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Elektrotechnik & Informationstechnik (2013) 130/6: 143–144. DOI 10.1007/s00502-013-0152-2 VORWORT Energiespeicher E. Rummich OVE Online publiziert am 27. September 2013 © Springer Verlag Wien 2013 Univ.-Prof. i. R. Dipl.-Ing. Dr. techn. E. Rummich Die Thematik der Energie- speicherung umfasst prak- tisch alle Wissensgebiete und ist so alt wie die Menschheit; Speicher für Nahrungsmittel und Wasser sind bei fast allen Kultu- ren bekannt. Heute wäre die moderne mobile Kom- munikationstechnik (Mobil- telefone, Notebooks usw.) ohne geeignete elektroche- mische Speicher (Batterien) nicht möglich. Ein weiteres Beispiel für den Einsatz neuester Batte- riesysteme stellt das Gebiet der Elektromobilität dar. Auch hier ist zu erwähnen, dass das Elek- trokraftfahrzeug bereits um die Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert entwickelt wurde. Doch ist ein entscheidender Durchbruch bei rei- nen Elektromobilen zur Überwindung größerer Distanzen mangels eines geeigneten Energiespeichers bis heute nicht gelungen, man ist daher auf die Hybridtechnik angewiesen. Ein nicht zu unterschät- zendes Problem stellt in diesem Zusammenhang die Aufladung der Energiespeicher dar (Ladezeit, erforderliche Ladeleistung). Hier er- hofft man sich von der Elektrochemie neue Erkenntnisse auf diesem auch für die Umwelt wichtigen Gebiet (kein CO 2 -Ausstoß). Eine Möglichkeit besteht in der Verwendung der so genannten „Direkten Methanolbrennstoffzelle“ (DMFC). Brennstoffzellen stel- len keine Energiespeicher dar, bilden aber in Verbindung mit einem geeigneten Energiespeicher eine sinnvolle Antriebslösung für Elek- trofahrzeuge. Die DMFC bedarf noch einiger Entwicklungsarbeiten, hat aber den Vorteil, dass für ihren Betrieb der flüssige Energieträger Methanol (aus Biomasse gewonnen) ähnlich den heutigen Kraftstof- fen in an Bord befindlichen Tanks gespeichert werden kann. Die Auf- ladung an den Tankstellen benötigt nur einen kurzen Zeitaufwand. Auch im fossilen mobilen Bereich nehmen die verschiedenen Spei- chersysteme zur Rückgewinnung der Bremsenergie der Fahrzeuge ständig an Bedeutung zu. Es sind dies neuentwickelte Batteriesyste- me, Supercaps, Schwungradspeichersysteme, wie das Kinetic Energy Recovery System (KERS), und Kombinationen dieser Möglichkeiten. Die Speicherung von thermischer Energie in den verschiede- nen physikalischen und chemischen Formen (latente, sensible Spei- cherung, Homogen-, Heterogenverdampfung, Adsorptionsspeicher, thermochemische Umwandlungen) kann wesentlich zur Verbesse- rung der Wirkungsgrade von thermischen Umwandlungsverfahren sowohl im Niedrig- als auch im Hochtemperaturbereich (Prozesswär- me) führen. Eine Energieumwandlung in komplexeren Systemen, wie z. B. der Kraft-Wärme-Kopplung, arbeitet optimal nur im Punkte des maxi- malen Wirkungsgrades. Die Differenz zwischen der im Bestpunkt er- zeugten thermischen bzw. elektrischen Leistung und dem aktuellen Verbrauch kann durch den Einsatz von Pufferspeichern geeigneter Technologie ausgeglichen werden. Durch die Speicherung von Solar- wärme während der Sommermonate kann diese in der Heizperiode genutzt werden und so auch einen wichtigen Beitrag zur Umwelt- verbesserung durch CO 2 -Einsparung leisten; das gilt ebenso für die Nutzung von Abwärme bei thermischen Prozessen mit geeigneten Speichersystemen. Besonders bei der effizienten Nutzung regenerativer Energiefor- men wie Sonnen- und Windenergie werden Energiespeicher benö- tigt, welche den Unterschied zwischen der volatilen Stromerzeu- gung aus diesen Quellen und dem Stromverbrauch ausgleichen. Hier wären Batterieanlagen und unterirdische Druckluftspeicher – Com- pressed Air Energy Storage (CAES) – zu nennen, oder es ist der Um- weg über die Erzeugung von Wasserstoff als Energieträger und sei- ne verschiedenen Speichermöglichkeiten bzw. die Produktion von Methan aus Wasserstoff und Kohlendioxid zu beschreiten („Power- to-Gas“). Im Falle der Nutzung von Wasserkraft ist die Speicherung der potenziellen Energie von Wasser in Speicher- und Pumpspeicher- Kraftwerken, die auch in Österreich eine große Bedeutung besitzen, zu erwähnen. Wichtig sind Speicher für gasförmige und flüssige Energieträger, die sowohl für eine fluktuierende Energieversorgung, d. h. gerin- ge Speicherdauer, oder für eine Langzeitspeicherung als Vorratsspei- cher eingesetzt werden. Letztere sind meist Untertagespeicher. Supraleitende magnetische Energiespeicher wurden bisher nur in Sonderfällen eingesetzt. Nicht zu vergessen sind Einsatzmöglichkeiten von Energiespei- chern überall dort, wo eine direkte Energiebereitstellung aus dem Netz nicht möglich ist, wie z. B. bei Impulsspeichern für Plasmaun- tersuchungen in der Fusionsforschung. Eine umfangreiche Einführung und Darstellung der verschiedenen Speichermöglichkeiten findet sich beispielsweise in [1]. In den folgenden Beiträgen dieser Ausgabe der e&i werden einige Möglichkeiten der Energiespeicherung näher vorgestellt: Schnelle Energieträger-übergreifende Speichersysteme zur Stabili- sierung von Elektroversorgungsnetzen spielen in Zukunft eine wach- sende Rolle. W. Gawlik beschreibt in seinem Beitrag dieses wichtige Thema. G. Brauner behandelt in seinem Beitrag die Bedeutung der Nut- zung regenerativer Energien für eine Energiewende und die dadurch notwendigen Speichersysteme sowohl zentral als auch dezentral in einem Energieversorgungsnetz. M. Haider und A. Werner zeigen in ihrem Beitrag die verschiede- nen Möglichkeiten der thermischen Energiespeicherung auf. R. Sterrer und W. Prüggler berichten über ein Forschungsprojekt „Multifunktionelles Batteriespeichersystem“. Dieses besteht aus ei- ner neuartigen Vanadium-Redox-Flow-Batterie; weiters liefern eine Photovoltaikanlage und ein Kleinwindkraftwerk elektrische Energie. September 2013 130. Jahrgang © Springer Verlag Wien heft 6.2013 Rummich, Erich, Institut für Energiesysteme und Elektrische Antriebe, Technische Universität Wien, Gußhausstraße 25, 1040 Wien, Österreich (E-Mail: [email protected]) 143

