdings mit deutlich geringeren Reduktions-raten.

18 Einzelheiten vgl. Kraftfahrtbundesamt (Hrsg.) (2006), Jahresbericht 2005, Statistiken, Flensburg, S. 8.

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Tabelle 12

Fahrzeugspezifische Entwicklungen im Personenverkehr 2000 bis 2012

Beobachtet Prognose

2001 2005 2008 2010 2012

Bestand am 1. Januar des Jahres in Mio.

Insgesamt 43,8 45,4 46,7 46,9 47,1

darunter:

Ottomotoren 37,4 36,3 34,5 33,8 33,4

Dieselmotoren 6,4 9,1 12,0 12,8 13,5

spezifischer Flottenverbrauch in Litern/100 km

Insgesamt 8,05 7,48 7,21 7,12 6,95

darunter:

Ottomotoren 8,28 7,74 7,50 7,40 7,20

Dieselmotoren 6,77 6,42 6,40 6,40 6,35

Eigene Berechnungen.

Die Antriebsstruktur wird sich weiterhin zugunsten des Dieselmotors verschieben, da aufgrund der nominal steigenden Kraftstoffpreise der Betriebskostenvorteil des Diesel-Pkw gegenüber dem Ottomotor noch zunimmt. Dieser Substitutionseffekt ist ein wich-tiger Grund für die Verringerung des spezifischen Verbrauchs der gesamten Fahrzeug- Flotte (vgl. Tabelle 12), da Dieselfahrzeuge auch bei Geländefahrzeugen und Vans deut-lich niedrigere spezifische Verbrauchswerte aufweisen als vergleichbare Ottomotoren.

Die Verringerung der spezifischen Verbräuche wird jedoch zum Teil kompensiert durch das weitere Anwachsen der Pkw-Bestände. Aufgrund weiter steigender Realein-kommen und einem unveränderten Nominalzins werden die Pkw-Bestände bis zum Jahr 2012 auf mehr als 47 Mio. Fahrzeuge zunehmen.

Im Gegensatz zum Personenverkehr sind die Anpassungsmöglichkeiten an steigende Kraftstoffpreise im Straßengüterverkehr – zumindest in dem Bereich der schweren Gütertransporte – eng begrenzt. Effizienzverbesserungen oder ein Ausweichen auf alternative Antriebstechniken und kleinvolumige Fahrzeuge sind in diesem Verkehrs-segment entweder mit erheblichen Zusatzkosten verbunden oder stoßen an technische Grenzen. Deshalb hängen der zukünftige Kraftstoffverbrauch und die Höhe der CO2-Emissionen wesentlich stärker von verkehrswirtschaftlichen Entwicklungen ab.

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Tabelle 13

Transportaufkommen im Güterverkehr 2000 bis 2012, Mio. t

Beobachtet Prognose

2000 2003 2008 2010 2012

nach Hauptgütergruppen

Landwirt 502,6 477,7 456,5 446,7 436,2

Kohle 104,6 99,6 108,2 106,0 111,5

Mineralöl 181,1 171,9 176,9 177,9 178,6

Rohstoffe 1 790,8 1 528,1 1 594,6 1 621,1 1 654,5

Halbzeuge 440,9 421,6 435,4 440,5 451,3

Fertigwaren 510,1 546,5 565,6 572,9 580,4

Insgesamt1 3 530,2 3 245,4 3 337,2 3 365,0 3 412,5

nach Verkehrsträgern

Bahn 294,2 296,9 303,6 304,6 310,9

Binnenschiff 242,2 219,9 236,8 238,0 242,4

Straße2 3 244,3 2 993,6 3 081,8 3 122,4 3 169,3

Insgesamt3 3 780,7 3 510,4 3 622,2 3 665,0 3 722,5

Eigene Berechnungen und Verkehr in Zahlen. -1Ohne Rohrfernleitungen und ausländische Lkw; 2einschließlich ausländischer Lkw; 3ohne Rohrfernleitungen.

Das Transportaufkommen wird sich nach dem konjunkturellen Rückgang in den letzten Jahren wieder etwas erhöhen, allerdings nur marginal (vgl. Tabelle 13). Denn die Er-zeugung und der Import von transportintensiven Rohstoffen und industriellen Grund-stoffen werden auch in Zukunft zumindest in Bezug auf die Menge kaum noch zuneh-men. Gleichzeitig werden diese Rohstoffe und Güter allerdings über weitere Strecken transportiert, da die räumliche Arbeitsteilung in einem erweiterten Europa sich auch in Zukunft eher noch intensivieren wird. In den letzten Jahren hat dieser Effekt die Ver-ringerung des Transportaufkommens nahezu ausgeglichen, so dass die Transportlei-stung in etwa konstant geblieben ist. Bei in Zukunft wieder wachsendem Transportauf-kommen wird die Transportleistung demnach ebenfalls noch leicht zunehmen. Dieser Anstieg wird zumindest teilweise kompensiert durch das weitere Vordringen schad-stoffarmer Fahrzeuge der Klasse Euro 3 und besser. Diese Fahrzeugklasse hat nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes bereits in 2005 fast zwei Drittel der gesamten Fahrleistungen erbracht. Das weitere Vordringen dieser schadstoffarmen Fahrzeuge bedeutet zwar nicht grundsätzlich eine Reduktion der spezifischen Kraftstoffverbräu-che, die bisherige Entwicklung zeigt jedoch, dass zur Erreichung der gesetzlich vorge-gebenen Grenzwerte stets auch die Motorentechnik weiter optimiert wurde.

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Tabelle 14

CO2-Emissionsbudget des Verkehrs für die zweite Handelsperiode 2008 bis 2012, Mio. t

2008 2010 2012 Kumu-liert

Durch-schnitt

Personenverkehr 102,70 99,40 97,30 498,80 99,76

Güterverkehr 68,40 68,70 69,10 345,35 69,07

Insgesamt 171,10 168,10 166,40 844,15 168,83

Eigene Berechnungen.

Dennoch reichen diese technischen Verbesserungen allein nicht aus, den Anstieg der Transportleistungen zu kompensieren, so dass die CO2-Emissionen im Güterverkehr in den nächsten Jahren wieder etwas ansteigen werden. Auch im Personenverkehr muss aufgrund der bereits erwähnten realen Einkommenseffekte damit gerechnet werden, dass sich der Rückgang von 6 Mio. t zwischen 2004 und 2005 in den nächsten Jahren nicht wiederholt, sondern durch einen leichten Anstieg abgelöst wird. Dazu trägt ins-besondere auch der unverändert wachsende Luftverkehr bei, der die CO2-Bilanz aller-dings nur mit dem über deutschem Territorium verbrauchten Flugkraftstoff tangiert. Von diesem etwas höheren Niveau aus werden die CO2-Emissionen dann allerdings aufgrund der erwähnten spezifischen Verbrauchsreduktionen wieder sinken und damit den Anstieg im Güterverkehr mehr als kompensieren (vgl. Tabelle 14).

Insgesamt ist also für den Verkehr zunächst ein Anstieg gegenüber dem Niveau des Jahres 2005, später mit einem Rückgang der CO2-Emissionen zu rechnen, so dass das CO2-Budget in der zweiten Handelsperiode insgesamt nicht höher als 844,5 Mio. t lie-gen wird, woraus sich ein durchschnittliches Niveau von 169 Mio. t pro Jahr ergibt. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass Biokraftstoffe, die in Zukunft eine größere Bedeutung für den Treibstoffmarkt erlangen werden, dieses Niveau weiter reduzieren können.19

4.4. CO2-Emissionen im Bereich der Gebäude und Wohnungen

Der Energieverbrauch zur Gebäude- und Wohnraumbeheizung ergibt sich aus einem komplexen Zusammenspiel von technischen, ökonomischen und ökologischen Deter-minanten. Er lässt sich von spezifischen Besonderheiten abstrahiert in drei Komponen-ten, in eine Ausstattungs-, spezifische Verbrauchs- und eine Nutzungskomponente zer-

19 Im Entwurf des Nationalen Allokationsplanes 2008-2012 für die Bundesrepublik Deutschland des Bundesministeriums für

Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 11. April 2006 werden dafür 5 Mio. t CO2-Minderung angesetzt.

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legen. Die erste Komponente charakterisiert den zu einem bestimmten Zeitpunkt vor-handenen Kapitalstock, die zweite die technische Beschaffenheit der Kapitalgüter, die dritte die ökonomisch bestimmte Nutzung.

Charakteristisch für den Gebäude- und Wohnungsbestand sind die hohen Lebensdau-ern der Kapitalgüter: Heizungsanlagen erreichen eine Lebensdauer von bis zu 30 Jah-ren, die Gebäude und Wohnungen selbst sogar mehr als 100 Jahre. Entsprechend lang sind die Reaktionszeiten, um den Energieverbrauch über ordnungsrechtliche Standards, Energiepreise oder Investitionen in Wärmedämmung oder die Modernisierung der Heizungsanlagen beeinflussen zu können. Bei einem Gesamtbestand an Wohnungen von rund 38 Mio. Einheiten und einem jährlichen Neubau von 380 000 Einheiten bei-spielsweise vergeht ein Jahrhundert, um den für Neubauten festgelegten Standard eines Niedrigenergiehauses für den gesamten Bestand zu realisieren.

Die Zusammensetzung des Gebäude- und Wohnungsbestandes zu einem bestimmten Zeitpunkt hängt demnach von einer Vielzahl von Faktoren ab, die zum Teil weit in die Vergangenheit zurückreichen. Der energetische Zustand ist das Ergebnis der Bauweise der letzten 100 Jahre und der Effizienz der Heizungsanlagen der letzten 25 bis 30 Jahre. Beide Komponenten haben sich vor allem in den letzten dreißig Jahren grundlegend geändert. Dazu haben nicht nur die zum Teil erratischen Preisschwankungen auf den Energiemärkten, sondern zunehmend auch die ordnungsrechtlichen Standards beige-tragen, die zunächst energie-, seit Ende der achtziger Jahre vor allem umweltpolitisch motiviert waren.

Gesetzliche Grundlage für diese Standards ist das Energieeinspargesetz, das am 22. Juli 1976 in Kraft trat und dem Gesetzgeber die Möglichkeit einräumt, durch Rechtsver-ordnungen Vorgaben für den energiesparenden Wärmeschutz bei Gebäuden, für die Anforderungen an heizungs- und raumlufttechnische Anlagen sowie an Brauchwasser-anlagen, den Betrieb von heizungs- und raumlufttechnischen Anlagen sowie die Vertei-lung der Betriebskosten zu erlassen. Die Standards für den Wärmeschutz der Gebäude sind dabei in

- der im Jahr 1978 in Kraft getretenen Wärmeschutzverordnung, die die bis da-hin gültige DIN 4108 ablöste,

- der Wärmeschutzverordnung vom 24. Februar 1982 und

- der Verordnung über einen energiesparenden Wärmeschutz bei Gebäuden vom 16. August 1994

im einzelnen festgelegt. Dabei wurden die Standards im Zuge der Novellierungen stetig verschärft. Den für den ersten Allokationsplan relevanten Abschluss dieser Gesetzesin-itiativen bildete die Energieeinsparverordnung, die am 1. Februar 2002 in Kraft getre-ten ist und die Vorschriften der Wärmeschutz- und der Heizungsanlagenverordnung in einem Gesetz zusammenfasst.

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Inzwischen hat jedoch die EU-Kommission Richtlinien zur Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen sowie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden vorgelegt, die für die einzelnen Mitgliedstaaten eine kontinuierliche Steigerung der Endenergieeffi-zienz und zugleich eine breite Palette von Maßnahmen und Berichtspflichten zum Nachweis der erzielten Effizienzverbesserungen auch im Gebäude- und Wohnungsbe-reich vorsehen.20 Im Zuge der Umsetzung dieser Richtlinien wird gegenwärtig die Ener-gieeinsparverordnung überarbeitet und der Energieausweis für beheizte Gebäude vor-bereitet.

Über ordnungsrechtliche Standards hinaus wurden in den letzten Jahren verstärkt marktkonforme Anreizsysteme eingesetzt, um ökologische Ziele zu erreichen. Dazu gehören neben der ökologischen Steuerreform vor allem die von der KfW/DtA finan-ziell unterstützten Programme zur energetischen Sanierung des Gebäudebestandes, zuerst vor allem mit dem generellen Ziel der Modernisierung des Gebäudebestandes in Ostdeutschland, seit 1996 speziell mit dem Ziel der CO2-Minderung und Steigerung der Energieeffizienz. Die ökologische Bilanz der Förderprogramme ist vergleichsweise ernüchternd. Nicht zuletzt deshalb hat die Bundesregierung in ihrer Koalitionsverein-barung beschlossen, die Mittel für die energetische Sanierung des Altbaubestandes über einen Zeitraum von fünf Jahren auf mindestens 1,4 Mrd. € zu erhöhen.

Diese geänderten Rahmenbedingungen konnten selbstverständlich bei der Prognose der CO2-Emissionen für den Gebäudebereich im ersten Allokationsplan noch nicht berücksichtigt werden. Insoweit erscheint auch für diesen Bereich eine Überprüfung der im Zuteilungsgesetz 2007 festgelegten CO2-Budgets sinnvoll, auch wenn aufgrund der bereits erwähnten Trägheit des Gebäude- und Wohnungssystems die zusätzlichen CO2-Minderungen nicht annähernd an das in diesem Bereich bestehende Minderungs-potential von bis zu 90 Mio. t heranreichen werden.

Aufgrund der geschilderten Rahmenbedingungen, insbesondere der demographischen Entwicklung wird der Wohnungsneubau auch in den nächsten Jahren nicht mehr die Dynamik der frühen neunziger Jahre entwickeln. Ein geringer Impuls für den Bau neuer Wohnungen insbesondere für selbst genutztes Eigentum geht von dem steigenden Re-aleinkommen und den auch in den nächsten Jahren noch steigenden Haushaltszahlen aus, die bei stagnierender Bevölkerung eine Folge der weiteren Singularisierung, d. h. der abnehmenden Anzahl von Personen ist, die in einem Haushalt leben. Deshalb wird der Anteil der modernen, nach der Energiesparverordnung errichteten Wohnungen im Jahr 2012 mit knapp 3,0 Mio. Wohnungen erst 7,5 % des Gesamtbestandes ausmachen.

20 EC (2006), Richtlinie 2006/32/EG sowie EC (2002), Richtlinie 2002/91/EG.

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Tabelle 15

Wohnflächen1 in Deutschland nach Gebäudetypen 2000 bis 2012

2000 2008 2010 2012

Mio. qm

Einfamilienhäuser 1 111,4 1 241,2 1 268,2 1 294,5

Zweifamilienhäuser 517,9 547,5 554,0 560,1

Mehrfamilienhäuser 1 275,4 1 309,0 1 315,7 1 321,3

Wohngebäude insg. 2 904,6 3 097,7 3 137,9 3 175,9

qm/Wohnung

Einfamilienhäuser 107,7 110,1 110,6 111,1

Zweifamilienhäuser 77,9 79,0 79,3 79,5

Mehrfamilienhäuser 63,3 63,8 63,9 64,0

Wohngebäude insg. 78,3 80,0 80,4 80,7

Eigene Berechnungen und Statistisches Bundesamt. - 1ohne Wohnungen in Nichtwohngebäuden, die im Jahr 2000 etwa 754 000 Einheiten oder 2 % des Gesamtbestandes erreichten.

Die Präferenz für selbst genutztes Eigentum bedeutet eine Zunahme der zu beheizen-den Wohnflächen sowohl im gesamten Bestand als auch insbesondere bei den Ein- und Zweifamilienhäusern. So steigt die durchschnittliche Wohnfläche in neu errichteten

- Einfamilienhäusern von 139 auf mehr als 143 qm,

- Zweifamilienhäusern auf 210 qm, je Wohnung also auf 105 qm.

Folglich nimmt auch die Wohnfläche insgesamt zwischen 2000 und 2012 von 2 904 auf 3 176 Mio. qm bzw. um 9,3 % zu, während der Wohnungsbestand nur um 2,2 Mio. bzw. 5,2 % wächst, so dass durch die strukturellen Veränderungen im gesamten Be-stand die Wohnungsgröße im Durchschnitt auf 80,7 qm ansteigt (vgl. Tabelle 15).

Auch wenn durch Neubau und Abgang älterer Gebäude der Altbau an Bedeutung ver-liert, so wird die Entwicklung der CO2-Emissionen auch in den nächsten Jahren we-sentlich vom energetischen Zustand der Altbauten bestimmt, denn auch im Jahr 2012 liegen mehr als 70 % der Wohnungen in Gebäuden, die vor 1978 und damit nach veral-teten Wärmeschutzstandards errichtet wurden.