Energiespeicher

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Elektrotechnik & Informationstechnik (2013) 130/6: 143–144. DOI 10.1007/s00502-013-0152-2 VORWORT

EnergiespeicherE. Rummich OVE

Online publiziert am 27. September 2013© Springer Verlag Wien 2013

Univ.-Prof. i. R. Dipl.-Ing. Dr.techn. E. Rummich

Die Thematik der Energie-speicherung umfasst prak-tisch alle Wissensgebieteund ist so alt wie dieMenschheit; Speicher fürNahrungsmittel und Wassersind bei fast allen Kultu-ren bekannt. Heute wäredie moderne mobile Kom-munikationstechnik (Mobil-telefone, Notebooks usw.)ohne geeignete elektroche-mische Speicher (Batterien)nicht möglich.

Ein weiteres Beispiel fürden Einsatz neuester Batte-riesysteme stellt das Gebiet

der Elektromobilität dar. Auch hier ist zu erwähnen, dass das Elek-trokraftfahrzeug bereits um die Wende vom 19. ins 20. Jahrhundertentwickelt wurde. Doch ist ein entscheidender Durchbruch bei rei-nen Elektromobilen zur Überwindung größerer Distanzen mangelseines geeigneten Energiespeichers bis heute nicht gelungen, manist daher auf die Hybridtechnik angewiesen. Ein nicht zu unterschät-zendes Problem stellt in diesem Zusammenhang die Aufladung derEnergiespeicher dar (Ladezeit, erforderliche Ladeleistung). Hier er-hofft man sich von der Elektrochemie neue Erkenntnisse auf diesemauch für die Umwelt wichtigen Gebiet (kein CO2-Ausstoß).

Eine Möglichkeit besteht in der Verwendung der so genannten„Direkten Methanolbrennstoffzelle“ (DMFC). Brennstoffzellen stel-len keine Energiespeicher dar, bilden aber in Verbindung mit einemgeeigneten Energiespeicher eine sinnvolle Antriebslösung für Elek-trofahrzeuge. Die DMFC bedarf noch einiger Entwicklungsarbeiten,hat aber den Vorteil, dass für ihren Betrieb der flüssige EnergieträgerMethanol (aus Biomasse gewonnen) ähnlich den heutigen Kraftstof-fen in an Bord befindlichen Tanks gespeichert werden kann. Die Auf-ladung an den Tankstellen benötigt nur einen kurzen Zeitaufwand.

Auch im fossilen mobilen Bereich nehmen die verschiedenen Spei-chersysteme zur Rückgewinnung der Bremsenergie der Fahrzeugeständig an Bedeutung zu. Es sind dies neuentwickelte Batteriesyste-me, Supercaps, Schwungradspeichersysteme, wie das Kinetic EnergyRecovery System (KERS), und Kombinationen dieser Möglichkeiten.

Die Speicherung von thermischer Energie in den verschiede-nen physikalischen und chemischen Formen (latente, sensible Spei-cherung, Homogen-, Heterogenverdampfung, Adsorptionsspeicher,thermochemische Umwandlungen) kann wesentlich zur Verbesse-rung der Wirkungsgrade von thermischen Umwandlungsverfahrensowohl im Niedrig- als auch im Hochtemperaturbereich (Prozesswär-me) führen.