Das CO2-Minderungspotential in diesen Gebäuden ist beachtlich. Würde man dafür den für Neubauten geltenden Standard zur Norm erheben, könnten die Wärmeverlu-ste von rund 630 TWh auf 250 TWh, also um mehr als 60 % verringert und die CO2-Emissionen um rund 90 Mio. t reduziert werden. Selbstverständlich kann dieses Poten-tial nicht innerhalb weniger Jahre erschlossen werden. Bei einer Modernisierungsrate

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von 3 % pro Jahr kann jedoch bis 2012 bereits ein Viertel des gesamten Bestandes auf ein deutlich höheres Effizienzniveau gebracht werden. Die beabsichtigte Mittelerhöhung zur energetischen Altbausanierung, die annahmegemäß weiterhin niedrigen Zinsen und insbesondere das hohe Energiepreisniveau werden diesen Modernisierungsprozess zusätzlich fördern, da dadurch die Wirtschaftlichkeit vieler Maßnahmen zur Wärme-dämmung der Gebäude, Austausch der Fenster und Erneuerung der Heizungsanlagen erhöht wird.21

Für diese Annahme spricht nicht zuletzt der Erfolg der KfW-Programme in den letzten Jahren.22 So konnte nach Angaben der KfW durch die Mittelausweitung die Anzahl der zugesagten Kredite in der ersten Hälfte des Jahres 2004 gegenüber dem vergleichbaren Zeitraum des Jahres 2003 um mehr 75 % (von 17 565 auf 30 752) und die Kreditvolu-mina von 729 auf 1 287 Mio. € gesteigert werden. Im Rahmen des CO2-Gebäude-sanierungsprogramms erreichten nach Abschluss der Modernisierungsarbeiten zusätz-lich mehr als 27 % der gesamten Kreditzusagen den Status eines Niedrigenergiehauses und konnten mit dem Erlass von 20 % der beantragten Mittel belohnt werden.

Die geplante Erhöhung der Zuschüsse und die unverändert günstigen Zinskonditionen haben zur Folge, dass bislang unwirtschaftliche Maßnahmen an die Schwelle zur Wirt-schaftlichkeit geführt und damit eine größere Anzahl von Maßnahmen gefördert wer-den, nicht nur im Sinne einer Ausweitung der Förderzahlen, sondern auch der Moder-nisierungstätigkeiten. Dadurch verbessert sich die Wirtschaftlichkeit ganzer Maßnah-menpakete, so dass anstelle von kombinierten Einzelmaßnahmen nun auch die vollstän-dige energetische Sanierung eines Gebäudes wirtschaftlich attraktiv wird. Eine ver-gleichbare Wirkung konnte mit dem zu Beginn des Jahres 2003 modifizierten CO2-Gebäudesanierungsprogramm der KfW erzielt werden; denn der Status eines Niedrig-energiehauses lässt sich in der Regel nur durch die gleichzeitige Dämmung von Dach, Kellerdecke und Außenwänden und den Einbau von Wärmeschutzverglasung errei-chen.

Die energetische Sanierung des Gebäudebestandes und der bis 2012 auf 7 % steigende Anteil von Wohngebäuden, die den Standards der Energieeinsparverordnung entspre-chen, induziert eine deutliche Verringerung der spezifischen CO2-Emissionen im Ge-bäudebestand (vgl. Tabelle 16). Zwar übertrifft dieser Wert auch in 2012 noch den Standard von Neubauten um mehr als das Doppelte, aber immerhin kann in einem

21 Über diese CO2-Minderungserfolge hinaus induziert die Altbausanierung zusätzliche Produktions- und Beschäftigungseffekte

in der Bauwirtschaft und in den vorgelagerten Zulieferbetrieben. Einzelheiten vgl. B. Hillebrand (2004), Ökologische und ökonomische Wirkungen der energetischen Sanierung des Gebäudebestandes. Edition der Hans Böckler-Stiftung Nr. 129, Düsseldorf.

22 Einzelheiten vgl. KfW Bankengruppe (Hrsg.) (2004), Umwelt-Monitor August 2004, Frankfurt a. Main.

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Tabelle 16

Prognose der CO2-Emissionen der Wohngebäude1 2000 bis 2012

Beobachtet1 Prognose

2000 2005 2008 2010 2012

spezifisch in kg CO2/qm und Jahr

Einfamilienhäuser 48,2 43,7 40,9 38,2 34,8

Zweifamilienhäuser 37,5 33,9 31,3 30,2 27,9

Mehrfamilienhäuser 35,8 33,7 31,6 30,0 28,1

Wohngebäude2 40,9 37,7 35,2 33,3 30,8

absolut in Mio. t CO2

Einfamilienhäuser 53,6 52,3 50,7 48,4 45,1

Zweifamilienhäuser 19,4 18,2 17,1 16,7 15,6

Mehrfamilienhäuser 45,7 43,8 41,3 39,5 37,1

Wohngebäude2 118,7 114,3 109,18 104,63 97,79

Eigene Berechnungen und Statistisches Bundesamt. - 1bezogen auf die Temperaturen des Basisjahres; 2ohne Wohnungen in Nichtwohngebäuden, die im Jahr 2000 etwa 754 000 Einheiten oder 2 % des Gesamtbestandes erreichten.

Zeitraum von 12 Jahren der spezifische CO2-Ausstoß um rund ein Drittel reduziert werden.

Zu diesem Rückgang tragen auch der Ersatz der veralteten Heizungsanlagen und der vermehrte Einsatz von regenerativen Wärmeenergiequellen zur Warmwassererzeu-gung bei, die häufig als zusätzliche Maßnahmen zur Gebäudesanierung durchgeführt werden. Denn die Reduktion des Wärmeleistungsbedarfs des Gebäudes macht den Weiterbetrieb der Altanlage nicht nur ökologisch, sondern vor allem auch technisch zum Problem. Die installierte Kesselleistung, die bei älteren Anlagen ohnehin zumeist relativ großzügig bemessen wurde, ist bei modernisierten Altbauten völlig überdimen-sioniert. Hinzu kommt, dass der Austausch der Heizungsanlage zu den kostengünstigen Minderungsoptionen zählt, der Ersatz der Altanlage im Rahmen des Gesamtpakets von Wärmedämmung des Gebäudes und Austausch der Fenster die Kosten nur noch ge-ringfügig erhöht, zumal dann, wenn die Heizungsanlage das Ende der technischen Le-bensdauer erreicht hat und ohnehin durch eine Neuanlage ersetzt werden muss.

Der Anstieg der zu beheizenden Flächen wird also mehr als kompensiert durch den Rückgang der spezifischen CO2-Emissionen. Per Saldo ist im Bereich der privaten Haushalte demnach eine Verringerung der absoluten CO2-Emissionen um etwa

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Tabelle 17

CO2-Emissionsbudget der Haushalte und des Gewerbes für die zweite Handelsperiode

2008 bis 2012, Mio. t

2008 2010 2012 Kumu-liert

Durch-schnitt

Haushalte 109,18 104,63 97,79 519,72 103,94

Gewerbe, Dienstl. 55,03 55,41 54,41 275,01 55,00

Insgesamt 164,21 160,04 152,20 794,73 158,95

Eigene Berechnungen.

10 Mio. t im Vergleich zum heutigen Niveau möglich.23 Da im Bereich des Gewerbes, des Handels und der Dienstleistungen vergleichbare Minderungsoptionen bestehen, könnten die absoluten CO2-Emissionen in beiden Bereichen im Durchschnitt der zwei-ten Handelsperiode auf rund 159 Mio. abgesenkt werden (vgl. Tabelle 17).

Diese Minderungserfolge werden allerdings nur dann erreicht, wenn die Modernisie-rung des Altbaubestandes tatsächlich intensiviert wird und die als Anreiz vorgesehenen zusätzlichen finanziellen Mittel in Höhe von mindestens 1,4 Mrd. € pro Jahr über den vorgesehenen Zeitraum von fünf Jahren zur Verfügung stehen.

Im Zuteilungsgesetz 2007 war für diesen Bereich einschließlich des Verkehrs ein CO2-Budget von 349 Mio. t vorgesehen. Die seit Verabschiedung dieses Gesetzes eingetre-tenen veränderten Rahmenbedingungen und die aktuelle Entwicklung lassen den Schluss zu, dass dieses Budget mit 327,25 Mio. t deutlich unterschritten wird, die Diffe-renz von fast 22 Mio. t also als disponible Menge in der zweiten Handelsperiode zur Verfügung steht.

4.5. CO2-Emissionen in der Energiewirtschaft

Für den Bereich der Energiewirtschaft und insbesondere für die Elektrizitätsversorgung sind bereits in der Vergangenheit eine Reihe von Maßnahmen zur Verringerung der CO2-Emissionen ergriffen worden. Dazu gehören die ökologische Steuerreform, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWK-Gesetz). Auch wenn diese Gesetze nicht ausschließlich als Maßnahmen zur Verringe-rung der CO2-Emissionen angelegt sind, so tragen sie zur Erreichung der Klimaschutz-ziele bei, reduzieren damit die Minderungsverpflichtungen der übrigen Sektoren und sind in der folgenden Prognose entsprechend zu berücksichtigen.

23 Zu vergleichbaren Ergebnissen kommt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in seinem

Entwurf für den Nationalen Allokationsplan 2008-2012 vom 11. April 2006.

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Dieses Vorgehen trägt allerdings allein den gesetzlichen Grundlagen Rechnung. Es be-inhaltet keine Aussage über die Rangfolge der Vermeidungskosten. Insbesondere kann daraus nicht geschlossen werden, dass die mit diesen Gesetzen erzielten Minderungen zu Kosten erreicht werden können, die unterhalb der zukünftigen CO2-Preise am Handelsmarkt liegen. Im Gegenteil: Maßnahmen zur CO2-Minderung außerhalb des Handelsmarktes sind stets mit dem Risiko von Zusatzkosten verbunden, da bei der Formulierung der einschlägigen Gesetze die Rangfolge der Vermeidungskosten kaum korrekt antizipiert werden kann. Dieses Risiko wird auch nicht dadurch aufgewogen, dass die geringeren Minderungsanforderungen an die am Emissionshandel beteiligten Anlagen einen preisdämpfenden Effekt am Handelsmarkt haben.

Diese Probleme ließen sich natürlich am ehesten durch die Integration der bestehen-den Instrumente in den Emissionshandel vermeiden- wie bereits zu Beginn im einzelnen erläutert wurde. Auch wurden dort die Friktionen genannt, die dieser Integration ent-gegenstehen, wie beispielsweise der von den Betroffenen zu erwartende Widerstand gegen die Rückführung der kaum noch zu rechtfertigenden Differenzierungen der Ver-gütungssätze im Erneuerbare-Energien-Gesetz. Da diese Korrekturen zumindest bei der gegenwärtigen Akzeptanz des Emissionshandels nicht zu erwarten sind, wird im Folgenden angenommen, dass sämtliche bisher beschlossenen Maßnahmen und Instru-mente der Klimaschutzpolitik parallel zum Emissionshandel wirksam bleiben und die zukünftige Entwicklung mitbestimmen.

Von mindestens ebenso großer Bedeutung für die Entwicklung der CO2-Emissionen ist jedoch – allerdings mit umgekehrtem Vorzeichen – das von der Bundesregierung be-schlossene Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur gewerbli-chen Erzeugung von Elektrizität (Ausstiegsgesetz) vom 27. April 2002. Nach diesem Gesetz ist der Bau neuer Kraftwerke auf Basis Kernenergie in Deutschland nicht mehr zulässig und die Stromerzeugung aus bestehenden Anlagen auf eine Reststrommenge von 2 623,31 TWh, gerechnet ab dem 1. Januar 2000, begrenzt. Bei unveränderter Erzeugung wird die Stromerzeugung aus Kernenergie in Deutschland daher mit dem Jahr 2023 beendet sein. Ohne Übertragung von Reststrommengen innerhalb des be-stehenden Kraftwerksparks wird dieser Beschluss bereits in der zweiten Handelsperi-ode nachhaltige Veränderungen im Erzeugungsmix und in der CO2-Bilanz nach sich ziehen.

Die Entwicklung der CO2-Emissionen in der Elektrizitätswirtschaft hängt allerdings nicht nur an politisch vorgegebenen Rahmenbedingungen, sondern auch an den Ko-sten- und Preiseffekten des Emissionshandels. Auf die daraus folgenden, sich selbst ver-stärkenden Anpassungseffekte wurde bereits hingewiesen und in dem Zusammenhang auch begründet, dass handelsbedingte Produktionseinbussen und Standortverlagerun-gen aus der weiteren Analyse ausgeklammert werden. Unter diesen Voraussetzungen

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Tabelle 18

Elektrizitätswirtschaftliche Entwicklung in der zweiten Handelsperiode 2000 bis 2012, TWh

Beobachtet Prognose

2000 2004 2008 2010 2012

Stromverbrauch, netto

Netzverluste 23,5 28,5 28,5 28,5 28,5

Umwandlung1 27,0 33,5 33,1 33,2 32,4

Verarb. Gewerbe2 234,9 250,4 252,9 258,7 264,8

Verkehr 9,5 13,5 14,7 14,5 14,6

Handel, Gewerbe 112,2 113,0 121,3 124,7 126,9

Haushalte 128,9 141,5 145,8 147,6 150,2

Insgesamt 535,9 580,4 596,4 607,2 617,4

Aufkommen, netto

Industriekraftwerke2 34,0 30,4 29,5 29,5 29,0

Nettoimporte 3,2 -2,6 -2,2 0,4 1,0

KWK-Strom 0,0 52,4 54,9 56,2 56,4

Bergbauverbund 14,9 15,3 12,5 10,8 9,8

Allg. Erzeugung 470,0 446,5 442,5 442,4 448,6

EEG-Einspeisung 13,9 38,5 59,2 67,8 72,5

Insgesamt 535,9 580,3 596,4 607,2 617,4

Eigene Berechnungen. - 1ohne Eigenverbrauch der Kraftwerke, jedoch einschließlich Stromverbrauch der Pump-speicherwerke; 2ohne Eigenverbrauch der industriellen Stromerzeugungsanlagen.

wird auch in den nächsten Jahren der Stromverbrauch zwar moderat, aber stetig wach- sen, wobei sich diese Zunahme aus einem relativ gleichmäßigen Anstieg in den einzel-nen Verbrauchsbereichen ergibt (vgl. Tabelle 18) und deshalb keine grundlegenden Veränderungen in den Verbrauchsstrukturen verursacht.

In den Erzeugungsstrukturen sind demgegenüber deutlich ausgeprägtere Änderungen zu erwarten, die sich zum einen aus dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energie-quellen, zum anderen aus dem Ersatz der gegenwärtig noch zur Stromerzeugung einge-setzten Kernkraftwerke ergeben. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequel-len wird nach der jüngsten Prognose des Verbandes der Netzbetreiber24 bis zum Jahr

24 Einzelheiten vgl. Verband der Netzbetreiber (VDN) (2005), EEG- Mittelfristprognose –Entwicklungen 2000- 2011, Berlin.

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44

Tabelle 19

Einspeisung von EEG-Strom bis zur zweiten Handelsperiode 2000 bis 2012, GWh

Beobachtet Prognose

2001 2004 2008 2010 2012

Biomasse 1 472 5 241 11 881 15 538 18 900

Gase 1 835 2 589 3 772 3 989 2 450

Geothermie 0 0 140 358 790

Photovoltaik 76 557 2 065 2 714 3 325

Wasser 4 253 4 616 4 762 4 899 5 000

Wind, on shore 10 509 26 509 36 620 40 343 42 035

Wind, off shore 0 0 1 880 10 804 19 995

Insgesamt 18 145 39 511 61 120 78 645 92 495

darunter:

Nicht EVU 17 424 38 511 59 240 67 841 72 500

Eigene Berechnungen und Verband der Netzbetreiber.

2010 auf 78,6 TWh und bei erfolgreicher Weiterentwicklung der off-shore Technik bis 2012 auf rund 92,5 TWh ansteigen. Die Risiken und finanziellen Belastungen, die mit einer großtechnischen Nutzung der off-shore Windenergie verbunden sind, können vermutlich nur unter maßgeblicher Beteiligung von Unternehmen der allgemeinen Ver-sorgung getragen werden, so dass die Einspeisung aus Nicht-EVU-Anlagen bis 2012 nur auf 72,5 TWh ansteigen wird (vgl. Tabelle 19).

Selbst ein massiver Ausbau der Erneuerbaren Energiequellen kann allerdings nicht ver-hindern, dass ein erheblicher Teil der ausscheidenden Kernkraftwerke durch Kraft-werke auf Basis fossiler Energie ersetzt werden muss. Denn unabhängig von den übri-gen technischen und ökonomischen Problemen, die mit der Integration von fast 100 TWh Strom aus erneuerbaren Energiequellen in das Erzeugungssystem verbunden sind, wird die von 2004 bis 2012 gewonnene zusätzliche Einspeisung aus Nicht-EVU Anlagen vollständig durch das Wachstum des Stromverbrauchs von 580,4 auf 617,4 aufgezehrt. Lediglich die Stromerzeugung in off-shore-Windkraftwerken kann einen Teil der ausfallenden Stromerzeugung aus Kernkraftwerken ersetzen, allerdings unter Inkaufnahme einer deutlichen ausgeweiteten Gesamtleistung. Denn die Stromerzeu-gung in Windkraftanlagen genügt nur dann den Anforderungen an die Sicherheit der Versorgung, wenn entsprechende Ersatzkapazitäten bereitstehen, die bei unvorherge-sehenen Ausfällen der Windenergie diese Erzeugung jederzeit ersetzen können.