Eine Energieumwandlung in komplexeren Systemen, wie z. B. derKraft-Wärme-Kopplung, arbeitet optimal nur im Punkte des maxi-malen Wirkungsgrades. Die Differenz zwischen der im Bestpunkt er-zeugten thermischen bzw. elektrischen Leistung und dem aktuellenVerbrauch kann durch den Einsatz von Pufferspeichern geeigneter

Technologie ausgeglichen werden. Durch die Speicherung von Solar-wärme während der Sommermonate kann diese in der Heizperiodegenutzt werden und so auch einen wichtigen Beitrag zur Umwelt-verbesserung durch CO2-Einsparung leisten; das gilt ebenso für dieNutzung von Abwärme bei thermischen Prozessen mit geeignetenSpeichersystemen.

Besonders bei der effizienten Nutzung regenerativer Energiefor-men wie Sonnen- und Windenergie werden Energiespeicher benö-tigt, welche den Unterschied zwischen der volatilen Stromerzeu-gung aus diesen Quellen und dem Stromverbrauch ausgleichen. Hierwären Batterieanlagen und unterirdische Druckluftspeicher – Com-pressed Air Energy Storage (CAES) – zu nennen, oder es ist der Um-weg über die Erzeugung von Wasserstoff als Energieträger und sei-ne verschiedenen Speichermöglichkeiten bzw. die Produktion vonMethan aus Wasserstoff und Kohlendioxid zu beschreiten („Power-to-Gas“).

Im Falle der Nutzung von Wasserkraft ist die Speicherung derpotenziellen Energie von Wasser in Speicher- und Pumpspeicher-Kraftwerken, die auch in Österreich eine große Bedeutung besitzen,zu erwähnen.

Wichtig sind Speicher für gasförmige und flüssige Energieträger,die sowohl für eine fluktuierende Energieversorgung, d. h. gerin-ge Speicherdauer, oder für eine Langzeitspeicherung als Vorratsspei-cher eingesetzt werden. Letztere sind meist Untertagespeicher.

Supraleitende magnetische Energiespeicher wurden bisher nur inSonderfällen eingesetzt.

Nicht zu vergessen sind Einsatzmöglichkeiten von Energiespei-chern überall dort, wo eine direkte Energiebereitstellung aus demNetz nicht möglich ist, wie z. B. bei Impulsspeichern für Plasmaun-tersuchungen in der Fusionsforschung.

Eine umfangreiche Einführung und Darstellung der verschiedenenSpeichermöglichkeiten findet sich beispielsweise in [1].

In den folgenden Beiträgen dieser Ausgabe der e&i werden einigeMöglichkeiten der Energiespeicherung näher vorgestellt:

Schnelle Energieträger-übergreifende Speichersysteme zur Stabili-sierung von Elektroversorgungsnetzen spielen in Zukunft eine wach-sende Rolle. W. Gawlik beschreibt in seinem Beitrag dieses wichtigeThema.

G. Brauner behandelt in seinem Beitrag die Bedeutung der Nut-zung regenerativer Energien für eine Energiewende und die dadurchnotwendigen Speichersysteme sowohl zentral als auch dezentral ineinem Energieversorgungsnetz.

M. Haider und A. Werner zeigen in ihrem Beitrag die verschiede-nen Möglichkeiten der thermischen Energiespeicherung auf.

R. Sterrer und W. Prüggler berichten über ein Forschungsprojekt„Multifunktionelles Batteriespeichersystem“. Dieses besteht aus ei-ner neuartigen Vanadium-Redox-Flow-Batterie; weiters liefern einePhotovoltaikanlage und ein Kleinwindkraftwerk elektrische Energie.

September 2013 130. Jahrgang © Springer Verlag Wien heft 6.2013

Rummich, Erich, Institut für Energiesysteme und Elektrische Antriebe, TechnischeUniversität Wien, Gußhausstraße 25, 1040 Wien, Österreich(E-Mail: [email protected])

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Page 2: Energiespeicher

VORWORT E. Rummich Energiespeicher

Über das Zusammenwirken der drei Komponenten und auf prakti-sche Erfahrungen mit diesem System wird in diesem Artikel hinge-wiesen.

Neben den technischen Kenngrößen von Speichersystemen sindfür die Auswahl eines bestimmten Systems vor allem auch wirt-schaftliche Überlegungen anzustellen. R. Haas und A. Ajanovic un-tersuchen verschiedene Langzeitspeichersysteme zur Nutzung rege-nerativer Energiesysteme und ihr Zusammenwirken mit dem elektri-

schen Netz. Dabei werden vor allem wirtschaftlichen Überlegungenberücksichtigt.

Literatur

1. Rummich, E. (2009): Energiespeicher. Grundlagen, Komponenten, Systeme und Anwen-dungen. Renningen: expert verlag.

144 heft 6.2013 © Springer Verlag Wien e&i elektrotechnik und informationstechnik