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45

Tabelle 20

Zeitprofil des Ausstiegs aus der Kernenergie 2004 bis 2020

Netto-Leistung in MW Nettoerzeugung in TWh Jahr

Kernkraft Ersatzbedarf Kernenergie Ersatzmenge

2004 20 679 640 156,4 4,6

2005 20 339 980 153,7 7,3

2006 20 339 980 153,7 7,3

2007 20 339 980 153,7 7,3

2008 18 387 2 932 150,5 10,5

2009 18 387 2 932 140,6 20,4

2010 16 738 4 581 136,8 24,2

2011 13 263 8 056 116,4 44,6

2012 13 263 8 056 101,3 59,7

Eigene Berechnungen.

Zusammengefasst ist somit festzustellen, dass trotz steigender Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen bis 2012 rund zwei Drittel des fehlenden Kernenergie-stroms durch den Bau von Ersatzkapazitäten auf Basis fossiler Energie aufgefangen werden müssen. Bereits gegen Ende der zweiten Handelsperiode fehlen mit dem Ab-gang von Biblis A (1 167 MW, Januar 2008), Neckarwestheim I (785 MW, Juni 2008), Brunsbüttel (771 MW, September 2010), Isar I (878 MW, September 2010), Biblis B (1240 MW, März 2011), Philippsburg I (890 MW, Mai 2011) und Unterweser (1 345 MW, November 2011) mehr als 8 000 MW Nettoleistung, so dass unter Ein-schluss von Stade und Obrigheim die bis dahin insgesamt ausfallende Netto-Erzeugung auf etwa 60 TWh zu veranschlagen ist (vgl. Tabelle 20).

Der Entscheidung für die als Ersatz zu errichtenden Neuanlagen richtet sich nach den Vollkosten (= langfristigen Grenzkosten) der als Alternativen zur Verfügung stehenden Techniken und Brennstoffeinsätze. Bei dieser Entscheidung sind also nicht nur die va-riablen, sondern sämtliche Kosten, darunter die Brennstoff-, Kapital- und Personalko-sten, Kosten für Reparatur und Wartung, für den Einsatz von Hilfs- und Betriebsstoffen und eventuelle Versicherungsprämien zu berücksichtigen. In einem Handelsystem wird das Wirtschaftlichkeitskalkül darüber hinaus von den Zuteilungsregeln und den über die gesamte Betriebszeit erwarteten Kosten für die Emissionsrechte beeinflusst, die beim Einsatz kohlenstoffhaltiger Brennstoffe nachzuweisen sind. Es liegt auf der Hand, dass angesichts der erheblichen Unsicherheiten über die Zuteilungsregeln nach 2012, die längerfristigen Klimaschutzziele und die dann geltenden CO2-Preise eine solche

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46

Tabelle 21

CO2-Emissionsbudget der Stromerzeugung und der Kraft-Wärme-Kopplung für die zweite Handelsperiode

2008 bis 2012, Mio. t

2008 2010 2012 Kumu-liert

Durch-schnitt

Kraftwerke

Braunkohle 155,7 155,1 150,5 771,6 154,3

Steinkohle 84,1 83,0 92,7 428,4 85,7

Erdgas 12,8 13,3 19,5 77,5 15,5

Übrige 12,0 12,0 12,0 59,9 12,0

Insgesamt 264,6 263,3 274,7 1 337,3 267,5

Kraft-Wärme-Kopplung

Braunkohle 6,6 6,2 5,8 31,0 6,2

Steinkohle 15,6 12,7 11,8 66,5 13,3

Erdgas 22,9 24,8 25,1 121,6 24,3

Übrige 3,8 3,9 3,8 18,8 3,8

Insgesamt 48,9 47,5 46,5 238,0 47,6

Eigene Berechnungen.

Entscheidung kaum sachlich fundiert werden kann. Für die folgenden Berechnungen wurde deshalb angenommen, dass die ausscheidenden Kernkraftwerke jeweils etwa zur Hälfte durch Steinkohlekraftwerke vom Typ des Referenzkraftwerks (Nettowirkungs-grad 47 %, Investitionskosten rund 800 €/kW Bruttoleistung) und Erdgas-GuD-Anlagen (Nettowirkungsgrad 57 %, Investitionskosten rund 400 €/kW Bruttoleistung) ersetzt und zusätzlich die durch Neuanlagen erzielbaren Effizienzgewinne zur CO2-Minderung genutzt werden.

Unter diesen Voraussetzungen können die CO2-Emissionen in der Stromerzeugung im Durchschnitt über die gesamte Handelsperiode auf dem gegenwärtigen Niveau von rund 267 Mio. t stabilisiert werden (vgl. Tabelle 21). Unverkennbar ist allerdings der deutliche Anstieg gegen Ende der Handelsperiode, der die mit dem Ausstieg aus der Kernenergie verbundenen, nach 2012 zu erwartenden Minderungsanforderungen be-reits erkennen lässt.

Dieser Anstieg in der reinen Stromerzeugung kann zu einem geringen Teil durch den Brennstoff- und Technologiewechsel in der gekoppelten Strom- und Wärmerzeugung kompensiert werden, der sich in den letzten Jahren bereits abzeichnete und bislang vor

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47

allem über das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz und die dort festgelegten Zuschläge zum Strompreis wirtschaftlich attraktiv war.

In Zukunft wird der Emissionshandel diesen Substitutionsprozess weiter vorantreiben. Denn in diesem System besitzen Anlagen, die aufgrund ihrer Effizienz oder ihres Brennstoffeinsatzes relativ geringe Mengen an Kohlenstoff zur Produktion benötigen, gegenüber weniger effizienten oder auf den Einsatz kohlenstoffreicherer Brennstoffe ausgelegten Anlagen einen erheblichen Wettbewerbsvorteil. Die Höhe dieses Wett-bewerbseffektes hängt zwar von der konkreten Ausgestaltung des Handelssystems und den übrigen Rahmenbedingungen wie beispielsweise den zukünftigen Energiepreisen ab, grundsätzlich ist jedoch zu erwarten, dass die GuD-Technik von den mit dem Emissi-onshandel zu erwartenden Kosten- und Preiseffekten profitieren wird. Deshalb wird die Struktur der CO2-Emissionen in der Kraft-Wärme-Kopplung sich noch stärker zu-gunsten von kohlenstoffarmen Energieträgern verschieben.

Die CO2-Emissionen der Kraftwerke und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen machen rund 90 % der CO2-Emissionen der Energiewirtschaft insgesamt aus. Dieser hohe An-teil und die relativ geringe Dynamik der Emissionen in den übrigen Bereichen lassen es vertretbar erscheinen, mit dem Hinweis auf die Tabelle 22, in der die CO2-Emissionen der Energiewirtschaft zusammengefasst sind, die Darstellung der Energiewirtschaft ab-zuschließen.25

4.6. Übrige Treibhausgase

Bereits bei der Darstellung der Revisionen im gegenwärtigen Treibhausgasinventar wurde auf die zum Teil erheblichen Korrekturen hingewiesen, die sich insbesondere bei den Methanemissionen ergeben haben. Selbstverständlich können diese Korrektu-ren auch die Prognoseergebnisse beeinflussen, wenngleich der Hinweis von Bedeutung ist, dass in der vorliegenden Untersuchung die sehr differenzierten Berechnungen im Treibhausgasinventar nicht nachgebildet werden konnten. Insoweit sind die folgenden Ergebnisse eher als grobe Schätzungen der zukünftigen Entwicklung zu verstehen, die mit Plausibilitätsüberlegungen gestützt werden sollen.

Für die zukünftige Entwicklung der Methanemissionen sind folgende Einflussfaktoren von Bedeutung:

- die Tierhaltung,

25 Für den Vergleich mit den nach Anlagen differenzierten Zuteilungen ist die in der Sektoralanalyse verwendete Systematik

zu beachten. So enthalten die CO2-Emissionen der Raffinerien in der sektoralen Abgrenzung nur die Emissionen aus der ei-gentlichen Raffinerieproduktion, nicht hingegen die CO2-Emissionen aus den raffinerieeigenen Kraftwerken und den Anlagen der petrochemischen Primärproduktion. Die unterschiedliche Abgrenzung von Anlagen und Sektoren hat auf das Gesamt-budget allerdings keinen Einfluss, da jeder Umbuchung zugunsten eines Sektors eine Gegenbuchung zulasten eines anderen Sektors gegenübersteht.

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48

Tabelle 22

CO2-Emissionsbudget der Energiewirtschaft in der zweiten Handelsperiode

2008 bis 2012, Mio. t

2008 2010 2012 Kumu-liert

Durch-schnitt

Kraftwerke 264,6 263,3 274,7 1 337,3 267,5

Kraft-Wärme-Kopplung

48,9 47,5 46,5 238,0 47,6

Heizwerke 3,8 3,7 3,6 18,5 3,7

Verbund Kraftwerke 8,9 7,0 5,0 34,9 7,0

Raffinerien 19,8 20,2 20,1 100,3 20,1

Bergbau 1,4 1,2 1,0 6,0 1,2

Insgesamt 347,4 343,0 350,9 1 735,0 347,1

Eigene Berechnungen.

- die Verluste beim Transport und der Verteilung von Energie-, insbesondere von Erdgas sowie

- die Abfallwirtschaft (Ausgasung der Mülldeponien).

Die Methanemissionen in der Tierhaltung hängen im Unterschied zum ersten Allokati-onsplan nicht mehr allein von der Entwicklung der Tierbestände, sondern auch von der Zusammensetzung diese Bestände ab. Ein steigender Anteil von Masttieren (insbeson-dere Mastbullen) hat unter sonst gleichen Bedingungen einen sinkenden spezifischen Methanausstoß zur Folge, da die spezifischen Emissionen für diese Tiergruppe nur ein Drittel des Wertes für Milchkühe erreichen. Da auch in Zukunft der Anteil dieser Tiergruppe am gesamten Viehbestand zunehmen wird, ist von einem sinkenden Me-thanausstoß in der Landwirtschaft auszugehen (vgl. Tabelle 23).

Diese Tendenz wird zusätzlich gefördert durch die vermehrte Nutzung von Methan-emissionen aus tierischen Extrementen. Das Potenzial zur Stromerzeugung im Bereich Biogas insgesamt kann mit etwa 17,5 TWh/a angesetzt werden, wobei in dieser Summe auch Ernterückstände aus der Landwirtschaft, Gewerbe- und Industrieabfälle sowie organische Siedlungsabfälle enthalten sind. Im Vergleich zum vorhandenen Potenzial ist die Nutzung dieser Energiequelle zur Stromerzeugung zwar noch relativ gering, hat in den letzten Jahren jedoch schon deutlich zugenommen. Im Jahr 2004 wurden nach An-gaben des Verbands Deutscher Netzbetreiber (VDN) rund 5 TWh Strom aus Bio-masse gewonnen – sieben Mal mehr als bei Inkrafttreten des EEG im Jahr 2000. Maß-

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49

Tabelle 23

Methan- und N2O-Emissionen bis zur zweiten Handelsperiode 2000 bis 2012, Mio. t CO2e

Beobachtet Prognose

2000 2004 2008 2010 2012

Methan

Verbrennung 1,25 1,10 0,96 0,90 0,85

Verluste 19,65 15,09 13,32 11,68 10,23

Tierhaltung 19,73 18,54 17,17 16,23 15,43

Abfall 14,60 10,05 8,64 6,64 5,23

Sonstige 5,47 5,21 4,96 4,84 4,73

Insgesamt 60,69 49,98 45,06 40,29 36,47

N2O

Verbrennung 6,64 4,92 3,65 3,14 2,70

Chemie 5,65 12,40 10,60 9,57 9,61

Landwirtschaft 39,96 38,02 37,55 37,41 37,04

Übrige 6,40 6,29 6,26 6,30 6,33

Insgesamt 58,65 61,64 58,07 56,42 55,69

Eigene Berechnungen und Umweltbundesamt.

geblich hierfür dürften die mit dem EEG 2004 deutlich angehobenen Vergütungssätze insgesamt und die zahlreichen Boni für spezielle Biomasseprodukte und Verwendungs-zwecke sein.26

Dieses Förderinstrument und die seit dem 1. Juni 2005 nicht mehr zulässige Deponie-rung von unbehandelten, organischen, biologisch abbaubaren Siedlungsabfällen sind zusätzliche Gründe für den sinkenden Methanausstoß in der Abfallwirtschaft. Insgesamt ist demnach auch in den nächsten Jahren ein weiterer Rückgang der Methanemissionen zu erwarten.

Dies gilt nicht für die N2O-Emissionen, die in der zweiten Handelsperiode in etwa auf dem gegenwärtigen Niveau verharren. Maßgeblich dafür ist der in den letzten Jahren zu beobachtende Anstieg dieser Emissionen in der Chemie und hier insbesondere in der Salpetersäureproduktion. Dabei ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der Umstellung in der Bundesstatistik schon die Ermittlung des gegenwärtigen Produktionsniveaus mit

26 Einzelheiten zu der Ausgestaltung der Förderinstrumente enthält beispielsweise M. Bleuel, B. Hillebrand (2005), Das Inte-

grationsmodell für Erneuerbare Energiequellen – vom Staat zum Markt, EEFA-Analysen, Heft 6, S. 23 ff.

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50

Unsicherheiten behaftet ist. Denn ab 2002 wird nach Angaben des nationalen Inventar-reports die Produktion von Salpetersäure nicht mehr einzeln, sondern nur noch zu-sammen mit der Produktion von Nitriersäuren ausgewiesen, so dass eine direkte Be-rechnung der N2O-Emissionen aus der Salpetersäureproduktion nicht mehr möglich ist.

4.7. Gesamtbilanz

Über alle Sektoren und Treibhausgase summiert ergibt sich für die zweite Handelspe-riode die in Tabelle 24 zusammengestellte Entwicklung. Besonders hervorzuheben ist, dass trotz der unterschiedlichen Entwicklung in den einzelnen Bereichen die Menge der in 2008/12 freigesetzten Treibhausgase innerhalb der Grenzen liegt, die das Kyoto-Protokoll und das EU-burden sharing festlegen. Die zulässige Gesamtmenge von 968,3 Mio. t wird bis auf einen vernachlässigbaren Rest von 0,6 Mio. t erreicht. Die vorliegenden Prognosen zeigen, dass bei konsequenter Fortführung der nationalen Klimaschutzpolitik die Effizienz und Kohlenstoffintensität der einzelnen Produktions- und Verbrauchsprozesse weiter gesteigert und zumindest bis 2012 die Umstrukturie-rung in der Energiewirtschaft ohne eine Zielverfehlung bewältigt werden kann. Inso-weit unterscheidet sich das Ergebnis der vorliegenden Untersuchung nicht von den Prognosen, die für die zweite Handelsperiode im Verlauf der Arbeiten am ersten Allo-kationsplan erstellt wurden.

Grundlegende Unterschiede sind jedoch bei der Abschätzung der CO2-Minderungen in den einzelnen Sektoren zu erkennen. Während im Zuteilungsgesetz 2007 für die nicht am Emissionshandel beteiligten Sektoren einschließlich der übrigen Treibhausgase ein Gesamtbudget von rund 467 Mio. t erwartet wurde, liegt der Durchschnitt für die zweite Handelsperiode nun um rund 27 Mio. t niedriger. Die Gründe für diese Korrek-tur wurden im Einzelnen dargestellt und müssen an dieser Stelle nicht wiederholt wer-den. Die Ergebnisse zeigen, dass eine Aktualisierung der im Zuteilungsgesetz 2007 fest-gelegten Budgets notwendig ist und nur dadurch den aktuellen Entwicklungen insbe-sondere in den nicht am Emissionshandel beteiligten Sektoren und den Inventarrevisio-nen angemessen Rechnung getragen werden kann.

Der vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorgeleg-te Entwurf des Nationalen Allokationsplans 2008-12 geht darauf nur unzureichend ein. Zwar wird dort das CO2-Budget der nicht am Emissionshandel beteiligten Sektoren Verkehr, Haushalte sowie Handel, Gewerbe, Dienstleistungen von 349 Mio. t auf 334 Mio. t CO2 korrigiert, gleichzeitig jedoch das CO2-Budget der ET-Sektoren um 20 Mio. t verringert, da in dem Bereich der Energiewirtschaft und Industrie angeblich Anlagen betrieben werden, die nicht der Emissionshandelsrichtlinie unterliegen. Abge-sehen davon, dass diese Ausgrenzung kaum mit dem Bestreben der EU-Kommission nach einer möglichst vollständigen Integration aller Tätigkeitsmerkmale des Anhangs III

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51

Tabelle 24

Entwicklung der Treibhausgasemissionen in der zweiten Handelsperiode nach Sektoren und Gasen

2008 bis 2012, Mio. t

2008 2010 2012 Kumu-liert

Durch-schnitt

CO2-Emissionen

Energiewirtschaft 347,41 342,98 350,89 1 734,98 347,06

Industrie 179,17 180,57 182,20 902,89 180,58

Verkehr 171,10 168,10 166,40 844,15 168,83

Haushalte 109,18 104,63 97,79 519,72 103,94

Gewerbe, Dienstl. 55,03 55,41 54,41 275,01 55,00

Insgesamt 861,89 851,59 851,59 4 276,75 855,41

übrige Treibhausgase

Methan 45,06 40,29 36,47 202,56 40,51

N2O 58,07 56,42 55,69 283,55 56,71

Übrige 15,00 15,00 15,00 75,00 15,00

Insgesamt 118,13 111,71 107,16 561,11 112,22

Alle Treibhausgase 980,02 963,30 958,75 4 837,86 967,68

Eigene Berechnungen.

in den Emissionshandel kompatibel sein dürften, stehen diese Korrekturbuchungen im Widerspruch zu den Abgrenzungen des ersten Allokationsplanes und des Zuteilungs-gesetzes 2007. Denn dort wurden für den Bereich der Energiewirtschaft und Industrie in der Basisperiode 2000/2002 CO2-Emissionen in Höhe von 505 Mio. t ermittelt und daraus für die erste Handelsperiode ein zulässiges Gesamtbudget von 503 Mio. t, für die zweite Handelsperiode von 495 Mio. t abgeleitet. Anlagen der Energiewirtschaft und Industrie, die nicht der Handelsrichtlinie unterworfen waren, wurden nicht explizit aufgeführt, sondern ohne weitergehende Differenzierung im Nicht-ET-Sektor erfasst.

Den Revisionen im Treibhausgasinventar trägt der Entwurf des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit insoweit Rechnung, als das CO2-Budget für die Energiewirtschaft und Industrie in der Basisperiode 2000/2002 nunmehr auf 530 Mio. t veranschlagt wird. Bei identischer Abgrenzung der übrigen Sektoren muss folglich das CO2-Budget der Energiewirtschaft und Industrie für die Zielperiode 2008/12 entsprechend erhöht werden. Auf diese Korrektur wird allerdings mit dem Hinweis auf Anlagen der Energiewirtschaft und der Industrie, die nicht der Emissions-

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52

Tabelle 25

Treibhausgasemissionen nach Zuteilungsgesetz 2007, NAP II und aktueller Prognose 2008 bis 2012, Mio. t CO2e

Aktuelle Prognose

Differenzen zum

ZuG 2007

Entwurf Nap II absolut

ZuG NAP II

ET-Sektor 495,0 495,5 527,6 32,6 32,1

Übrige Sektoren 467,4 472,0 440,0 - 27,4 -32,0

Kyoto-Ziel 962,4 967,5 967,6 5,2 0,1

Eigene Berechnungen, Zuteilungsgesetz 2007 und Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit.

handelshandelsrichtlinie unterliegen, verzichtet. Folglich erhöht sich das CO2-Budget der Nicht-ET-Sektoren zulasten der ET-Sektoren, denen anstelle eines zielkonformen Budgets in Höhe von 527,6 Mio. t nur noch ein Budget von 495,5 Mio. t CO2 zuge-standen wird (vgl. Tabelle 25). Allein diese unterlassene Korrektur induziert einen vermehrten Minderungsbedarf in Höhe von 32 Mio. t CO2 und erhöht den Erfüllungs-faktor um 6,1 Prozentpunkte.

4.8. Makroökonomische Entwicklung

Gesamtwirtschaftliche Entwicklungen wie das Wachstum des Sozialprodukts, die Ver-änderung der Inflationsrate oder die Entwicklung der Beschäftigung werden in dieser Untersuchung als Ergebnis sektoraler Entwicklungen aufgefasst. Aus diesem Grunde ist die makroökonomische Entwicklung das Ergebnis der sektoralen Kosten- und Preis-entwicklungen einerseits sowie der Nachfrage- und Produktionsentwicklungen ande-rerseits, die ihrerseits wiederum von der vergleichsweise günstigen Entwicklung der Rahmenbedingungen wie dem Wachstum der Weltexporte, den zumindest nicht wei-ter steigenden Energiepreisen oder auch dem weiterhin niedrigen Zinsniveau profitie-ren.

Unter diesen Rahmenbedingungen wird das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland ab 2005 mittelfristig mit einer Durchschnittsrate von knapp 1,9 % pro Jahr wachsen, wo- bei bis 2010 auch aufgrund der sektoralen Verwerfungen des aktuellen Energiepreisan-stiegs die Rate zunächst etwas niedriger, nach 2010 etwas oberhalb dieses Durch-schnittswertes liegt. Das Wachstum wird, wie für eine exportorientierte Volkswirt-schaft nicht anders zu erwarten, vor allem vom Außenhandel getragen, der auch in den

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53

Tabelle 26

Makroökonomische Perspektiven für die zweite Handelsperiode 2000 bis 2012, Wachstumsraten gegenüber dem Vorjahr in %

Beobachtet Prognose

2000 2004 2008 2010 2012

Privater Verbrauch 2,3 -0,1 0,8 0,7 0,7

Ausrüstungen 9,6 2,0 3,6 3,6 3,6

Bauten - 2,5 - 2,3 1,6 1,2 1,3

Exporte 11,9 10,1 4,7 4,5 4,4

Importe 9,2 7,0 3,2 3,2 3,3

BIP 3,2 1,6 1,9 1,9 2,0

Arbeitslosenquote in %

6,9 9,2 6,5 6,5 6,0

Eigene Berechnungen.

nächsten Jahren zu den makroökonomischen Stabilisatoren zu rechnen ist. Die Wach-stumsraten der deutschen Exporte liegen zwar deutlich unter dem in einzelnen Jahren beobachteten Niveau, sind allerdings längerfristig stabiler und tragen insoweit zu einem kontinuierlichen Wachstum bei.

Diesem stetigen Wachstum folgen auch die übrigen Aggregate der Verwendung des Bruttoinlandsprodukts, insbesondere die Ausrüstungsinvestitionen. Die in der Vergan-genheit häufig zu beobachtenden Schwankungen werden vermieden, stattdessen ist ein kontinuierliches Wachstum um jährlich 3,6 % zu erwarten. Diese Stabilisierung ist ei-nerseits auf einen gewissen Nachholbedarf bei der Modernisierung des Kapitalstocks zurückzuführen, andererseits auf die Verbesserung der Kostensituation der arbeitsin-tensiven Unternehmen u. a. wegen der angenommenen Lohnzurückhaltung, der Erhö-hung der indirekten Steuern (Mehrwertsteuer) und der dadurch ermöglichten Senkung der direkten Steuern und der Sozialbeiträge zurückzuführen.

Auf die Bauinvestitionen hat das Förderprogramm zur energetischen Altbausanierung einen erkennbar positiven Einfluss. Die erhöhten finanziellen Mittel induzieren zusätzli-che Produktion und Beschäftigung über den gesamten hier betrachteten Zeitraum. Die vom Staat bereitgestellten Mittel in Höhe von jährlich 1,4 Mrd. € induzieren zusätzliche Investitionen von rund 3 Mrd. € pro Jahr. Diese erhöhte Investitionstätigkeit wirkt sich unmittelbar auf die Produktion und Beschäftigung im Baugewerbe und damit auf die Wachstumsraten der Bauinvestitionen aus. Der persistente Schrumpfungsprozess wird in den ersten Jahren sogar von einem deutlichen Wachstumsimpuls abgelöst, stabili-siert sich dann auf einem zwar niedrigen, aber immerhin positiven Niveau.

Weniger dynamisch entwickelt sich der private Verbrauch, weil die dazu notwendigen stärkeren Einkommenszuwächse nach Steuern und Sozialabgaben fehlen. Deshalb wird

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auch die Arbeitslosenquote nicht unter das Niveau zu Beginn des Untersuchungszeit-raumes sinken, selbst wenn das Altbausanierungsprogramm zusätzliche Beschäftigung in der Bauindustrie und in den Bauzulieferbereichen induziert (vgl. Tabelle 26).

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5. Konsistenz von Makro- und Mikroplan

Die im vorausgegangenen Abschnitt dargestellte Prognose der Treibhausgasemissionen liefert den zulässigen Rahmen für die zur Verteilung verfügbaren Emissionsberechtigun-gen. Für die Zuteilung dieser Rechte auf die am Handel beteiligten Anlagen bedarf es darüber hinaus konkreter Regeln, die die rechtliche Basis für die Beantragung der Zu-teilungen und für die Bescheide der Emissionshandelsstelle bilden. Dabei ergibt sich nahezu zwangsläufig ein Konsistenzproblem, da nicht zu erwarten ist, dass die Summe der nach den jeweiligen Regeln zugeteilten Rechte mit dem aus dem Makroplan abge-leiteten zulässigen Budget übereinstimmt. Für die Lösung dieses Konsistenzproblems bieten sich grundsätzlich zwei Möglichkeiten.

- zum einen die Ableitung der Zuteilungsregeln aus einem top-down-Ansatz, so dass die auf den jeweiligen Stufen zuzuteilenden Rechte stets der vorgegebenen Gesamtsumme entsprechen;

- zum anderen durch die nachträgliche Korrektur der beantragten Rechte über den sogenannten Erfüllungsfaktor.

Im Gegensatz zur überwiegenden Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten wurde in Deutsch-land auf eine konsistente Ableitung der Zuteilungsmengen aus gesamtwirtschaftlichen und sektoralen Entwicklungen verzichtet, obwohl dafür geeignete Prognosen zur Ver-fügung gestanden hätten.27 Die nahezu zwangsläufige Konsequenz dieses methodisch unzureichenden Ansatzes war der Rückgriff auf Erfüllungsfaktoren, mit denen im Nach-hinein die Übereinstimmung von Gesamtbudget und Anlagenzuteilungen erzwungen werden musste.

Dieser pauschale Korrekturmechanismus wurde noch verschärft durch die Anwendung eines zweiten Erfüllungsfaktors, der sich aus der Abweichung der Summe der beantrag-ten Rechte (509,1 Mio. t CO2) zu den insgesamt verfügbaren Rechten (§4, Abs. 4) er-gab und von der DEHSt mit dem Hinweis auf die häufige Inanspruchnahme der Opti-onsregel deutlich anspruchsvoller (0,9538) festgesetzt wurde als der gesetzlich festge-legte erste Erfüllungsfaktor (0,9709). Eine sorgfältige Überprüfung der beantragten Rechte hätte die Anwendung dieses Erfüllungsfaktors jedoch überflüssig gemacht.

27 So wurde im Auftrag des Bundesverbandes der Deutschen Industrie ein Allokationsplan erstellt, der exakt diesen Anforde-

rungen entsprach; Einzelheiten vgl. Hillebrand, B., Buttermann H.G., (2003), Prognose der Klimagasemissionen – Unsicher-heiten und ihre Konsequenzen, Zeitschrift für Energiewirtschaft, Jg. 27, Köln.

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Denn die in der Zuteilungsentscheidung 2005/07 festgelegten Emissionsberechtigungen enthielten damals schon Emissionsmengen, die weder im Zuteilungsgesetz noch im Inventar als Treibhausgasemissionen identifiziert waren. Einzelheiten wurden bei der Darstellung der gegenwärtigen Revisionen des Inventars im zweiten Abschnitt erörtert. In diese Kategorie fallen die CO2-Emissionen

- der petrochemischen Primärproduktion der Raffinerien (2,1 Mio. t),

- aus dem Kalksteineinsatz in den Rauchgasentschwefelungsanlagen der Kraft-werke (1,8 Mio. t),

- aus Sekundärbrennstoffen (2,8 Mio. t) sowie

- aus dem Kalksteineinsatz in der Stahlindustrie (2,6 Mio. t).

Eine entsprechende Anpassung an die dem Zuteilungsgesetz zugrunde liegenden Inven-tarabgrenzungen hätte zur Konsequenz gehabt, dass diese Emissionen entweder aus der Genehmigung hätten ausgeklammert, oder den im Gesetz genannten 495 Mio. t hätten zugeschlagen werden müssen. Im Ergebnis hätte sich dann eine Gesamtsumme der zulässigen Emissionen in Höhe von 504,3 Mio. t ergeben.

Die Revisionen im Treibhausgasinventar sind zwar noch nicht ganz abgeschlossen, er-lauben jedoch bereits jetzt eine Quantifizierung des im Zuteilungsgesetz 2007 für die zweite Handelsperiode festgelegten CO2-Budgets. Zunächst sind die bereits in der er-sten Handelsperiode als CO2-Emissionen identifizierten Berechtigungen dem Budget hinzuzurechnen (9,3 Mio. t). Hinzu kommen die CO2-Emissionen

- der petrochemischen Primärproduktion der chemischen Grundstoffproduktion (14,3 Mio. t) und

- der Walzwerke in der Stahlindustrie (rund 4 Mio. t).

Um den gegenwärtigen Revisionen im Treibhausgasinventar Rechnung zu tragen, ist das Gesamtbudget für die zweite Handelsperiode in Höhe von 495 Mio. t folglich um die Summe dieser nachträglich als CO2-relevant erkannten Prozesse zu korrigieren und auf 522 Mio. t festzulegen.

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6. Bewertung und Schlussfolgerungen

Die vorliegende Untersuchung hatte zum Ziel, die Entwicklung der Treibhausgasemis-sionen für die zweite Handelsperiode zu prognostizieren und dabei die Erfahrungen des Zuteilungsgesetzes und die aktuelle Entwicklung der Treibhausgasemissionen in den Jahren 2003 und 2004 zu berücksichtigen. Die Ergebnisse belegen, dass diese Ana-lyse im Sinne einer effizienten Klimaschutzpolitik sinnvoll ist. Denn die unerwartet ho-hen Emissionsminderungen in den nicht am Emissionshandel beteiligten Sektoren kön-nen als Hinweis darauf verstanden werden, dass die Vermeidungskosten für den Emis-sionshandelssektor bei der Aufstellung des ersten Allokationsplanes deutlich unter-schätzt, für die übrigen Bereiche jedoch eher überschätzt wurden. Die CO2-Minderungen in den übrigen Bereichen sind nämlich ganz ohne die Anreizwirkungen des CO2-Handels zustande gekommen, waren also bei einem CO2-Preis von Null wirt-schaftlich, während umgekehrt die Minderungsanforderungen an den Emissionshandel-sektor zumindest im ersten Jahr nur bei CO2-Preisen von 25 €/t und mehr erfüllt wer-den konnten.

Dieses Ungleichgewicht könnte sich durch ein unbeirrtes Festhalten an den im Zutei-lungsgesetz 2007 festgelegten CO2-Budgets für die zweite Handelsperiode noch erheb-lich verschärfen. Denn nach den vorliegenden Untersuchungen werden die CO2-Emissionen in den nicht am Emissionshandel beteiligten Sektoren in der zweiten Han-delsperiode voraussichtlich um 27,4 Mio. t niedriger liegen als im Zuteilungsgesetz 2007 vorausgeschätzt. Ohne eine entsprechende Erhöhung des Budgets der am Emis-sionshandel beteiligten Anlagen würde sich das nationale Minderungsziel von 21 auf 23,2 % erhöhen.

Zwar ist zuzugestehen, dass jede Prognose mit Unsicherheiten behaftet ist, die tatsäch-lichen Emissionen sowohl unterhalb als auch oberhalb des vorhergesagten Niveaus liegen können. So sind die in dieser Analyse ermittelten CO2-Minderungen im Bereich der Gebäude- und Wohnraumbeheizung an die konsequente Umsetzung des Moderni-sierungsprogramms gebunden. Eine weniger ambitionierte energetische Sanierung des Altbausbestandes könnte zu geringeren Emissionsminderungen und zu einem höheren CO2-Ausstoß führen als hier erwartet. Als Risikoausgleich wurden jedoch bereits er-kennbare oder gesetzlich anvisierte CO2-Minderungen nicht in Höhe ihres erwarteten vollständigen Minderungsbeitrages in die Prognose eingestellt. So könnten im Ver-kehrsbereich durch den verstärkten Einsatz von Biokraftstoffen die CO2-Emissionen weiter um 5 Mio. t CO2 und durch die Anrechnung von CO2-Senken aus der Einbin-dung von Kohlenstoff in Biomasse nach Angaben des Bundesministeriums für Umwelt,

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Naturschutz und Reaktorsicherheit die Minderungsanforderungen um bis zu 4,55 Mio. t jährlich verringert, insgesamt also dadurch eine um fast 10 Mio. geringere Reduktion in anderen Bereichen kompensiert werden. Insoweit bietet die dargestellte Entwicklung ausreichend Spielräume für ein CO2-Budget der am Emissionshandel betei-ligten Sektoren, das beispielsweise die politisch beschlossene Umstrukturierung im Bereich der Elektrizitätswirtschaft über eine ausreichend dimensionierte Neuemitten-tenreserve in Höhe von etwa 25 Mio. t abfedert und zusätzliche Kosten- und Preisim-pulse auf ein Minimum reduziert.

Das Festhalten an den im Zuteilungsgesetz 2007 definierten CO2-Budgets für die zwei-te Handelsperiode ist auch aus methodischen Überlegungen nicht zu vertreten. Denn die in der Zuteilungsentscheidung 2005/07 festgelegten Budgets basieren auf einem Treibhausgasinventar, das nicht mehr aktuell ist und in den letzten Monaten zum Teil grundlegend revidiert wurde. Besonders hervorzuheben ist dabei, dass sich infolge die-ses Revisionsprozesses nicht nur die Gesamtmenge an CO2-Emissionen um bis zu 23 Mio. t erhöht hat, sondern diese revisionsbedingten Mehremissionen fast aus-schließlich jene Sektoren betreffen, deren Produktionsanlagen am Emissionshandel teil-nehmen. Ein Festhalten an den veralteten Budgetvorgaben müsste mit einer zusätzli-chen Erhöhung des Erfüllungsfaktors um rund 6 Prozentpunkte und Verschärfung des EU-burden-sharing Ziels bezahlt werden.

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